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Buffy: Projekt 8

Die virtuelle achte Staffel
von

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Folge 2: Brave New World - Part 2

Autor: Mel
 

Grafische Gestaltung: chris, Nikka (buffy-online.com), Stefan und Mel (Projekt 8)

Länge: ca. 45 Seiten

Disclaimer: Die virtuelle, achte Staffel baut auf das von Joss Whedon erschaffene Buffy-Universum auf. Sie wurde von Fans für Fans geschaffen, ohne dem Ziel damit Geld zu verdienen. Das Universum und seine Charaktere sind das alleinige Gedankengut von Joss Whedon, Mutant Enemy, FOX, WB und Paramount.
 

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Was bisher geschah....

Buffy kämpft im Kloster gegen die drei Ninjas

Dawn kämpft gegen die Vampire in London

Kennedy, Xander und Andrew im Vampirnest

Willow und Dawn unterhalten sich über Dawn und ihre entdeckten Jägerinnenkräfte

Xander und Kennedy in der Dämonenbar

Weatherby in der Dämonenbar

Giles und Willow im neuen Ratsgebäude bei der Konferenz

Wood und Faith im Gespräch darüber, dass er noch nichts gehört hat, was seine Ernennung zu einem Wächter betrifft

Kennedy, Andrew und Xander folgen dem Dämon zum Hochhaus

Kennedy, Andrew und Xander umzingelt von Vampiren
 

++++
 

„Oh mein Gott, oh mein Gott, oh mein Gott,“ Andrew drängte sich weiter dicht an Xander und Kennedy heran, während die Horde Vampire unbeirrt auf sie zustürzte.

„’Ne neue Schallplatte, Andrew,“ stöhnte Kennedy und köpfte dabei den ersten Vampir, der bei ihrer Dreiergruppe ankam und zu Staub wurde, ehe sein Kopf auf den Boden aufprallte.
 

Xander stieß mit seiner Axt einen weiteren Vampir von sich und schaffte so ein wenig Platz für Kennedy, die mit ihrer Axt ausholte und auch diesen Angreifer einen Kopf kleiner machte. Andrew sah sich inzwischen mehreren Vampiren gegenüber und das Schwert in seiner Hand zitterte leicht.
 

'Reiß dich zusammen, reiß dich zusammen’ versuchte er sich zu ermahnen und rief sich ins Gedächtnis, dass er zu der Gang gehören wollte. Nur weil er Dämonen beschwören konnte, garantierte ihm das noch keinen sicheren Platz. Das konnten sicher Willow oder Giles mit dem richtigen Zauber ebenso gut. Also musste er wohl beweisen, dass er kämpfen konnte. Sein letzter wirklicher Einsatz vor fast über drei Monaten hatte mit dem tragischen Tod von Anya enden müssen. Er konnte nicht mit Stolz von sich behaupten, wirklich hilfreich in dieser Situation gewesen zu sein. Xander sprach zwar nie darüber, aber Andrew hatte trotzdem das Gefühl etwas tun zu müssen, um zu zeigen, dass er daran nicht Schuld trug.
 

Mit einem lauten Schrei, den er sich aus diversen drittklassigen Karate-Filmen abgeschaut hatte und der nichts mit einem echten „kia“ gemein hatte, stürzte er zwei Schritte nach vorne und schaffte es sogar, dass die Vampire verdutzt zurückwichen. Den Vorteil nutzte Andrew sofort aus und schlug einem der Monster den Kopf von den Schultern. Leider hielt die Verwunderung der Vampire nur sehr kurz an. Sie schlugen um so stärker zurück. Er hatte auf einmal alle Hände voll zu tun, genau wie seine beiden Mitstreiter. Im Kampfgetümmel versuchte Kennedy einen Ort zu erspähen, zu dem sie fliehen konnten und Schutz fanden. Xander schien ebenfalls auf denselben Gedanken gekommen zu sein, denn er tippte sie an und deutete zur einer blauen Stahltüre, die ihnen direkt gegenüber in einen kleinen, niedrigen Vorbau führte. Sie nickte und stieß Andrew an, der sich zu ihnen herumdrehte und ebenfalls die Türe gezeigt bekam.
 

Kennedy zählte mit ihren Fingern auf drei und machte klar, dass sie gleich langsamer zählen würde und alle auf drei gemeinsam vorpreschen mussten. Die beiden Jungs nickten, droschen weiter auf die Vampire ein, steckten Kratzer und tiefere Wunden durch Waffen ein, während Kennedy beim Wüten unter den Monstern laut „Eins – Zwei – Drei,“ brüllte, und losstürmte. Durch ihre Kraft und ihre Entschlossenheit brach sie tatsächlich durch den Ring Vampire, der empfindlich reduziert worden war. Andrew folgte und Xander schloss auf, während er unter den mutigen Verfolgern ein wenig aufräumte.
 

Kennedy ließ sich gegen die blaue Türe fallen, die zu ihrer großen Erleichterung offen war. Sie stürzten hinein und suchten panisch und hektisch nach etwas, mit der sie die Türe versperren konnten. Kennedy schlug dabei das Fenster ein, hinter dem sich die Feueraxt befand und warf sie Xander zu, der die Axt so anbrachte, dass von außen so schnell niemand hereinkam. Und keine Sekunde zu spät... die Vampire hatten die Türe ereicht und schlugen wütend gegen das Metall.
 

Erst jetzt nahmen sie sich einen Moment Zeit, um sich umzuschauen. Sie waren in einem Treppenhaus gelandet.
 

„Verdammt.. was für eine Übermacht,“ seufzte Kennedy.
 

„Ich schätze wir sollten nach Hause gehen und weiter recherchieren,“ klagte Andrew.
 

„Und was soll das bringen?“
 

„Na ja, wir wüssten zumindest wo ihre Schwachstellen wären, wie wir sie angreifen könnten,“ zählte Andrew auf.
 

„Er hat recht,“ räumte Xander ein und lächelte unsicher.
 

„Das ist nicht unsere Sache...“
 

„Aber Giles ist noch nicht hier und solange vertreten wir ihn, Willow und... vielleicht eh... Buffy. Und wenn nun einmal Recherchearbeit dazuzählt... schau uns doch an,“ Xander deutete auf Andrew, dessen Wange von einem blutigen Kratzer geziert wurde, ein empfindlich dunkler Fleck breitete sich bereits unter dem rechten Auge aus, seine Kleidung war zerrissen und wenn Xander an sich herunterblickte, bot er keinen besseren Anblick. Außer Kennedy trugen sie deutliche Spuren des Kampfes.
 

„Also gut,“ seufzte Kennedy. „Giles kommt ja bald.“ Sie deutete zur Treppe nach oben.
 

++++
 

Hoch oben auf dem Dach des Hochhauses stand eine einsame Gestalt. Das dunkle Haar wurde im Wind zerzaust, die Tätowierung auf der Stirn blitzte im Licht auf dem Dach auf und sein dunkler Mantel wehte um seinen Körper. Der Blick war starr nach unten gerichtet und beobachtete den Kampf. Die geschärften Augen eines Vampirs machten es ihm möglich Einzelheiten zu erkennen, sich einzuprägen, wer da unten seine Kinder dezimierte und am Ende sogar entkam.
 

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England. London/ Notting Hill.

Ratsgebäude.

„Ja. Ja ich verstehe Sie, Robin,“ Giles fuhr sich durch das Haar und umgriff den Hörer etwas fester. Er saß in einem kleinen Büro, das wenig Persönliches von ihm selbst beinhaltete oder gar zum Ausdruck brachte. Bis auf den wuchtigen Schreibtisch, dem hohen braunen Lederstuhl, zwei alten Stichen an den Wänden und einem schmalen Bücherregal, befanden sich ein Besucherstuhl vor dem Schreibtisch, Papierkorb, Kleiderständer und ein Computer im Raum. Willow hatte ihn versucht davon zu überzeugen, ein paar Blumen aufzustellen oder wenigstens ein Bild von ihnen allen, aber er hatte nur auf die übliche Distanziertheit – zwar nett, aber doch bestimmt – abgelehnt.
 

Giles starrte auf den toten Monitor und ließ seinen Blick zum Netzkabel schweifen, das nutzlos und schlaff über dem Monitor hing. Er hatte sich vor einem Monat Willow gegenüber verweigert Zeit damit zu verschwenden sich in die Datenbank einzuarbeiten. Mit so etwas konnten sich die Spezialisten beschäftigen oder jemand der mehr Zeit als er hatte.
 

Das Büro war so klein und unpersönlich gehalten, weil Giles nicht vorhatte ewig hier zu bleiben und eigentlich war für Lily Usher ein größeres, helleres Büro vorgesehen gewesen. Wenn sie jetzt mit nach Amerika kam, würde man wieder jemanden suchen müssen, der in London die Stellvertretung übernahm. So viel Reserveleute wie früher hatten sie leider nicht mehr.
 

Giles blätterte in einer Akte vor sich auf dem Schreibtisch. „So weit ich aus den Unterlagen herauslesen kann, gab es da wohl ein kleines Missverständnis.“
 

Mississippi. Schulbus

„Missverständnis,“ fuhr Robin auf und zog die Stirn kraus. „Missverständnis?“ Wiederholte er noch einmal ruhiger, aber dafür verzweifelt. „Ohne das Geld aus London können wir die Arbeit hier so gut wie vergessen. Das wissen Sie doch? Es ist jetzt das dritte Mal, besser gesagt die dritte Woche in Folge, dass die Zahlungen ausbleiben. Die Mädchen prügeln sich bereits um das letzte, das der Kühlschrank hergibt.“
 

Faith kam in den Wagen. Robin sah auf. Ihr Haar klebte ihr verschwitzt an der Stirn und ihre sportliche Kleidung wies Schweißstellen auf. Sie griff nach einem grauen Handtuch, dass über den Fahrersitz hing und wischte sich die Stirn ab. Als sie vom Eingang wegtrat, sah Robin im Freien Ronah und Vi am Fluss ein paar Tai Chi Übungen absolvieren. Er lächelte. Kein Wunder kam Faith zu ihm. Langsame geduldige Übungen waren nicht ihr „Ding“. Wie sie ihm gleich in der ersten Trainingsstunde in Tai Chi erklärt hatte. Sie würde sich nicht wie eine Schnecke in Zeitlupentempo zu Figuren wie „Der Schwan“ verbiegen.
 

Sie formte mit ihren Lippen die stumme Frage „Giles“ und er nickte.

„Gib her,“ sie riss Robin das Handy aus der Hand. „Giles? Faith hier... bringen Sie Ihren Hintern in die Gänge oder wir verhungern hier am langen Arm.“
 

England.

London/ Notting Hill.

„Uhm.. Faith.. uh, ja ich freu mich auch wieder von dir zuhören,“ er verdrehte die Augen und sank auf den Stuhl. „Ich habe gerade Robin erklärt, dass es ein Missverständnis gegeben hat. Offensichtlich wurden die Schecks an ein falsches, besser gesagt, nicht vorhandenes Konto überwiesen. Man hatte zwei Zahlen verdreht. Daher gingen die Schecks immer wieder zurück. Irgendwie hat man versäumt mir Bescheid zu geben.“ Es war Giles außerordentlich unangenehm Faith davon berichten zu müssen. Er war es gewesen, der immer von Ordnung und Kontrolle gesprochen hatte und dann gelang es ihm nicht einmal seinem wertvollsten Team Essen, Benzin, Kleidung und Übernachtungen zu bezahlen. „Ich regle das sofort selbst und ihr bekommt natürlich alles nachbezahlt.“
 

Mississippi

„Will ich auch hoffen. Ich kann nämlich bald Toastbrot und Wasser nicht mehr sehen. Da war’s im Gefängnis irgendwie luxuriöser,“ Robin nahm Faith den Hörer wieder aus der Hand und gab ihr mit einem Blick zu verstehen, dass er von ihrer Art ein Telefonat zu führen nicht viel hielt. Sie zuckte unbekümmert mit den Schultern und suchte im hinteren Teil des Busses unter einer als Sitzsofa verwendeten Truhe nach Waffen für das Training.
 

„Tut mir leid, Giles,“ entschuldigte sich Robin für Faith und rieb sich den Bart. Vielleicht würde er ihn sich in den nächsten Tagen abrasieren. Die Pflege nahm einfach zu viel Zeit in Anspruch. Die Tage, wo er Zeit hatte und gemütlich dabei einen Kaffee im Badezimmer hatte trinken können, waren leider vorbei. Er musste sich der neuen Situation anpassen. „Sie kümmern sich darum?“
 

England. London/ Notting Hill.

„Natürlich. Sofort und uhm.. Robin....ich darf Ihnen gratulieren,“ um Giles Lippen spielte ein kleines Lächeln. „Wir.. Sie.. haben die Wahl gewonnen.“ Giles verschwieg die Details. Die Wahl war mit Stimmengleichheit ausgefallen und nur auf Grund einer weiteren, mahnenden Rede von ihm und Lily konnte Robin mit einer Stimme mehr die Wahl für sich entscheiden. Anschließende Diskussionen, böse Worte und auch diskriminierende Worte behielt er für sich. Das ein Teil gegen den nicht offiziell ausgebildeten Mann war, hätte er noch verstehen können, wenn es sich dabei nur um seine Qualifikation gedreht hätte.
 

Aber die Vorurteile, die die meisten Wächter mit Robin verbanden, wollten ihm nicht einleuchten. Sie kannten ihn nicht einmal, hatten nur von ihm gehört und trotzdem glaubten sie, er als Sohn einer Jägerin, ein untrainierter Mann, der nicht einmal eine Wächterschule von außen gesehen hatte, wäre weniger als sie, die Bürohelden, für den Job geeignet. Erneut war er Lily dankbar, dass sie ihn bei der Wahl unterstützt hatte.
 

Mississippi

Robin schwieg einen Moment überrascht. Er hatte tief in sich doch den einen oder anderen Zweifel gehabt. Schließlich hatte er eine Wächterschule noch nicht einmal von außen gesehen. Dann verzog sich sein Mund zu einem breiten, zufriedenen Lächeln. „Fantastisch. Ich darf jetzt offiziell meinen Jägerinnen die Hölle heiß machen?“ Er sah zu Faith, die mit drei Schwertern unter ihrem Arm wieder vorne auftauchte und ihn fragend anschaute. Er hielt eine Hand über die Muschel. „Ich bin offizieller Wächter.“
 

„Oh,“ sie beugte sich zu ihm herunter, gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Gratuliere. Bin wieder bei den Mädchen.“ Mit gemischten Gefühlen und einem schwer deutbaren Gesichtsausdruck verließ Faith den Bus. Sie war sich nicht so sicher, ob sie jetzt, wo er offiziell „bestimmen“ durfte, von ihm so einfach Befehle annehmen konnte.
 

„Ich hab’s gerade Faith gesagt,“ entschuldigte er sich für die Unterbrechung. „Ich schätze eine Gehaltserhöhung ist dafür aber nicht drin,“ er lachte, als er Giles Antwort darauf hörte und verabschiedete sich schließlich.
 

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Australien.

Sidney.

Airport

Buffy stand vor einer großen Anzeigetafel und versuchte ihren Flug nach Los Angeles ausfindig zu machen. Als sie Gate und Abflugzeit gelesen hatte, ging sie zu ihrem Schalter. Besser gesagt versuchte sie es. Auch hier fiel ihr die Orientierung nicht leicht. „Verdammt... ich konnte mir von zwölf Friedhöfen die Lagepläne merken, aber hab es immer noch nicht raus, wie ein Flughafen funktioniert.“ Sie schleppte ihren Rucksack und den Koffer weiter und ließ sich erschöpft auf eine Bank sinken.
 

„Viel Gepäck, was?“
 

Buffy sah leicht genervt zur Seite und lächelte höflich das Mädchen neben ihr an. Amerikanerin, selbst mit ähnlichen Gepäckstücken unterwegs, gebräunt und im Besitz eines der Outback-Hüte, von denen sich Buffy ferngehalten hatte. Sie standen ihr nicht besonders gut. Allerdings hatte sie ein paar nette Mitbringsel für alle zu Hause. Zuhause... sie ließ sich die Bedeutung dieses Wortes durch den Kopf gehen.. sie war nun fast 23.. aber ein Zuhause hatte sie nicht mehr. Natürlich waren da ihre Freunde... und Giles, dem sie die Reise überaupt erst zu verdanken hatte, aber das Wort Zuhause verband sie nicht wirklich damit. Geborgenheit vielleicht. Fast hätte sie laut geseufzt.
 

Sie riss sich zusammen und beschränkte sich auf ein Nicken.
 

„Geht’s zurück oder in den Urlaub.“
 

„Zurück.“
 

Das Mädchen ließ sich von Buffys Wortkargheit nicht abschrecken und plapperte weiter darauf los. “Und wohin?“
 

„Los Angeles.“
 

„Oh Amerikanerin, wie ich. Wo genau hast du dich in Australien herumgetrieben?“

„Cairnes und dann runter die Ostküste nach Sydney.“
 

„Ah ja, die typische Touristentour,“ sie lächelte mit breit verzogenen Lippen und strahlend weißen Zähnen. 'Zu weiß,’ urteilte Buffy und zog ihre Stirn kraus. Gleichzeitig stellte sie sich dabei vor, wie sich das nervende Mädchen in einen Dämon verwandelte, dem sie den Kopf abschlagen konnte. „Eh.. ist was.. du schaust so komisch?“
 

„Oh nichts,“ riss sich Buffy zusammen. „Du weißt nicht zufällig wo der Schalter von Air New Zealand ist?“
 

„Oh natürlich doch. Da muss ich auch hin, warte ich zeig’s dir,“ sie schnellte hoch, packte ihr Gepäck und zeigte nach vorne. „Da lang.“

„Das hat mir jetzt gerade noch gefehlt,“ stöhnte Buffy und folgte der anderen. „Tausende von Reisenden und ich bekomme die redselige ab.“
 

++++
 

Bath

Wohnung von Giles

„Ich freu mich so Xander wieder zu sehen,“ seufzte Dawn und ließ sich auf das Gästebett fallen, das für drei Monate ihr Zuhause gewesen war. Willow stand neben ihr am Bett und lud einen Berg Wäsche nach dem anderen auf die Matratze.

