Now that we're done
Now that we’re done
Manche Verletzungen tragen wir ständig mit uns herum, auch wenn sie schon lange her sind – halten die Schmerzen an. Vielleicht haben uns unsere alten Wunden etwas zu erzählen. Sie erinnern uns daran wie wir damals waren und was wir überstanden haben. Sie lehren uns was wir in der Zukunft vermeiden sollen. Zumindest hätten wir das gern. Aber leider ist das nicht so, oder? Es gibt Dinge die müssen wir einfach immer wieder durchmachen – immer, immer, immer wieder.
- Grey’s Anatomy
Read & Enjoy
Sakura baute behutsam die Bücher in einen Turm von dicken Wälzern auf. Diese hatte sie zusammengesucht, als sie in den Semesterferien nach Hause gekommen war. Doch anstatt sie sogleich ordentlich aufzuräumen, wollte sie diese Teile vorerst loswerden. Genug von Lebensmittelchemie und Humanbiologie. Zu Weihnachten wollte sie einmal nichts mit lernen zu tun haben. Allerdings war es nicht unvermeidlich sich die Sachen nicht wieder anzusehen. Denn immerhin musste sie in knapp zwei Wochen wieder weg.
Außerdem räumte sie auf, weil sie ein bisschen Ablenkung benötigte. Ihre Freunde waren alle zu ihren Familien oder Verwandten heimgekehrt und die, die in der Nähe waren, hatten entweder keine Zeit oder gingen nicht auf Anrufe ein.
Sasuke wollte sie auch nicht stören. Seit dem Unfall seines Vaters, vor vier Tagen, hatte er sich abgeschottet. Aber anstatt mit ihm zu sprechen, hielt sie vorerst Abstand. Sie kannte es genau, eine Person durch einen Unfall zu verlieren.
Immerhin war es ihrer Mutter auch so ergangen. Jedoch gab es noch den verheerenden Unterschied, dass ihre Mutter immer für sie da war. Sakura wusste nicht, wie sie ihm helfen konnte. Sie wusste nicht einmal, wie er sich fühlte. Darüber sprach er nicht.
Sie hoffte einfach, dass er auf sie zugehen würde, sollte er sich bereit dazu fühlen.
Seufzend stellte sie das letzte Buch auf dem Regal ab, als es an der Tür läutete. Ihre Tante konnte es schlechtmöglich sein, diese war vor einer halben Stunde erst gegangen und ihren Schlüssel vergaß sie im Grunde nie.
Als sie die Haustür aufzog fröstelte es sie. Ein abscheulich kalter Luftzug fegte ins Haus.
„Hi“, sagte Sakura und ließ ihren Gast in den Flur.
Er zog seine Schuhe aus, streifte sich die Mütze vom Kopf und hing die Jacke an den Kleiderständer. „Stör ich?“
Beruhigend schüttelte Sakura mit ihrem Kopf. Die rosa Haare fielen ihr dabei in die Augen.
Er war es leid gewesen daheim zu sitzen und Frust zu schieben oder sich Vorwürfe zu machen, zu denen er gar keinen Grund hatte. Außerdem hatte er sich die letzten Tage so eingeriegelt, dass er wieder ein wenig Gesellschaft benötigte. Überdies wollte er natürlich auch Sakura wieder sehen, da sie ihn größtenteils allein gelassen hatte. „Ich bin eigentlich gekommen, um dir zu sagen, dass ich morgen gehen werde.“
Lange hatte er nachgedacht, ob es das Richtige sein würde, sollte er zu der Beerdigung seines Vaters gehen.
Sakuras Mund verzog sich zu einem traurigen Lächeln. Insgeheim hatte sie sehr darauf gehofft, dass er wenigstens Abschied nehmen würde. Sie wusste selber, wie bedrückend es sein konnte, jemanden zu verlieren, ohne sich vorher voneinander verabschiedet zu haben.
Seitdem lernte sie selbst daraus, immer wieder. Sie wollte nicht, dass es Sasuke so erging wie ihr. Denn sie weigerte sich damals zur Beerdigung ihrer Mutter zu gehen. Dies bereute sie bis heute. Manchmal verfolgte es sie sogar noch. Sakura war mehr, als nur erleichtert darüber, dass Sasuke nicht denselben Fehler wie sie begehen würde.
Vielleicht gelang es ihm auch vieles zu überwinden, dass die Differenzen zwischen ihm und seinem Vater ausgemacht hatte.
Sie wünschte es ihm.
Plötzlich legte sich zwei starke Arme, von hinten, um Sakuras Taille und Sasuke bettete seinen Kopf auf ihrer Schulter. „Ich hab dich vermisst“, raunte er ihr ins Ohr. Sakuras Herzschlag beschleunigte sich hastig. Sie konnte einfach nichts dagegen tun. Sie war ihm bis in die Haarwurzeln verfallen. „Was hältst du von Pizza? Ich habe seit Tagen nichts Gutes mehr gegessen.“
„Ich könnte dir auch etwas kochen“, neckte Sakura ihn und ging auf dieses Spiel ein, das er gerade begonnen hatte. Ihre Frage war schon wieder in den hinteren Bereich ihres Gehirns gerutscht. Aber sie würde dennoch daran denken, dass Thema ‚Fukagu‘ irgendwann anzuschneiden, würde er es nicht tun.
