Casualty - Pubertät 17
Kapitel 33:
Casualty - Pubertät 17
Seulgis Sicht
Egal wie fest ich mein Kopfkissen auf den Kopf drücke, es hilft einfach nichts! Mir tut mein Kopf so weh,
fast jeden Tag schmeiß ich mich deswegen ins Bett. Am Anfang hat es noch geholfen, wenn ich ein Bad
genommen habe, aber jetzt bringt alles nichts mehr! Das ist so furchtbar... mir dröhnt das richtig, so
als ob ich mir den Kopf immer irgendwo angestoßen hätte, was aber gar nicht sein kann. Der Arzt hat
mir Tabletten verschrieben, aber die scheinen gar nicht zu helfen. Ich hab sogar schon paar Mal in der
Schule gefehlt, weil es nach dem Aufwachen einfach so schlimm war! Lydia hat mir Jasmintee aus einem
teuren Bioladen gekauft, den ich mittags immer schlürfe. Danach hilft es mir zwar, doch die Schmerzen
holen mich immer schnell wieder ein. Verdammt noch mal... Wenn Sanji nur hier wäre, dann wäre ich
ganz sicher geheilt. Ich vermisse ihn so schrecklich, in mir klafft ein riesiges Loch, ich bin unerfüllt und
habe pure Sehnsucht nach ihm. Schon seit über einem Monat habe ich ihn nicht gesehen, will wissen,
wie es ihm geht, was er macht, ich habe echt gegen meine Krämpfe zu kämpfen und denke
ausschließlich an ihn. Aber es kann doch nicht sein, dass ich diese Höllenschmerzen nur aus Sehnsucht
habe? Klar bin ich traurig, dass Sanji nicht hier ist, aber das sind doch keine Gründe, weshalb ich so
Kopfwehbefallen bin. Ich meine, ich weiß ja, dass es ihm gut geht und er wenigstens frei ist. Papa sperrt
mich auch nicht mehr weg, aber ich darf nicht außerhalb von Zuhause weggehen. Nur Freunde einladen,
nur habe ich dafür im wahrsten Sinne des Wortes keinen Kopf. Lernen läuft bei mir schon mal gar nicht,
dafür sind meine rasenden Kopfschmerzen einfach zu stark. Manchmal habe ich auch Bauchweh, aber
das kommt nur, wenn es mir schwindlig wird, das ist echt verrückt. Ich hab wirklich Schiss, dass ich
eine Krankheit haben könnte!
Sanji könnte mich in den Arm nehmen, mich trösten und küssen, aber er ist nicht hier. Vielleicht geht
es ihm ja genauso schlecht wie mir, aber tue ich es auf keinen Fall. Papa bringt mir eine Wärmeflasche,
welche ich mir auf den Bauch lege. Nicht mal Fieber habe ich, das würde wenigstens einiges klären. „Wir
gehen nachher zum Doktor.“ sagt Papa und ich nicke nur kraftlos mit dem Kopf. Nicht mal Gedichte
schreiben kann ich momentan, was mein einziges Hobby ist, abgesehen vom Tablettenschlucken. Ich
schleife durchs Haus, weiß einfach nicht, was ich machen soll, nicht mal frische Luft hilft noch weiter.
Ich sehe mir sehr viele Walt Disney Filme an und vertreibe mir somit die Zeit. Dann ist es 14.00 Uhr und
ich mache den Fernseher aus. Ich schlüpf in meine Turnschuhe und ziehe meine Jeansjacke über. „Papa,
kommst du?“ rufe ich in die Wohnung rein, er soll sich bitte beeilen. Gleich darauf kommt er aus dem
Schlafzimmer raus, kramt dann in seiner Hosentasche und dreht sich abrupt wieder um. „Wo sind meine
Autoschlüssel?“ Ich reibe mir die Augen, da sie richtig dolle jucken und warte, bis Papa seine Schlüssel
wieder findet. Immer das gleiche, wirklich jedes Mal. Ich lehne mich gegen die Haustür und halte den
Türknauf fest, bereit, ihn gleich runter zu drücken. War ich gestern beim Schlafwandeln auf einer Party,
oder weshalb ist in meinem Kopf so ein berauschendes Kreisen? Mit einer Hand reibe ich mir wieder
übers Gesicht, muss dann gähnen und die Kopfschmerzen kommen und gehen, kommen wieder und
gehen, bleiben und gehen, kommen und bleiben. Wo steckt Papa nur? Warum kann er seine blöden
Schlüssel nicht einfach auf die Kommode legen, wenn er nach Hause kommt? Das Telefon klingelt
gerade.
Papa kommt aus dem hinteren Wohnungsteil geeilt und nimmt ab, mir fehlt es einfach an Kraft, mich
einem Dialog zu stellen und durch eine bloße Leitung mit jemandem zu sprechen. Höchstens wenn es
Sanji wäre, würde ich es tun, was aber leider unwahrscheinlich ist. „Ja hallo?“ höre ich Papa anfragen,
verfolge dann weiterhin das einseitige Gespräch. Dazu läuft Papa ins Wohnzimmer, ich verweile
weiterhin an der Tür gelehnt, schließe die Augen und kneife sie leicht zusammen. „Ja, ich sitze, warum?
(...) Ja. (...) (...) Nein.“ Wie Papa das ’Nein.’ ausgesprochen hat, gefällt mir überhaupt nicht. Da ist was
passiert, ich laufe ins Wohnzimmer und sehe ihn im Sessel sitzen. Was ist los? Ich muss warten, bis das
Telefonat beendet ist, bevor ich eine Antwort kriege. „Wo ist sie gerade? (...) Geht es –geht es ihr gut?“
Oje, das hört sich nicht, wirklich nicht gut an. Ich lege meine Hand auf den Sesselsaum und schließe
meine Augen noch mal kurz, da das Kopfweh wieder zurückkommt. „Ok. Danke, wir kommen.“ Damit
legt Papa auf und ist einen Moment mucksmäuschenstill. Ich räuspere mich leise. „Wer war das?“ Es
kommt keine Antwort, also ist was passiert. Ich versuche es noch mal. „Ist was passiert?“ Papa hebt sich
aus dem Sessel hoch. „Lydia hatte einen Autounfall. Sie liegt im Krankenhaus.“ Oh! Hoffentlich ist da
nichts Schlimmes passiert! Papa sieht sich kurz im Wohnzimmer um und geht dann zielstrebig zum
Fernseher. Auf dem Videorekorder liegen die Autoschlüssel, die er an sich nimmt. „Wir fahren hin.“
erstellt am 06.05.2007
4Kolibris,
Elena