„Wenn du nicht bald anfängst zu packen, wird das nie geschehen.“

„Ach wir packen doch schon seit Tagen. Ständig stehen wir extra früh auf, um schwere Kisten zu beladen, Giles und dich rechtzeitig loszuschicken, damit ihr euren Ratskrempel packt und abends geht’s weiter. Das ist soo langweilig.“
 

„Und so notwendig, wenn du in Cleveland nicht in Lumpen oder nackt herumlaufen willst.“
 

Dawn verzog bei der Vorstellung das Gesicht, sprang wieder auf und zog ihren Koffer unter dem Bett hervor. „Überredet.“
 

Sie packten eine Weile schweigend, ehe Willow ihr geschäftiges Treiben unterbrach.
 

„Uhm.. Dawnie...“, Willow stellte den leeren Korb vor die Türe und lehnte sich an den Rahmen. Dawn sah auf.
 

„Hast du in den letzten Tagen noch einmal eine.. nun hast du noch einmal kämpfen müssen?“
 

Dawn schüttelte den Kopf. Im ersten Moment hatte sie befürchtet Willow hätte den leichten Nikotingeruch an ihren Kleidern festgestellt. Dabei war es keine große Sache gewesen. Nur ein kleiner Versuch. Sie hatte so husten müssen, dass sie Steve ausgelacht hatte. Jedenfalls würde sie die Finger weiterhin davon lassen. Aber für eine Strafpredigt hätte es sicher gereicht.
 

„Und du hast immer noch nicht mit Giles geredet?“
 

„Nein,“ wich Dawn aus.
 

„Du solltest aber.“
 

„Ich weiß, Will. Aber schau,“ sie warf ein paar Bücher in einen Karton. „Sobald er davon weiß, wird er wollen, dass es Buffy erfährt. Und dann? Ich habe in den letzten Monaten begriffen, dass für Buffy die Jägerinnen wichtig waren, dass sie ihren Respekt hatten, ihre Anerkennung. Ich war nur die kleine Schwester, die im Weg herumstand, die man vor dem Kampf lieber mit Xander aus der Stadt geschickt hatte. Ich möchte jetzt nicht ihre Anerkennung dadurch bekommen, dass ich wie sie bin. Oder, oder was ist, wenn gerade diese Tatsache dazu führt, dass sie mich nicht mehr als ihre Schwester sieht?“
 

„Das wird nie passieren Dawn,“ Willow stieß sich vom Rahmen ab und ging zu Dawn, die sich auf das Bett sinken ließ. „Buffy liebt dich über alles. Dass sie dich und Xander damals wegschickte, passierte doch nur, weil sie nicht wollte, dass euch beiden etwas passiert. Und ich glaube nicht, dass ihr eine Amanda oder eine Molly je wichtiger waren als du.“
 

„Ach ja?“ Dawn schien anderer Ansicht zu sein.

„Oh ja. Und dich irgendwie anders zu sehen... nein. Aber vielleicht könntet ihr endlich mehr Zeit miteinander verbringen? Buffy kann dir viel zeigen. Viel beibringen. Jetzt wo sie nicht mehr alleine für die Rettung der Welt sorgen muss, hat sie sicher auch mehr Zeit für dich und andere Dinge.“
 

„Buffy? Glaubst du wirklich sie kann damit leben, dass sie einen neuen Sinn in ihrem Leben suchen muss? Und zudem.. sie würde mich nur herumkommandieren und Giles bestimmt auch. Nein...ich habe gesehen, was aus Buffy wurde. Mit den Jahren der Last und Verantwortung. Ich möchte so nicht werden. Will.. ich möchte einfach nur auf die Highschool gehen, Spaß haben, einen normalen Freund bekommen...“
 

Willow nickte. Sie verstand sehr wohl was Dawn meinte. Und was stand ihrer Bitte schon im Weg? Die Welt war voll von Jägerinnen, da kam es auf eine mehr nicht wirklich an.
 

„Okay.. ich überlasse es dir, wann du es den anderen sagen willst.“ Willow seufzte. „Ich hoffe nur, du bist dir der Gefahr bewusst, in die du dich dadurch begibst. Manche Wesen können sehen oder riechen, was du bist und greifen dich nur deswegen an. Ohne Ausbildung, ohne Training bist du ihnen ziemlich ausgeliefert.“
 

„Ich weiß das, Willow. Gib mir einfach nur etwas Zeit. Ich werde schon mit ihnen reden.“
 

„Fein.. außer natürlich... ich verplappere mich...“
 

„Oh Willow...“
 

„Das war doch nur ein Scherz.“
 

Ein Kissen traf Willow von der Seite und die beiden kicherten, ehe eine wilde Kissenschlacht ausbrach.
 

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Cleveland.

Neue Zentrale vom Rat

Der große Versammlungsraum lag im frühen Tageslicht etwas düsterer da, als er tatsächlich war. Noch waren die Vorhänge zugezogen und alles was Licht spendete war die Stehlampe an dem kleinen Tisch an der Wand an dem Kennedy, Xander und Andrew saßen. Ihre Köpfe hingen über Büchern und der kleine Tisch war bedeckt mit weiterer Literatur. Ein Teller voller Donuts und dampfende Pappbecher mit Kaffee stellten ihr Frühstück dar. Im kleinen Lichtkegel waren die fast leeren Bücherregale an den Wänden nur schemenhaft wahrnehmbar und der große Konferenztisch thronte als eine dunkle Masse in der Mitte.
 

Andrews blau geschwollenes Auge konnte sich nur schwer auf den Text konzentrieren. Er fragte sich, wie Xander das mit halber Sehkraft so leicht wegstecken konnte und versuchte sich vorzustellen, er hätte dank der Verletzung einen Röntgenblick bekommen, aber das half ihm wenig über seine Schmerzen hinwegzukommen. Die ärgsten Kratzer trugen Heftpflaster.
 

Xander sah hingegen ein wenig erholter aus und Kennedy schien so fit und frisch wie immer.
 

„Okay.. wir kommen nicht weiter,“ seufzte sie. „Wenn Giles und Willow wieder hier sind, sollen sie das für uns übernehmen.“
 

„Aber wir haben vielleicht keine Zeit mehr,“ gab Xander zu bedenken und sah zur Uhr. „Apropos Zeit... ich sollte los.“
 

„Wieder eine Personalkonferenz?“ Andrew reckte sich.
 

„Nein, heute geht’s ums Budget,“ Xander klappte seine Bücher zu. „Hier steht nichts drin. Sucht weiter. Benutzt die Webadressen, die uns Willow da gelassen hat. Findet irgendetwas.“
 

„Oh ja, Herr Wächter,“ scherzte Kennedy, griff nach einem Donut und biss herzhaft hinein. Mit vollen Mund sprach sie weiter. „Wif schind alle von geschtern müde und...“
 

„Und ich auch und gehe trotzdem arbeiten,“ Xander zog sich das Jackett über, das über seinem Stuhl gehangen hatte und griff nach seiner Aktentasche.

„Das tun wir doch alle,“ sagte Kennedy nebenbei und blätterte eine Seite weiter.

„Oh natürlich. War Daddys Scheck diese Woche wieder pünktlich da?“ Xander grinste, aber die Worte klangen fast ein wenig boshaft. Kennedy sah entsprechend getroffen hoch.
 

„Ich bin ne Jägerin, Xander. Wach auf. Welchen Beruf könnte ich schon ausüben, der mir nachts nicht beim Aufräumen unter den Untoten im Weg stehen würde?“ Xander blieb ihr eine Antwort schuldig. „Siehst du… also seid froh, dass mein Dad mir aus England pünktlich Schecks schickt und meine Laune damit sich bedeutend verbessert. Von etwas muss ich ja leben.“
 

Xander schwieg weiter und war in Gedanken bei Buffy. Was würde sie tun, wenn sie wieder hier war? Von was wollte sie ihr neues Leben mit Dawn finanzieren? Oder hatte sie endlich wie versprochen ihren verschollenen Vater angerufen oder aufgesucht, um ein paar Dinge zu klären? In Gedanken sah er zu Andrew, der gerade im Begriff war seinen Mund zu öffnen. Eigentlich war Andrew am ärmsten dran. Buffy hatte ihre Schwester und Giles, der sicher gerne aushalf. Er und Willow hatten sich und ihre Erinnerungen an die Kindheit in Sunnydale. Andrews Freunde waren tot. Von einer Familie wusste Xander nichts. Vielleicht sollten sie sich an einem Abend mal nicht über Comics und Filme unterhalten..
 

„Schon gut, schon gut.. ich hab euren Standpunkt kapiert. Wie sehe ich aus?“
 

„Gut,“ bestätigte Andrew mit voller Überzeugung und einem nachgesetzten Nicken. Auch wenn er es bedauerte nicht seinen Kommentar zum Geldverdienen los geworden zu sein. „So unauffällig wie Clark.“
 

Xander verzog das Gesicht. „Ich würde gerne den Kommentar einer Frau bevorzugen.“
 

„Gut,“ lachte Kennedy bestätigend und zog sich ein weiteres Buch heran. Sie schlug es auf, während Andrew schmollte und Xander zum Ausgang eilte. „Oh hey.. das ist einer von denen,“ Kennedy tippte wild auf die Seite. Andrew rückte mit dem Stuhl um die Ecke und sah in das Buch, während Xander zurückkam.
 

„Oh ja.. was steht drunter?“ Xander beugte sich über Kennedys Schulter.
 

„Uhm… tja… das scheint Griechisch zu sein. Altgriechisch? Wobei mir dieser Schnörkel etwas Zweifelhaftes hat,“ Kennedy tippte auf den Buchstaben und blickte fragend in die Runde. Xander zuckte mit den Schultern und Andrew schwieg. „Na prima… jetzt haben wir das richtige Buch, aber keiner kann es lesen.“
 

„Das behauptest du,“ murmelte Andrew leise, sagte aber nichts mehr weiter.

Kennedy sah ihn mit gerunzelter Stirn an. „Und das bedeutet, kryptischer Junge?“
 

„Nun dass es nicht altgriechisch ist, sondern eine alte Dämonensprache. Zweifelhafter Herkunft. Manche Buchstaben weisen starke Ähnlichkeiten mit Klingonisch auf...“
 

„Kannst du es übersetzen,“ unterbrach Xander Andrews Geschwätzigkeit. Er nickte.
 

„Also...es scheint sich um sogenannte Wrukolas zu handeln. Vampire von der ägäischen Insel. Und.. und dass sie ihre Opfer erwürgen,“ fügte Andrew hastig hinzu. Er sah mit einem breiten, zufriedenen Grinsen auf.
 

„Wow,“ sagte Xander nach einer gebührenden Schweigesekunde. „Du kannst uns tatsächlich immer wieder aufs Neue erstaunen.“
 

Andrews zufriedenes Gesicht nahm einen stolzen Ausdruck an. „Da steht aber noch mehr.“
 

„Dann übersetze es endlich,“ Kennedy schob ihm ungeduldig das Buch zu.
 

„Also... ein Wrukola sucht sich unter den Sündern seine Opfer. Er klopft an die Türe. Wer beim ersten Klopfen öffnet, ist verloren. Sie erwürgen das Opfer und ernähren sich dann davon. Sie können Vampire auf die herkömmliche Weise erzeugen.“ Fasste Andrew stockend das zusammen, was er las und übersetzte. „Cool.“
 

„Somit wären die Botschaften an den Hauswänden und Türen erklärt,“ sinnierte Kennedy.
 

„Und die Art der Ermordung. Und wieso sie keine Einladung ins Haus nötig haben. Aber es gibt uns keine Antworten darauf, was sie hier wollen und wieso sie einen Meister haben,“ Xander schüttelte betrübt den Kopf.
 

„Spielt das eine Rolle,“ Kennedys Ton verriet ihre gewohnte Ungeduld.
 

„Na ja, wenn wir herausfinden wollen, wie wir sie vertreiben oder auslöschen können schon,“ lenkte Xander ein.
 

„Was bin ich froh, wenn Giles endlich hier ist und wieder seinen Job erledigt.“ Kennedy zog ein langes Gesicht.
 

„Recherchiert einfach weiter,“ Xander tätschelte ihre Schulter, grinste und verschwand aus dem Gebäude.
 

++++
 

England.

London/ Notting Hill.

Die Türe zu dem großen, geräumigen Büro ging ohne Klopfen auf und Lily Usher sah mit einem missbilligenden Stirnrunzeln auf. Als sie jedoch Giles entdeckte, der selbst ganz in Gedanken versunken an ihren Schreibtisch heran trat, wich der strenge Gesichtsausdruck einem Lächeln. Er stand offensichtlich seit Tagen neben sich. Und so kurz vor seiner Abreise hatte seine Zerstreutheit zugenommen. Da konnte sie kleine Unhöflichkeiten schon einmal großzügig übersehen.
 

„Uhm.. eh.. Lily,“ er blätterte in einer Akte herum und sie sah fragend hoch. „Hier gab es offensichtlich ein paar Fehler. Robin Wood wurden seit drei Wochen keine Schecks mehr zugeteilt.“
 

„Oh? Wirklich?“ Sie klang betroffen und stand auf, um Giles die Akte abzunehmen. „Und da beschwert er sich erst jetzt?“
 

„Nun, wahrscheinlich wollte er keinem von uns noch mehr Arbeit machen.

Allerdings wird das Geld jetzt knapp. Nein. Es ist knapp.“
 

„Ich weiß gar nicht wie das passieren konnte. Ich kümmere mich sofort darum...“
 

„Sei mir nicht böse, aber ich würde mich darum sehr gerne persönlich kümmern. Ich habe es Robin versprochen. Ich wollte nur, dass du bescheid weißt.“

Lily strich sich eine Haarsträhne hinter das Ohr. „Natürlich. Wenn es dir nicht zu viel wird?“
 

„Ich mache das gerne.“
 

„Und woran lag es?“
 

„Einer deiner Mitarbeiter hat kontinuierlich eine Zahl vertauscht.“
 

Lily warf einen Blick auf die Unterlagen. „Oh ja, Warden. Er ist neu. War im ersten Jahr der Ausbildung, als wir ihn hierher holten.“
 

„Aber der beste seines Jahrganges.“ Verteidigte Giles sofort seinen Entschluss von vor ein paar Wochen.
 

„Ich weiß. Und wir brauchen auch jeden. Ich werde ihn ermahnen. Kommt sicher nicht noch einmal vor.“
 

„Danke. Ich werde das jetzt noch erledigen und mich dann endlich von hier losreißen. Du kommst soweit klar,“ Giles nahm ihr die Akte wieder ab und schlug sie zu.
 

„Sicher. Hättest du mich sonst auf den Posten gesetzt?“
 

„Es hat mich auch einiges gekostet.“
 

Lily lachte. „Oh je, ich hätte also doch nicht den teueren Hummer wählen sollen?“

Giles schmunzelte. „Du weißt was ich meine.“
 

„War es so schlimm mich nach so vielen Jahren wieder einmal anzurufen?“
 

„Es weckte Erinnerungen,“ Giles klemmte sich die Akte unter den Arm, und ging zur Türe. „Gute, als auch schlechte.“
 

Lily schwieg und lächelte schwach bei seinen Worten. Oh ja, er hatte damit vollkommen recht. Wenn sie näher darüber nachdachte, war es Giles wirklich teuer zu stehen gekommen, sie anzurufen. Seine Erinnerungen an die Zeit damals mit ihr, gehörten zu den schwersten seines Lebens. Er hatte sie verdrängt und mit ihr wieder ausgegraben.
 

„Wir sehen uns in ein paar Wochen in Cleveland.“ Damit war er aus dem Büro verschwunden. Lily konnte nur noch der geschlossenen Türe zunicken und ließ sich wieder auf ihren Stuhl sinken.
 

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Cleveland

Hopkins International Airport

„Das nächste mal sitze ICH in einer anderen Reihe,“ meckerte Dawn und schnappte sich ihren Koffer vom Laufband. Sie wirkte müde und abgespannt.
 

Willow grinste und hievte ihren Koffer zu Giles Lederkoffer auf den Gepäckwagen und nahm Dawn die Tasche ab. „So schlimm war sein Schnarchen auch wieder nicht.“ Sie warf ein schiefes Lächeln dem Briten zu und Giles verdrehte die Augen. Unbeirrt schob er den Gepäckwagen Richtung Ausgang.
 

„Du hast es jetzt drei Monate mit ihm in einer Wohnung ausgehalten, da hätte dir ein Flug nichts ausmachen sollen.“ Willow folgte Giles und musste erstaunt feststellen wie nahe sie sich in der letzten Zeit gekommen waren. Sie kannten nun alle ein paar Angewohnheiten und Macken des anderen – das man zum Beispiel eine lange Diskussion vom Zaun brechen konnte, wenn man die Zahnpastatube nicht von hinten her aufrollt, dass morgendliche Musik einem morgenmuffligen Briten den letzten Nerv rauben konnte und Dawn stundenlang im Bad stand, um sich einfach nur für einen Einkaufsbummel fertig zu machen. Aber wer weiß, mit welchen Macken sie den beiden auf den Wecker gegangen war.
 

„Sein Schnarchen war da ja auch nicht zu hören,“ beklagte sich Dawn weiter und schaute aus müden Augen gespannt auf die Schiebetüre, die aufglitt und eine wahre Menschentraube freilegte, die auf Angehörige wartete. „Und das allerschlimmste - ich muss noch ne Weile bei ihm wohnen, bis Buffy endlich kommt,“ murmelte Dawn und bekam von Willow einen mahnenden Klaps. Giles hatte nichts davon mitbekommen – er war inzwischen durch die Türe getreten und fand sich von starken Armen umarmt.
 

„Hi.. Giles,“ grinste Xander verlegen und löste sich von der alles anderen nur nicht männlichen Umarmung. Giles Lächeln war zwar warm, aber trotzdem verlegen und er sah mit einem „Hallo Xander,“ kurz zu Andrew, der unsicher etwas abseits stand und das Willkommensschild mit „Welcome Home, Brits,“ in die Höhe hielt. Giles Lächeln wurde zu einem gequälten Grinsen.
 

„Hallo Andrew.“
 

Andrew nickte. Offensichtlich fühlte er sich mit dem Schild nicht sonderlich wohl.
 

