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Demonic Possession

von

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Contradictory Demons.

Kapitelrating: R
 

~*~
 

Schlechte Kundschaft diesen Abend, dachte Daisuke und sah sich unzufrieden um, Ziemlich schlechte Kundschaft. Bis jetzt hatte er noch niemanden gefunden, der seine Aufmerksamkeit verdient hätte, und die wenigen, die einigermaßen sein Typ gewesen wären, hatten kein Interesse an ihm. Na super. Wenn das so weiterging, nahm er sich einfach irgendeinen. Auf Einsamkeit hatte er diese Nacht nämlich echt keine Lust, vor allem, da seine Leute unterwegs waren, um ihrer sozialen Kontakte zu frönen. Wie viele ihrer Bekanntschaften wohl wussten, mit wem sie da verkehrten? Höchstwahrscheinlich gar keiner. Manchmal stieg die Anzahl der Wissenden kurzzeitig an, aber fast sofort darauf fiel sie wieder. Daisukes Leute waren schnell, das war einer ihrer wenigen Pluspunkte.

Schon traurig, wenn man als Anführer einer Gruppe zugeben musste, dass seine Untergebenen allesamt notgeile und vor allem verfressene Spatzenhirne waren, nicht wahr? Andererseits – wenn man selbst ein notgeiles verfressenes Spatzenhirn war, nur eben das intelligenteste Spatzenhirn von ihnen, dann passte das auch wieder.

Nein, Daisuke war nicht nur durch seine Intelligenz an seinen Posten gekommen, sondern auch unter Einsatz seines Körpers – und das nicht nur im Kampf. Er war gerissen und hinterhältig, und er war schnell und stark. Außerdem hatte er eine große Klappe und wusste sich Gehör zu verschaffen. Er gefiel sich auf seinem Thron, und da er seinen Leuten viele Freiheiten ließ, war er auch beliebt. Nein, anders: Es gab wenige, die ihn hassten.

Und trotz allem wollte er noch diese Nacht jemanden haben, einen schönen leckeren Menschen, jemand mit einem Astralkörper, er wollte ihn vernaschen und sich anschließend irgendetwas zu essen suchen. Denn er war hungrig.

„Hey, Süße!“, sprach ihn jemand unvermittelt an.

Er wandte sich um und lächelte aufgesetzt. „Ja?“, flötete er. Hässlich, befand er, Den werd ich ganz bestimmt nicht nehmen.

Im Gesicht des Typen zeigte sich Überraschung. „Ewww, du bist ja ’n Kerl.“

Nicht ganz, dachte Daisuke. „Zisch ab. Du bist mir zu unattraktiv.“

„Aber wenn ich’s mir recht überlege – eigentlich siehst du gar nicht schlecht aus. Und ein großes Mundwerk hast du auch. Da steh ich drauf. Wie viel nimmst du?“

„Mehr, als du mir jemals geben könntest. Wenn du Geld zuviel hast, denk doch mal über plastische Chirurgie nach“, entgegnete Daisuke.

„Es ist schlecht für dein Geschäft, wenn du Kunden abwimmelst, das weißt du-“

Daisuke machte einen einzigen Satz aus dem Stand, sodass der Typ nach hinten geschleudert wurde und zu Boden fiel. Keine zwei Sekunden später saß Daisuke auf seiner Brust und besah sich interessiert sein Portemonnaie.

„Hey, was.... geh von mir... was willst du!???“

„Keine Kreditkarten“, murmelte Daisuke vor sich hin und neigte den Kopf zur Seite. „Keine Fotos, keine Kundenkarten, keine Notizzettel, keine Erinnerungsstücke. Fast kein Geld, keine kleinen runden Dinger für die Einkaufswagen. Du bist nicht nur ein Langweiler und arm, sondern du hast auch kein Privatleben.“ Mit neu erwachtem Interesse musterte er den Mensch unter sich.

„Lass mich... was willst du von mir? Geh-“

„Ich hab noch eine andere Verwendung für dich.“ Daisuke deutete ein Lächeln an, ehe er eine Hand auf den Mund des anderen presste, sich zu ihm herunter beugte und ihm die Zähne in die Kehle schlug.
 

