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Die Tochter des Mondlichts

von

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Einleitung

Die Dunkelelfe und Priesterin der Dunkeln Maid, die nach all den Jahren der Flucht nun endlich zu hoffen gewagt hatte den Häschern ihrer älteren Schwester und Mutter Oberrin des Hauses De'ban entkommen zu sein und hier, im Wald von Amtar an der nördlichen Grenze von Dambrath, ein Leben in Frieden führen zu können. An diesem Ort hatte sie zum ersten mal Freunde als auch Gleichgesinnte ihres Volkes gefunden, eine Zuflucht für jene Dunkelelfen die sich von der bösen Göttin Lloth abgewandt hatten und nun zu Eilistraee, der Dunklen Maid, beteten. Doch vergebens, wie sich nun herausstellte.

Ihre Gemeinde wurde von einer Übermacht feindlicher Drow angegriffen. Sie wollte schon ihren Schwestern zu Hilfe eilen als sie die Wappen ihres ehemaligen Hauses erkannte und sie die Panik überkam. Sie rannte zurück in ihre Wohnhöhle, nahm ihr Kind vom Bett auf und floh in den Wald.
 

„Wie haben sie mich gefunden? Wie haben sie mich hier nur finden können?“ Diese Fragen gingen der Drowfrau nicht aus dem Kopf und konnten nur noch von der Angst um das Leben ihrer drei Wochen alten Tochter, welche sie in einer Decke in den Armen hielt, verdrängt werden. Während sie durch die Finsternis des Waldes lief, verfolgt von einer monströsen Bestie, deren Augen in der Schwärze der Nacht, hinter ihr rot leuchteten.

Sie fühlte ihren Verfolger förmlich näher kommen, seine scheren Schritte mit denen er durchs Unterholz preschte klangen in der Stille der Nacht wie dumpfe Paukenschläge auf dem trockenen Waldboden. Das gleichmäßig keuchende immer lauter werdende Geräusch seines Atems raubte ihr auch noch den letzten Rest an Hoffnung ihm zu entkommen. Dann stürzte sie, ihre Tochter entglitt ihr, flog in hohem Bogen in die Dunkelheit und verschwand im tiefen Farn.

Ehe sie sich von dem Aufschlag erholen und wieder aufstehen konnte war ihr Jäger schon über ihr und riss sie mit einer seiner mächtigen Klauenhänden hoch, sodass sie mit den Füßen in der Luft hing.

„Hast du wirklich geglaubt uns entwischen zu können?“, knurrte er sie an.

Ihre Augen vor Schrecken und Angst aufgerissen starrte sie den Draegloth, ein halb dämonisches halb dunkelelfisches Wesen mit dunkler Haut die nur Stellen weise von dichtem weißen Pelz bedeckt, vier Armen, ein Paar das bis zum Boden reicht versehrt mit tödlichen Krallen und ein kurzes Paar das unterhalb des langen Paars sitzt, einem Hunde artigen Gesicht und einen mächtigen Torso mit zwei halb menschlichen halb hündischen Beinen und anstelle normaler Füße riesige Pfoten.

„Jetzt haben wir dich doch gekriegt und du hast uns gleich noch ein ganzes Nest voller mondanbetender Verräterinnen dazu präsentiert,“ er verstärkte den Druck der Hand, mit der er sie hielt und die ihr fast um den gesamten Brustkorb reichte. Er presste ihr damit die Luft aus den Lungen und hob sie dicht vor sein Gesicht und sah ihr in die Augen.

„Ich glaube in Anbetracht dieser großen Beute, zu der du uns geführt hast, könnte dir meine Mutter und Schwester von dir noch einmal vergeben. Ja ich würde sagen selbst die allmächtige Spinnenkönigin könnte dir verzeihen, dass du sie verraten hast, wenn du dich ihrer gerechten Strafe unterziehst.“

Statt ihm eine Antwort zu geben nahm sie all ihre verbleibenden Kräfte zusammen, legte ihre Hand

auf die Brust des Draegloth und schickte einen Schwall negativer Energie in seinen Körper. Das Blut spritzte und eine breite Wunde klaffte nun quer über seinen Torso. Vom plötzlichen Schmerz überrascht schrie er auf, ließ seine Gefangene fallen und taumelte einige Schritte zurück.

„Niemals...! Niemals werde ich je wieder als Sklavin vor Lloth kriechen!“keuchte sie um Atem ringend kaum im Stande sich auf den Beinen zu halten und begann erneut einen Zauber zu wirken.

Der Halbdämon, den Schock überwunden stürmte nun auf sie zu und bevor sie ihren Zauber vollenden konnte durchtrennten seine Rasiermesser scharfen Krallen ihre Kehle und Stimmbänder.

Leblos sank ihr Körper in sich zusammen.

„Verdammte Hexe!“ knurrte er zwischen seinen Reisszähnen hindurch, spuckte der Toten ins Gesicht und leckte das Blut von seinen Fingern während er sich zum gehen in die Richtung wandte aus der sie gekommen waren.
 

Mondlicht bahnte sich einen Weg durch Blätter und Äste und fiel auf die sanften Züge der Toten Drow. Neben der Leiche nahm eine schlanke hochgewachsene Dunkelelfe, nackt und mit knöchellangem silbernem Haar, Gestalt an. Sie kniete nieder und wischte der Toten das Gesicht ab und sprach:

„Steh auf mein Kind, nun ist die Zeit deiner Flucht zu ende. Die Diener Meiner verdorbenen Mutter können Euch nicht mehr kriegen. Eure Seele ist jetzt frei mit mir zu kommen.“

Die Priesterin öffnete langsam ihre Augen und fand sich auf dem Waldboden liegend ihrer Göttin gegenüber. Sie tastete mit einer Hand an ihre Kehle und stellte fest, dass dort nicht mal ein Kratzer war.

„Herrin, sagt mir träume ich? War all das nur ein Albtraum oder eine Vision?“

„Nein. Weder das Eine noch das Andere.“ antwortete die Göttin.

Sofort machte sich wieder Panik auf dem Gesicht der Liegenden breit und sie wollte schon aufspringen, doch die Erscheinung hielt sie zurück.

„Keine Sorge deine Tochter, T'alira, ihr geht es gut. Sie liegt dort drüben im Farn.“

„Kann ich zu Ihr?“ schoss es aus der Priesterin und die Panik wich Erleichterung.

„Gewiss. Komm mit.“

Sie standen auf, gingen in die genannte Richtung und Strichen den Farn beiseite. Doch die Szene die sich ihnen nun bot ließ die Mutter der Kleinen bis ins Mark erstarren. Das Bündel aus dem nur der Kopf des Mädchens herausschaute lag in einem Haufen alten Laubs, die Augen der Kleinen, weit aufgerissen, starrten voller Angst, wie sie nur ein kleines Kind zum Ausdruck bringen kann, auf eine tellergroße schwarze Witwe, die auf der Brust des Mädchens saß, das Maul ihrem Gesicht zum zubeißen bereit zugewandt. Blitzschnell war die große Dunkelelfe bei der Kleinen, riss die Spinne von ihr weg und schleuderte sie gegen den nächsten Baum, an dem nur ein schwarzer Fleck zurückblieb.

„Selbst jetzt dürstet es Lloth noch nach eurem Blut, da eure Seele nicht mehr für sie erreichbar ist.“

Die Göttin bückte sich und hob das Mädchen auf, welche sie nur groß ansah.

Immer noch zitternd vor Schreck trat die Priesterin neben ihre Herrin um sich zu vergewissern, ob mit ihrer Tochter auch alles in Ordnung sei, doch diese zeigte keine Spur von angst mehr.

„Was wird jetzt aus Ihr?“ wollte die besorgte Mutter wissen.

„Sie muss natürlich auf dieser Welt bleiben, ihre Zeit mit mir zu gehen ist noch lang nicht gekommen. Doch keine Angst dieses Kind hat nun meinen Segen erhalten und wird von jetzt an unter meinem persönlichen Schutz durchs Leben Gehen. Seht dort drüben ist ein verlassener Fuchsbau, da wird sie sicher sein bis sie Jemand findet der für sie sorgen kann.“

An dem Bau angekommen nahm abermals ein engelhaftes Wesen vor ihnen Gestalt an, ein Weiblicher Solar mit silbern schimmernder Haut und von beinahe drei Metern Größe überragte es sogar die Göttin bei weitem, die weißen Flügel eng an den Körper geschmiegt.

„Seid gegrüßt Dunkle Maid und Dame des Tanzes.“, sprach es mit seiner tiefen kräftigen Stimme und machte eine tiefe Verbeugung.

„Seid ebenfalls gegrüßt edles Wesen.“, antwortete die Göttin.

„Meine Herrin, die Silberne Dame schickte mich aus diesem Kind ihr Geschenk zu überbringen, die Gabe die es seit seiner Geburt besitzt nach freiem willen einsetzen und kontrollieren zu können um somit dem Schicksal das ihr bestimmt ist leichter entgegenzutreten.“ Das Wesen machte eine winkende Handbewegung das Bündel mit dem Mädchen schwebte aus den Armen der Göttin und blieb in der Luft stehen. Dann entblößte es den Rücken der Kleinen und berührte sie mit der Hand an der linken Schulter, dort begannen sich nun feine silberne Linien auf der dunklen Haut auszubreiten und bildeten ein Paar weiblicher Augen umgeben von sieben Sternen. Als es fertig war wickelte das Solar die Kleine wieder ein und überreichte sie ihrer Mutter. Diese nahm sie an sich steckte das Heiliges Symbol ihrer Göttin, ein Amulett in Form einer nackten langhaarigen Drow, die mit einem Schwert vor dem Vollmond tanzte und das sie um den Hals getragen hatte, in eine Falte der Decke und legte ihre Tochter dann in den Verlassenen Bau, nicht ohne das ihr einige Tränen über die Wangen liefen.

„Lasst uns aufbrechen, der Mond steht schon tief und der Morgen ist nicht mehr fern,“, flüsterte die Göttin, die Hände auf den Schultern der Priesterin legend zu. Eilistraee nickte dem Solar noch einmal zu und alle drei verschwanden im letzten Licht des Mondes, das Kind alleine aber nicht schutzlos zurücklassend.

