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Yeh Zindagi Hai.

Neue Chance, neues Leben?
von

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Regen ohne Unterbrechung

Es war später Nachmittag und starker Regen trommelte gegen die Fensterscheiben. Sudhir nahm allerdings kaum etwas davon wahr, denn seine Gedanken drehten sich schon den ganzen Tag nur um Shruti. Ihre traurigen Augen, ihr halbnackter Körper und das Gefühl, das er hatte, als er sie ihm Arm gehalten hatte, spukten die ganze Zeit in seinen Kopf herum und jeglichen Versuche, sich abzulenken, waren kläglich fehlgeschlagen.

Fahrig fuhr er sich durchs Haar, stand auf und ging zum Fenster. Diese Ungewissheit machte ihn beinahe wahnsinnig. Was hielt Shruti wirklich von ihm? Und was hielt sie von seiner Umarmung? Völlig abgeneigt schien sie nicht, denn dann wäre ihre Abwehr gegen ihn größer gewesen, aber ihr sonstiges Verhalten ließ auch nicht gerade darauf schließen, dass sie ihn mochte. Er hatte also keine Wahl und musste alles auf eine Karte setzen, wenn er wirklich wissen wollte, woran er war. Er durfte es allerdings auch nicht übertreiben, denn mit zu starker Offensive würde er sie nur verschrecken und das musste er auf alle Fälle vermeiden.

Gedankenversunken verließ er nach einiger Zeit sein Zimmer, um in die Küche zu gehen und sich etwas zu trinken zu holen. Als er gerade wieder zurück gehen wollte, kam Shruti zur Eingangstür herein. Sie war vollkommen durchnässt und fluchte leise vor sich hin.

„Schirm vergessen?!“, rief Sudhir grinsend und winkte ihr zu. Dafür erntete er allerdings nur einen vernichtenden Blick und böse Worte. Anschließend ignorierte sie ihn und widmete sich dem Auswringen ihres Dupattas und ihrer Haare – letzteres tat sie über Kopf. Um sich aufzurichten, schleuderte sie ihr Haar nach hinten und hörte dabei ein seltsames Klatschen. Daraufhin wollte sie sich umdrehen, spürte aber im selben Moment, wie ihr etwas Weiches um die Schultern gelegt wurde, das sie schnell als Handtuch identifizierte. Vollkommen umgewandt stand Sudhir plötzlich hinter ihr, der sich mit seinem Ärmel über sein feuchtes Gesicht wischte. Anscheinend hatte sie ihn voll mit ihrem nassen Haar erwischt. „Du hast einen ganz schönen Schwung drauf, meine Liebe...“, meinte er schelmisch und beugte sich zu ihr, um sein Gesicht an ihrem Handtuch abzutrocknen.

Etwas erschrocken wich sie zurück und schaute ihn mit großen Augen an. Das irritierte Sudhir etwas, doch er ließ sich nichts anmerken. Er nahm sie bei den Schultern und schob sie vor sich her in ihr Zimmer. „Du solltest dich schnell umziehen, sonst erkältest du dich noch...“, meinte er mit einem warmen Lächeln, fügte dann aber grinsend hinzu: „... Ich kann dir auch gern beim Umziehen helfen...“ Um seine Worte zu unterstreichen, zupfte er spielerisch am Ausschnitt ihres Salwars herum. Shruti errötete und war gerade dabei, Sudhir von sich zu schieben, als sie auf dem nassgetropften Fußboden ausrutschte und nach hinten auf ihr Bett fiel. Aus Reflex griff sie dabei nach vorn und zog Sudhir mit sich.

Die beiden brauchten einen Augenblick, um zu realisieren, was geschehen war. Shruti keuchte kurz leise auf ob Sudhirs plötzlichem Gewicht auf ihrem Körper. Reflexartig war er gerade dabei, wieder aufzustehen, als ihm plötzlich die Gunst der Lage bewusst wurde. Er blieb also auf Shruti liegen, stützte sich allerdings mit den Ellenbogen links und rechts neben ihr ab, um sie nicht zu sehr mit seinem Gewicht zu belasten.

Ihre Blicke hafteten gespannt aneinander. Sudhir wartete auf Shrutis Gegenwehr, doch sie war viel zu erschrocken, um in irgendeiner Weise zu reagieren. Liebevoll musterte er ihr feines Gesicht und ihm fiel erneut auf, wie schön sie war. Mit seinen Fingern fuhr er sanft ihre Stirn entlang über die Schläfe und die Wange hinab. Shruti atmete schwer und schloss die Augen. Überrascht schaute Sudhir sie an. Was hatte das zu bedeuten? War das eine Erlaubnis dafür, dass er sie küssen durfte? Konnte sie ihre Meinung tatsächlich so schnell geändert haben? Während er sie musterte, fiel ihm allerdings auf, dass ihre Augenbrauen ängstlich zusammengezogen waren und ihre Lippen zitterten.