„Wie traurig. Der Anführer der Dämonen des Südens muss sich mit solchem Abschaum begnügen“, sagte eine sehr tiefe und dunkle Stimme.

Daisuke, der gerade auf einem Oberarmknochen herumkaute, richtete sich langsam auf und wischte sich mit dem Ärmel seines schwarzweißen Mantels Blut vom Kinn. Erst hatte er gedacht, Mako würde ihn besuchen, aber es war doch ein anderer Dämon. Er kam ihm gänzlich unbekannt vor – das war nicht gut. Es konnte ein Ungesetzlicher sein, ein Gesetzloser, einer, der sich keinem der vier Anführer unterwarf. „Er schmeckt eigentlich ganz gut“, bemerkte er schulterzuckend.

Der Hochgewachsene betrachtete ihn einen Augenblick angewidert. „Es ist abstoßend, wie du isst“, entgegnete er dann.

Daisuke riss das letzte Stück Fleisch vom Knochen und warf diesen dann zur Seite. Das Beste hatte er sich bereits gegönnt: Zuerst die Kehle, dann das Herz, dann fast alle Innereien außer der Leber, des Magens und der Gallenblase, anschließend das angenehm fette Bauchfleisch, danach die Oberschenkel und nun tat er sich an den Armen gütlich. „Warum? So hat er viel mehr Geschmack.“

„Ich kenne nicht viele, die Menschen roh fressen können. Und vor allem so blutig, wie du es tust. Kannst du ihn nicht wenigstens von oben nach unten...?“

„Pff. Ist doch egal. Ich fange beim Leckersten an, und wenn ich hinterher keinen Hunger mehr habe, kann ich den Rest immer noch in den Fluss werfen. Zu wem gehörst du? Oder bist du ein Gesetzloser? Dann muss ich dich nämlich leider umbringen.“

„Nein, keine Sorge, ich bin nicht ohne Grund hier, ich wurde herbefohlen“, wehrte der Dunkle sofort ab und verzog kaum merklich das Gesicht, als Daisuke sich eine Rippe zwischen die Zähne schob, um gedankenverloren darauf herum zu kauen. „Ich...“

„Komm zum Punkt“, knurrte der Kleinere der beiden. „Ich hab nicht ewig Zeit.“

„Ich habe nur eine einzige Frage – bist du immer noch gewillt, meinen Anführer im Falle eines Krieges gegen die Menschen zu unterstützen?“

„Ach, du kommst von diesem Scheißer?“, fragte Daisuke und zog die Augenbrauen hoch. „Hätte ich mir gleich denken können. So, wie du aussiehst... Nein, bin ich nicht. Ich hab noch mal drüber nachgedacht, und bin zu dem Schluss gekommen, dass Mana Recht hatte – wir sind noch nicht bereit dazu. Glaub mir, ich würde nichts lieber tun als alle Menschen einzusperren und als Haustiere zu halten, aber ich glaub auch nicht, dass es so toll wäre, wenn sie alle krepieren. Wir sind abhängig von ihnen, genauso wie die Menschen abhängig von den Insekten sind. Die sind auch hässlich und dumm und wirken unnütz, aber ohne sie würde nichts mehr laufen. Kapiert?“ Er hatte die Rippe inzwischen aus dem Mund genommen und pfefferte sie nun zur Seite, wo sie mit klickenden Geräuschen auf dem Boden aufkam.

Der andere Dämon schwieg einige Sekunden. „Du willst dich ihnen also unterordnen? Und was sagen deine Leute dazu?“

„Schieb dir meine Leute doch in den Arsch, was die denken, ist mir scheißegal – ich bin hier der Chef, und wenn ich sage, dass sie nicht mit euch kämpfen werden, WERDEN sie auch nicht mit euch kämpfen, so einfach geht das. Meine Leute haben nämlich keine Angst vor mir, sondern sie lieben mich. Allesamt. Sie haben mich zum Fressen gern.“ Daisuke bleckte sein blutiges Gebiss und riss mit einem hässlichen Knirschen nun auch den zweiten Oberarm vom nur noch spärlichen Rumpf seines Opfers.

