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Der Stein des Anstoßes

von

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Ein ganzer Monat zog ins Land, und Marco stattete ihnen keinen weiteren Besuch ab. Offenbar hatte sein Vater wohl doch etwas mitbekommen, oder ihm einfach nur für sein Verschwinden langen Stubenarrest gegeben. Jedenfalls hatte er sich nicht mehr gemeldet. Aber auch bei Tannin hatte es eine Veränderung gegeben. Er war nicht mehr so zutraulich und verspielt wie am Anfang. Oftmals lag er einfach nur lustlos vor dem Kamin, und stand nur auf, um etwas zu fressen. Auch wenn Simon ihn kraulen, oder mit ihm spielen wollte, verhielt er sich abweisend. Simon zermarterte sich das Gehirn, was Tannin fehlen könnte. Er hatte doch alles, Freiraum und genügend zu fressen. Trotzdem lies sich Tannin zu gar nichts bewegen. Simon machte sich ernsthaft Sorgen. Er suchte in Büchern nach irgendwelchen Lösungen, doch wurde einfach nicht fündig. Mit der Zeit übertrug sich Tannins schlechte Laune auch auf ihn und er wurde gereizter, was vor allem die Kollegen in seiner neuen Stelle zu spüren bekamen. Deswegen erhielt er bei einem Gespräch mit seinem neuen Chef auch fast eine Abmahnung.
 

Als Simon eines Morgens aufstand war Tannin verschwunden. Der Platz vor dem Kamin war verwaist, und die Balkontür stand offen. Erschrocken rannte Simon zur Tür und schaute hinaus, aber Draußen war nichts zu sehen außer dem angrenzenden Wald. Er rief Tannins Namen, doch nirgendwo gab es keine Reaktion. Simon stürmte zurück in sein Zimmer und zog sie rasch die erstbesten Klamotten an. Als er erneut ins Wohnzimmer trat, fühlte er die Stelle, wo Tannin immer lag. Sie war kalt. Es musste also schon geraume Zeit her sein, das er verschwunden war. Simon rannte zum Wald, und bedauerte es nun, sich noch nie vorher hier genau umgesehen zu haben. Er hatte keine Ahnung, wo er zu suchen anfangen sollte.

Nachdem er über 2 Stunden durch den Wald geirrt war, kehrte er besorgt und geschafft nach Hause zurück. Simon war am verzweifeln, dann kam ihm die Idee. Hastig griff er nach dem Hörer und wählte die Nummer von Marcos Haus. Marco hatte doch gesagt, das er Tannin hören konnte, vielleicht konnte er ihn auch aufspüren. Zu seiner Überraschung war der Anschluss von Marcos Eltern besetzt. Er probierte es immer wieder, doch er bekam kein Freizeichen.

Als Simon dann nach einer halben Stunde endlich durch kam, hatte er die total verstörte Mutter von Marco an der Strippe. Sie brachte unter Heulkrämpfen kaum ein Wort hervor, und Simon konnte sie fast nicht verstehen. Plötzlich wurde ihr der Hörer aus der Hand gerissen und Simon fand sich mit Georg konfrontiert, der ihn durch die Leitung anschrie. „Was haben sie mit meinem Sohn gemacht.“ Simon verstand nicht. „Tun sie nicht so nichtwissend. Ihr Drache hat doch unserem Sohn den Kopf verdreht, er spricht von nichts anderem mehr, und jetzt ist er weg. Geben sie zu, er ist bei ihnen.“ - „Nein. Tannin ist auch verschwunden.“ - „Wer zum Teufel ist Tannin.“ Simon hielt den Hörer ein Stück weit vom Ohr weg und seufzte leicht. „Mein Drache.“ Für Simon fügte sich nun alles zusammen. Marco war zusammen mit Tannin abgehauen. Einfach großartig, das war das was Simon jetzt überhaupt nicht gebrauchen konnte. „Unternehmen sie gefälligst etwas, oder ich hetze ihnen die Polizei auf den Hals.“ - „Und was wollen sie denen sagen. Das ihr Sohn mit einem Drachen durchgebrannt ist. Ich bitte sie, die sperren sie ein und werfen den Schlüssel weg.“ Georg schwieg einige Zeit, bevor er mit einem gemäßigteren Ton weitersprach. „Simon wo wohnen sie. Ich komme zu ihnen.“ - „Ich gebe ihnen meine Adresse nur, wenn sie mir versprechen sich abzuregen, bevor sie kommen. Ich brauche hier klare Köpfe.“

