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Schattenfresser

von

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Tausche Leiche gegen Leben

XXVII. Tausche Leiche gegen Leben
 

Markus starrte die Wand an.
 

Wie hatte alles nur so schrecklich schiefgehen können?
 

Es hatte doch so gut angefangen! Vor ein paar Jahren nur, die ihm inzwischen wie eine unendliche Ewigkeit vorkamen, war er aus einem Kuhkaff in Holstein nach Hamburg gekommen, wo sein Leben, sein wirkliches Leben endlich beginnen sollte. Es war wie ein Rausch gewesen. Er hatte geglaubt, dass die Welt ihm zu Füße läge, bereit, ihn für immer mit honigsüßen Trauben zu füttern. Er hatte begonnen zu studieren, Medizin, das war immer sein Traum gewesen, dafür hatte er all die Jahre auf dem Provinzgymnasium gebüffelt, auch wenn ihn vieles von dem Gelernten überhaupt nicht sonderlich interessiert hatte. Aber er hatte ja ein Ziel gehabt. Alles war so euphorisierend gewesen. Plötzlich hatte er nicht mehr lügen, nicht mehr heucheln müssen. Er war losgezogen, hatte sich in die Szene gestürzt, die immer wieder neuen Eroberungen genossen, für die dasselbe gegolten hatte wie für ihn: Spaß! Spaß! Spaß! Als gäb’s kein Morgen. Gab es aber. Und verkatert und übermüdet studierte es sich nicht gut. Irgendwann hatte er begonnen zu verlieren, hatte Vorlesungen geschwänzt, Seminare sausen lassen, Prüfungen versiebt. Hatte es nicht ernst genommen – bis es irgendwann zu spät gewesen war.
 

Es hatte gedauert, bis die Erkenntnis wirklich in seinem Kopf angekommen war: Er hatte versagt. Auf der ganzen Linie. Sein Zukunftstraum Arzt zu sein – dahin. Freunde – Fehlanzeige, oberflächliches Partygesocks genau wie er. Liebe – hatte er drüber gelacht, sich über die Beschränktheit dieser brutversessenen Pseudo-Heten lustig gemacht. Und es war seine Schuld, einzig und allein seine.
 

Jetzt haushaltete er mit dem, das geblieben war. Der Job hier war nicht der schlechteste, wurde ganz ordentlich bezahlt für jemanden ohne nennenswerte Ausbildung, und er hatte immerhin entfernt mit Medizin zu tun. Aber er war nicht der Pathologe, er war der Nachtwächter. Der, der in den dunklen Stunden hier herum hing, die entgegen nahm und verstaute, die hier auf ihre letzte Reise warteten, und aufpasste, dass mit den Testmaschinen und so weiter alles in Ordnung war. Er war dreißig, sein einst so hübsches Gesicht hatte begonnen, die Folgen seiner Exzesse zu zeigen. Seine Geheimratsecken drohten zu wandern. Aber hier war es nachts fast noch besser als daheim in seiner leeren Wohnung. Hier hatte er wenigstens Gesellschaft, auch wenn sie mausetot war. Die hatten‘s wenigstens hinter sich. Eines Tages, vielleicht heute, vielleicht morgen würde er einfach auch zu ihnen klettern, in eine der Kühlboxen, was zum Einschlafen nehmen und einfach erfrieren. Das würde viel Arbeit sparen, er wäre dann schon da. Am besten band er sich gleich selbst den Zettel um den großen Zeh und erledigte den Papierkram. Er wusste ja wie.
 

Denn ganz im Ernst: Warum tat er sich diesen Mist denn überhaupt noch an? Leben … war doch in seinem Falle fast wie tot sein. Zu allem Überfluss war er auch noch ein totaler Jammerlappen. Die Welt, ihn selbst eingeschlossen, konnten wirklich auf ihn verzichten. Dr. Meinard, der Pathologie-Assistent, hatte vor einer Woche diskret darauf hingewiesen, dass in Lebenskrisen ein Besuch beim Psychologen oder zumindest beim Therapeuten sehr hilfreich sein könne. Vielleicht stimmte das, vielleicht hatte er wirklich Depressionen, aber es war ihm so egal … Jammerlappen … Versager … niemand würde es wirklich bedauern, wenn er endlich verschwände, die Welt war eh überbevölkert.
 