„Xander!“ rief Dawn aufgeregt und drängelte sich an Willow vorbei, um Xander um den Hals zu fallen.
 

„Hi Dawnie. Das wurde aber langsam Zeit.“ Er klopfte ihr liebevoll auf den Rücken und löste sich. „Ich hätte es keinen Tag länger mehr ohne meinen Lieblings-Teenager ausgehalten.“
 

„Ich hab dich auch vermisst.“
 

„Warte nur ab, bis sie dich mit lauter Musik voll dröhnt oder ihre Plakate mit austauschbaren Schönlingen hervorholt.“ warnte Willow.
 

„Ach sei still Willow,“ Dawn machte Willow platz, die für einen Moment zögerte, doch dann eben so freudig Xander in die Arme nahm.
 

Dawn entdeckte Andrew mit dem Schild und musste lachen. „Jede Wette, dass das Xanders Idee war?“
 

Andrew nickte und fühlte sich doch ein wenig.. nicht dazugehörig, als ihn auf einmal die Arme von Dawn umschlangen. „Du wirst es mir nicht glauben, aber dich habe ich auch ganz furchtbar vermisst und deine Klappe.“ Andrew lächelte breit. Es tat so gut... und er würde sich jetzt ganz sicher nicht bewegen, sondern es genießen.
 

„Steht dir gut,“ Willow deutete zu Xanders künstlichem Auge. Er hatte kurz vor dem Flughafen die Augenklappe endlich abgenommen.
 

„Ich hätte es in jeder Farbe haben können. Aber ich dachte, ich nehme es passend zum anderen,“ scherzte Xander mit gut versteckter Traurigkeit in seinem Blick.

„Passt,“ grinste Willow und zeigte auf Giles. „Will mal einer der Männer unserem Wächter helfen?“
 

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Tennessee

Great Smoky Mountains Nationalpark

Der Morgennebel, der dem Park seinen Namen gegeben hatte, zog über die Weite der Bergketten hinweg, durchwob mit seiner Feuchtigkeit jedes Tal und jeden Berghang, als würde etwas brennen und fürchterlich rauchen. Die schon leicht verfärbten Laubwälder leuchteten im ersten Sonnenlicht des Morgens und reckten tapfer ihre Wipfel aus dem Nebel gegen den klaren Himmel.
 

Auf dem Smokemont Campground stand ein einzelner Schulbus inmitten des Waldes. Stühle und ein Tisch waren großzügig neben ein verkohltes Lagerfeuer im abgefallenen Laub gruppiert. Leere Flaschen und Pappbecher standen herum und in der Ferne hörte man mehrere Stimmen.
 

Umso weiter man sich vom Bus entfernte und durch den lichten Wald auf den kleinen Fluss zumarschierte, um so deutlicher war zu vernehmen, was die Stimmen zu sagen hatten.
 

„Du musst das Schwert höher halten.“
 

„Muss ich nicht. Wenn der Gegner stolpert, wäre er jetzt aufgespießt!“
 

„Und wenn er nicht stolpert?“
 

„Eben. Vi hat recht. So, höher.. und jetzt den Kopf abschlagen.“
 

Ronah verdrehte die Augen und kam Faiths Aufforderung nach, während Vi zufrieden nickte. Sie testete die neue Haltung, machte einen Ausfallschritt nach vorne und täuschte den Schlag an.
 

„Siehst du? Besser,“ Faith grinste.
 

„Aber Ronahs erste Variante war auch völlig in Ordnung,“ Robin tauchte vom Flussbett auf und trocknete sich mit einem Handtuch das Gesicht ab. „Sie hätte genauso gepunktet.“ Er warf das Handtuch auf einen Berg von Handtüchern, Kulturbeutel und Waffen. „Wie wäre es jetzt mit ein wenig Aufwärmtraining?“

„Bitte,“ meinte Faith ein wenig eingeschnappt. Kritik war etwas, das sie nur sehr schwer akzeptieren konnte und noch schwerer annahm. Nur weil es Robin war, hielt sie ihre Klappe und schluckte die Bemerkung hinunter.
 

Die drei Jägerinnen nahmen in einem Dreieck Stellung ein, während Robin sich mit dem Gesicht zu ihnen stellte. „Gut, dann machen wir da weiter, wo wir gestern aufgehört haben.“
 

„Mach zu, hier ist es verdammt kalt,“ beschwerte sich Faith.
 

„Dafür ist es einsam,“ grinste Wood unzugänglich für Faith Stimmungsschwankung. „Okay... Grundstellung.“
 

Die Jägerinnen nahmen im Musubi-dachi Stellung und verbeugten sich vor Wood als er mit „Re“ den Angruß als erster machte.
 

„Position in Zenkutsu-dachi wechseln.“
 

Zu einer Einheit in den letzten Monaten verschmolzen, verfielen die drei gleichzeitig in den Ausfallschritt, achteten auf gebeugtes Knie, Spannung im Körper und einer sauberen Stellung.
 

„Kihon-Ippon-Kumite.“ Befahl Robin und sah Faiths Gesicht, das sich verzog, während sich Ronah und Vi bei dem Befehl sofort zuwandten und Kampfstellung einnahmen. „Etwas dagegen Faith?“
 

„Nun.. dein Karate beginnt langsam langweilig zu werden. Was ist mit Aikido? Kendo? Judo? Etwas mit mehr Action.“
 

Ronah und Vi nahmen wieder eine bequemere Haltung ein. Wenn das gleich wieder zu einer Grundsatzdiskussion wurde, würde es wohl länger dauern.
 

„Ich wüsste nicht, was so verkehrt an Karate sein sollte. Es ist ein Kampfsport wie jeder andere auch und verdammt effektiv. Du bekommst auch mich als Gegner.“ Lächelte Wood. „Falls du dich traust.“
 

„Ein Griff und du liegst am Boden. Und zwar mit Judo. So viel zu Karate,“ maulte Faith weiter und schien nicht bereit zu sein, dem Kumite-Befehl nachzukommen.

„Faith bitte.. wir wollen trainieren. Wir brauchen das Training für Vi und Ronah...“
 

„Eben. Sie müssen auf der Strasse überleben. Wie ich. Denkst du mir hat mein aus dem Lehrbuch beigebrachter Kampfsport viel genutzt? Ich musste zusehen, wie ich mit den ganzen Vampiren, die als Streetfighter unterwegs waren, zurecht kam. Also lass mich wenigstens die eine oder andere Trainingsstunde auf meine Art gestalten und...“
 

„Wir gehen mal zurück zum Bus.“ Mischte sich Vi ein.
 

„Was frühstücken,“ räumte Ronah ein und als weder Faith noch Robin etwas dazu zu sagen hatten, schnappten sie ihre Utensilien und verschwanden.
 

„Du vergisst, wer seit ein paar Tagen Wächter ist. Offiziell.“
 

„Und du vergisst, wer von uns die größere Erfahrung hat.“
 

„Ich war vier, als mich der Wächter meiner Mutter begann auszubilden. Ich habe zwar nicht deine Kraft, aber mehr Jahre des Kampfes hinter mir als du.“

„Oh... wird das jetzt ein 'wer ist stärker’-Spiel? Sollen wir Fingerhaken machen oder Armdrücken?“
 

„Hör auf sarkastisch zu werden...“
 

„Ach.. bei Giles hat dir diese Art von Humor gefallen.“
 

„Das war etwas anderes.“
 

„Verstehe.“
 

Sie starrten sich einen Moment lang an, ehe Wood sich herumdrehte.
 

„Wo willst du hin?“
 

„Zurück zum Bus und frühstücken.“
 

„Na prima.. wir haben den ersten Streit und du lässt mich einfach stehen.“
 

„Du kannst ja inzwischen ein wenig .. aufräumen.“ Er deutete zu dem Waffenberg. „Es war ja nicht unsere Idee, das Training ausdiskutieren zu müssen.“
 

Faith starrte Robin wütend hinterher, ehe sie dem Waffenberg einen Tritt verpasste und sich dann murrend nach den Waffen bückte.
 

++++
 

Cleveland

Ratsgebäude

„Und ihr seid wann genau auf diese uhm.. Wrukolas gestoßen?“ Giles rückte seine Brille zurecht und hielt seinen Blick auf das Buch in seinen Händen gerichtet.

„Vor einigen Tagen,“ klärte Xander ihn auf. „Kennedy hatte von einem Informanten einen Tipp bekommen und schon steckten wir in allen möglichen Schwierigkeiten.“

Kennedy warf Xander einen verbitterten Blick zu. Die Spitze war ihr nicht entgangen. Und schließlich war es Andrews Dämon gewesen, der sie in die Mitte der Feinde geführt hatte.
 

„Mhm,“ Giles blieb weiter gedanklich abwesend. Kennedy, Xander und Willow starrten ihn erwartungsvoll an, während Andrew am Tisch saß und vor seinen Augen einen kleinen Star Destroyer aus Metall zwischen Daumen und Zeigefinger pendeln ließ. Er machte dazu leise Laserfeuer-Geräusche und schien gelangweilt.
 

Dawn stürmte über die Hintertreppe von Giles Wohnung in den Versammlungsraum.

„Oh Mann, kaum drei Stunden hier und schon ist alles wieder wie gewohnt?“ Sie blickte zu Giles und den anderen drei. „Ich hätte doch mit Willow wetten sollen. Das hätte mein Taschengeld aufgebessert,“ sie verdrehte die Augen und wandte sich zu Andrew, während sie von Giles leicht gereiztem Blick verfolgt wurde.

„Was hast du da?“ Sie ließ sich an den Tisch nieder.
 

„Ein Schlüsselanhänger.“ Andrew hielt ihn Dawn entgegen, damit sie das kleine Star Wars Produkt besser sehen konnte.
 

„Ohne Schlüssel?“
 

„Da kommt ihm nur sein Autoschlüssel dran.“ Merkte Kennedy spöttisch an.
 

„Du hast ein Auto?“ Hoffnung keimte in Dawn auf.
 

„Noch nicht. Im Pizza Hut ist der Stundenlohn recht niedrig,“ warf Xander ein. „Ein Hungerlohn. Eine Ausbeutung...“, ahmte Xander kurz Andrews tägliches Gejammer nach.
 

„Macht euch nur lustig darüber. Ihr werdet schon noch sehen, dass ich mir den Wagen leisten kann...“
 

„In hundert Jahren vielleicht,“ stichelte Kennedy weiter.
 

„Und wann zahlst du wieder Miete?“
 

Andrew schnitt Xander eine Fratze und ließ den Schlüsselanhänger in seiner Hosentasche verschwinden. Es war ja nicht seine Schuld, dass Xander so schnell wieder einen Job gefunden hatte, der gut bezahlt wurde.
 

„Du wirst das Ding sicher noch Monate lang immer wieder hervorholen und anstarren. Jede Wette,“ feixte Xander weiter. „Und das, wo du ihn doch so heldenhaft aus Sunnydale gerettet hast.“
 

„Ich finde das eine coole Idee,“ sagte Dawn schließlich, um die Sticheleien zu beenden. „Ich habe mir auch schon überlegt, ob ich mir nicht neben der Schule ein paar Dollars dazu verdienen sollte.“ Dann würde sie Buffy entlasten, dachte sie weiter und ihr nicht zu sehr alles alleine aufbürden. Doch als Giles sich ungehalten räusperte, wurde ihr bewusst, dass das im Augenblick niemand zu interessieren schien.
 

„Zurück zum Thema... wer hat den Text übersetzt?“
 

Eineinhalb Augenpaare richteten sich auf Andrew, der verlegen auf dem Stuhl hin und her rutschte.
 

„Erstaunlich,“ meinte Giles, als er den Blicken von Kennedy und Xander gefolgt war.
 

Andrew zuckte verlegen mit den Schultern. Dass er für etwas gut gewesen sein soltel, drang nur langsam zu ihm durch. Er kam sich jedoch sehr schnell wie jene Helden vor, die sich von einem unscheinbaren Schwächling zum Retter der Welt aufschwangen.
 

„Und was für ein Informant war das?“ Er sah weiter zu Kennedy.
 

„Es gibt hier ne kleine Dämonenbar am Hafen.“ Mehr brauchte Giles nicht zu wissen, fand Kennedy und war erleichtert, als der Wächter nur nickte und das Buch zuklappte. Offensichtlich schien er ihrer Urteilskraft zu vertrauen. Im Gegensatz zu Xander. „Gut, dann werde ich mich an das Sammeln von Informationen machen. Willow?“
 

„Oh sicher, ich bin dabei.“ Willow griff nach ihrem Laptop.
 

„Willst du nicht erst einmal in Ruhe auspacken?“ Kennedy hatte Willow eine Hand auf den Unterarm gelegt und drückte sachte aber bestimmt den Laptop zu Boden. „Oder dich auf dem Campus umschauen?“
 

Willow warf Giles einen unsicheren Blick zu. „Also ich weiß nicht, ob das jetzt...“
 

„Geh ruhig, Willow,“ Giles nickte ihr zu. „Dawn kann mir helfen. Du brauchst auch einmal ein paar Minuten für dich nach den letzten Wochen.“
 

„Ach und Dawn nicht?“ Warf Dawn schnippisch ein.
 

„Dawn,“ sagte Giles betont langsam. „Hatte drei Monate Urlaub genossen.“
 

„Drei verregnete Monate,“ fügte sie erklärend hinzu und zog eine Schnute. Prima. Also würde sie ihren ersten Tag in einer neuen Stadt damit verbringen, Giles beim Recherchieren zu helfen.
 

„Du vergißt die schönen Tage, die du mit Buffy durch Europa gereist bist." Lächelt Willow und gab sich dann einen Ruck. "Na gut. Ich bin überredet. Hilfst du mir mit meinen Sachen?“ Willow stand auf.
 

“Klar. Schlüssel, Giles?” Kennedy ließ sich von Giles den Wagenschlüssel geben und verschwand bei Willow untergehakt aus dem Versammlungsraum. Xander sah ihr nachdenklich hinterher.
 

„Sie wird noch viel lernen müssen, wenn sie überleben will, Giles.“
 

Giles sah Xander fragend an. „Kennedy?“
 

Xander nickte. „Sicher. Ich denke Willow kann auf sich selbst aufpassen. Magical Woman.“ Xander erntete von Giles ein amüsiertes Lächeln. “Kennedy. Sie ist so ungeduldig. Sie ist gut, aber zu stürmisch.“
 

„Ich schätze, wenn Buffy wieder hier ist, wird sich das ein wenig legen,“ meinte Giles abwesend und zog aus einer Kiste, die ein paar Tage zuvor aus London eingetroffen war, einen Stapel Bücher heraus.
 

„Sie denken Buffy wird wieder aktiv?“ Xander half Giles beim Ausräumen, während Dawn nach Willows Laptop griff, den sie da gelassen hatte und Andrew unschlüssig sitzen blieb. Seine nächste Schicht war am Abend. Er hatte genug Zeit mit den anderen herumzuhängen.
 

Giles blieb einen Moment stehen, zuckte mit den Schultern und drehte sich zu Xander herum. Ein nachdenklicher Ausdruck lag auf seinem Gesicht. „Ich würde ihre Entscheidung nie in Frage stellen. Egal welche sie getroffen hat, während sie auf ihrer Reise war.“
 

„Aber welche Entscheidung wäre Ihnen lieber?“
 

Giles stöhnte. Xander konnte nicht locker lassen. „Was würdest du denn gerne von mir hören?“
 

Xander schwieg.
 

„Es wäre egoistisch zu sagen, ich würde sie gerne wieder an unserer Seite im Kampf gegen das Böse sehen, nachdem sie dafür gesorgt hat, dass die Regeln sich geändert haben. Wir haben genug Jägerinnen, um auf der ganzen Welt mit dem Bösen aufzuräumen. Aber.. Buffy ist eben Buffy.“ Damit wandte er sich von Xander ab und ließ ihn stehen, ehe er mit seinen Fragen weiterbohren konnte.
 

++++
 

Cleveland. University.

„Wow.... tolles Zimmer,“ Kennedy drehte sich um ihre Achse und bewunderte Willows Einzelzimmer mit eigenem, kleinen Balkon, eigenem Bad und der hellen, freundlichen Einrichtung. „Alles da, was du brauchst?“
 

„Sieht so aus,“ lächelte Willow zufrieden. Es war ein komisches Gefühl nach der langen Pause wieder dem geregelten Leben einer Studentin nach zu gehen. Aber der Kampf gegen die Macht des Bösen war wichtiger gewesen, als gute Klausuren und Scheine, Zensuren, Kurse... und es war ja nicht so, dass sie bei Null anfangen musste. Als sie sich vor ihrer Abreise nach England hier einschrieb und sie den zerstörten Heimatort erwähnte, hatte die Unileitung tatsächlich das Unmögliche möglich gemacht – ein Teil ihrer Scheine, Noten und abgelegten Prüfungen waren in einer Datenbank aufgetaucht. Sie musste jetzt nur noch einen sehr kleinen Teil erneut machen und wenn alles gut lief, stand ihr nächstes Jahr der Abschluss bevor.
 

„Wie lief’s eigentlich mit den ganzen Wächtern in England?“ Kennedy stellte einen der Koffer im Raum ab.
 

„Es war überraschend anstrengend. Ich hatte sie mir nicht soooo kompliziert vorgestellt. Ich meine Giles war schon anstrengend. Die ersten Jahre, die er hier in Amerika lebte. Bevor Buffy ihn völlig umerzogen hatte,“ grinste Willow. „Oder wir. Aber so viele auf einem Haufen...,“ sie musste unwillkürlich an die Erfahrung mit einer Handvoll Wächter zurück denken, mit denen sie vor drei Jahren das Vergnügen hatte. Aber die waren Waisenkinder gegen ihre neuesten Eindrücke gewesen.
 