Nachdem Simon seine Adresse genannt hatte, hängte er auf. Er setzte sich nieder und schlug die Hände über dem Kopf zusammen. Die ganze Sache nahm einen völlig anderen Verlauf und die Situation drohte ihm aus den Fingern zu gleiten. Er wollte eigentlich nichts mehr mit den Dorfbewohnern zu tun haben, aber nun waren Marco und Tannin verschwunden und er hatte keine Ahnung, wo er anfangen sollte zu suchen.

Es dauerte etwa eine Stunde, ehe jemand an der Tür klingelte. Simon öffnete mit gemischten Gefühlen. Tatsächlich stand Georg davor, aber er war nicht allein. Traktor an Auto reihten sich die fahrbaren Untersätze an der Straße entlang. Fast das ganze Dorf war mit ihm gekommen. Simon wusste nicht, ob er begeistert sein, oder die Hände über den Kopf zusammenschlagen sollte. Eigentlich sollte niemand aus dem Dorf seine neue Adresse je erfahren, und jetzt standen sie alle vor seiner Tür.

Jetzt war es gut, dass sein neues Wohnzimmer so groß war. Trotzdem standen noch einige draußen auf dem Balkon. Simon hatte einen Plan der Umgebung aus dem Regal geholt, und ihn auf dem Wohnzimmertisch ausgebreitet. Sie unterteilten das Gebiet in Planquadrate und stellten Gruppen zusammen, die diese durchsuchen sollten.

Immer in 5er Gruppen zogen sie los, bis schließlich nur noch Simon, Georg und 3 andere Bauern aus dem Dorf übrig blieben. „Für uns habe ich die Strecke zwischen diesem Haus und dem Dorf herausgesucht.“ Simon deutete an der Straße entlang abwärts. „Es ist zwar das größte Stück, aber da wir fast nur Straße haben, sollte es kein Problem sein.“ Simon rollte den Plan zusammen und steckte ihn in die Schutzhülle zurück. Er bemerkte den Blick, den Georg ihm zuwarf. „Was ist denn noch?“ Im Moment hatte Simon keine Lust sich mit ihm herumzuschlagen. Er machte sich viel zu viele Sorgen um Tannin und Marco. "Ich möchte mich für mein Benehmen am Telefon entschuldigen." - "Schon gut." Simon winkte ab. "Lassen wir das. Es gibt im Moment wichtigeres." Georg nickte und sie verließen das Haus. Auf die Frage, warum er die Balkontür offen ließ antwortete er nur für den Fall das Tannin zurückkehrte und er noch nicht wieder zurück sei. Die Dorfbewohner schienen darüber nicht so begeistert.

Gemeinsam bestiegen sie den Laster von Marcos Vater. Während Simon vorne neben Georg Platz nahm, kletterten die anderen drei auf die Ladefläche. Mit Ferngläsern wollten sie Ausschau halten.

