Prologue
P r o l o g u e
Nie hätte ich gedacht, dass mir eine Ferienwoche soviel Erschreckendes, soviel Schmerzliches und Angsterregendes hätte bescheren können. Genauso wenig glaubte ich an Bosheit, an Rache und Vergeltung, daran, dass Menschen anderen Menschen weh tun könnten. Aber durch diese eine Woche wurde ich mitten in diese Welt hineingerissen, allein und völlig orientierungslos. So hilflos und unfähig, irgendetwas dagegen zu tun. Noch heute dreht sich mir der Magen um, wenn ich an diese verheerenden sieben Tage denke…
° ° °
Ich stand mit dem Rücken zum Abgrund, ich sah ihn nicht, aber ich spürte dieses klaffende Loch hinter mir geradezu. Ich traute mich nicht, nach hinten zu sehen. Dort erwartete mich nur genau dasselbe, wie wenn ich nach vorne blickte: der Tod.
Hinter mir, keinen Schritt, nur einen Moment der Unachtsamkeit und des Gleichgewichtsverlusts entfernt, der gähnende Abgrund, die Dunkelheit und Schwärze, die mich umhüllen würde, wenn ich nicht etwas täte. Nur ein paar Meter. Aber sie würden sicherlich genügen, um mir das Genick zu brechen. Vor mir mein potentieller Mörder. Er lief aufrecht, sein Gesicht war vor Wut und Zweifel verzerrt, er schien nicht sicher, ob er tun sollte, was er vorhatte, aber das Messer in seiner Hand sprach eine ganz andere Sprache. Er würde mich ohne mit der Wimper zu zucken umbringen. Ein paar Messerstiche. Er würde vielleicht direkt das Herz treffen - er wusste genau, wo er zustechen musste - und wenn nicht dann die Lunge.
Würde ich schnell genug sterben, um die Schmerzen gar nicht mitzukriegen? Oder würde mich diese Pein direkt in die Ohnmacht befördern? Ich schien jetzt schon kurz davor, meine Hände zitterten wie Espenlaub, meine Kehle war wie zugeschnürt, mein Atem ging flach; ich bekam kaum noch Luft und mein Herz klopfte wie wild, als wollte es noch alle Schläge, die es sich für mein Leben vorgenommen hatte, jetzt in den letzten Sekunden noch abarbeiten.
Der Mörder hob die rechte Hand, in der er die Waffe hielt, und machte Anstalten, Anlauf zu nehmen. Ich bereitete mich vor.
So wollte ich nicht sterben.
Hinter mir tat sich der Himmel auf…
° ° °
Nie hätte ich gedacht, dass mir eine einzige Woche solche Entscheidungen bringen würde. Genauso wenig glaubte ich daran, dass mein Leben am Ende der Woche am seidenen Faden hängen würde. Aber durch diese eine Woche wurde ich mitten in eine Welt gerissen, die für mich wunderbar hätte sein können. So zuckersüß und verführerisch, dass ich nicht in der Lage gewesen wäre, etwas dagegen zu tun. Nicht, dass ich es gewollt hätte. Noch heute flattern Schmetterlinge in meinem Bauch, wenn ich an diese unvergesslichen sieben Tage denke.
Doch der Schatten dieser Tage wird mich für immer verfolgen.