„Ist das dein letztes Wort?“

„Nein. Wie heißt du, Penner?“

„Ich bin Loki.“

„Pass mal auf, Loki. Sag deinem Anführer, dass er keine Chance hat, nicht gegen mich und Mana und Hakuei. Klar, es werden ein paar überlaufen, aber das werden wenige sein.“ Daisuke biss herzhaft in den Bizeps und sprach mit vollem Mund weiter, während das Blut zu Boden tropfte. „Und jetzt hau ab. Kein Futterneid hier.“

Loki zögerte merklich. „Ich kann dich nicht überreden, dich unserer Seite anzuschließen?“

„Auf gar keinen Fall, ich hab keinen Bock auf so einen Krieg.“

„Wenn ein solches Überreden sinnlos ist, bitte, ich kann auch anders“, nickte Loki und schritt auf Daisuke zu, packte ihn an den Haaren und riss ihn auf die Füße, so hoch, dass dieser sich auf die Zehenspitzen stellen musste. „Ich hatte ja auf ein wenig Unterstützung gehofft, aber dass auch du so ein Verräter bist...“

„Lass mich los“, sagte Daisuke leise und kniff ein Auge zu, als Loki ihn noch etwas höher zerrte. „Lass mich los!“

„Auf keinen Fall.“ Loki schubste den Kleineren von sich weg, sodass dieser gegen die Steinmauer hinter sich prallte, und stand innerhalb von Sekundenbruchteilen wieder vor ihm. Mit emotionsloser Miene packte er Daisuke an der Kehle und hob ihn dieses Mal ganz von den Füßen, während er zudrückte. „Wenn du nicht freiwillig kooperierst, werde ich eben dafür sorgen. Wenn du genug hast und einverstanden bist, gib mir ein Zeichen.“

Daisuke gab ein röchelndes Geräusch von sich, brachte allerdings noch ein schiefes Grinsen zustande. „So wichtig ist euch... dieser Scheißkrieg? Ich hab schon gesagt, ich hab... keinen Bock darauf.“

Nun kam Lokis Gesicht dem seinem ganz nahe. „Wie ich sagte, das ist ein Verrat an deinen Leuten, an dir selbst und allgemein an deiner Rasse. Wir dürfen nicht länger im Verborgenen leben. Wir wollen frei sein.“ Er krallte sich nun in die helle Haut des anderen, sodass einzelne Blutstropfen dessen Kehle hinunter liefen.

Daisukes Grinsen wurde breiter. „Ja, genau so“, wisperte er außer Atem. „Tu mir weh, genau so... du bist vielversprechend.“ Seine darauffolgenden Reaktionen waren so schnell, dass Loki kaum Zeit hatte, sie zu registrieren: Zuerst trat Daisuke ihm mit einiger Wucht zwischen die Beine, anschließend biss er in seinen Handrücken, sodass sein Griff sich etwas lockerte, und drückte ihm ruckartig den Kopf nach unten, um ihm das Knie ins Gesicht zu rammen. Zuletzt trat Daisuke ihm noch kraftvoll vor die Brust, wodurch er nach hinten geschleudert wurde und an der gegenüberliegende Wand aufschlug. Dadurch, dass Daisuke sich zwar festgebissen, aber nicht wieder los gelassen hatte, riss er Loki außerdem noch ein beachtliches Stück Haut von seinem Handrücken, das er nun, mit beiden Beinen auf dem Boden stehend, angewidert ausspuckte.

Loki fackelte nicht lange, sondern wollte sich sofort wieder auf den anderen stürzen – allerdings erfolglos. Daisukes Augen leuchteten für einen Moment rubinrot auf, er bleckte seine Zähne und ließ ein wildes Fauchen hören, und mit einem Satz war er zwei Meter an der Wand hinter sich hochgesprungen. Mit seinen langen und äußerst robusten Krallen hielt er sich zwischen den Steinen fest, während er noch ein wenig höher kletterte, sich abstieß und auf einen der vielen Balkone sprang. Dort blieb er sitzen, wie eine lauernde Katze, und fauchte noch einmal nach unten in Lokis Richtung.

