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15 Jahre

..träumte ich, zu Frau und Kind zurückzukehren
von

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Am 4. Tag - Mrs Lovett Teil 1

Der Morgen war mittlerweile vergangen. Der Lärm des geschäftigen Treibens der Fleet Street drang hinauf in die Wohnung der Barker, in der wenige Stunden zuvor die kleine Johanna schreiend und mutterseelenallein aufgewacht war.

Mrs Lovett die mit dem Zubereiten ihrer Pasteten beschäftigt gewesen war, war wie vor zwei Tagen auch hinauf geeilt und hatte das kleine Kind der Barker erneut ganz allein vorgefunden. Dieses Mal hatte sich die Bäckerin denken können, wo sich Lucy befand, denn trotz des frühen Tages waren schon die neusten Gerüchte im Umlauf, die sie alle mehr oder weniger von ihren Kunden erfuhr.

Mrs Lovett konnte es einfach nicht fassen, wie die junge Frau mit dem kleinen Kind umging! Armer Benjamin! Wenn er all dies wüsste, vielleicht würde er ja dann anders über seine Frau denken. Doch es sollte keine Gelegenheit geben, dass er je davon erfahren würde, da heute das Schiff nach Australien auslief. Am Besten wäre es wohl, würde sie Benjamin Barker einfach vergessen – ihn und seine Familie, dessen war sich Nellie Lovett bewusst. Sie sollte die törichte Hoffnung aufgeben, der Barbier käme eines Tages zurück und wolle vielleicht sogar etwas von ihr! Zum einen war es ungewiss, dass ein Sträfling, der einmal nach Australien deportiert worden war, je wieder zurück nach England kommen würde – und wenn dann keiner, welcher lebenslänglich dorthin geschickt worden war. Zum anderen war sie schon verheiratet, mit dem guten Albert. Ja, sie sollte die gesamte Familie aus ihrem Kopf verbannen und sich vielmehr mit ihren eigenen Sorgen herumplagen. Doch tat sie dies nicht. Ihr Blick fiel auf die friedlich schlafende Johanna in ihrem Arm und ein fürsorglicher Ausdruck trat in ihr Gesicht.
 

Es lag auf der Hand, dass Mrs Lovett sich nicht immer um das kleine Kind würde kümmern können, da es schon schwer genug war, für sie selbst und Albert genügend Geld zum Leben aufzutreiben. Das Pastetengeschäft allein gab schließlich nicht genug her und nun war es vorerst die einzige Geldquelle, bis sie die Wohnung der Barker wieder vermietet haben würden.

Ein Seufzer entfuhr der Bäckerin bei dem Gedanken an die bevorstehenden Geldprobleme. Dann erinnerte sie sich wieder an ihre Pflichten und legte die kleine Johanna sanft in die Sofakissen. Warum bloß musste es Lucy sein? Warum konnte nicht sie, Mrs Lovett, die Mutter dieses Kindes sein? Sie hätte so viel besser gemacht…

Während sie sich auf den Weg in die Küche machte, verlor sie sich immer weiter in ihren Träumen von einer glücklichen Familie und bedauerte es, dass dieser Wunschtraum nie in Erfüllung gehen würde. Albert war einfach nicht dafür geeignet, eine Familie zu gründen. Er selbst hatte einmal gesagt, dass er keinen guten Vater abgebe. Dann wäre da noch das liebe, gute Geld. Sie würden es sich kaum leisten können ein zusätzliches hungriges Maul zu stopfen. So machte sich Mrs Lovett von Trauer erfüllt wieder ans Werk.
 

Es war gerade Mittag, als unerwarteter Besuch kam. Mrs Lovett hatte sich kurz zuvor um Johanna gekümmert, die wieder aufgewacht war, und plagte sich nun mit den Sorgen bezüglich der Zukunft des Kindes. Irgendetwas musste es geben, was sie für es tun konnte!