Markus erhob sich. Eigentlich durfte er das ja nicht, aber günstiger Weise schiss er da gründlich drauf. Er schnappte sich den Hebel, entriegelte und zog. Da lag er. War spät rein gekommen, die Autopsie war für morgen angesetzt. Was für eine Verschwendung. Opfer einer Gasexplosion. Dafür sah er eigentlich ziemlich unlädiert aus, aber vielleicht hatten ihn innere Verletzungen dahingerafft. Er war jung, Anfang zwanzig maximal, mit einem sehr hübschen Gesicht und einem schlanken, muskulösen Körper. Er war ungesund bleich, aber das war ja nun wirklich kein Wunder in seiner Lage. Sein Haar schien unter dem Ruß goldblond zu sein. Einst wäre Markus von so einer Erscheinung hin und weg gewesen, jetzt war sie nur ein weiterer Beleg dafür, wie sinnlos das alles war.
 

„Hey!“
 

Er schrak zusammen, dass er fast Angst bekam, sich den Rücken verrenkt zu haben, und fuhr mit wild klopfendem Herzen herum. Ausrede, er brauchte eine …
 

Aber das war niemand vom Krankenhauspersonal. Das war gut – oder noch viel schlimmer! Scheiße!
 

Alles, was er zustande bekam, war entgeistert zu glotzen. Vor ihm stand ein junger Mann, der frappierende Ähnlichkeiten mit dem namenlosen Toten in der Truhe hinter ihm aufwies, mit dem zentralen Unterschied, dass er quietschlebendig war. Und er schien sich nicht die Bohne darüber aufzuregen, was er hier vorgefunden hatte, sondern grinste breit. Sein schwarzes Haar schwang wild um seinen Kopf, seine Augen leuchteten im funzeligen Licht feucht. Er trug ein dunkles T-Shirt und Jeans und war … barfuß?
 

„Wa … wa … was … wer sind Sie!“ stammelte Markus konfus.
 

Der Andere machte eine altertümlich anmutende Verbeugung und sagte: „Man nennt mich Charys.“
 

Den Namen hatte Markus noch nie gehört. Aber im Studium hatte er genug aus dem Altgriechischen abgeleitete Fachbegriffe gebüffelt, dass ihm klar war, was das bedeutete: der Liebenswerte. Und genauso lächelte der Eindringling ihn jetzt an. Als stünden sie nicht in einem Zimmer voller Leichen, sondern am Ufer der Seine im Frühling.
 

„Sie dürfen hier nicht sein!“ besann sich Markus auf seinen Job. „Wie sind Sie hier überhaupt rein gekommen?“
 

„Ich hab‘ die Tür geknackt“, sagte der Fremde fröhlich.
 

„Was?“ entgeisterte sich Markus. War es jetzt soweit? Schlug sein Leben endgültig in Richtung Horror-Film um? Erlitt er jetzt das Klischee-Schicksal eines Nachtwächters in der Pathologie und wurde von irgendwelchen Nekrophilen abgeschlachtet? Scheiße, der Alarmknopf war am anderen Ende des Raums, wo er eigentlich auch sitzen sollte. Er sah zu, sich in Bewegung zu setzen. Sein Herz klopfte zum Zerspringen, aber mal ganz ehrlich: Was hatte er überhaupt zu verlieren?
 

„Wie heißt du denn?“ wollte Charys wissen.
 

„Ich bin Herr Thalberg!“ empörte er sich etwas.
 

Charys kräuselte die Nase. „Thalberg. Nein, ich will doch deinen richtigen Namen wissen!“
 

„Mein Vorname geht Sie doch gar nichts an!“ sträubte er sich.
 

