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Des Feuervogels Glut II

Fortsetzung des ersten Teils
von

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Dampf

Sibirien, Todesberg, Mitte Dezember
 

Er lag.
 

Dies war das erste, was er mit Bestimmtheit sagen konnte. Viel sagte dieser Zustand allerdings nicht aus, und mehr konnte er für den Augenblick nicht sagen.
 

Unmöglich konnte er beurteilen, wie lange er im Halbsein des Dämmerschlafes gewesen war. Er hatte mehrere Personen in seiner Umgebung wahrnehmen können, vermochte jedoch nicht zu sagen, um wie viele es sich handelte und ob er sie kannte.

Sein Körper fühlte sich dumpf und taub an, aber es ging ihm ein wenig besser. Zumindest konnte er wieder klar denken.
 

Zögernd öffnete er ein Auge.
 

Er befand sich in einem Gebäude mit niedriger Decke. Die Wände sahen schäbig aus, aber es war nicht dreckig. Unter sich fühlte er eine durchgelegene Matratze, über sich eine kratzige Steppdecke. Vorsichtig schlug er sie zurück. Sein Körper war in Kleider gehüllt, die ihm nicht gehörten und ihm viel zu groß waren. Sie rochen seltsam.

Langsam setzte er sich auf.

Sein Arm quittierte dies natürlich mit heftigen Schmerzen, während sich sein Rücken überraschenderweise nur wenig dazu äußerte.

Offenbar hatte die Verletzung durch den Pfeil allmählich zu heilen begonnen, sofern man in so kurzer Zeit schon davon sprechen konnte. Doch der Schmerz in seinem Arm wollte gar nicht mehr nachlassen. Etwas Anderes musste ihn verursachen.

Ob es mit Minas sonderbarem Medikament zusammenhing? Oder mit dem seltsamen Gefühl, dass er seit dem Attentat gehabt hatte?

Er horchte in sich hinein.

Kein Brennen. Nur er selbst.

Bevor er über die Details seines Innenlebens nachdenken konnte, begann er heftig darüber nachzudenken, wo zum Donnerwetter nochmal die junge Frau abgeblieben war. Angestrengt versuchte er die Geschehnisse der letzten Tage zu rekonstruieren. Es gelang ihm mit mäßigem Erfolg. Nur schwer konnte er die seltsamen Traumbilder von denen der Realität auseinanderhalten. Beides kam ihm gleichermaßen unwirklich und doch real vor.

Was war nur los mit ihm?
 

Er schlug sich mit der flachen Hand auf die Stirn. Im Nachhinein konnte er nicht sagen, was er zuerst feststellte: Dass diese unachtsame Bewegung ihm urplötzlich höllische Schmerzen bereitete, oder, dass seine Hand dick verbunden war.

Nach kurzem Zusammenzucken nahm er einen tiefen Atemzug und konzentrierte sich wieder auf seine Überlegungen. Nicht zuletzt, um sich von dem seinen gesamten Arm durchziehenden Stechen abzulenken.
 

Sie musste ihn hierher gebracht haben, auch wenn er sich keinen Reim darauf machen konnte, wie in aller Welt sie das geschafft haben sollte. Trotz allem war dies die plausibelste Erklärung. Doch wo war sie jetzt? Ob er nach ihr rufen sollte? Oder war sie..
 

Er vernahm wie jemand die Tür öffnete und fuhr zusammen. Obgleich er nicht nackt war, fühlte er sich ein wenig so. Es war ihm unangenehm, fremde Kleider zu tragen.
 

Eine kurz geratene, dafür umso stämmigere Frau betrat den Raum. Sie hatte dicke Pausbacken und dünnes, zu einem Knoten zusammengebundenes Haar. Als sie Kai sah, spiegelte ihr Gesicht eine Mischung aus Überraschung und Zufriedenheit wider. Sie neigte sich zur offenen Tür und rief etwas in einer fremden Sprache. Es dauerte einen Moment, ehe Kai begriff, dass es sich um Russisch handelte. Nicht zuletzt deshalb, da sie einen sehr seltsamen Dialekt sprach und ein wenig lispelte.
 

