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Buffy: Projekt 8

Die virtuelle achte Staffel
von

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Folge 3: Welcome to Silent Hill

Autor: Stefan

Co-Autoren: Yamato, Mel

Disclaimer: Die virtuelle, achte Staffel baut auf das von Joss Whedon erschaffene Buffy-Universum auf. Sie wurde von Fans für Fans geschaffen, ohne dem Ziel damit Geld zu verdienen. Das Universum und seine Charaktere sind das alleinige Gedankengut von Joss Whedon, Mutant Enemy, FOX, WB und Paramount.
 

Bisher bei Buffy….
 

.... Willow, die zur Hüterin wird.

Robin Wood, der Buffy von sich, seiner Mutter und dem Ziehvater, einem Wächter erzählt.

Die Wiedervereinigung der Scooby-Gang in Cleveland

Robin spricht mit Giles am Telefon über die Finanzen.

Buffy, die mit einem Vampirmeister auf einem Hochhausdach kämpft.

Buffy und Kennedy, die sich Clevland aufteilen...
 

++++
 

Ort - Unbekannt

Willow spürte eisige Kälte. Stein. Was war plötzlich los? Wieso war es auf einmal so kalt? So eisig kalt? Dunkelheit. Langsam öffnete sie die Augen, doch ihre Umgebung erhellte sich dadurch nur leicht. Sie nahm die groben Umrisse einer Hauswand und eines Mülleimers wahr, welche ihr gegenüber lagen. Ein weiterer Kälteschub schoss durch sie hindurch. Was war hier eigentlich los?

Willow hob die Hände und strich sich die feuchten Haare aus dem Gesicht. Blut. An ihrer Hand roch sie Blut. Sie sah zu Boden und merkte, dass sie sich definitiv nicht mehr in Giles’ Zimmer befand, wo sie sich kurz niedergelegt hatte, weil sie müde war. Sie lag auf dem harten, kalten Steinboden einer Seitengasse. Angst überkam sie. Wie war sie bloß hierher gekommen? Sie hob ihren Kopf und atmete langsam aus. Es war so kalt, dass sie eine Dunstwolke sah, die sich von ihrem Gesicht wegbewegte und sich schließlich auflöste. Endlich hatte sie genug Mut gesammelt, um langsam, unter Schmerzen, aufzustehen..
 

Ihre Knie waren aufgeschürft und ihre Hand aufgeschlitzt.
 

“Ha.. hallo?!” kam es aus ihrem Mund, doch Willow schien es, als würde die Nacht ihre Stimme genau so schnell verschlingen, wie den Lichtschein, nach dem sie vergeblich suchte. Außer dem Pfeifen des Windes war kein Geräusch zu hören, als sie begann, mit langsamen, unsicheren Schritten, die ihre Angst und Unsicherheit mehr als verdeutlichten, die Gasse entlang zu gehen. Ihr Schritte hallten laut von den, in der Dunkelheit noch schmutziger wirkenden Wänden, wider.
 

Müll. Willow ließ ihre Augen, die sich nun mehr an die Finsternis gewöhnt hatten, über die Wände gleiten. Tod. Hier schien kein Funken von Leben in den Häusern zu stecken. Der Verputz bröckelte ab und nicht einmal Schimmel wagte sich an diesen dunklen, toten Ort. Wie war sie bloß hierher gekommen? Wo waren die anderen? Kennedy? Xander? Und der Rest? Lagen sie auch alle halbtot in irgendwelchen Seitengassen herum? In ihr erwachte die Sorge um ihre Freunde. Was, wenn sie von jemandem gebraucht wurde? Sie beschleunigte ihre Schritte und trat plötzlich in eine Pfütze. Wegen des lauten Geräusches blieb ihr vor Schreck fast das Herz stehen.
 

“Beruhig dich!” sagte sie leise zu sich selbst und beschleunigte ihre Schritte wieder. Wann war diese Seitengasse eigentlich zu Ende?
 

Auf einmal war sie von einem penetranten Geräusch umgeben. Tropfen. Sie hörte, wie etwas in Wasser tropfte. Der regelmäßige Takt des Tropf..Tropf.. Tropf machte Willow noch nervöser. Je weiter sie ging, desto lauter wurde das Geräusch. Sie hatte eine Gänsehaut. Was war hier bloß los? Wieso fühlte sie sich so alleine? Wieso spürte sie nichts außer Angst und Verzweiflung? Wieso in Gottes Namen war sie ganz alleine?
 

Das Tropfgeräusch wurde immer lauter, und als Willow zufällig ihren Blick über den dreckigen Betonboden schweifen ließ, war plötzlich ein kleines Rinnsaal unter ihr. Es stank hier penetrant nach Tod und in diesem Moment spürte sie, wie sich ihr der Magen umdrehte. Sie glaubte, die Magensäure zu spüren, die sich ihren Weg durch die Speiseröhre bahnte und nur mit größter Mühe konnte sie den Brechreiz unterdrücken. Und ihr war noch immer eiskalt. Als sie um die nächste Ecke bog, lief sie nach drei kurzen Schritten gegen eine Wand, die wie aus dem Nichts auf einmal in der Dunkelheit vor ihr aufgetaucht war.
 

“Was zum ..”, doch Willow wurde von einer Flüssigkeit unterbrochen, die auf ihren Kopf tropfte.
 

Von Ekel erfüllt, tastete sie mit ihrer rechten Hand zögernd auf ihrem Kopf herum, und fühlte nach der feuchten Stelle, während sie langsam einen Schritt zurück trat. Als sie die Stelle auf ihrem Kopf berührte, merkte sie, dass die Flüssigkeit leicht dickflüssig und warm war. Willow hob langsam ihren Kopf.. und ihr stockte der Atem. Über ihr hing ein Mann. Kopfüber. Das Gesicht war schmerzverzerrt und er starrte ihr genau in die Augen. Plötzlich hörte sie einen gellenden Schrei, der die Nacht durchschnitt, beruhigte sich aber wieder, als sie merkte, dass der Schrei aus ihrem eigenen Mund kam.
 

“Lauf! Los, LAUF!” hörte Willow ihre eigene Stimme laut zu sich selbst sagen, doch sie konnte sich nicht bewegen. Die Flüssigkeit, von der sie die ganze Zeit gedacht hatte, das es Wasser wäre, lief aus dem großen Riss an der Kehle des jungen Mannes. Sie konnte ihren Blick nicht von der furchtbaren Wunde wenden, die höchstwahrscheinlich von einem Wesen mit ungeheurer Kraft hinterlassen worden war.
 

“Wer macht denn so ..” ging es Willow durch den Kopf, als sie plötzlich ein Schnaufen hinter sich hörte. Angst. Das letzte Mal, als sie so etwas erlebt hatte, war Adam hinter ihnen her gewesen. Willow begann zu zittern. Was war heute eigentlich mit ihr los? Wieso hatte sie nicht die volle Kontrolle über ihren Körper? Langsam drehte sie sich um. Das Schnaufen war verschwunden. Willow fiel ein Stein vom Herzen und sie begann schon, sich einzureden, dass sie sich alles nur eingebildet hatte, und sich selbst nicht verrückt machen sollte, als sie just in dem Moment von einem schwarzen Wesen mit roten Augen angesprungen wurde.
 

++++
 

Cleveland

Giles‘ Wohnung

Kennedy fuhr mit der Hand zum Mund, und unterdrückte einen Schrei, doch das gellende Piepen war nichts weiter, als die Alarmanlage eines Autos. Sie blickte sich hastig um, und sah, dass Buffy, die neben ihr auf der Couch saß, ebenfalls erschrocken zusammengezuckt war. Xander allerdings grinste sie hämisch an, während Andrew und Dawn in schadenfrohes Kichern ausbrachen. “Reingefallen!“

“Wie originell ihr doch seid!” Entnervt stieß sie die Luft aus, und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Fernseher zu, wo der Filmheld inzwischen das Auto zurückgelassen hatte, und weiter durch die menschenleeren Straßen wanderte. “Beinahe ebenso originell wie dieser Film!”
 

“Du weißt doch noch gar nicht, worum es geht!” schmollte Andrew vom Boden aus. Da er auf Giles‘ beiger Couch keinen Platz mehr gefunden hatte, hockte er im Schneidersitz auf dem Teppich. Gebannt verfolgten seine Augen den Bildschirm, obwohl er den Film bereits kannte, und somit genau wusste, was als Nächstes passieren würde.
 

“Es dauert noch, aber irgendwann später wird’s noch ganz interessant,” versicherte Dawn. Sie hatte den Film mit Janet und Steve in England gesehen und wollte ihn ihren Freunden nicht vorenthalten. Nur gut, dass Giles nicht zu Hause war, so konnte er sich wenigstens nicht über die Videoparty in seinem Wohnzimmer beschweren.
 

“Ich bitte dich, Dawnster, es ist doch großartig! Allein die Poesie dieser Müllberge!” philosophierte Xander aus seinem Sessel heraus, und Buffy fügte betont ernst hinzu: “Oh ja, das ist alles sehr billig..., äh ich meine natürlich...symbolisch!”
 

“Es ist stinklangweilig!” Wie immer nahm Kennedy kein Blatt vor den Mund. “Sollte da nicht langsam mal irgend ein Viech auftauchen?”
 

Dawn gähnte, und glitt von der Couch, um sich bäuchlings auf dem Teppich auszustrecken. “Nein. Erst muss der Typ noch an hunderttausend leeren Pepsi Dosen vorbeirennen!”
 

“Es ist eben ein Pepsi Film!”, erklärte Andrew wichtigtuerisch. “Genau wie X-Men, oder Zurück in die Zukunft!”
 

“....und dann kommen die Pepsi Becher, und die Pepsi Plakate an den Wolkenkratzern...” Dawn ließ sich in ihrem Monolog nicht unterbrechen.
 

“Im Gegensatz zu Pulp Fiction,” gab Xander zur Antwort, “das war nämlich ein Coke Film!” Er wusste offensichtlich genau, wovon Andrew sprach.
 

Dawn baumelte mit den Beinen in der Luft, und plapperte munter weiter “...und im Krankenhaus hat er sich eine Pepsi aus dem Automaten geklaut..”
 

“Lass mich raten,” mischte sich Buffy ein. ”Independence Day war auch ein Pepsi Film!”
 

“Du bist so klug, Jägerin!” Andrew drehte den Kopf, um Buffy einen Schmachtblick zuzuwerfen, erntete allerdings nur ein genervtes Augenrollen. Ein weiteres Augenrollen galt der kleinen Schwester, welche immer noch eifrig dabei war, den Film weiterzuerzählen: “Und dann rennt er irgendwann in die Kirche rein, und trifft...”
 

“Hör auf zu spoilern, Dawn!” schnitt Buffy sie ab, “wir sind durchaus in der Lage, uns den Film selbst anzusehen!”
 

Dawn schien Buffy’s Ausbruch jedoch nicht im mindesten zu interessieren. ”Er rennt in die Kirche rein und trifft endlich seinen ersten Zombie. Einen Pfarrerzombie!”
 

“Dawn!” schimpfte Buffy entrüstet. “Nicht jeder von uns war in England und hat den Film schon gesehen!”
 

“Zombie?” schimpften Xander und Andrew noch eine Spur entrüsteter. “Das sind keine Zombies!”
 

“Wieso geht er überhaupt in die dunkle Kirche rein?” wollte Kennedy wissen. “Ist doch klar, dass da drin Zombies lauern?”
 

Xander stieß hörbar die Luft aus, und schüttelte dabei fassungslos den Kopf: “Das. Sind. Keine. Zombies!”
 

Dawn grinste Kennedy an. “Weil an der Kirchentür ein Schild hängt, mit der Aufschrift ‘Certain Death‘! Nein, weil er blöd ist, natürlich!”
 

Andrew schickte einen weiteren Schmachtblick los, diesmal Richtung Xander, und ergriff schließlich dessen Partei: “Er hat vollkommen recht! Zombies müssen erst mal tot sein und dann das Virus kriegen. Und die haben zwar den Virus, sind aber nicht tot , also sind sie auch keine Zombies. Quod erat demodingsbums..”
 

Dawn achtete weder auf Andrew’s Einwurf, noch darauf, dass Buffy sich demonstrativ die Ohren zuhielt, sie war viel zu beschäftigt damit, Kennedy den Film zu erzählen: “Später sind sie noch viel blöder! Sie können sich aussuchen, ob sie die Straße nehmen, oder die Abkürzung durch den Tunnel! Dreimal darfst du raten, was diese Idioten machen...”
 

“Danke für die Unterstützung, Bro!” wandte sich jetzt Xander an Andrew. “Aber da fällt mir ein, in der Romero Trilogie gab’s auch Leute, die ‘nur‘ von den Zombies gebissen wurden, und sich verwandelt haben, ohne zu sterben....

“Dawn!” Buffy platzte endgültig der Kragen. “Wir wollen NICHT wissen, was die Idioten machen!”
 

“Zum Beispiel dieser Typ” überlegte Xander, “den sie bei Dawn of the Dead – hat nix mit dir zu tun, Dawnie - im Fahrstuhl erwischt haben. Der hat noch gelebt, als die Fahrstuhltür zuging, und als sie wieder aufging, war er ein Zombie...”

“Sie fahren durch den Tunnel, richtig?” Kennedy sah Dawn fragend an. “Und werden dort angegriffen!”
 

“Die amerikanischen Zombies sind sowieso langweilig!” Andrew lehnte sich nach vorne, er war jetzt voll im Diskussionsmodus. “Sie tapsen nur rum, und fressen, und gröhlen! Warren hat immer gesagt, die italienischen Zombies...”

“Die Fulci von Romero geklaut hat...” fügte Xander hinzu, auch er war jetzt begierig darauf, mit seinem Hintergrundwissen zu glänzen.
 

Kennedy sah äußerst verwirrt von einem Filmfreak zum anderen. “Ich dachte, das wären britische Zombies! Weil es ein britischer Film ist, mein ich!”

“Sie sind überhaupt nicht geklaut!” schimpfte Andrew trotzig. Wie immer bei solchen Debatten steigerte er sich hoffnungslos rein. “Sie sind nur weiterentwickelt! Sie sind mystisch und können Magie anweden und sind überhaupt viel cooler! Außerdem...”
 

“Ken, wie oft denn noch?” seufzte Xander geradezu verzweifelt. “Das hier sind keine Zombies, es sind Infizierte!”
 

“Ken!” erklärte Dawn mit einem Blick auf das verwirrte Gesicht der jungen Jägerin, “die Jungs reden über einen völlig anderen Film!”
 

“Außerdem hat Warren immer gesagt, die italienischen Zombies haben...”, Andrew’s Stimme überschlug sich, und klang jetzt gefährlich nach Schluchzen.
 

“Ich hab vielleicht noch was anderes im Kopf außer diesen dämlichen Horrorfilmen!”, schimpfte Kennedy wütend. “Es ist sowieso klar, wer überlebt! Der Held, die Freundin vom Held, und das kleine Mädchen!”
 

Ohne jedes weitere Wort sprang Andrew auf, und stürmte aus dem Zimmer. Buffy und Kennedy blickten sich verwirrt an, wie konnte sich jemand in eine Diskussion über Filme dermaßen hineinsteigern? Das war doch echt nicht mehr normal!

Xander blickte Andrew nachdenklich hinterher, sagte aber nichts.
 

“Na toll!” Dawn stemmte sich vom Teppich hoch. “Ausgerechnet jetzt, wo endlich mal Zombies auftauchen, muss er seinen monatlichen Heulkrampf kriegen. Hätte er nicht wenigstens warten können, bis der Film wieder langweilig wird?”
 

Sie stand auf, duckte sich mit atemberaubenden Reflex unter dem Sofakissen hindurch, das Xander bei dem Wort ‘Zombies‘ nach ihr geworfen hatte, und schlug die Wohnzimmertür hinter sich zu, um sie nur einen Moment später wieder zu öffnen. “Oh, und Ken, du hast natürlich recht, was die Überlebenden angeht.”

Buffy warf ein weiteres Kissen nach Dawn, traf aber nur die wieder geschlossene Tür. “Dieses Mädchen treibt mich zum Wahnsinn!”
 

Kennedy grinste. “Ach was, das war doch klar. Wer hätte sonst überleben sollen?”

“Hey schaut, da ist der Pfarrer!” Xander deutete auf den Bildschirm.

“Na, lauf doch endlich!" Kennedy griff in die Popcornschüssel. "Oder willst du, dass er dich kriegt?"
 

++++
 

Willow

Während die zwei roten Augen immer näher auf Willow zurasten, löste sich endlich ihre Verkrampfung, sie duckte sich unter dem Wesen weg und machte eine Rolle vorwärts. Als das Wesen über sie hinwegflog, hörte sie ein Hecheln, und spürte die Körperwärme des Monsters. Sie sprang auf und drehte sich zu dem Wesen um, welches mit einem dumpfen Aufprall gegen die Wand prallte, die sich hinter ihr befand. Ein leichtes Lächeln zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab. Benommen sank das schwarze Etwas zu Boden. Willow drehte sich wieder um und erkannte eine Tür, an der sie vorhin anscheinend vorbeigelaufen war. Sie drehte ihren Kopf noch einmal in die Richtung des Tieres, vergewisserte sich, dass es sich wirklich nicht bewegte und kehrte ihm dann den Rücken zu. Trotz der Wunden auf ihren Knien, lief sie nun mit einer ungewohnten Geschwindigkeit auf die Tür zu. Adrenalin strömte durch ihren Körper, als sie davor stehen blieb, und sich die nassen Haare wieder aus dem Gesicht strich.
 

Die Wunde an ihrer Hand hatte noch leicht geblutet, als sie vor einiger Zeit an diesem unbekannten Ort aufgewacht war, doch jetzt hatte sie aufgehört, und es bildete sich schon langsam eine Kruste. Was war hier eigentlich los? Nicht nur, dass sie keine Ahnung hatte, wo sie sich befand, oder warum sie hier war, jetzt verhielt sich auch noch ihr Körper ungewohnt. Und wieso konnte sie keine Jägerinnen spüren? Ab und zu hatte sie sich ja nach dieser Ruhe gesehnt, aber das war eindeutig zu viel.
 

Langsam legte sie die verwundete Hand auf den Türgriff. Das Metall war kalt, aber die Kälte war auf der Wunde nicht einmal so unangenehm. Vorsichtig drückte sie die Türklinke nach unten und stemmte sich gegen die Tür. Nichts. Die Tür bewegte sich keinen Millimeter.
 

“Oh nein!” flüsterte Willow. Sie drehte ihren Kopf wieder zu dem Monster, das sie vorhin angefallen hatte.
 

Die roten Augen starrten sie direkt an. Es war wieder wach. Die Augen leuchteten. Es knurrte. Und es lief genau auf sie zu.
 

“Oh Gott!” schrie Willow und Panik brach in ihr aus.
 

Was war das bloß für ein Ding? Vorher hatte es sich auf allen Vieren bewegt und sie dachte, es wäre eine Art Höllenhund gewesen. Aber jetzt lief es zweibeinig auf sie zu und es sah nicht so aus, als hätte das Ding nur irgendwo einen Hauch von Fell. Voller Angst drehte sie sich wieder zur Tür und rüttelte panisch an der Klinke. Das Monster hinter ihr knurrte noch einmal auf und sie setzte ihren ganzen Körper ein, um gegen die Tür zu drücken. Sie gab nach. Willow stolperte durch den Türstock. Sie drehte sich um und konnte noch einen letzten Blick auf das Monster erhaschen, bevor sie die Tür mit einem kräftigen Schlag ins Schloss warf. Sofort stemmte sie sich mit dem ganzen Körper gegen das Holz.
 

Irgendwas hatte sich verändert. Willow spürte keine Müdigkeit mehr, sie war mehr als fit. Aber warum? Mit einem lauten Krachen schlug das Wesen auf der anderen Seite der Tür gegen das alte Holz. Sie hoffte inständig, dass die brüchige Tür das aushalten würde. Sie konnte hören, wie ein Teil des Holzes splitterte und plötzlich.. war es zu Ende. Das Krachen hatte aufgehört und der Druck von der anderen Seite der Tür war vollkommen verschwunden. Willow atmete leise aus und drehte sich von der Tür weg. Sie befand sich anscheinend auf der Hauptstraße des Ortes, denn hier reihte sich ein Geschäft an das nächste. Natürlich gab es auch hier keine grellen, in allen Farben leuchtenden Neonwerbungen, die der Straße etwas Leben verliehen hätten, im Gegenteil, die Innenräume der Geschäftsräume sahen leer und verlassen aus. Doch Willows Aufmerksamkeit wurde auf etwas ganz anderes gelenkt. Exakt eine der vielen Straßenlaternen, welche die Straße säumten, durchschnitt die Dunkelheit der Nacht mit einem der grellen Lichter, die sie aus Cleveland gewohnt war.
 

“Was ist hier eigentlich los? HÖRT MICH JEMAND?!” schrie sie los, doch wieder wurden ihre Schreie von der Dunkelheit verschlungen.
 

Wie magisch fühlte sich Willow zu dem beleuchteten Platz unter der Laterne hingezogen. Doch war es dort sicher? Sie würde für die Monster, falls es mehr gab, als dieses Ding, das ihr in der Seitengasse begegnet war, wie auf einem Präsentierteller wirken. Trotzdem begann sie, sich langsam auf die erhellte Straßenbeleuchtung zu zu bewegen. Schatten. Sie glaubte, etwas gesehen zu haben, war sich aber nicht sicher.
 

“Kennedy?” schrie sie laut. “Xander? Buffy? Dawn? Hört ihr mich?”
 

Obwohl sie natürlich einerseits nicht hoffte, dass ihre Freunde auch hier an diesem schrecklichen Ort waren, wünschte sie sich trotzdem, nicht alleine zu sein. Sie betrat den Lichtschein und erst jetzt fiel ihr der Zeitungsständer auf, der sich genau unter der Lampe befand. Sie griff danach und nahm das oberste Exemplar heraus.
 