Verloren Gefunden

„Na toll! Das hab ich jetzt davon... verlaufen!“, sprach der Gnom zu sich selbst, denn er fand sich im tiefstem Dickicht des Waldes von Amtar wieder. Es war ein wundervoller Sommermorgen. Das Sonnenlicht fiel durch die Baumwipfel und blendete ihn. Er kratzte sich am Kopf, die Stirn in Falten gelegt und besorgt drein blickend. Der Gnom war umringt von hohem Farn und da er gerade mal einen Meter groß war, schaute nur sein großer runder Kopf, bedeckt von einer rosa gepunkteten Zipfelmütze, heraus.

„Also das hast du mal wieder prima hin bekommen du alter Narr.“ fuhr er fort.

„Hättest du halt nur nicht diese Pixies geärgert, dann hätten sie dir nicht deinen magischen Rucksack, den du von dem dritten Vetter der Urgroßmutter deines zweiten Schwagers vererbt bekommen hast, mit all deiner Ausrüstung und deinem Zauberbuch drin, geklaut und stündest jetzt nicht irgendwo in diesem riesigen Wald abseits jeglicher Wege mit nicht mehr Bekleidet als einem Nachthemd und deiner Schlafmütze.“

„Andererseits war es doch ein herrlicher Spaß, wie ich ihnen weiß gemacht habe das Gnome mit Drachen verwandt seien und in Situationen höchster Gefahr ihre Feinde mit einem Odem vernichten könnten.“ Er lachte laut auf bei dem Gedanken. „Obwohl, wenn ich mich an die Geschichte erinnere, die mir mein Onkel Zook Nackle erzählt hat als ich noch ein kleines Kind war, dass bei dem Siegesbankett eines mächtigen Königs, weil er sich davor fünf Wochen ausschließlich von Steckrüben ernährt hatte, ihm ein gewaltiger Furz entglitten ist, sodass der gesamte Palast augenblicklich in Ohnmacht fiel und erst am Nachmittag des darauf folgenden Tages die Ersten wieder zu sich kamen. Könnte das Ganze gar nicht soweit her geholt sein. Jedenfalls hat er damals nichts riskiert und ist sofort verduftet. Aber soviel dazu! Wo ist sind sie nur hin, wo sind sie nur hin...“ So vor sich hin singend tänzelte er um seine eigene Achse, mit der Hand seine Augen vor den blendenden Sonnenstrahlen abschirmend und sich nach den Dieben umsehend. Dann entdeckte er die kleine Höhle.

„Ha! Hab ich euch, hab ich euch, hab ich eu...“ Siegesgewiss hüpfte er auf das Loch zu, kniete sich auf den Boden, streckte einen Arm hinein und ertastete etwas Weiches. Im Glauben daran endlich seinen Rucksack gefunden zu haben, packte er zu und zog es heraus. Doch war es weder sein heiß geliebtes Gepäckstück noch irgend etwas anderes, mit dem er gerechnet hätte es hier zu finden. Es handelte sich um ein kleines, schwarzhäutiges, in eine Decke eingehülltes Drowbaby, das ihn mit seinen großen runden, leuchtend magentaroten, Augen anglotzte, die Pupillen wie die einer Katze geformt. Er stand nicht minder verdutzt auf und streckte das Kind auf Armesslänge von sich, um es genauer betrachten zu können.

Genau in diesem Moment landete etwas unförmiges, weiches und zugleich schweres auf dem Kopf des Gnoms, sein Rucksack! Woraufhin das kleine Kind bei dem Anblick, wie es seinem Finder vor Schreck die Augen raus drückte und der schrägen Grimasse die er dabei zog, sofort zu kichern anfing, in das auch ein halbes Dutzend Pixies, ungefähr dreisig Zentimeter große Feenwesen mit kleinen Insektenflügeln auf dem Rücken, die nun allesamt hinter Bäumen und Sträuchern hervor kamen, einstimmten. Und als der Gnom sich wieder gefasst hatte, fing auch er, angesichts der Komödie der Situation, lauthals zu Lachen an. Dies war der Beginn einer großen Freundschaft zwischen Dunkelelfe und Gnom.
 

Zurück bei seinem Nachtlager, die Pixies hatten ihm freundlicherweise geholfen den Weg dorthin wieder zu finden, bettete er das Kind auf die Felle, die im als Unterlage zum schlafen dienten und betrachtete es. Das Mädchen war wieder eingeschlafen und atmete jetzt leise und gleichmäßig.

„Wie soll ich dich denn nennen?“, fragte er sich und in dem Moment fiel ihm auf, dass sich eine Ecke der Decke, in die die Kleine eingepackt war, sich aus der Wicklung gelöst hatte und sich dort fein eingestickte Buchstaben zeigten. T'alira stand dort.

„Ah, das ist also dein Name. Klingt hübsch! Ein hübscher Name für ein hübsches Kind will ich meinen.“ Er beugte sich vor, um die Ecke wieder an ihren Platz zu stecken, da fiel ihm ein Kettchen mit einem Anhänger aus purem Silber in die Hand. Überrascht richtete er sich auf, um das Schmuckstück besser betrachten zu können. Es hatte die Form einer nackten langhaarigen Frau, die mit einem Schwert in der Hand vor einem Vollmond tanzte.

„Hmm, ob das ihre Eltern ihr mitgegeben haben? Hat bestimmt irgendeine Bedeutung, da müsste ich mich wohl mal bei einem Kleriker erkundigen, sieht mir nicht gerade nach einem Symbol dieser Lloth oder wie diese Dunkelelfengöttin heißt aus. Soviel ich weiß, haben deren Priester eine Faible für Spinnen. Nun ja, Zeit zum Frühstücken.“ Er steckte das Kleinod in eine seiner Taschen, nahm eine Schale und ging zu seiner Reitziege, die im Schatten der Bäume am Rand der Lichtung, auf der sich das Lager befand graste, um diese zu melken.

Als er fertig war kehrte er zu dem kleinen Mädchen zurück, welches nun wach, sich in der wiedermal neuen und fremden Umgebung mit großen Augen umsehend. Der Gnom, in der Hand die Schale voll Milch, setzte sich neben sie tauchte den Zipfel eines Tuches hinein und steckte diesen dann der Kleinen in den Mund, welche auch sofort anfing daran zu nuckeln. Diesen Ablauf wiederholte er, bis sie keine Anstalten zu saugen mehr machte.

Das Mädchen nun satt bekommen, aß er selbst noch etwas und trank die restliche Milch, dann machte er sich bereit aufzubrechen.
 

Alles in seinem Rucksack verstaut, das Kind mit einem Tuch vor die Brust gebunden stieg er auf seine Ziege und ritt los Richtung Tiefenbau, eine Siedlung in der seine Familie seit ein paar hundert Jahren lebte.

Einerseits war er in den Wald von Amtar gekommen um seltene Zauberkomponenten zu finden, andererseits hatte er gehofft mal wieder ein Abenteuer zu erleben, doch nun hatte er ein kleines, verlassenes Kind gefunden, das niemanden außer ihn mehr zu haben schien und er, in den wenigen Stunden da sie sich nun kannten, es schon sehr lieb gewonnen hatte. Deshalb würde er sich ihr annehmen, ein zu Hause geben und sie aufziehen. Er gab der Ziege einen Klaps und sie lief los.

Die verzauberten Hufe des Reittiers trugen den Gnom und das Mädchen mit atemraubender Geschwindigkeit davon und kaum das sie den Saum des Waldes hinter sich gelassen hatten preschte die Ziege mit vollem Tempo über die nun offen vor ihnen liegende Steppe gen Osten los und lies die Landschaft um sie herum, verschwommen an ihnen vorbei fliegen. Dabei lies das Tier sich nicht davon irritieren, wenn der Boden teils uneben oder mit Geröll übersät war, denn schließlich war sie in den Bergen aufgewachsen und sprang einen steilen Hang ebenso leicht hinauf wie ein geschickter Affe einen astreichen Baum hoch klettert.

Der Gnom liebte seinerseits diese Art des Reisens, er liebte es im Sattel zu sitzen den vorbei rauschenden Wind im Gesicht zu spüren und das Auf und Ab, wenn sein Reittier sich abstieß und wieder landete. Die Einzigste, der das alles noch ein wenig zu viel zu sein schien, war die kleine Dunkelelfe, welche mit großen, ängstlich drein blickenden Augen ins Leere starrend, wehrlos in dem Tuch sicher verwahrt, auf und ab hüpfend. Doch da sie sonst keine Anstalten machte sich in irgend einer weise zu beschweren, fing ihr Finder angesichts ihrer Miene nur an zu lachen.

Es dauerte nicht lange, da erreichten sie eine breite Straße, die von Norden nach Süden lief und die freie von Menschen regierte Stadt Delzimmer und Cathyr, die Hauptstadt von Dambrath. Dieses Land wurde von mehreren hundert Jahren von den Drow erobert und wurde nun von einer Halbdrow beherrscht.

Der Gnom lenkte sein Reittier nun Richtung Norden und lies es der Straße folgen, jetzt nicht mal mehr vom hohen Gras behindert legte die Ziege nochmal eins drauf und flog nur noch dahin. Als Delzimmer schließlich in Sicht kam lenkte er abermals gen Osten und ritt auf das niedrige Gebirge zu, das einige Meilen vor ihm aus dem Grasland aufragte. Er ritt auf der nördlichen Seite an den ersten paar Bergen vorbei und bog dann in ein langgezogenes Tal ein. Hier lies er seine Ziege in einen flotten Trab zurückfallen, wie er es immer an dieser Stelle tat und genoss die Aussicht.

Vor ihm erstreckte sich ein fruchtbares Tal, durch das sich einen breite Straße lief, parallel zu ihr floss ein schneller Gebirgsbach und zu beiden Seiten erstreckten sich Wald und Grasflächen die Berge hinauf. Er lies seinen Blick das Tal entlang streifen und erspähte seine Heimat, Tiefenbau, die nördlichste Stadt von Lurien dem Land der Halblinge.
 

Dort am Ende des Tales öffnete sich ein riesiger Spalt, der tief in die Erde reichte, als hätte eine gigantische Axt den Boden geteilt. Am Rand dieses Abgrunds lag der Teil der kleinen Stadt, den seine Bewohner an der Oberfläche errichtet hatten. Doch der weitaus größere Teil befand sich unterhalb der Erdoberfläche. Ein weit verzweigtes Netz aus teils natürlichen teils künstlich angelegter Tunnel und Höhlen, die in bis zu 150 Meter Tiefe reichten.

Im dämmrigen Licht der untergehenden Sonne erreichte der Gnom schließlich das Stadttor, welches den einzigen Eingang in der Palisade bildete, welche die Stadt umgab.