Da hörte sie auf einmal das laute Stampfen von Stiefeln, die die Holztreppe zum Barbiersalon hinaufstiegen. Merkwürdig. Dabei hatte Mrs Lovett doch für jeden sehbar das „Geschlossen“ Schild in die Tür gehängt. Wer also würde trotz des Schildes die Wohnung ihrer Vermieter betreten wollen? Sie musste nicht lange überlegen. Die unangenehme Antwort durchzuckte sie beinahe in dem Augenblick, als in ihr die Frage aufgekommen war. Da sie nicht das Verlangen verspürte sich Gewissheit zu verschaffen, wartete sie einfach unruhig in ihrem Geschäft.

Nachdem mehrmals heftig gegen die Tür des Barbiersalons geklopft worden war, ertönte das polternde Geräusch von Schritten, die wieder die Holztreppe hinuntergingen. Dann öffnete sich die Ladentür des Pastetengeschäfts und der Büttel trat ein, womit sich Mrs Lovetts Verdacht, was den unbekannten Besucher betraf, bestätigte. Dennoch fragte sie sich, warum er nicht gleich sie, die Vermieterin, aufgesucht hatte, statt erst vor der nun verlassenen Wohnung der Barker zu stehen. Er als Büttel müsste schließlich wissen, dass sich Lucy nicht mehr dort befinden konnte! Oder hatte er etwa erwartet, dass ihm ein einjähriges Kind öffnete? Bei dem Gedanken huschte der Anflug eines spöttischen Lächelns über das Gesicht der Bäckerin. Vielleicht hatte er das sogar tatsächlich getan. So hinterlistig er auch war, er war immerhin nur ein dreckiger Handlanger des Richters.
 

„Guten Tag, Mrs Lovett“, sagte der Büttel und nickte leicht mit dem Kopf.

„Guten Tag“, entgegnete Mrs Lovett nur. Sie musste sich sichtlich zusammenreißen, um ihre Abneigung, die sie gegen Bamford hegte, nicht allzu offensichtlich zu zeigen. „Wie mir bekannt ist, sind Sie die Vermieterin der Wohnung, in der die Barker bis vor kurzem noch gelebt haben.“ Sie konnte sich denken, worauf der Büttel hinauswollte. Trotzdem stellte sie sich unwissend und bestätigte: „Ja, die bin ich. Und aus welchem Grund erweisen Sie mir die Ehre, mich aufzusuchen? Ich will doch sehr hoffen, dass Sie mir nicht auch noch mitteilen, Mrs Barker habe ebenso wie ihr verwerflicher Mann eine böse Tat begangen.“ Es fiel ihr schwer, schlecht über Benjamin zu reden, nur blieb ihr keine andere Wahl. Würde sie etwas Falsches in Gegenwart des Büttels sagen, würde sie sich am Ende selbst noch vor Gericht wieder finden und wer weiß welch unmenschliche Strafe auferlegt bekommen.

„Im Gegenteil“, erklärte Bamford, „Mrs Barker geht es ausgezeichnet. Der Richter hat sich nun ihrer angenommen und das großzügige Angebot gemacht, desweiteren in dessen Haus zu wohnen, was sie freudig angenommen hat. Sie sehen also, Mrs Barker ist eine vorzügliche, tugendhafte Frau, die in der Gunst unseres ehrenwerten Richters steht. Und aus diesem Grund bin ich hier. Ich wurde beauftragt die kleine Johanna abzuholen und möchte Ihnen bescheid sagen, dass bald ein paar Männer auf Befehl des Richters kommen werden, um einige Möbel der Barker mitzunehmen, schließlich sollen sich Mrs Barker ebenso wie ihr kleines Töchterchen wie zu Hause fühlen. Selbstverständlich wird der Richter für all das aufkommen.“

Mrs Lovett durchschaute die Lüge des Büttels. Sie musste nur an die vergangenen Tage denken und an die Verzweiflung, die von Lucy Besitz ergriffen hatte, wenn sie an ihren Mann oder aber auch an Turpin dachte. Nie im Leben hätte sie aus freiem Willen entschieden, von nun an ausgerechnet in dem Haus des Mannes, der an all ihrem Elend Schuld war, zu leben! Dennoch blieb der Bäckerin nichts anderes übrig, als ihre Skepsis zu verbergen und stattdessen völlig falsche Dinge zu heucheln: „Es freut mich wirklich sehr, zu hören, dass es Mrs Barker so glücklich getroffen hat und welch guter Mann unser Richter doch ist. Sie müssen wissen, ich hatte mir heute Morgen schon Sorgen gemacht, als ich die Mutter des kleinen Kindes nicht auffinden konnte und dachte, ihr sei etwas passiert. Aber nun kann ich ja wieder völlig beruhigt meiner Arbeit nachgehen.“