« Good Morning Silent Hill » prangte groß auf der Titelseite. Willow ließ ihren Blick über die Seite schweifen. “Gestern um 12:45 bargen die örtlichen Behörden einen Personenwagen aus dem See. Bei der Aktion entdeckte man im Fahrzeug zwei Leichen, bei denen es sich vermutlich um den Fahrzeuginhaber James Sutherland und dessen Frau handelt” Willow las den Leitartikel nicht weiter. Zur Zeit war es ihr eigentlich egal, ob ein gewisser James Sutherland in den See gefahren war oder nicht. Viel mehr blieb ihre Aufmerksamkeit an dem Datum hängen. Es war das des gestrigen Tages. Wie konnte das alles nur in einer Nacht passiert sein? Sie drehte sich um und legte dabei die Zeitung in den Ständer zurück. Jetzt unter dem Licht, sah die Wunde auf ihrer rechten Hand viel schlimmer aus, als sie gedacht hatte. Doch.. was war mit ihren Händen passiert? Das waren nicht ihre Hände. Und das Haar, das ihr schon wieder im Blickfeld hing.. das war blond.

“Was zum..”, sagte Willow und drehte sich in Richtung der Schaufenster.
 

Sie machte einen Schritt darauf zu und starrte sich die Reflexion in dem Glas ungläubig an. DAS war definitiv nicht ihr Körper. Sie sah ein 15, vielleicht auch 16-jähriges Mädchen mit hellblonden Haaren. Ungläubig streckte sie ihre Finger aus und berührte das Glas an der Stelle, an der ihr Gesicht reflektiert wurde. Sie hatte dunkelblaue Augen und trug ein hellblaues Top, welches über dem Bauch aufgeschlitzt war. Ihre Hose war dunkelbraun, es hätte aber auch eine andere Farbe sein können, denn sie war voller Schmutz. “Mein Gott” flüsterte Willow noch immer ungläubig und starrte, wie gebannt, auf die Reflexion.

In diesem Moment schoss eine Hand durch das Schaufenster und packte sie an der Kehle. Willow schrie..
 

++++
 

Cleveland

.. und riss die Augen auf. Der Raum war von einem angsterfüllten, gellenden Schrei erfüllt. In ihren Augen spiegelte sich Angst und Panik, genau wie in ihrem Schrei. In dem Zimmer brannte kein Licht und wenn das Mondlicht nicht durch das geöffnete Fenster fallen würde, wäre es stockdunkel gewesen. Willow schrie noch immer. Das Wetter war in Cleveland nicht gerade das Beste und man hörte, wie der Wind mit den Blättern der Bäume seine eigene, seltsame Melodie spielte. Der weiße Vorhang wurde geschmeidig von dem leichten Durchzug getragen, welcher im Raum herrschte. Unter dem Türschlitz fiel ein kurzer Lichtstreifen auf den Boden des Zimmers, welches mit einem angenehmen Teppich belegt war, dessen Farbe dem Raum eine wärmende Stimmung gab. Plötzlich unterbrachen zwei Schatten den Lichtstreifen, und kurz darauf wurde die Tür aufgerissen.
 

“Willow?!” schrie Kennedy.
 

In ihrer Stimme lag Angst, Verzweiflung und Sorge. Kennedy tastete die dunkle Wand hektisch nach dem Lichtschalter ab. Als sie diesen endlich gefunden hatte, schlug sie so fest darauf, dass er in kleinen Plastikstücken von der Wand fiel. Doch was zählte das jetzt schon? Wie wichtig war schon ein Lichtschalter wenn die Liebe deines Lebens schrie, als stünde sie im Angesicht des Todes

Nur einen Sekundenbruchteil, nachdem Kennedy den Lichtschalter gedrückt hatte, gingen eine Lampe an der Decke und zwei an den Wänden an. Warmes Licht erfüllte nun den Raum. Kennedy eilte zu Willow und setzte sich neben diese auf das weiche Bett. Willow, die jetzt zwar nicht mehr geschrien, aber immer noch auf die Zimmerdecke gestarrt hatte, löste den starren Blick und richtete ihre angsterfüllten Augen auf Kennedy. Schweißtropfen standen auf Willows Stirn, als Kennedy ihre Hand hob und ihrer Freundin die rote Haarsträhne aus dem Gesicht strich.
 

“Hey....” Kennedy lächelte Willow mit einem liebevollen, beruhigenden Blick an. Mit einer Hand strich sie ihr sanft über die Wange. “Willst du mir erzählen, was passiert ist?” flüsterte sie leise.
 

“Hi.. Hilfe!” japste Willow, die von ihrem Schrei noch immer außer Atem war.
 

“Willow, du bist hier in Sicherheit.”
 

“Nein.. du verstehst nicht!”
 

Willow quälte sich ein liebevolles Lächeln als Dank für Kennedy aufs Gesicht und setzte sich dann auf. Der Wind wehte noch immer in das Zimmer und der weiße Vorhang vollführte noch immer seinen eleganten Tanz. Willow hob ihre Hand und vergewisserte sich, dass sie keine Wunden hatte. Nichts. Ihre Hand war in Ordnung. Alles war in Ordnung. Sie lag in einem bequemen Bett in einem ordentlichen Zimmer. Und das Wichtigste, sie war nicht alleine. Kennedy war an ihrer Seite. Es trat jemand durch die offene Tür und Willow wandte geschockt ihren Blick von Kennedy zur Tür, bereit jeden Eindringling mit einem Bann zu belegen, jedes Monster in Feuer aufgehen zu lassen, oder rund um Kennedy und sich ein Schutzfeld zu legen.
 

“Na, was war los?” Buffy stand in der Tür und sah Willow besorgt an. Auch Xander tauchte an Buffys Seite auf.
 

“Was meintest du vorhin? Was habe ich nicht verstanden?” fragte Kennedy nun nach. Auf ihrem Gesicht spiegelte sich noch immer ungewisse Sorge wieder.

“Nicht ich brauche Hilfe!” sagte Willow und ließ ihren Blick von Kennedy über Xander zu Buffy schweifen. Diese reagierten nur mit unwissenden, fragenden Gesichtsausdrücken.
 

Opening Credits
 

Straße - Bus

“Jetzt gib doch mal die Karte her” schrie Vi, lehnte sich über Ronah hinweg, und erfasste mit ihrer rechten Hand die Straßenkarte, die Ronah fest in den Händen hielt.
 

“Nichts da, Kleine!” gab Ronah zurück und riss Vi das kleine Stück wieder aus der Hand.
 

Die Karte war mit roten Strichen durchzogen, und einigen blauen Punkte, neben denen sich meist handgeschriebene Kommentare befanden. “Vampirnest in alter, vergammelter Hütte ausgehoben. Hab Robin den Spitznamen Bill Cosby verpasst”, oder “Geburtsort einer neuen, wohlgemerkt schwarzen Jägerin. Wir konnten unsere Schwester rechtzeitig retten und an einem sicheren Platz unterbringen”, zierten die eintönigen Straßendarstellungen.
 

“Jetzt gib schon her, ich möchte sehen in welche Gegend Robin uns heute hingebracht hat!” schrie Vi wieder und machte den nächsten Angriffsversuch. Ronah wehrte diesen aber gekonnt ab, indem sie die Karte in Windeseile zusammenfaltete, diese dann neben sich legte und sich genervt zu Vi umdrehte.

“Was? Wir können doch raten wie das nächste Kaff heißt, an dem wir dieses Mal stehen bleiben. Ich fang an: Orange County? Ne. Wie wärs mit Twin Peaks? Oder F***in' Nottin' Hill? Ach ne, ist ja in England. Bill Cosby, wo sind wir heute?” Ronah verdrehte die Augen. Sie neckte Robin gerne. Sie wusste, wie Vi über Robin dachte und dadurch machte es ihr noch mehr Spaß.
 

“Bill.. wo sind ..”, doch Ronah wurde von einem leichten Klaps auf den Hinterkopf unterbrochen.
 

“Aua!” schrie nun Ronah und drehte sich verwundert wieder um.

“Ha ha. Hörst du uns alle lachen, Ronah? Jetzt hör auf mit dem Scheiß und such uns den nächsten Parkplatz auf der Karte!” sagte Faith genervt. In ihrem Gesicht spiegelte sich Müdigkeit. Wann hatte sie das letzte Mal so viel Zeit mit den gleichen Leuten verbracht? Das war schon lange her. Wann hatte sie sich das letzte Mal um so viele Leute gesorgt? Das war noch länger her. Wann hatte sie sich das letzte Mal wie in einer Familie gefühlt? Noch nie. Faith deutete mit ihrer Hand noch mal auf den Straßenplan, nickte kurz und überließ die zwei Streithähne mit einem leichten Lächeln sich selbst. Es mochte die anstrengendste Zeit ihres Lebens gewesen sein, seit sie von Wesley aus dem Gefängnis geholt wurde, mit Willow nach Sunnydale gekommen war, und dem ersten Bösen einen Denkzettel verpasst hatte. Und doch war es auch eine ihrer schönsten gewesen. Schlussendlich war sie mit Robin und den Mädels aufgebrochen, um die Staaten um einige Dämonen zu erleichtern und einigen der neuen Jägerinnen Starthilfe zu geben, bis der neueröffnete Rat Wächter für diese gefunden hatte.
 

“Hey, Robin!” Faith schlug Robin ihre Hände von hinten um den Hals und drückte ihm einen langen Kuss auf die Glatze. Hatte sie das je geglaubt? Sie und eine feste Beziehung? Sie hatte sich schon ‘Sie und überhaupt eine Beziehung‘ nicht vorstellen können. Sie musste unbedingt mal bei Angel anrufen und fragen, wie es ihm so ging. Na ja.. um wieder zu Robin zurück zu kommen. Faith musste leicht schmunzeln.
 

“Um mal Ronahs Frage etwas .. ähm.. liebevoller zu stellen” Faith musste über ihren eigenen Satz kurz schmunzeln, löste sich dann aber von Robin und stellte sich aufrecht neben ihn hin, bevor sie fortfuhr. “Wo zur Hölle sind wir?”

Wood wandte für eine Sekunde den Blick von der geraden Straße ab, und sah Faith erschöpft an.
 

“Um ehrlich zu sein, so ganz genau weiß ich das ohne Karte auch nicht.” Er versuchte ein müdes Lächeln auf sein Gesicht zu zaubern, versagte dabei aber kläglich. In diesem Moment läutete Robins Handy.
 

++++
 

Cleveland.

Dawns Zimmer.

“Ich weiß, dass es nicht an Jason lag.” Andrew drehte den Kopf zur Seite, und starrte ausdruckslos die Wand an. “Jason kam erst viel später, weil die Fans wieder einen Robin wollten. Da war Dick schon lange weg. Hätte für Bruce wohl auch nicht viel Sinn gemacht, oder? Ich meine, den einen Robin wegzuschicken, nur um jemand anderen als Robin zu nehmen.”
 

Dawn wusste nicht wirklich, was sie darauf antworten sollte. Um ehrlich zu sein, verstand sie nicht die Hälfte von dem, was Andrew sagte, und noch weniger, warum all diese Leute, die es nicht einmal in Wirklichkeit gab, ein Grund zum Heulen waren.
 

Die Luft war schwer, und von draußen konnte sie leises Donnergrollen hören. Mit Sicherheit war ein ziemliches Unwetter im Anmarsch.
 

Sie sah wieder zu Andrew, der sich von ihr abgewandt hatte, und ganz und gar nicht bereit schien, über seine Probleme zu sprechen. Wenigstens hatte sie ihn mit Mühe und Not dazu überreden können, aus dem Bad raus zu kommen. Das hatte er schon damals getan, als sie noch im Summers Haus wohnten, sich im Klo eingesperrt, um stundenlang nicht mehr raus zu kommen. Wahlweise mit oder ohne Kamera.
 

Es reichte! Kurzentschlossen hatte sie die Tür mit einer 25 Cent Münze geöffnet. Da hatte er schon nicht mehr über Zombies geredet, sondern über irgendeine Star Trek Folge, und als sie ihn mit auf ihr Zimmer nahm, war er bei X-Files angelangt. Dawn begann sich zu fragen, aus welcher Serie diese Fische waren, die man sich ins Ohr stecken musste, um alle Sprachen des Universums zu verstehen. Einer von den Fischen wäre sicher in der Lage gewesen, auch die Andrewsprache zu übersetzen.
 

“Was, wenn Dick ihm einfach nur auf die Nerven ging, und er ihn loswerden wollte?” Andrew brach erneut in Tränen aus, und umklammerte Dawn’s Kopfkissen. “Vielleicht war es alles einfach nur Unsinn, was er ihm erzählt hat...”

“Ich würde wirklich gern verstehen, was du mir sagen willst.” unterbrach sie ihn sanft. Sie setzte sich neben ihm aufs Bett, und er rückte zur Seite, um ihr Platz zu machen. “Du hast die Comics nicht gelesen, oder?” schniefte er, “soll ich’s dir erzählen?”
 

“Okay.” Eigentlich hatte sie nicht wirklich den Nerv, sich Batman Geschichten anzuhören, aber es musste wohl sein, wenn sie an ihn rankommen wollte. “Erklär mir am besten, was Robin überhaupt bei Batman wollte,” schlug sie vor, um die Sache etwas abzukürzen. “Warum ist er nicht einfach daheim geblieben, und hat ein normales Leben geführt, anstatt in peinlichen Nylonstrumpfhosen rumzurennen?”
 

“Aber er hatte doch gar kein normales Leben mehr!” protestierte Andrew. “Er hat seine Eltern verloren, und auch seinen großen Bruder, wo sollte er also hin? Er hatte doch überhaupt niemanden! Bis Bruce Wayne gekommen ist, und sich um ihn gekümmert hat. Die beiden wurden Partner, ein Team. Sie streiften gemeinsam durch die Straßen von Gotham City und kämpften Seite an Seite.”

Mit glänzenden Augen wandte er sich ihr zu. “Sie verstanden sich ohne Worte. Sie konnten einander vertrauen. Einer für den anderen. Verbunden in Geist, Seele und Herz! Ein Bündnis für die Ewigkeit!”
 

Dawn schüttelte den Kopf. “Nicht für die Ewigkeit!” So langsam begann die Geschichte endlich Sinn zu ergeben. “Batman hat Robin im Stich gelassen, nicht wahr? Und Robin hat sich gefragt, ob Batman wirklich der tolle Typ war, für den er ihn immer hielt. Oder ob er ihm nur was vorgemacht hat!”

Überrascht blickte Andrew sie an. “Ich dachte, du hättest es nicht gelesen?”

Dawn lächelte. “Vielleicht hatte ich eine Vision.”
 

“Das geht aber nicht,” protestierte Andrew. “Piper hat keine Visionen. Ich bin die mit den Visionen! Du kannst Leute einfrieren, und später auch in die Luft sprengen.”
 

Als ihm klar wurde, dass Dawn ihn noch immer schweigend anlächelte, brach er ab, und sah sie verwirrt an. “Was? Was ist los?”
 

“Nichts.” Dawn verpasste ihm einen Nasenstüber. “Ich glaub nur, dass ich so langsam anfange, die Andrewsprache zu verstehen.” Über die Fische sagte sie jetzt lieber nichts, das hätte nur weitläufige Ausführungen über andere Serien zur Folge.
 

“Dick hat sich noch ‘ne Menge anderer Sachen gefragt.” Andrew rollte sich zusammen, und legte den Kopf auf Dawn’s Knie. “Ich meine, es stand nicht alles so deutlich im Comic, aber ich bin sicher, dass er sich das gefragt haben muss...”
 

Sie schwieg, und wartete darauf, dass er weitersprach. Für eine Weile hörten sie nur das Geräusch des Regens, der von draußen gegen die Fensterscheiben klatschte. Das Gewitter war losgebrochen, und auch das Donnergrollen war jetzt viel näher, als noch vor einigen Minuten. Einen Moment lang, glaubte sie so etwas wie einen Schrei zu hören, im nächsten war sie sicher, es sich nur eingebildet zu haben.
 

Als der Wind die Vorhänge zur Seite blies, konnte sie auf dem Fensterbrett eine große Krähe erkennen, vermutlich suchte der Vogel Schutz vor dem Unwetter. Sie dachte daran, das Fenster zu schließen, aber dazu müsste sie aufstehen, und Andrew wegschubsen, und das würde er jetzt vielleicht missverstehen.
 

+++
 

Bus

Jeder Laut im Bus verstummte und die Blicke der Vier schossen auf das läutende Telefon. Für einen Moment bewegte sich keiner. Totenstille. Plötzlich, wie aus der Pistole geschossen, stürzten sich die drei Jägerinnen dann doch, im gleichen Moment, auf das Handy und obwohl sich die zwei jüngeren gut geschlagen hatten, ging Faith als Siegern dieses kurzen Rennens hervor. Ronah lächelte Vi kurz an, bevor Faith die Augen verdrehte, den Kopf leicht schüttelte, sich zu Robin umwandte und abhob.
 

“Hier bei den Cosbys!” meldete sich Faith und lächelte Robin dabei kurz an.
 

“Was? Wer spricht?” kam eine verwirrte, verwunderte Frauenstimme aus dem Hörer.
 

“Faith.”
 

“Oh, hi. Buffy hier. Wie geht’s euch?”
 

“Wir schlagen uns durch, B. Und bei euch ist auch alles im Lot?”
 

“Na ja, mehr oder weniger. Ähm.. Moment,” Faith hörte, wie Buffy den Telefonhörer zur Seite legte und etwas murmelte. Ein verdutzter Ausdruck machte sich in Faiths Gesicht breit, was sofort einen besorgten Blick seitens Robin auslöste. Faith zuckte mit den Schultern und ließ sich anschließend auf einer Sitzbank nieder. Nach einem “Jetzt seid doch mal still” zu den Mädels und einem “Ich weiß auch nicht, was los ist” zu Robin war wieder eine Stimme am Telefon zu hören.
 

“Faith, bist du noch da?”
 

“Na klar, B.”
 

“Nein Faith, ich bin’s, Willow.”
 

“Oh, was gibt’s?”
 

++++
 

Cleveland

“Ich hatte einen Traum,” sagte Willow leise ins Telefon. Die Scoobys befanden sich noch immer in Giles Wohnung. Willow hielt nervös den Telefonhörer an ihr rechtes Ohr, während Kennedy unruhig in Buffys Zimmer auf und ab ging. Buffy hatte sich wieder zu Xander gestellt, welcher noch immer gegen den Türstock gelehnt, alles beobachtete. Mittlerweile hatte es in Cleveland zu regnen begonnen und der Regen klatschte laut gegen die nun geschlossenen Fenster. Willow war noch immer leicht verschwitzt und ihr Gesicht zeigte leichte Verwirrung. Der Traum hatte sich so echt angefühlt.
 

“Toll. Dann kannst du dich ja mit Martin Luther King in eine Reihe stellen.” Willow vernahm ein verhaltenes Lachen von der anderen Seite des Telefons.

“Faith, es ist ernst. Ich habe eine Jägerin gesehen. Sie ist zwischen 15 und 18 Jahre alt, ist etwa 1,70 groß und hat blonde Haare.”

“Ach so, verstehe. Und wo?”
 

“In einem Ort namens Silent Hill.” Willow durchfuhr bei der Erwähnung des Namens noch immer ein Angststoß. “Es ist, glaub ich, nicht so weit von eurer jetzigen Position entfernt.”
 

++++
 

Im Bus

“Silent Hill? Moment?” Faith drehte sich zu Ronah und Vi. “Schaut mal ob ihr auf der Karte einen Ort namens Silent Hill findet. Es soll ganz in unserer Nähe sein”.
 

Sofort hörten die beiden mit ihren Streitereien auf, setzten sich normal hin und breiteten die Karte auf dem Tisch vor ihnen aus. Ronah folgte kurz der roten Linie bis zu deren Ende und zeigte Vi, wo sie sich derzeit ungefähr befanden. Die beiden ließen ihre Augen über den kleinen Teil der Karte flitzen und als Faith gerade wieder nach dem Handy griff, ließ Vi ein knappes “Hier!” in den Bus los und zeigte mit ihrem Finger auf einen winzigen Punkt, der laut Karte ungefähr 200 Kilometer von ihrer derzeitigen Position entfernt war.
 

“Okay, wir haben es gefunden!” sagte Faith zu Willow, und trat näher an den Tisch heran. “Aber Willow, das ist laut unserer Karte ein kleiner Urlaubsort. Bist du dir sicher, dass das der richtige Ort ist?”
 

“Oh ja!” erklang Willows Stimme aus dem Telefon. “Ihr müsst da sofort hin.”

“Okay!” entgegnete Faith, legte auf und drückte Ronah das Handy in die Hand.

“Robin, fahr los. Auf nach Silent Hill” sagte Faith, während sie mit gemischten Gefühlen den kleinen Punkt mit dem Namen ‘Silent Hill‘ ansah.
 

++++
 

Cleveland

Giles’ Zimmer

“Na dann hoffen wir mal, dass Faith und ihr Anhang sich beeilen.” Kennedy nahm Willow den Hörer des schnurlosen Telefons ab und gab ihn selbst an Xander weiter. Dieser nickte nur stumm und ging in das Wohnzimmer, wo er den Hörer in die Aufladestation zurück legte. Kennedy setzte sich wieder neben Willow und nahm ihre Hand sanft in die eigene. Willows Hand war noch immer eiskalt. Der Traum hatte sie anscheinend sehr mitgenommen. Kennedy wollte irgendetwas sagen, aber ihr fiel nichts Passendes ein. Sie konnte mit solchen Situationen nur schlecht umgehen. Willow erkannte ihre Hilflosigkeit, lächelte sie verständnisvoll an, und küsste sie kurz. Kennedy strich ihrer Freundin zärtlich durchs Haar, stand auf, nickte Buffy mit einem unsicheren Lächeln zu und verließ dann den Raum.
 

“Faith wird das schon schaffen,” sagte Buffy und lächelte Willow an. “Hoffe ich zumindest,” fügte sie dann noch schnell hinzu.
 

Auch Willow musste kurz lächeln und stand dann auf. Langsam ging sie an Buffy vorbei, schaltete das Licht aus, und näherte sich dem Fenster. Ihre Füße glitten über den sanften Teppichboden. Vor dem Fenster blieb Willow stehen und öffnete es langsam. Wind blies in das Zimmer und ließ ihre Haare und den weißen Vorhang in einen mystischen Tanz verfallen. Buffy fühlte, wie die eisige Kälte durch ihren Körper fuhr. Nur mehr die Blitze erhellten Giles’ Zimmer und die stockfinstere Nacht.
 

“Sie ist da draußen. Ganz alleine.” Willow starrte in die Dunkelheit. Ihre Gesichtszüge, die Unsicherheit und Sorge zeigten, wurden nur durch das helle Licht der Blitze sichtbar. Donnergrollen durchbrach die Stille der Finsternis. Buffy machte einen Schritt auf Willow zu.