Kennedy lachte amüsiert auf. „Ja, die sind ganz schön nervig. Der größte Teil jedenfalls. Keine Ahnung ob das ein ungeschriebenes Gesetz ist. Wie sind sie mit dir umgegangen?“
 

Willow zuckte mit den Schultern. "Giles hat ihnen nichts von mir als Hüterin erzählt. Erst kurz vor unserer Abreise. Sie waren ein wenig skeptisch. Misstrauisch. Na ja, ist ja auch kein Wunder, wenn zig Jahre zuvor keiner je von Hüterinnen gehört hat und auf einmal stehe ich da. Wobei ich ja nicht einmal selbst davon überzeugt bin. Aber Giles und seine Recherchen lassen keine anderen Erklärungen zu. Wobei Recherche übertrieben ist. Wir haben nicht mehr viel in London retten können. Aus den Trümmern war so gut wie nichts mehr zu bergen gewesen, das sich lohnte.“
 

„Sie werden sich schon daran gewöhnen, dass es nun jemanden gibt, der ihnen übergestellt ist.“
 

„Ich hoffe es. Wollen wir auspacken?“ Willow öffnete den Einbauschrank und wollte das Thema wechseln. Es war merkwürdig gewesen, wie die anderen auf sie als Hüterin reagiert hatten. Selbst Giles´ Verhalten hatte sich etwas verändert. Sie konnte nicht sagen inwiefern, aber es war spürbar.
 

„Ach weißt du,... eigentlich gibt es einen weiteren Grund, wieso ich dich von den anderen weggelockt habe“, lächelte Kennedy verlockend, und trat hinter Willow, um ihre Arme um ihre Hüften zu schlingen.
 

„So, und welcher wäre das?“, Willow zog belustigt eine Augenbraue hoch, und schmiegte sich enger an ihre Freundin.
 

„Nun,... wie wäre es, wenn wir dein Bett einweihen würden?“, entgegnete Kennedy mit unschuldiger Miene, und küsste nun sanft Willows Nacken.
 

„Mhhm, dass ist eine schwerwiegende Entscheidung,...“, hauchte Willow, die unter den Berührungen von Kennedys Lippen schwach wurde, und sich heimlich nach mehr sehnte.
 

„Tu mir einen Gefallen Will’,... wir haben uns fast drei Monate nicht gesehen... quäl’ mich nicht...“
 

Willow musste grinsen. „Das wollen wir doch auf keinen Fall. Mal sehen, was ich da für Rettungsmaßnahmen für dich habe?“ Sie befreite sich aus der Umarmung, und stand nun Kennedy gegenüber. Willows Arme legten sich nun auf Kennedys Hüften, und beide verschmolzen zu ihrem ersten Kuss, nachdem Willow mit den anderen vom Flughafen zurückgekehrt war, leidenschaftlich. Automatisch zog Kennedy Willow mit sich, und während ihre Hände begannen frech auf Wanderschaft zu gehen, sanken sie auf das Bett nieder.
 

++++
 

Cleveland.

Innenstadt

Die Lichter der Stadt ließen die Nacht nicht mehr ganz so bedrohlich wirken und trotzdem fühlte sich Weatherby unsicher. Er war alleine unterwegs und wusste leider nur zu gut, was alles in Cleveland lauerte.
 

Er selbst bewegte sich auch noch auf gefährlichem Boden... das Hochhaus ragte vor ihm auf und er beobachtete es aus seinem Versteck heraus seit Stunden. Seit die Sonne untergegangen war. Als die dunkle Gestalt im Mantel mit seinem Gefolge aus einem Seitenausgang trat und durch die Innenstadt marschierte, als wären sie keine Untoten, verließ Weatherby den Beobachtungsplatz und betrat das Gebäude durch den Ausgang, den die Vampire eben erst benutzt hatten. Er musste sich davon überzeugen, dass der gesuchte Talisman tatsächlich hier war und wo er vor allem versteckt wurde.
 

++++
 

Eine Faust hämmerte gegen die dunkelblau lackierte Türe in einer Seitenstrasse. Ein Sehschlitz wurde geöffnet und zwei Augenpaare blinzelten in die Nacht hinaus. Offensichtlich wurde der Kunde vor der Türe als gut befunden, denn ein Schloss wurde entriegelt und die Türe schwang auf. Ein in rot getauchter Flur wurde sichtbar. Ein muskelbepackter Mann stand an der Türe und winkte überrascht die große Gruppe herein. Er hatte nur den Herrn im dunklen Mantel mit der merkwürdigen Tätowierung gesehen und nicht mit so viel Kundschaft für seine Mädchen gerechnet. Er hörte förmlich die Dollars in seiner Kasse klingeln.

Als der letzte Mann eingetreten war, hörte er ein seltsames Schnalzen von vorne. Im selben Augenblick schlossen sich die Hände des letzten Kunden um seinen Hals und drückten ihn gegen die Wand. Während er spürte, wie ihm die Luft abgedrückt wurde, sah er entsetzt das verwandelte Gesicht des Mannes. Ein gurgelnder Laut entrang sich seiner Kehle, als er zu schreien versuchte.
 

Die Türe fiel in dem Moment ins Schloss, als der Besitzer des „Red Rains“ tot und schlaff zu Boden sackte und sich sein vampirischer Mörder hungrig über ihn her machte.
 

Die Gruppe war inzwischen durch den roten Flur in den großen Barraum getreten. Die Kundschaft war spärlich und eine Handvoll Männer hingen über ihren Gläsern und begafften die halbnackte Tänzerin auf der Laufbühne, die sich gerade ihres mit silbernen Pailletten besetzten Bikini-Oberteils entledigte. Zwei weitere Tänzerinnen bewegten sich im Takt der Musik im Hintergrund, bereits enthüllt und die Bardamen versuchten mit ihren fast hüllenlosen Körpern die Zuschauer zu mehr zu animieren. Von einer Flasche Bier wurde der Boss nicht reich. Es musste schon der eine oder andere Gast ein wenig Lust auf eines der hinteren Zimmern verspüren.
 

Die neue Kundschaft schien angewidert und die Stimmung schlug fast automatisch mit ihrem Eintreten um. Der Mann an der Spitze, mit langem Mantel und einer Tätowierung auf der Stirn, hob die Hand und hinter ihm strömten seine Männer aus. Zwei blieben am Eingang stehen. Zwei weitere bezogen zum Durchgang in die Hinterzimmer Stellung und der Rest durfte sich bedienen.
 

Die laute Musik wurde von den entsetzten Schreien der Gäste und Bediensteten überdröhnt, als man sie packte, ihnen der Luft beraubte und sich dann satt trank.

Ihr Meister stand dabei, lächelte und genoss das Schauspiel vor seinen Augen. Das Lächeln wurde breiter, als zwei Vampire die Tänzerin schreiend und sich heftig wehrend zu ihm schleiften. Sie hatte keine Chance und doch versuchte sie alles Mögliche. Er packte sie mit einer Hand, die hervorschnellte und mit ihrer Kraft binnen wenigen Sekunden die Frau zum Schweigen brachte. Bevor er zubiss, verwandelte sich sein Gesicht, die Stirn wurde wulstig, die Nase kürzer, die Augen enger und tiefliegender, die Zähne traten weiter hervor.
 

Jemand schien den DJ gefunden zu haben, denn die Musik verstummte und nur noch das gierige Schlürfen der Vampire war zu hören.
 

Als getan war, was getan werden musste, tauchte der Meister seinen Finger in das Blut seines Opfers und begann in aller Gemütsruhe an die Wände „Sünder“ und „Sünder werden büßen müssen“ zu schreiben.
 

++++
 

Cleveland

Hopkins International Airport

„Buffy!“ Dawn hopste aufgeregt auf und ab, als sie ihre Schwester schwer bepackt durch die Schiebetüre treten sah.
 

„Ich schätze sie hat uns gesehen. Und tausend andere auch,“ grinste Xander und eilte Buffy entgegen, um ihr Gepäck abzunehmen.
 

„Hi Xander.“ Sie umarmte ihren Freund erleichtert, freudig und einfach glücklich. „Was bin ich froh euch endlich zu sehen,“ sie schloss Dawn in die Arme, als ihr Xander alles abgenommen und auf einen Gepäckwagen gestapelt hatte. „Ich wusste gar nicht, dass ich euch alle SO vermissen würde.“
 

„Und ich erst. Das nächste Mal nimmst du mich mit. Du hast KEINE Ahnung wie anstrengend Willow und Giles sein können.“
 

Buffy lachte. „Oh doch... Wo sind die anderen?“ Ein wenig enttäuscht blickte sie sich suchend um.
 

„Schwer beschäftigt,“ Xander dirigierte die beiden Summers zum Ausgang. „Wir haben die erste richtig ernsthafte Bedrohung in Cleveland aufgespürt und gestern Nacht haben diese Mistkerle ein ganzes Edelbordell auseinandergenommen.“
 

„Mistkerle?“
 

„Vampire,“ sagte Dawn. „Aber ich glaube nicht das du davon hören willst. Oder doch?“ Fügte sie ängstlich hinzu. Keiner von ihnen wusste so recht, was Buffy seit der Zerstörung von Sunnydale für sich und ihr weiteres Leben geplant hatte. Die Tage nach dem Sieg hatten sie alle in Euphorie gelebt, froh überlebt zu haben, froh entkommen zu sein. Dann waren die Depressionen gefolgt... kein Zuhause mehr zu haben, nur noch Erinnerungen daran, wobei für einen kleinen Teil von ihnen wie für Willow und Giles auch ein Teil der Erinnerung ein zweites Mal begraben wurde und Xander für Anya nicht einmal ein Begräbnis abhalten konnte. Es hatte gedauert, bis sie alle wussten, was sie tun wollten und Pläne schmieden konnten. Aber Buffy hatte es trotz allem geschafft, sie alle darüber etwas im Unklaren zu lassen. Ihre Reise war für Dawn wie eine Flucht vor einer Entscheidung vorgekommen. Auch wenn Xander sie hin und wieder scherzhaft den Selbstfindungstrip nannte.
 

Selbst Giles gegenüber hatte Buffy nichts darüber fallen gelassen, ob sie weiter als Jägerin tätig sein würde oder eben nicht. Jetzt wo sie hatte, was sie immer wollte – Freiheit.
 

„Oh ich denke, wenn ich hier mit euch in dieser Stadt leben möchte, sollte ich wissen, was mir nachts so alles über den Weg läuft.“

Xander lächelte erleichtert auf. „Dann weih mal unsere Jägerin ein... und wieso starrst du mich die ganze Zeit so an?“

„Oh tu ich das?“ Buffy verzog dabei fast unbemerkt das Gesicht. War sie jetzt nur noch eine von vielen - eben „unsere Jägerin“ statt „die“ Jägerin? Hatte sie jetzt nicht Zeit genug gehabt, darüber nachzudenken, wie es weiter gehen sollte? Ja hatte sie. Aber genutzt hatte sie sie eben nicht. Und wieso störte sie überhaupt dieser Ausdruck?
 

„Ja, tust du.“
 

„Dein Auge.. es sieht so echt aus,“ Buffy deutete auf das Auge, dass nicht mehr existierte und nun von einem Glasauge ersetzt wurde.
 

„Das hat Willow bei ihrer Ankunft auch gesagt,“ lachte Xander und bemerkte Dawns Enttäuschung. „Aber jetzt hör einfach mal deiner Schwester zu.“

Während Xander Giles dunkelgrünen Crysler Voyager belud, den Buffy kurz aber amüsiert mit einem Blick zur Kenntnis nahm, erzählte Dawn was sie bereits wussten.
 

„Also...,“ holte die kleine Summers aus und war Xander so dankbar, dass er verstanden hatte, was kurz in ihr vor sich ging, als Buffy mit Xander sprach, als wäre sie Luft. „Wir haben es mit Vampiren der ägäischen Inseln zu tun. Sie erwürgen ihre Opfer und saugen sie danach aus. Diese Vampire scheinen nachts an die Türen von Menschen zu klopfen und wer beim ersten Klopfen öffnet, fällt ihnen in die Hände. Giles hat darüber hinaus noch herausgefunden, dass je älter sie werden, desto mehr nehmen ihre Kräfte zu und sie erlangen die Macht, von ihnen getötete auch in Wrukolas zu verwandeln. Diese hier in der Stadt haben einen Meister mitgebracht. Und laut einem dämonischen Informant bewachen sie einen Talisman, der der Schlüssel zu einem Ritual darstellt. Sie wollen die Welt von allen Sündern befreien.“
 

„Na klasse und da fangen sie ausgerechnet in Cleveland an?“ Buffy schnallte sich an, während Xander losfuhr.
 

„Hey.. hier ist der Höllenschlund Nummer 2,“ erinnerte sie Xander grinsend.
 

„Ich wusste doch, dass das Ganze einen Haken hat.“ Buffy lächelte, aber ihre Augen blieben ausdruckslos.
 

++++
 

Tennessee.

Highway

“Wie hast du geschlafen?“ Fragte Robin am Steuer, als er hinter sich Faith hörte, ohne über die Schulter zu schauen.
 

„Interessiert dich das wirklich?“ Faith warf sich hinter Robin in die Sitzreihe und ließ ihren müden Blick durch die Windschutzscheibe fallen. Selten fuhren sie die Nacht durch. Aber nach gestern Morgen hatte niemand von ihnen mehr große Lust verspürt länger im Nationalpark zu bleiben. Training war ausgefallen. Kein Grund länger zu verweilen. Jetzt dämmerte es bereits wieder und die Strasse unter ihnen war feucht wegen eines nächtlichen Schauers.

Robin sah nun doch über die Schulter und lächelte Faith an. „Ich wusste nicht, dass du so nachtragend sein kannst.“
 

„Hin und wieder bin ich gut für ne Überraschung. Frag B.“ Sie musste unwillkürlich grinsen. „Nein frag sie lieber nicht. Dir würde nicht gefallen, was sie zu erzählen hätte.“ Sie rieb sich den Nacken.

„Wie du wünschst.“ Robin sah wieder nach vorne. „Und?“
 

„Und was?“
 

„Zu welcher Erkenntnis bist du gekommen. Wegen gestern Morgen?“
 

„Das ich noch immer im Recht bin.“
 

Robin seufzte. „Ich schätze, so kommen wir aber nicht weiter.“
 

„Ich weiß nicht, was so schlimm daran sein sollte, dass ich mich mit meiner Erfahrung einbringen möchte.“
 

„Nichts,“ gab Robin erstaunlich ruhig zu. „Aber es gibt Situationen, in denen ich als Wächter Entscheidungen treffen muss und ich möchte nur sicher gehen, dass du mir dann nicht in den Rücken fällst. Sondern mich stärkst.“
 

„Wenn das deine ganzen Bedingungen sind...,“ Faith senkte ihren Blick und ließ ihre Hand über die Rückenlehne wandern, bis sie Robins Schulter erreichte und langsam weiter nach oben glitt, um seinen Nacken zu massieren. „Dann kann ich es mal damit versuchen.“
 

Robin wandte seinen Kopf unter ihrer Berührung. „Dann auf gute Zusammenarbeit.“
 

++++
 

Cleveland.

Giles Wohnung

„Da drinnen soll ICH schlafen?“ Buffys Stimme überschlug sich vor Entrüstung, als sie hinter Dawn in das kleine Arbeitszimmer von Giles eintrat, das ihr Dawn als ihr neues Zuhause präsentierte.
 

„Da drinnen kann Giles sogar arbeiten,“ behauptete Dawn überzeugt und ließ sich auf das kleine Sofa fallen. „Dann kannst du auch hier schlafen. Und das praktische daran.. tagsüber bist du ihm nicht im Weg, weil dieses tolle Sofa ausklappbar ist.“
 

„Ich glaube wir brauchen eine eigene Wohnung.“ Buffy hievte ihren Koffer auf den fast leeren Schreibtisch. „Da waren ja manche Hotels bequemer und die verdienten nicht mal den Namen Hotel.“
 

Dawn grinste kurz. „Und ich glaube, wir brauchen dafür erst einmal ein geregeltes Einkommen.“ Dawn stand auf. „Ich hol dir mal die Bettwäsche aus meinen Zimmer.“
 

„Deinem Zimmer?“ Buffy folgte Dawn über den Flur. Dawns Einwand war berechtigt... sie brauchte einen Job. Einen, der etwas Spaß machte und ihnen die Miete zahlte. Sie konnten nicht ewig hier bleiben und Giles auf der Tasche liegen. Sie wusste ja nicht einmal von woher Giles nun seine Gelder bezog.

Es gab natürlich noch immer die Möglichkeit ihren Vater anzurufen, aber wie sollte sie ihm alles erklären? Nach dem sie so lange nichts mehr miteinander zu tun gehabt hatten?
 

Sie seufzte in Gedanken. Alles Entscheidungen, vor denen sie fast drei Monate lang davon gelaufen war.
 

„Wieso bekommst du das Gästezimmer?“
 

„Weil ich erster hier war?“ Gab Dawn schnippisch zurück und holte aus dem Schrank für Buffy Kissen, Decke und Bettwäsche. Sie drückte ihrer Schwester alles in die Arme.
 

„Welche Logik... Also noch mal.. wir brauchen eine eigene Wohnung.“
 

„Kaum hier, schon wieder auf der Flucht vor mir?“
 

Buffy drehte sich zu Giles herum, der hinter ihr lautlos in den Flur getreten war. Sie lächelte sanft und erfreut darüber, ihn zu sehen, ehe ihre Lippen sich zu einem gewohnten amüsierten Grinsen verwandelte. „Nein, aber wissen Sie was... hin und wieder lege ich Wert auf ein eigenes Bad und vor allem auf ein eigenes Bett.“ Sie dachte mit einem Grausen an das Klappsofa. „Nebenbei habe ich nichts dagegen Morgens so lange nackt durch die Wohnung laufen zu dürfen, wie ich Lust dazu habe! Aber ich schätze, diesen Teil wollen Sie gar nicht so genau wissen", fügte Buffy hinzu, um ihre Worte etwas abzumildern, während Giles versuchte, sich nicht seine Verlegenheit anmerken zu lassen, was offensichtlich fehl schlug, wie Buffy, amüsiert über seine krampfhafte Wahrung der Haltung, feststellte. Sie unterdrückte ein Lachen und mit todernster Miene fragte sie: „Oder können Sie mir das doch bieten?“
 

"Uhm...". Giles versuchte nicht zu erröten, was schief ging, wie er verlegen bemerken musste. Er schluckte und Buffy begann wieder zu grinsen. Es funktionierte über all die Jahre hinweg noch immer.. sie konnte ihn aus der Fassung bringen.
 

