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Wie lange noch...?

Die Geschichte eines jungen Prostituierten
von

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Aus der Sicht von Jamie

Seit dem Vorfall mit dem aufdringlichen Russen waren drei Wochen vergangen und heute war Weihnachten. Jamie sah durch die Brokatvorhänge nach draußen und beobachtete die wild umhertanzenden Schneeflocken. Viktor hatte ihm hundert Pfund gegeben, Jamie sollte sich davon was Schönes kaufen. Den Schein zwischen den Fingern drehend, beobachtete er die vorbeieilenden Menschen. Sein Atem beschlug die kalte Scheibe, doch im Zimmer war es angenehm war.

„Was ist denn da draußen so Tolles?“, fragte Ethan, der auf ein dickes, rotes Kissen gestützt und in voller Montur auf Jamies Bett saß.

„Nichts. Nur die Leute. Ich überlege, was ich mir von dem Geld kaufen soll.“

Es war ungefähr ein Uhr nachmittags und bis ihre Schicht heute Abend begann, hatte er noch unendlich viel Zeit, die er totschlagen musste.

Ethan ließ sich auf den Rücken fallen und schaute hoch zu dem Baldachin. „Ich spar das Geld, damit ich-..“, doch Jamie unterbrach seinen Freund rigoros. Er wollte nicht über die Zukunft sprechen. Zu viel Hoffnungslosigkeit und schöne, aber schmerzende Träume.

„Ich geh zum Schneider und lass mir einen Wintermantel nach Maß machen. Was hältst du davon?“ Jamie drehte sich zu Ethan um und setzte sich auf die Bettkante.

„Mach. Ist doch dein Geld.“ Ethan wusste, dass Jamie ihn absichtlich abgewürgt hatte, doch Jamie wusste, er konnte das Warum nachvollziehen.

„Willst du mit?“, Jamie blickte Ethan an und strich mit den Händen unbewusst das Laken glatt. Sein Freund seufzte, dann schüttelte er den Kopf. Grinsend erwiderte Ethan Jamies Blick und meinte: „Da draußen ist es mir eindeutig zu kalt!“ Jamie lachte und warf ein Kissen nach Ethan, dann stand er auf, streifte sich einen Pullover aus hellgrüner Kaschmirwolle über, zog seinen jetzigen dunkelblauen Cordwintermantel an und setzte sich die Kapuze auf. Der am Saum der Kapuze befestigte, weiße Pelzrand fiel ihm weit in die Stirn und wenn er den Kopf neigte, dann konnte man sein Gesicht nicht mehr erkennen.

„Ja, so kannst du raus. Ich will ja nicht, dass du geklaut wirst.“, kicherte Ethan und zog Jamie im Vorbeigehen die Kapuze noch ein Stück tiefer ins Gesicht.

„Haha, wer würde mich denn klauen wollen?“, fragte er Ethan zurück und schob sich die Kapuze wieder ganz vom Kopf. Übertrieben vorsichtig schlich Ethan sich wieder an ihn ran und wisperte ihm dann dramatisch ins Ohr.

„Große, starke und vor allem sehr böse Männer, die auf kleine Jungs stehen, verstehst du?“ Jamie sah seinen Freund bedeutungsvoll an.

„Ich werde aufpassen!“, versprach er dann und hob die rechten Hand in die Luft.

Ethan hatte sich vor einen der Öfen gekniet und warf ein Stück Holz hinein. Dann setzte er sich davor und streckte die Arme aus, sodass sich die Hände nah vor der Glassscheibe des Ofens befanden.

„Frostbeule.“, murmelte Jamie.

„Bis dann.“

„Bis dann.“
 

Jamie verließ das Haus durch den Hinterhof, denn falls er erwischt wurde, wie er den Club durch die Eingangstür verließ, würde man ihm Fragen stellen.