“Buffy.. sie ist ganz alleine in dieser Hölle.” sprach Willow weiter, während sie noch immer in die Nacht hinaus blickte, und ihre Haare vom Wind getragen wurden. Buffy schob sich an dem weißen Vorhang vorbei und stellte sich hinter Willow. Langsam hob sie ihre Hand und legte sie Willow behutsam auf die Schulter.
 

“Faith wird ihr helfen. Faith wird sie retten,” flüsterte Buffy zu Willow und in die stürmische Nacht hinaus.
 

“Hoffentlich,” antwortete Willow und blickte weiter in die Ferne. Ihre Gedanken waren nur bei der Jägerin. In Silent Hill.
 

++++
 

Cleveland

Dawns Zimmer

“Ich glaube, ich weiß, was Dick sich gefragt hat,” sagte sie, einer plötzlichen Eingebung folgend, in die Stille hinein, die dem Donnergrollen folgte. “Er hat sich gefragt, warum alle Leute, die er liebt, immer fortgehen, und ihn im Stich lassen. Er hat sich gefragt, ob es seine Schuld ist.”
 

Sie bekam keine Antwort, aber ein leises Aufschluchzen verriet ihr, dass sie richtig liegen musste. Erschrocken bemerkte sie, dass ihre eigenen Wangen nass waren. Die Erinnerung an früher wog schwer, wie viele Menschen hatte sie verloren, die ihr wichtig waren. Durch den Tod, oder dadurch, dass sie einfach fortgingen.
 

Sie sah Andrew an, der still vor sich hinweinte, und glaubte plötzlich, sich selbst zu sehen, eine frühere Dawn, die von Selbstzweifel und Schuldgefühl geplagt wurde. Waren ihr Stehlen, und Schuleschwänzen nicht auch eine andere Sprache gewesen, die man erst entschlüsseln musste, um sie zu verstehen? Hatte sie sich nicht immer gewünscht, jemand würde sich durch alle ihre Abwehrmechanismen und Schutzaufbauten durchkämpfen, um endlich zu ihrem wahren Selbst vorzudringen?
 

Andrew weinte noch immer so heftig, dass er nicht sprechen konnte. Sie legte einen Arm um ihn, und wuschelte ihm mit der freien Hand durch die Haare, wie Buffy es so oft bei ihr getan hatte. Es war das erste Mal in ihrem Leben, dass sie sich als die große Schwester fühlte, und dieses Gefühl war etwas vollkommen Neues für sie. Obwohl er eigentlich älter war, als sie, aber das spielte wohl keine Rolle.
 

“Du bist nicht allein, Andrew. Du hast mich, und Xander, und die anderen mögen dich auch, selbst wenn sie dich manchmal anschnauzen. Nimm das nicht so ernst.”

“Schon klar.” Er rieb seinen Kopf an ihrer Hand, wie ein kleiner Hund. “Manchmal fühl ich mich einfach so. Es wird nie wieder so sein, wie früher.”
 

“Nein.” Vorsichtig hob sie seinen Kopf hoch, um die Beine auszustrecken, die ihr vom Sitzen eingeschlafen waren. Sie lehnte sich zurück, und schnappte sich die Seite vom Kopfkissen, die Andrew nicht nassgeweint hatte. “Weißt du, selbst, wenn die Sonne untergegangen ist, heißt das noch lange nicht, dass es dunkel ist.” Das war zwar nicht aus einem Comic, aber vielleicht konnte er damit etwas anfangen.
 

“Aber es ist doch dunkel, wenn die Sonne untergegangen ist!” Er zog an ihrem Ärmel, bis sie begriffen hatte, dass er in den Arm genommen werden wollte.

“Das schon.” Sie drückte ihn an sich, er fühlte sich an, wie ein großer weicher Teddybär. “Aber du darfst die Sterne nicht vergessen, die leuchten nämlich auch.”
 

“Das gefällt mir.” Er rollte sich zusammen, und lehnte den Rücken an ihre Brust. “Du, und Xander, und Buffy, ihr seid alle meine Sterne. Giles ist Alpha Centauri. Und Xander könnte vielleicht der Polarstern sein. Nein, das ist Jonathan. Weil, der Polarstern ist nämlich auf der anderen Seite, und deswegen kann man ihn im Moment nicht sehen. Genau wie die Sonne. Aber leuchten tun sie trotzdem.”
 

“Na, siehst du.” Das Kribbeln in ihren Beinen ließ nach, und sie spürte, wie sie müde wurde. “Du hast es begriffen.”
 

“Willst du mein Mond sein?”
 

“Okay.” Benommen tastete sie nach dem Lichtschalter, denn die Lampe an der Zimmerdecke blendete sie. “Ich darf also zu- und abnehmen.”
 

“Dawn?”
 

“Hm?”
 

“Glaubst du wirklich, er hat mir nur was vorgemacht? Warren, mein ich. Glaubst du, er ist einfach weggeflogen, weil er mich nicht mehr bei sich haben wollte?”

Was sollte sie darauf nur antworten? Innerlich war sie fest davon überzeugt, dass Warren sich kein Stück um Andrew geschert hatte. Aber es auszusprechen, hätte wahrscheinlich einen erneuten Tränenausbruch provoziert, und das musste nicht unbedingt sein. Nicht jetzt, wo er sich endlich beruhigt hatte.

“Was glaubst du denn?” fragte sie leise zurück. “Wenn du ganz ehrlich bist?”

“Na ja, ich glaub, er konnte nicht nach mir suchen, weil er selber genug Stress hatte. Erst war er so fertig, weil Buffy ihn verprügelt hat, und dann musste er sich vor Willow verstecken. Ansonsten hätte er sicher..”
 

Er redete weiter, und Dawn hatte das Gefühl, dass er selbst nicht so ganz glaubte, was er da sagte. Es hörte sich alles an, wie eine an den Haaren herbeigezogene Entschuldigung. Erst als Andrew mit den Worten schloss: “Wenn er mich nicht mitnehmen wollte, warum hat er dann extra ein Jet Pack für mich gebaut?”, musste sie zugeben, dass es irgendwie nicht zusammenpasste. Aber mit größter Wahrscheinlichkeit würden sie die Wahrheit nie erfahren.
 

“Ich hoffe, es geht ihm gut, da wo er jetzt ist,” murmelte Andrew. “Ich hoffe nur, er ist nicht in einer von diesen grässlichen Höllendimensionen gelandet.”

“Es wird schon alles seine Ordnung haben,” antwortete sie etwas ausweichend. In sich spürte sie noch immer den Schmerz über Tara’s Tod, und die kalte Wut auf Warren, der dafür verantwortlich war. Früher hatte sie einmal geglaubt, dass Willow richtig gehandelt hatte, doch inzwischen war ihr längst klar geworden, dass die Dinge nicht immer so einfach waren. Man konnte den eigenen Schmerz nicht dadurch leichter machen, dass man jemand anderem denselben Schmerz zufügte. Warum sollte Andrew für etwas bestraft werden, an dem er keine Schuld trug?
 

“Sag Willow nicht, dass ich geweint hab,” bat Andrew, als hätte er ihre Gedanken erraten.
 

Sie nickte, drehte den Kopf ein wenig zur Seite, weil Andrew’s Haare sie kitzelten und schloss die Augen. Nicht, dass sie schlafen wollte, wenn er noch mit ihr redete. Es war einfach nur angenehmer so.
 

“Dawn? Dawn! Du musst mir was versprechen!”
 

“Hm?”
 

“Dass du nicht sterben wirst. Du musst mir versprechen, nicht zu sterben.”
 

“So ein Blödsinn,” murmelte sie im Halbschlaf. “Natürlich werd' ich nicht sterben!”
 

Draußen hatte sich das Unwetter verzogen. Der Nachthimmel war klar, die Luft frisch, wie immer nach einem Gewitter. Die ersten Vögel begannen zu singen.

Die Krähe vor dem Fenster sang nicht. Sie saß immer noch reglos auf dem Fensterbrett, mit nach Vogelart seitlich geneigtem Kopf, und das dem Zimmer zugewandte Auge fixierte die beiden umschlungenen Gestalten auf dem Bett, die offensichtlich, ohne es zu merken, in tiefen Schlummer gesunken waren.
 

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Bus

In den vergangenen Stunden war in dem kleinen, gelben Bus nicht viel gesprochen worden. Robin Wood, Sohn der Jägerin Nikki, Ex-Schuldirektor und nun Wächter von drei Jägerinnen, konzentrierte sich auf die dunkle Straße. Seit sie den Anruf aus Cleveland bekommen hatten, waren ihm nur zwei Fahrzeuge entgegen gekommen: ein kleiner, roter PKW und ein Motorrad, vermutlich eines der örtlichen Polizei, aber Robin war sich nicht sicher gewesen.
 

Faith, Ronah und Vi, die nach einem kurzen Nickerchen wieder wach waren, kümmerten sich um ihre Waffen. Faith hatte eine dunkelblaue Armbrust in der Hand und lud gerade Pfeile nach, während Ronah eine Axt in den Händen hielt und polierte und Vi ungeduldig einen Kampfstab, der auf beiden Seiten eine hölzerne Spitze hatte, von einer Hand in die andere warf. Außerdem hatte sich jede der drei einen Holzpflock und ein Messer eingesteckt.
 

Man merkte, dass Spannung in der Luft lag. Jede der Jägerinnen bereitete sich innerlich auf einen Kampf vor, obwohl keine der drei nur den Hauch einer Ahnung hatten, was wirklich vor ihnen lag.
 

“Oh Gott!” schrie Wood plötzlich, stieg ruckartig auf die Bremse und riss den Bus nach links. Die drei Jägerinnen wurden hart gegen die Innenwand das Busses geschleudert, während der Bus auf der Fahrbahn, die plötzlich nass zu sein schien, dahin schlitterte.
 

Nach ein paar Sekunden, die den Insassen aber wie eine Ewigkeit schienen, kam der Bus quietschend zum Stillstand.
 

“Was zur Hölle sollte das denn?” schrie Faith wütend, während sie sich von der Seitenwand hoch quälte und sich die nun schmerzende Schulter rieb. Ronah und Vi erging es nicht besser und auch sie standen murrend vom Boden auf. Faith ging zu Robin, der sich seinen Kopf an der Windschutzscheibe gestoßen hatte.

Dieser sagte nichts, und deutete nur stumm mit seiner rechten Hand auf die Straße, während er sich mit der linken Hand auf den Kopf fasste, um das Ausmaß der Verletzung zu erkunden. Erleichtert stellte er fest, dass er keine offene Wunde hatte, und anscheinend mit einer großen Beule davon kommen würde. Faith trat näher an die Windschutzscheibe heran und starrte in die stockfinstere Nacht. Vor ihnen befand sich ein Gebäude.
 

“Das ist anscheinend eine Tankstelle!” murmelte Vi, die neben Faith aufgetaucht war.
 

“Wie es aussieht, ist sie aber geschlossen.” meldete sich Ronah zu Wort.

Faith sah an der Tankstelle vorbei und erblickte den Grund für den plötzlichen Halt. Quer über der Straße lagen mehrere große Baumstämme, die leicht verkohlt jede Weiterfahrt verhinderten. Ein Blitz musste in einen der Bäume eingeschlagen haben und irgendwie musste der Einschlag und die Wucht der Explosion die Bäume umgeknickt haben.
 

“Na toll!” sagte Faith verärgert, sah kurz zu Ronah und Vi, die ihren Ärger anscheinend teilten und wandte sich dann an Robin.

“Ist mit dir alles in Ordnung?”
 

Robin nickte nur und öffnete mit einem schnellen Handgriff die Tür des Busses.

“Also, alles aussteigen. Endstation, Silent Hill!” Er lächelte die drei Jägerinnen müde an. “Den Rest müssen wir zu Fuß zurück legen!”
 

Die vier schnappten sich ihre Waffen und verließen den Bus, nachdem sie vergeblich nach Taschenlampen gesucht hatten. Die Nacht war kalt, und anscheinend hatte es bis vor kurzem noch geregnet. Mit schnellen Schritten liefen sie auf die geschlossene Tankstelle zu. Sie war nicht groß und hatte nur zwei Tanksäulen, dennoch, dachte sich Faith, waren in dem Schuppen sicher nützliche Sachen zu finden.
 

Nachdem sie das Tankstellengebäude zweimal umrundet und vergeblich nach einem Anzeichen von Leben gesucht hatten, trat Faith ohne viel nachzudenken, auf die gläserne Eingangstür ein, die willig ihrem kräftigen Tritt nachgab, in die Tankstelle segelte, auf dem schmutzigen Boden landete und klirrend in tausend Scherben zersprang.
 

Stickige, abgestandene Luft schlug ihr entgegen, als Faith als erste das leere Gebäude betrat. Der Boden war mit billigen Marmor-Imitat-Fliesen belegt und in den Regalen befanden sich die typischen überteuerten Tankstellen-Artikel. Faith ließ ihren suchenden Blick durch den dunklen Raum gleiten. In der hinteren, rechten Ecke befand sich die Kasse, mit den typischen Schokoriegeln und kleinen Snacks davor und rechts daneben war eine kleine Bar zu sehen, auf deren Hocker normalerweise irgendwelche Alkoholiker ihre Tageszeit vertrieben. Davor reihten sich die Regale, in denen sich weitere Lebensmittel und Getränke befanden und an der rechten Wand waren die Kühlregale platziert, die ein kühles, unruhig flackerndes Licht ausstrahlten. Überhaupt waren die Kühlregale, abgesehen von der grünen Notausgangsleuchte, die über dem Hinterausgang hing, und wahrscheinlich zu den Toiletten führte, die einzigen Lichtquellen in dem sonst dunklen Raum.
 

Faith hatte an der Rückwand des Gebäudes endlich das gefunden, nachdem sie gesucht hatte, und machte einige schnelle Schritte auf das Regal zu. Langsam, und unsicher folgten ihr Ronah und Vi, während Wood vor der Tankstelle Wache hielt. Einerseits, weil eine Wache bei so etwas nie schlecht war und andererseits brach er sehr ungern in irgendwelche Gebäude ein, überhaupt jetzt, wo er als Wächter Regeln mehr als groß schreiben sollte. Wenn man ihm Einbruch mit schwerem Diebstahl nachweisen könnte, hätte er seine Stelle schneller wieder verloren, als er “Wächter auf Prüfstand” sagen konnte.
 

Faith streckte ihre Hände aus und nahm vier der Silent Hill Stadtpläne aus dem Regal.
 

“Gut, dann fehlen nur noch Taschenlampen!” flüsterte sie ruhig. “Taschenlampen.. Taschenlampen...” Wieder ließ sie ihren Blick wieder durch den Raum schweifen, vorbei an den Pornozeitschriften für die Lastwagenfahrer, zu den Bierdosen und Chips über die Eistruhe bis hin zu der Kasse.
 

“Hier!” schrie Vi und Faith und Ronah drehten sich sofort zu der rothaarigen Jägerin um. Vi hielt lächelnd vier Taschenlampen in den Händen.

“Gut, dann nichts wie raus hier!” schrie Faith, schnappte sich im Vorbeilaufen noch schnell vier Walkie-Talkies, die sie gerade erst erblickt hatte und verließ bereits wieder das Gebäude.
 

Nachdem jeder der vier einen Plan, eine Taschenlampe und ein Walkie-Talkies eingesteckt hatte, wurde Vi nach einer kurzen Debatte dazu verdonnert, beim Bus zu bleiben und diesen zu bewachen. Obwohl Vi als Jägerin in Silent Hill gut zu gebrauchen gewesen wäre, war es doch mehr als wichtig, jemanden beim Bus zurück zu lassen, der sich auch gegen mehr als einen Angreifer gut zur Wehr setzten konnte. Murrend nahm Vi den Entschluss zur Kenntnis und ging bereits zum Fahrzeug zurück, während Faith, Robin und Ronah sich zu Fuß auf den Weg in das kleine Städtchen machten.
 

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Cleveland

Andrew drückte das Kissen an sich und drehte sich im Schlaf, während Dawn daneben im Traum leise vor sich hin redete und irgendetwas von reiner Erde und Miss Kitty murmelte. Buffy hatte sich im Nebenzimmer auch in ihr provisorisches Bett verkrochen, war aber erst sehr spät eingeschlafen, während es sich Xander auf der Couch vor dem Fernseher bequem gemacht und sich als einziger das Ende des Films angesehen hatte, wobei er beim Abspann ebenfalls in einen tiefen Schlummer versank. Willow blieb diese Nacht mit Kennedy in Giles Zimmer, wo sich die beiden ins Bett legten und Willow sich zärtlich an Kennedy schmiegte, während diese immer wieder durch ihr Haar fuhr, bis sie beide in einen traumlosen Schlaf fielen.
 

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Es war 5 Uhr morgens und die Sonne vertrieb langsam die dunkle Nacht. Durch das Unwetter, das in der Nacht gewütet hatte, war die Luft an diesem Morgen frisch und kühl. Die ersten Vögel begannen zu singen, als die Sonnenstrahlen die Baumwipfel berührten und die ersten Pflanzen sich öffneten, um den wundervollen, neuen Tag zu begrüßen.
 

++++
 

Silent Hill

Ihre Schritte hallten durch die sonst leeren Gassen, als Faith, Robin und Ronah die Straße entlang liefen. Nebel hüllte sie ein. Es schien, als würde die ganze Stadt in dem dunklen Grau gefangen sein. Der Marsch von der Tankstelle bis nach Silent Hill war nicht spurlos an ihnen vorbei gegangen. Die Feuchtigkeit war ihnen bis in die tiefsten Poren ihrer Körper gekrochen und die eisige Kälte rief eine Gänsehaut an ihren Körpern hervor.
 

Durch den Nebel sahen die drei nicht weiter als drei Meter. Bisher hatten sie in der Stadt noch nichts gehört. Es herrschte Totenstille in dem kleinen Städtchen. Obwohl sie nun schon seit zehn Minuten eine Straße entlang gingen, laut ihren Karten war es die Hauptstraße des Ortes, waren sie noch keiner Menschenseele begegnet. In keinem der Häuser brannte Licht und die wenigen Türen, die sie zu öffnen versucht hatten, waren verschlossen.
 

Die Häuser selbst waren verdreckt und verwahrlost. Müll lag in jeder erdenklichen Ecke und der Gestank, der sich wie eine Insektenplage in den Gassen und Straßen ausbreitete, war fast nicht auszuhalten.
 

Faith blieb abrupt stehen, als ihr rechter Fuß den Randstein des, auf der Karte eingezeichneten, runden Platzes berührte. In der Mitte des Platzes befand sich ein hoher Sockel, vermutlich aus Marmor, auf dem eine Bronzestatue stand. Vermutlich der Gründer der Stadt, dachte sich Faith und musste schmunzeln, als sie sah, dass der Statue der Kopf fehlte.
 

“Also Leute..” Faith drehte sich zu Robin und Ronah um, die mittlerweile hinter ihr stehen geblieben waren, und ihre Blicke über den Platz schweifen ließen.

“Silent Hill, wie klein es sich auch anhört, ist eindeutig zu groß. Wir müssen uns beeilen, und das geht nur, indem wir uns aufteilen. Abgesehen von der Straße, von der wir gerade gekommen sind, zweigen hier noch drei weitere ab.” Faith drehte sich zur Seite und gab Robin und Ronah den Blick auf die drei Straßen frei.
 

“Jeder von uns wird sich seinen Teil der Stadt vornehmen, und schlussendlich werden wir uns hier wieder treffen!” Faith drehte den Stadtplan, den sie in der Hand hielt, zu Robin und Ronah um, und kreiste mit einem Stift das Brook Haven Krankenhaus ein, was ihr die beiden auf ihren eigenen Plänen sofort gleich taten.
 

“Noch Fragen?” Faith ließ einen fragenden Blick von Robin zu Ronah und von Ronah wieder zu Robin schweifen.
 

“Wenn es Schwierigkeiten gibt, melden wir uns entweder per Walkie-Talkie oder wir begeben uns zu unserem Zielpunkt.” fügte Robin hinzu und nickte Faith mit einem liebevollen aber auch gleichzeitig besorgtem Blick zu.

“Und noch was..,” sprach Wood weiter “Passt auf euch auf. Es nützt uns nichts, wenn eine von euch bei diesem Rettungsversuch drauf geht.”

Faith und Ronah nickten.
 

“Dann viel Glück!” sagte Ronah, nickte den beiden noch mal zu, umfasste die Axt fest mit ihrer rechten Hand und lief in die ihr zugeteilte Seitenstraße.

“Sie ist tapfer!” Faith lächelte Ronah nach.
 

“Du auch!” warf Robin ein und küsste Faith sinnlich.
 

“Pass auf dich auf,” flüsterte er ihr leise zu, drückte ihr noch einen Kuss auf die Wange, lächelte sie kurz an und lief dann ebenfalls in seine Seitenstraße.

“Du auch!” schrie Faith ihm nach, strich sich ihr Haar aus dem Gesicht, wandte sich der letzten Seitengasse zu und lief hinein.
 

++++
 

Cleveland

Hopkins International Airport

Der Flughafen lag mit seinen gigantischen Ausmaßen im dämmrigen Morgenlicht fast friedlich da. Auf den Flugzeugen, die in der Nacht angekommen waren, glitzerten die Regentropfen des gestrigen Unwetters, die Rollbahn dampfte feucht und die Pfützen standen in den ausbesserungswürdigen Stellen. Trotz der scheinbaren frühen Ruhe herrschte an der Ankunftshalle ein reges und buntes Treiben.

Lily Usher stand mit einem ungeduldigen Gesichtsausdruck vor dem Eingang und sah auf ihre Uhr. Rupert schien sich zu verspäten. Ausgerechnet der Mann, für den Zuspätkommen eine Todsünde war. Sie hoffte, dass ihm nichts passiert war.

Müde strich sie sich eine Haarsträhne hinter das Ohr und wirkte trotz den Flugstunden und dem langen Aufenthalt in Boston mit Umsteigen noch einigermaßen entspannt.
 