„Und eine Lebensmittelvergiftung davontragen? Lieber nicht.“ Als Sakura das letzte Mal für ihn kochen wollte, ist sie nicht mal bis zum Hauptgang gekommen. Denn sie hatte das kochende Wasser, für den Reis, versalzen. Das Fleisch viel zu lange gebraten und den Feuermelder, somit beinahe auch die Feuerwehr, ausgelöst.
An dieses Essen erinnerte sich wahrscheinlich auch Sakura gerade. „Okay. Pizza.“ Die beiden gingen ins Wohnzimmer, in dem Sakura im Schrank nach der Pizzabroschüre suchte. „Vier Jahreszeiten, wie immer?“
„Mmh“, brummte Sasuke, der es sich auf der Couch gemütlich gemacht hatte, und Sakuras Hinterseite, mit einem Lächeln, beobachtete.
„Hey!“, lachte Sakura. „Anstatt zu spannen, könntest du mir das Telefon bringen.“
Die Straßen glänzten von der Eisschicht, mit der sie überzogen waren. In den Fenstern von Wohnungen, Häusern und Geschäften blinkten, leuchteten und erstrahlten weiße, sowie bunte Lämpchen die Räume.
Nur bei Temari nicht. Auf ihrer Fensterbank stand zwar ein Lichterbogen, aber sie hatte sich vom sämtlichen Licht, das ihr Zimmer in goldene Strahlen tauchen konnte, eingeschlossen.
Ihre Welt war nunmehr nichts als schwarz.
Sie lag auf ihrem Bett und starrte an die weiße Decke. Dies schon seit Stunden.
Wie viele Stunden genau, wusste sie nicht mehr. Es hatte alles keine Bedeutung für sie.
Denn es war schon alles kaputt, was auch nur kaputt gehen konnte.
Ihre Beziehung war durch ihre Lügen zerbrochen.
Pah!, dachte sie sich. Es sollte bald das Fest der Liebe sein und in ihr war nichts, außer tiefstem Groll.
Nein! Das stimmte nicht ganz. In ihr war noch mehr.
Sie fasste mit ihrer Hand unter ihr Kopfkissen und zog den kleinen, weißen Stab, der ihr Leben bis dato mehr zerstört hatte, hervor. Noch immer grinste sie dieser dämliche Smiley an. Es war der dritte Test den sie nun schon gemacht hatte. Es war jetzt wohl unumgänglich zu denken, alles wäre in Ordnung.
Denn es war nichts in Ordnung. Wegen einem Menschen war alles ruiniert worden. Womöglich wäre es auch anders gegangen, aber wie sollte sie so schnell eine vernünftige Lösung für dieses Problem finden? Es wär nicht nur ihr Leben, das zerstört worden wäre, auch seins. Und dies konnte, nein wollte, sie nicht zulassen. Lieber stand sie an vorderster Front, als ihn damit hineinzuziehen.
Doch als wäre das alles nicht schlimm genug, war sie nun auch noch schwanger.
Schwanger von Shikamaru. Daran bestand nicht der geringste Zweifel. Wie auch? Von einem einzigen Menschen so in die Enge getrieben zu werden, dass man Schluss machen musste, war für sie die persönliche Folter gewesen. Seitdem hatte, nein seitdem wollte, sie keinen anderen Typen mehr hinterher schauen. Trotzdessen brannte der Schmerz noch immer, den sie spürte, wenn sie an sein blasses Gesicht dachte, das er hatte, als sie sich getrennt hat. Wieso auch hat sie sich getrennt? Sie war glücklich mit ihm. Warum dann? Diesen Gedanken hatte sie schon so oft gehegt. Wie oft hatte sie sich im letzten Monat ‚Was wäre, wenn…‘ - Fragen gestellt.
Was wäre, wenn sie sich nie getrennt hätte? Was wäre, wenn sie ihrem Vater einfach die Meinung gesagt hätte? Was wäre, wenn sie nicht schwanger sein würde?
Ein schrilles, dröhnendes Geräusch ließ sie aufschrecken. Es war, als würde ein Laster, beladen mit Fässern, über ihren Kopf fahren. Aber es war nur ihr Handy.
Sie wollte mit niemanden sprechen. Es gab niemanden, der ihr einfiel, mit dem sie über diese Sache reden könnte. Sie ignorierte den Anrufer. Doch dieser jemand wollte einfach nicht aufgeben. Es klingelte. Und klingelte. Und klingelte. Als sie auf ihr Display schaute erkannte sie, warum der Anrufer nicht aufgeben wollte.
Shikamaru.
Anstatt abzunehmen, drückte sie ihn weg. Sie konnte nicht mit ihm sprechen. Sofort würde sie wieder ein schlechtes Gewissen bekommen. Wählte aber gleich darauf eine neue Nummer.
Sie kannte doch jemanden, der ihr vielleicht dennoch ein wenig helfen könnte. Immer wenn sie mit ihm sprach, fiel etwas von ihrer Anspannung ab. Doch nun wählte sie seit langem das erste Mal wieder diese eine, elfstellige, Nummer.
Nach dem dritten Tuten nahm er ab.
„Ich bin selbstmordgefährdet“, sagte sie in ihr Handy. Versuchte den Bruch, der sich in ihrer Stimme anbahnte zu unterdrücken.
„Temari?“
„Nein, hier ist Morgan Freeman…ich bin schwanger.“
To be continued