Dawn lachte, während sie mit verdrehten Augen an Buffy vorbeiging und ihr wieder das Bettzeug aus den Händen nahm, um es selbst in das Arbeitszimmer zu bringen. Damit gab sie Buffy und Giles die Zeit sich zu begrüßen, die sie brauchten.

„Tja, da bin ich wieder,“ sagte Buffy schließlich in die Stille hinein, als sie alleine auf dem Flur standen und offensichtlich nicht wussten, wie sie „Hallo“ sagen sollten.
 

Giles nickte ihr kurz zu. „Tut mir leid, wegen des Zimmers.. Dawn wollte...“

„Ist schon okay. Ich kann damit leben. Ist auch nicht besser, als das Sofa, auf dem ich Sie damals in rosa Bettwäsche hab schlafen lassen. Und es ist ja nicht für immer.“
 

Giles schmunzelte und schien erleichtert. Trotzdem standen sie sich unschlüssig gegenüber, mit der schier unüberwindbaren Distanz von ein paar Schritten zwischen ihnen. Ihre Blicke trafen sich kurz und beide erkannten, dass die letzten Monate und Geschehnisse eine unsichtbare Mauer aufgebaut hatten. Aber Mauern konnte man einreißen. Für den Moment jedenfalls, beschloss Buffy und machte zögernd den ersten Schritt. Giles schien auf diese Reaktion gewartet zu haben und plötzlich umarmten sie sich, ohne zu wissen, wer genau damit angefangen hatte. Buffy spürte, dass es gut tat. Das es doch wie ein „nach Hause kommen“ war.
 

„Es ist gut, dich hier zu haben,“ räusperte sich Giles schließlich und löste die Umarmung. Gott sei Dank hatte sich Buffy diesmal ihrer Kräfte erinnert und ihm nicht die Rippen gequetscht.
 

Buffy wusste nicht, was sie darauf erwidern sollte. Ja, sie war froh wieder inmitten all ihrer Freunde zu sein. Froh darüber ihre Heimat nach drei Monaten unter ihren Füssen zu spüren und doch hatte sie Zweifel daran, ob sie das Richtige tat. Was sollte sie hier? Kennedy war ebenso Jägerin wie sie. Mit weniger Erfahrung, aber mit Talent. Giles und Willow hatten eine Aufgabe gefunden, einen Sinn für ihr Leben – den Rat aufzubauen. Xander schien als treuer Freund dem Ruf nach Cleveland gefolgt zu sein. Was genau Andrew hier wollte, war ihr schleierhaft. Noch weniger wusste sie, was sie hier wollte.
 

Als Giles spürte, dass Buffy die Richtung des Gesprächs als unangenehm zu empfinden schien, versuchte er das Thema zu wechseln, auch wenn es ihm ein starkes Bedürfnis war, mit ihr über alles zu reden. Er wusste, dass Buffy noch mehr Zeit brauchte, als sie sich genommen hatte. Er würde sie nicht drängen. „Nun.. wie war es auf deiner Reise?“
 

„Lustig, anstrengend, frustrierend, interessant, abenteuerlich, verrückt...“, zählte Buffy lachend auf, froh, dass Giles Feingespür auf sie angewendet noch immer zu funktionieren schien. Kurz dachte sie darüber nach, ihm von ihrem merkwürdigen Erlebnis in China und Australien zu erzählen, aber da sie es als kleine Episode abtat, hielt sie es für nicht so wichtig. Irgendwann, bei Gelegenheit, würde sie davon erzählen. „Und wie läuft es hier so?“
 

„Oh, Willow versucht sich an den Campus zu gewöhnen, Xander hat einen gut bezahlten Job bei seiner alten Firma gefunden, Kennedy...“
 

„Ich meinte Ihre Arbeitsbeschaffungsmaßnahme,“ unterbrach sie ihn grinsend, wobei der Ausdruck ihrer Augen ernst blieb. Giles entging das keineswegs, aber mit einem Räuspern und abgewandten Blick ignorierte er es gekonnt.
 

„Nun ja, es nimmt langsam Form an.“ Giles ging in das großräumige Wohnzimmer. „Willow ist mir in den letzten Wochen eine große Hilfe gewesen und in ein, zwei Wochen bekomme ich Unterstützung aus England.“
 

„Aha,“ Buffy war ihm mit fragendem Blick gefolgt. Willow war also eine große Hilfe? Sicher, natürlich.. jetzt wo Giles und Willow davon ausgingen, dass sie eine jener Hüterinnen war, deren angeblich letztem Mitglied sie selbst begegnete, bevor Caleb sie tötete, war das alles ein wenig anders. Erneut fühlte sich Buffy verunsichert, fast nutzlos. „Und wer?“
 

„Eine alte Freundin. Lily Usher. Sehr begabt,“ weihte sie Giles ein und sah zur Uhr. „Uhm.. ich müsste...“
 

„Schon gut,“ winkte Buffy ab und Giles war dabei bereits am Treppenabgang.
 

Sie sah ihm hinterher. Mit gemischten Gefühlen. Sie hatte gedacht, die Spielregeln geändert zu haben. Giles hatte ihren Plan damals brillant gefunden. Wieso wollte er jetzt den Rat wieder aufbauen? Alte Strukturen erschaffen, die Regeln wieder ändern? Das brachte doch nichts. Sicher.. er würde damit den vielen Jägerinnen auf der Welt eine bessere Überlebenschance einräumen und dabei neue Strukturen einführen, reformieren. Aber sicher scheiterte er daran, dass die Bürokratie ihm im Weg stand und vor allem die älteren Wächter. Es würde so kommen, wie sie befürchtete.. von wegen Reformation.
 

Giles hatte das Ende der Treppe erreicht und blieb einen Augenblick stehen, sah zurück und seufzte schwer. Es hätte so vieles gegeben, das er ihr noch gerne gesagt, was er gerne gewusst hätte.. wie es Buffy ging, wie sie mit Spikes Tod zurecht kam, mit der veränderten Situation.. aber wie so oft hatte er den richtigen Augenblick verpasst, um zu fragen. Er wusste, dass jetzt, wo ihr die schwere Last von den Schultern genommen war, nicht alles einfach so normal weiter gehen konnte, wie sie es sich vielleicht erträumt hatte. Und er war sich ganz sicher, dass sie das auch selbst wusste.
 

Aber nur wenn sie darüber reden würde, konnte er ihr vielleicht bei ihren Entscheidungen helfen oder zur Seite stehen. Da sie ihn nicht zurückhielt, sah Giles ein, dass Buffy im Moment nicht reden würde und ging weiter nach unten.
 

++++
 

Ratsgebäude.

Am Abend.

Xander, Dawn und Andrew saßen am großen Konferenztisch und warteten auf den Rest der Gruppe. Sie wollten die gesammelten Informationen zusammenfassen und Buffy einweihen.
 

„So lange der Rest auf sich warten lässt,“ Xander stand auf, um aus dem Hinterzimmer etwas zu trinken zu holen, „können wir uns auch selbst verköstigen.“

„Das dauert noch ne Weile,“ seufzte Dawn. „Buffy stand unter der Dusche, als Giles gerade beschlossen hatte, sich zu rasieren,“ Dawn grinste breit und gehässig. „Wenn das schon am ersten Abend so lustig zugeht, will ich doch keine eigene Wohnung mit Buffy alleine haben.“
 

Andrew schaukelte auf seinem Stuhl vor und zurück. Eigentlich müsste er bald los. Wenn er noch einmal zu spät kam, konnte er sich sicher einen neuen Job suchen. Auch wenn er die Uniform hasste und Xander ihn hin und wieder als „Tomate“ bezeichnete, so füllte er damit langsam sein Konto. Außerdem würde er erneute Sticheleien von Xander nicht ertragen, wenn er schon wieder ohne Job dastand. Schließlich hatte er schon seit Wochen keine Miete mehr bezahlt.

„Und wie war London? Hast du viele Vampire gekillt?“ Grinste Xander als er mit drei Dosen Coke zurückkam und Dawn etwas aufzog.
 

Im ersten Moment zuckte Dawn kaum merkbar zusammen. Ihr Herz klopfte heftig gegen die Brust. Hatte Willow sich bereits verplappert? Halt nein... Xander machte nur einen seiner üblichen Späße. Sie lächelte gezwungen und hoffte, dass niemand ihr Unwohlsein bemerkt hatte. „Ach was... in London gibt es doch viel Schlimmeres als Vampire!“
 

“Linksverkehr!” Warf Andrew ein.
 

“Fish and Chips!” Stöhnte Xander.
 

”Teletubbies!“ Triumphierte Andrew.
 

“Ja, das sind blutrünstige Monster! Und einer von ihnen hat eine lila Handtasche, und ist schwul!“ Nickte Dawn zustimmend.
 

“Ich dachte, das wär´ ein Mädchen!“ Entrüstete sich Xander und setzte sich wieder an den Tisch.
 

“Da gibt es Mädchen?“ Andrew griff nach einer Dose.
 

“Ich dachte, das erkennt man an den komischen Dingern, die sie auf dem Kopf tragen. Die Jungen haben die langen spitzen, und die Mädchen haben die mit dem Loch in der Mitte!“
 

“Xander!!!“ Dawn klang entrüstet, aber auch etwas verlegen.
 

„Ja was denn?“ Tat er unschuldig, war aber doch erleichtert, als Kennedy in der Türe erschien und die Aufmerksamkeit auf sich lenkte. Hinter ihr tauchte Willow auf und die beiden setzten sich mit einem „Hi“ in die Runde.

„Wo steckt der Rest,“ fragte Willow ungeduldig. Sie wollte endlich Buffy begrüßen.
 

„Der Rest,“ ertönte Buffys Stimme aus dem hinteren Durchgang. „Musste sich erst davon erholen, dass Giles ohne Klopfen ins Badezimmer platzte.“ Sie warf einen anklagenden Blick über die Schulter, während sie in den Raum, gefolgt von Giles eintrat. Der Wächter wirkte mehr als verlegen und spielte nervös an seiner Brille.
 

„I-ich....“
 

„... such mir bald eine eigene Wohnung.“ Sagte Buffy versöhnlich, aber bestimmt. „Sie wollen sicher Ihre Ruhe haben.“
 

Giles lächelte gezwungen und dachte an die Unordnung im Badezimmer, nachdem Buffy gerade mal ein paar Stunden eingezogen war. Abgesehen von Dawns Unart überall etwas stehen und fallen zu lassen, wenn sie es nicht mehr brauchte.

„Hey.. Will,“ Buffy hatte Willow entdeckt und eilte zu ihrer Freundin, die aufstand und sie innig in die Arme schloss.
 

„Ich könnte fast eifersüchtig werden,“ murmelte Kennedy lachend und bekam von Buffy zur Begrüßung ein freundliches Zunicken geschenkt.

„Du bist braun geworden.“ Stellte Willow fest. „Und siehst richtig gut erholt aus.“
 

„Das bin ich auch. Aber ich hab schon ein schlechtes Gewissen, wenn Dawn nur ansatzweise erzählt, was ihr hier und in London inzwischen auf die Beine gestellt habt.“ Sie löste sich aus Willows Armen und setzte sich zu den anderen. Es hatte etwas tröstliches, gewohntes an sich, so wie sie in dieser Runde saßen, wenn auch Kennedy und Andrew neu waren und Buffy sich eingestand Anya etwas zu vermissen. An Spike wollte sie für den Moment nicht denken müssen. Nicht weil es schmerzlich war, sondern weil es sie nur wieder an die letzten Augenblicke in einer Stadt erinnerte, die nach sieben Jahren zu einem Zuhause mit Erinnerungen geworden war. Und diese lagen nun in einem Krater unter Schutt und Asche begraben.
 

„Halb so wild,“ winkte Willow ab.
 

Ein Räuspern von Giles lenkte ihre Aufmerksamkeit zu dem Briten, der sich die Brille gerade wieder auf die Nase setzte und sich über einem Berg Bücher auf dem Tisch abstützte. „Wenn ich trotz der ganzen Wiedersehensfreude eure ungeteilte Aufmerksamkeit bekommen könnte?“ Er sah abwartend in die Runde. „Danke. Also zu unserem Problem.“ Er griff nach seinen Notizen. „Wenn ich das alles richtig zusammengefasst habe, sucht eine Gruppe Vampire, die Wrukolas genannt werden und von den ägäischen Inseln stammten, Cleveland heim. Offensichtlich hat sich diese Gruppe unter einem Anführer versammelt, um die Welt von menschlichen Sündern zu befreien. Ich habe herausgefunden, dass ein Wrukola nur aus einem Mensch, der ein frevelhaftes Leben geführt hat, einen neuen Vampir erschaffen kann. Was uns zu der Vermutung bringt, dass dies der einzige Grund für das geschlossene Vorgehen der Vampire ist.
 

Wobei,“ er kratzte sich an der Schläfe. „Ich nicht ausschließe, dass unsere Vampire hier ein wenig aggressiv vorgehen und ihr Handeln einer höheren Sache dient. Zudem suchen sie wohl nach einem Artefakt.“
 

Giles machte eine Pause, damit die Informationen zu allen durchdrangen. Er blätterte geschäftig in seinen Notizen, bis er fand, was er suchte. „Unsere Quellen sind stark eingeschränkt. Aber Wrukolas sind gängige Vampire und über die meisten Splittergruppen gibt es Aufzeichnungen. Dawn hat im Netz herausgefunden, dass ein Talisman, Purificatio-Talisman, der Gruppe helfen soll, ihr Ziel zu erreichen. Purificatio heißt Reinigung. Und Dawns Quelle beschrieb den Talisman als eine kleine, silberne Scheibe. Auf dieser Scheibe soll ein Tor dargestellt sein, umgeben von stilisierten Kristallen. Nun... ich kann mir nicht so ganz genau vorstellen, für was er benutzt wird, da zum Beispiel ein Tor in diesem Zusammenhang meist den Übergang zwischen Welten darstellen soll. Wohingegen die Kristalle möglicherweise für Salz stehen. Und Salz dient oft zur spirituellen Reinigung, als auch zum Ziehen von Bannkreisen...“. Giles legte sein Notizbuch ab und setzte sich. „Daher denke ich wäre es für meine Studien sehr dienlich, wenn wir den Talisman finden und ihr ihn herbringen könntet.“
 

„Wow.. Sie haben es noch immer drauf,“ grinste Xander und versuchte Ordnung in das zu bekommen, was er gehört hatte.
 

„Und was genau sollen wir jetzt tun,“ fragte Kennedy, während Giles einen leicht irritierten Blick zu Xander schickte.
 

„Uhm eh... da wir wissen wo sich die Vampire hauptsächlich aufhalten -in diesem Hochhaus, uhm.. schlage ich vor wir marschieren hinein und suchen den Meister samt Talisman,“ Giles rieb bereits wieder die Gläser seine Brille.

„Also ich muss zur Arbeit,“ stellte Andrew bedauernd fest und stand auf. Niemand schenkte ihm richtige Aufmerksamkeit außer Dawn, die kurz winkend aufsah und Xander, der nur kurz nickte. Ein wenig geknickt wollte Andrew gehen, doch Giles hielt ihn zurück.
 

„Andrew warte.. falls wir etwas finden, das in dieser Sprache ist.. brauchen wird dich als Übersetzer.“
 

„Wirklich?“ Andrew kam zurück. Vergessen waren seine Sorgen um den Billiglohn. Er war auf einmal wichtig... für die Gang.. das war.. cool.
 

Buffy kam sich im Moment fast genauso nutzlos vor wie Andrew noch vor einer Sekunde. Kennedy stellte ihre Fragen, Giles schmiedete ihre Pläne, selbst Andrew war für etwas gut... fast hätte sie geseufzt. Statt dessen ließ sie ihren Blick gelangweilt durch den Raum wandern. Hier gehörten eindeutig ein paar Bilder an die Wand und Pflanzen an die Fenster...
 

„Kennedy, Buffy.. ihr geht auf jeden Fall gemeinsam in das Hochhaus. Xander und Andrew kommen als Rückendeckung mit. Und wir drei halten hier die Stellung.“
 

Buffy sah erstaunt zu Giles. So schnell war sie wieder im Dienst. Und keiner hatte gefragt... sie hasste sich langsam für die zwiespältigen Gedanken. Unangenehm stieß ihr auch Giles Wortwahl auf... Kennedy an erster Stelle zu nennen. Schon alleine deswegen konnte sie nicht nein sagen.
 

„Uhm.. ich denke Dawn könnte ein Ausflug nicht schaden?“ Schlug Willow überraschend für alle vor, wobei sie jedoch unbemerkt Dawn zuzwinkerte. Sie wusste schließlich etwas, das der Rest nicht wusste.

„Dawn bleibt hier. Das ist viel zu gefährlich,“ ordnete Buffy an und sprang selbst aus dem Stuhl.
 

„Hey.. ich hab Erfahrung genug gesammelt. Und was soll ich hier rumsitzen? Wir haben doch das meiste recherchiert? Und für die Spezialfragen sind Giles und Willow zuständig. Komm schon Buffy,“ verlagerte sich Dawn aufs Betteln. Wir haben uns sooo lange nicht gesehen und ich soll gleich den ersten Abend alleine...“
 

„Also gut, also gut. Aber halt dich im Hintergrund.“ Buffy war nicht überzeugt, aber bevor Dawn zu nerven begann, gab sie lieber nach. Sie wandte sich zu Kennedy herum, doch die Jägerin war bereits an den Waffenschrank getreten, den Xander mit Andrew eingeräumt hatte. Lange Zeit bevor sie wussten, was alles mit dem Rat und ihnen passieren würde.
 

„Gut.. Waffen,“ murmelte Buffy und griff nach einer Armbrust. Als sie sah, dass Kennedy dieselbe Wahl getroffen hatte, tauschte sie sie schnell gegen ein Schwert ein.
 

Xander, Andrew und Dawn rüsteten sich ebenfalls und die Gruppe verließ das Gebäude.
 

Dawn war Willow dankbar. Ihr wäre hier drinnen die Decke auf den Kopf gefallen und an der Seite von Buffy war sie besser aufgehoben. Sie musste ja nicht alles geben – Verdacht wollte sie auf keinen Fall erregen. Sie würde im Hintergrund bleiben und allen den Rücken freihalten.
 