“Oh Lily.. tut mir schrecklich leid,” erklang aus der Menge endlich Ruperts Stimme, der abgekämpft und müde auf sie zu eilte. Ihm entging nicht, dass sie über seine Verspätung alles andere als erfreut war, und er versuchte es zu übergehen. “Gut siehst du aus,” probierte er es stattdessen mit einem Kompliment und meinte es auch so. Sie sah in ihrer dunkelbraunen Hose und der schwarzen Seidenbluse elegant und attraktiv wie immer aus.
 

“Rupert! Gott sei Dank! Ich dachte schon du...”
 

“Der Verkehr um diese Zeit. Ich komme direkt aus Indianapolis. Es gab ein paar Probleme vor Ort zu klären. Das nächste Mal fliege ich.” Er nahm ihr das Gepäck ab.
 

“Schon gut,” lachte Lily über Ruperts Versuche, sich zu erklären und ihren Unmut zu zerstreuen. “Jetzt bist du ja da. Aber mal ehrlich,” sie sah sich auf dem nassen Parkplatz um. “ich dachte dem Londoner Herbstwetter entkommen zu können und dann ist es hier kühl und feucht.”
 

Giles lächelte traurig. “Nun, dass hier ist nicht mehr Sunnydale.” Er führte Lily zu seinem dunkelgrünen Crysler Voyager.
 

“Du kutschierst eine Großfamilie,” sie deutete mit einem Grinsen auf den Wagen.

“Vor zwei Jahren war es ein rotes Cabrio. Jetzt bin ich darüber hinweg,” gestand er ein, ließ die automatische Verriegelung per Knopfdruck aufspringen und öffnete den Kofferraum des Minivans. “Und bei deinem Gepäck brauchen wir sowieso den Wagen.”
 

Lily gab ihm einen spaßhaften Klaps auf den Arm und überließ ihm das Verstauen. Sie nahm ihre Handtasche vom Wagen und stieg auf der Beifahrerseite ein, während Giles den leeren Kofferwagen zur Seite schob, den Kofferraum schloss und ebenfalls einstieg.
 

“Ich schlage vor, du wohnst erst einmal bei mir, bis du etwas gefunden hast, das dir gefällt. Es wird zwar ein wenig eng, weil Buffy und Dawn noch immer bei mir wohnen, aber das geht schon, wenn die Mädchen etwas zusammenrücken.”

“Das muss wirklich nicht sein...”
 

“Es ist kein Problem, wirklich nicht.” Zumindest nicht für ihn. Dawn und Buffy hatten sich klar und deutlich dagegen ausgesprochen. Aber es würde ja nicht für immer sein.
 

Giles lenkte den Wagen vom Parkplatz. “Und jetzt lass mich hören, wie es so in London läuft.”
 

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Silent Hill

Faith vernahm ein leises Brummen, als sie ihre Seitenstraße betrat. Der Platz war erst einige Schritte hinter ihr, aber durch den dichten Nebel konnte sie schon jetzt die kopflose Statue nicht mehr sehen. Das monotone Geräusch war der erste Laut, den sie in Silent Hill bisher vernommen hatte, der nicht von Ronah, Robin oder ihr selbst ausgelöst wurde. Sie verlangsamte ihre Schritte und hob die Armbrust langsam an. Das Brummen kam definitiv von der rechten Seite der langen Straße, und je weiter Faith ging, desto lauter wurde es.
 

Sie spannte alle ihre Muskeln an, und bereitete sich innerlich auf einen baldigen Kampf vor. Das Geräusch kam ihr irgendwie bekannt vor, sie konnte es aber nicht zuordnen. Mit ihrer linken Hand griff sie nach dem Funkgerät, aktivierte es aber noch nicht. Mit einem Dämon konnte sie es ruhig aufnehmen, auch mit zwei und vielleicht drei... aber wenn es mehr waren, musste auch Faith Hilfe rufen.
 

Langsam schlich sie die neblige Straße entlang, als plötzlich vor ihr auf der Straße ein weißer Kleinlaster auftauchte. Er stand auf einem Parkplatz vor einem heruntergekommenen Restaurant und bewegte sich keinen Millimeter. Erleichtert stellte Faith fest, dass das Brummen aus dem Motorraum des Wagens kam und ihre Muskeln entspannten sich wieder. Anscheinend hatte der Fahrer nur vergessen, den Motor abzustellen.
 

In diesem Moment durchschnitt ein gellender Schrei den undurchsichtigen Nebel und Faith verlor den Boden unter ihren Füßen. Hart schlug sie mit dem Rücken und dem Kopf auf der feuchten, schmutzigen Straße auf. Nach einer kurzen Sekunde, in der sie ihre Gedanken wieder sammeln musste, machte sie eine schnellen Rolle zur Seite und war nach einem Sprung binnen Sekunden wieder auf den Beinen.

“Was zur Hölle!” schrie sie und ließ ihren Blick durch die dichte Nebeldecke schweifen. Rechts von ihr konnte sie gerade noch zwei schwarze Füße erblicken, die, kriechend, in dem dichten Nebel verschwanden. Faith lächelte grimmig, nahm ihre Armbrust wieder fest in die Hand und lief dem Wesen nach.
 

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Ronah lief in einem enormen Tempo die verschmutzte Straße entlang. Es war anscheinend eine Fußgängerzone, die auf beiden Seiten von Geschäften eingerahmt wurde. Die Innenräume, die durch die teilweise sehr verschmutzten Auslagen zu sehen waren, waren dunkel und menschenleer. Bis auf ein mitten auf der Straße liegendes Fahrrand und einem toten Hund hatte sie bisher noch nichts gefunden. Die Stadt war wie ausgestorben. Mit ihrer rechten Hand umklammerte sie fest die Axt, während sie mit der linken das Walkie-Talkie aus ihrer Tasche holte. Als die Straße plötzlich zu Ende war und sie vor einem hohen Müllberg zu stehen kam, holte sie kurz tief Luft, unterdrückte den Brechreiz, der durch den starken Gestank ausgelöst wurde, und aktivierte das Funkgerät. Kein Laut kam aus dem Gerät.
 

“Faith?” sprach Ronah in das Walkie-Talkie und ließ die Sprechtaste wieder los. Keine Antwort. Vergeblich fragte sie auch nach Wood oder Vi. Kein Geräusch kam aus dem Gerät
 

“Mist!” ärgerte sie sich, steckte das Funkgerät wieder ein und sah zu dem Abfallhaufen auf, der sich vor ihr hochtürmte. Bestialischer Gestank ging von ihm aus, aber Ronah konnte keine Fliegen entdeckten. Überhaupt schienen sich nicht nur Menschen von diesem toten Ort verzogen zu haben. Weder Spinnen noch andere Insekten krochen vor oder auf dem Müllberg herum.
 

In diesem Moment vernahm Ronah ein lautes Rauschen. Sofort drehte sie sich um. Nichts. Ronah konnte absolut nichts sehen. Sie griff unsicher nach dem Funkgerät und nahm es wieder aus ihrer Tasche. Das Rauschen wurde lauter. Sie richtete ihren Blick auf das Gerät und sah es sich genau an. Es war ausgeschaltet. Trotzdem kam das penetrante Geräusch aus dem Gerät. Ungläubig drehte sich Ronah wieder zu dem Müllberg um, als sich just in diesem Moment etwas darin bewegte. Ronah ließ vor Schreck das Funkgerät fallen, als sich ein undefinierbares Etwas aus dem Müllberg erhob. Die Plastikhülle des Walkie-Talkie brach leicht, aber das Rauschen wurde immer lauter. Ronah konnte ihren Augen nicht glauben. Vor ihren Augen stieg etwas aus dem Müllberg, das sie noch nie in ihrem Leben gesehen hatte. Das Monster hatte zwei lange Beine und einen Oberkörper. Es hatte zwar Schultern, aber Ronah konnte beileibe keine Arme entdeckten. Der Kopf hing leblos nach vorn. Das Ding hatte weder Haare, noch Ohren noch irgendwelche Gesichtszüge und der Körper des Monsters schimmerte in allen erdenklichen Brauntönen.
 

Ronah schnappte sich das zerbrochene, rauschende Funkgerät und steckte es ein, während sie langsam vor dem Monster zurückwich. Unbeschreibliche Angst kam in ihr auf. Trotz der vielen Kämpfe, die sie nun schon bestritten hatte, seit sie in Sunnydale zur Jägerin geworden war, hatte sie noch nie so ein furchterregendes Wesen gesehen, zumindest dachte sie es in diesem Moment. Das Ding, welches anscheinend auch völlig geschlechtslos war, hob den Kopf, warf ihn kurz nach hinten und ließ einen gellenden Schrei los, bevor es mit den nicht vorhandenen Augen Ronah fixierte und plötzlich in einem unglaublichen Tempo auf sie zuraste.
 

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Robin rannte die Straße entlang. Die Nebelschwaden zogen an ihm vorbei und die Kälte kroch ihm in die tiefsten Poren. Eine leichte Gänsehaut zeichnete sich auf seinem Körper ab. Seine Finger steigerten den Druck, den sie auf den Griff des Katanas ausübten. Unruhig ließ er seinen Blick durch die vorbeiziehenden Geschäfte, Wohnhäuser und Autos schweifen. Nichts. Er hatte weder eine Jägerin in Not noch sonst jemanden getroffen.
 

Robin bog um die nächste Ecke und blieb sofort stehen. In den Nebelschwaden vor ihm zeichnete sich ein Schatten ab. Leises Meeresrauschen drang an seine Ohren, während er das Katana anhob, und sich langsam dem Schatten näherte. Rechts von ihm befand sich eine Bar, über deren Eingang eine Neonleuchte die Worte ‚Heavens Night‘, höchstwahrscheinlich ihren Namen, in den Nebel schrieb. Der Schatten vor Robin bewegte sich langsam auf ihn zu. Bis auf seinen komischen, abgehackt wirkenden Gang, als würden der Person die Kniegelenke fehlen, war nichts Auffälliges an dem Schatten.
 

“Hallo?” schrie Wood laut durch den anscheinend immer dichter werdenden Nebel.

Er bekam keine Antwort. Die Person war nur noch zehn Schritte von Robin entfernt, als sich der Nebel ein wenig lichtete und er eine blaue Polizeiuniform ausmachen konnte. Robin senkte das Schwert, und beschleunigte seine Schritte wieder.
 

“Officer! Gut dass ich ...” doch er sprach den Satz nicht zu Ende. Drei Schritte vor ihm stand ein Ding, das vielleicht einmal ein Polizist gewesen sein konnte, aber jetzt definitiv keiner mehr war. Ein lautes Rauschen, ab und zu unterbrochen von einem unangenehmen Knacken, kam aus dem Funkgerät. Der Kopf des Wesens zuckte unruhig und hing schräg nach hinten. Die Gesichtszüge fehlten und die Hautfarbe war eine Mischung aus Brauntönen, die sich ständig zu verändern schien.
 

Robin stockte der Atem. Das Monster ließ einen lauten Schrei los, als es seine Anwesenheit bemerkte und riss den rechten Arm hoch. Die mit einem, früher höchstwahrscheinlich mal weiß gewesenem Handschuh bedeckte Hand, hielt eine Pistole, und drückte ohne einen weiteren Laut den Abzug durch. Nur im letzten Moment konnte Robin noch einen rettenden Sprung zur Seite machen, woraufhin er auf der feuchten Straße landete, und mit einem weiteren Sprung wieder aufrecht neben dem früheren Polizisten stand. Den kurzen Moment, in dem das träge Monster verwirrt mit nicht vorhandenen Augen nach Robin suchte, nutzte er aus, um dem Geschöpf mit einem kräftigen Schlag den rechten Arm abzutrennen.

Es schrie auf, als das scharfe Schwert seinen Arm durchtrennte und fiel mit einem schnellen Ruck zu Boden. Rotes Blut quoll aus der großen Wunde und ließ eine kleine Korona um den Körper des Monsters entstehen. Als es einen weiteren, gellenden Schrei ausstieß, holte Robin mit seinem Schwert aus, drehte es in der Hand um, umfasste es mit beiden Händen und stach noch ein weiteres Mal auf das zuckende Ding ein, bevor dieses nach einem finalen, gellenden Schrei den letzten Ruck machte, und dann starb.
 

Angeekelt zog Robin sein Schwert wieder aus dem leblosen Körper und sah sich suchend auf der Straße nach dem abgetrennten Arm um. Er hörte Glas zerspringen, als er endlich die Pistole fand und ruckartig aufhob, sich noch einmal kurz umsah und im Nebel zwei weitere Schatten erblickte, die steif in seine Richtung gingen. Laute Schreie durchschnitten den undurchsichtigen Nebel als Robin die Waffe hob und zweimal durch den Nebel auf die Schatten schoss, sich dann umdrehte und in Richtung Pier lief, während sich trotz der Kälte kleine Schweißperlen auf seiner Stirn bildeten.
 

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Faith eilte dem Wesen so schnell wie möglich hinterher.. Obwohl das Ding nur auf dem Boden kroch, war es schnell. Viel schneller, als sie es sich vorgestellt hätte. Es hinterließ eine kaum auffallende, aber trotzdem vorhandene, braune Schleimspur auf der Straße. Je näher sie dem Wesen kam, desto lauter wurde das Rauschen in ihrem Funkgerät.
 

Als Faith eine Kreuzung betrat, umhüllte sie der graue, feuchte Nebel wie ein zweiter Mantel. Ihr Blick war nicht mehr in der Lage, die dicke Nebelschicht mehr als einen halben Meter zu durchdringen. Sofort blieb sie stehen, holte kurz tief Luft, unterdrückte den Brechreiz, den die kalte, feuchte, übelriechende Luft in ihr hervorrief, und schloss ihre Augen. Jeder Muskel in ihrem Körper entspannte sich und ihre Sinne wurden stärker. Trotz geschlossener Augen spürte sie plötzlich ihre Umgebung, sah nun vor ihrem geistigen Auge mehr von der Kreuzung als mit offenen Augen.
 

Der ganze Vorgang dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde, bis Faith das glitschige Geräusch des Wesens in der rechten Seitenstraße vernahm, ihre Armbrust wieder anhob und langsam die Kluft zwischen den dreckigen, toten Häusern betrat.
 

Das Wesen befand sich noch immer nicht in ihrem Sichtfeld, aber sie wusste, dass es da war. Jede Faser ihres Körpers meldete Gefahr. Sie roch es, sie hörte es, aber sie sah es nicht. Der Nebel schien immer dichter zu werden. Mit ihrer freien Hand tastete sie nach dem Funkgerät und schaltete es aus. Das Rauschen hatte nicht aufgehört. Verärgert steckte sie es wieder ein und ging weiter langsam die Straße entlang, als sie in diesem Moment von dem Ding angesprungen wurde, das sich auf die Hauswand eines Gebäudes, das früher anscheinend einmal eine Wäscherei enthalten hatte, geheftet hatte und nun mit einem heftigen Sprung auf Faith zuflog.
 

Ohne eine weitere Sekunde abzuwarten, und ohne diesem widerlichen Ding auch nur die Chance auf einen weiteren Kontakt zu geben, drehte sich Faith nach links weg, sprang in die Luft, streckte den Arm aus, und nutzte den Schwung, den das Monster noch hatte, aus, um es von sich und wieder auf die Straße zu schleudern. Ein lauter Schrei durchschnitt die Nacht, als das glitschige Ding auf der Straße aufschlug.
 

Für einen Moment bewegte es sich keinen Millimeter. Faith zögerte keine Sekunde, zielte mit der Armbrust auf das Monster und schoss. Der Pfeil bohrte sich sofort durch eine Hand des Dings und blieb danach in der Straße stecken. Faith riss die Armbrust herum und schoss ein weiteres Mal, diesmal auf die andere Hand. Das Monster schrie und schlug mit den Füßen nach Faith. Doch Faiths Gespür sagte ihr, dass die Gefahr vorbei war. Sie entspannte sich wieder leicht und beobachtete kurz, wie sich das Ding vor Schmerzen wandte, bis sie mit dem Fuß ausholte und nach dem Kopf trat. Sofort erschlaffte der Körper des Dings und die Schreie verstummten.
 

Langsam trat sie näher an das Monster heran. Erst jetzt fiel ihr auf, dass es keine Gesichtszüge hatte. Vorsichtig kniete sie sich vor das Monster und legte die Armbrust zur Seite. Lächerlich, dachte sie sich, so ein kleines Ding hatte gewagt sie anzugreifen. Sie hob ihre rechte Hand und berührte die Haut des undefinierbaren Etwas. Diese war mit einer schleimigen Substanz versehen und roch widerlich. Fasziniert starrte sie den Kopf des Dings an. Es hatte weder Augen, noch Nase, noch einen Mund und trotzdem hatte es vorher einen Schrei losgelassen, als hätte es mindestens zehn Mäuler.
 

In diesem Moment schoss der Kopf hoch und das Monster riss die Arme von der Straße, wobei mindestens die Hälfte der Hand am Pfeil hängen blieb und wieder ließ es einen Schrei los, der Faith durch Mark und Bein fuhr. Unter einem Reflex riss sie ihr Messer aus der Tasche und das Ding spießte sich in seiner Bewegung selbst auf. Panisch schlug sie mit den Füßen nach dem Monster und versuchte es von sich weg zu treten, als sich plötzlich zwei Beine um ihren Hals schlossen. Voller Ekel fasste Faith nach diesen und schleuderte ein zweites Monster über sich hinweg. Mit einem viel härteren Aufprall schlug es auf der feuchten Straße auf. Sie riss ihr Messer aus dem leblosen ersten Monster, griff nach ihrer Armbrust und sprang auf. Auch das Wesen, das sie gerade über sich geschleudert hatte, kämpfte sich wieder hoch.
 

Faith stockte der Atem. Das Ding hatte nicht nur kein Gesicht, es hatte überhaupt keinen Kopf. Es schien nur aus zwei Unterkörpern zu bestehen. Langsam und lautlos setzte es sich wieder in Bewegung und wackelte auf Faith zu, als diese, rundherum im Nebel, noch weitere Schatten ausmachte. Schatten ohne Oberkörper. Sie schoss dem Nächststehenden einen Pfeil in einen der Füße, und machte sich mit einem weiteren Tritt den Weg frei. Ohne weiter nachzudenken, lief sie an dem, sich schon wieder aufrappelnden Monster vorbei, in Richtung des Hauses, welches am Ende der Straße stand. Das Rauschen ihres Funkgerätes war mittlerweile unerträglich laut geworden. Schwitzend erreichte sie die große Eichenholztür des Gebäudes. Ohne einen weiteren Blick hinter sich zu werfen, riss sie die Tür auf, lief in den dahinterliegenden Raum und warf die schwere Tür wieder ins Schloss.
 

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Ronahs Blick haftete auf dem Monster, welches in unbeschreiblicher Geschwindigkeit auf sie zuraste. Ihr Puls verdoppelte sich. Sie spürte jeden Herzschlag in ihrem ganzen Körper. Viel zu langsam realisierte sie die Gefahr und viel zu spät setzte sie zu einem Sprung an. Das Ding rammte sie, und nutzte sein ganzes Gewicht aus, um sie gegen die Seitenwand eines Gebäudes zu schleudern. Putz bröckelte von dieser, als die Jägerin aufschlug und benommen zu Boden sank. Vor ihren Augen verschwamm die ohnehin schon durch den Nebel unkenntlich gewordene Umgebung. Sie spürte Blut, das aus einer kleinen Wunde an ihrem Kopf floss. Das Ding trat vor sie und stieß einen weiteren, gellenden Schrei aus. Suchend tastete sie mit der rechten Hand nach ihrer Axt. Ihr Herz raste, als das Geschöpf ihr mit einem kräftigen Ruck in den Magen trat. Ein schriller Schrei schoss aus ihrem Mund, als sie sich dem Schmerz beugte.

Ihre Finger berührtenetwas Hartes. Erleichtert schloss sie ihre Hand um den Griff der Axt, holte aus und ließ sie in den glitschigen Körper fahren. Ein weiterer Schrei durchschnitt den Nebel. Ronahs Blickfeld wurde wieder deutlicher.
 

Fest umklammerte sie ihre Waffe, als sie ein weiteres Mal ausholte und dem Monster ein Bein abhackte. Schreiend fiel dieses auf die feuchte Straße.

Langsam, keuchend stemmte sie sich von der unbequemen Straße hoch. Ein Gemisch aus Blut und Schweiß lief über ihr Gesicht. Sie strich sich ihre Haare aus der Stirn, während sie hektisch nach Luft jappste. Das Ding wandte sich vor ihr auf der Straße. Schmerzverzerrte Laute drangen durch die kalte Luft. Ronah trat zu dem Monster.
 

“Na.. das war wohl nix, du billiger Blob-Verschnitt!” schrie sie wutentbrannt, holte mit ihrem Fuß aus und kickte dem Monster den Kopf von den Schultern. Laut klatschte er gegen die gegenüberliegende Hauswand. Sie sah den Blutfleck an, lächelte kurz und entdeckte dann etwas, das vor fünfzehn Minuten definitiv noch nicht dort gewesen war. Langsam trat sie auf die Hauswand zu. Buchstaben waren zu sehen. Rot stand ein einziges Wort auf dem Gebäude.
 

“Schule? Was soll das denn bedeuten?” flüsterte sie.
 

In diesem Moment krachte eine Tür hinter ihr. Ronah fuhr erschrocken herum.

“Ach du Scheiße!” murmelte Ronah, als sie die Monster sah, die durch den Ausgang eines Spielzeugladens quollen. Kurz durchdachte sie alle Möglichkeiten, entschied sich dann für die ihrer Meinung nach klügste, sah sich kurz um und lief die Straße wieder zurück, von der sie gekommen war.
 

Mit der Axt, die sie fest umklammerte, und dem rauschenden Funkgerät, lief sie die Straße entlang. Wo kamen auf einmal die ganzen Monster her? Im Nebel vor ihr erkannte sie Schatten, die sich in ihre Richtung bewegten. Hastig suchte sie die Straße nach einem Fluchtweg ab, als sie im Vorbeilaufen ein offenes Gittertor erblickte. Sofort blieb sie stehen, holte tief Luft, versuchte den kurzen Schwindelanfall zu überbrücken und fasste sich mit einer leicht zitternden Hand auf den Hinterkopf. Die Wunde blutete nicht mehr, und das schon getrocknete Blut hatte ihre Haare verklebt.
 