„Schönen Abend Meister Fonkin.“, begrüßte ihn der Torwächter, ein Halbling, der sich aus dem Fenster des Wachhäuschens lehnte, um zu sehen wer da an geritten kam, in seiner Hand ein angebissen Apfel. „Du bist schon zurück, ich dachte du wolltest länger verreisen, oder hast du schon wieder genug von Abenteuern?“

„Ah Will, schön dich zu sehen.“, entgegnete Fonkin, wandte sich dem Halbling zu und ließ sein Reittier anhalten. „Ich hab nie genug von Abenteuern, aber sie lassen sich leichter erleben, wenn man sich nicht um ein kleines Kind kümmern muss.“

Will sah ihn verwirrt an: „Was für ein Kind? Du bist doch allein aufgebrochen.“

„Du weist ja nicht, was man in einem Wald so alles finden kann.“, erklärte der Gnom, nahm T'alira aus dem Wickel vor seiner Brust und hielt sie hoch, sodass der Halbling sie betrachten konnte.

„Ist das nicht ein schönes Mädchen.“

Vor Schreck fiel dem Wächter der Apfel aus der Hand. „Ei...eine Dr...Drow?“, stammelte er und starrte fassungslos das Kind an. „Wie kommst du zu einem Drowkind?“

„Na ja, ich bin so ein paar Pixies hinterher, weil diese mir meinen Rucksack mit meinen ganzen Sachen drin geklaut haben und dann schwups, ehe ich mich versehen konnte bin ich über dieses Kind gestolpert, das ganz allein in mitten dieses riesigen Urwald in einem verlassenen Fuchsbau lag. Da hab ich beschlossen, sie an mich zu nehmen und hier her zubringen. Aber jetzt habe ich erst mal richtig Hunger und Durst und der Kleinen wird’s nicht anders gehen, schließlich sind wir den ganzen Tag durchgeritten. Und deswegen werd ich jetzt erst mal in den Gezimmerten Stollen gehen und mir den Wanst voll hauen.“

„Äh... was? Ach ja tu das!“, stammelte der Halbing, immer noch wie neben sich stehend und wollte ein Stück von seinem Apfel abbeißen.

„Also wir sehen uns!“, verabschiedete sich Fonkin und brach in schallendes Gelächter aus als er beim davon reiten noch das verdutzte Gesicht des Wächters sah als dieser bemerkte das seine Hand nun Leer war.

„Ähm, ich komm dann später nach wenn meine Schicht um ist.“, rief Will dem Gnom noch nach, von der Tatsache, dass sein Snack nun im Staub zu seinen Füßen lag, ein Umstand, der fast so schlimm für ihn zu sein schien wie allein vor zehn Drowkriegern zu stehen, wieder auf den Boden zurück geholt.
 

Der Hauptteil der Bevölkerung der Stadt bestand aus Halblingen doch auch Goldzwerge und Gnome nannten diese Bergarbeiterstadt ihre Heimat. Ja sogar einige Menschen und Halbelfen hatten sich hier niedergelassen und profitierten wie alle anderen von den Edelstein und erzreichen Mienen der Stadt. Und in dieser Nacht fand man nun mindesten vier Dutzend jedes dieser Völker im Gezimmerten Stollen, dem Größten Wirtshaus der Stadt, das von einem stämmigen Zwerg geführt wurde, der meistens so aussah als wäre er selbst sein bester Kunde.

Die Bedienungen hatten alle Schwierigkeiten den Bestellungen nachzukommen und sich durch die Gästemassen hindurch zu drängen, denn soviel wie in dieser Nacht war noch nie im „Stollen“ los gewesen und meistens kamen die Bediensteten nur wenige Meter weit und standen dann schon wieder mit leeren Tabletten da.

Die Nachricht das Fonkin von seiner Reise zurückgekehrt sei hatte sich wie ein Lauffeuer verbreitet, doch nicht aus dem Grund, weil er einer der angesehensten Bürger der Stadt war und immer sehr spannende Geschichten von den Abenteuern, die er erlebt hatte erzählt, sondern das Gerücht er habe ein Drowkind von seiner Reise mitgebracht ließ die Bürger ob jung ob alt, Mensch, Halbling, Zwerg oder Gnom aus Neugierde zu dem Wirtshaus pilgern. Jeder versuchte irgendwie in den „Stollen“ zu gelangen um einen Blick auf das Mädchen zu erhaschen und der Geschichte von Fonkin, wie er zu diesem gekommen war, zu lauschen und die der alte Gnom schon zum fünften Mal wiederholte. T'alira wurde unterdessen von einer Hand zur anderen gereicht, denn jeder wollte sie aus der Nähe betrachten und keiner, auch nicht diejenigen, die schon selbst mit den berüchtigten Drow zu tun hatten, wollte beim Anblick dieses Mädchens und der Unschuld in Ihren großen Augen glauben, dass sie genauso böse sein sollte, wie die Gerüchte und Erzählungen über ihr Volk berichtete. Die Kleine ließ das alles geduldig über sich ergehen und gab kein Zeichen von Angst von sich, bis sie einem jungen halbingschen Zauberlehrling gereicht wurde. Dieser hatte sich eine faustgroße, haarige Spinne als Vertraute erwählt und hatte, welche wie meistens auf seiner Schulter saß und bei deren Anblick T'alira zu weinen anfing.

Fonkin, der gerade wieder bei der Stelle war als ihm der Rucksack auf den Kopf gefallen war und diese mit schauspielerischen Geschick vorführte, hielt sofort inne, eilte zu seinem Schützling hinüber und nahm sie dem Zauberlehrling aus der Hand. Als diese den Gnom als ihren Finder erkannte beruhigte sie sich sofort, sah ihn müde an, gähnte einmal tief und schlief ein. Das war das Stichwort für den Gnom, denn plötzlich merkte auch er, wie erschöpft er eigentlich war. Der lange Ritt und die mehrfachen Vorführungen die er seit seiner Ankunft den Leuten vorgespielt hatte machten sich nun bemerkbar.

Entgegen aller Bitten noch ein wenig zu bleiben und noch mal von vorn zu erzählen, verabschiedete er sich von allen und machte sich auf den Weg zur Unterstadt, wo er seine Werkstatt und daneben sein Haus, einen riesigen Stalagmit den er eigens einst ausgehöhlt und zu seinem mehrstöckigen Heim verwandelt hatte, besaß.

Mehrere breite Treppen und von Pferden betriebene Aufzüge führten in die Tiefe, doch da zu dieser späten Stunde die Aufzüge schon außer Betrieb waren, wirkte er einen einfachen Schwebezauber und ließ sich in den Abgrund sinken. So entkam er auch den restlichen Schaulustigen, die ihn noch überreden wollten doch noch zu bleiben.

Zu Hause angekommen ließ sich der Gnom vor lauter Erschöpfung nur noch auf sein Bett fallen und wurde sogleich vom Schlaf übermannt, die Kleine friedlich in seinen Armen schlummernd.
 

In den nächsten Tagen waren die beiden nicht weniger gefragt als in der Nacht ihrer Ankunft. All jene von den rund elftausend Einwohnern der Stadt, die nicht im Gezimmerten Stollen einen Blick auf T'alira werfen konnte, wollten dies so schnell wie möglich nachholen und sich davon zu überzeugen, dass es stimmte das sie eine Drow war wie man überall redete. Was zur Folge hatte, dass sich in der Stadt nur noch um das geheimnisvolle Drowkind drehten. Den Gerüchten zu folge hatte dieses Kind auch das Zeichen der Göttin Selunê auf der Schulter und so sponnen sich unzählige Theorien darum, wer das Mädchen war und was aus ihr eines Tages werden würde, denn Selunê galt als eine gutgesinnte Göttin und niemandem war bekannt dass Drow zu ihren Anhängern gehörten.

So vergingen Tage, Wochen, Monate und Jahre und T'alira wuchs zu einem gesunden hübschen Mädchen heran, das sowohl Geschick als auch Intelligenz bewies. Jeder der mit ihr zu tun hatte schloss sie, trotz dem das sie oft irgendwelchen Schabernack anstellte, schnell in sein Herz, da sie steht hilfsbereit und immer für alles und jeden offen war, was auch den ärgsten Zweifler gestehen ließ, dass sie wohl vollkommen anders war als das was man von ihrem Volk sagen mochte. Und so wurde sie zum festen Bestandteil der Gemeinde von Tiefenbau, was keinen mehr freute als ihren Ziehvater Fonkin.

Aufbruch

In seiner Magiewerkstatt richtete sich Fonkin auf, beäugte sein gerade fertig gewordenes Meisterwerk und schmunzelte.

„Erwache!“, befahl der Gnom dem Geschöpf, das vor ihm stand, nachdem er den letzten Zauber gesprochen hatte, der zu dessen Aktivierung nötig war und die Statue aus Stein, fing an sich zu regen. Fonkin hatte die letzten drei Monate an diesem Golem gearbeitet, die humanoide Form dessen Körpers aus einem riesigen Granitblock gemeißelt und ihm durch unzählige magische Rituale und Zauber Leben eingehaucht, damit er nun unermüdlich in den Minen von Tiefenbau helfen konnte. Sogar die Fähigkeit zu sprechen hatte er ihm gegeben, sodass der Golem falls es gebraucht würde Mitteilungen überbringen konnte.

Fonkin befahl, dass der Golem ihm folgen sollte und wollte gerade das große eicherne Tor, das auf die Hauptstraße der Unterstadt von Tiefenbau, an der seine Werkstatt und direkt daneben seine und T'aliras Wohnung befand, führte, als von außen jemand dagegen klopfte. Überrascht öffnete er einen der Torflügel und erkannte den Bittsteller als einen von Albur Weidenläufers, dem Bürgermeister von Tiefenbau, Boten. Ein kleinwüchsiger junger Halbling mit braunen kurzen Haaren und einem treuherzigen Charakter.

„Was gibt’s Lyle?“, fragte der Gnom. „Komm rein.“, sagte er dazu als er merkte, dass der Bote völlig außer Atem war. Er trat beiseite und lies seinen Gast an sich vorbei eintreten. Dann machte Fonkin eine winkende Geste und ein Glas mit Wasser flog ihm in die Hand, dass er dem Halbling anbot. Der wiederum nahm es dankend an, trank einen großen Schluck und wieder zu Atem gekommen, begann er mit seiner Mitteilung: „Der Baumeister schickt mich zu dir, weil er so schnell wie möglich mit dir etwas zu besprechen muss.“, sprudelte es aus ihm heraus.

„ Hat er Gesagt um was es geht?“, hakte Fonkin nach.