Ein dünner Schneeflaum bedeckte den Gehsteig und Jamies Stiefel rutschten leicht über den teilweise vereisten Boden. Die nächste Schneiderei lag ungefähr eine halbe Stunde von hier und er würde das nahe Reichenviertel durchqueren müssen. Jamie fand es grotesk, dass so große Armut und solcher Reichtum so nah nebeneinander existieren konnten. Luca, der Junge vom Nachbarhaus, war denkbar arm, das „Vouge nur renoviert und herausgeputzt und auch die restlichen Häuser in der Straße waren heruntergekommen und baufällig. Viktor hatte das „Vouge“ absichtlich in diesem Viertel eröffnet, weil er wusste, dass die Nachtclubs der Reichen meist unter strengen Auflagen geführt werden und eine ständige Kontrolle über sich ergehen lassen mussten. In seinem Club war das anders. Niemand interessierte sich für Clubs in Armenvierteln, egal wie populär sie waren. So war Viktor einerseits einer Zensierung durch die Behörden entgangen, andererseits, und da war Jamie sich sicher, dass er es nur sagte, weil es gut klang, war Viktor der Meinung, dass wenn die Reichen Tag für Tag durch das Armenviertel gingen, um ins „Vouge“ zu kommen, dass sie dann etwas an der Armut hier ändern wollen würden. Jamie fand diese Aussage recht zweifelhaft, doch Viktor hatte ein paar Eigenheiten, und er schämte sich auch keineswegs seine wirren Gedanken kundzutun, doch alles in allem, war Viktor ein talentierter, knallharter Geschäftsmann, der etwas von seinem Beruf verstand und sich nicht übers Ohr hauen ließ.

Die Straße machte einen Knick und Jamie kam an einer Armenspeisung entlang. Heißer Dampf entstieg den drei überdimensionalen Kochtöpfen, aus denen eine Hand voll Frauen mit Schürzen und Kopftüchern irgendeiner Organisation je drei Kellen in die von den Obdachlosen mitgebrachten Behältnisse gossen. Die kalte Luft roch schwer nach Hühnerbrühe und Jamie sah zu, dass er in die nächste Straße kam. Auf einmal war es, als hätte jemand bei der Bebauungsplanung mit dem Bleistift einen sauberen Strich über die Karte gezogen und verkündet: „Hier wohnen die Reichen.“

Denn nun waren die Baracken von teuren Großraumvillen abgelöst worden und hübsch angelegte Vorgärten säumten das breite Kopfsteinpflaster. Freitreppen führten empor zu kunstvoll geschnitzten, doppelflügeligen Einganstüren mit Messingklopfern. Überall wuchsen immergrüne Gewächse, die dem Ganzen einen Hauch von zeitloser Eleganz gaben. Jamie war noch nicht oft hier gewesen und schaute interessiert von Haus zu Haus, verglich den Baustil und die Verzierung der Fassaden, die Muster der Gärten und schaute hier und da durch ein mit Buntglas geschmücktes Fenster in eine teuer eingerichtete Diele. In der Ferner tauchte das Emblem der Schneiderei auf und Jamie zog den Mantel fester um sich.

Als er die Ladentür aufzog, schlug ihm warme, leicht nach Kamille duftende Luft entgegen und eine Glocke bimmelte leise.

Die Stangen an den Wänden des Raumes hingen voller Kleidungsstücke. Ballkleider, normale Röcken und Blusen, Smokings und noch viele andere Accessoires zum Ausschmücken der festlicheren Roben.

Fasziniert ließ Jamie die Fingerspitzen über den schillernden Stoff eines prachtvollen Kleides gleiten, als ihn eine bekannte Stimme ansprach.

„Bitte, Sir, nicht anfassen. Kann ich Ihnen behilflich sein?“

Jamie drehte sich um und zog überrascht eine Augenbraue hoch.

„Du?“, brachte Luca ungleich erstaunter als Jamie heraus und trat unsicher einen Schritt auf ihn zu.

„Ja, ich.“ Jamie trat ebenfalls auf Luca zu und schob sich die Kapuze vom Kopf und fuhr sich durch die goldbraunen Strähnen. „Ich möchte mir einen Mantel maßschneidern lassen.“

Unterdessen hatte ein großer, schmächtiger Mann mit grauem Haar den Raum durch eine Tür, die wahrscheinlich in die Nähstube führte betreten und sah Jamie freundlich an. Die Nase des Mannes sah aus wie der Schnabel eines Greifvogels und war über die Maßen groß.

„Guten Tag“, begrüßte er Jamie höflich, warf ihm einen durchdringenden Blick aus unvermutet klaren, grauen Augen zu und wies auf die Kleider an den Wänden, „kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?“

Jamie nickte dem Schneidermeister gewohnt kühl zu und erwiderte dann: „Wie ich eben schon zu ihrem“, er unterbrach sich kurz und sah Luca an, „zu ihrem Lehrling sagte, ich würde mir gerne einen Wintermantel maßschneidern lassen.“

Der Meister nickte und lud seinen Kunden mit einer förmlichen Handbewegung zu den Stoffrollen im hinteren Teil des Zimmers ein.