In diesem Moment peitschte ein Schuss durch die Nacht und schlug direkt neben Ronah in die Hauswand ein. Geschockt richtete sie ihren Blick in die Richtung, aus der der Schuss gekommen war und erblickte zu ihrem Schrecken, einen Polizisten, oder zumindest etwas, das einem Polizisten ähnelte. Langsam wackelte das schießwütige Etwas auf Ronah zu und ließ einen weiteren Schuss aus seiner Pistole peitschen, der Ronah dieses Mal nur um Millimeter verfehlte und einen Riss am rechten Oberarm ihres Oberteils hinterließ.
 

Ronah schrie kurz auf, wartete aber keine Sekunde länger und hetzte auf das eiserne Gittertor zu. Ein weiterer Schuss peitschte durch den Nebel und die Kugel schlug in den Asphaltboden vor ihr ein. Ronah machte eine Rolle nach vorne, schlüpfte damit durch den kleinen Spalt, der zwischen den beiden Flügeln des Tores offen war, griff sofort nach dem offen stehenden Flügel und warf es zu. Sie nahm sich aber nicht die Zeit zu kontrollieren, ob das Schloss eingerastet war, sondern hastete den Kiesweg, der sich zwischen zwei Grünflächen einem Gebäude näherte.
 

‘High School Silent Hill‘ prangerte über dem großen Eingangstor. Eine weitere Kugel schlug neben Ronah in den Erdboden neben dem Weg ein, als sie stolpernd nach dem Türgriff fasste und diese mit einem Ruck öffnete. Stickige Luft und Dunkelheit schlugen ihr entgegen, als sie die schwere Tür hinter sich wieder ins Schloss warf und hastig nach der Taschenlampe griff.
 

Ein dumpfes Pochen informierte Ronah darüber, dass der ‘Polizist‘ noch immer auf die geschlossene Tür schoss. Suchend ließ sie den hellen Strahl ihrer Taschenlampe durch die tiefschwarze Dunkelheit gleiten. Neben einer endlosen Reihe von grauen Spints entdeckte sie einen alten Holzsessel, hastete auf diesen zu, riss ihn vom Boden und klemmte ihn unter die Türklinge. Der Eingang war jetzt zumindest verriegelt.
 

Langsam wendete sie ihren Blick von der sperrigen Tür ab und ließ ihn durch den langen Gang schweifen. Das Rauschen des Funkgerätes hatte aufgehört und nur Ronahs schneller Atem war in dem dunkeln Gang zu hören. “Also, hier bin ich!” schrie sie, erwartete aber keine Reaktion. Was sollte schon passieren? Erwartete sie etwa, dass die Lampen angingen, einige Luftballons zerplatzen und ungefähr 50 Leute mit Sekt in der Hand vor ihr standen und “Happy Birthday” schrieen? Nein, das war Schwachsinn. Nur ein Echo hallte durch den Gang.
 

Als sie einige Schritte in den Gang machte, hörte sie plötzlich ein ungewöhnliches Geräusch. Es war leise und konstant, aber es war definitiv nicht zu überhören. Schnell beschleunigte sie ihre Schritte und ihre Sinne stärkten sich wieder. Das Geräusch wurde lauter. Am Ende des Ganges war eine Tür offen und ein leichter Lichtschein trat aus dem Spalt in den dunklen Gang. Sie dachte nicht länger nach, stärkte den Griff um ihre Axt und rannte auf die Tür zu. Kurz vor der Tür blieb sie stehen und presste sich mit dem Rücken gegen die eiskalte Spintreihe. Was sie hörte, war ein Lachen und es kam definitiv aus diesem Raum.Vorsichtig spähte sie um die Ecke in den Raum, der durch das flackernde Licht einer Kerze noch viel unheimlicher wirkte als der Gang, in dem sie sich befand. Ein Junge saß am Lehrertisch und vier Spielfiguren standen vor ihm. Lachend schob er diese von dem einen Ende des Tisches bis ans andere, und wieder zurück.
 

Ronah konnte ihren Augen nicht glauben. Wie konnte ein kleiner Junge, der höchstens zehn Jahre alt war, an einem Ort wie diesem überleben? Langsam betrat sie den Raum und ließ dabei den Griff ihrer Axt in eine ihrer hinteren Taschen gleiten.
 

Der Raum war bis auf den Lichtkegel der Kerze, die sich vor dem Jungen auf dem Tisch befand, in Dunkelheit getaucht. Die Fenster waren mit Holzlatten vernagelt und verhinderten somit jeden Blick nach draußen. Ein hässlicher grüner Plastikbelag bedeckte den Boden, und im ganzen Raum waren kleine Holzsessel verteilt, an denen an der rechten Seite auch die Tische dazu angebracht waren. Das Holz wirkte alt und modrig, aber die Schnitzereien, wie ‘Scheißdreck‘ oder ‘F*** Off‘ verliehen ihnen doch etwas Leben.
 

Unter den Fensterbänken zog sich durch den ganzen Raum ein Sideboard, welches an einigen Stellen Kratzspuren und Blutspritzer aufwies.
 

Überrascht sah der Junge auf. Unheimliches Wissen spiegelte sich in seinen tiefen, schwarzen Augen wieder. Irgendwie erinnerte er sie an jemanden aus ihrer Vergangenheit. Ronah schüttelte die Gedanken ab, trat einen weiteren Schritt auf den Lehrertisch zu und lächelte den Jungen freundlich an.
 

Dieser ließ von den Spielfiguren ab und blickte Ronah fragend an.

“Mein Name ist Dave,” sagte er lächelnd, doch sofort änderte sich der Ausdruck auf seinem Gesicht. “Es war keine gute Idee, hier her zu kommen!” fügte er plötzlich hinzu. Tiefe Weisheit, die ein Kind in diesem Alter gar nicht haben konnte, spiegelte sich in seiner Stimme wieder.
 

“Was? Hier, in die Schule, meinst du?” fragte Ronah verwirrt. “Es ist ja nicht so als ob ich freiwill..” doch sie konnte ihren Satz nicht beenden. Der Junge sprang von seinem Sessel auf und schleuderte diesen somit zu Boden. Das laute Geräusch des Aufpralls hallte durch die gesamte Schule.
 

“Nein, du verstehst nicht! Du musst verschwinden! Sofort!” Dave fegte die Spielfiguren vom Tisch. “Es ist viel zu gefährlich hier.”

Ronah starrte ihn verwirrt an. Da stand ein 10-jähriger vor ihr, der ihr, einer Jägerin sagte, dass sie verschwinden solle, weil es für sie zu gefährlich sei. Das war doch lächerlich.
 

“Dave.. schau mal. Ich kann mich wehren, ich kenn mich mit solchen Sachen aus!” antwortete Ronah und trat einen weiteren Schritt auf ihn zu.

“Red keinen Mist, Jägerin!” schrie Dave plötzlich und lief an Ronah vorbei auf den Ausgang zu. “Du verstehst überhaupt nichts! Es geht hier nicht um dich! Es ist nie um dich gegangen. Du solltest verschwinden. So schnell wie möglich.”

Ronah drehte sich abrupt um und sah Dave nach.
 

“Warte!” schrie sie. “Was weißt du, das ich nicht weiß? Dave, bitte, hilf mir. Was ist hier los?” Der Junge hielt vor der Tür inne und drehte sich langsam um.

“Dir ist wohl nicht zu helfen!” er lächelte sie nun wieder freundlich an. “Geh ins Polizeirevier. Dort ist ein sehr wichtiger Hinweis versteckt, aber beeil dich, ihr habt nicht mehr viel Zeit!” Mit diesen Worten nickte er ihr zum Abschied zu und rannte dann in den dunklen Gang.
 

“Warte, da draußen sind Monster!” schrie sie und lief zur Tür des Klassenzimmers. Daves Schritte waren nicht mehr zu hören und zu sehen war er schon gar nicht mehr. Verwundert schüttelte Ronah den Kopf. Was war das nur für ein Junge gewesen? Wieso sagte er ihr nicht, was er wusste? Was wusste er eigentlich? Und wieso konnte er hier überleben? Ronah holte verwundert die Karte von Silent Hill aus der Tasche, machte sich einige Notizen beim Schulgebäude, suchte das Polizeirevier, das nur wenige Straßen weiter lag, packte die Karte wieder ein und machte sich auf den Weg durch den Hinterausgang.
 

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Faith löste sich von der schweren Tür und drehte sich langsam um.

Entgegen ihren Erwartungen, in einem dunklen, feuchten und engem Raum zu stehen, erstreckte sich ein weitläufiger Gang, der von Notleuchten, die im Abstand von ca. zehn Metern an der Decke des Betontunnels angebracht waren, in ein grünes, steriles Licht getaucht wurde.
 

Einige Schritte von ihr entfernt befand sich ein kleiner Glasraum und eine Gittertür, die ihren Teil vom Rest des Ganges abtrennten. Sofort schossen Faith Erinnerungen aus ihrer Vergangenheit durch den Kopf. Sie selbst war schon einmal an so einem Ort gewesen, wo nur der Abschaum der Welt verfrachtet und begraben wurde. Sie selbst hatte sich in ein Gefängnis begeben, nachdem ihr Angel dazu geraten hatte. Sie selbst hatte drei Jahre in einem solchen Gebäude verbracht, bis Wesley sie geholt hatte, um die Welt oder zumindest Angel zu retten.

Faith schluckte laut und umfasste ihre Waffe fester. Sie hatte keine Wahl, sie musste sich einen anderen Ausweg suchen, denn den Ausweg durch den Hauptausgang konnte sie definitiv vergessen. Als sie sich dem Glashäuschen näherte, in dem normalerweise das Sicherheitspersonal hinter dem Panzerglas gemütlich seinen Kaffee trank, wurde das Rauschen ihres Funkgerätes endlich leiser. Was war das bloß? Wieso funktionierten die Dinger eigentlich nicht? Und wieso rauschten sie nur, wenn Monster in der Nähe waren?
 

Ohne weitere Probleme trat Faith die Gittertür auf, die davor schon mehr schlecht als recht geschlossen worden war. Mit einem lauten Krach versagten die Angeln ihren Dienst und die Tür kam mit einem lauten Knall am Boden auf. Faith trat mit einem mulmigen Gefühl durch die nun entstandene Öffnung.

Der Gang schien endlos lang zu sein und Kondenswasser bildete einen leichten Strom an der Decke, bis es sich an einigen Stellen zu Tropfen sammelte und zu Boden fiel. Faith sah sich noch kurz um, erblickte einen Gebäudeplan, der in dem ungewöhnlicherweise nicht verschlossenem Sicherheitshäuschen war, packte ihn ein und beschleunigte dann ihre Schritte.
 

Dumpfe Geräusche erfüllten den kalten Gang, doch sie konnte deren Herkunft nicht feststellen. Sie musste die Türen, die in regelmäßigen Abständen die monotone Betonwand unterbrachen, nicht anfassen um zu wissen, dass sie verschlossen waren. Viel zu sehr erinnerte sie das Szenario an einen Traum, den sie im Gefängnis gehabt hatte, kurz bevor Wesley sie um Hilfe gebeten hatte.

Nach einer abrupten Neigung des Ganges und einer Treppe, die einige Stockwerke in die Tiefe führte, stand sie am Ende des Ganges und eine weitere Eisentür versperrte ihren Weg. Doch etwas unterschied diese Tür von anderen, an denen sie schon vorbeigelaufen war . Faith trat einen Schritt näher an die Tür, kramte die Taschenlampe hervor und richtete den Lichtstrahl direkt auf die Metallfläche. Ein fragender Ausdruck machte sich auf ihrem Gesicht breit.
 

“Vergangenheit. Ist sie nicht eine verrückte Sache? Immer wieder holt sie dich ein und du kannst absolut nichts dagegen machen. Doch wird sie dir helfen oder wird sie dich zu Grunde richten?”
 

Faith konnte ihren Augen noch immer nicht glauben. Jemand oder etwas hatte das mit einem spitzen Gegenstand in die Tür geritzt. Langsam hob Faith ihre Hand und berührte das erste Wort, als plötzlich Blut aus jedem einzelnen Buchstaben tropfte. Zuerst langsam, dann in Strömen. Faith schrie leise auf, und ging einige Schritte von der Tür zurück. Der Gang begann kurz zu beben, als sich die Tür in einem Strom von Blut auflöste.
 

Das Blut strömte auf dem kleinen Platz, der sich von der ersten Stufe bis zur Wand befand, auseinander. Laut schwappte es gegen die alte Wand. Faith stand plötzlich in mitten eines kleinen Blutsees. Angewidert hob sie die Taschenlampe und richtete den Lichtstrahl durch die Öffnung, die vor nur einer Minute noch von einer Tür blockiert worden war.
 

Abgestandene Luft strömte aus dem Raum, als wäre er seit Jahrzehnten verschlossen gewesen. Wie ein ausgehungertes Wesen verschlang die Öffnung den Lichtstrahl der Lampe, als Faith langsam auf die Türöffnung zutrat.

Erst jetzt fiel ihr auf, dass jeder Laut in dem Gebäude verstummt war. Totenstille hüllte sie ein, als sie durch Blut watete.
 

Langsam trat sie durch den Türstock und leuchtete die Umgebung mit ihrer Lampe aus. Wieso ging hier eigentlich der Notstrom nicht, wie oben? Der Gestank des Blutes, das anscheinend den gesamten Boden des Raumes ausfüllte, war fast nicht zu ertragen. Hastig überlegte sie, steckte dann die Lampe kurz ein, riss sich ein Stück eines ihrer Ärmel herunter, nahm die Lampe wieder zur Hand und hielt sich mit der anderen das Stoffstück vor Mund und Nase. Der Raum schien riesig zu sein und er war voller Gefängniszellen, die allerdings nur aus Gitterstäben bestanden. So gut wie jede Zelle war leer, die, die es nicht waren, beinhalteten Leichen, bei deren Anblick sich dem härtesten "Freitag der 13."- Fan der Magen umdrehte.
 

Noch immer war kein Mucks in dem Gebäude zu hören, als Faith am Ende des ersten Zellentraktes angekommen war. Durch eine Verbindungstür, betrat sie den zweiten. Sie ließ den Lichtstrahl über den Boden gleiten und sah sich die ekelerregende Menge Blut an, als plötzlich ein gellender Schrei durch den Trakt hallte.

Faith ließ sofort ihren Blick durch den Zellentrakt schweifen woraufhin sie am anderen Ende der großen Halle eine beleuchtete Zelle erblickte. Ohne einen weiteren Gedanken zu verlieren, hastete Faith an den übrigen leeren Zellen vorbei, während das Rauschen ihres Funkgerätes wieder einsetzte. Als sie 20 Meter von der beleuchteten Zelle entfern war, blieb sie abrupt stehen.
 

Im Inneren der Zelle saß eine junge Frau, deren hellblondes Haar sich um ihre Schultern schmiegte. Sie trug ein dunkelgraues Kleid, welches aber durch rote Blutflecken sehr an Eleganz verloren hatte. Sie schrie sich ihre Seele aus dem Leib und Sekunden später erblickte Faith den Grund dafür. Ein Dämon versperrte Faith den Weg zu der Zelle, ein ekelerregender, wurmartiger Dämon.

Faith ließ ihren Blick noch einmal kurz zu der Gefangenen schweifen, bevor der Dämon in ihre Richtung schoss und dabei das Blut in alle Richtungen spritzte. Sie griff nach dem Messer und fixierte das wurmartige Ding mit einem konzentrierten Blick. Als das Ding nurmehr einen halben Meter von ihr entfernt war, griff sie blitzschnell nach einer Zellenstange der rechten Zelle, stieß sich mit ihren Füßen kräftig von dem mit Blut bedeckten Boden ab und zog sich schnell nach oben. Als der Wurm unter ihr weiterrutschte, ließ Faith die Stange in Sekundenschnelle los und landete mit gespreizten Beinen auf dem Ding. Sofort drohte sie, von der glitschigen Haut abzurutschen, doch sie holte mit ihrem Messer aus und trieb es dem Ding in den Körper. Ein lauter, von Schmerzen gezeichneter Schrei hallte durch den Raum, als Faith ein weiteres Mal ausholte und dem Wurm den ganzen Rücken aufschlitzte. Nach wenigen Metern blieb das Wesen ruhig liegen.
 

Schnaufend drehte sich Faith um und lief zu der Zelle der Frau.

“Hi, mein Name ist Faith!” sagte sie, tief Luft holend und lächelnd, als sie bei der Zellentür angekommen war. Erstaunt starrte die Frau sie an. Faith fummelte kurz am Schloss der Gittertür herum, zuckte dann unbeholfen mit den Schultern, trat einen Schritt zurück und kickte die Tür mit einem kräftigen Ruck aus den Angeln.
 

“Hi!” sagte sie ein weiteres Mal, als sie auf die Frau zutrat und ihr eine Hand entgegen streckte.
 

“Äh.. hi.. ähh.. achso.. Eve.. hallo.” Mit einem ungläubigen Ausdruck in den Augen ergriff sie Faiths Hand und zog sich von der Pritsche auf, auf der sie gesessen hatte.
 

“Danke.. vielen Dank! Aber.. wie.. äh—wie hast du das geschafft?!”
 

“Ist ne lange Story, dafür haben wir jetzt keine Zeit. Schauen wir, dass wir unsere hübschen Ärsche hier raus bekommen!” Faith umfasste die Hand von Eve fester und zog sie hinter sich her wie einen kleinen Hund, bis sie den Zellentrakt verlassen hatten und vor einer weiteren Treppe standen. Faith blieb abrupt stehen und drehte sich zu Eve um.
 

“Also.. hier sind ne Menge Monster unterwegs. Du bleibst besser hinter mir. Deine Jägerinnenkräfte sollten dir allerdings helfen mit den kleineren fertig zu werden.”
 

“Was?” Verwirrt starrte Eve sie an.
 

“Na, deine Kräfte.. Moment!” Faith sah sich kurz um, trat in den Zellentrakt zurück, erfasste die Gitterstäbe und verbog sie ein bisschen. Ein befriedigendes Grinsen machte sich auf Faiths Gesicht breit, während sie Eve noch immer erstaunt anstarrte.
 

“Ich glaube, du verwechselst mich!” sagte Eve, und nickte dann in die Richtung der Treppe. “Aber das ist erstmal egal. Nichts wie raus hier! Und danke noch mal!” Faith nickte Eve zu, richtete den Strahl der Taschenlampe auf die Treppe und gemeinsam liefen sie nach oben.
 

Als sie bei einer weiteren Stahltür angekommen waren, holte Faith kräftig aus und schlug die Tür auf. Frische, kühle Luft schlug ihnen entgegen, als die beiden jungen Frauen aus einer Hintertür des Gebäudes traten. Vor ihnen erstreckte sich ein weiter Platz, auf dessen rechter Seite sich ein Dom befand. Der Nebel schien hier nicht mehr so dicht wie vorher und dumpfer Lichtschein erstrahlte hinter den farbigen Fenstern des Gotteshauses.
 

“Faith .. !” flüsterte Eve, drehte sich zu ihr, hob eine Hand und fuhr ihr langsam durchs Haar. Faith zuckte zusammen, und Eve zog die Hand sofort zurück.

“Vielen Dank, dass du mir da raus geholfen hast, aber ich bin nicht die Jägerin, nach der du suchst.”
 

“Nein? Okay, damit kann ich leben. Ich muss aber weiter, die Kleine braucht..”
 

“Nein Faith, warte hier bitte kurz auf mich.” Eve strich sich ihr blondes Haar aus dem Gesicht. “Ich muss etwas erledigen. Danach kann ich dir helfen, denk ich!” Eve nickte kurz, drehte sich um und lief in den dunklen Nebel hinein.

“Warte, ich komme mit!” schrie Faith, doch Eve war bereits verschwunden. Verwundert drehte Faith sich kurz im Kreis, zuckte mit den Schultern und ging auf die Kirche zu.
 

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Langsam schlich Robin den alten Pier entlang. Die Monster waren, je näher er dem Wasser gekommen war, immer weniger geworden und das Rauschen des Funkgerätes, das definitiv etwas mit den Monstern zu tun hatte, wie sich Robin dachte, war immer mehr verschwunden. Trotz der angenehmen Ruhe oder gerade deswegen, hielt er die Waffe schussbereit in seiner rechten Hand. Die Nebelschwaden waren hier noch dichter als in der Stadt und sogar das Geländer neben ihm konnte er nur in Umrissen ausmachen. Das Rauschen des Sees wirkte beruhigend und gerade deswegen so unpassend für einen Ort des Horrors wie Silent Hill.
 

In diesem Moment bewegte sich ein Schatten vor ihm durch den Nebel. “Sofort stehen bleiben!” schrie Robin, als sich der Nebel lichtete und den Blick auf eine junge, schwarze Frau freigab. Robin stockte der Atem, als ihn die dunklen Augen fröhlich anstrahlten. Die Augen seiner Mutter.
 

“Mo.. Mom?” stotterte Robin und ließ die Waffe sinken.
 

“Das denk ich nicht!” sagte die Frau lächelnd. “Aber mein Name ist Nicole, und ich bin heilfroh, endlich jemand Lebenden hier zu treffen!”
 

++++
 

Cleveland.

Neues Ratsgebäude

Giles stellte den letzten Koffer vor der Hintertüre des Ratsgebäudes ab. “So, wie schon erwähnt.. unsere Zweigstelle und eine Etage höher wohnen wir.” Er schloss die Türe auf. “Ich hätte Xander anrufen sollen,” meinte er schließlich mit gewisser Ironie, als er auf den Berg Koffer und Taschen blickte. “Du hast sicher dafür extra bezahlt.”
 

“Frag nicht,” Lily ging an ihm vorbei.
 

Giles unterdrückte ein Grinsen, als er ihr folgte. “Die Treppe hoch,” wies er ihr die Richtung. “Sobald wir alles oben haben und du dich etwas frisch gemacht hast, rufe ich die anderen an und...”, Giles blieb wie vom Blitz getroffen auf der letzten Stufe stehen, als sein Blick auf das Chaos im Wohnraum fiel. “Du meine Güte... was ist denn hier passiert?”
 

Lily, die bereits den Wohnraum betreten hatte, lächelte breit. “Du meinst.. hier ist es normalerweise ordentlicher? Also hast du dich doch noch geändert...”, murmelte sie.
 