„Ne, hat er nicht. Aber er klang ziemlich besorgt.“

„Hmm, dann scheint's ja doch was wichtiges zu sein. Wenn er gleich nen Eilboten schickt. Gut, ich gehe gleich zu ihm! Bin übrigens eben mit meiner Arbeit an meinen neuesten Golem fertig geworden. Was sagst du?“, er wies auf die graue Gestalt des Golems, der reglos die ganze Zeit auf der selben Stelle gestanden hatte. Der Halbling, der diesen erst jetzt bemerkt hatte erschrak fast als er nun zu dem Konstrukt auf sah, das ihn um seine zweifache Körperlänge überragte.

„Ganz schön groß das Ding.“, brachte er erstaunt heraus.

„Ja, der ist vor allem für schwere Lasten geeignet. Mein Erster aus Stein die andern die schon aktiv sind waren bisher nur aus Lehm und somit nicht ganz so belastbar, wie der hier.“, erklärte der Gnom.

„Also gut, ich geh dann mal los und lass Albur nicht so lange warten.“ Er verließ gefolgt von Lyle seine Werkstatt, trat auf die belebte Hauptstraße und wandte sich Richtung Stadtmitte, wo der Bürgermeister oder Baumeister, wie er allgemein genannt wurde, wohnte.

Überall waren die Bewohner an der Arbeit, Zwerge, die an ihren Schmiedeessen und Ambossen Waffen, Rüstungen und allerlei anderes Werkzeug herstellten, Gnome, die Edelsteine schliffen und abschätzten, Halblinge, die Schubkarren voll von verschiedensten Erzen und Gütern von einem Ort zum anderen brachten, oder auf dem Weg zu den Bergbaustollen waren und nicht zu vergessen zahllose Kinder, die in all dem Treiben Fangen oder Verstecken spielten.

Doch auf einmal verstummten alle und hielten in der Arbeit inne als das laute Krachen von splitterndem Holz ertönte. Dann fielen die überraschten Blicke aller die in der Nähe waren staunend auf dem fast drei Meter großen Steingolem, der ohne zu zögern durch das geschlossene Holztor gegangen war und nun plötzlich mitten auf der Straße stand, denn Fonkin hatte vergessen ihm zu befehlen, er solle auf seine Rückkehr warten.

„Soll mich ein Esel in den Hintern beißen! Ich werde langsam wirklich alt, dass ist mir beim letzten Mal auch schon passiert und jetzt brauch ich dieses Jahr schon wieder ein neues Tor!“, fluchte er und betrachtete den Schaden. „Na ja ich werde mich später darum kümmern.“

Fonkin befahl dem Konstrukt, wieder in seine Werkstatt zu gegen und auf ihn zu warten, bis er zurück käme. Ohne Widerspruch kam der Golem den Anweisungen nach, während sich wieder alle abwandten, manche lachend, manche den Kopf schüttelnd, und wieder ihrer Beschäftigung nachgingen.

„Hey, Fonkin!“, rief ein kräftiger Goldzwerg von der anderen Straßenseite herüber. „Fals du Hilfe bei der Reparatur brauchst sag einfach bescheid.“

„Ah, Brottor!“ rief Fonkin zurück. „Wäre nett, wenn du und deine Jungs die Trümmer wegräumen könnten, ich muss nämlich dringend weiter. Und pass auf mein Haus auf, bis ich wieder da bin.“

„So gut wie erledigt.“, bekam er als Antwort. „Kommt Jungs packen wir's an!“ Brottor und drei jüngere Goldzwerge machten sich daran, die Straße wieder frei zu räumen, während sich eine Gruppe von Halblings und Gnomenkindern vor dem nun leeren Torbogen sammelte um noch mal einen Blick auf den Steinkoloss zu erhaschen.

„Dank dir Brottor!“, rief Fonkin dem Zwerg zu, wandte sich wieder der Stadtmitte zu und eilte die Straße entlang.
 

Der betagte Halbling saß an seinem Schreibtisch, die Stirn übersät von Sorgenfalten und las immer wieder den Bericht seiner Kundschafter durch, als jemand an seiner Tür klopfte.

„Jawohl!“, rief er und die Tür wurde einen Spalt geöffnet. Herein schaute der Kopf von seinem Laufburschen Lyle.

„Meister Fonkin wäre nun da Herr.“, berichtete dieser. „Soll ich ihn gleich reinschicken?“

„Ja tu das! Und sorg dafür, dass man uns nicht stört.“ Endlich mal eine gute Nachricht, dachte sich der Bürgermeister, denn obwohl er seinem Läufer mit Nachdruck gesagt hatte, dass es dringend wäre, mit dem Gnom zu reden, hatte er doch nicht erwartet, dass der viel beschäftigte Magier sofort seiner Einladung folgen würde.

„Jawohl Herr.“, gab der junge Halbling zurück und sein Kopf verschwand wieder. Gleich darauf kam Fonkin durch die Tür und schloss diese hinter sich.

„Ah Fonkin, wie gut dich so schnell sehen zu können. Ich hoffe doch Lyle hat dich nicht bei einer wichtigen Arbeit gestört.“, begrüßte ihn der Halbling stand auf und kam hinter seinem Schreibtisch hervor, um seinen Freund zu begrüßen.

„Äh, nein Albur. Ich hatte gerade meinen neuesten Golem vollendet, als Lyle an der Tür klopfte. Ein Prachtexemplar, der Golem mein ich. Ich habe mich mal wieder selbst übertroffen. Er ist besonders dafür geeignet, schwere Lasten zu tragen, man kann ihn natürlich auch ideal im Bergbau einsetzen, zumindest wenn die Stollen eine Mindesthöhe von drei Metern haben...“, erklärte der Gnom.

„Ja ja, ich weiß, ich weiß wie nützlich diese Dinger sind.“, unterbrach ihn der Halbling. „Ich habe dich rufen lassen, weil ich unbedingt mit dir wichtige Dinge besprechen muss und außerdem den ein oder anderen Rat von dir brauchen werde.“

„Äh natürlich. Was immer es ist ich steh dir zur Verfügung.“, erwiderte Fonkin verwirrt. Selten hatte er Albur so direkt und so schnell auf den Punkt kommend erlebt. Was etwas bedeuten mochte, denn schließlich kannten die Beiden sich schon seit Kindestagen und waren im Lauf der langen Jahre immer bessere Freunde geworden.

„Es geht um T'alira. Nicht nur, aber auch um sie.“, begann Albur nach kurzem Zögern und man sah ihm an, dass es ihm unwohl dabei war.

„T'alira, was ist mit ihr?“, entgegnete der Gnom. Ein ungutes Gefühl beschlich ihn.

„Nun ja wie soll ich es sagen... ich befürchte Tiefenbau ist nicht mehr sicher für sie, ja ich glaube sogar Tiefwasser ist mit ihr nicht mehr sicher.“, fuhr der Halbling fort und bestätigte somit die Vorahnung seines Freundes.

„Aber Tiefenbau war noch nie wegen meiner Kleinen in Gefahr! Alle Befürchtungen, sie könne sich irgendwann als genauso bösartig erweisen wie ihre Verwandten, haben sich nicht bestätigt, ja selbst die Tatsache, dass sie von Geburt an eine Werkatze ist und somit die Lykanthropie in ihrem Blut steckt, hat sie noch nie jemandem aus der Stadt Schaden zugefügt. Ja, sie ist sogar eine der besten Kämpfer von Tiefenbau und begleitet stets die Patrouillen, um die unteren Menen und die umliegenden Gebiete im Unterreich zu sichern. Also warum sollte irgendeine Gefahr von meinem Mädchen ausgehen?“ Dem Gnom war sein Herz in die Hose gerutscht und er sah den Bürgermeister flehend an, denn er müsste doch wissen, was ihm diese Dunkelelfe bedeutete.

Albur, der genau diese Reaktion erwartet hatte, ging auf seinen Freund zu, legte ihm den Arm um die Schultern, führte ihn zu einem Stuhl und ließ den Gnom sich hinsetzen. Dann fuhr er mit tröstender Stimme fort: „Ich weiß das T'alira keine Gefahr für die Einwohner dieser Stadt darstellt, und dass sie nur so gutherzig ist wie, nur irgendwer sein kann. Auch für mich ist sie wie eine Nichte und wären die Umstände anders, würde ich nie verlangen, dass sie uns verlassen soll. Doch heut Morgen sind unsere Spione aus der Drowstadt T'lindhet wieder zurückgekehrt und was sie zu berichten haben ist alles andere als beruhigend und bestätigt meine Befürchtungen.“

Der Gnom sah, nun wieder gefasst, mit gewecktem Interesse dem Halbling in die Augen, der sich seinerseits, seinem Freund gegenüber, auf einen Stuhl gesetzt hatte.

„Es heißt, eins der mächtigeren Adelshäuser sei dabei, die alleinige Herrschaft über die Stadt, an sich zu reißen. Sie haben sich bereits mehrere der schwächeren Häuser einverleibt, sodass keines der anderen Häuser mehr etwas gegen sie unternehmen kann, ohne Gefahr zu laufen sofort vernichtet zu werden. Dieses Haus lässt, so steht es in den Berichten unserer Spione, verstärkt Sklavenjäger durchs Unterreich streifen, um ihre Armee zu stärken. Das hat zur Folge, dass alle Nichtdrow die Umgebung von T'lindhet flüchten und sich woanders niederlassen, was wiederum zur folge hat, dass die Sklavenjägertrupps auch weit von ihrer Stadt auf Jagt gehen und Tiefenbau sehr nah, ja zu nah kommen könnten, denn der Name dieses aufstrebenden Hauses ist kein anderer als De'ban.“

De'ban! Das ließ Fonkin augenblicklich erstarren, dies war der Name, den er kurz nach dem er damals mit der kleinen T'alira von seiner Reise in den Wald von Amtar zurückgekehrt war, durch magische Ausspähung erfahren hatte. Es war der Name, den die Familie trug, von der T'alira abstammte und Albur war einer der wenigen, die dieses Wissen mit ihm teilten.

Der Halbling sah seinen Freund mit ernstem Blick an: „Verstehst du nun, was ich damit meinte, dass T'alira hier eine Gefahr für sich und uns alle darstellt?“

Der Gnom nickte langsam, den Schreck immer noch nicht überwunden. „Natürlich!“, dachte er sich, „Irgendwann würden diese Drow erfahren, dass in Tiefenbau eine einzelne Dunkelelfe lebte und wenn sie das erst einmal wüssten, dann wäre es nur noch eine frage der Zeit bis sie heraus fänden, wer diese ist. Das hätte zur Folge, dass ihre Familie Jagd auf sie machen würden, denn Drow waren ebenso wenig dafür bekannt, dass sie ihre Abtrünnigen einfach in Ruhe ließen, wie sie dafür berüchtigt waren, das hinterhältigste Volk auf ganz Toril zu sein.