Stark verzerrt und gedämpft durch die engen Wohnräume hörte der er die Stimme einer anderen Person, eines Mannes. Er konnte nur vermuten, dass es sich um denselben Dialekt handelte.
 

Erwartungsvoll sah Kai die rundliche Frau an, ließ sich seine Verunsicherung jedoch nicht anmerken. Natürlich fragte er sich, was man hier mit ihm vor hatte; was man mit ihm bereits gemacht hatte – und vor allem, wer von den beiden ihn umgezogen hatte. Beide Varianten bereiteten ihm Übelkeit. Sie lächelte ihn an, verließ jedoch unmittelbar danach den Raum.

Einen Moment später kehrte sie mit einem dampfenden Teller Suppe zurück.

Zögernd und vor allem Wortlos nahm der junge Mann an, und begann zu essen, obwohl er keinen großen Appetit verspürte. Das Gericht bestand aus verschiedenen Wurzelgemüsen und einer Kohlsorte, die in einer wässrigen aber kräftig gewürzten Brühe gekocht worden waren. Fleisch war nicht zu entdecken, aber das hätte ihn in einer Gegend wie dieser ohnehin überrascht.
 

Allzu weit weg vom Todesberg konnten sie nicht entfernt sein. Und selbst wenn, hier gab es Meilenweit absolut nichts, von diesem Haus hier vielleicht mal abgesehen.
 

Nach einigen Minuten bemerkte er, dass die stämmige Frau ihn beim Essen beobachtete. Er blickte auf und beäugte lange kritisch. Dabei sah er stets boshaft aus, und er wusste das, doch die gedrungene Gestalt ließ sich davon nicht beeindrucken. Sie verstärkte ihr Lächeln und legte den Kopf schief.
 

Eigentlich hatte Kai keine sonderlich große Lust, seine russische Herkunft und seine damit verbundenen Sprachkenntnisse preiszugeben, denn er befürchtete, dass diese rundliche Gestalt eine Quatschtante der übelsten Sorte war. Doch er fragte sich ernsthaft, wo Mina abgeblieben war. Falls sie wach war, konnte sie sich ja schlecht mitteilen. Er würde den Dolmetscher spielen müssen – dieser Gedanke ließ ihn nochmals heftig daran zweifeln, ob er wirklich den Mund aufmachen sollte. Doch seine Neugierde (das Wort Sorge wollte er nicht benutzen) siegte.
 

Entschieden schluckte Kai noch einmal und fragte dann nach seiner Begleiterin.

Als ihm dann aber ein herzliches „Daaaaaa! Mina!“ entgegen euphorisierte, war er selbst ein wenig überrascht. Die Dicke kannte ihren Namen. Also war Mina entweder wach, oder sie trug ein Namensschild. Und das wäre ihm wirklich neu gewesen. Vermutlich sprach Mina kein einziges Wort russisch, aber sie war sicherlich nicht zu dumm, um sich trotzdem vorzustellen.
 

Der folgende Monolog der kurz geratenen Frau bestätigte seine Vermutung:

Offenbar war Mina wohlauf, und nicht nur das, sie war bereits auf den Beinen. Sie war nach draußen in den kleinen hölzernen Waschraum gegangen, um dort den Holzofen anzufeuern und Wasser zu erhitzen.

Auch er hatte eine gründliche Wäsche dringend nötig. Er gestand es sich nicht gerne ein, aber er müffelte.
 

Die Frau entschuldigte sich um verließ den Raum. Vorsichtig schloss sie die Tür. Ihre Schritte entfernten sich.

Erleichtert atmete Kai auf. Er war allein.

Mit wenig Begeisterung sah er den halbleeren Suppenteller auf seinem Schoß an. Vermutlich war es für diese Region ein wirklich gutes Essen, doch er verspürte keinen Appetit mehr.

Erbarmungslos mit sich selbst, zwang er sich jedoch angesichts seiner beziehungsweise ihrer beider Situation, das Gericht vollständig aufzuessen. Es kostete ihn viel Überwindung, doch er leerte den Teller restlos.
 