“Aber natürlich,” er zog mahnend die Augenbrauen in die Höhe und wollte jetzt nicht an die Zeit denken, auf die Lily gerade angespielt hatte. Er blickte zurück auf das Popcorn auf dem Boden, die wild verstreuten Pizzaschachteln auf dem Couchtisch, die Decken, welche achtlos auf dem Boden lagen und zwei große Füße, die ihnen vom Sofa entgegen ragten. Der Fernseher lief noch oder schon wieder - da wollte sich Giles nicht unbedingt festlegen. Langsam begann es in Giles unangenehm zu brodeln und zwar mit jedem Schritt, den er weiter in seine Wohnung setzte und damit erst das Ausmaß des Chaos begriff. “Nicht zu fassen,” murmelte er. “Da ist man eine Woche weg und die Wohnung ist ein Schweinestall,” er schüttelte den Kopf und ließ die beiden Koffer laut auf die Holzdielen krachen.
 

Xander fuhr hoch, blickte wild um sich und fuchtelte mit den Händen in der Luft herum. “Eindringlinge.. Monster... Giles..! Oh... ohoh... eh hi,” er lächelte verlegen und als er die Begleitung von Giles sah, sprang er auf, versuchte mit der Decke seine nur mit einer Boxershorts bekleidete Hüfte zu umwickeln und grinste noch eine Spur verlegener. “Meine Güte haben Sie mich jetzt erschreckt.”

“Das war in der Tat meine Absicht.”
 

“Tja also..,” Xanders Blick schweifte verlegen umher. Sie hätten gestern Nacht noch aufräumen sollen. Nicht erst heute irgendwann, wo sie doch wussten, dass Giles an diesem Tag nach Hause kommen würde... und zwar mit Besuch. “Wie es aussieht haben wir etwas...”
 

“Wo sind Buffy und Dawn?” Schnitt ihm Giles scharf das Wort ab und sein Tonfall war von jener Art, der umgehend eine ehrliche Antwort verlangte.

“In ihren Zimmern natürlich. Soll ich so lange...”, Xander deutet um sich.

“Aufräumen?” Giles Tonfall blieb ungemütlich und Xander zuckte zusammen. “Ja und zwar auf der Stelle.”
 

“Eh... okay,” sagte Xander kleinlaut und bückte sich nach seiner Hose, während Giles aufgebracht im Flur verschwand.
 

Xander hielt sich noch immer mit einer Hand das Laken fest und hob die Jeans in die Höhe. “Eh.. ich bin übrigens Xander. Und ich sollte mich wohl ... anziehen?”

Lily nickte und stellte sich dann verlegen, wegen der gerade gebotenen Szene, vor. “Usher, Lily Usher,” und weil sie nicht wusste, wie sie sonst reagieren sollte, streckte sie Xander ihre Hand entgegen. “Lily reicht.”

Er dachte nicht lange darüber nach, sondern ergriff sie und ließ dabei das Laken los. Lily grinste unterdrückt, als ihr Blick auf eine bunte Shorts mit Scooby Doo Motiven fiel, aber sah wohlerzogen zur Seite, bis Xander begriff und sich schnell wieder bückte. Eigentlich lächerlich, dachte er bei sich. Es war ja nicht so, dass er völlig nackt war.
 

“Okay... wenn Sie etwas trinken wollen... in der Küche finden Sie sicher im Kühlschrank etwas,” falls wir noch etwas übrig gelassen haben, dachte Xander weiter und zog sich ein Stockwerk tiefer zurück. Ins Bad wollte er nicht... Giles stand noch auf dem Flur und klopfte gerade energisch an Buffys Türe. Er hätte sich an dem erbosten Briten vorbeischieben müssen. Etwas auf das er im Moment gerne verzichtete.
 

Lily sah Xander noch einen Moment hinterher. Das war also der ‚normale‘ Junge, der der Jägerin tapfer zur Seite stand, sogar sein eines Augenlicht eingebüsst hatte und trotzdem weiter machte. Respekt – war eines, das sie mit ihm in Verbindung brachte. Dummheit und naive Treue die beiden anderen Attribute. Unbewusst schüttelte sie den Kopf und nahm auf dem Sofa Platz. Sie blickte in den Flur zu Giles, wie er da stand, mit krauser Stirn, eng zusammen gezogenen Augenbrauenund erneut gegen die Türe hämmerte. Sie hielt sein Verhalten für übertrieben. Die Wohnung sah schlimm aus, ja – aber früher hatten sie ganz andere Parties gefeiert. Danach hatten ihre Wohnungen bei weitem schlimmer ausgesehen, als diese fast schon gepflegte Unordnung. Offensichtlich erstreckten sich seine Eigenschaften als Wächter, die unter anderem Ordnungsliebe, Pedantisch, und Sturheit umfassten, inzwischen auch auf sein Privatleben. Lily wurde bewusst, wie lange sie wirklich keinen Kontakt mehr gehabt hatten.
 

Als sich bei Buffy nichts regte, und Giles zu viel Skrupel hatte, um bei einfach in ihr Zimmer zu platzen, klopfte er an Dawns Türe. Ihm war noch sehr gut die peinliche Situation mit der Dusche in Erinnerung und auch Buffys Worte über ihre Privatsphäre, die sie schon alleine wegen der Unterbringung in seinem Büro als verletzt betrachtete. Daher hielt er sich bei seiner einstigen Jägerin gerne etwas zurück.
 

Doch auch bei Dawn regte sich nichts und er klopfte ein zweites Mal an. Lily schüttelte erneut amüsiert den Kopf.
 

“Jetzt mach doch keine Mücke zum Elefanten.” riet sie ihm und erntete dafür einen recht genervten Blick, der deutlich sagte: “Lass das mein Problem sein!”

“Dawn?” Als ein verschlafenes “Ja?” hinter der Türe erklang, riss Giles diese auf und erstarrte augenblicklich auf der Türschwelle, als er Dawn eng umschlungen mit Andrew auf ihrem Bett vorfand. Als wollte er seinen Augen nicht trauen, griff er nach seiner Brille und suchte hastig nach seinem Taschentuch in der Hosentasche.
 

Giles‘ Sprachlosigkeit ausnutzend, befreite sich Dawn aus Andrews Umarmung, der im Schlaf murmelte, sich aber nicht regte. “Giles?” Dawn blinzelte ihm verschlafen entgegen. Meine Güte, dass war tatsächlich... Giles! Und die Wohnung sah aus wie ein.. wie ein Schlachtfeld. Schlachtfeld war gut, überschlugen sich Dawns Gedanken. Vielleicht konnten sie ihm weis machen, dass ein Partydämon oder ähnliches in die Wohnung eingedrungen war und alles auf den Kopf gestellt hatte, bevor es ihnen bei einem Kampf auf Leben und Tod gelungen war, den Dämon zu töten.
 

Giles rieb noch immer fleißig an seiner Brille und wusste nicht, ob er Dawn wegen der Unordnung anschnauzen sollte, oder weil Andrew in ihrem Bett lag. Vielleicht sollte er Andrew einfach packen und nach draußen befördern oder nach einer Begründung fragen?
 

“Okay,” sagte Dawn etwas atemlos, weil sie versuchte, ihre Panik zu unterdrücken. “Das sieht alles anders aus, als es ist. Wirklich, Giles.” Sie sprang aus dem Bett, als wollte sie Giles demonstrieren, dass sie beide ihre Kleider anhatten. “Wir haben nur geredet und sind eingeschlafen. Und das da draußen, das war.. eh ein.... eh..”
 

“Sag jetzt nicht Dämon?” murmelte Gilesund setzte wieder seine Brille auf.

“Was zur Hölle ist... Giles?” Buffy tauchte hinter ihm in ihrem himmelblauen Pyjama mit Hasenmotiven auf und staunte überrascht. Giles trat zur Seite, während er Buffy mit einem Blick bedachte, der sowohl Verärgerung ausdrückte, als auch ein “Sieh selbst”.
 

Buffys Blick fiel auf Dawns Bett, auf Andrew, dann auf Dawn, dann zurück zu Andrew. “Ihr habt nicht wirklich, oder?” Entsetzt sah sie ihre Schwester an, dann Giles. “Giles.. sagen Sie was!”
 

“Buffy.. um Himmels willen... Andrew und ich haben gestern Nacht nur geredet. Und dann sind wir eingeschlafen. Mehr nicht.” Sie hatte dabei ein zwei Schritte zur Seite gemacht, um ihr Bett wieder zu erreichen und stieß Andrew an. Rückendeckung wäre jetzt nicht schlecht. Andrew murmelte erneut und rollte sich auf die andere Seite. Fantastisch! Dawn verdrehte die Augen.
 

“Mich würde vor allem interessieren, wieso .. wieso,” Giles machte eine hilflose Geste quer durch das Zimmer, zum Flur und schloss damit sowohl die Unordnung draußen, als auch die “Entdeckung” im Zimmer ein.
 

“Das war Dawns Idee,” zuckte Buffy unschuldig mit den Schultern und ließ offen, was genau sie damit meinte.
 

“Das ist nicht wahr,” verteidigte sich Dawn sofort, die unter Giles Blick schrumpfte. “Na ja, ich hab die anderen nicht ‚Nein‘ sagen gehört, als ich den Vorschlag mit dem Videoabend gemacht habe.” Giles Blick wandte sich genauso erbost Buffy zu, die abwehrend die Hände hob. Letztendlich seufzte Giles, verdrehte die Augen und wollte gehen. Das war jetzt doch alles ein wenig zu viel auf einmal. Er hatte eine anstrengende Woche hinter sich und alles was er gewollt hatte, war, nach Hause zu kommen, seine Ruhe zu haben, Lily eine schöne Wohnung zu bieten, und sie allen vorzustellen. Was ihm ganz bestimmt nicht vorgeschwebt hatte, war dieses Chaos.
 

“Jetzt siehst du was du angerichtet hast.”
 

“Wieso ich?” beschwerte sich Buffy. “Bin ich mit einem Jungen im Bett erwischt worden?”
 

“Wir haben doch gar nichts gemacht,” Dawn stieß Andrew grober an. “Andrew.. wach auf, verdammt. Und du hättest mich ruhig unterstützen können. Das meinte ich mit angerichtet.”
 

Buffy verschränkte die Arme vor der Brust. “Also ich kann mich gut daran erinnern, dass ich zu bedenken gab, dass wir aufräumen sollten, bevor Giles eintrifft.”
 

“Was für eine Hilfe,” seufzte Dawn und sah aus den Augenwinkeln, dass Andrew endlich zu sich kam. “Ich musste mich schließlich um Andrew kümmern,” gab Dawn etwas zögernd zu, als ihr bewusst wurde, dass sie das sogar gerne getan hatte. Sie hatten ein sehr schönes Gespräch geführt und vielleicht, so glaubte Dawn im Moment, war er der einzige der sie verstand und umgekehrt.

“Ich glaube, ich sollte mit dir einmal über Jungs reden. Sie sind nicht ungefährlich.”
 

“Ich weiß, sie können sich in Vampire verwandeln, oder sich nur in dich verlieben, weil sie sich ein spannendes Abenteuer an deiner Seite versprechen. Oder gehören einer geheimen Organisation an, die dich umbringen möchte...”

“Sehr witzig. Mach dir lieber Sorgen darüber, wie wir Giles wieder beruhigen.”

“Uahhhh...,“ Andrew streckte sich, als er sich aufsetzte und die Augen rieb. “Morgen. Habe ich etwas verpasst?”
 

“Ich bin gleich wieder bei dir,” wandte sich Giles kurz auf dem Weg in sein Schlafzimmer an Lily, die inzwischen keinen Hehl mehr aus ihrem Amüsement machte. Sie nickte Giles kurz zu, stand dann jedoch auf, um sich selbst Buffy vorzustellen. Was auch immer genau in diesem Zimmer passiert war, es hatte Giles durcheinander gebracht.
 

Doch bei einem Blick in das Zimmer, musste Lily irritiert feststellen, dass ein junger Mann auf dem Bett saß und Dawn sich einen kleinen Disput lieferte. Höchstwahrscheinlich mit Buffy, ihrer Schwester. Sie hatte Dawn in England ein, zweimal gesehen. Ein nettes, junges Ding. Deswegen war Lily auf ihre große Schwester recht neugierig. Auch weil sie noch nie einer ‘echten‘ Jägerin begegnet war. Aber sie wollte nicht stören und folgte Giles, um nachzusehen, ob sie etwas für ihn tun konnte.
 

Er stand vor ihr in der geöffneten Tür und fluchte leise vor sich hin.
 

“Was ist?” Sie trat hinter ihn.
 

“Irgendjemand ist auf die Idee gekommen, mein Zimmer zu verdunkeln und hat dann meinen Lichtschalter demoliert ... ah!” das Licht ging im abgedunkelten Zimmer an und Giles bekam seinen dritten Schock am Morgen, als er unter seiner Decke Willow und Kennedy aneinander gekuschelt vorfand. “Das reicht.. ich brauch jetzt etwas zu trinken.”
 

Er wandte sich abrupt herum und eilte durch den Flur. Lily sah irritiert auf die zwei jungen Frauen, die in diesem Moment aufwachten und etwas verwirrt Lily anblickten, bis Willow sie erkannte. Verlegen lächelte sie die Wächterin an. Meine Güte.. war das eben Giles gewesen? Oder hatte sie nur geträumt. Aber wenn Lily in der Türe stand, dann war es sicher kein Traum gewesen. Willows Gedanken überschlugen sich, während neben ihr Kennedy verschlafen blinzelte, sich aufsetzte und mit gerunzelter Stirn die fremde Frau anblickte. Doch Kennedy ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.
 

“Hi,” Kennedy strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und hob zum Gruß ihre Hand, ehe sie sich an Willow wandte und ihr einen Kuss auf die Lippen setzte. “Guten Morgen, Schatz.” Willow lächelte verlegen zwischen Kennedy und Lily hin und her, fast als würde sie sich dafür entschuldigen wollen. Alles schien Giles Lily auch wieder nicht erzählt zu haben, wenn Willow das Gesicht der Wächterin richtig deutete.
 

“Rupert?” Lily nickte Kennedy und Willow mit einem erzwungen Lächeln zu und eilte Giles hinterher. “Ich glaube du musst mir ein paar Dinge erklären. Und ich nehme auch einen Drink.”
 

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Silent Hill

Ronah lief schnaufend und schwitzend über eine Kreuzung, und blieb kurz vor der Tür der Polizeistation stehen. Endlich war sie hier. Viel zu lange war sie auf der falschen Straße gelaufen, was sie nur in ein weiteres Nest dieser armlosen Monster geführt hatte. Sie stärkte ihren Griff um die Axt, als plötzlich vor ihr die Tür aufgestoßen wurde.
 

“Du bist zu spät!” schrie Dave und lief auf sie zu . “Verdammt Ronah, ich sagte, du solltest verschwinden, aber nein, du musst natürlich hier bleiben. Wo warst du so lange?” Dave schien sehr aufgebracht und auch verängstigt zu sein, doch immerhin war er erst zehn, dachte sich Ronah.

“Was ist hier eigentlich los?” sie starrte den Jungen fragend an. “Los, red schon!” sie fasste ihn fest am Arm, damit er nicht wieder verschwinden konnte.

“Hier.” sagte Dave und drückte ihr einen Zettel in die Hand. Er war verschmiert und die Hälfte war nicht mehr zu lesen, aber es schien aus einer Polizeiakte zu stammen.
 

“Ach du musst wirklich nicht jedem so viel von mir zeigen!” erklang plötzlich eine Stimme hinter Ronah. Sie spürte eine starke Hand auf ihrer Schulter und im nächsten Moment flog sie durch die Luft und krachte gegen ein Auto, das am Straßenrand geparkt stand.
 

Als sie die Augen wieder aufschlug, erblickte sie Dave, der seine Fassung nun vollkommen verloren hatte und laut um Hilfe schrie. Eine blonde Frau hatte sich über den Jungen gebeugt, hielt den Blick aber auf Ronah gerichtet und grinste sie krank an.
 

“Och, fast hättest du die Show verpasst!” sagte die Frau, holte plötzlich ein Messer aus einer Tasche und trieb es Dave durchs Herz. Sein Schrei verstummte sofort.
 

Ronah konnte sich nicht bewegen. Vor ihren Augen liefen Szenen ihrer Vergangenheit ab. Sie sah den Tag, an dem ihre Familie ermordet wurde. Vor ihren Augen war ihr kleiner Bruder vor ihr erstochen worden.

“Kleine?” hallte Eves Stimme durch den Nebel. Ronah hob den Kopf, spürte dann nur mehr einen harten Schlag und verlor sofort das Bewusstsein.
 

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Nicole lächelte Robin charmant an. Dieser starrte sie ungeniert, und ungläubig an. Wie konnte das nur möglich sein? Da stand ihm eine Frau gegenüber, die aussah, als wäre sie ein Abbild seiner Mutter mit der Mode dieser Zeit.

“Wir sollten hier schleunigst verschwinden!” sagte Nicole plötzlich und hob ein Stahlrohr auf, das neben ihr gegen das Geländer gelehnt war, und ihm bis jetzt nicht aufgefallen war.
 

“Hier gehen schreckliche Dinge vor. Ich weiß nicht warum, aber wir müssen sofort hier weg!” Nicole nickte mit ihrem Kopf in die Richtung, aus der Robin gekommen war.
 

“Komm, verschwinden wir!” sagte sie ein weiteres Mal und wartete ungeduldig auf seine Reaktion. Endlich nickte Robin, umfasste seine Waffe noch fester und die beiden gingen auf das Ende des Piers zu .

“Wie heißt du eigentlich? Und hast du ne Ahnung was hier los ist? Was machen diese Monster alle hier?” fragte Nicole im Laufschritt, und sah Robin dabei mit ihren großen Rehaugen an.
 

Dieser zuckte nur mit den Schultern. “Um ehrlich zu sein, wollte ich dich genau das Gleiche fragen. Wir sind auf der Suche nach einem Mädchen, im Alter von 14 bis 16, oder 17. Du hast sie nicht zufällig gesehen? Und .. achso.. mein Name ist Robin!” Vielleicht war sie irgendwie mit ihm bzw. seiner Mutter verwandt. 1000 verschiedene Gedanken spuckten durch sein Hirn, als Nicole plötzlich stehen blieb, konzentriert durch den starken Nebel starrte und zu laufen begann.

“Los! Ich höre etwas! Nichts wie weg von hier!” Robin schloss auf und lief neben der Frau her, die seiner Mutter so sehr glich, es aber unmöglich sein konnte. Ihm schoss der Gedanken an Wiedergeburt in den Kopf, verwarf ihn aber sofort wieder, um sich endlich auf die Situation, in der er und diese Nicole sich befanden, einstellen zu können.
 

In diesem Moment sprang etwas aus einer dunklen Ecke hervor, traf Nicole und schleuderte sie zu Boden. Ein lautes Brüllen drang durch den Nebel, als das Ding seinen Blick von der Frau nahm und Robin anvisierte. Nicole begann zu schreien, als das Monster auf Robin zu lief.
 

Dieser riss die Waffe nach oben, zielte und drückte ab. Doch nichts passierte, als Sekunden später ein lauter Knall durch die Luft zischte und im nächsten Moment ein Loch im Kopf das Monsters prangerte. Als es zu Boden sank, richtete Robin seinen Blick nach oben, während Nicole noch immer kreischte.

Eine blonde Frau stand vor ihnen und sie hatte ihm gerade das Leben gerettet.

“Danke.” flüsterte Robin und wollte zu der wimmernden Nicole gehen, als die Frau schrie.
 

“Keine Bewegung!” Robin blieb abrupt stehen.
 

“Was hat das zu bedeuten?” flüsterte Robin leise, und als er den hasserfüllten Blick der Frau und das angstverzerrte Gesicht von Nicole sah, wusste er, dass er von dieser Frau nicht gerettet wurde, sie wollte sie nur selbst erledigen.

Plötzlich breitete sich ein fieses Grinsen auf dem Gesicht der Frau aus, als könnte sie seine Gedanken lesen. Ohne Vorwarnung ließ sie plötzlich die Waffe fallen, kniete sich vor die kreischende Nicole, packte sie beim Kopf, drehte ihren eigenen Kopf zu Robin, lächelte ihn mit Genugtuung an, und brach Nicole das Genick.
 

“NEIN!” schrie Robin und stolperte nach vorne. Nicht schon wieder! Zum zweiten Mal verlor er diese Frau, das konnte doch alles nicht wahr sein. Robin blieb mit seinem Fuß zwischen zwei losen Steinplatten hängen, verlor den Halt unter den Füßen und schlug hart auf den Boden auf.
 

Tränen schossen ihm in die Augen. Wieso tat man ihm das ein zweites Mal ein? Wieso schenkte man ihm diese Frau und entriss sie ihm so schnell wieder?

Als er aufblickte, stand die Frau mit einem kalten Blick über ein, und im nächsten Moment verlor er das Bewusstsein.
 

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Faith schritt zwischen den zwei Reihen aus einer enormen Anzahl von alten, dunkelbraunen Holzbänken langsam auf den Altar zu. Das Kirchenschiff war, bis auf die kleinen, roten Kerzen, die vor den runden Mosaik-Fenstern leuchteten, verlassen und dunkel.
 

Laut hallten ihre Schritte durch das Gotteshaus, als sie ohne Umwege auf den Altar zutrat, kurz davor stehen blieb und den Blick durch den vorderen Teil der großen Kirche schweifen ließ. Kerzenleuchter hingen von der Decke, und weiße Stofftücher, die ebenfalls an der Decke angebracht waren, nahmen dem Raum seine bedrohliche Höhe.
 

Ein leichter Windhauch streifte durch die verstaubten Gänge, als Faith die Finger ausstreckte und nach dem Gebetsbuch griff, das vor ihr lag.

Langsam zog sie es sich zu sich heran und drehte es um. Eine dicke Staubschicht bedeckte das oberste Blatt, woraufhin Faith tief Luft holte und die Staubkörner verblies.
 

Faith wischte den Rest mit der rechten Hand weg, und kniff die Augen leicht zusammen, als der Text zum Vorschein kam.
 

“Und Schreie hallten durch die ganze Stadt, als sie kam. Männer und Frauen versuchten zu flüchten, doch es gab keinen Ausweg. Wir sahen nur eine einzige Chance. Unsere stärksten Krieger sperrten sie in ein Gefängnis, dessen Gitter für sie nicht zu durchdringen waren. Drei Warnungen wurden von unseren mächtigsten Magiern erschaffen, um jene abzuhalten, die ihrer List erlegen sind. Doch auch eingesperrt hat sie eine unverstellbare Macht. Ihre Monster kommen. Sie kommen und...”
 