„Dann verstehst du meine Bedenken und stimmst mir zu, dass es das beste für sie wäre, Tiefenbau zu verlassen, an die Oberfläche zu gehen und zu verreisen. Dort würde sie bestimmt weniger in Gefahr sein, denn wie du schon gesagt hast ist sie eine unserer besten Kämpferinnen.“

„J...ja... du hast recht.“, antwortete der Gnom krächzend den der Schock hatte ihm seine Kehle austrocknen lassen.

„Gut da wir das geregelt hätten,...“, fuhr Albur abermals mit dem Gespräch fort, stand auf und schenkte etwas aus einer Flasche in einen Becher, den er wiederum seinem Gast reichte, „...können wir zu dem zweiten Punkt kommen weswegen ich dich herholen ließ.“

Fonkin nahm den ihm dargebotenen Becher an und schüttete sich das Gebräu auf einmal in den Rachen.

„Ist es wegen den häufigen Goblin und Koboldüberfällen in den Minen der letzten Zeit?“, fragte er und spürte wie der starke Zwergenschnaps wieder Farbe zurück in sein Gesicht brachte. Ein Blick in die Augen des Halblings verrieten, dass er mit seiner Vermutung voll ins schwarze getroffen hatte.
 

T'alira atmete schwer. Ihr Gegner hatte sich wieder unsichtbar werden lassen und bereitete sich bestimmt gerade irgendwo zwischen den, von der Höhlendecke hängenden, Stalaktiten schwebend

auf seinen nächsten Angriff vor. Das musste sie abwarten, denn der Kampflärm, der aus den angrenzenden Tunnel und Kavernen machte eine Ortung ihres Widersachers durch Geräusche unmöglich. Nun gut sollte das Spiel halt so weitergehen. Doch nichts geschah!
 

Zusammen mit ihrer Patrouille war sie auf das Lager der Goblins und Kobolde getroffen und anfangs war es ihr noch ein Rätsel, wieso diese so unterschiedlichen Geschöpfe gemeinsame Sache machten, denn normalerweise würden sich diese beiden Völker mit der gleichen Etikette begegnen, die zwischen so ziemlich allen Unterreichbewohnern so an der Tagesordnung waren: Raub, Mord und Totschlag!

Dieses Rätsel hatte sich schnell gelöst, als aus den hinteren Höhlen des Lagers die Gestalt eines großen, grobschlächtigen Ogers auftauchte, was nur soviel bedeuten konnte, dass die Goblins und Kobolde nichts anders als untergebene und Sklaven waren, gut genug ihren Anführern das Leben zu erleichtern. Was nicht bedeutete, dass sie zu bemitleiden waren, denn wenn nicht die Oger sie unterdrücken würden, würde der stärkste unter ihnen sich zu ihrem Anführer ernennen und sie würden in dessen Namen rauben. Auf jeden Fall musste diese Bedrohung beiseite geschafft werden und so griff die Abteilung aus Halblingen, Gnomen und T'alira an.
 

Nur spärlicher Fackelschein drang in die Höhle, in der sie sich nun befand, doch reichte ihr das Licht vollkommen aus, um alles zu sehen. Ja, mit ihren Drowaugen konnte sie, wie die meisten Untereichvölker sogar in totaler Lichtlosigkeit sehen. Doch da sich ihr Gegner sich mittels Magie tarnte, hatte sie ihn immer noch nicht ausmachen können.

Zwei Oger und ein gutes Dutzend Goblins hatte sie seit der Entdeckung des Lagers ins Jenseits befördert, doch dieser Feind war stärker als alles gegen das sie bisher gekämpft hatte. Dieses Geschöpf besaß nicht nur Kampfgeschick, sondern auch noch magische Fähigkeiten.

Sie hatte die Höhle kaum betreten, da wurde sich auch schon von der Seite angegriffen und hätte sie nur eine Sekunde langsamer reagiert wäre sie auf Taillenhöhe, von dem riesigen Zweihänder des Ogers, zweigeteilt worden. Trotzdem klaffte jetzt dort, wo das Schwert sie getroffen hatte eine breite Schnittwunde und machte ihr zu schaffen. Das hatte sie dem Monster zwar sogleich heimgezahlt, indem sie ihm den rechten Arm abschlug, doch daraufhin verschwand ihr Gegner und als T'alira ihre Waffe abermals hatte niedersausen lassen durchfuhr die Klinge nichts als Luft. Nur sein Blut beflecktes Schwert lag noch auf dem felsigen Boden, sein Arm war auch verschwunden.
 

In den fast sechsunddreißig Jahren, die seit dem ihr Ziehvater sie gefunden hatte vergangen waren, war sie zu einer überaus schönen, jungen Frau herangewachsen und die Arbeit in der Stadt und den Mienen, zusammen mit den zahllosen Kämpfen und Trainingsstunden, hatten ihren schlanken Körper zäh und stark wie Stahlseile werden und sie eine menge Erfahrung sammeln lassen. Deshalb hatte T'alira sich nun zwischen zwei Stalagmiten zurückgezogen, um jederzeit anzugreifen zu können, wenn sich die Gelegenheit bot.

Dann schallte grausames Gelächter durch die Höhle und dort, wo sich der Eingang, durch den T'alira gekommen war, wurde ihr Widersacher sichtbar. Drei Meter ragte er gut zehn Schritte vor ihr auf, der schwache Lichtschein, der aus dem Tunnel hinter ihm herein fiel, gab seine breiten, muskulösen Umrisse im Zwielicht zu erkennen. Sein rechter Arm war allem Anschein nach wieder angewachsen und eins der zwei, aus seiner breiten Stirn ragenden, Hörner war abgebrochen, was sein bedrohliches Erscheinungsbild komplettierte.

„Du kämpfst wirklich gut kleine Drow.“, sagte der Ogermagus in einer Sprache die T'alira nicht kannte, doch machte das nichts, denn aus einem Grund, den sie selbst noch nicht kannte verstand sie alle Sprachen ohne, dass sie je davor gehört hatte.

„Ich mach dir einen Vorschlag. Ich verschone dich und du verbündest dich mit mir. Du bist doch eine echte Drow? Lass uns diese Halblinge und Gnome gemeinsam töten, denn zusammen könnten wir unglaublich reich werden.“, fuhr er fort und streckte ihr seine Hand entgegen.

T'alira richtete sich auf und trat aus ihrer schützenden Nische hervor, ihren Gegner nicht aus den Augen lassend und Zorn stieg in ihr auf.

„Warum sollte ich meine Freude töten wollen?“, schrie sie ihm entgegen und schleuderte mit aller Kraft ihre Waffe gegen ihrem Feind. Der Klingenring durchschnitt die Luft, streifte sein Ziel aber nur, da der Ogermagus, für seine Größe erstaunlich gewandt, sich gerade noch auf die Seite fallen lassen konnte. T'alira nutzte die Gunst des Augenblicks und richtet ihren Finger auf das Monster. Feenfeuer strömte aus der Spitze und schoss auf den, sich gerade wieder aufrichtenden, Ogermagus zu, blieb an ihm haften und ließ ihn im magentafarbenen Schein aufleuchten.

Der Riese lachte abermals, doch diesmal troff sein Gelächter nur so vor Spot.

„Seit wann haben dreckige Drow, wie du Freunde? Und deine billigen Tricks funktionieren bei mir auch nicht! Ich werde dich erschlagen, wie diese Drowpriesterin, die ich erst vor ein paar Monaten in Stücke hackte.“, höhnte er als er sich wieder zur vollen Größe aufrichtete und diesmal wieder mit seinem Schwert in der Hand. Er sprach einen kurzen Zauber und bannte damit das Feenfeuer, dann verschwand er abermals.

Das gab T'alira den Rest, wie sie dieses Ding nur hasste! Jetzt war der Spaß für sie vorbei, nun weckte sie das Tier in sich. Und sofort begann sie sich in ein Mischwesen aus Katze und Drow zu verwandeln. Ihre Kleidung spannte sich über den zusätzlichen Muskeln und riss stellenweise sogar auf, ihre Gesichtszüge wurden katzenhafter, ihr Haar färbte sich schwarz, aus ihrer sowieso schon dunklen Haut spross ein feines, pechschwarzes Fell und ihre Finger waren nun mit messerscharfen Krallen versehrt. Ihre magischen Stiefel veränderten sich ebenfalls und gaben ihre Füße, die sich nun in zwei mächtige Tatzen verwandelt hatten, frei. Dazu kam, dass sich alle ihre Sinne schärften, wodurch sie keine Schwierigkeiten mehr hatte ihren Gegner auszumachen, denn er konnte sich nur unsichtbar machen, nicht geruchlos und seinen Gestank würde sie jetzt meilenweit wittern können.

Da war er auch schon! Er kam direkt auf sie zugeflogen, vermutlich mit zum Schlag ausgeholtem Schwert. Schon hörte sie, wie die Klinge durch die Luft schwang und in letzter Sekunde sprang sie zur Seite, rollte sich ab, kam wieder auf die Beine, stieß sich abermals ab und landete mit einem großen Satz auf dem Rücken des Unsichtbaren. Das alles geschah so schnell, dass der Ogermagus schon die Krallen in sein Fleisch eindringen spüren, bevor er seinen eigenen Angriff zu ende bringen konnte. T'alira riss mit all ihren Krallen Fleischstücke aus ihrem Gegner, was zur Folge hatte, dass sich dessen Unsichtbarkeit auflöste.

Die Schmerzensschreie übertönten alles in den umliegenden Höhlen doch verebbten sie schlagartig als T'alira mit einem kräftigen Biss in den Nacken des Ogers dessen Rückenmark durchtrennte und das Geschöpf somit tötete.

Gurhll der Ogermagus hatte schon ein paar mal gegen Drows gekämpft und wusste daher, dass sie gegen die meiste Magie resistent waren, weswegen er in diesen Kämpfen immer zum Schwert gegriffen hatte. Und obwohl die Drow für ihre Kampfkunst weithin berühmt waren, hatte er bisher alle erledigt, die sich ihm in den Weg gestellt hatten. Doch mit dem, das diese Drow eine Werkatze war hätte er nie gerechnet und so wurde er leichtsinnig, als diese, scheinbar unbewaffnet, vor ihm stand. Ein Fehler, den er nie wiederholen würde, denn sein letzter Streich ging daneben.