++++
 

City.

Hochhaus.

Die Nacht legte laut und geschäftig ihren dunklen Mantel um die Scooby Gang, als sie aus dem Crysler ausstiegen. Der Parkplatz des gewaltigen Bürogebäudes lag friedlich inmitten eines stark frequentierten, lauten Straßenzugs. Eine Grille zirpte einsam in ihrer Nähe gegen den Straßenlärm an und eine Hupe heulte in der Ferne auf.
 

Buffy blickte an der hell erleuchteten Fassade des Hochhauses hinauf, bis sie ihren Kopf in den Nacken legen musste, um das Ende zu sehen. Sie war von der Größe regelrecht erschlagen. „Wow. Ganz da oben wollte ich nicht sitzen. Jedes Mal, wenn ich Lust auf nen Donut bekäme, müsste ich eine halbe Tagesreise durch Flure, Fahrstühle und Treppen machen.“
 

„Ist halb so schlimm,“ Kennedy schlug ihre Autotüre zu. Die Grille verstummte sofort. „Alles gut ausgeschildert, Botenjungs und ne eigene Ladenzeile im unteren Bereich.“
 

Ja wusste sie denn auf alles eine Antwort? Buffy kniff ihre Augen zusammen und taxierte Kennedy kurz. Dann riss sie sich zusammen, rief sich ins Gedächtnis, dass Kennedy nun eine Jägerin und seit drei Monate im Geschäft war. Natürlich wusste sie.. nein sie musste sogar auf alles ein Antwort wissen, wenn die Moral der Truppe nicht sinken sollte.
 

„Ihr ward drinnen?“ Dawn zog ihre Waffe aus dem Kofferraum.
 

„Kurz,“ nickte Xander. „Wir wollten uns nur einmal umsehen.“
 

Das war natürlich auch eine Erklärung für Kennedys Wissen, musst Buffy beschämt zugeben.
 

„Und?“
 

„Na ja, die oberste Etage steht zur Zeit leer, weil sie renoviert wird. Also, Buffy.. doch ne kleine Tagesreise nach ganz oben.“ Feixte Xander Richtung Buffy.

„Nee lass mal, hab gerade ne Weltreise hinter mir, die reicht,“ grinste Buffy und folgte Kennedy, die bereits los marschiert war.
 

„Was ist jetzt eigentlich mit deinem Job, wenn du heute nicht hingehst?“ Fragte Dawn interessiert Andrew.
 

Er zuckte mit den Schultern. „Wahrscheinlich bin ich ihn los. Ich werde mir was Neues suchen müssen.“
 

„Das wäre dann Job, der wievielte?“ Merkte Xander an.
 

Andrew verzog das Gesicht. „Im Dienst gegen das Böse muss man Opfer bringen.“
 

„Genau.“ pflichtete ihm Dawn bei und überlegte zeitgleich wie ihr Opfer aussehen würde, wenn sie den anderen von sich und ihren neuen Kräften erzählen würde.

„Aha...,“ Xander versteckte sein Schwert unter der Jacke so gut es ging, als Buffy und Kennedy vor ihm durch die Drehtüre schritten.
 

„Eben. Wir haben keine Superkräfte und müssen auch noch Opfer bringen,“ jammerte Andrew.
 

Xander sah die beiden entrüstet an. „Superkräfte! Wer braucht schon Superkräfte?“
 

“Auch wieder wahr,“ gab Andrew noch immer etwas deprimiert zu. „Die Leute, die ohne Superkräfte das Böse bekämpfen sind sowieso viel cooler.“ Er klang schon wieder optimistischer.
 

“Batman ist auch cooler als Superman!“
 

Andrew musste Xander sofort widersprechen: „Eigentlich ist Superman cooler als Batman, aber...“
 

“Hey! Ich dachte wir sind hier die Coolen und metzeln ein paar Vampire ab!“
 

Versuchte Dawn die beiden zu unterbrechen. Auch wenn ihr das Gespräch nicht mehr so sehr behagte. Sie war seit der Nacht in London mit ihren englischen Freunden nicht mehr „normal“....
 

“Natürlich, wir sind supercool! Wir sind die Fantastischen Vier, ich mein natürlich...die mächtigen Drei!“ Versuchte Andrew das Gespräch zurück zu lenken.
 

Dawn kicherte. „Ich bin Piper! Ich wollte schon immer Leute in die Luft sprengen!“
 

“Nun, da ich der Erwachsene hier bin, und auf euch aufpasse, muss ich wohl oder übel Prue sein.“ Wählte Xander etwas angeberisch seinen Charakter aus.
 

“Ich bin nicht Phoebe! Ich verknalle mich nicht in Dämonen! Das ist Xander's Job!“ Entrüstete sich Andrew.
 

“Aber du bist blond, das reicht schon!“ Merkte Dawn schadenfroh an.
 

“Ach menno!“ Schmollte Andrew und trat hinter Buffy durch die Drehtüre. Sie schlossen zu den beiden Jägerinnen auf, die zielgerade auf die Fahrstühle zusteuerten, überwacht von den strengen Blicken der Sicherheitsleute. „Und zudem hab ich eine Kollegin angerufen, die ist für mich eingesprungen,“ löste er die Frage verspätet und unspektakulär auf.
 

++++
 

Weatherby trat hinter der Telefonzelle hervor. Seit er herausgefunden hatte, wo sich die Vampire versteckten und ihren Talisman, hatte er den Befehlen seines Auftraggebers gehorcht – die Jägerinnen zu überwachen und falls nötig ihnen den richtigen Tipp zukommen zu lassen. Aber offensichtlich war das nicht nötig. Sie hatten dieselbe Fährte aufgenommen, wie er vor Tagen. Wenn er Glück hatte, gehörte ihm noch heute Nacht der Talisman und er konnte endlich in die Heimat zurückfliegen. Er folgte mit Abstand in das Gebäude.
 

++++
 

„Also... wo fangen wir an?“ Buffy stand mit der Gruppe im dunklen Flur, in dem Leitern, Werkzeugkästen, Farbeimer und Abdeckplanen auf die bevorstehende Renovierung hindeuteten.
 

„Großbüro?“ Schlug Kennedy vor und ging auf eine große Flügeltüre am Ende des Flures zu.
 

Die anderen folgten in stummer Zustimmung. Nur Buffy zögerte einen Moment. Es konnte ja auch eine Konferenzzimmer sein.. eine Falle.. aber da hatte Kennedy bereits die Flügeltüre aufgestoßen. Buffy schüttelte den Kopf. So konnte sie nicht arbeiten...
 

Vor ihnen lag ein dunkler Raum, durch dessen verglaste Front das schwache Licht von außen eindrang und nur Umrisse enthüllte.
 

Kennedy wartete auf Buffy und gemeinsam traten sie ein. Mit einem raschen Blick durch den Raum schien so weit alles in Ordnung zu sein. Sie winkten den dreien zu und gingen weiter. Vorsichtig, jedes Geräusch vermeidend. Buffy gab mit einem Handzeichen zu verstehen, dass sie ausschwärmen sollten, um den Raum schneller überprüfen zu können. Buffy ging alleine weiter, während Kennedy sich nach links und Xander nach rechts wandten. Kennedy stieß an der Wand hinter einer Reihe Tische auf zerwühlte Schlafstätten und Xander trat in einen kleinen Müllberg. Definitiv waren sie auf das Nest gestoßen.
 

Als Buffy den letzten Schreibtisch erreicht hatte, fiel ihr Blick zum Fenster. Dort schien etwas auf einem kleinen Podest zu liegen. „Hey Leute.. schaut mal,“ flüsterte sie über ihre Schulter laut genug, dass sie von den anderen gehört wurde. Sie kamen näher und gemeinsam besahen sie sich den flachen, runden Gegenstand. Buffy beugte sich etwas nach vorne und entdeckte den von Giles beschriebenen Torbogen. Um ganz sicher zu gehen, wollte sie nach dem Talisman greifen. Im selben Augenblick raschelte es über ihnen. Alarmiert sahen alle nach oben. Doch ihre Reaktion kam zu spät. Schemenhafte Gestalten stürzten sich im freien Fall von der Decke auf sie nieder.
 

Kennedy riss ihre Armbrust in die Höhe, doch der Schuss ging ins Leere, während Buffy unter einem Vampir begraben wurde. Dem Rest erging es nicht viel besser.

Das Chaos brach aus, als jeder damit beschäftigt war, zu überleben. Vampire wie auch die fünf Menschen im Raum.
 

++++
 

Weatherby hatte den oberen Stock erreicht und hörte schon vom anderen Ende des Flures das laute Kampfgetümmel. Mit ein wenig Glück würde es nicht lange dauern. Er zweifelte nicht eine Sekunde lang daran, dass es die Jägerinnen nicht schaffen würden.
 

„Dawn.. halt dich im Hintergrund,“ rief Buffy ohne zu wissen, wo ihre Schwester steckte. Dawn hatte den Ruf vernommen und war ihm gar nicht so böse. Sie hatte bereits einen Vampir in die ewigen Jagdgründe geschickt, aber wenn sie noch länger an der Front kämpfte, würde irgendjemand ihren neuen Kampfstil bemerken und hinterher Fragen stellen. Also hielt sie sich sehr zurück und überließ den anderen den Kampf. Sie würde dafür sorgen, dass kein Monster von hinten den Freunden in den Rücken fallen konnte. Falls es eine Nachhut gab.
 

Buffy und Kennedy standen Rücken an Rücken und kämpften verbissen gegen die Übermacht, während Andrew und Xander versuchten ihre Haut zu retten. Diese Vampire waren stark und vor Tagen waren sie schon einmal in diesen Genuss gekommen. Andrew kam ins Stolpern und wurde unter den Körpern von zwei Vampiren begraben. Er brachte ein ersticktes Geräusch zustande, das Xanders Aufmerksamkeit erregte.
 

„Buffy.. Andrew!“
 

Buffy blickte schnell in die gewiesene Richtung und erkannte das Problem. Sie verließ Kennedy, kämpfte sich durch bis sie Andrew erreicht hatte und zog die beiden Vampire von ihm. Sie half Andrew schnell hoch und war sofort wieder mit Vampiren beschäftigt.
 

Sie bemerkte zu spät, dass sie von einer kleinen Gruppe nach hinten gedrängt wurde, weg von ihren Freunden. Sie behielt die Ruhe, wie sie es von Anbeginn an gelernt hatte und schaffte es einen kleinen Teil der Gruppe zu töten. Dadurch hatte sie sich zurück in Richtung Freunde vorgearbeitet und atmete erleichtert auf. Doch der Platz der toten Vampire wurde sofort von neuen eingenommen und Buffy endete mit dem Rücken an der Wand. Sie sah kurz zur Seite und entdeckte ein Türe. Ihre freie Hand griff nach dem Türknauf, während sie mit der anderen ihr Schwert schwang und die Vampire zurückhielt. Die Türe war offen und sie seufzte erleichtert. Schnell schlüpfte sie hindurch und befand sich in einem kleinen Raum mit einer Treppe nach oben. Sicher der Zugang zum Dach. Erst jetzt bemerkte sie überrascht, dass ihr die Vampire nicht folgten.
 

„Oh...,“ überrascht blieb sie auf der ersten Treppenstufe stehen, wandte sich herum und ging zurück. Man wollte sie offensichtlich hier haben, aber sie konnte ihre Freunde doch nicht alleine lassen?
 

Als sie die Türe zurück zum Büro öffnete, sah sie in die knurrenden Gesichter der Meute, die sie bis hier her abgedrängt hatte. „Na prima... was auch immer ihr von mir wollt.. ich leg mich nicht mehr mit euch an.. daher.. tschüss,“ sie schlug ihnen eilig die Türe wieder vor der Nase zu. Kennedy war schließlich noch bei den anderen und eine Jägerin sollte für den Moment reichen. Langsam ging sie die Treppe nach oben. Sie schien keine andere Wahl zu haben. Aber ungefährlich würde es sicher nicht werden.
 

Die Stufen endeten an einer Türe, die unverschlossen war. Vorsichtig stieß Buffy sie auf und befand sich tatsächlich auf dem Flachdach des Hochhauses. Viel Platz bot es für die Größe des Hauses nicht, denn die eine Hälfte wurde von einem Aufsatz eingenommen, hinter dessen Glasfenstern die Lichter hell und grell den vorderen Bereich erleuchteten. Buffy überlegte gerade, ob es sich dabei womöglich um ein Lokal, weitere Büros oder sogar Wohnungen handelte, als sie eine Bewegung wahr nahm. Von oben, dem schmalen Dach des Aufsatzes.
 

Die Jägerin blickte sich hastig um. Aber sie sah keinen Zugang und ob die Bewegung nicht nur in ihrer Einbildung existierte, wusste sie auch nicht zu sagen. Sie ging von der Türe weg, ein paar Schritte näher an den Rand und wagte einen Blick darüber hinweg. Die Hochhäuser um sie herum waren gegen das hier klein, und überall brannte die Beleuchtung. Die Stadt wirkte dadurch selbst zu dieser Zeit noch lebendig, auch wenn der Großteil der Büros nicht mehr besetzt war. Unter ihr sah Buffy die Strasse als breiten, grauen Streifen und die Autos als kleine, sich bewegende Flecken.
 

Ein Windstoß, ein Rascheln... Buffy fuhr herum.. ihre Augen huschten unruhig von links nach rechts, hoch zu dem zweiten Dach... irgendwer war hier. Jemand, der sie alleine haben wollte. Und er schien eine Etage höher zu sein, wenn sie sich den dunklen Stofffetzen eben, der über den Rand geweht hatte, sich nicht nur eingebildet hatte. Sie rannte zum Aufsatz hinüber, nahm sich nicht erst die Zeit in das Innere zu blicken – obwohl sie zuvor noch sehr neugierig auf seine Funktion gewesen war - sondern suchte nur nach einer Treppe.
 

Es gab eine Feuerleiter nach oben. Sie griff danach und eilte hinauf. Ihre Schritte hallten auf dem Eisen und eine unentdeckte Annäherung konnte sie somit gleich streichen.
 

Kurz vor dem Ziel hielt sie inne, holte tief Luft, um sich innerlich auf alles einzustellen und streckte vorsichtig den Kopf über den Rand. Ehe sie genau sagen konnte, was passierte, wurde sie an ihrem Haarschopf gepackt und von der Leiter gepflückt. Der Schmerz kam überraschend heftig, so dass Buffy zu langsam reagierte, um sich zu befreien. Der Angreifer riss sie mit Leichtigkeit in die Höhe und warf sie von sich auf den Boden des Daches.
 

Buffy kam ungeschickt auf und versuchte sich noch über die Schulter abzurollen, um das Schlimmste zu vermeiden, trotzdem prellte sie sich die Hüfte auf dem Teerboden. Stöhnend kam sie auf die Beine, bevor der Vampir sie erreicht hatte. „Verdammt.. wieso glaubt ihr ständig mich als Punchingball benutzen zu dürfen?“
 

Erst jetzt sah sie ihren Gegner aus der Nähe. Ein groß gewachsener, dunkelhäutiger Mann, mit kurzem, dunklem Haar und einer Tätowierung auf der Stirn. Gekleidet war er in schwarz und trug über Pullover und Hose einen langen, schwarzen Wollmantel. “Also echt... ich verstehe nicht, was ihr Vampire an diesen Mänteln findet,“ stöhnte Buffy, als würde ihr das wirklich Schmerzen bereiten. Sie erblickte ihr Schwert, das ihr bei der rüden Behandlung aus den Händen gefallen war. Es lag nur ein paar Schritte von der Jägerin entfernt, doch der Blick des Vampirs war ihrem gefolgt und er erahnte ihr Vorhaben.
 

Für einen Moment schien die Zeit still zu stehen, ihre Blicke trafen sich.. dann stürzten sie sich beide auf das Schwert. Obwohl sie beide die Waffe gleichzeitig erreichten, hatte der Vampir den schnelleren Reflex und brachte das Schwert ins Rutschen. Es fiel über den Rand und traf mit einem Klirren ein paar Sekunden später auf das darunter liegende Dach auf. Als Buffy wütend und frustriert in das Gesicht des Vampirs blickte, verzogen sich seine Lippen zu einem spöttischen Grinsen.
 

„Prima.. kommst dir jetzt wahrscheinlich super schlau vor,“ sie sprang auf die Füße und ehe der Vampir nacheilen konnte, hatte sie mit dem Fuß ausgeholt und ihm in die Seite gekickt. Er wurde herumgeschleudert und kam auf dem Rücken zu liegen.
 

„Okay.. was willst du eigentlich von mir? Ich hab mit der Sache an sich nichts zu tun. Ich bin hier erst seit ein paar Stunden und ...,“ und was? ... wollte nie wieder einen von euch sehen? Und wollte erst noch ein paar Tage ausspannen bevor ich wieder auf die Jagd gehe? Wenn überhaupt?
 

„Du bist nicht die Jägerin,“ fragte der Vampir irritiert aber mit Akzent.

„Nun.. es ist eher so.. ich war DIE Jägerin. Jetzt ist es mehr ein, nun... 'ich bin eine von vielen Jägerinnen’.“ Der Vampir sah sie völlig verdutzt an. „Ach nicht so wichtig.. wenn du eine Jägerin wolltest.. hier ist eine.. komm schon. Lass es uns beenden.“
 

Doch der Angriff blieb aus. „Du bist die Falsche.“
 

„Ach... diese Leier.. wie viele Männer haben mir das schon ins Gesicht gesagt.. oh warte.. nein noch keiner... sie sind alle vorher davon gelaufen. Also tu dir keinen Zwang an.. such dir ne andere Jägerin.“
 

„Ich wollte dieses dunkelhaarige Mädchen, das mir meine Brut zerstörte. Alles muss man alleine machen,“ fügte er leise, eher weniger unheilverkündend, hinzu.

„Oh Kennedy.. tut mir leid. Sie ist anderweitig beschäftigt.. aber wenn ich dir helfen kann...“
 

„Nicht nötig,“ und damit schlug er unerwartet schnell und fest zu. Buffy taumelte und kam dem Rand gefährlich nahe. Während sie noch mit dem Gleichgewicht kämpfte, sprang der Vampir an ihr vorbei in die Tiefe. Offensichtlich wollte er sich wirklich nicht mit ihr abgeben. Buffy fing sich und sah hastig nach unten. Der Vampir eilte auf die Türe zu, durch die sie gekommen war. Er wollte Kennedy, aber er durfte sie nicht bekommen.