Der Text endete abrupt und Blutspritzer auf dem Buch bestätigten Faiths Gedanke, dass dies die letzten Worte dieses Menschen waren, die er in seinem Leben geschrieben hatte. Langsam tasteten Fingernach dem Ende der Seite, ergriffen es und blätterten um. Leer. Auf der nächsten Seite war nichts zu finden. Hastig hob sie das Buch und blätterte es schnell durch. Nichts, bis auf die Nachricht, die von einer schrecklichen Bestie berichteten.
 

“Eve sollte sich etwas beeilen,” flüsterte Faith und umrundete den Altar halb, bis sie wieder in die hintere Seite der Kirche blicken konnte. Sie musste lächeln. Als sie das letzte Mal in einer Kirche war, befand sie sich im Körper von Buffy und versuchte, einigen bescheuerten Bewohnern von Sunnydale ihr Leben zu retten, obwohl mindestens die Hälfte davon sicher später gestorben war, entweder durch einen Dämon oder beim Untergang von Sunnydale.

In diesem Moment wurde die Tür aufgestoßen. Faith sah, aus ihren Gedanken gerissen, auf und erblickte Eve, die mit irgendwelchen Dingen in der Hand auf sie zusteuerte. Irgendetwas an ihr war anders.
 

Gut zehn Meter von Faith entfernt blieb sie stehen, und warf dann Faith eine Axt und ein Kartana zu. Diese sah die Waffen schockiert an und legte sie sorgfältig am Altar ab .
 

“Wo hast du das gefunden?” fragte Faith sofort.
 

“Bei ihren Besitzern!” antwortete Eve und lächelte ihr Gegenüber verschmitzt an.

“Wie meinst du das? Sind sie tot?” Faith ging am Altar vorbei und trat einige Schritte auf Eve zu. Diese machte keine Anstalten zu antworten, sondern grinste sie weiterhin nur an. Faith überlegte kurz, sprang dann auf Eve zu und packte sie fest bei den Schultern.
 

“Du sagst mir sofort, wo du das Zeug her hast oder ich prügle dir deine Brustimplantate heraus du Schlampe!” Faith amtete hastig und starrte Eve fassungslos in die Augen. Mit einem Mal, ohne irgendeine Vorwarnung befreite sich diese ohne Probleme aus der Umklammerung der Jägerin, schlug ihr die rechte Faust ins Gesicht und trat Faith in den Magen, woraufhin diese zu Boden fiel und auf diesem bis zum Altar rutschte.
 

“Weißt du, Faith.. Zeit ist eine ganz witzige Sache..”
 

Faith sah auf, fasste mit ihrer Hand gegen den kalten Marmorstein, der am Boden verlegt war, und stemmte sich wieder in die Höhe.

“Manchmal laufen gewisse Dinge nicht im richtigen Zeitrahmen ab.. also nicht in der richtigen Reihenfolge..”
 

Langsam tastete Faith hinter ihrem Rücken den Altar ab, und musste ein Lächeln unterdrücken, als sie endlich den Griff der Axt spürte.
 

“.. und trotz dieser Ablauffehler... führt es alles zum gleichen Ergebnis..”

“Wovon schwafelst du überhaupt, Blondie?” schnaubte Faith Eve an, hob die Axt vom Tisch und sah sie herausfordern an.
 

“Verstehst du noch immer nicht. Na schau mal.. wenn ich jemanden in einen Sarg lege und begrabe, obwohl er noch nicht tot ist, führt es schlussendlich doch wieder zu dem Ergebnis, dass in dem Grab eine Leiche liegt.” Eve sah die Jägerin an, als wäre dieses Thema das Normalste der Welt. Faith tat sich da nicht so leicht und konnte ihren Gefühlsausbruch nur schwer unterdrücken.
 

“Was hast du mit ihnen gemacht?” schrie Faith, deren Fassung nun endgültig verloren war, und lief mit erhobener Axt auf die Person zu, die sie selbst befreit hatte.
 

“Bist du schwer von Begriff? Da draußen ist ein Friedhof, dort hab ich sie begraben!” Eve zeigte mit ihrer Hand auf einen Hinterausgang, der Faith bisher noch gar nicht aufgefallen war.
 

“Na dann!” sagte Faith, drehte sich im Stand um und lief auf die Tür zu.
 

“Na na na, Jägerin! Du wirst sie nicht retten können!” schrie Eve ihr nach.
 

“Quatsch.. wieso nicht?” antwortete Faith, die zielsicher auf die Tür zusteuerte.
 

“Weil du hier nicht lebend heraus kommst!”
 

Faith ließ sich von dieser Meldung nicht weiter beirren, lief auf die Tür zu und wollte sie aufdrücken, als sie in dem Moment eine starke Hand auf ihrer Schulter spürte, die sie packte, von der Tür weg riss, und quer durch den Raum schleuderte.
 

Ohne wirklich zu wissen, was in der letzten Sekunde passiert war, erhob sich Faith wieder von dem harten Boden. Ihre Arme spannten sich an, als sie krampfhaft den Griff der Axt festhielt.
 

“Weißt du, Jägerin, es scheint, als hätten wir hier ein kleines Verständnisproblem. Wenn ich dir sage, dass du hier nicht lebend rauskommst, dann brauchst du auch gar nicht zu dieser verdammten Tür dort zu laufen, denn das hat sowieso keinen Sinn!” schrie Eve genervt.
 

Faith ließ ihren Blick durch die Kirche schweifen. Sie befand sich an einer Seitenwand der Kirche, gegenüber lag der Ausgang zum Friedhof und dazwischen stand der Altar, vor dem Eve locker stand und sie mit einem dämonischen Blick musterte.
 

Vom Altar weg, links neben Faith, befanden sich die Holzbänke, die nach einigen Metern mit der Dunkelheit im hinteren Teil des Kirchenschiffes verschmolzen. Rechts neben Faith führte eine Treppe auf eine höher gelegene Etage, auf der eine alte Orgel stand, und wo wahrscheinlich früher der Chor gesungen hatte. Neben der Orgel befand sich ein wunderschönes, rundes Fenster, durch das Faith seltsamerweise, trotz des Nebels, den Mond sehen konnte.
 

“Weißt du, ich hatte schon immer Probleme mit geistigen Höchstleistungen!” antwortete Faith Eve endlich, lief auf ihre Gegnerin zu und rammte ihr ihre rechte Faust in den Bauch. Doch anstatt sich vor Schmerzen zu krümmen, holte diese mit ihrer eigenen rechten Faust aus, schlug Faith ins Gesicht und trat ihr danach sofort mit dem linken Knie in den Magen.
 

Faith ließ einen lauten Seufzer aus ihrem Mund fahren, als sie schnell zurück taumelte.
 

“Ich sagte doch, dass du..”
 

“Ja schon klar.. ich komme hier nicht lebend raus.. bla bla.. leg eine andere Platte auf, das wird sonst noch langweilig!” schrie die Jägerin entnervt, fuhr, für Eve überraschend, nach vorne, erfasste den Hinterkopf ihrer Gegnerin und prallte ihn mit voller Wucht gegen den Steinaltar.
 

Als Faith den Laut des brechenden Nasenbeins vernahm, und ein schriller Schrei durch die Kirche hallte, holte sie mit ihrem Knie aus und trat Eve in den Magen.

“Na das war wohl nichts,” sagte Faith, doch sofort darauf bereute sie es, sich kurz abgelenkt zu haben.
 

Sie spürte Eves Hand, die an ihrem Rücken nach oben glitt und eine Sekunde später zog Eve so stark an Faiths Haaren, dass diese aufschrie, ihre Gegnerin freigab und zurücktaumelte. Eves Nase war anscheinend gebrochen und rotes Blut lief ihr quer übers Gesicht.
 

“Das wirst du bereuen!” schrie Eve los, tastete ihr Gesicht mit ihrer Hand ab und berührte das Blut. “Blut ,.. immer erzeugst du Blut und Schmerzen, nicht wahr, Faith?”
 

Die Jägerin starrte Eve an. Die Frau schien sich langsam, aber kontinuierlich zu verändern. Ihre Gestalt wirkte nun größer und stärker als vorher und das gelbe Leuchten der Augen versicherte Faith, dass sie es hier nicht mit einem normalen Menschen zu tun hatte.
 

“Irgendwie ist es doch die Ironie des Schicksals, dass du mich befreit hast, nicht? Du hast deine Freunde getötet, Faith.. du.. du bist an ihrem Tod schuld!” Eve begann lauter zu sprechen, und fasste dabei nach dem Schwert, das noch immer auf dem Altar lag.
 

Langsam hob sie es von der steinernen Platte hoch, strich mit der anderen Hand die Klinge langsam auf und ab und wandte letztendlich ihren Blick zu Faith.

“Robin Wood.. Sohn einer Jägerin.. lachhaft.. von einem Mann mit dieser Vergangenheit hatte ich mehr erwartet. Es war einfach.. enttäuschend eigentlich..” lächelnd legte sie die Waffe wieder auf den Tisch.
 

“Nein.. das glaub ich nicht! Robin ist nicht tot! Du Miststück.. ich glaub dir kein Wort!”
 

Faith umfasste den Griff von Ronahs Axt noch fester und lief mit einem lauten Wutschrei auf Eve los. Doch statt Eve mit der Axt anzugreifen, worauf sich Eve vorbereitet hatte, sprang Faith kurz bevor sie Eve erreichte hoch, erfasste ihre Gegnerin und brachte sie zu Fall. Ohne eine weitere Aktion der unberechenbaren Frau abzuwarten, holte Faith mit der Axt aus und trieb sie in Eves Oberkörper. Blut spritzte Faith entgegen, als die Klinge das Fleisch durchdrang und ein weiterer Schrei die Ruhe der Kirche störte. Sekunden erstickte der Schrei und Faith erhob sich schwitzend von dem leblos vor ihr liegenden Körper der Frau, die sie selbst befreit hat, der Frau, die vielleicht an dem Tod von Robin und Ronah schuld war.
 

Ohne weiter nachzudenken, drehte sich Faith in Richtung des Hintereinganges, griff nach Robins Schwert und wollte sich auf den Weg machen, als sie plötzlich hinter sich etwas hörte. Mit dem Schwert in der Hand drehte sie sich um, ungläubig starrte sie Eve an, die wieder auf beiden Beinen stand.

“Okay.. wie oft muss ich dich töten, ich hab es nämlich etwas eilig?” fragte Faith und stellt sich angriffsbereit vor Eve.
 

“Du kapierst es nicht, was? Es ist zu spät!” Eve griff nach der Axt, die in ihrer Brust steckte, und zog sie, ohne mit der Wimper zu zucken, aus ihrem Körper. “Ich bin kein Mensch, so kannst du mich nicht töten!”

“Mit reicht es, dafür hab ich keine Zeit!” antwortete Faith, und wollte ein weiteres Mal auf den Ausgang zulaufen, als sie plötzlich wieder erfasst wurde und erneut durch die Luft flog. Ihr blieb kurz die Luft weg, als sie auf dem alten Holzboden der Orgel Etage aufschlug. Ein unmenschlicher Schrei hallte durch die Kirche, der nichts Gutes erahnen lies.
 

Faith kam in dem Moment zum Stehen, als eine dämonische Gestalt die letzte Treppe passierte. Kurz blieb der Dämon stehen und musterte die Umgebung.

Vor ihr stand ein Ding, das definitiv böser war, als alles, was ihr bisher in dieser Stadt begegnet war, und trotzdem wusste Faith, dass es sich hier um die richtige Gestalt von Eve handeln musste.
 

Eve war nun mindestens zwei Meter groß und hatte eine schwarze, glitschige Haut. Die großen, gelben Augen, die aus dem schwarzen Gesicht hervor stachen, musterten Faith genau.
 

“Du bist zäher als ich dachte!” sagte das Ding plötzlich mit Eves Stimme.

“Und du bist dämonischer, als ich dachte, na und? Was wäre ein Leben ohne Überraschungen?” schrie Faith, die sich nun endlich gesammelt hatte.

Als sie durch die Luft geflogen und auf den harten Brettern aufgeschlagen war, hatte sich in ihr ein Schalter umgelegt. Es ging hier nicht mehr um eine Spielerei, um eine kleine Jagd, hier ging es um ihr Leben, um das ihres Geliebten, und das einer Schutzbefohlenen. Sie musste hier raus kommen, sie hatte einfach keine andere Wahl.
 

Sie hob das Schwert an und blickte Eve direkt in die Augen.
 

“Na komm.. hol mich, wenn du kannst, du Monster von Loch Ness!” schrie sie und Eve ließ sich das nicht zweimal sagen. Jeder Schritt, den der Dämon in ihre Richtung machte, ließ den Holzboden erbeben.
 

Als Eve bei Faith angekommen war, blieben beide kurz stehen, starrten sich an und schwiegen. Eine Sekunde später ließ Faith das Schwert auf Eve niedersausen, doch diese wich geschickt aus, schaffte es sogar, die Klinge zu ergreifen und Faith zu entreißen.
 

Ohne der Waffe weitere Beachtung zu schenken, holte Eve aus und warf sie durch das runde Fenster, welches sich neben der alten Orgel hinter der Jägerin befand.

“Okay.. keine Waffen.. gut.. gleiches Recht für alle!” reagierte Faith und schlug der Dämonin ihre linke Faust ins Gesicht. Eve taumelte kurz, sammelte sich aber schnell wieder und ging zum Angriff über.
 

Ein heißer Zweikampf entbrannte, bei dem Faith mindestens fünfmal Schläge in den Bauch hinnehmen musste, doch auch Eve machte ihre Rechnung nicht ohne den Wirt. Obwohl die Nase, die Faith Eve in der menschlichen Gestalt gebrochen hatte, in der dämonischen fehlte, hatte der Dämon doch auch einige Blessuren davon getragen, als Faith in die Luft sprang, herum wirbelte und Eve mit einem festen Tritt gegen die alte Orgel schleuderte.
 

Das Holz gab dem harten Aufprall sofort nach und laute, unkontrollierte Töne schallten durch das Gebäude. Faith nutzte den freien Moment, lief zu dem großen Fenster und sah nach unten.
 

Der Dämon hatte die Wahrheit gesprochen. Vier Gräber befanden sich in dem kleinen Hinterhof der Kirche.. eines davon war noch offen.
 

“Oh.. dort unten wirst du zukünftig deine Tage verbringen!“ hörte sie plötzlich Eve hinter sich, die Faith plötzlich mit voller Wucht rammte und die Jägerin und sich selbst durch das große Fenster aus der Kirche beförderte.
 

Wind wehte durch Faiths verschwitztes Haar, als sie den harten Boden auf sich zukommen sah. Wie wild hämmerten die verschiedensten Gedanken auf ihren Geist ein. Wie lange würde sie gegen Eve durchhalten? War Robin wirklich tot? Und was ging in dieser merkwürdigen Stadt überhaupt ab?
 

Hart schlugen die beiden auf dem feuchten Erdboden auf, bevor Faith sich trotz ihrer Schmerzen aus der Umklammerung Eves befreite und aufsprang. Verzweifelt lief sie zu dem Grab, an dessen Grabstein Robins Name zu sehen war. Ohne weiter nachzudenken, ohne überhaupt noch etwas zu denken, fing sie an, in der frisch aufgeschütteten Erde zu graben. Die Erde war feucht und definitiv noch nicht lange hier. Panik ergriff Faith. Was, wenn Robin wirklich tot war? Was würde sie dann tun? Könnte sie ohne Robin noch leben?
 

Doch Faith konnte ihre Gedanken nicht zu Ende führen, als sie wieder von hinten ergriffen, und durch die Luft geschleudert wurde.

“Zeit, Jägerin. Es geht hier nur um Zeit. Hast du sie noch oder hast du sie nicht? Hier ist die Zeit definitiv abgelaufen!” schrie der Dämon mit Eves Stimme und trat auf die am Boden liegende Faith zu.
 

“Du bist vollkommen alleine. Du hast verloren. Gib auf und gib dich dem erlösenden Tod hin, Jägerin, dann sind deine Qualen zu Ende. Was hast du hier schon noch? Was hält DICH auf dieser Welt?”
 

Der Dämon ergriff Faith am Hals, hob sie hoch und drückte sie dabei fest an die Wand, während Faith keinen Boden mehr unter sich spürte.

“Was hast du schon noch? Was hält dich hier noch, wofür es sich zu kämpfen lohnt?”
 

Faith sah Eve tief in die gelb leuchtenden Augen. Die Luft wurde allmählich knapp und der Dämon sah sie ernst und zornig an. Plötzlich zauberte sich ein leichter Hauch von Lächeln auf Faiths Gesicht.

“Freunde!” würgte sie hervor und trat dem Dämon gegen die Brust. Eves fester Griff wurde lockerer.
 

“Freunde... !” schrie Faith noch einmal, zog ihre Füße an, umfasste damit blitzschnell Eves Kopf und drehte ihn schwungvoll um. Laut brach das Genick des Dämons und sie entkam aus dem festen Griff. Langsam sank Eve zu Boden.

Ein lauter Schrei durchschnitt die dunkle Nacht, der in einem gurgelnden, erstickendem Laut endete.
 

“Du denkst doch nicht wirklich, dass du gewonnen hast?” würgte Eve hervor. “Du wirst nie gewinnen, Faith! Ganz egal was du machst.. du bist schuld am Tod deines Freundes!”
 

Faith ließ ihren Blick durch den Hinterhof schweifen, erblickte nach einigen Sekunden das, was sie gesucht hatte, hastete auf die Waffe zu, umfasste den Griff des Schwertes, holte aus, und köpfte den Dämon.
 

Blut spritzte ihr entgegen, gelbes Blut, doch Faith hatte keine Zeit sich darüber zu ärgern, dass ihr neues Shirt nun komplett im Arsch war. Ohne weiter nachzudenken, lief sie zu Robins Grab und begann in der feuchten Erde zu graben, als sie plötzlich von einem starken Schwindelgefühl ergriffen wurde und im nächsten Moment das Bewusstsein verlor.
 

++++
 

Cleveland.

Giles Wohung

Das Feuer im offenen Kamin knisterte gemütlich vor sich hin und tauchte den abgedunkelten Wohnraum in ein warmes Licht, dessen Schatten über die Wände und den Boden tanzten. Es versuchte vergeblich gegen die angespannte Situation im Raum anzukämpfen.
 

Giles, Lily, Dawn und Buffy saßen wortkarg um den Esszimmertisch. Niemand sprach mit dem anderen, niemand sah den anderen an. Die einzige Kommunikation fand zwischen den vieren stumm mit bloßen Blicken statt.
 

Dawn hätte das Kaminfeuer bei weitem mehr genossen, wenn Giles eine Mücke nicht zum Elefanten gemacht hätte. Alles nur, weil er sie alle in einer wirklich dummen Situation erwischt hatte, aus der sie sich nicht einmal mit einer Notlüge hatten retten können. Giles war sauer, und das hatte er allen recht deutlich gemacht. Dabei sah die Wohnung doch wieder sauber und aufgeräumt aus? Dawn schätzte, dass es dabei jedoch um mehr ging, als nur um ein paar leere Pizzaschachteln und dreckiges Geschirr.
 

Dawn starrte in das Feuer. Sie wusste nicht so recht, was sie hier sollte. Sie kannte Lily aus England, wenn auch nur flüchtig. Eine Kennenlernparty kam also zu spät. Das sie sich eine Wohnung zu viert teilen sollten, die für höchstens zwei Personen ausgelegt war, würde hoffentlich nur vorübergehend sein. Entweder zog Lily bald in eine eigene Wohnung oder Buffy würde endlich auf die Suche nach einer für sie beide gehen. Fast hätte Dawn geseufzt, als sie kurz ihren Blick hob und die drei Personen am Tisch betrachtete. Ironischerweise fiel ihr der Vergleich mit einer kleinen Familie ein, die sich nichts mehr zu sagen hatte und kurz vor dem Aus stand. Albern, schimpfte sich Dawn selbst und sah auf ihren Teller herunter. Der Appetit auf Giles Chutney war ihr längst vergangen. Alles nur wegen ihre Frage, wieso Engländer indische Gerichte als ihre Erfindung bezeichneten - nur weil sie das Land kolonisiert und unterworfen hatten? Allerdings war es eher Giles vernichtender Blick als Antwort gewesen und sein bissiger Kommentar “Und das aus dem Mund eines Volkes, dass die Ureinwohner seines Landes terrorisiert hat,” der ihr den Appetit verdarb.
 

Dawn versuchte sich erneut auf das Feuer zu konzentrieren. Schließlich kannte sie ein offenes Feuer im Kamin nur durch die kalifornischen Weihnachtsabende. Sie hatte dem Kamin meist auch nur an Weihnachten eine Berechtigung in ihrem Haus zugesprochen. Irgendwie musste ja Santa Claus in die Häuser kommen. Selbst wenn die Temperaturen mild und angenehm waren und die bunten Lämpchen und künstliche Schneedecken auf den Häusern in mitten von Palmen albern gewirkt hatten. Aber Dawn hatte seit ihrer Kindheit nichts anderes kennengelernt und dem nicht so viel Albernheit angedichtet, wie dem Kamin. Zudem glaubte sie inzwischen natürlich lange nicht mehr an Santa Claus.
 

Allerdings im wechselhaften Klima Ohios fand sie ihn ausgesprochen gemütlich und romantisch. Doch die Situation am Tisch hatte nichts davon. Sie waren alle angestrengt darauf bedacht, nicht das Falsche zu sagen und das Thema Party und Jungs im Bett zu vermeiden. Wobei Dawn zu ihrer eigenen Verteidigung in Gedanken hinzufügte, dass Andrew im Bett nicht unbedingt als “ein Junge im Bett” zu bezeichnen war. Er war ein guter Freund. Nur wie sollte sie Buffy und Giles davon überzeugen, dass es nichts zu bedeuten hatte? Wie konnten die beiden überhaupt nur davon ausgehen, dass sie und Andrew... wo sie doch bis jetzt brav und anständig geblieben war... sie hatte bislang nur einen Jungen geküsst. Und der hatte sich in einen Vampir verwandelt. Wobei das Küssen durchaus... schön und aufregend gewesen war. Und jetzt? Jetzt durfte sie sich garantiert in den nächsten Tagen auf ein peinliches Gespräch mit Buffy freuen. Im schlimmsten Fall würde es ihre Schwester Giles überlassen. Sie würde das nicht überleben, wenn der Brite mit ihr tatsächlich ein Aufklärungsgespräch führen würde. Himmel.. sie war fast 17 und das meiste wusste sie doch schon! Konnten sie sie nicht einfach in Ruhe lassen?
 