„An was für Stoff hatten sie denn gedacht?“, er musterte Jamie kurz und intensiv durch den Zwicker, den er sich auf die Nase geklemmt hatte und deutete dann auf ein paar Rollen mit teuer anmutendem Stoff. „Brokat, Samt, oder Ich könnte auch teuren Filz anbieten.“

Der Schneider ließ Jamie einen Augenblick sich zu entscheiden und sah ihn abwarten an.

Jamie warf Luca einen kurzen Seitenblick aus den Augenwinkeln zu und deutete dann auf den Samtballen.

„Ich hätte gerne einen Gehrock – gefütterte und mit Kapuze – aus dunkelblauem Samt. Doppelte Knopfreihe, eine Zierde eine zum Schließen, und die Knöpfe sollen aus Silber mit orientalischer Prägung sein. Was kostet mich das?“

Der Schneider schaute ihn aus großen Augen an und überschlug dann mit zusammengekniffenen, dichten Brauen die Endsumme.

„Insgesamt wären Sie bei ungefähr achtzig Pfund.“

Jamie überlegte kurz und deutete dann auf einen Ballen dunkelvioletter Seide. „Ich hätte gerne noch ein Hemd aus diesem Stoff dort. Wäre ich dann bei rund hundert Pfund?“

Wieder rechnete der Schneider und nickte dann. „Ja, hundert Pfund ist ein guter Preis.“

Jamie zog den Schein aus der Tasche und hielt ihn dem Schneider hin. „Ich bezahle im Voraus.“

Luca sah ihn mit leicht geöffnetem Mund an und Jamie stellte fest, dass Luca auf eine zierliche, fast mädchenhafte Art hübsch war, wie er ihn so ungläubig anschaute.

Der Schneider nahm ihm den Schein aus der Hand und wandte sich dann zu Luca um.

„Du misst ihn und beginnst dann mit dem Zuschneiden der Stoffe, verstanden?“

Luca nickte und errötete, Jamie fragte sich warum.

Mit einem kurzen Bückling verabschiedete der Meister sich von Kunde und Lehrling und verschwand ins Hinterzimmer.

Ein Blick auf Luca sagte Jamie, dass der sich wieder gefangen hatte und eine ein freundliches Lächeln lag auf seinen blassroten Lippen.

„Bitte folgen Sie mir.“

„Seit wann siezen wir uns?“, fragte Jamie belustigt und trat hinter Luca in ein kleines, aber elegant möblierte Zimmer. Das einzige Fenster war mit einem lichtdurchlassendem Stoff verhängt, an der Wand stand ein samtbezogenen Stuhl mit hölzernen, hohen Beinen und gerader Lehne.

„Zieh dich bitte aus.“, forderte Luca ihn auf, ohne Jamie dabei anzusehen und Jamie glaubte zu verstehen, was dem Blonden gerade durch den Kopf ging.

Er grinste breit und zog sich langsam aus. Als er das Hemd abstreifte und es auf den Stuhl fallen ließ, warf Luca ihm einen kurzen Blick zu und errötet aufs Neue. Jamie konnte sich sein Grinsen nicht verkneifen, dann langte er, obwohl er wusste, dass Luca nur sein Hemd und den Mantel gemeint hatte, nach der Gürtelschnalle und zog sie auf.

Sofort schoss Lucas Kopf hoch und nun überzog feuerrote Scham seine Wangen. „Nur, ich meine... Stopp! Nur...“, dann brach er ab und schaute wieder zu Boden.

Jamie genoss es, den Jungen sichtlich eingeschüchtert zu haben und fragte leise und etwas verführerisch: „Nur was?“

„Den Mantel und das Hemd.“, es klang fast wie eine Frage und das Ganze begann Jamie wirklich Spaß zu machen.

Betont nebensächlich schloss er die Schnalle wieder und stemmte dann die Hände in die Hüften. Ohne ihn auch nur eines weiteren Blickes zu würdigen, zog Luca ein Maßband aus der Hosentasche und rang dann sichtlich einen Moment mit sich, bis er schlussendlich wieder auf Jamie zuging und sich hinter ihn stellte.

„Arme auseinander, bitte“, murmelte er und Jamie grinste, dann breitete er die Arme aus und Luca legte ihm das Band über den Rücken, hielt das eine Ende an seinem linken, das andere an seinem rechten Handgelenk fest und schien so gut es ging den direkten Hautkontakt zu meiden. Jamie riss sich zusammen, um nicht zu lachen, dann sann darüber nach, wie er Luca ein bisschen Ärgern konnte. Schließlich, Luca maß gerade die Länge seines Oberkörpers vom Nacken bis zum Hosenbund, murmelte er gespielt verwundert: „Mir ist plötzlich so schwindelig...“ und ließ sich nach hinten umkippen. Luca machte ein erschreckten Laut und fing ihn auf, doch Jamie war zu schwer für ihn und er kippte, wie Jamie es geplant hatte, ebenfalls um. Zusammen landeten sie auf dem weichen Teppichboden, Jamie auf Luca.