Langsam fuhren sie die Straße hinab. Immer wieder riefen sie Marcos Namen, doch sie erhielten keine Antwort. Schließlich hatten sie das Dorf erreicht. Enttäuscht und bekümmert sank Georg hinter dem Lenkrad zusammen. Tränen rannen über seine Wangen, doch er hielt sich beim Schluchzen zurück. Simon legte ihm tröstend die Hand auf die Schulter. "Wenn Tannin bei ihm sein sollte, wird ihm sicher nichts passieren." Doch Georg schüttelte die Hand ab und versteifte sich. "Tannin! Tannin! Tannin! Die ganze Zeit immer nur dieser Drache! Nur wegen dem ist mein Sohn doch erst abgehauen!" Marcos Vater blickte Simon mit einem hasserfüllten Blick an, der jedoch rasch wieder in Verzweiflung wechselte. "Es tut mir leid, das ich dich so anschreie, aber du musst meine Situation verstehen. Ich... Simon hörst du mir überhaupt zu?" Georg ergriff nun seinerseits Simons Schulter und rüttelte ihn leicht. Simon starrte ins Leere und schien seine Umwelt überhaupt nicht mehr wahrzunehmen. Unter der fremden Berührung zucke er zusammen und kehrte in die Wirklichkeit zurück. "Simon, was ist los?" - "Keine Ahnung." Simon griff sich an den Kopf. Er wirkte leicht benommen. "Ist aber schon wieder ok." - "Bist du dir da ganz sicher. Willst du nicht lieber nach Hause zurück?" Simon schüttelte den Kopf. "Nein, ich mache weiter", sagte er bestimmt. "Nun gut. Mir soll´s recht sein." Georg wendete das Auto und sie fuhren die Strecke im Schritttempo zurück, die sie eben gekommen waren. Jedoch hielt Marcos Vater nun ein Auge auf Simon. Das letzte, was er jetzt noch brauchen konnte war, das Simon ihm im Auto zusammenklappte.

Nachdem sie etwa ein Drittel der Strecke zurückgelegt hatten, veränderte sich Simons Gesichtsausdruck wieder ins Apathische. Sofort brachte Georg das Auto zum Stehen. Die anderen Dorfbewohner fragten was los sei, und ob sie eine Spur entdeckt hätten, doch Marcs Vater beachtete sie nicht. Stattdessen griff er wieder nach Simons Schulter und schüttelte ihn leicht. Doch diesmal zeige dieser keine Reaktion. Einer der Dorfbewohner war von der Ladefläche abgestiegen und kam nach vorne zum Fenster um erneut zu fragen was los sei und warum es nicht weiterging. Als er jedoch Simons Apathischen Blick bemerkte alarmierte er die anderen. Gemeinsam zogen sie Simon aus dem Wagen und betteten ihn auf die Ladefläche. "Der muss dringendst zu einem Arzt", meinte einer von ihnen. "Zu welchem, einem Allgemein- oder einem Nervenarzt", fragte ein anderer gehässig, der aber sofort von den Umstehenden zum Schweigen verdonnert wurde.

Doch bevor sie einsteigen und losfahren konnten, richtete sich Simon hinten kerzengrade auf. "Sie sind hier." Simon sprang förmlich von der Ladefläche und strebte dem Wald entgegen. Die verdutzten Dorfbewohner hielten beim Einsteigen inne, und sahen sich verwirrt an. "Ich sagte doch, total durchgeknallt." Der eine, der Simon eben noch zum Nervenarzt bringen wollte, ließ einen Finger an er Schläfe kreisen. "Halt dich gefälligst zurück", fuhr ihn Georg an, und folgte Simon nach. Das er mit seinem Laster jetzt die halbe Straße blockierte war ihm im Moment herzlich egal. Die anderen Dorfbewohner zögerten kurz, sahen sich an, und folgten ihnen in den Wald.

Simon wanderte zügig querfeldein, und Georg musste rennen um wieder aufzuschließen. Immer wieder wurde Simons Blick glasig und er änderte ab und zu die Richtung. Nachdem sie etwa eine halbe Stunde durch die Gegend gelaufen waren erreichten sie eine kleine Klippe, die eine Schlucht begrenzte. Simon blieb abrupt stehen, so das Georg fast in ihn hineinlief. Das was sie sahen, ließ ihnen den Atem stocken. Unter ihnen lag Marco. Es sah so aus, als sei er von der Klippe auf den Absatz vor der Schlucht gefallen. Er reagierte nicht auf zurufen. Neben ihm saß Tannin, der bis vor kurzem noch auf Marco gestarrt hatte und nun zu Simon nach oben sah. Warum wacht er nicht mehr auf, wenn ich ihn rufe? war die Frage die Simon zur Überraschung in seinem Kopf vernahm. Er war sprachlos. Georg hatte unterdessen mit dem Abstieg begonnen.