Dann sah er sich um.

Der Raum besaß ein kleines Fenster, von dem aus man jedoch nicht mehr als ein paar Nadelbäume, zwei oder drei kleine Hütten und jede Menge Schnee sehen konnte.

Innerhalb des Raumes standen ein wuchtiger Schrank und ein schäbiger alter Tisch. Als Kai die Füße auf den Boden stellte, knarzten Bett und Dielen. Langsam stand er auf, bereit, sich wieder auf die Matratze sinken zu lassen, sobald ihm schwindelig werden oder seine Beine nachgeben würden. Doch nichts davon geschah. Offenbar ging es ihm wirklich besser.

Wie lange er wohl geschlafen hatte?
 

Behutsam, da der Untergrund unerträglich laut und verräterisch knarrte, schlich er hinüber zum Tisch und stellte den Suppenteller ab und begann nach seinen Kleidern zu suchen. Zudem hielt er Ausschau nach einem Kalender oder einer Uhr, oder zumindest nach irgendeinem Anhaltspunkt, denn er hatte sämtliche zeitliche Orientierung verloren.
 

Doch er fand nichts davon und setzte sich zurück aufs Bett. Offenbar gerade rechtzeitig, denn es näherten sich Schritte. Es waren die stummeligen Beinchen der dicken Frau (sie kam dem Klischee einer Babuschka erstaunlich nahe), die sich mehr oder minder zügig der Tür näherten und sie öffneten. Sie blickte erst ihn an, dann den leeren Teller, und bat sofort noch mehr Suppe an. Dankend lehnte Kai ab. Sein Bauch war bis zum bersten gefüllt, und im Übrigen schmeckte das Gericht alles andere als gut. Stattdessen erkundigte er sich, ob er den Waschraum nutzen dürfe und was mit seinen Kleidern geschehen war. Auf Frage Nummer zwei erhielt er nichts, was man als sonderlich konkrete Antwort verbuchen konnte. Vielleicht verstand er auch einfach ihren seltsamen Dialekt nicht. Doch zumindest sei der Waschraum inzwischen verfügbar. Die eigenartige Gestalt watschelte hinaus, lies diesmal die Türe offen und kehrte nur einen Moment später mit Handtüchern und schlichter Kernseife zurück. Viel mehr als das hätte Kai ohnehin nicht erwartet. Trotzdem fragte er sich, wie seine Haut und besonders sein Haar wohl damit fertig werden würden.
 

Zügig stapfte er durch den Schnee zur nahe am Haus gelegenen Baracke. Offenbar sollte sie eine Banja, eine russische Sauna, konnte man dies hier definitiv nicht bezeichnen, denn dazu war die Räumlichkeit einfach zu schlicht. Andererseits war es bei einer solchen permanenten Kälte schlichtweg die beste bis vielleicht einzige Möglichkeit, sich zu waschen.

Aus dem Schornstein und den Fugen zwischen den dicken Brettern stiegen Rauch- und Dampfschwaden. Sie musste wohltemperiert sein.

Eilig betrat er den winzigen Vorraum und zog die Tür hinter sich zu. Bereits hier herrschten tropische Temperaturen und hohe Luftfeuchtigkeit.

Er deponierte Handtücher und Seife auf einer kleinen Ablage und begann sich zu entkleiden. Tief atmete er den heißen Dampf ein. Es war nicht zu stark geheizt worden, doch bereits die vergleichsweise niedrige Hitze ließ seine Haut brennen.

Jetzt wusste er, wie sich wohl das Gemüse in seiner Suppe gefühlt haben musste.

Eilig streifte er die fremden Kleider ab, griff nach Handtüchern und Seifen und betrat den Hauptraum. Eine dichte Dampfwolke waberte ihm entgegen und er bemühte sich, die Tür schnell wieder zu schließen, damit keine Wärme entwich.

Dann blieb ihm fast das Herz stehen vor Schreck.

Unmittelbar vor ihm hockte eine Gestalt auf dem Boden und übergoss sich mit heißem Wasser, das zunächst große Pfützen bildete und dann durch die Ritzen im Holzboden abfloss.