Erst als der Körper ihres Gegners endgültig aufgehört hatte zu zucken, lockerte T'alira ihren Biss und ließ von dem Toten ab. Dann nahm sie wieder ihre normale Gestalt an. Ihre Hand glitt zu der Feldflasche aus Leder, die sie an ihrem Gürtel trug, und spülte sich den Mund aus. Mit dem restlichen Wasser wusch sie sich ihre schulterlangen, von Geburt an silbernen, Haare aus dem Gesicht, da sie dort, durch Blut und Schweiß, fest klebten. Die Wunde an ihrer Seite war zum Glück nicht all zu tief gewesen, sodass sie sich durch ihre Verwandlung geschlossen hatte und jetzt nur noch ein breiter Kratzer zu sehen war. Die Bluse, die sie angehabt hatte, hing nur noch in dreckigen, blutgetränkten Fetzen an ihr herab, sodass T'alira sie ganz auszog, wobei sie ihre wohl geformten Brüste entblößte. Dann warf sie die Bluse weg und schnitt sie mit ihrem Messer einen Streifen von dem Gewand ihres besiegten Gegners ab, der sich noch nicht mit Blut voll gesogen hatte. Dabei stellte sie zu ihrer Zufriedenheit fest, dass es sich dabei um reinste Seide handelte. Dann schlug T'alira den Streifen zweimal ein und band ihn sich um die Brust. Ihre Hose aus Pferdeleder hatte die Verwandlung zum Glück heil überstanden.

Sie wollte sich gerade auf den Weg machen, um ihren Mitstreitern zu Hilfe zu eilen, als ihr eine mit Kurzschwert und Schleuder bewaffnete Halblingin aus dem Tunnel entgegen kam. T'alira erkannte sie sofort als Chalice Appleton, die Anführerin der Späher von Tiefenbau und einst ihre Lehrerin in Heimlichkeit, Fallen und Schlösser knacken.

„T'alira, bist du ok?“, rief die kleine Frau ihr entgegen, als sie die Höhle betrat.

„Ja Chalice. Mir geht’s gut.“, gab die Dunkelelfe zur Antwort.

„Freut mich! Als diese verdammten Kreaturen den Todesschrei ihres Anführers hörten, verließ sie der Mut und sie flüchteten. Ich denke das haben wir dir zu verdanken. Ein paar von uns verfolgen sie noch, um sicher zu gehen, dass sie sich nicht mehr sammeln und zurück...“, sie ließ den Satz unvollendet, denn ihr Blick fiel auf, die auf dem Bauch liegende Leiche, die jetzt direkt vor ihr lag und blieb an deren Hörner hängen.

„Ein Ogermagus?“, sie schluckte, „Und du hast ihn alleine... ?“, sie sah mit staunendem Blick zu ihrer Freundin auf.

T'alira nickte nur. Es lag ihr nicht vor Chalice zu prahlen und außerdem war sie zweimal nur knapp dem sicheren Tod entgangen.

„Alle Achtung! Dieses Ding hätte uns gewaltigen Ärger machen können und nicht viele wären mit solch einem Gegner fertig geworden.“, lobte die Halblingin ihre ehemalige Schülerin, was T'alira erröten ließ. Chalice kniete nieder und untersuchte den toten Riesen.

„Hilf mir mal dieses Ding umzudrehen, mal sehen, ob wir nicht eine Trophäe für deinen Sieg über ihn finden.“ sagte sie zu T'alira gewandt und zusammen drehten sie den schweren Körper auf den Rücken. An dem Gürtel des Ogers hing eine große Sammlung der verschiedensten Gegenstände, ihrer Vermutung nach alles Trophäen seiner besiegten Gegner, womit sie vollkommen recht hatten. So baumelten dort zum Beispiel einige Skalps, eine abgetrennte, einbalsamierte Hand und eine Kette mit den verschiedensten Zähnen. Was Beiden sofort ins Auge fiel, war das Lederband mit dem heiligen Symbol der Eilistraee, wie auch T'alira eines besaß, welches einst ihrer Mutter gehört hatte und das sie immer um den Hals trug. An dem Lederband war auch noch eine Art Schlüsselbund geknotet, nur dass an dem metallenen Ring keine Schlüssel sonder kleine Schwerter hingen.

Chalice löste diese beiden Sachen von dem Gürtel und reichte sie T'alira.

„Ich glaube, das sollte diesen Zweck erfüllen.“, fügte sie hinzu. „Wir werden die Leichen alle verbrennen und das Lager abreißen müssen, sonst dauert es nicht lange und es wimmelt hier wieder von Ungeziefer und andern Kreaturen.“, fuhr sie dann fort, „Du bist die Schnellste von uns, eile zur Stadt zurück, schick Verstärkung und sag sie sollen Lasttiere mitbringen. Dann lass dich von den Heilern versorgen, deine Seite schaut nämlich gar nicht Gut aus.“

T'alira sah Chalice pflichtbewusst an, nickte, steckte ihre Trophäe in eine ihrer Taschen und machte sich, nachdem sie ihre Waffe wieder aufgehoben hatte, auf den Weg.
 

Nachdem sie wieder die Stadt erreicht und ihren Bericht abgegeben hatte, war sie sogleich nach Hause geeilt um Fonkin zu von ihrem Abenteuer zu erzählen, hatte diesen aber nicht angetroffen. Also hatte sie sich dazu entschlossen, erst einmal ein Bad zu nehmen und auf den Gnom zu warten. Vorher stellte sie aber noch den Schirmständer, mit der Sammlung von Spazierstöcken ihres Ziehvaters, innen vor die Eingangstür, damit sie gleich mitbekam, wenn dieser nach Hause kam.
 

T'alira saß bis zum Hals im heißen Wasser des in den Boden eingelassenen Beckens und entspannte sich. Der Raum war kreisrund und die Wände, welche in einer Kuppel als Decke zusammen liefen, waren lückenlos mit den verschiedensten Kristallen und Edelsteinen besetzt. Ein riesiger Bergkristall hing genau in der Mitte des Raumes von der Decke, an dem das Wasser einer heißen Quelle hinabfloss und die Wanne darunter speiste. Diesem Kristall streckte sich von unten ein Zweiter entgegen, welcher zwar nicht ganz so groß, aber ebenso spitz war. Außerdem ging von diesem, der wie der obere Kristall ebenso, das Zentrum des Raumes und des Beckens bildete, als einzigste Lichtquelle im Raum, ein magischer Schein, wie der von Sternen aus und tauchte die Grotte in sanftes Licht, das sich in den zahllosen Mineralien an Wänden und Decke und vor allem in dem herabhängenden Kristallspeer in allen möglichen Farben brach. Eine halbrunde Kerbe in dem Beckenrand, der sich einen halben Meter über dem Boden des Raumes befand, verhinderte, dass das Wasser einfach über den Rand lief und die Grotte überschwemmte. Dort floss das überschüssige Wasser in eine Rille im Boden und verschwand durch ein Loch wieder im Erdreich.

Dieser Raum bildete neben ein paar anderen Grotten den Keller des Hauses, welches aus einem ausgehöhlten Stalagmiten von fünfzehn Metern Durchmesser und zwanzig Metern Höhe bestand. Es war der wohl am schönsten gestaltete Raum des ganzen Gebäudes und T'aliras Lieblingsort, den ihr Ziehvater einst mit Hilfe von Magie und handwerklichem Geschick geschaffen hatte.

Als sie sich gerade all das geschehene dieses Tages und vor allem den Kampf mit dem Ogermagus, noch mal durch den Kopf gehen ließ, schnappte ihre Falle zu. Das scheppern von auf den Boden krachendem Metall und Holz und ein dumpf aufschlagendes Geräusch begleitet von lautem Fluchen verrieten ihr, dass der Erwartete nun zurück war. Das holte auch sie wieder aus ihren Gedanken. Sofort sprang sie auf verließ die Grotte und eilte die gewendelte Treppe ins Erdgeschoss hinauf. Das sie noch vollkommen nackt war störte sie dabei nicht im mindesten.

Am oberen Ende der Treppe angekommen sah sie den Gnom, der sich gerade aus einem Haufen Spazierstöcke befreite und wieder auf rappelte, ohne ihr Tempo zu verringern, stürmte sie auf ihren Ziehvater zu, packte ihn unter den Armen, wirbelte ihn von Boden hoch hebend einmal um ihre eigene Achse und stellte ihn dann wieder vor sich auf seine Beine.

„Hallo Paps!“, begrüßte sie ihn aufgeregt. „Wo warst du denn? Und was ist mit dem Tor zur Werkstatt passiert?“

„Nicht so schnell meine Kleine, lass deinen alten Herrn doch erst mal reinkommen, bevor du mich mit Fragen löcherst.“, gab der Gnom, der sich noch nicht ganz von der ungewöhnlichen und überraschenden Begrüßung noch nicht erholt hatte, als Antwort und wurde ganz rot im Gesicht als er merkte, dass seine Tochter gar nichts an hatte. Doch als er zu ihr hoch sah, denn mit ihren Einmetersechzig überragte sie den Gnom um mehr als die Hälfte. Blieb sein Blick an dem Kratzer, den sie von ihrem Kampf davongetragen hatte, hängen, wobei eine Mischung von väterlicher Sorge und Neugierde auf sein Gesicht trat und die Schamesröte verdrängte.

„Was hast du denn da wieder angestellt?“, fragte er und betrachtete die Wunde genauer. „Das ist doch nichts ernstes oder?“

T'alira musste lachen, ein vergnügtes und klares Lachen und fügte dann hinzu: „Komm erst mal rein und ich hol mir was zum anziehen, dann können wir uns in Ruhe unsere Geschichten erzählen.“

„Das ist eine gute Idee. Ich bin heut wahrlich schon genug gestanden.“, stimmte er ihr zu und machte sich daran seine Spazierstöcke wieder aufzuräumen. Darauf hin wandte sich T'alira auch ab und machte sich auf den Weg in den ersten Stock.
 

Kaum eine viertel Stunde später befanden sich beide in der Bibliothek und schilderten sich gegenseitig ihren Tagesablauf. Während T'alira auf einem großflächigem mit smaragdgrünem Satin überzogen Sofa, den Kopf in den Händen auf die Ellbogen gestützt die Knie angewinkelt, auf dem Bauch lag, machte es sich Fonkin, mit einer langstieligen Pfeife im Mundwinkel, in einem eigens für ihn angefertigten nicht minder bequemen Ohrensessel, die ausgestreckten Beine auf einem Schemel liegend, gemütlich.