Buffy bezweifelte, dass das Training mit Xander Kennedy schon so weit vorbereitet hatte, dass sie gegen einen mächtigen Vampir kämpfen konnte. Zwar war ihr durchaus bewusst, dass Kennedy vor wenigen Monaten gegen die Übervampire gekämpfte hatte, aber es war etwas ganz anderes gegen ein manipulierendes, intelligentes Wesen wie einen Meister zu kämpfen. Die Übervampire waren von Instinkten geleitet und dumm gewesen. Zudem war das Gefühl in der Gruppe stark und unbesiegbar zu sein etwas anderes, als alleine Mann gegen Mann zu stehen.

Sie selbst hatte schließlich damals den Meister auch nicht im ersten Anlauf besiegen können und dabei hatte sie etwas mehr Training durchlaufen.
 

Sie ließ sich an der Feuerleiter hinunterrutschen, wedelte beim Rennen über das Dach mit den verbrannten Handflächen und pustete dagegen. „Im Fernsehen sieht das immer so einfach aus.... ich verlange bei Gelegenheit Schmerzensgeld oder das sie vor Nachahmung warnen.“ Buffy legte einen Spurt hin und konnte sich gerade noch gegen den Vampir werfen, eher er die Türe öffnete. Er fiel samt Buffy hart dagegen. Ein dröhnender Schlag hallte über die Dächer der Hochhäuser und Buffy klammerte sich verbissen an dem Vampir fest, um ja nicht die Führung über den Kampf zu verlieren.
 

Der Vampir stand auf, mit Buffy im Huckepack und versuchte sie mit heftigen Stößen gegen die Türe und die Mauer des Türaufsatzes abzuwerfen. Doch Buffy war Schlimmeres und Härteres gewöhnt. Natürlich tat es ihr weh und sie verzog bei jedem neuen Aufprall das Gesicht. Aber wacker hielt sie ihre Position. Der letzte Stoß war jedoch zu heftig und Buffys Hände rutschten von seinen Schultern ab. Er schaffte es sie über seine Schulter abzuwerfen und Buffy flog mit einem halben Salto über ihn hinweg auf den harten Untergrund. Doch davon ließ sie sich nicht aufhalten. Buffy sprang aus der Rückenlage in die Höhe, erblickte ihr Schwert und rannte darauf zu. Sie erreichte es in dem Moment, in dem der Vampir die Türe erneut aufriss.
 

„Hey Freundchen.. davonlaufen ist nicht angesagt. Das ist mega out..,“ sie rannte ihm hinterher und wurde auf der Treppe mit einem Kick zurück auf das Dach empfangen.
 

Der Vampir sprang wütend und knurrend hinterher. Offensichtlich hatte sie endlich seine Aufmerksamkeit erlangt. „Wenn du es so haben möchtest.. auch du bist eine Sünderin und die Welt wird froh sein, von deinen Lastern befreit zu werden.“
 

„Greif einfach an,“ gelangweilt hob Buffy das Schwert.
 

Der Meister zog unter seinem langen Mantel langsam, fast anmutig ein breites, schottisches Schwert hervor. Er senkte das Blatt mit der Spitze nach vorne auf den Boden und hob es dann kurz an die Stirn. Buffy stand einfach nur da, spannte ihre Muskeln, konzentrierte sich auf den Kampf und wunderte sich über das Verhalten des Vampirs. Doch eine freche Frage, die ihr auf der Zunge brannte, konnte sie nicht mehr stellen, denn der Vampir holte aus und griff überfallartig an. Buffy wusste gar nicht wie ihr geschah. Sie strauchelte beim Zurückweichen mehrmals, ehe sie endlich ihr Schwert nach oben brachte, um zu parieren. Zwar konnte sie sich jetzt verteidigen, aber Raum für einen Gegenangriff blieb ihr nicht. Im Gegenteil.. sie wurde mit einfallsreichen Attacken einmal um das Dach getrieben.
 

„Scheint so, als hättest du jeden Morgen brav deine Kellog´s aufgegessen...“, war alles, was sie ihm entgegensetzen konnte. Doch dann sah sie endlich eine Lücke in seiner Verteidigung. Geduld war doch eine gute Sache. Buffy ließ ihren Arm nach vorne schnellen und traf durch die Deckung hindurch den Vampir an der Seite, schlitzte ihm das Hemd auf und die Haut darunter. „Treffer.“
 

Die Freude hielt nur kurz an, als der Vampir auch schon wieder zuschlug und Buffy sich unter dessen Schwert hinweg ducken musste. Sie kam in die Höhe, nur um sofort noch weiter in die Höhe zu springen, weil der nächste Schlag auf ihre Beine gezielt war. In der Luft wagte sie eine Rolle nach rechts, kam auf den Beinen auf und konnte die geschaffene Distanz für einen Kick gegen den Kopf des Vampirs ausnutzen. Er kam ins Taumeln und Buffy setzte nach. Ihr Schwert bohrte sich in seinen Bauch. Hastig zog die Jägerin es wieder heraus. Er schrie auf, riss wütend die Augen auf und drosch aufeinmal blind auf sie ein. „So viel zu meiner Technik,“ brummte Buffy, froh überhaupt einen Treffer angebracht zu haben. Aber schnell begriff sie, dass sie den Vampir doch mehr zugesetzt hatte, als im ersten Moment angenommen. Er trieb sie zwar weiter über das Dach, aber die Angriffe kamen unkontrollierter. Die Funken flogen, als sich ihre Schwerter kreuzten, mehr als einmal verharkten sie sich ineinander und standen sich Gesicht zu Gesicht gegenüber, bis einer von ihnen schnell genug reagierte, um dem andern die Stirn ins Gesicht, gegen die Nase, zu schlagen.
 

Buffy steckte zwei Kopfstöße ein, ehe sie selbst einen Schlag anbrachte. Als das Schwert ihres Kampfpartners sie empfindlich am Oberarm streifte und Blut hervorquoll, wurde sie wütend. „Jetzt reicht’s mir aber... lassen wir das kräftezehrende Vorspiel...kommen wir zum Höhepunkt,“ sie trieb sich selbst an, schlug heftiger zu und versuchte, ihm dadurch die Möglichkeit zu nehmen, selbst anzugreifen. Wieder einmal standen sie sich gegenüber und versuchten ihren Vorteil zu ergattern. Diesmal war Buffy etwas schneller und konnte ihr Schwert hochreißen, um dem Vampir mit dem Griff ins Gesicht zuschlagen. Sie hörte seine Nase brechen und Blut schoss hervor. Mit einem Kick gegen die Brust brachte sie ihn dazu in den Knien einzubrechen.
 

Das Schwert war ihm vor Schmerz aus der Hand geflogen und er hielt sich wimmernd das Gesicht.
 

„Das war’s wohl.. Möchtegern-Kurgan ..“, der Vampir sah irritiert hoch. Seine Augen weiteten sich und er versuchte schnell seine Hände von der Nase an das Schwert zu bekommen, doch er war zu langsam... Buffy schlug ihm den Kopf mit einer halben Drehung von den Schultern. Sein Kopf flog davon und krachte mitten in einen Lichtgenerator. Lichtfunken spritzten auf, Drähte schmorten durch und die ganze Beleuchtung auf dem Dach explodierte auf einmal. Buffy stand inmitten eines Funkenregens, während der Rumpf des Vampirs zu einem Häufchen Asche zerfiel.
 

Erleichtert und zufrieden stand sie da, atmete für einen Moment unregelmäßig ein und aus und versuchte dann ihre Atmung wieder unter Kontrolle zu bekommen. Sie fühlte sich... wie schon seit langem nicht mehr.. einfach gut. Der Kampf hatte ihr gut getan, er hatte ihr gezeigt, dass sie es noch immer drauf hatte, dass sie es gegen die bösesten Bösen auf der Welt aufnehmen konnte....

„BUFFY?“ Die besorgte Stimme von Dawn riss sie aus ihren Gedanken. Dawn tauchte im Türrahmen auf. „Alles in Ordnung? Du warst plötzlich verschwunden. Oh und du blutest!“ Dawn eilte auf ihre Schwester zu.
 

„Ja alles bestens.. es war nur... der Meister,“ sie zeigte auf das Häufchen Asche zu ihren Füßen, als der Rest der Gruppe auf dem Dach erschien. „Ein harter Kampf. Aber ich hab ihn erledigt. Das zählt wohl alleine.. Und wie sieht es unten aus.“
 

„Alle begraben,“ Kennedy hängte sich die Armbrust um. „Und das war es gewesen?“ Sie bohrte ihre Schuhspitze in das Häufchen Asche. Buffy nickte.

„Wo ist eigentlich der Talisman?“
 

“Noch unten,“ erklärte Xander Buffy. „Oh.. besser ist es wohl, wenn wir ihn schnell holen.“
 

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Weatherby jubelte innerlich, als er seine Hände nach dem Talisman ausstreckte und er ihn berührte. Die Vampire waren alle tot, die jungen Leute auf der Suche nach einer der Jägerinnen und er hatte Zugriff auf den einzigen Grund, wieso er hier war. Er steckte sich den Talisman unter die Jacke und rannte aus dem Zimmer, weiter zum Fahrstuhl und hoffte auf ein Entkommen.

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„Er kann nicht weg sein.“ Buffy starrte ungläubig auf das Podest.
 

„Er lag aber hier...,“ Xander sah nicht weniger panisch um sich.
 

„Giles wollte ihn ausdrücklich haben.. zur Archivierung.“
 

„Danke Dawn, das du mich daran erinnerst, dass wir Giles in wenigen Minuten enttäuschen.“ Buffy stieß das Podest mit dem Fuß um. „Suchen wir draußen.“

Sie verließen das Büro und hörten in diesem Moment das „Ping“ vom Fahrstuhl.
 

„Verdammt. Er ist noch hier.“ Buffy und Kennedy rannten los. Als Buffy nah genug war, um etwas zu erkennen, glitt der letzte Spalt in der Türe zu und sie erhaschte nur noch einen kurzen Blick auf einen Mann. Vielleicht war’s aber auch eine Frau.. dachte Buffy unsicher. „Entkommen,“ quittierte sie ihre Niederlage enttäuscht.
 

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Ratsgebäude

Cleveland

„Ich bin froh, dass der Talisman doch nicht so wichtig für Giles war,“ sagte Kennedy gerade erleichtert, während sie mit Buffy über einer Karte gebeugt saß. Rote Sonnenstrahlen der Abenddämmerung drangen durch die Fenster und tauchten den Konferenzraum in ein unwirkliches Licht.
 

„Na ja... er hat zwar gesagt, es wäre nicht so wichtig, aber glaub mir.. er hat was ganz anderes gedacht.“ Und davon war Buffy felsenfest überzeugt. Sie hatte es ganz deutlich in seinen Augen gesehen – die Enttäuschung, als sie ihm gestern die einzige Niederlage mitteilten. Aber sie konnten ja nichts dafür, dass er nun doch kein neues Artefakt für die neue Ratsbibliothek bekam. Schließlich war es vornehmlich nur um die Vernichtung der Vampirsekte gegangen oder was auch immer sie dargestellt hatten. Damit hatten sie immerhin alle Hände voll zu tun gehabt. Wenigstens bestätigten das ihre Zweifel an seiner Arbeit.
 

Er stand im Gewissenskonflikt. Einerseits war er sicher froh gewesen, dass ihnen allen nichts passiert war und die Bedrohung nicht mehr existierte, andererseits war er als neuer Ratsgründer an jeder Information, an jedem Artefakt und altem Buch interessiert. Doch beides konnte unmöglich immer unter einen Hut gebracht werden. Entweder würde der Bösewicht entkommen oder aber der begehrte Gegenstand. Konnten sie ihn überhaupt noch zufrieden stellen? Und durfte sie als Jägerin seiner Urteilskraft noch vertrauen?
 

„Was du nicht sagst,“ Kennedy zog einen Stift hervor und war sich wohl nicht bewusst, wie provozierend sie klang, denn sie sah dabei nicht einmal in Buffys Richtung.
 

„Hey.. ich kenne ihn schon sieben Jahre.. und...,“ wollte sie jetzt tatsächlich mit Kennedy darüber streiten, wer ihren Wächter besser kannte? War er überhaupt noch in diesem Sinn 'ihr’ Wächter? Jetzt wo er Ratsgründer war und zwei Jägerinnen für eine Stadt betreute? Als Kennedy fragend hochblickte, lächelte Buffy verlegen. „Zieh einfach die Grenze.“ Sie tippte auf die Karte.
 

Kennedy grinste. „Sicher.“ Sie setzte den Stift an und dachte kurz nach. „Ich hoffe das geht so weit klar für dich?“
 

Buffy sah sie nachdenklich an. „Ich denke schon. Es ist die beste Lösung, wenn wir uns nicht in die Quere kommen wollen. Also nicht negativ gemeint.. nur... es wäre schrecklich uneffektiv, wenn wir denselben Friedhof durchforsten, obwohl es andere Stellen gibt, die es nötig haben. Allerdings.... ach nichts.“ Buffy hatte für eine Sekunde daran gedacht, Kennedy über ihre vielen Zweifel etwas zu erzählen. Aber dafür kannte sie Kennedy noch immer nicht gut genug. Und Kennedy war neu im Geschäft. Sie würde nicht verstehen, wenn Buffy davon sprach, dass die ersehnte Freiheit nicht so toll war wie sie geglaubt hatte oder dass der Kampf auf dem Hochhaus erneut etwas in ihr ausgelöst hatte, dass sie zum Weitermachen antrieb, obwohl sie das doch gar nicht wollte. Vielleicht würde sie mit Willow einmal darüber reden.
 

Kennedy störte sich nicht an dem Zögern der anderen Jägerin und nickte. „Gut, dann bin ich beruhigt.“ Sie klang ehrlich erleichtert. „So.. fertig. Das hier ist also deine Stadtseite und das meine.“ Kennedy schob Buffy die Karte zu.

„Hey.. ich dachte die Bar wäre freie Zone? Jetzt ist sie auf deiner Seite.“

„Ich hab sie auch entdeckt.“
 

„Na prima.. das heißt ich muss mir meine eigenen Informanten suchen?“ Buffy hatte Mühe nur gespielt entrüstet zu klingen, denn tief in ihr entstand so etwas wie richtige Gereiztheit.
 

„Quatsch,“ winkte Kennedy ab. „Du darfst gerne auf meine zurückgreifen.“

„Wie großzügig“. Buffy war beruhigt. Sie wollte nicht anfangen auf Kennedy eifersüchtig zu werden, nur weil sie sich auf einmal ihre Freunde, ihren Wächter und ein Revier erneut teilen musste. Das letzte Mal lag so lange zurück und endete so unglücklich. Ihre Gedanken drifteten kurz zu Faith und sie fragte sich was die andere Jägerin gerade erlebte.. vielleicht hatte Faith die bessere Wahl getroffen, als sie selbst, die sie sich erneut in die Abhängigkeit begab und dafür sorgen wollte, dass eine große Stadt nachts wieder etwas ruhiger schlafen konnte.
 

„Nun.. dann auf gute Zusammenarbeit?“
 

„Versuchen wir es mal. Ist ja nicht das erste Mal, dass ich mir eine Stadt mit einer Jägerin teile.“ Sie nickte Kennedy zu. Es würde schon klappen. „Ach verdammt.. Giles wollte vor zehn Minuten mit Dawn und mir ein paar Dinge vor seiner Abreise nach Indianapolis klären. Aber nichts neues,“ lachte sie nervös.
 

„Zu spät kommen ist er ja von mir gewöhnt.“
 

„Indianapolis?“
 

„Frag mich nicht. Er muss da ein paar Dinge vor Ort mit einer Jägerin klären und will vor der Abreise noch einiges mit uns regeln. Ich schätze einen Arbeitsplan oder so etwas.“ Sie verdrehte genervt die Augen. Giles konnte ein richtig anstrengender Mensch sein, wenn man ihn fast 24 Stunden um sich hatte. Zu penibel, zu ordentlich...
 

„Ich dachte das Zusammenleben würde funktionieren?“ Kennedy packte ihre Sachen zusammen. Sie wollte Willow von der Uni abholen.
 

„Na ja....,“ Buffy zog ihre Stirn kraus. „Es ist nicht so, dass es völlig unmöglich ist, aber wir müssen uns unbedingt eine eigene Wohnung suchen. Er sortiert den Kühlschrank! Wehe die Milch steht nicht rechts neben dem Orangensaft. Er steht auf Saft mir Fruchtstückchen, wenn ich gerade Orangensaft erwähne. Und seine Socken liegen farbig in den Schubladen! Ich dachte immer er wäre lockerer geworden.“
 

„Klingt nach meinem Dad,“ lächelte Kennedy mitfühlend.

„Ja, nur du wohnst meilenweit von ihm entfernt und ich hab das Vergnügen mit Giles.“ Ihr Lächeln war jedoch amüsiert, als sie aufstand, um nach oben zu gehen. „Dann wag ich mich in die Höhle des Löwen,“ sie deutete nach oben. „Das unser Zuhause ist.“
 

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Dawn lag auf ihrem Bett und starrte die Decke an. Es gab so vieles, das sie überdenken musste. So vieles, das sich in den letzten Monaten verändert hatte.. so vieles, das sie so gar nicht gewollt hatte.
 

Aber man hatte ihr nie eine Wahl gelassen. Weder als ihre Mutter starb, noch als man Buffy zurückholte oder wie jetzt hier zu wohnen. Sie hatte sich in den Monaten nach der Beerdigung in Sunnydale an Selbständigkeit gewöhnt. Erst recht, als Buffy in den wenigen Monaten zuvor nur noch Zeit für die Anwärterinnen hatte. Auch wenn sie schon in London in den Genuss von Giles´ Eigenarten gekommen war, so mochte sie es nicht, dass nun er und Buffy an ihr herumerzogen. Sie war alt genug und brauchte keine Erziehung mehr.
 