„Feigling!“, rief dieser. „Komm runter und kämpfe!“

„Du hättest eh keine Chance!“, entgegnete Daisuke grollend und fuhr mit der Zunge über seine spitzen Zähne. „Wenn ich gerade gegessen habe, gibt es niemanden, der mich schlagen kann. Nicht mal Mana, wusstest du das? Ich bin älter als er, viel älter. Geh zurück zu deinem Macker und sag ihm, dass ich kein Interesse habe, mich mit ihm zusammen zu schließen. Auch nicht, wenn er gut im Bett sein sollte.“ Mit den Worten nutzte er das noch vorhandene Adrenalin in seinem Blut, erklomm den Rest der Hauswand und jagte anschließend über einige Dächer. Als seine Zähne langsam wieder stumpf wurden, seine Krallen sich zurückbildeten und diese dämonischen Triebe in ihm wieder entschlummerten, war er längst wieder auf dem Boden.
 

~*~
 

„Wie geht’s dir, Daisuke?“

„Sack.“

„Hast du Hunger?“

„Perverser.“

„Awww, dein Magen knurrt ja.“

„Machtgeiles Arschloch.“

„Hast du endlich ein wenig Verstand gewonnen?“

„Mentaler Krüppel.“

„Ich sehe, an deiner Einstellung hat sich nichts geändert.“

„Moderndes Stück Dreck.“

„Du solltest besser auf deinen Mund aufpassen. Wenn ich du wäre, würde ich mich in dieser Position ein wenig-“

„Ranzige Filzlaus.“

„Daisuke, du willst doch nicht, dass ich-“

„Armseliger Fliegenfurz.“

Daisukes Kopf flog schon beim ersten Schlag zur Seite. Er drehte ihn wieder zurück und starrte die dürre Gestalt vor sich hasserfüllt an. „Derjenige, der zuerst zuschlägt, gibt zu, keine Argumente mehr zu haben“, wisperte er.

„Das hättest du gerne, hm?“ Mako deutete eins seiner dämonischen Lächeln an. „Sprüche klopfen kannst du immer noch. Zumindest... noch.“

„Du kannst mir das Maul nicht stopfen, egal, was du machst“, zischte der Anführer der Dämonen des Südens finster, aber dennoch kraftlos. Er fühlte sich schwach, und wären nicht seine beiden Arme an die Wände gekettet worden, würde er auf der Stelle zu Boden sinken. Aber so hielten die Ketten ihn auf eine grausame Art aufrecht. Überall an ihm war Blut, vor allem in seinem Gesicht, aber auch auf seinem Rücken, auf seinen Beinen, seinem Oberkörper allgemein... er war so zerschunden, dass er es sich nicht mehr vorstellen konnte, wie es war, ohne Schmerzen zu leben.

„Das wollen wir doch mal sehen. Morgen sind die drei Monate vorbei, morgen ist das nächste Treffen. Du weißt, was passiert, wenn du nicht rechtzeitig auftauchst... kann dich das umstimmen?“

Daisuke deutete ein halbherziges Grinsen an, wobei er kaum Kraft hatte, den Kopf zu heben. „Nie im Leben. Du hast mich für diesen kranken Scheiß angekettet, geschlagen, vergewaltigt, und in jeder erdenklichen Weise gefoltert – jetzt kann ich’s auch gleich bis zum Ende durchziehen. Brauchst du mich so sehr, hm?“

„Ich wünschte, ich könnte behaupten, dass dem nicht so wäre“, seufzte Mako und verschränkte unzufrieden die Arme. „Aber sobald Mana erfährt, dass du eigentlich auf seiner Seite stehst, wird er nicht das tun, worauf ich hoffe.“

„Und was wäre das?“, fragte Daisuke schwach.