Als er jedoch endlich unten ankam, zögerte er. "Hey Simon, pfeif mal deinen Drachen zurück." Simon verzichtete darauf, Marcos Vater noch mal darauf hinzuweisen, das er Tannin hieß, zu verdutzt war er noch darüber Tannin nun auch hören zu können. Doch der eben Angesprochene bewegte sich bereits von Marco fort, nicht ohne ihn aber erneut mit sorgenvollem Blick angeschaut zu haben. Sofort eilte der Vater zu seinem Sohn. Marco regte sich immer noch nicht. "Nicht bewegen", rief Simon, der sich fieberhaft an seinen erste Hilfe Kurs zu erinnern versuchte, und nun endlich wieder aus seiner Starre erwacht war. Jetzt bemerkte er auch, das er im Eifer des Gefechts vergessen hatte das Handy einzustecken. Leise fluchte er. Marcos Vater hatte ebenso wie der Rest der Gruppe auch kein Telefon dabei. Warum reagiert Marco nicht?, fragte Tannin erneut.‚Ich glaube Marco ist verletzt.' - Könnt ihr ihm denn nicht helfen? Simon schüttelte bekümmert den Kopf. Warum holt ihr denn dann keine Hilfe. Tannin überwand die Klippe und ließ sich neben Simon nieder und schaute ihn mit erwartungsvollen Augen an. Simon nickte und rief zu Georg herunter: "Ich leih mir mal kurz deinen Wagen aus und hole Hilfe. Sorg dafür, das Marco nicht bewegt, aber warmgehalten wird."

Simon sauste ohne auf eine Bestätigung zu warten los. Er musste sich jedoch recht schnell eingestehen, das er keine Ahnung hatte, wie er zurück zur Straße kam. Er war noch nie so weit im Wald gewesen. Ich zeige dir den Weg. Mit einem Krachen brach Tannin durch die Baumwipfel.

Es war ein Spießrutenlauf durch den Wald, bis Simon die Straße wieder erreichte. Das er sich dabei die Hände und das Gesicht zerkratzte störte ihn im Moment herzlich wenig. Marcos Vater hatte die Schlüssel im Zündschloss des Autos stecken lassen. Jetzt fuhr Simon mit hohem Tempo zu seinem Haus, wo sich auch schon die ersten der Suchenden eingefunden hatten. Als sie jedoch Tannin kommen sahen, wichen die meisten hastig zurück. So hatte Simon bei seiner Ankunft freie Bahn zum Telefon.

Nachdem er den Rettungsdienst angerufen hatte, zeigte er anhand der Karte und mit Tannins Hilfe, wo sie Marco fanden. Er schickte sie los damit sie dem Rettungsdienst den Weg zeigten. Er würde auf die andere Gruppen warten und sie informieren, das sie Marco gefunden hatten. Die meisten Dörfler nahmen den Vorschlag nur zu gerne an. So blieben Simon und Tannin allein zurück.

Erschöpft ließ sich Simon in seinen Sessel sinken. Er war aus irgend einem Grund so verdammt müde. Was ist mit Marco? Tannin sah Simon fragend an. "Die Ärzte werden sich um ihn kümmern." Du bist müde? Simon nickte nur. "War wohl alles ein bisschen zuviel. Erst dein Verschwinden, und dann war Marco auch weg..." - Aber ich bin doch nicht ohne Grund los. Marco hat mich gerufen. Er hatte vor irgend etwas große Angst, und dann bin ich los um ihm zu helfen. Simon hätte Tannin gerne gefragt, ob er wusste, was Marco so verängstigt hatte, doch eine Gruppe Dorfbewohner kam von ihrer erfolglosen Suche völlig frustriert zurück. Simon erhob sich mit einem Ächzen aus dem Sessel und ging auf die Gruppe zu. Da sie nichts genaues über den Stand der Rettungsaktion wussten, blieben sie bei Simon im Garten vor dem Haus. Als sich die Meisten nicht so recht in das Haus trauten, bot Tannin an, sich in ein anderes Zimmer zurück zu ziehen. Simon seufzte und nickte leicht, worauf Tannin in Simons Schlafzimmer verschwand. Sofort betraten die Dorfbewohner das Wohnzimmer und ließen sich auf den freien Stühlen nieder.