Kaum hörbar seufzte er, schloss für einen kurzen Moment die Augen und stand anschließend auf. Als Shruti vor Überraschung die Augen wieder öffnete, hielt er ihr seine Hand hin, um ihr ebenfalls beim Aufstehen zu helfen. Zögerlich nahm sie seine Hilfe an.

„... Wenn du dich jetzt erkältest, ist es nicht meine Schuld...“, meinte er mit einem schwachen Lächeln und verließ Shrutis Zimmer. Nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte, lehnte er sich daran und atmete aus. Seine Gefühle übermannten ihn beinahe und er wünschte sich nichts sehnlicher, als Shruti fest in den Armen zu halten und leidenschaftlich zu küssen, doch wenn sie dabei Angst hatte, machte es keinen Sinn. Sie sollte es genauso wollen wie er, alles andere wäre reiner Selbstbetrug.
 

„Seit drei Tagen regnet es jetzt schon ohne Unterbrechung...“, stellte Sudhir fest als er die Eingangstür des Gasthauses öffnete und seinen Schirm aufspannte. „Das ist während der Monsunzeit völlig normal. Daran wirst du dich gewöhnen müssen.“, meinte Kavita lächelnd und wackelte amüsiert mit dem Kopf. „Ja, leider...“, erwiderte Sudhir. „Also bis gleich. Durch den Regen wird es sicher etwas länger dauern, Shruti abzuholen, aber zum Abendessen sind wir ganz sicher pünktlich wieder da.“, fügte er hinzu und machte sich auf den Weg.

Kavita sah ihm noch kurz nach, bevor sie die Tür schloss und langsam in die Küche ging, um das Abendessen vorzubereiten. Während sie Kartoffeln schälte, machten sich wieder die Zweifel in ihrem Kopf breit, die sie schon seit ein paar Wochen verfolgten. War es richtig, Sudhir in seinen Bemühungen, Shrutis Sympathie zu erlangen, zu unterstützen? War es richtig, ihm immer wieder Mut zu machen? Wäre es nicht besser gewesen, ihm endlich die Wahrheit zu sagen? Er konnte schließlich nicht ahnen, wie Shrutis Situation tatsächlich aussah.

Kavita seufzte und legte das Messer zur Seite. Sie mochte Sudhir wirklich gern und sie hätte ihn zu gern an Shrutis Seite gesehen, aber gegen das Schicksal war im Endeffekt jeder machtlos...
 

Auf dem Weg zur Schule frischte der Wind stark auf und entwickelte sich langsam aber sicher zu einem Sturm. Sudhir beeilte sich, doch trotz des Schirmes war er innerhalb kurzer Zeit beinahe bis auf die Knochen durchnässt.

Gerade als er endlich am Schulgebäude angekommen war und den Schirm wieder zusammenfalten wollte, kam eine starke Windböe und riss ihn ihm aus den Händen, um ihn mit sich fortzutragen. Seufzend schaute Sudhir dem Schirm hinterher und ärgerte sich kurz über seine Unachtsamkeit. Kopfschüttelnd machte er sich anschließend auf die Suche nach Shruti. Er fand sie wie üblich in ihrem Klassenzimmer, wo sie gerade dabei war, die Tafel abzuwischen. Schweigend beobachtete er sie eine Weile, bevor er sich mit einem kurzen Räuspern bemerkbar machte.

Sie warf nur einen kurzen Blick über die Schulter und widmete sich dann wieder der Tafel. „In den Regen gekommen?“, fragte sie mit einem amüsierten Lächeln, das Sudhir allerdings nicht sehen konnte, da sie mit dem Rücken zu ihm stand. „Wirklich witzig.“, erwiderte er. „Hast du ein Handtuch oder irgendetwas anderes, mit dem ich mich abtrocknen kann?“, fragte er und trat ein paar Schritte näher auf sie zu. „Hmm... Ja, warte. Ich hole...“, meinte sie, unterbrach sich allerdings, nachdem sie sich umgedreht hatte und sich plötzlich nur wenige Zentimeter von Sudhir entfernt sah. Sie hatte ihn nicht näher kommen hören und schaute ihm nun überrascht in die Augen. Er erwiderte amüsiert ihren Blick, sagte aber nichts. Eilig wandte Shruti sich von ihm ab und lief in die hintere Ecke des Klassenzimmers, um aus einem der Schränke, die an der Wand standen, ein Handtuch zu holen, was sie ihm anschließend reichte.

Zu ihrer Überraschung machte Sudhir allerdings plötzlich Anstalten, sein Hemd auszuziehen. „Arre! Was machst du da?!“, rief sie empört und konnte nicht verhindern, dass ihre Wangen erröteten. „Ich bin völlig durchnässt. Ich will nur mein Hemd auswringen. Kein Grund zur Sorge...“, erklärte er amüsiert und stellte zufrieden fest, wie sie vermeintlich heimlich seinen nackten Oberkörper musterte.