Allerdings war es aber auch wiederum nicht so, dass Dawn ihnen nicht dankbar gewesen wäre. Sie brauchte sich seit langem keine Sorgen mehr darüber zu machen, ob jemand zu Hause war, wenn sie von einer Freundin zurückkehrte, dass der Kühlschrank leer war und der Herd kalt blieb oder ob Buffy das Geld für die laufenden Rechnungen zusammen bekam.
 

England hatte ihr schließlich gefallen und hier würde sich auch nichts daran ändern, dass sie eigentlich gut miteinander auskamen, bis auf die Tatsache, dass sie bald auf eine neue Highschool gehen würde und man sie sicher mit der Frage nach Hausaufgaben zu Tode nerven würde.
 

Neben all diesen Dingen stand ihre Entdeckung vor Wochen drohend über allem und trieb sie noch in den Wahnsinn. Sie wusste einfach nicht, wann sie es den anderen sagen würde. Sie wusste nur eines.. es würde sich alles verändern. Im Moment gefiel ihr das Meiste, so wie es war, trotz den kleinen Einbußen. Aber lange konnte sie es nicht mehr vor sich herschieben, nur weil sie Angst davor hatte, dass ihre Freunde sie mit anderen Augen sahen. Sie erinnerte sich jedoch nur zu gut daran, wie verändert ihre Freunde ihr gegenüber waren, als sie erfuhren, dass sie nicht real war. Oder zumindest nicht hätte real sein dürfen, weil sie Energie war. Ein Schlüssel. Sie hatte einfach erneut Angst vor ähnlichen Reaktionen.
 

Mit einem schweren Seufzen drehte sich Dawn zur Seite und drehte ihre kleine Anlage auf dem Nachttisch auf. Ihr Blick fiel auf die Uhr. Eigentlich hätte sie jetzt ins Wohnzimmer gehen müssen.. Giles wollte etwas besprechen, aber so lange er sie nicht vermisste und nach ihr rief, hatte sie es auch nicht eilig.
 

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Der großzügige Wohnbereich schien im Chaos zu versinken. Leere Chipstüten auf dem Sofa, eine alte Pizzaschachtel halb unter dem Sessel, Geschirr, das sich in der Spüle stapelte, ein paar Wäschestücke, die Giles eigentlich nicht in die Hände nehmen wollte. Jedoch überwand er sich dazu das Top und die Socken aufzuheben, um sie in einen bereitstehenden Wäschekorb zu werfen. Den Korb ließ er auf der Theke zwischen Küche und Wohnzimmer stehen, um sich dem Chaos in der Küche zuzuwenden. Mit einem Blick unter die Spüle stellte er fest, dass der Mülleimer überfüllt war. Gereizt murmelte er ein „Dawn“ und „Ein Arbeitsplan muss her.“
 

Das Zusammenleben gestaltete sich Tag für Tag schwieriger. Sie waren drei Menschen, die ihren eigenen Rhythmus gewöhnt waren. Er vor allem hatte die Jahre über viel zu lange alleine gelebt, um sich auf einmal eine Wohnung zu teilen. Schon gar nicht mit zwei jungen Frauen, wobei die eine davon noch immer ein Teenager war.
 

Buffy und Dawn hatten viel zu lange ohne einen Mann – ihrem Vater – gelebt, um ihn und seine Belange wirklich ernst zu nehmen. Doch das musste sich ändern, wenn es weiterhin friedlich zugehen sollte. Er bezweifelte, dass Buffy im Moment in der Lage war, ihr Leben einigermaßen wieder neu zu ordnen. Das sah er schon daran, dass sie sich viel zu viel Zeit gelassen hatte, um sich für einen aktiven Einsatz zu entscheiden. Oder dagegen. Er glaubte, dass Buffy es jetzt, wo sie sich entschieden hatte, es immer noch nicht mit absoluter Sicherheit wusste. Wie sollte sie sich da einen Job suchen, eine Wohnung... Also würde der Zustand noch eine Weile andauern. Das ganze Chaos um ihn war nur in einer Nacht ausgebrochen. Sehr deutlich konnte er sich noch erinnern, wie er die beiden am Morgen darum gebeten hatte aufzuräumen und sauberzumachen.
 

Mit einem Blick auf die Uhr stellte er fest, dass sowohl Dawn als auch Buffy zu spät kamen. In diesem Moment ertönte aus Dawns Zimmer laute, scheppernde Musik, die seine Ohren straften. Genervt gab er auf und steuerte das Gästezimmer an, um dem Lärm ein Ende zu setzen.
 

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Xander stand in der gemeinsamen Küche von Andrew und ihm, hielt zwischen seinen Lippen die Kappe des Stiftes fest und trug auf der Tafel für die Arbeitsverteilung Andrews Name für „Müll rausbringen“ ein. Der kleine R2D2 auf dem anderen Ende des Stiftes drehte sich bei jeder Bewegung.
 

Zufrieden betrachtete er die Liste, in der mehr als sein eigener Name „Andrew“ auftauchte. Doch das hielt Xander für mehr als nur fair. Er hatte sich Andrews angenommen, aber das hieß nicht, dass er außer Geld verdienen auch noch die ganze Hausarbeit erledigte.
 

Xander öffnete den Kühlschrank an dem mit allen möglichen Comic-Helden als Magnete Nachrichten, Bilder, Notizen hingen. Er holte sich eine Coke heraus, ließ den Verschluss aufschnappen, griff nach der Tüte Chips auf der Anrichte und ging in das kleine Wohnzimmer. Er macht es sich auf dem Sofa gemütlich und schaltete den Fernseher ein. Allerdings musste er dazu erst einen Stapel Comics vom Sofa befördern, ein Shirt vom Gerät abhängen und etwas von den Flaschen auf dem Couchtisch zur Seite schieben.
 

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Im Pizza Hut war die Hölle los und Andrew hatte alle Hände voll zu tun. Trotzdem lag auf seinem Gesicht ein leicht gelangweilter Ausdruck, während er Pizzen in Pappschachteln packte. Der Job war nicht unbedingt befriedigend, aber was blieb ihm schon anderes übrig? Niemand hatte für jemanden einen Job, dessen Erfahrung in Dämonenbeschwören und Freunde töten bestand.
 

Andrew wühlte in seiner rechten Hosentasche herum, bis er fand, was er suchte. Sein gelangweilter Gesichtsausdruck veränderte sich zu einem kleinen, aber feinen Lächeln, als er sein Taschentuch mit aufgesticktem Superman-Motiv hervorzog und dazwischen eine recht verknitterte Fotografie eines Wagens hervorholte. Es war ein schwarzer Trans Am abgebildet, den Andrew verträumt anstarrte. Alleine der Gedanke an das eigene Auto ließ ihn schließlich wieder weiterarbeiten. Nun gut.. vielleicht auch ein wenig der Gedanke an den späten Feierabend mit Xander. Vielleicht war Xander noch wach wenn er kam und ein Film würde laufen, den sie beide mitsprechen konnten.. oder zumindest so gut waren, um die nächste Szene vorherzusagen. Er lächelte kurz, ehe er sich die Bestellung 189 ansah und die passenden Pizzen heraussuchte.
 

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Willow saß in der späten Vorlesung und blickte verträumt ins Leere. Um sie herum raschelte es, wurde gehustet, Stifte kratzten über das Papier und die Stimme des Dozenten lullte die meisten Studenten fast in einen seligen Schlaf ein.

Willow hatte die Außenwelt ausgeschlossen. Ihre Gedanken weilten bei den ersten recht anstrengenden Tagen in Cleveland. Trotz der Arbeit war sie froh und glücklich darüber wieder mit ihren Freunden zusammen zu sein. Mit den vertrauten und den neuen. Auch wenn ihr Andrews Platz in der Gang ein wenig suspekt blieb, Anya in ihrer Mitte doch mehr fehlte, als sie immer zu glauben schien und sie sich tatsächlich ein oder zweimal dabei erwischte, wie sie um Taras Grab trauerte, so wollte sie doch nicht vorschnell über Andrew urteilen und zu sehr alten Erinnerungen nachhängen. Sicher beruhte das Misstrauen auf beiden Seiten und ihre Freunde hatten mit eigenen Erinnerungen zu kämpfen. Sie hatten alle etwas gemeinsam.
 

Sie war auch sehr erleichtert gewesen, dass Kennedy Buffys Entschluss, doch aktiv zu bleiben akzeptiert und den brillanten Vorschlag mit einer Revieraufteilung gemacht hatte.
 

Ein wenig gemischte Gefühle hatte sie noch immer wegen Dawn. Aber sie wollte sie nicht zu sehr drängen. Irgendwann würde sie die anderen in ihr Geheimnis von selbst einweihen. Schließlich hatte Willow selbst genug mit sich zu tun. Sie wusste noch immer nicht, was eine Hüterin ausmachte, wie sie sich definierte und worin ihre Aufgabe bestand. War sie wirklich nur stumme Beobachterin oder hatte sie das Recht einzugreifen, wenn etwas nicht richtig war? Was das anging, würde sie sich wohl auf Giles und seine Recherchen verlassen müssen.
 

Schließlich gab sich Willow einen Ruck und konzentrierte sich auf die Vorlesung.
 

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Dunkler Raum

Der Raum war in Dunkelheit gehüllt. Von jener fast samtartigen Finsternis, die überall vorzudringen wagte und jede Ritze ausfüllte.
 

Das jemand sich im Raum befand, war nur durch das sanfte Rascheln von Stoff, dem leisen Räuspern und einem unterdrückten Husten zu bemerken.
 

Auf einmal erfüllte das recht einfache Geräusch eines Schwefelkopfes gegen eine Streichholzschachtel die Stille. Ein Flämmchen blitzte auf und erhellte einen kleinen Umkreis. Dunkler Stoff bewegte sich hinter dem schwachen Licht, als das Flämmchen fortgetragen wurde. Eine Kerze wurde entzündet. Ihr folgten weitere, bis ein Kreis brannte. In seiner Mitte wurden fremdartige Schriftzeichen in roter und weißer Farbe sichtbar, die ein scheinbar wirres Muster bildeten.

Die Gestalt außerhalb des Kreises griff nach einem Gefäß und schüttete daraus etwas weiß Glitzerndes um die Kerzen herum. Salz, wie im Licht langsam sichtbar wurde. Danach stieg die Person in die Mitte des Kreises. Der dunkle Stoff wurde als schwarzer Umhang enthüllt und eine Kapuze über dem Kopf verhüllte das Haar. Eine hölzerne Maske, eine geschnitzte Fratze, verbarg das Gesicht.
 

Die Gestalt hob die Hände, mit den Handflächen nach oben und drehte ihren Kopf nach links. Etwas, jemand, trat aus der Dunkelheit dahinter hervor und kam an den Kreis getreten. Das flackernde Licht der Kerzen enthüllte Weatherby, der etwas in ein Tuch eingeschlagenes in seinen Händen hielt. Er schlug den Stoff zurück und enthüllte den Purificatio-Talisman. Er nahm ihn vorsichtig in seine Hand und legte sie der Gestalt in die rechte Handfläche. Ein Nicken deutete ihm ein Danke an und er zog sich zurück.
 

Die Hand des Maskenträgers schloss sich um den Talisman und er trug ihn an eine bestimmte Stelle des Kreises, legte ihn ab und richtete sich wieder auf. Die Gestalt hob erneut die Hände zur Decke, ging in die Knie, weiter in den Schneidersitz hinunter und begann vor und zurück zu wippen. Eine durch das Holz vor dem Gesicht leicht verzerrte, hohl klingende Stimme begann den Ritualspruch auf deutsch mit englischem Akzent aufzusagen:
 

„Schützin, die im Dunkeln wacht,

Samielle, Samielle, hab acht!

Steh mir bei in dieser Nacht,

Bis der Zauber ist vollbracht!

Salbe mir so Kraut als Blei,

Segn'es sieben, neun und drei,

Daß die Kugel tüchtig sei!

Samielle, Samielle, herbei!“
 

Zu dem monotonen Singsang gesellte sich ein leises Raunen, das von überall herzukommen schien. Die Kerzen flackerten aufgebracht. Schatten an den Wänden tanzten durcheinander und formten beängstigende Figuren. Dunkelheit kehrte zurück, als die Kerzen auf einmal erloschen und das Raunen und Wispern verstummte. Ein, zwei Sekunden herrschte Totenstille und nichts schien zu geschehen. Doch dann sprang inmitten der Dunkelheit ein kleiner, heller Punkt auf, der sich rasch zu einem kreisrunden, blau schimmernden Lichtchen entwickelte. Ein Wirbel entstand darin und das Licht wuchs zu einem ovalen Portal weiter. Etwas schien sich in der Mitte zu bewegen, ein Schatten, nicht mehr. Der Schatten schien zu flattern, vor und zurück, ehe er mit einem „Plop“ herausschoss. Das Portal schloss sich sofort wieder.
 

Weatherby sorgte eilig für Licht, in dem er den Lichtschalter in der alten Halle betätigte und dem Raum die gesamte mystische Atmosphäre raubte. Eine Krähe flatterte ohne Orientierung in der Halle umher. Fast enttäuscht blickte Weatherby zu der verhüllten Person, die jedoch schwieg und sich nicht regte. Offensichtlich galt es, Geduld zu beweisen. Und in diesem Moment flatterte die Krähe zu Boden und verwandelte sich in die Gestalt einer jungen Frau, die sich langsam aufrichtete. Die zurückgebliebenen Krähenflügel waren in ihrer menschlichen Gestalt gewachsen und legten sich wie ein Umhang um ihren Körper. Ihre wachen, dunklen Augen sahen Weatherby und die verhüllte Gestalt an, als könnte sie auf den Grund ihrer Seelen blicken. Dann lächelte sie auf einmal, als sie erkannte, wer ihr Auftraggeber von den beiden war.
 

Der Maskenträger bückte sich nach dem Talisman und reichte ihn der zierlich wirkenden, asiatisch aussehenden Frau. Unter ihrem Gewand beförderte die Gestalt einen Umschlag hervor. Auch ihn gab sie der Dämonin.
 

Die Frau steckte den Talisman mit einem Nicken ein und griff zögernd nach dem Umschlag. Sie wusste, was von ihr verlangt wurde. Sie kannte das Ritual. Es lag noch nicht sehr lange zurück, dass es schon einmal angewandt worden war. Doch diesmal fühlte sie die Macht, die Willensstärke und Größe des Ziels. Ihr Auftrag schien sehr wichtig zu sein, wenn man sogar den Purificatio für sie bereithielt – ein Talisman, der sie in dieser Welt festhielt – weit über ihren Auftrag hinaus.
 

„Uhm.. ihr Auftrag ist in diesem Umschlag und wenn sie mir kurz folgen würden,“ erklärte Weatherby und führte die Frau zu einem kleinen Tischchen, auf dem sieben Pfeile lagen. „Sie... wissen bescheid.“ Damit zog er sich etwas zurück.

Die junge Frau legte den Umschlag zur Seite, hob ihre Hände über die Pfeile und schloss ihre Augen, um sich zu konzentrieren. Ihr Auftraggeber wollte sieben geweihte Pfeile. Also sollte er sie bekommen.
 

Mit geschlossenen Augen tippte sie den ersten Pfeil an und sagte die Zahl:
 

„Eins.“ Kurz darauf donnerte es über ihnen.
 

„Zwei.“ Ein Windstoss wehte die Türe der Halle auf und der Wind fuhr durch sie hindurch. Weatherby zuckte zusammen.
 

„Drei.“ Die Lichter der umliegenden Gebäude samt Straßenlaternen erloschen.
 

„Vier.“ Die Glasscheiben der Halle zerbarsten nach außen.
 

„Fünf“ Ein gewaltiger Blitz schlug in die Halle neben ihnen ein.
 

„Sechs.“ Ein toter Vogel fiel aus dem Nichts herunter und landete vor Weatherbys Füssen. Der Mann, der sonst vor nichts Angst hatte, machte einen Sprung nach hinten.
 

Der siebte Pfeil verlangte mehr, als eine Berührung von ihr. Sie brauchte das Blut ihres Auftraggebers. Sie wandte sich herum und blickte kurz zu Weatherby, ehe sie an ihm vorbei ging und die verhüllte Gestallt fixierte. „Ihr wollt sieben geweihte Pfeile. Ihr wisst, dass ich Euer Blut brauche. Für den letzten aller?“
 

Der Maskenträger nickte und die Dämonin zeigte auf den Oberarm der Gestalt. Im selben Moment verwandelte sich die Dämonin von ihrem menschlichen Aussehen in ihre dämonische Gestalt.. ihr wuchs ein Krähenschnabel und sie begleitete ihre Verwandlung mit einem tiefen Krähenlaut, während sie ihre Flügel kurz entfaltete und schüttelte. Ihr Auftraggeber schob ihren Ärmel nach oben und hielt ihn der Dämonin entgegen. Sie hackte in das menschliche Fleisch und hinterließ einen halbrunden Kreis, aus dem Blut sickerte.
 

Die Dämonin ging zurück zu den Pfeilen, ließ von ihrem Schnabel das Blut auf den siebten tropfen, berührte ihn und flüsterte die Zahl „sieben.“

Die Glühbirnen explodierten in der Halle und tauchte sie erneut in völlige Dunkelheit.
 

GrrrrArrrgh



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  ArjenRobben
2010-07-13T20:41:20+00:00 13.07.2010 22:41
Uh ist das am ende spannend, das macht richtig Lust auf mehr. Buffys Charakter ist richtig gut getroffen worden und ihre Selbstzweifel sidn wirklich schön begründet worden und nicht einfach ihrer Rolle zugeschrieben. Der innere Kampf um ein normales Leben. Fein gemacht =)
Robin/Faith war hier fand ich noch ne kleine Nebengeschichte wo man sehr gut Faiths mangelndes Unterordnungsbereitschaft sah. Jetzt wo ihr Freund ihr Chef ist.. Das gibt sicherlich noch Zündstiff.
Auch andrew (mein Favorit) wurde charaktertreu hervorgebracht und ihr habt es geschafft die liebenswürdigen seiten hervorzubringen. Könnte mit sehr gut eine Lovestory zwischen Dawn und Andrew als auch eine eneg Freundschaft zwischen Xander und Andrew vorstellen.



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