Worte
Kritzeln, mehr ist es nicht.
Schnell geschriebene Worte, die erläutern sollen, was er nicht erklären kann.
Diese Sperre in ihm, die nicht erlaubt, das er Preis gibt, was er fühlt.
Ob es schon immer da war oder antrainiert – das weiß er nicht. Es ist schon lange so.
Hatte er jemals seinen Eltern gesagt, das er sie liebte?
Er wusste es nicht mehr.
Viel zu lange her.
Vergangenheit ist nicht wichtig. Sie ist vergangen und somit nicht mehr zu ändern.
Sie kann vergessen werden!
Bis auf einige Momente. Tage...
Während er den Stift noch in der Hand hält, schaut er auf. Da ist ein Bild.
Gemalt auf eine Leinwand von demjenigen, mit dem er diese Wohnung teilt.
„Ach Mischa...“, seufzt er leise und schließt die Augen.
Versucht sich zu erinnern.
An Kleinigkeiten.
Dinge zwischen ihnen, die, wie Brotkrumen, zu dem führen sollten, was er fühlte.
Sie hatten offenbar ihr Ziel verfehlt.
Mischa,
Fing er einen neuen Zettel an. Dieses Mal etwas sauberer geschrieben und nicht ganz so unleserlich, wie es bei ihm normal wäre.
mach es mir doch nicht so schwer.
Wie oft muss ich dir noch erklären, das ich nicht sagen kann, was du hören möchtest?
Glaubst du nicht, das ich es versuche?
Jeden Morgen, wenn du mal nicht eher wach bis als ich, schaue ich dir beim Schlafen zu und ... versuche es.
Wie gerne würde ich dich mit diesen Worten wecken und dein Gesicht sehen, wenn du endlich Gewissheit hast. Sicher sein kannst...
Aber es geht nicht. Ich versage jedes Mal.
Und dann frage ich mich, wie du es mit so einem wie mir überhaupt aushalten kannst.
...
Ein Schlüssel in der Wohnungstür lässt ihn erschrocken zusammenfahren.
So tief in Gedanken war er...
Flink überfliegt er die wenigen Zeilen, während er den Deckel auf den Stift steckt und diesen dann zu Seite legt.
Dann zerknüllt er den eben noch so sorgfältig geschriebenen Brief. Entschließt sich jedoch noch einmal um und zerreist ihn in kleine Fetzen, nur um ihn dann in den Mülleimer in der Küche zu schmeißen, wo er auch gestanden hatte, um das Papier mit seinen Gedanken zu füllen.
So ein Brief passte nicht zu ihm!
Er war kein so gefühlsduseliger Kerl, der seinem Inneren auf diese Weise Gehör verschaffte.
Es passte nicht!
Das war nicht er.
Als Mischa den Raum betritt, noch immer geknickt von dem, was zwischen ihnen passiert war, stand Vinc weiterhin in der Küche, am Tresen, und malte kleine Muster auf den Block.
Kritzeln...
Mehr nicht.
[Kleine Forsetzung: Worte II (Und unter uns die Stadt) von Cedric]