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Palabras de la sabiduría - Worte der Weisheit

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Recuerdos a cosas pasados y perdidos

Palabras de la sabiduría – Worte der Weisheit
 

Teil 15 Recuerdos a cosas pasados y perdidos
 

Hallo zusammen. Sorry, dass es so lange gedauert hat. Aber wegen dem Berufsschulblock bin ich kaum zum schreiben gekommen. Jetzt geht’s aber endlich weiter.

@matzel2003/Zinha: Das freut mich zu hören

@ColaKorn: Na irgendwo musste ja Schluss sein…

@SSJSweety: Du müsstest mich doch inzwischen lange genug kennen, um zu wissen dass ich manchmal recht fies bin.

@MissCapristo: Wie gesagt, irgendwo musste ja Schluss sein

@southbeat: Na ja, eigentlich wollen das doch wirklich alle…

@Kathi: Schneller ging es leider nicht..

@Julia Augusta: Das war aber auch wirklich ein fieses Ende…

@Caro: Mach ich doch ^^

@gilthoniel79: Noch mal Danke dass du mir wieder so beratend zur Seite gestanden hast.

Special Thanks an meinen Betaleser Kutterkoeter.
 

Rückblick:
 

Fernando ließ sie los und sah sie, verwirrt über die Situation, an. „Du könntest hier bleiben wenn du willst.“, meinte sie. Fernando atmete tief durch. Ein Teil von ihm schrie ihm ein lautes Ja ins Ohr. Er schüttelte langsam den Kopf. „Ich glaube es ist besser, wenn wir das nicht tun.“, entgegnete er.


 

Anna sah Fernando verwirrt an. „Das würde die Sache nur viel zu kompliziert machen. Ich sollte jetzt besser gehen.“, meinte er und nahm sich die Schuhkartons. Anna blickte ihn immer noch sprachlos an. „Schlaf gut, Süße. Wir sehen uns morgen.“, sagte er, küsste sie kurz auf die Wange und verließ die Wohnung.
 

Nachdem die Tür hinter Fernando zugefallen war, ließ Anna sich auf dem Boden an der Wand nieder und sah zur Tür. Das war ihr noch nie passiert. Bislang hatte niemand Anna auf diese Art und Weise abgewiesen. Sie fasste sich an ihre Lippen und seufzte. Was sollte sie jetzt tun? Das ganze war ja wohl mehr als nur peinlich. Wie hatte sie sich bloß so gehen lassen können? Anna schloss kurz die Augen und grübelte.
 

Fernando war unterdessen auf der Straße angekommen. Er ging festen Schrittes davon, um nicht auf die Idee zu kommen umzudrehen. Um die nächste Ecke blieb er dann doch stehen. Was hatte er sich bloß dabei gedacht? Wieso war er gegangen? Wütend über sich selbst trat er gegen die nächste Straßenlaterne und nuschelte ein halblautes „Mierda“ vor sich hin. Die Straßenlaterne ging unter dieser Gewalteinwirkung prompt aus. Ein paar Passanten sahen verwirrt zu ihm rüber. Fernando atmete einmal tief durch, lächelte die Leute unschuldig an und ging weiter. Das hatte sicher Aufmerksamkeit erregt. Hoffentlich hatte ihn niemand erkannt. Nur kurze Zeit später kam Fernando an der Bahnhaltestelle an. Er musterte die Taxis die dort standen und entschloss sich dazu seinen Rückweg durch das Benutzen eines Taxis zu beschleunigen. Er stieg ein und nannte dem Taxifahrer sein Ziel.
 