Charys trat nonchalant einen halben Schritt auf ihn zu, sah ihn direkt an. Er hatte bildschöne Augen, irgendetwas Bläuliches, Grünliches, schlecht zu erkennen in dem Licht, etwas schräg stehend. „Ich denke schon“, sagte er. „Denn ich bin hier, um dir zu helfen!“
 

Markus musste fast lachen. „Ich kenne Sie nicht! Ich will keine Hilfe!“ fauchte er.
 

„Kann sein. Aber brauchen tust du sie trotzdem. Sonst leistest du ziemlich bald meinem Cousin, den du da gerade so eingehend studiert hast, Gesellschaft – und dein Leben wird leer und sinnlos gewesen sein“, sagte er einfach.
 

Markus verschlug es die Sprache. „Was fällt Ihnen ein!“ schrie er beinahe.
 

„So manches. Aber das hier weiß ich. Du hast es verbockt nicht wahr? Du bist am Ende. Nichts macht mehr Sinn. Du beneidest die in den Boxen, aber es fehlt dir an Kraft, dich dazu zu legen – und dafür verachtest du dich“, fuhr Charys fort und lächelte einfach weiter, als würde er über das Wetter reden.
 

Fassungslos starrte Markus ihn an. „Woher weißt du das?“ krächzte er hilflos.
 

Charys trat einen weiteren Schritt auf ihn zu. So ein hübscher junger Mann … Wie einst auch er. Irgendwie roch er leicht nach Meer, nach den unendlichen Weiten des Ozeans? Der Andere reckte sich vor und hauchte in sein Ohr: „Ich weiß es einfach. Ich weiß viele Dinge. Und ich weiß auch, dass das nicht so sein muss.“
 

In Markus flammte etwas auf. Winzig klein, ein Flämmchen irrationaler Hoffnung. „Bist du der Teufel oder was?“ ließ ihn die Erziehung seiner Eltern hervor würgen. „Willst du jetzt meine Seele im Tausch gegen ein Leben in Saus und Braus?“
 

„Nein“, erwiderte Charys und rückte noch näher, dass es ganz und gar nicht mehr angebracht war. Aber was war hier schon angebracht? „Ich bin nicht der Teufel. Und ich will nicht deine Seele. Ich will deinen Schmerz – und meinen Cousin.“
 

„Was?“ fragte Markus konzeptlos.
 

„Ich biete dir dein Leben zurück. Nicht in Saus und Braus, das hattest du ja schon. Dein richtiges Leben. Deine Freude. Deinen Mut. Deine Fähigkeit zu lieben. Dich. Andere. Und dafür will ich lediglich meinen Cousin“, stellte Charys klar.
 

„Das ist doch Wahnsinn!“ keuchte Markus.
 

„Vielleicht. Aber was hast du zu verlieren?“ fragte Charys genau das, was er sich selbst die ganze Zeit über bereits sagte, und sah ihm in die Augen. In seinen Pupillen schienen Bewegungen zu sein wie die Wogen der Brandung in nördlichen Gefilden.
 

Nichts. Das war die Antwort. Er hatte gar nichts zu verlieren. „Was willst du mit dem Toten“ meldete sich sein Gewissen.
 

„Meine Familie und ich haben unsere eigenen Ansichten, was mit ihm geschehen soll. Keine Angst, wie begraben ihn nicht illegal. Aber wir können nicht zulassen, dass er hierbleibt und auf geschnippelt wird. Niemand wird es je erfahren. Niemand wird es mit dir in Verbindung bringen“, stellte Charys in Aussicht.
 

„Wie soll das denn bitteschön gehen?“ fragte Markus höchst misstrauisch. Der verarschte ihn doch!
 