Die winzigen Fenster ließen nur wenig Licht hinein und die Tür des kleinen Holzofens war geschlossen. Erst allmählich erkannte er Mina, die vermutlich einfach nur etwas länger gebraucht hatte. Vermutlich typisch Frau.

Er sollte gehen, ehe sie ihn bemerkte. Dann musste er eben noch etwas warten. Die Dicke war offenbar ganz schön falsch informiert gewesen, oder sie hatte es drauf angelegt, ihn in dieses Fettnäpfen treten zu lassen.

Augenblicklich machte Kai auf dem Absatz kehrt und war gerade dabei die Tür zu öffnen, als er hinter sich ihre Stimme hörte.
 

„Ist schon gut“, sagte sie, „bleib nur. Ehrlich gesagt möchte ich dich darum bitten. Mir ist ein wenig schwindelig.“
 

Zögerlich schloss er die Tür und sah über seine Schulter. Mina saß mit dem Rücken zu ihm, machte keinerlei Anstalten, sich umzudrehen oder ihn anzusehen. Sie sah auf sehr ungesunde Weise knochig und hager aus, sofern er das bei all dem Dampf und dem schwachen Licht sehen konnte.
 

„Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Ich werde keine Anstalten machen, mit dir zu schlafen“, sagte sie emotionslos.

Sie klang entkräftet.
 

Behutsam schloss er die Tür, er wusste selbst nicht warum, legte das Handtuch beiseite und gesellte sich zu ihr.

Der dampfgefüllte Hauptraum maß nicht viel mehr als zwei mal zwei Meter. Außerdem nahm der große Holzofen einen gewissen Raum ein. Daneben befanden sich ein großer Wassertank und ein Kessel zum Aufheizen. Die heiße Luft brannte ein wenig auf der Haut und in den Atemwegen.
 

Allzu wenig wich ihre äußere Erscheinung von ihrer Stimme ab. Nur langsam und mit kleinen Schritten, hauptsächlich um auf dem nassen Boden nicht auszurutschen, näherte er sich ihr und nahm hinter ihrem Rücken Platz.

Erst nach einigen Augenblicken merkte Kai, dass er sie anstarrte und auf irgendeine Art von Reaktion gewartet hatte. Die Erkenntnis über seine Torheit ließ ihn den Kopf schütteln. Protestartig griff er nach dem kleinen Holzbottich, der neben den beiden stand, und füllte ihn mit heißem Wasser. Es dampfte richtig, also goss er vorsichtshalber noch etwas kaltes hinzu, bevor er den gesamten Inhalt über sein Haupt schüttete. Dann suchte er das Stück Seife.
 

„Warte“, hörte er Minas Stimme und zuckte ein wenig zusammen, als etwas seinen Arm berührte. Er drehte sich um und sah in das sehr, sehr blasse Gesicht der jungen Frau. Sie bemühte sich um ein Lächeln und stupste nochmals seinen Arm an. Er sah an ihr herunter und errötete, da er nun ihre Brust sehen konnte. Entschieden zwang er seine Augen, weiter bis zur Hand zu wandern, die ihm ein Plastikgefäß entgegenstreckte.
 

„Es ist zwar Frauenshampoo, aber immer noch besser als Kernseife“, sagte sie unbekümmert, ohne ihrer Nacktheit oder dem Rotschimmer um seiner Nase Beachtung zu schenken. Der junge Mann schluckte, ließ sich von ihrer Seriosität ein wenig anstecken und nahm das ihm Dargebotene dankbar an.

Eifrig begann er sich erst das Haar und dann den Rest seines Körpers zu waschen, um den Gestank nach Schweiß und zu lang getragener Kleidung loszuwerden. Nicht einmal der schien Mina beeindruckt zu haben. Dabei war ihre Nase doch sonst so sensibel. Sie war vermutlich einfach sehr müde.

Allmählich vertrieb das Shampoo den unangenehmen Geruch. Es duftete wirklich angenehm, nicht nur für Frauenshampoo, und es löste die Knoten in seinem etwas filzig gewordenen Haar.
 

