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Mondscheinkinder

von

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Der Neue

Fakten aus dem Bericht der Fact Online zum Thema Mondscheinkinder
 

Sie leben tagsüber hinter verdunkelten Fenstern, sie dürfen nur nachts ins Freie – denn Tageslicht bringt ihnen den Tod. Sie leiden an Xeroderma pigmentosum, einer seltenen, unheilbaren Hautkrankheit. Eine Geschichte von Kindern, die nie die Sonne sehen.
 

Für die meisten Menschen bedeutet Sonne Freude und Leben. Diesen Kindern bringt sie den langsamen Tod. Sie leiden an Xeroderma pigmentosum (XP), einer seltenen und unheilbaren Hautkrankheit. Ein Fehler im Erbgut der so genannten Mondscheinkinder unterdrückt die Produktion jenes Enzyms, das die von ultravioletten Sonnenstrahlen verursachten Hautschäden selbstständig repariert. Sekunden im Tageslicht genügen, um ihnen schwerste Verbrennungen zuzufügen. Je mehr Sonne auf ihre fragile Haut trifft, desto rascher wachsen maligne Melanome, bösartige Tumoren. Die Kinder der Nacht leben mit einem tausendmal höheren Krebsrisiko. Bei einigen befällt der Hautkrebs auch die Augen. Sie erblinden. Ein Fünftel der XP-Patienten verlieren im Kindsalter jegliche Kontrolle über den Körper; eine seltene Form des Leidens greift das Nervensystem an.

Nicht einmal eines von einer Million Neugeborenen kommt als Mondscheinkind zur Welt. Weltweit sind rund 2000 Fälle registriert. Einer von fünfhundert Menschen kann den rezessiv übertragenen genetischen Fehler weitergeben, allerdings nur, wenn er mit einer XP-Trägerin ein Kind zeugt. Selbst dann ist bloss jedes vierte Kind krank. Am meisten XP-Fälle verzeichnet Japan. Jeder Vierzigtausendste erträgt im Reich der aufgehenden Sonne die Sonne nicht. Forscher erklären die hohe Rate mit der geringen ethnischen Durchmischung.

Umfassend bekannt ist XP seit nunmehr 30 Jahren, im Detail beschrieben der Krankheitsverlauf. Forscher wissen, welches Enzym den Patienten fehlt. Da man XP nun oft früher erkennt und die Kinder im Dunkeln bleiben, erreichen immer mehr Kinder wie Reymond das Teenageralter, «falls sie sich nicht vorher das Leben nehmen», sagt XPS-Gründerin Caren Mahar. Denn wenn die Kinder grösser werden und sich fragen, ob sie je eine Freundin oder einen Job finden werden, verstärkt sich ihre Verzweiflung. Der Krebs verletzt nicht nur die Seele, er raubt XP-Patienten auch mit jeder Operation ein Stück ihres Gesichts. Oft werden sie stark entstellt. Viele trauen sich auch nachts nicht mehr unter Menschen. Bisher erfolglos blieb die Suche nach einer wirksamen Arznei.

Man setzt auf Stammzellenforschung oder hofft, Viren als Träger des fehlenden Enzyms in den Körper der Patienten zu jagen. Doch für die Pharmaindustrie lohnt sich bei den wenigen Opfern der enorme Aufwand nicht, ein Heilmittel zu entwickeln. «Natürlich stehen Aids oder Diabetes weiter oben auf den Prioritätenlisten », sagt eine XP-Campleiterin, «aber erklären Sie das mal der Mutter einer XP-Patientin.»
 

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Der Neue
 

Schwarz getönte Scheiben, dicke Vorhänge an den Fenstern, keine einzige Lampe im Kabinenraum, ein Mensch in Winterkleidung.

Fast wie ein Leichenwagen fuhr der Wagen unsere Einfahrt hinauf. Ich wusste, wer drin saß und ich war stolz, dass ich ihn bekommen hatte. Ein Mensch mit einer der seltensten und tödlichsten Krankheiten der Erde – ein Mondscheinkind.

Bisher hatte ich nur flüchtig etwas über diese Menschen gehört, doch dachte ich, es sei dasselbe wie eine Lichtallergie. Aber als ich erfuhr, dass ER kommen würde...

Ich war verblüfft und entsetzt, was ich über diese Menschen erfuhr, welche Qualen, nein... Was für ein Leben diese Menschen führen mussten und das nur aus purem Überlebenswillen.

Menschen mit Lichtallergie können bei Bewölkung hinaus. Menschen mit Lichtallergie bekommen NUR Entzündungen. Menschen mit Lichtallergie können ab und zu den Himmel bei Tag sehen.

Menschen mit Xeroderma pigmentosum nicht.

Selbst bei bewölkten Himmel wäre ein Schritt nach draußen, ja schon ein Blick durchs Fenster lebensgefährlich. Schwerste Verbrennungen, krebsartige Wucherungen, unheilbare Narben, Gift in Form von Licht. Drei Monate habe ich gebraucht, bis ich nach dieser Aufklärung wirklich alle Vorbereitungen getroffen hatte, um ihn nicht nur ein paar Tage meinen Patienten nennen zu dürfen.