Der Gnom erzählte als erstes seine Erlebnisse, schilderte gekonnt wie der Golem durch das Tor der Werkstatt gebrochen war, wobei T'alira einen Lachanfall bekam, und wie er mit Albur den restlichen Tag beratschlagt hatte, wie man die Verteidigungsanlagen der Stadt ausbauen und verbessern konnte, doch erwähnte er nicht das Gespräch über T'alira, das er ganz zum Anfang mit dem Bürgermeister geführt hatte, da es ihn noch zu sehr betrübte und er noch nicht wusste, wie er es herüber bringen sollte. Dann erzählte die Dunkelelfe von ihrem Überfall auf das Lager des Ogermagus und ihrem Kampf mit diesem. Als sie beschrieb wie sie zweimal nur um Haaresbreite mit dem Leben davongekommen war, kam ihr Ziehvaters fast um vor Sorge, dann war er aber dann doch erleichtert, dass sie aus einem Kampf mit solch einem Gegner nur mit einem Kratzer hervor gegangen war. Als sie geendet hatte holte sie ihre Trophäe hervor und zeigte sie dem Gnom.

„Das haben wir an seinem Trophäengürtel gefunden. Es sieht genauso aus wie mein Amulett von meiner Mutter.“, sagte sie und reichte Fonkin das Kleinod, zusammen mit dem seltsamen Schlüsselbund. Dieser nahm es interessiert entgegen und musterte die Gegenstände aufmerksam, während T'alira ihn gespannt ansah.

„Tatsächlich. Das sieht genauso aus wie deins.“, sagte er nach einer Weile. „Also muss dieser Ogermagus eine Priesterin des selben Glaubens, dem auch deine Mutter angehört hat, getötet und ihr heiliges Symbol und die Sammlung von Miniaturschwertern an sich genommen haben. Doch was diese zu bedeuten, oder welchen Zweck diese haben kann ich nicht sagen. Sie sind zwar genau wie das Amulett aus reinem Silber, aber magisch sind sie nicht.“

„Meinst du diese Priesterin hat meine Mutter gekannt?“, fragte T'alira aufgeregt und mit einem hoffnungsvollen Glanz in ihren leuchtenden, magentaroten Augen. Oft hatte der Gnom ihr die Geschichte erzählt, wie er sie als Säugling im Wald gefunden hatte und all zu gern würde sie mehr über ihre Mutter, von der sie eben nur deren heiliges Symbol besaß, wissen.

„Möglich wärs.“, antwortete ihr der Gnom.

„Bestimmt gibt es noch mehr Drow, die dem selben Glauben folgen und vielleicht haben sie irgendwo einen Tempel. Wenn ich diesen finden würde, könnte ich bestimmt mehr über meine Mutter herausfinden.“ sprudelte es jetzt vor lauter Aufregung aus der Drow heraus.

„Und wo würdest du mit deiner Suche beginnen?“, fragte Fonkin skeptisch.

„Das ist doch logisch. Natürlich da wo du mich damals gefunden hast. Wenn in diesem Wald irgendwo ein Schrein von dieser Göttin ist, der diese Amulette geweiht sind, dann find ich bestimmt jemanden der mir mehr dazu sagen kann.“, erklärte sie optimistisch, woraufhin der Gnom eine Weile nachdenklich vor sich hin paffte. Er hatte das heilige Symbol, das er damals bei seiner Adoptivtochter gefunden hatte, magisch untersucht und dabei herausgefunden, dass es einst der Mutter von T'alira gehört hatte und das eine gute Aura es umgab. Diese Erkenntnis ließ ihn vermuten, dass es sich bei diesem Glauben nicht um die Verehrung einer Bösen Gottheit handelte, was ihm soeben nochmals bestätigt wurde, da auch dieses zweite Symbol von derselben positiven Aura umgeben war. Allerdings hatte er nie herausgefunden, wer diese Gottheit war oder wie diese hieß.

Schließlich sagte er: „Vielleicht hast du recht. Vielleicht findest du die Spuren deiner Mutter und jemanden der sie gekannt hat.“

„Wirklich? Du erlaubst mir mich auf die Suche zu machen?“, fragte sie, setzte sich auf und sah den Gnom gespannt an. Schon seit sie klein war hatte sie immer davon geträumt, sich, wie ihr Ziehvater einst, auf die Suche nach Abenteuern zu begeben und jetzt sollte es vielleicht soweit sein. Diese Vorstellung machte sie noch glücklicher, als sie an diesem Abend sowieso schon war.

Fonkin nickte, „Ja, ich denke du hast heute bewiesen, dass du auf dich aufpassen kannst.“

Das ließ die Dunkelelfe vor Freude fast platzen. Sie sprang auf und war mit einem großen Satz bei dem Gnom, den sie sogleich umarmte.

„Und wann darf ich aufbrechen?“, fragte sie, löste ihre Umarmung und sah ihm in die Augen.

„Das bleibt dir überlassen. Doch denke ich, dass du vielleicht nicht noch mehr Zeit verlieren solltest, wenn die ohnehin schon kalte Spur, der du folgen willst, nicht noch kälter werden soll.“, gab er ihr zu bedenken.

„Gut!“, sagte sie nach kurzer Überlegung, „Dann werd ich morgen Abend aufbrechen, so kann ich mich heut und morgen noch von allen verabschieden und alles vorbereiten.“ Sie wandte sich ab und ging in Richtung Tür, doch kurz davor hielt sie inne und drehte sich noch mal zu ihrem Ziehvater um. Er sah ihr nach und sie bemerkte, dass eine Spur von Kummer in seinem Blick lag.

„Du kommst doch klar ohne mich?“, fragte sie besorgt.

„Ich werd schon klar kommen.“, antwortete er und hüllte sich in eine Rauchwolke, damit seine Adoptivtochter nicht sehen konnte, wie ihm eine Träne über die Wange lief. „Und jetzt schau, dass du dein Zeug zusammenpackst, sonst bist du nächste Woche immer noch da.“, fügte er noch hinzu und schwieg dann.

Das ließ sich T'alira nicht zweimal sagen, öffnete die Tür und verschwand durch sie, die dahinter liegende Treppe hinunter eilend.
 

Als T'alira am nächsten Morgen aufwachte und ins Erdgeschoss ging, um etwas zu frühstücken, kam ihr, kaum, dass sie die Treppe hinter sich gelassen hatte, Fonkin, mit einem schwarzen Stofffetzen in der Hand, aus dem Raum, in dem er seine Sammlung magischer Gegenstände aufbewahrte, entgegengerannt.

„Ah, T'alira! Ich wollte dich gerade wecken.“, begrüßte er sie. „Schau mal was ich hier für dich hab.“, fuhr er in seiner üblich freudigen Geschäftigkeit fort und wedelte mit dem, rund dreißig Zentimeter Durchmesser großen, Tuch.

„Was ist das?“, fragte sie.

„Das, meine Liebe, ist ein sogenanntes Tragbares Loch und sehr nützlich wenn man auf Reisen geht.“, erklärte er und fing an das Rund auseinander zu ziehen, welches, zum Erstaunen der Dunkelelfe, immer größer wurde. Dann, als die Spannweite seiner arme nicht mehr ausreichte um es noch weiter auszudehnen, hielt er es an die nächste Wand und ließ es los. Anstatt zu Boden zu sinken, wie es in dem Fall jeder gewöhnliche Stoff getan, hätte bildete es nun den Eingang zu einen, drei Meter tiefen, außerdimensionalen Raum.

„In diesem Raum kannst du alles mitnehmen was du Unterwegs brauchst. Proviant, Wasser und alles sonstige was du mitnehmen willst. Außerdem kannst du, wenn du in deiner Tiergestalt reist, deine Waffen und Klamotten darin aufbewahren. Natürlich hättest du auch meinen Alten Rucksack haben können, doch würde er dich beim verwandeln nur behindern und außerdem würde es mir nicht leicht fallen mich von ihm zu trennen.“erläuterte der Gnom.

„Das ist ja total toll!“, rief sie vor lauter Begeisterung aus und strahlte übers ganze Gesicht. Sie liebte es in ihrer Panthergestalt durch die Wälder und Ebenen der Oberfläche Fearuns zu streifen, wie sie es immer in den Vollmondnächten zu tun pflegte und die Aussicht, da sie kein großes Gepäck dabei hindern würde, jetzt so reisen zu können, erfreute sie sehr.

„Danke Paps!“, sagte sie und umarmte Fonkin dankbar.

„Ach was. Das ist doch das Mindeste was ich für dich tun kann.“, entgegnete er geschmeichelt, befreite sich aus der Umarmung und fügte hinzu: „Besser du machst dich jetzt auf, deinen Proviant zu besorgen und nimmt dieses Loch gleich mit, damit du die Sachen gleich rein räumen kannst und nicht extra herschleppen musst. Schließen tust du es indem du es nimmst und zusammenfaltest. Das kannst du übrigens auch von innen, dabei musst du allerdings aufpassen, weil dann die Luft nur zehn Minuten zum atmen reicht.“

T'alira nickte, nahm das Loch von der Wand, faltete es zu seiner ursprünglichen Größe zusammen und machte sich dann auf den Weg, die Vorräte zu besorgen.
 

Den restlichen Tag verbrachte T'alira damit, all das was zu besorgen, was sie gedachte mitzunehmen und sich von all jenen zu verabschieden die ihr näher standen, denn sie zog es vor im Stillen abzureisen und bat alle darum ihr verschwinden noch geheim zu halten, bis sie die Stadt verlassen hatte, was sie einige Überredungskunst abverlangte, denn jeder wollte ein Abschiedsfest für sie feiern. Doch dann wünschten ihr alle nur viel Glück für ihre Reise und überhäuften sie geradezu mit kleinen Geschenken, die hauptsächlich aus irgendwelchen, sich lang haltenden Lebensmitteln bestanden, sodass sie kaum noch selbst etwas einkaufen musste, aber auch der ein oder andere Glücksbringer war dabei, das alles Packte sie natürlich in ihr Tragbares Loch, ohne das sie jetzt schon nicht mehr gewusst hätte, wie sie mit allem zu Rande gekommen wäre. Die letzten Beiden von denen sie sich verabschiedeten wollte waren Albur und Chalice, welche sie zu ihrer Überraschung und Freude beide in dem Büro des Bürgermeisters auffand. So wie es schien waren die beider gerade mitten in einem Streit vertieft, welcher aber sofort endete, als T'alira ihren Kopf zur Tür hineinsteckte, und sich ein unangenehmes Schweigen im Raum breit machte. Das löste sich allerdings wieder auf, als Albur die Dunkelelfe herein bat.