„Wenn ich mit meinen Dämonen tatsächlich einen Krieg beginne und die Menschen angreife, was, glaubst du, wird passieren?“

„Sie werden euch vernichten.“

„Ja, sie werden uns ausrotten wollen. Und zwar uns alle. Du glaubst doch nicht, dass irgendjemand euch vertraut und zulässt, dass ihr mit ihnen zusammen kämpft? Nein, die Menschen werden uns allesamt verteufeln und uns vernichten. Wenn ihr mir allerdings helft, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass wir überhaupt irgendwie überleben.“

Daisuke ließ ein langgezogenes Stöhnen hören. „Du reißt uns also lieber ganz in den Tod, als dass du weiterhin so lebst wie die Dämonen seit Tausenden von Jahren.“

„So ist es. Ihr habt die Wahl – entweder ganz sicher untergehen und eure eigenen Artgenossen umbringen, oder an ihrer Seite kämpfen und die Chance auf ein freies Leben haben.“

„Du bist größenwahnsinnig, Mako, vollkommen durchgeknallt.“

„Besser größenwahnsinnig als kleinbürgerlich, Daisuke. Ich brauche dich nur aus einem ganz einfachen Grund – wenn ich bereits von einem von euch Unterstützung habe, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass Mana auf meine Forderung eingeht.“

Der Angekettete schnaubte spöttisch. „Und dafür veranstaltest du das hier.“

„Natürlich. Ich will ja kein Risiko eingehen.“

„Mach, was du willst. Aber ohne mich. Halt mich da raus. Du kriegst meine Zustimmung nicht, egal, was du machst.“

„Interessant zu sehen, dass jemand wie du doch noch Prinzipien hat... Na gut, ich nehme das als dein letztes Wort. Wortwörtlich.“ Mako deutete ein Grinsen an, dann griff er in seine Hosentasche.
 

Der nächste Tag war bis dahin der schlimmste in Daisukes Leben. Bereits früh begann sein Oberarm zu schmerzen, und im Laufe des Tages wurde es immer schlimmer, mit jedem Atemzug, den er tat, mit jeder noch so winzigsten Berührung, später sogar bei jedem Klopfen seines Herzens. Der Anführer der Anführer rief zur Sitzung, und Daisuke war unfähig zu kommen. Es war ja schon unangenehm, wenn er zu spät kam, aber jetzt, wo er überhaupt nicht auftauchte... Mana würde nicht aufhören, nach ihm zu rufen, so lange nicht, bis er auftauchte, und dadurch schmerzte das Tattoo auf seinem Oberarm so unerträglich und so endlos, dass er nicht klar denken konnte.

Er konnte sich die Szene bildhaft vorstellen, wie Mana, Hakuei und Mako in diesem runden Raum saßen und sich ganz sicher darüber beschwerten, dass er, Daisuke, wieder einmal nicht pünktlich war. Eigentlich war es ja seine eigene Schuld, da er dann länger diese Schmerzen erleiden musste, aber er regte sie natürlich trotzdem auf, da sie ohne ihn nicht anfangen konnten. Und wenn er keinen Stellvertreter sendete...

So langsam verlor er vor Schmerz beinahe das Bewusstsein. Aber das durfte er nicht, das wusste er. Er war so schwach, so erbärmlich, und ihm tat alles weh – eigentlich hätte er sich auch in Selbstmitleid wälzen können.

Ob sie sich vielleicht um ihn sorgten? Nein, sie waren ganz bestimmt nur sauer, dass er nicht kam. Aber wie sollte er. Und Mana rief weiter nach ihm, hörte nicht auf, den ganzen Tag lang, und die Schmerzen wurden immer schlimmer...

Und das Schlimmste war, dass er nicht einmal schreien konnte, nicht einmal seine eigene Stimme hören, nicht einmal Mako beschimpfen. Die Tackernadeln in seinen Lippen hielten ihn davon ab. Verdammte Menschen. Wenn sie wüssten, wie man ihre Erfindungen missbrauchen konnte. Er kniff die Augen zu und versuchte, trotz allem den Mund aufzumachen – unter anderen Umständen hätte es geklappt, aber nicht so. Die Nadeln schnitten noch tiefer in sein Fleisch, rissen die Wunden wieder auf und er schmeckte sein eigenes Blut, spürte, wie es sein Kinn herunter lief.