„Das lass unsere Sorge sein. Du hast die Wahl: ein neues Leben – oder das hier. Selbst wenn ich lügen sollte – würde das für dich ernsthaft noch einen Unterschied machen?“ erwiderte Charys. Bevor Markus antworten konnte, hatte der Andere ihm die schlanken Hände rechts und links seines Gesichtes gelegt und hauchte: „Vor dir liegt noch so viel. Diese Nacht wirst du niemals vergessen! In all den vielen, wunderschönen Jahren, die vor dir liegen werden. Ein erfülltes, glückliches Leben, das kann ich dir geben. Nicht ohne Niederlagen Und Verluste, denn sie gehören zum menschlichen Dasein. Aber wenn du eines Tages zurück blicken wirst, wirst du sagen können: Es war ein gutes Leben! Dafür verlange ich nicht deine Seele, das könnte ich auch gar nicht. Ich verlange gar nichts – bis auf meinen Cousin!“
 

Markus starrte ihn wortlos an. Wer zum Geier war das? Ein Engel? Ein Teufel, auch wenn er das leugnen mochte, aber das taten Dämonen ja durchaus. Aber mit dem Glauben, besonders einem in so einer platten Form hatte er doch längst abgeschlossen! Musste aus seiner Kindheit irgendwie nachhängen …
 

Aber das, was der da versprach, das konnte der doch gar nicht! Niemand konnte das. Er sollte vernünftig sein und nicht auf dieses Verrückte in sich hören, dass das so gerne glauben wollte! Es gab keine Hoffnung… es gab keine Hoffnung …
 

Die Hände auf seinem Gesicht begannen ihn zart zu streicheln, diese Meeraugen blitzen ihn voller Freude an. Charys sagte: „Doch, die gibt es. Man kann sie verlieren, aber man kann sie auch wiedergewinnen. Und wenn man sie hat, wenn man begriffen hat, wie wertvoll sie ist und man sie daher nicht verschwendet, dann ist es möglich … Hoffnung ist eine Gabe. Und ich kann sie dir geben. Sie kostet dich nichts – nur dein Vertrauen. Und ich biete dir an, es zu probieren – und dann zu entscheiden. Nicht die Katze im Sack. Okay …?“
 

„Markus heiße ich! Und wie sähe das denn konkret aus?“ zauderte er.
 

Der andere lachte breit, dann war er plötzlich umschlungen von Armen und Beinen, ein wundervoller, warmer Mund presste sich auf seinen – und trotz aller Skrupel fühlte er sich plötzlich nicht mehr so schrecklich allein.
 

……………..
 

„Ganze Arbeit, Charys, perfekt!“ lobte Morgana ihren Neffen, der sich etwas unwohl neben ihr auf dem Beifahrersitz wand. Charys mochte es nicht sonderlich, so lange auf Beinen unterwegs zu sein jenseits des Wassers, aber er würde es überleben. Der überlebte noch ganz andere Sachen. Klar hätten sie das auch anders hinbekommen, aber so hatten sie das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden können, und Charys war pappsatt – und der gescheiterte Arzt Markus sah wieder seinem Leben entgegen. Charys hatte es gut, dank seiner besonderen Gewohnheiten durfte er recht ungehemmt von Menschen fressen, er schadete ihnen ja nicht und nie hatte einer der Beglückten sein Erlebnis auch nur weiter erwähnt, so surreal und intim erschien es ihnen. Dumm nur für Charys, dass er diese Nähe niemals mit seinem Partner hatte teilen können, da dieser nach wie vor gelähmt war und sein Spiegelbild anstarrte. Aber auch Charys hatte Hoffnung. Die brauchte er auch nach all diesen Jahrhunderten des Wartens. Früher hatte Charys seine Mahlzeiten lieber am Stück verputzt, aber so ging es auch. Glückspilz in dieser Hinsicht.
 

Skiaphagos lag Starre quer über dem Rücksitz, immer noch splitterfasernackt, aber das störte nun wirklich keinen von ihnen. Ihn aus der Leichenkammer und dem Krankenhaus heraus zu bekommen war dank Tarnsalbe kein Problem gewesen. Charys hatte sich noch kurz darum gekümmert, dass der Nachtwächter keine Probleme bekam, er hatte da so seine Mittel und Wege, dann waren sie verduftet.
 

Charys spähte nach hinten. „Ach du Scheiße!“ murmelte er.
 