T'alira schilderte den Beiden kurz, was sie vorhatte und das sie daher gekommen war, und sich von ihnen zu verabschieden, worüber die Halblinge nicht sehr überrascht schienen und Chalice dem Bürgermeister einen schwer zu deutenden Blick zuwarf. Doch dann wünschten sie sich alle viel Glück für die Zukunft, sagten freundschaftlich auf wiedersehen und als sich T'alira schließlich zum gehen wandte, überreichte Albur ihr noch ein Bündel, mit ein paar Heiltränken und einen kleinen Beutel, mit einigen Edelsteinen und etwa drei Dutzend Goldmünzen, als Abschiedsgeschenk.

Es war schon spät, als sie endlich wieder zu Hause eintraf, wo ihr Ziehvater schon auf sie wartete. Er hatte in ihrer Abwesenheit einige Truhen und zwei Fässer voll Wasser für sie bereit gestellt, in denen sie Ihre Vorräte geordneter aufbewahren konnte und ihre Kleidung zum wechseln, die sie mitnehmen wollte verstauen konnte. Und als schließlich alles in dem außerdimensionalen Raum eingeräumt war, verspeisten sie noch ein karges Mahl und machten sich dann zusammen auf in die Oberstadt zu gelangen.
 

Als T'alira und Fonkin das Stadttor erreichten, war die Sonne schon untergegangen und von ihrem Licht war nur noch ein schwindender Streifen am westlichen Himmel zu sehen. Das Tor stand noch halb offen und auf einem Stuhl im Wachhäuschen saß ein etwas rundlicher Halbling in Wachkleidung und döste vor sich hin. Sie erkannten ihn sofort als den, mittlerweile in die Jahre gekommenen Will, der damals Fonkin empfangen hatte, als dieser mit der kleinen T'alira von seinem Abenteuer zurückgekehrt war. Doch störten sie sich nicht an dem ihm, durchschritten das Tor und blieben ein Stück davor stehen, wo sie sich nun innig voneinander verabschiedeten.

Nach vielen gegenseitigen Umarmungen sagten sie sich schließlich Lebewohl, wünschten sich alles gute und T'alira versprach, eines Tages, wenn sie viele Abenteuer erlebt und etwas über ihre Mutter herausgefunden hatte, wieder zu kommen und ihm alles zu erzählen. Dann wandte sie sich ab und verschwand der Straße folgend in der Dunkelheit.

Fonkin blickte ihr noch lange nach, selbst als sie schon lange aus seinem Blickfeld verschwunden war verharrte er noch auf der Stelle, wo sie ihn zurückgelassen hatte.

„Nun ist sie also fort.“, sprach ihn eine vertraute Stimme von der Seite an und Fonkin erkannte seinen Freund Albur, der ohne, dass es der Gnom bemerkt hatte neben ihn getreten war und ebenfalls in die Schwärze, der noch jungen Nacht, blickte.

„Ja.“, sagte Fonkin. „Nun ist sie fort und hier wird wieder alles anders werden.“

„Da hast du vermutlich recht. Ich muss sagen ich bin erstaunt wie schnell es ging, dass sie uns verließ, denn ich hatte frühestens nächste Woche damit gerechnet.“, fuhr der Halbling fort.

„Na ja, als sie erst einmal Feuer gefangen hatte, war sie gar nicht mehr zu halten und außerdem ging das eh alles von ihr aus. Ich hab, die schon rollende Kugel nur noch ein bisschen angestupst.“, erklärte der Gnom.

„Das ist schön zu hören, mir wär es sehr unangenehm gewesen, wenn wir sie dazu überreden hätten müssen, das sie uns verlässt. Und es freut mich auch, dass du es einigermaßen gelassen hin nahmst, als ich gestern mit dir darüber sprach. Chalice war nicht so verständnisvoll, als ich es ihr heute beizubringen versuchte. Doch zum Glück kam dann T'alira herein und hat sich von selbst verabschiedet. Ich glaube, Chalice wird sie sehr vermissen. Ja, ich glaube, wir alle werden T'alira sehr vermissen.“

„Ja, das werden wir.“, stimmte Fonkin dem Halbling zu. „Doch freut es mich, dass aus meinem Mädchen das geworden ist, was sie jetzt ist, und das sie jetzt ihren eigenen Weg geht. Ich hab es nie bereut, dass ich sie damals an mich genommen hab, und hoffe sie kommt gut zurecht da draußen.“

„Das hoff ich auch.“, sagte Albur und fügte hinzu: „Komm lass uns noch in den Gezimmerten Stollen gehen und ein paar Becher, auf ihr wohl trinken.“

Den Vorschlag nahm der Gnom an und zusammen gingen sie in das stets gut besuchte Wirtshaus, wo sie in dieser Nacht von allen Gästen am längsten blieben.
 

T'alira folgte der Straße und in ihr stieg die Neugier auf das, was sie auf ihrem Weg erwarten würde. Sie ging soweit, dass die Lichter der Stadt nur noch als kleinen Punkte zu sehen waren, dann hielt sie bei einem, von Moos überwuchertem, großen Findling, der am Straßenrand lag.

Sie wollte sich gerade ihrer Kleidung entledigen, um ihren Weg in Katzengestalt fortzusetzen, als eine kleine, in Schatten gehüllte Gestalt hinter dem Felsen hervortrat. Wobei T'alira ihre Freundin sofort erkannte.

„Chalice!“, sagte sie überrascht. „Was machst du denn hier?“

„Mich nochmal gebührend von dir verabschieden, was den sonst.“, entgegnete die Halblingin. „Du glaubst doch nicht, dass ich dich einfach in aller Heimlichkeit davon gehen lasse, ohne das wir uns noch mal in aller ruhe auf wiedersehen gesagt haben. Am liebsten würd ich dich ja begleiten, aber als Kommandantin der Späher kann ich nicht einfach weggehen. Doch will ich dir noch das hier mitgeben, da ich denke, dass es dir sehr nützlich sein kann.“, sprach sie weiter und streifte dabei ein Lederarmband, an dem unzählige winzige Werkzeuge und Dietriche ,durch kleine Karabiner befestigt, baumelten, von ihrem linken Arm ab und reichte es der Drow.

„Wenn du eins dieser Werkzeuge abnimmst und das Befehlswort sagst, nehmen sie ihre normale Größe an, aber das weist du ja.“, fügte Chalice noch hinzu und T'alira nickte. Die Dunkelelfe hatte ihrer Freundin schon unzähligen Male dabei zugesehen, wie diese mithilfe dieses Armbands Schlösser geknackt und Fallen entschärft hatte. Chalice hatte sie sogar eigens darin unterrichtet solche Mechanismen aufzuspüren und auszuschalten. Das sie jetzt dieses Armband geschenkt bekam, ehrte T'alira sehr, da Chalice es immer wie ihren Augapfel behütet hatte. Außerdem hatte es den Vorteil, dass die Dunkelelfe, jetzt nicht mehr die unpraktische Tasche, mit ihrem eigenen Werkzeug, mit sich herumtragen musste.

„Danke!“, sagte T'alira gerührt und die Beiden umarmten einander, wobei die Dunkelelfen, wegen des Größenunterschieds, auf die Knie gehen musste. Dann wünschten auch sie sich viel Glück, sagten Lebewohl und trennten sich.

Als T'alira schließlich wieder allein war, verstaute sie alles was sie noch am Körper trug, mit Ausnahme des Amuletts ihrer Mutter, das sie nicht mal in Tiergestalt abnahm, in dem tragbaren Loch und faltete es auf die Größe zusammen, sodass sie es sich um den Hals binden konnte. Dann nahm sie ihre Panthergestalt an und verschwand, als schwarzer Schemen, in Richtung Westen.



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Kommentare zu dieser Fanfic (4)

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Von:  Langenlucky
2009-08-20T19:16:56+00:00 20.08.2009 21:16
Deine FF ist sehr schön geschrieben und der Charakter der Dunkelelfin gefällt mir sehr gut. Aber auch der Gnom ist klasse, ich hoffe du läßt in einem der später Kapitel noch einmal auftauchen.

Freue mich schon auf die Fortsetzung.
Von:  SunWarrior
2009-07-21T20:32:32+00:00 21.07.2009 22:32
So: Den kommi mache ich zu beiden Kapis:
Ich muss sagen, du machst es echt wunder bar. Du hast die angst der Mutter wunderbar beschrieben, und dann die Göttin, diese Wesen:WOW, echt, das ist das einzige, was ich sagen kann: WOW.
Und dann das zweite Kapi: Der Gnom: er ist so, wie ich es mir vorstellen würde, einen Gnom:
Zig verschiedene Verwdnte, die er übwer dreihundert ecken aufzählen kann, schnelles reden, eine Ziege als Reittier, und er gerät in witzige Situationen:
Du hast nen Favo von mir. Und ein; Bitte bald fortsetzen.
Nur ab und an gerät ein rechtschriebfehler rein, wobei habe nur einen gefunden, wo ein und statt uns steht-sonst aber nix.

KFF

Von: abgemeldet
2009-07-03T12:08:33+00:00 03.07.2009 14:08
Ich finde, deine Geschichte hat Potential. Da kannst du echt noch Vieles draus machen! Dein Schreibstil ist schön, allerdings war es für mich, weil ich D&D nicht kenne, zuerst sehr verwirrend. Die ganzen Namen und alles am Anfang waren zu viel auf einmal, man konnte sich nicht wirklich ein Bild machen. Vielleicht liegt das aber auch nur daran, dass ich mich, wie gesagt, nicht mit dem Thema auskenne.

Dennoch, du hast einen guten Schreibstil, keine Rechtschreibfehler und sehr flüssig zu lesen. Manchmal hätten ein paar Beschreibungen auch gut getan.

Greets~
Maxwell-chan
KFF - Rekommi
Von:  AikaTadano
2009-06-29T20:19:19+00:00 29.06.2009 22:19
Spannender Prolog.
Find du hast die Art von D&D wie ich es kenne, gut getroffen.
Wie immer schöne Beschreibungen und abwechslungsreiche Sprache.
Ich bin schon gespannt wie es weitergeht und wie immer ein wenig neidisch auf deinen Schreibstil.

WILL MEHR LESEN!
Ai-chan


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