Und Mana hörte nicht auf, nach ihm zu rufen.
 

~*~
 

Wie ein Traum. Wie in einem Traum spürte er mit einem Mal einen Luftzug auf seinem Gesicht, er hörte Geräusche, Geschrei, Gepolter, laute Stimmen. Alles gedämpft, aber es lag Bewegung in der Luft. Wenige Sekunden später – es konnten auch Minuten, Stunden oder Tage gewesen sein, er hatte das Zeitgefühl völlig verloren, aber es schien wie Sekunden – schlug jemand die Tür zu dem kleinen fensterlosen Raum auf.

„Ach du Scheiße“, murmelte jemand, eine wohlbekannte Stimme. Stiefel schritten auf ihn zu, jemand ging vor ihm in die Hocke.

Daisuke konnte nicht klar genug sehen, um ihn zu erkennen, aber allein durch seine Aura, durch diese erhabene, kraftstrotzende Aura, wusste er augenblicklich, wer es war. Seine Mundwinkel hoben sich um einen Millimeter. Er hätte gerne etwas gesagt, aber er konnte seine Lippen nicht auseinander kriegen. Er wollte nicht wirklich wissen, wie er aussah – völlig blutverschmiert, Schürf-, Biss- und Platzwunden, Kratzer, Schnitte und Verbrennungen überall, seine Kleidung fast gänzlich zerfetzt, nur noch durch die beiden Ketten halbwegs aufrecht gehalten und die Lippen zusammengetackert.

„Ist er... oh mein...“, meldete sich noch jemand aus dem Hintergrund.

„Ehm... ich kümmere mich erst mal um deinen Mund, ja?“, sprach der vor Daisuke ihn an. „Kann ich... kann ich die Nadeln einfach rausziehen?“

Daisuke hätte fast wieder gelächelt, nutzte diese Kraft aber dazu, schwach zu nicken. Natürlich, wenn er nur danach wieder sprechen konnte... Er zuckte kaum zusammen bei jeder Tackernadel, die der andere erbarmungslos herausriss. Insgesamt waren es neun, daher dauerte es eine Weile. Anschließend riss er mit Leichtigkeit die Ketten ab, wodurch Daisuke wie ein nasser Sack zu Boden fiel und regungslos liegen blieb. Er spürte weder seine Arme noch seine Beine – höchstens die Schmerzen. Der Boden war angenehm kühl, das lenkte ihn von diesem erbärmlichen Gefühl ab, sich selbst bemitleiden zu wollen.

Vorsichtig wurde er auf den Rücken gedreht, und nun sah er zwei Gesichter über sich. Er deutete ein Grinsen an und schluckte das ganze Blut herunter, bevor er leise flüsterte: „Warum dauert das denn so lange?“

„Was wollte er von dir?“, fragte Mana leise zurück.

Hakuei betastete den malträtierten Körper vorsichtig und hielt dann einen Moment inne. „Was zur...“

Na endlich, dachte Daisuke, innerlich die Augen verdrehend, Die Tackernadeln waren nicht so das Problem, mein Problem sind die ganzen ANDEREN Nadeln. Als ob man Voodoo mit mir machen könnte. Echt mal. Er hörte noch Manas besorgte Worte, bevor er sich zum ersten Mal in diesen Wochen dieser verlockenden Dunkelheit hingab.

„Wir müssen ihn von hier weg bringen.“
 

~*~
 

„Wie fühlst du dich?“, wollte Mana wissen.