„In der Tat, Mrs Lovett“, sagte Bamford. „Wenn Sie nun so freundlich wären und mich zu der kleinen Johanna führen...“
 

Unmerklich presste Mrs Lovett die Lippen aufeinander. Sie würde in diesem Augenblick beinahe alles tun, bloß nicht, den Büttel zu dem kleinen Kind führen, um es seinem grausamen Schicksal zu überlassen. Als sie jedoch die Ungeduld Bamfords bemerkte, ermahnte sie sich, auch an sich selbst zu denken und führte ihn widerwillig in ihre Wohnung zum Sofa, wo Johanna friedlich schlief.

Ein schlechtes Gewissen stieg in der Bäckerin auf, als ihr Blick auf das kleine Kind fiel, was sie dazu veranlasste, gerade als der Büttel Anstalten machte, nach Johanna zu greifen, zu bemerken: „Vielleicht wäre es besser, wenn ich Johanna nehme und Sie zum Haus des Richters begleite, immerhin kennt sie mich schon.“

„Es wird Mrs Barker und selbstverständlich auch den Richter freuen zu hören, wie Sie sich um das Kind kümmern, doch versichere ich Ihnen, dass dies nicht nötig sein wird. Zudem werden bald die Männer eintreffen, die der Richter geschickt hat, um die Möbel mitzunehmen. Wäre es da nicht besser, würden Sie als Vermieterin anwesend sein, wenn sie die Wohnung ausräumen werden?“

„Natürlich, da haben Sie recht“, beeilte sich Mrs Lovett zu sagen. Trotzdem konnte sie den Drang nicht verkneifen, noch einmal Johanna sanft auf den Arm zu nehmen. Während das kleine Kind anfing zu schreien, weil es geweckt worden war, wiegte Mrs Lovett es beruhigend in ihrem Arm hin und her und flüsterte dann ganz leise, sodass der Büttel nichts verstehen konnte: „Schhhh, meine Kleine, du wirst gleich zu deiner Mutter gebracht werden. Bitte verzeih mir, dass ich dir nicht mehr helfen konnte.“

Dann ging sie wieder zusammen mit dem Büttel zurück in ihr Geschäft, wo sie diesem schließlich äußerst widerwillig Johanna anvertraute, die sich wieder beruhigt hatte. Doch kaum hielt Bamford Lucys Tochter in den Armen, fing sie erneut an zu schreien.

„Wäre es nicht…“, setzte Mrs Lovett vorsichtig an, wurde aber vom leicht verärgerten Büttel unterbrochen: „Ich versichere Ihnen wirklich, dass dies nicht nötig sein wird, Mrs Lovett. Danke!“

Immerhin hatte sie es noch einmal versucht, sagte sich die Bäckerin, um etwas gegen ihr schlechtes Gewissen zu tun. „Den Kinderwagen der Kleinen finden Sie, wenn Sie rausgehen, vor der Treppe zum ehemaligen Barbier Salon“, fügte sie noch hinzu, um es Johanna zu ersparen, den ganzen Weg über vom Büttel getragen zu werden.

„Vielen Dank, das ist gut zu wissen“, entgegnete Bamford, der mit dem kleinen Kind im Arm etwas überfordert schien. „Und vergessen Sie nicht, der Richter hat ausdrücklich befohlen, alle Dinge, die Mrs Barker gehören und einst auch Benjamin Barker besessen hat, holen zu lassen. Aus diesem Grund wäre es sehr freundlich von Ihnen, wenn Sie schon einmal alles so vorbereiten, dass man die Möbel und Gegenstände ohne weitere Schwierigkeiten mitnehmen kann“, erklärte der Büttel, wobei er sich mit diesen Worten umdrehte und zusammen mit der kleinen Johanna das Geschäft verließ.