Der Wagen fuhr an und wendete. Ich hatte extra einen tragbaren Tunnel aus UV-undurchlässigem Material anfertigen lassen, um ihn absolut sicher ins Gebäude zu bringen. Die Türe öffnete sich, doch den Jungen sah ich nicht. Ich sah nur eine Person, die bereit schien, in die Arktis auszuwandern, jedoch nicht eine Person, die sich auf den Weg in eine Klinik zu machen. Dicke Handschuhe aus braunem Leder an den Händen, einen Skioverall mit passenden Stiefeln, die Kapuze übers Gesicht gezogen. Dazu eine Art Sack über dem Kopf, ein Schal über Mund- und Nasenbereich sowie eine Skibrille mit getönten Gläsern. Bei dem Gedanken, dass es heute 33°C im Schatten waren, begann ich schon fast nur vom Ansehen einen Schweißfluss meinen Rücken hinablaufen zu spüren. Doch ich versuchte, mir nichts anmerken zu lassen.

„Willkommen im St. Christopher Medical Hospital, Kai. Ich hoffe, ich kann dir einen angenehmen Aufenthalt garantieren.“ sagte ich und setzte mein bestes Lächeln auf, wobei ich nichtmal sicher war, ob er das durch die Brille sehen konnte. „Geben sie mir ein Zimmer ohne Fenster und ich bin zufrieden“ kam es brummig aus dem Stoffhaufen, ehe er an mir vorbeilief und das Gebäude betrat.

„Verzeihen sie seine Unhöflichkeit, Mrs. Shallway. Er ist 14 Stunden unterwegs gewesen, um von den Niederlanden bis hierher gebracht zu werden und daher sehr verstimmt.“ meinte der Chauffeur fast untertänig, doch ich fing mich schnell wieder, beruhigte den Fahrer und folgte meinem neuen Patienten.

Dieser stand in der Eingangshalle und sah sich anscheinend um, zumindest bewegte sich der Kopf in verschiedene Richtungen. „Bunte Wände...Ist das hier ne Klinik für Kindergartenkinder?“ Es fiel wirklich auf, dass er anscheinend schlechte Laune hatte, an sich schade, ich hatte gehofft, direkt zu Beginn einen guten Eindruck von mir und der Klinik vermitteln zu können, doch dazu schien er wohl nicht empfänglich.

„Komm bitte mit, ich zeige dir dann dein Zimmer.“ sagte ich zu ihm freundlich und nach einem letzten schweifenden Blick durch die menschenleere Empfangshalle folgte er mir in den Aufzug, den ich schon runtergerufen hatte. Im dritten Stock stiegen wir aus. Ich erwartete Überraschung seitens des Neulings, doch dieser gab sie, wenn, zumindest nicht preis. Unmengen an Geld hatte es mich und auch den Staat gekostet, dass diese Etage für ihn frei begänglich war. Alle Scheiben waren getönt und UV-undurchlässig, zudem waren lange, schwere Vorhänge an den Seiten, falls einer der anderen Patienten das Fenster öffnen wollte. Abgesprochen war alles, ein paar missgestimmte Kranke musste ich umstationieren, aber alle Patienten der Etage 3 hatten diesem Projekt zugestimmt. Schließlich standen wir vor seinem Zimmer. „Hier ist dein Zimmer.“ meinte ich nur, ehe ich die Türe öffnete und ihn hineinsehen ließ. Er betrat es und sah sich bedächtig um, doch vor allem das Fenster sah er mehrmals an, als fürchte er, es könnte plötzlich durchlässig für seinen Tod sein.

„Nicht schlecht, größer und hübscher als mein letztes Zimmer“ murmelte und ich konnte raushören, dass seine Laune zumindest etwas angestiegen war. „Warum sind hier zwei Betten?“ meinte er plötzlich und drehte sich zu mir um und ich konnte mir fast vorstellen, dass er mich wohl vorwurfsvoll ansah. „Du teilst dir mit jemandem das Zimmer, wir bauen zurzeit an und daher sind Einzelzimmer auch doppelt belegt. Du kannst danach gerne ein eigenes Zimmer haben, bis dahin akzeptiere dies bitte.“ Er schwieg, ich überlegte, ob es ein positives Schweigen war und entweder war es das oder er fand sich einfach mit der neuen Information ab, denn er ging zu der Türe, die ins Bad führte und schien dort weiterzupatroulieren. Ich war erleichtert, da ich gefürchtet hatte, er wolle seinen Mitbewohner sehen, denn diese Person war offensichtlich woanders und hatte vergessen, was für ein Tag heute war. Doch dann sei dem so, spätestens beim Mittagessen in der Mensa würden sie sich treffen.

„Sind das Klinikhandtücher oder gehören die Bett 2?“ kam die immer noch durch den Schal verhaltene Stimme aus dem Bad. Ich musste unwillkürlich lächeln über die seltsame Art, wie er sich mit seiner neuen Situation aussetzte, ehe ich ebenfalls ins Bad trat und ihm versicherte, dass er sie frei nutzen dürfe.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Rejah
2007-05-12T08:40:22+00:00 12.05.2007 10:40
wtf? noch keine kommis zu deiner ff?
ich finde, du hast hiermit wirklich mal ein thema aufgegriffen, dass man auf ganz animexx nicht wiederfindet und dass man auch mal ansprechen sollte. ich meine, sonst ist sowas ja immer ein tabuthema. ich finde es auch gut, dass du laut der beschreibung nicht vor hast, alles dramatisieren. es zeigt, dass auch kinder bzw erwachsene mit schrecklichen krankheiten überlebenswillen besitzen können (die einleitung war auch gut, da konnte ich mich besser informieren).
ich hoffe, du schreibst bald weiter.

LeCri


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