„Ich könnte ein Pferd fressen“, knurrte Daisuke und streckte sich in seinem Bett aus. „Will mir nicht einer von euch beiden Gesellschaft leisten? Ich bin ziemlich einsam gewesen...“

Mana rollte mit den Augen. „Okay, es scheint dir wirklich besser zu gehen. Was wollte Mako von dir?“

„Muss ich das jetzt wirklich noch mal zusammenfassen?“, stöhnte der Kleinere gequält. „Also, er will Krieg gegen die Menschen, egal, ob wir dabei vernichtet werden, und er wollte euch erpressen – entweder kämpft ihr an seiner Seite und werdet kaputtgemacht, oder aber ihr stellt euch gegen ihn und werdet kaputtgemacht. Zu den Menschen könnt ihr nicht überlaufen, weil die euch nicht akzeptieren werden... ja. Und von mir wollte er auch nur Unterstützung. Und sich höchstwahrscheinlich für die Zeit rächen, in der wir gleichzeitig Anführer sind. Wahrscheinlich bin ich ihm einfach auf den Sack gegangen.“

Mana und Hakuei wechselten einen Blick.

„Und was gibt’s bei euch Neues, hm? Hat irgendwer den anderen geheiratet oder so?“

„Mako hatte mir sein Wort gegeben, dass er keinen Krieg beginnt, ohne es mir vorher angekündigt zu haben“, fing Mana zögerlich an. „Und... genau das hat er gemacht.“

„Dir sein Wort gegeben?“

„Nein. Einen Krieg angekündigt. Er wollte vorgestern, direkt nach der eigentlich fälligen Sitzung, zum ersten Mal zuschlagen.“

„Und ihr habt ihn dran gehindert und mich gleichzeitig noch befreit. Wie lobenswert. Hakuei, du bist sexy, wenn du so ernst guckst.“

„Ehrlich gesagt, nein“, meinte Mana zögerlich. „Mako hat einen Krieg begonnen. Allerdings nicht Dämonen gegen Menschen.“

Das ließ Daisuke für einen Moment verstummen. „Moment mal, du willst sagen, dass er gegen UNS kämpft?!“

„Genau das fürchte ich. Und zwar im Untergrund, sodass die Menschen nichts davon mitbekommen.“

„Heilige Scheiße.“

„Und wie es aussieht, hat er schon angefangen“, fuhr Hakuei fort und ließ sich neben Daisuke auf das Krankenbett sinken, sein Gesichtsausdruck die reinste Ratlosigkeit. „Zumindest sind einige meiner Leute über Nacht spurlos verschwunden.“

„An dir wird er sich besonders rächen wollen“, murmelte Mana und schlug für einige Herzschläge die Augen nieder.

„Ja... wahrscheinlich“, nickte Hakuei und blickte dann zu Daisuke. „Aber noch mal zu dir...“

„Habe ich das richtig verstanden, dass er dich auf seine Seite ziehen wollte und du dich geweigert hast? Trotz ... der Sachen, die er mit dir angestellt hat?“, wollte Mana wissen.

Daisuke zuckte mit den Schultern. „Klar. Dieser Drecksack hat’s verdient, dass wir ihm mal gehörig in den Arsch treten.“

Da lächelte Mana zum ersten Mal seit Langem wieder. „Ja. Hat er.“

„Du hast mich unterschätzt, hm? Keine Sorge, passiert vielen. Krieg ich jetzt mal langsam was zu essen? Und Hakuei, könntest du bitte deine Hand zwischen meinen Beinen weg nehmen?“

Hakuei machte auf der Stelle entrüstet den Mund auf. „Hallo?! Ich hab nichts... was-“

„Ich werfe irgendetwas“, sagte Mana. „Irgendwann werfe ich was nach euch, da könnt ihr euch drauf verlassen.“ Er wandte sich ab, damit die anderen beiden sein resigniertes und beinahe trauriges Lächeln nicht sehen konnten. „Macht eure Leute bereit zum Kampf. Es gibt Krieg.“
 

~*~
 

Tattoo fand die Tackernadeln eklig ^^



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2011-03-28T02:14:03+00:00 28.03.2011 04:14
O________________O Tackernadeln?
OMG...DAS muss wehtun...>////<
Aua ey...
*Daisuke patta*
Bah wie der zugerichtet wurde...arme Sau man, der kann einem richtig leidtun...