Giles räusperte sich hin und wieder verlegen über die unangenehme Situation, brachte dadurch aber niemanden dazu, ein Gespräch anzufangen. Er selbst zog es vor, zu schweigen und im Stillen zu grollen. Im Grunde verhielt er sich durchaus kindisch und das war ihm sehr wohl bewusst. Alle hatten sich entschuldigt und sich darum bemüht, beim Aufräumen zu helfen. Doch letztendlich ging es ihm nicht um das Chaos, das sie angerichtet hatten, als viel mehr darum... ja um was sonst, musst er sich schließlich fragen und starrte für einen Moment in das knisternde Feuer, das die Kühle im Raum nicht vertreiben konnte. War es ihm wirklich so wichtig gewesen, einen guten Eindruck auf Lily zu machen? Nach all den Jahren? Oder gerade wegen all den Jahren, die sie gemeinsam damals verbracht hatten?
 

Sein Blick wanderte kurz zu Lily und er kam nicht umhin, sich einzugestehen, dass er damals einen großen Fehler begangen hatte, als er sie verließ. Doch jetzt war es zu spät, alten Tagen nachzutrauern. Für einen Moment ruhte sein Blick auf Buffy, um sich von Lily abzulenken. Doch Buffys demonstrativ ablehnendes Verhalten war nicht gerade die Ablenkung, die er sich gewünscht hatte. Als sie kurz zu ihm aufblickte, las er in ihrem Blick alles, um zu wissen, dass sie Lilys Hiersein, die Situation in der Wohnung, seine Überreaktion furchtbar fand. Er hoffte inständig, dass sie irgendwann einmal die Zeit fanden über alles in Ruhe zu reden.
 

Vor Monaten waren sie aufgebrochen, um ihr Glück zu versuchen. Jeder auf seine Art und Weise. Niemand hatte sich die Zeit genommen, dem anderen von seinen Plänen zu berichten. Alles was wichtig gewesen war, wurde während des Packens besprochen. Doch schon damals hatte er gespürt, dass Buffy mit seiner Idee, den Rat wieder aufzubauen nur mäßig einverstanden gewesen war. Lilys Anwesenheit als Repräsentantin dessen, was vor dem Anschlag der Macht des Bösen gewesen war, musste in Buffys Augen eine Art Beleidigung sein. Doch so lange sie nicht darüber redeten, würde sich Buffys Ansicht nicht ändern. Giles fragte sich mit viel Bedauern, ob sie jemals die Zeit füreinander und für ein Gespräch fanden. Für gewöhnlich war es nicht eine Stärke von ihnen beiden.
 

Buffy sah zur Seite und Giles Augen wanderten weiter zu Dawn, die in das Feuer starrte. Inständig betete Giles darum, dass Buffy mit dem Mädchen alleine das angedrohte Gespräch über Jungs halten würde und nicht darauf bestand ihn als “Berater” oder “Reiferen” hinzuziehen zu wollen. Das würde er nicht überleben.

Lily wusste nicht, ob sie die Situation am Tisch als amüsant oder bedrückend bezeichnen sollte. Oder auch als beides. Kühl und angespannt auf jeden Fall und Ruperts Blicken, die er ihr hin und wieder zuwarf, entnahm sie, dass es ihm nicht anders erging. Auch wenn mancher seiner Blicke sie etwas irritierte. Es lag in ihnen etwas Altes, Vertrautes, das sie an die Tage erinnerte, als sie ein Paar gewesen waren. Als die Last und der Druck des Rates noch nicht zu sehr auf ihnen lastete und unterschiedliche Interessen sie am Ende zwangen, getrennte Wege zu gehen.
 

Die beiden Mädchen schienen zu schmollen, anders konnte sie die ablehnende Haltung der Jägerin und das Schweigen von Dawn nicht bewerten. Fast wie eine kleine Familie nach einem unnötigen Streit, dachte sie amüsiert, wurde aber wieder in Gedanken ernst, als ihr bewusst wurde, wie sehr sich die drei vielleicht doch nahe standen. Die Erlebnisse, die sie miteinander hatten, das Leid, die Freude, die Verluste, schweißten sie zusammen und machten sie, Lily, zu einer Außenseiterin. Auch das konnte sie deutlich in der Ablehnung von Buffy spüren.
 

Sie senkte ihren Blick und ihre Gabel in Ruperts Chutney und lächelte unterdrückt, als sie an das kleine Zwischenspiel zwischen Dawn und Rupert dachte - wie sie über das Essen und seine Herkunft diskutiert hatten. Das hatte Lily gezeigt, wie gut sich alle verstanden, auch wenn die Luft bei ihrer Ankunft etwas dick gewesen war und sie tatsächlich geglaubt hatte, alle würden auf der Nase von Rupert herum tanzen. Wobei... vielleicht war der Gedanke nicht ganz so abwegig... aber vielleicht ließ Rupert sie auch nur in dem Glauben und hatte alle viel besser im Griff, als die jungen Leute es sich erträumten. Sie schaufelte Reis, Fleisch und Chutney auf ihre Gabel und beschloss ein wenig vorsichtiger im Umgang mit allen zu sein.
 

Buffy hatte so wenig Lust auf das gemeinsame Abendessen wie auf einen schlechten Film mit Jean-Claude Van Damme. Ein besserer Vergleich war ihr auf die Schnelle nicht eingefallen, als sie sich vor einigen Minuten mit den andern drei an den Tisch gesetzt hatte. Auch wenn das Essen verdammt verlockend roch, hatte sie jede Schüssel abgelehnt, ihre Arme vor der Brust verschränkt und ihren düsteren Blick aufgesetzt, mit dem sie die drei hin und wieder bedachte. Sie konnte nicht verstehen, was der ganze Zirkus sollte. Erst regte sich Giles furchtbar über das Chaos auf und über den Umstand, dass sie es gewagt hatten sein Heiliges Reich zu entweihen, als hätte der Mann nie eine Party in jungen Jahren gefeiert, dann zeigte er sich entsetzt darüber, dass Dawn mit Andrew in einem Bett lag – wobei sie bei dem Gedanken selbst auch noch immer etwas schockiert war, und explodierte schließlich, weil Willow und Kennedy sein Bett mehr oder minder eingeweiht hatten.
 

Dabei hatten Dawn und sie doch viel mehr das Recht darauf, auf ihn wütend zu sein. Platzte einfach unerwartet zu früh zu Hause herein, brachte seinen Besuch direkt mit und quartierte ihn auch noch bei ihnen ein. Jetzt durfte sie sich mit Dawn das Zimmer teilen, während Lily sich im Büro breit machte. Für sie hatte Giles sogar seinen Schreibtisch abgeräumt, um vorübergehend in den unteren Räumen zu arbeiten. Für Buffy hatte er das nicht getan! Nein, er zwang sie sogar nach den Reibereien friedlich an einem Tisch zu sitzen und Small Talk zu führen. Gut, dass der Plan nicht aufgegangen war.
 

Sie sah nicht ein, wieso man sie nicht einfach gefragt hatte. Sie wohnte schließlich nicht freiwillig hier. Sie hatten nur kein Geld, um sich etwas Eigenes zu leisten. Xanders Wohnung war viel zu klein, Willow lebte am College, Kennedy war niemand, mit dem sie sich ein Badezimmer teilen wollte und ihren Vater hatte sie nach ihrer Rückkehr nicht auffinden können. Das Wenige, das sie sich während ihres Jobs im DMP und in der Schule angespart hatte, war bei der Reise und für Dawns Verpflegung drauf gegangen. Sie stand vor dem Nichts.
 

Und statt Unterstützung bekam sie noch einen Tritt, in Form einer Wächterin, die durch und durch eine zu sein schien, nach dem ganzen Material, das sie den weiten Weg über den Ozean, mit sich geschleppt hatte, zu bewerten. Ihre Art sich auszudrücken, erinnerte sie an den Giles vor acht Jahren, ihr ganzes Verhalten etwas an den Wesley vor fünf Jahren. Niemand achtete auf ihre Gefühle, niemand hatte sie gefragt, wie sie sich jetzt fühlte, nachdem sie ‘befreit‘ von ihrer Pflicht war, wie sie den erneuten Verlust von Freunden ertragen konnte, wie ihre Reise war.... Buffy kam kurz der Gedanke, dass sie selbst niemanden seit ihrer Rückkehr danach gefragt hatte und am meisten die Fragen von Giles hören wollte, auch wenn sie in Gedanken ihre Freunde einschloss. Doch sie und er... nein, reden war etwas, dass ihnen mehr als fremd war. Es würde wohl immer darauf hinauslaufen, dass sie sich gegenseitig verletzen würden, weil sie zu feige waren, einige Dinge anzusprechen oder auszusprechen.
 

Der kurze einsichtige Moment verflog, als sie seinen Blick spürte und feindselig aufsah. Was erwartete er nach all den Jahren noch immer von ihr? Dass sie die brave Jägerin weiterspielte? Nur weil er sie so gewohnt war? Weil er nichts anderes kannte? Sollte sie ihm beim Aufbau einer Einrichtung helfen, die ihr so sehr verhasst war? Vielleicht sollt sie ihn einfach weiter zappeln lassen.. oder noch besser, zur Strafe mit Dawn das Aufklärungsgespräch führen lassen. Um nicht zu grinsen, senkte sie ihren Blick auf den leeren Teller, hörte ihren Magen knurren und kam sich auf einmal ziemlich albern vor. Das letzte Mal hatte sie sich so verhalten, als ihre Mutter vor Jahren diesen Ted angeschleppt hatte. Das hier war doch nicht dasselbe... oder fühlte sie ihre Stellung irgendwie gefährdet, ihr Territorium verletzt? Sollte sie Lily auf ein paar Drähte untersuchen?
 

Das Schweigen breitete sich weiter über sie aus, während die vier ihre Blicke krampfhaft auf ihre Teller richteten, nervös mit dem Geschirr klapperten, am Glas spielten, dem Feuer lauschten und sich jeder weit weg wünschte.
 

++++
 

Silent Hill

Dunkelheit umhüllte sie, Dunkelheit und eisige Kälte. Sie hörte ihren eigenen, hektischen Atem, und fühlte eine kalte Fläche unter ihrem Rücken. Ihr Kopf fühlte sich an, als würden Handwerker im Sekundentakt gegen ihre Schädeldecke schlagen.
 

“Faith?” hörte sie plötzlich einen Schrei, der sie daran erinnerte, dass sie endlich die Augen öffnen musste, um sich zu vergewissern, was geschehen war. Sie musste der Wahrheit ins Gesicht sehen. Sie musste sich vergewissern, ob Robin wirklich tot war. Doch dazu musste sie die Augen aufschlagen.. und im Moment fühlte sich das an, als sei es die härteste Sache der Welt.

“Faith?!?” hörte sie noch einmal eine laute Stimme. Sie war dumpf.. und jung.. Ronah?!?
 

Sofort riss Faith die Augen auf und erblickte im nächsten Moment die Decke einer Höhle. Wuchtige Steinmassen umgaben sie, als sie langsam den Kopf drehte. Sie befand sich in einer Art Höhle, und sie war nicht alleine.

Faith fuhr in die Höhe und bemerkte erst jetzt, dass Ronah vor ihr stand. Verwirrt, erfreut aber noch immer besorgt um Robin sah sie sich in dem kleinen Raum um.
 

Erfreut stellte sie fest, dass Robin neben einer jungen Frau, die sie nicht kannte, bewusstlos auf der anderen Seite des Raumes lag.

“Faith was ist hier..” doch Ronah konnte ihre Frage nicht beenden. Faith stürzte zu Robin, kniete sich nieder und drückte ihren Finger gegen den Hals, um die Halsschlagader zu überprüfen. Puls war da, und er atmete.

Unerwartet bewegte sich der Körper plötzlich, und Robin musste laut husten, bevor er die Augen aufschlug und Faith verwirrt anstarrte.

“Ich dachte schon, du wärst tot..” flüsterte Faith und drückte Robin einen leidenschaftlichen Kuss auf den Mund.
 

“Überraschung!” sagte er lächelnd, nachdem sie sich wieder von einander getrennt hatten.
 

“Hey, zweimal die gleiche Überraschung ist aber nicht sehr originell!” sagte Faith lächelnd und half Robin auf.
 

“Ronah, alles in Ordnung?” wandte sich Faith zu der Jägerin, die gerade dem Mädchen aufhalf, das neben dem Wächter gelegen hatte.
 

“Klar..!” antwortete Ronah kurz und starrte das blonde Mädchen fragend an.

“Ich denke, ich weiß, wer sie ist!” murmelte Robin und Faith nickte kurz. Ohne etwas Weiteres zu sagen, ging sie auf das Mädchen zu, holte mit der Hand aus und ließ ihre linke Faust auf das Gesicht des Mädchens zusausen.
 

Diese riss zum Schutz ihre eigene Hand hoch und wehrte Faiths Schlag ab.

“Was zum Teufel..”, begann sie schon zu fluchen, als sich der Ausdruck auf dem Gesicht veränderte.
 

“Hi!” sagte Faith. “Mein Name ist Faith. Das grimmige Mädchen hier ist Ronah und der süße Typ hinter mit ist Robin. Wir sind hier, um dich mitzunehmen! Wie ist dein Name? Wie bist du hierher gekommen?”
 

“Ich.. ähm... ihr wollte mich.. ähm.. Kimberly.. ich hab keine Ahnung wie ich hierher gekommen bin.. ich.. ähm.. war auf einmal in dieser Gasse und wurde von so einem Ding .. Monster verfolgt.. aber ich bin ihm entkommen.. aber irgendwie hat mich dann so ein .. weiteres.. Monster..”
 

“Dämon..,” unterbrach Faith Kimberly.
 

“Ja.. genau.. Dämon.. er tauchte auf einmal hinter einem Schaufenster auf.. und dann bin ich hier aufgewacht.. ich weiß sonst nichts..”
 

Faith nickte als in diesem Moment eine Holztür aufgestoßen wurde, die in einem dunklen Teil der Höhle lag.
 

Verwundert musterte Ronah die zwei Gestalten, die langsam den Raum betraten. Beide trugen Kutten mit Kapuzen, die sie tief ins Gesicht gezogen hatten. Eine mystische Aura umgab die Gestalten, die jeweils eine schwarze und eine weiße Kutte trugen. Nachdem sie in der Mitte der Höhle stehen geblieben waren, nickten sie und zogen die Kapuzen von den Köpfen.
 

Die Person, die in der weißen Kutte steckte, hatte blonde Haare, eine weiße Haut und leuchtend blaue Augen. Die Gestalt daneben war von Narben gekennzeichnet und die dunklen Haare passten zu den tiefschwarzen Augen. Ausdruckslos starrten sie die vier an.
 

“Hi.. könnten wir bitte erfahren, was der ganze Scheiß hier soll?” schoss Faith los und trat näher an die beiden heran. Beruhigend legte Robin ihr seine Hand auf die rechte Schulter.
 

“Sie hat es wirklich geschafft!” sagte plötzlich die weiße Gestalt.

“War es anders zu erwarten?” antwortete die andere.
 

“Ohne deine Hilfe hätten sie es nicht überlebt!” konterte die blonde Person wieder.
 

“Das bezweifle ich. Die Jägerin ist stark. Sie ist dafür bereit!”
 

“Ähm.. hallo? Wir sind anwesend? Jetzt haltet doch mal die Luft an und sagt was hier los ist!” schrie Faith wütend durch den Raum, schüttelte Robins Hand von ihrer Schulter und trat einen weiteren Schritt auf die Gestalten zu.

“Sie ist zu impulsiv. Sie hätte sterben sollen, wie die anderen vor ihr!” schimpfte die blonde Gestalt weiter.
 

“Ich sagte doch, dass sie es schaffen wird!”
 

“Das hast du bei jeder gesagt und du hattest noch nie recht!”
 

“Na ja. Irgendwann musste ich dieses Spiel auch einmal gewinnen!”
 

“Ja natürlich!” Die blonde Gestalt verdrehte die Augen, drehte sich um und ging auf den Ausgang zu.
 

“Zeig es ihr!” sagte er noch zu der dunklen Gestalt, nickte Faith zu, funkelte sie dabei böse an, und verließ dann den Raum.
 

“Hallo? Verdammt noch mal.. könntet ihr mal sagen, was hier los..” doch Faith konnte ihren Protest nicht mehr beenden.
 

Die dunkle Gestalt machte einen Schritt auf sie zu, legte eine Hand auf ihre Stirn und Faith wurde wie von einer Welle getroffen aus ihrem Körper geschleudert und in eine andere Dimension des Seins transportiert.

Im nächsten Moment stand sie plötzlich inmitten einer kleinen Wüste. Die Gestalt stand noch immer neben ihr, lächelte sie nun aber freundlich an.
 

“Was ist hier los?” fragte Faith und erhoffte nun endlich eine Antwort. “Was war das in Silent Hill?”
 

“Wir sind Zauberer. Es war ein Spiel.. vergiss es!” sagte die Gestalt und lächelte Faith dabei freundlich an.
 

“Was.. ein.. SPIEL?? Ihr habt mit uns gespielt? Wie oft seid ihr in letzter Zeit mit dem Kopf gegen die Wand gelaufen!” schrie Faith wütend, ließ ihrer Wut freien Lauf und knallte dem Magier eine mit ihrer rechten Faust.
 

Dieser gab sich unbeeindruckt und lächelte die Jägerin weiterhin an.

“Dein Zorn ist verständlich aber zur Zeit steht er dir nur im Weg. Du musst dich konzentrieren, sonst war das ganze Spiel umsonst!”
 

“Was.. wie?” Faith starrte ihn genervt, aber neugierig und zornig an.
 

Er deutete mit der Hand nur stumm an ihr vorbei und nickte mit dem Kopf ebenfalls in diese Richtung. Sofort drehte sich Faith um.
 

Die Erde begann zu beben und die Hitze wuchs ins Unerträgliche. In einiger Entfernung erblickte Faith eine Oase, um die sich ein Dorf aufgebaut hatte. Nur wenige Meter von ihr entfernt spielten zwei kleine Kinder, in dunkle Fetzen gehüllt, miteinander.
 

Dunkle Wolken bildeten sich am Himmel und verdunkelten die Wüstenstadt. Schreie wurden laut, als ein unerträglicher Lärm die Luft durchschnitt.

Faith sah zu dem Magier, der noch immer neben ihr stand.

“Was zur Hölle ist hier los?!” schrie sie, um den lauten, trommelähnlichen Lärm zu übertönen.
 

“Ja, so ähnlich!” antwortete die Gestalt, deren geschlechtlicher Zuordnung sich Faith noch immer nicht sicher war, und deutete mit der wieder zu dem Dorf.

Flammen waren ausgebrochen und panische, kreischende Menschen flüchteten vor etwas, das Faith noch immer nicht sah. Das Geräusch wurde immer lauter, und irgendwie kam es Faith bekannt vor.
 

Eine weitere Feuersäule stieg aus dem zentralen Kern des Dorfes auf und in dem Moment, als etwas durch diese Säule kam, wusste Faith, woher sie das Geräusch kannte.
 

“Pferde?” fragte Faith laut und starrte auf die Gestallt, die durch die Feuersäule geritten war, und das Dorf verwüstete. Flammen schmiegten sich um das Pferd, wie der Reiter darauf aussah, war nicht festzustellen. Wie Schatten bewegten sich drei andere Gestalten neben dem Feuerpferd, doch Faith konnte sie nicht erkennen.
 

Ein lauter Schrei durchschnitt die Nacht und die Bäume, die dem Feuer bisher tapfer stand gehalten hatten, gingen lodernd in Flammen auf und umschlossen das kleine Dorf wie ein tödliches Gefängnis, aus dem keiner der Einwohner mehr lebend entkommen konnte.
 

“Das reicht.. ich muss..!” schrie Faith und wollte auf die Oase zulaufen, doch der Magier packte sie an der Hand.

“Wir sind hier nur Zuschauer. Du kannst die Ereignisse nicht verändern, dies ist vor langer Zeit geschehen!” sprach er, und deutete auf die Gestalt, die wie eine Krähe über dem brennenden Dorf kreiste.
 

“Was ist hier geschehen?” flüsterte Faith noch einmal.
 

“Einer kam über sie, und alles was nach dem Feuersturm zurück blieb, war reine Erde.”
 

Faith blickte noch einmal auf das brennende Dorf und die Feuersäulen, die in den Himmel ragten, als sie plötzlich ein helles Licht sah, und im nächsten Moment befand sie sich wieder in der Höhle bei den anderen. Erstaunt starrte sie den Magier an.
 

“Dies war die Belohnung für den Sieg.” Sprach er und nickte Faith zu.
 

“Nütze es weise!” flüsterte er, nickte dann auch den drei anderen, erstaunten Personen zu, und ging ebenfalls zur Tür.
 

“Moment, wie kommen wir hier raus?” schrie Robin, doch als sich die Tür schloss, verlor die Höhle rings um sie herum die Konturen und der braune Stein wurde zu einer grauen Wand.
 

Verwirrt sahen sich die vier um, hier waren sie nicht zum ersten Mal.
 

“Das ist die Tankstelle!” murmelte Ronah und sah Faith verwundert an.
 

“Was sollte das alles?” fragte Robin und trat mit einem fragenden Blick neben Faith.
 

“Ein krankes Spiel, den Rest besprechen wir später. Nichts wie weg von hier!” Und ohne ein weiteres Wort zu sagen, ließ sie die drei Personen mit ihren Fragen zurück, wissend, dass sie ihr folgen würden. Dass ihre Freunde bei ihr bleiben würden, wohin sie immer auch jetzt gehen würde..
 

“Faith.. wieso kommt ihr aus der Tankstelle?” fragte Vi, die mit einem verwirrten Gesichtsausdruck aus dem Bus ausstieg. ”Und wie ich sehe, habt ihr die Jägerin gefunden.. noch mal.. ähm.. in der Tankstelle?”
 

Lächelnd ging Faith an ihr vorbei, legte ihr eine Hand auf die Schulter und sagte: ”Das ist ne lange Geschichte!”
 

GrrrrArgh



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