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Mondscheinkinder

von

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Irren ist menschlich

Ich war ziemlich überrascht, als an einem meiner wohl spannensten Tage nicht eine Person, sondern drei Menschen in der Türe standen. Ich kannte sie mittlerweile sehr gut, ich hatte sie jeden Tag gesehen, nachdem der XP-Junge seinen Lichtunfall gehabt hatte und schon damals hatte es mich gewundert, dass ausgerechnet drei Patienten mit vollkommen unterschiedlichen Problemen aus unterschiedlichen Kulturen und Familienhintergründen anscheinend zueinander gefunden hatten. Ich hatte erwartet, dass sie kurz nach dem Unfall getrennte Wege gehen würden, wenn die Beiden merkten, was für eine Behinderung ein Mondscheinkind ist bezüglich Hobbys und Freizeit, das nicht im Licht sein darf und wenn, dann nur unter unendlich vielen Maßnahmen. Doch er war nun mittlerweile fast ein halbes Jahr schon hier und die Drei schienen sogar noch mehr zusammenzuhalten als vorher und auch der Junge war noch offener geworden. Ich hatte gehört, dass er öfters mal ein paar Worte mit Fremden wechselt und das er sogar in Gegenwart des Blinden und der Missgebildeten seine Kapuze abnimmt, was ihn schon bei einer Voruntersuchung durch mich überhaupt nicht gefallen hatte. Und nun stand eben dieses komische Trio bei mir im Stationsbereich. „Willkommen. Ich hatte allerdings nur dich allein erwartet.“ sagte ich kurz und versuchte, nicht abweisend zu wirken. Der Junge sah kurz seine 'Freunde' an, die ihn links und rechts flankierten, ehe er mit etwas gesenktem Kopf wieder den Kopf nach vorne drehte. „Sie haben mich nur hergebracht, sie bleiben nicht.“ sagte er, doch er klang eingeschüchtert und in mir kam der Gedanke auf, ob er von den Beiden vielleicht gezwungen wurde. Mir war mehrmals zu Ohren gekommen, was für Extrawürste der Junge bekommen hatte und es hatte mich schon früh hellhörig gemacht, dass immer einer der Beiden die Idee gehabt und geäußert hatte. Und ich traute dem Braten daher schon lange nicht, schließlich war es mit etwas Ausdauer vermutlich nicht sehr schwer, einen Aussenseiter und Einzelgänger mit Lügen zu manipulieren, dass dieser kuschte, wenn man es wollte. Dennoch versuchte ich, nett zu wirken. „Das ist aber nett. Schön, dann komm bitte mit, ich bringe dich erstmal ins Sprechzimmer, um dir alles zu erklären. Ihr Beide könnt dann in einer Woche wiederkommen.“ Mit diesen Worten legte ich einen Arm um die Schulter des Jungen und verließ mit ihm den Raum. Ich erklärte Kai sehr ausführlich, was ich mit ihm machen würde und auf meine Nachfrage stimmte er zu, dies machen zu lassen. Noch am selben Tag verabreichte ich ihm die erste Dosis. Er bekam nach einer Stunde davon zwar einen Ausschlag, aber als ich ihm eine Allergietablette gab, legte sich dieser wieder. Da ich Besucher für ihn verboten hatte, kamen die Beiden nicht und Kai saß oft auf dem Bett und sah aus dem Fenster. Da er hier häufig sein würde, hatte die Direktorin auch hier die Sonnenschutzfolien an die Fenster anbringen lassen, welche die Fenster zwar etwas trübten, aber trotzdem noch genug Licht durchließen. Ausserdem schadete das Licht dem Jungen sichtlich nicht, auch, wenn er es mied, bei vollem Sonnenschein in Nähe des Fensters zu sein. Seine Maske setzte er durchgehend nicht ab, was meinen Verdacht festigte, dass die beiden Anderen ihn irgendwie im Griff hatten. Schließlich, nach drei Tagen, war es soweit. Ich bestrahlte mit einem speziellem Laser seine Haut, doch er zischte sofort auf und die Haut begann sich zu röten, weshalb ich die Aktion abbrach. Unglücklicherweise blieb es bei keiner Verbrennung, die Wunde entzündete sich, weshalb er vier Tage länger als geplant da bleiben musste. Ich erlaubte ihm immer noch keinen Besuch, auch, wenn der Blinde und das Mädchen jeden Tag kamen und nachfragten. Doch schließlich war die Entzündung abgeheilt und die Haut war zwar verbrannt, doch zeigte keine Anzeichen, einen Tumor fürs erste auszubilden, vielleicht dank dem Mittel, was ich allerdings erst wissen würde, wenn das pharmazeutische Institut in Chicago mir den Bericht über seine Hautprobe gab. Doch ich konnte ihn nicht länger festhalten und sah ziemlich misstrauisch der herzlich aussehenden Wiedersehensfreude zu. Doch ich traute den Beiden in keinster Weise und würde meinen Verdacht auch der Direktorin mitteilen.

Noch am selben Tag hatte ich mit Kathryn gesprochen und anscheinend konnte sie meine Besorgnis nachvollziehen. Allerdings hatte sie wohl Hemmungen, etwas zu unternehmen. Mir war klar, dass sie bereits ein paar Mal mittlerweile in medizinischen Zeitschriften gestanden hatte, da sie Kai viele Dinge bereitgestellt hatte, ihn trotz seines Problems zu beschäftigen. Als ich jedoch mehrmals betonte, dass er darunter leiden könnte und damit auch das Ansehen der Klinik, stimmte sie mir schließlich zu. Sie hatte sogar trotz aller Zweifel recht schnell eine Idee, die Drei zu trennen. Einmal im Jahr gab es einen Ausflug in ein beliebiges Land, meist in warme oder kulturreiche Gebiete Europas, wo dann für eine Woche Urlaub gemacht werden durfte in einem Bungalowgebiet. Wenn Kai dort allein oder mit jemand anderem zusammengebracht werden würde und auch keine Wünsche der anderen Beiden mehr berücksichtigt werden würden, dann würden sich diese vermutlich abwenden und Kai wäre bewahrt von den Folgen, die falsche Freunde um sich zu haben. Wir sprachen noch eine ganze Weile alles ab, um auch seine Sicherheit zu gewährleisten und als ich das Direktorat verließ, hatte ich ein wesentlich besseres Gewissen und fühlte mich auch stolz, einem der Patienten geholfen zu haben.



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