Mako ist so ein Arsch ne?! ò_____ó
Ich find ihn kacke! xD Auch wenn ohne ihn die Story irgendwie ihre Spannung verlieren würde ^^'

Und Hakuei is toll <3 Besonders Daisuke und Hakuei...voll die Liebe ♥
xDDDDD

Mana tut mir irgendwie leid...inmitten der Gestörten xD
Von:  almightywarumono
2010-08-14T17:44:36+00:00 14.08.2010 19:44
uuuuh *_____* also ICH fand die tackernadeln sexy... wie auch
das ganze andere. diese ff is so . . . sexy xD...

ich finde auch dass du mal wieder sehr schön alles beschreibst
undso...
Wo er dann endlich befreit wurde hab ich mich irgendwie gefreut ww

und die sollen den blöden mako fertig machen ~ ´(`___´)P
Von:  Tattoo
2008-12-14T14:55:53+00:00 14.12.2008 15:55
> nickte Loki und schritt auf Daisuke zu, packte ihn an den Haaren und riss ihn auf die Füße,
> so hoch, dass dieser sich auf die Zehenspitzen stellen musste.
ich hab mich zuerst mächtig gewundert, dass der ach so starke daisuke sich nicht wehrt und das einfach mit sich machen lässt, aber dank des nachfolgenden gehe ich mal davon aus, dass er loki's stärke abschätzen und ihn außerdem in dem glauben lassen wollte, dass er mit ihm leichtes spiel haben wird

> „Wenn ich gerade gegessen habe, gibt es niemanden, der mich schlagen kann.
> Nicht mal Mana, wusstest du das? Ich bin älter als er, viel älter.
oh, interessant! (und wirklich sehr unerwartet) aber es war ja trotzdem ni stark genug, um sich gegen seine kidnapper zu wehren~

> Tattoo fand die Tackernadeln eklig ^^
> Die Tackernadeln waren nicht so das Problem, mein Problem sind die ganzen ANDEREN Nadeln.
>_> ... natürlich find ich das eklig!! allein schon die vorstellung, selbst tackernadeln im mund zu haben... *schauder*

> Wahrscheinlich bin ich ihm einfach auf den Sack gegangen.“
> Mana und Hakuei wechselten einen Blick.
> „Und was gibt’s bei euch Neues, hm? Hat irgendwer den anderen geheiratet oder so?“
man merkt wirklich, dass du in daisuke vernarrt bist ^_~

> Das ließ Daisuke für einen Moment verstummen. „Moment mal, du willst sagen, dass er gegen UNS kämpft?!“
> „Genau das fürchte ich. Und zwar im Untergrund, sodass die Menschen nichts davon mitbekommen.“
aber dann wäre mako ja noch bescheuerter als bisher gedacht, denn ohne die anderen dämonen hätte er ja NOCH WENIGER chancen gegen die menschen, außerdem verliert er durch so ein vorhaben ja auch ne menge leute aus seinen reihen (es sei denn, er hat diesen wir-machen-die-menschen-fertig-plan inzwischen aufgegeben und will jetzt einfach die dämonen vernichten, um ihnen das weitere unwürdige leben im verborgenen zu ersparen -.-)

> „Du hast mich unterschätzt, hm? Keine Sorge, passiert vielen. Krieg ich jetzt mal langsam was zu essen?
> Und Hakuei, könntest du bitte deine Hand zwischen meinen Beinen weg nehmen?“
> Hakuei machte auf der Stelle entrüstet den Mund auf. „Hallo?! Ich hab nichts... was-“
> „Ich werfe irgendetwas“, sagte Mana. „Irgendwann werfe ich was nach euch, da könnt ihr euch drauf verlassen.“
herrlich, wie du es immer wieder schaffst, jede noch so ernste situation mit manchmal dümmlichen, aber extrem sympathischen sprüchen aufzulockern!^^ (also dümmlich in bezug auf die personen, ni auf dich!!)

ein ziemlicher kontrast zum 1. kapitel, inhaltlich gesehen, aber passt - vielleicht sogar gerade deshalb - 1A ^^


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