Gedankenverloren starrte Mrs Lovett ihnen nach, selbst als diese schon längst verschwunden waren. Schuldgefühle nagten an ihr, wenn sie an das unmenschliche Schicksal dachte, das sie dem kleinen Kind überlassen hatte. Und doch wusste sie, dass ihr gar keine andere Wahl geblieben war. Vielleicht gab es aber etwas anderes, was sie für die Barker noch tun konnte…
 

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Hier ist das nächste Kapitel. Na ja ist im Grunde genommen ein totaler Filler, tut mir echt Leid! Das nächste erklärt schon eher noch was Wichtiges, aber was soll's. Zumindest stört es mich total, dass ich mittlerweile so lahm im Kapitel Hochladen geworden bin >.< Sobald ich jetzt meine Infos zur Deportation zusammen habe, hoffe ich, dass es wieder schneller geht (wer mehr wissen will, kann's in der Beschreibung der FF lesen).
 

lg -Hakura



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Caro-kun
2009-09-10T20:42:46+00:00 10.09.2009 22:42
Dreckiger Handlanger, na diese Bezeichnung passt ja mal perfekt auf Bamfort.
Aber es war rührend zu sehen, wie sehr Mrs. Lovett es zumindest versucht hat die kleine Johanna zu beschützen.

Ich würde als Kind übrigends auch anfangen zu schreien, würde mich dieser Büttel im Arm halten *schauder*
Schmieriger Sack!
Johannas Tränen machen es in dem Moment noch deutlicher, dass man diesem Kerl nicht trauen kann. Finde ich zumindest.

Von:  Jefferson
2008-11-12T15:42:51+00:00 12.11.2008 16:42
Alle Welt kannte Sweeney Todd, irgendwie. Nur ich selbst habe den Film erst dieses Jahr an Halloween gesehen. Und war - nicht von Anfang an, aber nachträglich umso mehr - begeistert.

Aus diesem Interesse heraus habe ich hier auch einmal die Fanfictions durchstöbert und bin so auch auf deine gestoßen. Die mich schon zu Anfang gleich neugierig gemacht hatte. Ich habe es fast eine Woche vor mich hergeschoben. Aber heute habe ich mir doch endlich einmal die Zeit dazu genommen, es in Ruhe zu lesen.

Gleich zu Anfang: Es hat mir wirklich sehr gut gefallen. Dein Schreibstil ist flüssig, die Sprache sehr schön. (Mir hat der Prolog übrigends sehr gefallen. ^__~)
Das was, meiner Meinung nach, im Film nur kurz angeschnitten wurde, hast du voll ausgeschrieben. Man kann Lucys Verzweiflung nachempfinden, das grenzenlose Bestürzen Benjamins und seine Angst vor allem was noch auf ihn zukommt, genausosehr wie Mrs. Lovetts Ärger über Lucy und die bösen und lüsteren Absichten des Richters sind ebenso nachvollziehbar beschrieben. Du lehnst dich wirklich nahe an den Film - und das ist bei weitem keine Kritik sondern empfinde ich als sehr gut.

Alles in allem auch sehr löblich, dass du so viel recherchierst. Respekt dafür. Ich habe selbst für eine Fanfiction recherchiert. Allerdings fand ich so gut wie gar nichts darüber heraus und fragen wollte und konnte ich bei so einem heiklen Thema dann doch nicht. Von dem her weiß ich wie es ist, wenn man nicht viel herausbekommt und es schwierig ist.

In jedem Fall freue ich mich auf Fortsetzung. Mir hat Sweeney ja im Endeffekt mehr zugesagt als Benjamin. ^__~ Ich bin gespannt, wie du Benjamin zu Sweeney werden lässt.
Von:  DasJessi
2008-10-10T19:37:23+00:00 10.10.2008 21:37
schön, dass es weiter geht ^^
kapitel hat gefallen, aber wie du bereits schon sagtest, wirklich viel ist echt nicht passiert.
daher freu ich mich schon auf das nächste- wie immer *jubel*

Von:  Sakura-Jeanne
2008-10-08T18:08:40+00:00 08.10.2008 20:08
super kapitel


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