Sie mussten nicht lange warten. Etwa eine Viertelstunde später erhielten sie einen Anruf. Einer der Dorfbewohner hatte sich Simons Telefonnummer notiert und brachte sie auf den neusten Stand. Marco war in das städtische Krankenhaus eingeliefert worden und man untersuchte ihn grade. Gemeinsam beschlossen sie ins Krankenhaus zu fahren. "Aber dein Schuppenvieh bleibt hier." Die Leute schauten Simon mit strengem Blick an. Das ist kein Problem für mich. Ich weiß, das du mir alles wichtige erzählen wirst. Ermutigt von Tannins Worten nickte Simon und stieg mit den anderen in die Autos.

Sie legten den Weg zum Krankenhaus in einer neuen Bestzeit zurück, wobei sie einige Verkehrsregeln außer Acht ließen. Doch das war den meisten, und besonders den Autofahrern ziemlich egal. Kaum hatten sie die Autos abgestellt enterten sie in großer Gruppe das Krankenhaus. Nur die Stationsschwester der Ambulanz vermochte sie zu stoppen. Sie stellte sich ihnen in den Weg und verlangte zu erfahren, wohin Dshingis Khans Horden denn wollten.

Verdutzt blieben die mittlerweile 18 Leute stehen. Die Schwester jedenfalls blieb streng und schickte die meisten wieder von der Station. Simon gehörte zu den wenigen glücklichen, die bleiben durften. "Besänftige mal diesen Hausdrachen hier. Du kennst dich doch so gut mit diesen Viechern aus." Simon konnte nicht ausmachen, wer diese bissige Bemerkung hervorbrachte. Er setzte sich auf einen der freien Stühle und wartete.

Nach etwa einer halben Stunde kam Georg aus einem der Behandlungsräume. Er war unnatürlich blass, aber er hatte keine Tränen mehr in den Augen. Zielstrebig kam er auf Simon zu und blieb vor ihm stehen. Er schluckte mehrmals, und Simon merkte, das er etwas sagen wollte, was ihm offensichtlich sehr schwer fiel. "Ich muss mich bei dir und Tannin entschuldigen. Ich habe euch Unrecht getan. Marco hat mir gesagt, das Tannin..." Georg stockte. Ihm standen wieder Tränen in den Augen. "...er sagte, das Tannin ihm im Wald das Leben gerettet hat." Die anwesenden Dorfbewohner wussten nicht, ob sie richtig gehört hatten. Sie mochten mit etwas anderem gerechnet haben, denn einige von ihnen schüttelten ungläubig die Köpfe. "Darf man zu ihm?" Fragend blickte Simon den sich langsam wieder beruhigenden Vater an. "Ja, aber bitte nur kurz." Simon nickte, stand auf und ging zum Behandlungsraum.