Morgana seufzte. „In der Tat. Oberscheiße.“
 

„Vielleicht sollten wir ihn besser pennen lassen, bis es wieder geht?“ schlug Charys vor, während sie die Autobahn hinab brausten, obwohl das in ihrem Käfer relativ zu betrachten war.
 

„Es wäre besser, ja. Aber Skiaphagos ist für Kai verantwortlich. Und wahrscheinlich weiß er, was überhaupt passiert ist. Nicht zu vergessen: Kai war nicht mehr beim Haus. Irgendetwas ganz Übles ist ihm geschehen. Es hilft nichts, wir müssen ihn wecken. Ich sehe, was ich wegen der Schmerzen tun kann“, murmelte Morgana.
 

„Oh man“, bemerkte Charys. „In seinen Schuppen will ich grad echt nicht stecken!“
 

„Das will wohl niemand“, seufzte Morgana. „Hilft nichts.“
 

„Weiß der Rat …?“ bohrte Charys. Draußen regnete es. War garantiert seine Schuld.“Rumpel und Stilzchen wollten sich mit ihm in Verbindung setzen. Wir werden es erfahren“, meinte sie. Aber sie hatte irgendwie gar kein gutes Gefühl, so seltsam, wie die sich in der Kai-Sache bisher verhalten hatten.
 

Sie bogen von der Autobahn ab und folgten der anschließenden Landstraße gen Norden, dann ging es über Schleichwege durch den Wald. Rumpel und Stilzchen hatten ihre Geschäftszentrale zwar in der Innenstadt, ganz mondän in einem getarnten dreizehnten Stockwerk eines Bürogebäudes, aber wohnen taten sie auch lieber nach alter Väter Sitte.
 

Ähnlich ihres eigenen – ehemaligen – Hauses residierten sie ab vom Schuss mitten im Wald. Aber ihr Haus war keine moderne Villa, sondern eher etwas, das man als „Öko-Architektur“ bezeichnen konnte. Oder als riesigen Misthaufen. Wie auch immer. Es war ein begrünter Hügel, aus dem chaotisch hier und da Fenster in allen möglichen Formen hervor lugten. Davor brannte ein ewiges Feuer, um das die beiden ab und an völlig manisch zu tanzen pflegten. Das lag ihnen irgendwie im Blut – oder es war schlichtweg eine Macke. Da half auch kein Armani-Fummel, da sahen sie aus wie die idiotischen Gnome, die sie eben teilweise durchaus waren. Aber heute Abend waren sie so nett, ihnen diesen Anblick zu ersparen. Gut so, es reichte auch echt.
 

Sie parkte neben Stilzchen Sonderanfertigungs-Porsche für Kleinwüchsige. Charys stieg aus und schnappte sich Skiaphagos. Letzerer war deutlich größer als sein Cousin, aber das schockte Charys natürlich überhaupt nicht. Charys war viel älter als Skiaphagos, auch als sie, ihre verworrenen Familienverhältnisse machten‘s möglich. Ob er Skia schleppte oder ein Butterbrot machte für ihn keinen Unterschied. Hätte es für sie auch nicht, aber sie wollte sich ihre Maniküre nicht versauen. Alles hatte seine Grenzen.
 

Bevor sie an der Tür angekommen waren, wurde sie bereits aufgerissen. Die beiden Brüder standen Seite an Seite im Türrahmen, als seien sie noch immer aneinander festgewachsen, und zogen besorgte Mienen. Neben ihnen stand ein schwanzwedelnder, frisch geputzter Floffi. Leviathan war auch in ihrer Obhut, aber der war nicht so anbiedernd.
 

„Der arme Lulatsch!“ bedauerte Rumpel Skiaphagos.
 

„Ja, arme, blonde Semmel!“ fiel Stilzchen verdächtig einmütig ein.
 

„Wo soll er hin?“ fragte Charys pragmatisch.
 