Anna war inzwischen vom Boden aufgestanden und hatte ihre Schuhe ausgezogen. Zielstrebig ging sie in die Küche, nahm sich ein Glas und ging zum Kühlschrank. Sie brauchte erstmal etwas zur Beruhigung. Dort nahm sie sich die Milch und die Flasche Likör 43, die sie noch von der letzten Party bei ihr hatte und goss sich ein Glas ein. Eigentlich hatte sie sich nach Tanias Hochzeit vorgenommen damit aufzuhören. Aber in dieser Situation hätte selbst Tania ihr sicher zu einem Glas geraten. Anna lehnte sich an die wieder geschlossene Kühlschranktür und trank das Glas recht schnell aus. Einerseits war es ihr schrecklich peinlich Fernando angeboten zu haben bei ihr zu bleiben. Dass er das auch noch abgelehnt hatte machte die Sache nur schlimmer. Andererseits hatte er durchaus Recht gehabt. Es war vielleicht wirklich besser für beide. Wäre sie am nächsten Morgen neben ihm aufgewacht, hätte sie das in eine noch kompliziertere Lage gebracht. Denn wie hätte man das erklären sollen? Eigentlich hatte es ja ganz gut funktioniert mit dem Date. Wäre es nicht Fernando und wäre nicht von vorneherein klar gewesen, dass es nur ein einziges Date geben würde, wäre Anna gerne wieder mit ihm ausgegangen. Er hatte sich ziemlich viel Mühe gegeben, das stand absolut außer Frage. Da zwischen beiden ja nichts weiter passiert war, würde es doch hoffentlich einfach sein wieder zurück zum Zeitpunkt vor dem Date zurückzugehen. Zumindest wenn es ihr gelang den kleinen schwachen Moment von eben zu verdauen. Anna stellte das Glas in die Spüle und ging ins Wohnzimmer.
 

Fernando saß gelangweilt auf dem Rücksitz des Taxis und sah nach draußen. In den Straßen von Berlin war immer noch einiges los. Der Taxifahrer unterhielt sich angeregt über Funk mit einem anderen Taxifahrer in irgendeiner Sprache die Fernando nicht verstand. Darüber war er auch ziemlich froh, denn auf eine Fragestunde hatte er nicht wirklich Lust. Glücklicherweise schien der Taxifahrer ihn auch nicht erkannt zu haben. Fernando dachte immer noch darüber nach, ob er das richtige getan hatte. Anna hatte ihn extrem seltsam angesehen. Vielleicht hatte die Tatsache, dass er gegangen war die Situation der beiden genauso problematisch gemacht, wie wenn er geblieben wäre. Er hoffte, Anna würde jetzt nicht denken es läge an ihr. Das würde Annas Bild von Männern doch vielleicht noch mehr zusetzen. Er musste zugeben, dass er den Einfluss des Dates auf ihn doch stark unterschätzt hatte. Fernando war überzeugt gewesen, dass es total einfach sei Anna für einen Tag mal nicht als seine Sandkastenfreundin zu betrachten, sondern als sein Date für den Abend.
 

Anfangs hatte das auch gut funktioniert. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt an dem er sie in diesem Kleid gesehen hatte. Er hatte ja schon vorher gewusst, dass sie recht passabel aussah. Aber ab dann hatte er diese komische Vorahnung gehabt, dass es nicht wirklich so leicht werden würde wie er glaubte. Und dieses Gefühl hatte ihn den ganzen Abend nicht verlassen. Je länger er aber drüber nachdachte, desto sicherer wurde er sich doch das richtige getan zu haben. Natürlich war Anna attraktiv, das stand außer Frage. Ihre Augen und ihr Lächeln hatten Fernando seit jeher fasziniert. Er mochte ihren Geruch und ihre ganze Art. Das Gefühl ihrer Lippen auf den seinen war ein Gefühl, was so unbeschreiblich war, dass er es kaum vergessen konnte. Schon das war eigentlich zu viel um einfach nur Freunde zu sein. Hätte er mit ihr geschlafen, wäre es sicher unmöglich gewesen das zu vergessen. In ein rein freundschaftliches Verhältnis zurückzugehen nachdem man miteinander geschlafen hatte war für Fernando absolut undenkbar. Er seufzte und sah wieder zum Taxifahrer. Er benahm sich sowieso total seltsam in den letzten Tagen.
 