Rücken an Rücken saßen sie bei einander. Niemand sah über seine Schulter hinüber zum Anderen. Minutenlang viel kein einziges Wort.
 

Das Knistern des Feuers im Ofen was leiser geworden. Allmählich hatte sich die brennende Hitze in angenehme Wärme verwandelt. In schweren Tropfen ran das Wasser an den kleinen Fenstern herab.
 

Vorsichtig kroch Mina hinüber zur Ofenklappe, um das Feuer ein wenig zu schüren. Ehe sie sie erreichen konnte, hielt Kai ihren Arm fest und sah sie aus den Augenwinkeln an. Der Ausdruck von Verwunderung wich nur allzu bald einem müden aber ehrlichen Lächeln.
 

„Ist es dir zu warm? Ist gut, ich lass es einfach ausgehen“, sagte sie leise und kroch ein Stück vom Ofen weg. Doch als sie an ihrer Hand zog, ließ Kai sie nicht los.

„Ach Kai, was soll das denn…?“, fragte sie eher gelassen als ernst und legte den Kopf schief.
 

„Mina, ich würde gerne...“, begann er, hielt jedoch inne und begann auf andere Weise. „Wir haben gerade ein wenig Zeit für uns, und wir wissen nicht für wie lange und ob es danach noch ein weiteres Mal gibt.“
 

Der jungen Frau entfloh ein leiser Ausdruck von Verwunderung. Wollte er jetzt doch mit ihr schlafen? Oder war er gerade wirklich sentimental? Vielleicht sogar beides? Sie beschloss abzuwarten, rechnete jedoch im Grunde mit allem und erklärte sich in Gedanken bereits einverstanden mit was auch immer er wollte.
 

„Ich glaube, du bist mir nach allem was passiert ist eine Erklärung schuldig.“, sagte er. Weder hatte er ihren Unterarm losgelassen, noch waren seine Augen ein einziges Mal von ihr abgewichen. „Bitte“, sagte er – nicht zuletzt Mina hatte erhebliche Zweifel, dass diese fünf Buchstaben in seinem Wortschatz überhaupt vorkamen, doch er sagte sie tatsächlich. „Bitte beantworte mit endlich meine Fragen und hör auf mich mit diesem stupiden Rätselraten zu quälen.“
 

Fragen?

Nun gut, in einigen – vielleicht in vielen Dingen – hatte sie ihn im Unklaren gelassen. Es stimmte. Doch hatte sie inzwischen sehr daran gezweifelt, dass sie ihn wirklich interessierten. Nicht zuletzt deshalb, weil er sie nie danach gefragt hatte. Überhaupt wechselten sie seit jeher kaum ein Wort mit einander. Es verwunderte sie schon ein wenig, dass er dieses offenbar doch für ihn wichtige Thema mit sich herumschleppte, ohne es anzusprechen. Aber vielleicht war das einfach seine Natur.
 

„Ist gut“, sagte die junge Frau, verwandelte ihr Knien in ein Sitzen und lauschte.
 

„Fangen wir damit an“

Kai hatte sich bemüht, diese Worte trotz der unglücklichen Formulierung nicht allzu barsch klingen zu lassen. Es war ihm seiner Meinung nach zwar gründlich misslungen, doch schien Mina ihm dies nicht übel zu nehmen.
 

„Darf ich meinen Arm denn danach wieder haben?“, schmunzelte sie und hoffte ein letztes Mal darauf, dass Kai seinen Griff endlich löste. Er lockerte ihn nun deutlich und blickte auf die zerstochene Innenseite, behielt ihn jedoch immer noch in seiner Gewalt.