Jamie drehte sich auf Luca um, der stocksteif unter ihm lag und sah ihm entschuldigend in die Augen. Ihre Gesichter waren nur Zentimeter voneinander entfernt und Jamie stellte fest, dass Luca gut roch. Sehr gut sogar.

„Oh, das tut mir wirklich leid.“, und er setzte noch einen oben drauf. „Wie du sicherlich weißt, kommt man nachts nicht sehr viel zum Schlafen.“

Luca errötete wieder bis unter die Haarwurzeln und blickte zur Seite, dann presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor:

„Wenn es dir so leid tut, warum gehst du dann nicht endlich von mir runter?“

Jamie grinste und setzte sich auf. Luca murmelte ein leises „Danke.“ Und rieb sich mit beiden Händen durchs Gesicht, schließlich senkte er die Arme und sah Jamie an.

„Du kannst dich jetzt wieder anziehen, ich bin fertig.“

„Das ging aber schnell.“, stellte Jamie fest und machte keine Anstalten nach seinem Hemd zu greifen. „Weißt du, ich finde dicht echt nett.“

Nachdem er es ausgesprochen hatte, merkte Jamie, dass es sogar stimmte. Er fand diesen blonden Jungen wirklich nett. Er hatte so was... irgendwas.

Luca wich ein Stück zurück und starrte ihn an.

„Luca!“, die Stimme des Schneidermeisters drang laut durch die Tür und Luca zuckte zusammen. Seufzend erhob Jamie sich, warf sich das Hemd über und schlüpfte in den Mantel.

„Wann kann ich die Sachen abholen?“

Zuerst sah Luca ihn fragend an, dann verstand er und meinte nach der Türklinke greifend und ohne Jamie anzusehen leise: „In zwei Wochen.“

„Gut“, sagte Jamie und trat an Luca, der ihm dir Tür aufhielt, vorbei. „dann komm ich noch mal vorbei.“

Er sah Luca aus den Augenwinkeln nicken und die Tür in Gedanken vorsichtig wieder schließen.

„Wiedersehen.“

Jamie blieb kurzentschlossen stehen und drehte sich noch einmal zu Luca um. Noch ehe Luca hätte protestieren könne, hatte er seine Hand fest um dessen Nacken gelegt und ihn zu sich herangezogen. Als er ihn kurz auf den Mund küsste, spürte Jamie, wie Luca sich versteifte. Es war ein völlig keuscher Kuss gewesen, nur Lippen auf Lippen, doch Luca starrte ihn an, als hätte er wer weiß was mit ihm angestellt. Bei dem Gedanken musste Jamie grinsen, denn das Bild von Luca in einem Nachtclub wie dem „Vouge“ wirkte irgendwie seltsam unmöglich.

„Wiedersehen.“

Dann wandte Jamie sich zum Gehen, zog die Tür auf und verließ die Schneiderei.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  get_moldy
2008-12-29T23:30:24+00:00 30.12.2008 00:30
ohh luca is so knuffig
könnt den glatt knuddln und nie wieder loslassen
*seufz* warum is der nur schwul?
bin eiversüchtig auf jamie :-)
xxd ich hab lachanfall bekommen wenn ich mir die zwei so auf m boden liegend vorstell^^
hihi *grins*

armer luca der macht sich sicher voll gedanken wegen dem kuss....
Von:  Yumicho
2008-09-23T12:23:43+00:00 23.09.2008 14:23
Boah, ich find das so richtig mies mit dem Kuss!
Was macht er bloß mit dem armen Luca? xD
Das is so niedlich *-*
Aber auch total gemein -____-
*Jamie ditscht*
Bösäää xD
Aber mal wieder total schön geschrieben.
Ich kann mich nur wiederholen, in dem ich dir sage, dass ich deine Charaktere total gelugen finde & deinen Schreibstil einfach nur vergöttere.
Es gibt nur selten Dinge, die mich so faszinieren, wie deine FF, lass dir das gesagt sein xD
[Als ob ich sowas besonderes wär -.- Sorry. .__.']

Aber... ich geh dann mal essen & schreib später weiter xD
Bis dann *wink*


Von: abgemeldet
2008-04-07T16:24:39+00:00 07.04.2008 18:24
Wow, wiedermal ein total tolles Kappi!
Jamie is ja richtig fies!
Mal schaun wies weiterght...


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