Auf einer Liege lag Marco. Er wirkte nicht mehr ganz so blass. Einige Schwestern und ein Arzt bemühten sich um ihn. Als Simon näher trat, wurde er nicht aufgehalten, aber darauf hingewiesen, das er es kurz fassen solle. Der Arzt verließ zusammen mit den Schwestern das Zimmer und schloss die Tür hinter sich, so das Marco und Simon nun allein in dem Raum waren. Kaum das die Tür zu war, öffnete Marco seine Augen, wendete den Kopf und sah Simon mit einem schwachen Grinsen an. "Was machst du denn für Sachen?" Simon griff sich einen Stuhl und setzte sich an Marcos Bett. "Ich wollte Tannin besuchen." Marco schloss die Augen und seine Gesichtszüge verhärteten sich. Offensichtlich schienen die Erinnerungen nicht sonderlich angenehm zu sein. "Willst du darüber reden?" Marco nickte leicht. "Es ist eine bodenlose Gemeinheit. Mein Vater hat sich tierisch darüber aufgeregt, als er herausgefunden hatte, das ich dich und Tannin weiter besucht hab. Er drohte mir mit Stubenarrest und behielt mein Taschengeld ein, so das ich nichts mehr für den Bus hatte. Außerdem war er immer anwesend, wenn ich das Telefon benutzen wollte. Er behauptete, es sei nur zu meinem besten, wenn ich euch nicht mehr sähe." Marco stockte. Tränen liefen über seine Wangen, und er wendete sein Gesicht von Simon ab, so als schäme er sich seiner Tränen. "Es ist schon gut... Du brauchst dich nicht zu schämen. Wenn du willst, kann ich ja noch mal mit deinem Vater reden." Marco drehte sich zu Simon um. "Würdest du das für mich tun?" Simon nickte, dann stand er auf, und wandte sich der Tür zu. Die Leute der Klinik waren wieder in das Zimmer gekommen, und deuteten Simon eh an, das er jetzt wieder gehen sollte.

Draußen wurde Simon bereits erwartet. Neben den Dorfbewohnern hatte sich eine nicht zu verachtende Zahl Reporter im Krankenhaus eingefunden. Ein vermisster Junge war ein gefundenes Fressen für sie. Simon überlegte, wie diese von der ganzen Sache Wind bekommen hatten. Im Moment interviewten sie alles und jeden, der sich nicht in einen Behandlungsraum, oder die Aufzüge flüchten konnte. Als sie jedoch Simon aus dem Behandlungsraum kommen sahen, ließen sie von ihren bisherigen Opfern ab, und kamen direkt auf ihn zu. Wobei sie sich Flur selbst behinderten. Jeder von ihnen wollte der erste sein, und die besten Bilder haben. Ein gigantisches Gerangel und Gefluche war die Folge, und Simon sah sich nach einer Fluchtmöglichkeit um. Es war Marcos Vater, der Simon in einen Raum zog, und die Tür verriegelte. Überrascht stellte Simon fest, das er sich auf der Toilette befand. Auf seine fragenden Blicke zuckte Georg mit den Schultern. "Das ist der einzigste Ort, wo man sich die," er deutete Richtung geschlossene Tür, "vom Leibe halten kann." Er grinste fast so wie Marco.

Plötzlich hörten sie von draußen eine laute Stimme. "Meine Damen und Herren. Ich muss doch sehr bitten. Dies hier ist ein Ort der Genesung und kein Pressezentrum. Bitte verlassen sie umgehend dieses Krankenhaus." Lautes Murren und Proteste wurden laut, doch nach einiger Zeit verstummte sie wieder.

Als Simon dann einen Blick aus der Tür riskierte musste er feststellen, das die Reporter und einige der Dorfbewohner verschwunden waren. Ein älterer, etwas beleibter Mann im weißen Kittel stand immer noch in der Mitte des Flures und lies seine Augen wachsam durch die Abteilung schweifen. Als er Simon erblickte, verhärtete sich sein Blick. "Sind sie etwa auch einer von diesen Reportertypen?" Ein eiskalter Ton schwang in seiner Stimme mit. Es war offensichtlich, was er von ihnen hielt. "Nein. Er gehört zu mir." Georg war hinter Simon aus der Toilette getreten und ging nun zielstrebig auf den Mann zu, der sich sichtlich entspannt hatte. "Das ist Dr. Toro. Er ist der Chefarzt dieser Klinik und rein zufällig sehr gut mit meinem Schwager befreundet." Er stellte Simon Dr. Toro vor, und gemeinsam kehrten sie in Marcos Behandlungsraum zurück.



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