„Gefällt dir, was du siehst? Du darfst auch gerne mal anfassen...“, meinte Sudhir grinsend, da er es sich einfach nicht verkneifen konnte, Shruti aufzuziehen. Sie erschrak bei seinen Worten und wendete sich eilig ihren Lehrbüchern zu, um sie in ihrer Tasche zu verstauen. „Mach dich nicht lächerlich.“, gab sie zurück, klang dabei aber wenig überzeugend. Sudhir lachte still in sich hinein, während er sein Hemd wieder anzog und das Handtuch auf dem Lehrertisch ablegte.

Leise schlich er sich an Shruti, die krampfhaft versuchte, sich auf das Packen ihrer Tasche zu konzentrieren, heran und flüsterte in ihr Ohr: „Bist du sicher...?“ Erschrocken schaute sie auf und musste erneut feststellen, dass der Abstand zwischen ihren Gesichtern nur noch wenige Zentimeter betrug.

Nervös schaute sie in Sudhirs erwartungsvolle Augen. Sie fühlte sich außer Stande, sich zu bewegen. Ihr Körper war vor Aufregung erstarrt und so wartete sie gespannt ab, was als nächstes geschehen würde.

Als sie jedoch feststellte, dass Sudhir immer näher kam, hatte sie das Gefühl, ihr Herz würde aus ihrer Brust springen. Ängstlich kniff sie die Augen zusammen und wartete auf das vermeintlich Unvermeidliche. Als nach einigen Augenblicken jedoch noch immer nichts geschehen war, öffnete sie ihre Augen vorsichtig und langsam wieder und musste feststellen, dass Sudhir nicht mehr vor ihr stand. Verwirrt schaute sie sich um und sah ihn schließlich am Fenster stehen und hinausschauen.

„Der Regen lässt langsam etwas nach. Am besten wir gehen sofort los, damit wir...“, meinte er und drehte sich zu Shruti um. Als er sie ansah, verstummte er allerdings. „Hey, was ist los? Du bist auf einmal so blass...“, stellte er fest und ging zu ihr. Sanft legte er seine Hände auf ihre Oberarme und musterte besorgt ihr Gesicht.

Shruti zuckte unter seiner Berührung zusammen und wandte ihren Blick von ihm ab. Ihr war das alles gerade viel zu viel. Tausende Gedanken wirbelten wild durch ihren Kopf und auch ihre Gefühle spielten verrückt. Sie wollte weg, einfach nur weg.

Kraftlos versuchte sie, sich aus Sudhirs Griff zu befreien, doch das ließ er nicht zu. „Was ist los, Shruti? Wieso läufst du jedes Mal weg? Findest du mich wirklich so furchtbar? Ist es so schlimm, wenn ich dich anfasse?“, fragte er und lockerte seinen Griff ein wenig, damit er ihr nicht weh tat.

Shruti schüttelte vehement den Kopf, vermied es jedoch weiterhin, ihn anzusehen. „Das ist es nicht...“, meinte sie leise. „... im Gegenteil... Es gefällt mir eben zu gut...“ Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern und so glaubte Sudhir zuerst, sich verhört zu haben.

Völlig perplex schaute er sie an, fing sich aber schnell wieder. „... Das heißt, es stört dich nicht, wenn ich... das tue...?“, wollte er mit gedämpfter Stimme wissen und ließ eine Hand zu ihrer Hüfte hinunter wandern. Ihr Herz machte einen Hüpfer und sie kniff die Augen zusammen.

„... oder das...?“, fragte er weiter und umfasste mit der anderen Hand ihren Nacken, schob dabei ihr Haar zur Seite und senkte seinen Kopf. „... oder das...“ Seine Stimme war kaum noch wahrzunehmen, doch sein heißer Atem streifte die nackte Haut ihres Halses und ihres Schlüsselbeins. Dann spürte sie auch schon, wie seine weichen Lippen sie mit zärtlichen Küssen bedeckten.

Shruti keuchte leise auf und ihr Atem ging stoßweise. „Sudhir, bitte... Ich...“, begann sie und versuchte, ihn von sich wegzudrücken, doch ihr Unterfangen war zu halbherzig, als dass es Erfolg hätte haben können. Sudhir hob den Kopf und schaute ihr in die Augen. Dabei zog er ihren Körper näher an seinen heran und drückte sie mit dem Rücken an den Lehrertisch. Er wollte sie an sich spüren und vor allem wollte er endlich wissen, wie sich ihre Lippen anfühlten. Langsam beugte er sich zu ihr herunter, näherte sich ihr immer mehr und schloss die Augen.

Shruti kniff daraufhin die Augen zusammen und mobilisierte alle Kraft, die sie im Moment aufbringen konnte. Mit einer schnellen Bewegung schob sie Sudhir von sich weg, schnappte sich ihre Tasche und rannte so schnell sie konnte aus dem Schulhaus hinaus in den Regen.

Perplex schaute Sudhir ihr hinterher. „Shruti!“, rief er, doch er bekam außer dem lauten Plätschern des Regens keine Antwort.



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