Stilzchen flitzte wieselflink auf seinen Minibeinchen voran und wies ihm den Weg. Morgana folgte ihnen. Rumpel und Stilzchen waren so weitdenkend gewesen, die Türen nicht auf völliges Miniformat zu beschränken, aber Skiaphagos würde sich die Rübe einrennen. Aber das war jetzt sein geringstes Problem.
 

Die Brüder hatten ein großzügig bemessenes Zimmer gen Süden für ihn vorbereitet, das ziemlich nüchtern eingerichtet war. Ein breites Bett mit frisch duftenden Bezügen lockte. Charys lud ihn ab und deckte den Leblosen zu. Floffi sprang neben ihn und kuschelte sich leide wimmernd an seine Seite. Der arme Hund war auch völlig von der Rolle.
 

Sie standen vereint um ihn und blickten zu ihm hinab. Er war kein Brikett, es hätte wirklich noch viel schlimmer kommen können, aber das hier war schon schlimm. Das wussten sie alle.
 

„Wer hat das getan?“ krächzte Rumpel.
 

„Wissen wir nicht“, murmelte Morgana. „Nicht mit Sicherheit. Habt ihr schon wen erreicht?“
 

Stilzchen schluckte. „Ich hatte Fenris an der Kristallkugel“, sagte er.
 

„Was sagt er?“ fragte Morgana tonlos.
 

„Es sei Skiaphagos Aufgabe gewesen, sich um Kai zu kümmern. Und deine als Beraterin. Sie sagen, das sei euer Problem, das ihr gefälligst zu regeln habt, es sei denn, ihr wollt richtig Ärger bekommen.“
 

Morgana schloss die Augen. In ihr pochte irgendetwas – und es war nichts Gutes. Sie hatte es ja geahnt. Die verdammten, unfähigen, irrsinnigen … und feigen …?
 

Oh Mann. Hatten die eventuell Schiss? Dass die sich so drückten und aufs Verrecken raushielten? Das hier war keine Kleinigkeit, normalerweise taten die sehr wohl was. Konnten sie ja auch. Sie waren alt, sie waren stark. Aber dass das aus „pädagogischen“ Gründen geschah, konnte sie einfach nicht glauben. Nein. Das war es nicht. Was hier gerade passierte, war etwas völlig anderes als ein Schatten fressender Schattenfresser.
 

Ihr wurde kalt. Was sollte sie tun? Skiaphagos war arg dran. Charys half freiwillig genauso wie Rumpel und Stilzchen, aber alle würden garantiert nicht Kopf und Kragen dafür riskieren. Sie musste etwas machen. Ihr klebte das jetzt an der Backe. Sie hatte doch nur ein bisschen auf ihren Neffen aufpassen sollen! Und dann das hier.
 

Sicher, auch andere Verwandte und Freunde würden Hilfe anbieten. Aber in letzter Konsequenz lag es an ihr. Und an Skiaphagos.
 

Es half nichts.
 

So grausig es war, Skiaphagos musste aufwachen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  rea_seraph
2012-02-03T22:39:38+00:00 03.02.2012 23:39
Hi I-shtar :D
ich sag nur eins: ich liebe liebe liebe liebe........... Deine Stories!
You lighten up my life!!!! Du hast einen wahnsinns- Schreibstil. I luv it. Deine Stories kann man echt nur in einem Rutsch verschlingen. Apropos verschlingen... ich kann es total verstehen, dass Skias Haare so auf Kai anschlagen. haha Der is aber auch manchmal zu süß. Die Beiden passen so super zusammen. Ich bin gespannt, was Du noch alles passieren lässt. Ich kann das neue Kappi kaum abwarten. Es brennt mir unter den Nägeln weiterzulesen.
glg und mach weiter so!!!!
Snake
Von:  chaos-kao
2012-01-18T10:53:09+00:00 18.01.2012 11:53
Oje, armer Skia .... das wird ein grausiges Aufwachen werden für ihn ;_; Er tut mir jetzt schon leid! Ich hoffe Kai geht es gut und dass der Nachtwächter jetzt glücklich werden kann ^^

Lg
Kao


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