„Ja, der Arm…“, sagte die junge Frau sarkastisch und blickte auf die mit blauen Flecken, Narben und Einstichen übersäte Haut, „so schön, wie er mal war, wird er wohl nicht mehr werden. Ich habe für ein größeres Projekt Geld gebraucht, und da ich keines hatte, hab ich eben Versuchskaninchen gespielt.“
 

„Hör auf damit und rede endlich Klartext“, entgegnete Kai ihr. Es hatte ihn durchaus Überwindung gekostet, sie in dieser etwas zweideutigen Atmosphäre gewissermaßen dominierend anzufassen und sie dann auch noch auf Dinge anzusprechen, die ihn schon so lange beschäftigten. Er war es leid, Spielchen zu spielen. Er wollte Antworten.
 

„Ist gut.“, erwiderte ihm sein Gegenüber ernst und unbeirrt, „Nur wo fange ich am besten an?“ Diese Frage war durchaus ernst gemeint, obgleich Kai sie beim besten Willen nie hätte beantworten können. Es war schwer, zu differenzieren, was er wissen sollte und was nicht. Sollte sie in ihrer Kindheit beginnen? Bei dem Versprechen? Zu früh. Zu riskant. Viel zu fragil. Nein. Sie holte tief Luft, verdrängte den Gedanken daran und versuchte nicht zu sehr in die Tiefe zu gehen.

„Das hier ist, weil ich ein Medikament herstellen lassen musste. Ich wusste, dass man versuchen würde, dich mit dem Virus zu infizieren. Es hätte dich entweder getötet oder dir die Sinne geraubt, und das wollte ich nicht.“
 

„Okay. Und jetzt nochmal ganz langsam und von vorne“



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  kylara_hiku_Lamore
2011-05-17T18:23:00+00:00 17.05.2011 20:23
meine vermutung über die herstellung des medikaments waren richtig *freu* wenigstens etwas was ich durchblicke!! ich freu mich schon auf das nöchste in dem wohl entlich mal ein paar fragen beantwortet werden!!
tu mir nur einen gefallen beil cih mit schreiben!! BITTE!! (ich denke das wort aht jeder im wortschatzt^^)
Von:  Lilienkind
2011-05-15T08:08:40+00:00 15.05.2011 10:08
Zum Kapitel Dampf: Natürlich ist eher Kai Mina etwas schuldig. Das war von mir blöd formuliert. Ich hab die Stelle auch beim Kontrolllesen übersehen. Eigentlich sollte es lauten: '...du bist mir nach allem, was passiert ist, eine Erklärung schuldig...' aber da hatte mein Gehirn wohl einen Aussetzer. Ich habe die betreffende Stelle nun geändert. Vielen dank fürs drauf aufmerksam machen =)
Und danke, dass ihr mir immer so tolle Kommentare hinterlasst. Das spornt einen wirklich an.
Von: abgemeldet
2011-05-12T20:25:16+00:00 12.05.2011 22:25
Uuuuh, jetzt kommt alles (?) raus!
Ich liebe diese Situation die du da kreiert hast, so warm und dampfig und irgendwie... wohlig. Das steht in tollem Kontrast zu den beiden Charakteren und zeigt trotzdem, dass auch sie vielleicht emotionaler sind als es manchmal scheint.
Ein großartiges Kapitel!
Von:  Makii
2011-05-12T17:24:56+00:00 12.05.2011 19:24
Anscheinend hat Mina in Kays geistiger Abwesenheit nicht mitbekommen, dass Kay ihr einen Gefallen getan hat und er dafür jetzt auch etwas haben will ôO
hmm, nach diesem Kapitel stellt sich mir folgende Frage:
Wo hat sie das Shampoo her? Ist zwar näbensächlich, aber mitten in der Pampa hat sie sowas aufgetrieben?^^
Freu mich schon richtig auf das nächste Kapitel und und bin natürlich gespannt wie ihre Vergangenheit aussieht :)

ah, btw. schönes Kapitel ^^
Von:  FreeWolf
2011-05-12T14:11:49+00:00 12.05.2011 16:11
Hm.. Mina ist Kai etwas schuldig? wohl eher umgekehrt, doch das scheint in Kai-Logik nicht zu existieren.
*grins*
Nun denn, ich bin gespannt, was nun mit Mina ist. ^^

Wundertoll, deine Arbeit. Lass dich nicht entmutigen! ^^

lg
FreeWolf


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