In ihrem Wohnzimmer angekommen zog Anna sich erstmal um und setzte sich in ihrem Nachthemd auf die Couch. Schlafen würde sie sicher nicht können, also schaltete sie den Fernseher ein. Wieso musste er auch nach Deutschland kommen? Und dazu noch in das Hotel in dem sie arbeitete? Anna war gerade erst soweit gewesen sich an ihre momentane Situation in Deutschland zu gewöhnen. Mit ihrer geplatzten Hochzeit und der Tatsache, dass Chris ihr nur etwas vorgespielt hatte, musste sie erst fertig werden. Genauso damit, dass sie nicht mehr damit rechnete nach Spanien zurückzukehren. Und dann war Fernando gekommen und hatte ihr Leben komplett auf den Kopf gestellt. Es war wie eine Reise in die Vergangenheit die Anna daran erinnerte was sie sich damals alles vorgenommen hatte, und wie viel davon sie auf ihrem bisherigen Weg davon wieder verloren hatte. Sie hatte Fernando fast komplett neu kennen lernen müssen. Es war definitiv eine tolle Erfahrung gewesen mit Fernando ausgegangen zu sein. Trotz seiner Prominenz war er auf dem Boden der Tatsachen geblieben. Er hatte, so wie es aussah, nicht vergessen wo er herkam. Bei dem Date hatte sie wirklich fast vergessen können wer er war. Irgendwie fand sie es auch süß, dass er sich so viel Mühe gegeben hatte. Unweigerlich musste sie daran denken wie ihr erstes Date mit Fernando in Spanien denn abgelaufen wäre. Ob er da dasselbe getan hätte? Wo wären sie hingegangen? Vermutlich wären die beiden dann eher zusammen zum Fußball gegangen, statt irgendwo Essen zu gehen. Es wäre sicher lustig gewesen. Anna schüttelte den Gedanken ab. Sie wollte nicht, dass wieder dasselbe mit ihr geschah wie damals in Alicante. Nein, sie würde sich diesmal nicht in Fernando Torres verlieben.
 

Fernando war inzwischen im Hotel angekommen. Er stellte die Schuhkartons mit Annas Briefen auf seinem Bett ab und ging ins Bad, wo er sich erstmal mit kaltem Wasser das Gesicht wusch. Er musste erstmal wieder zu sich kommen. Anschließend ging Fernando wieder zurück ins Zimmer. Er blickte herüber zu den drei Kartons. Ob er sie wirklich lesen sollte? Er war sich sicher gewesen wissen zu wollen, was Anna in den letzen paar Jahren so alles erlebt hatte. Aber vielleicht wäre es auch besser wenn einige Geheimnisse zwischen beiden bestehen bleiben würden. Der spanische Nationalspieler ließ sich auf sein Bett fallen. Damals hatten die beiden sich versprochen nie Geheimnisse voreinander zu haben. Aber ob das bis heute angehalten hätte bezweifelte er doch stark. Er öffnete den ersten Karton und sah hinein. Das waren aber mehr Briefe als er vermutet hatte. Anna war wohl ziemlich fleißig gewesen. Fernando fühlte sich noch nicht wirklich müde, ein paar der Briefe würde er sicher noch lesen können. Außerdem war er doch relativ neugierig. Er musterte den Inhalt des Kartons. Alle Briefe waren zugeklebt und an ihn adressiert. Es fehlten nur die Briefmarken. Auf jeden Brief hatte sie oben in eine Ecke mit Bleistift den Monat und das Jahr geschrieben. Vielleicht um selbst zu wissen, welcher Brief denn nun von wann war.
 

Er zog einen Brief aus dem Karton und sah darauf. „Januar 1996“ stand dort. Fernando zuckte mit den Schultern. Irgendwo musste er ja anfangen. Vorsichtig öffnete er den Briefumschlag und zog Annas Brief heraus.
 

Lieber Fernando,
 

wie geht es dir? Was macht der Fußball? Mir geht es soweit ganz gut, wenn man von diesem Mistwetter absieht. Wieso muss es in Deutschland so verflucht kalt sein? Gestern hatten wir Minus 10 Grad und es hat geschneit. Ätzendes Wetter sag ich dir. Ich fühle mich als wäre ich hier in einem Kühlschrank in Übergröße. Das allerschlimmste hier ist aber die Tatsache dass hier im Winter kein Fußball gespielt wird. So was geht ja mal gar nicht. Auf Schnee zu spielen ist doch gerade das witzige an der Sache. Außerdem schneit es hier ja nicht überall. Die machen hier von Mitte Dezember bis Ende Januar Winterpause beim Fußball. Dass Weihnachten nicht gespielt wird ist ja okay. Aber bis ENDE JANUAR?? Wozu gibt es Rasenheizungen? Bis hinunter zu den kleinen Amateurligen. Ich bekomm langsam schon Entzugserscheinungen. In mein Baumhaus kann ich momentan auch nicht weil es einfach viel zu kalt dafür ist. Na ja, es ist eh irgendwie doof allein da drin. Steht dein Baumhaus noch? Ich hoffe mal du benutzt es noch. Die Schule hier ist auch blöd. In Spanien hat mir das ganze auf jeden Fall besser gefallen. Da hatte ich auch nicht solch ätzende Leute in meiner Klasse. Fragte mich doch wahrhaftig letzte Woche einer von den Jungs wer denn bitte Atlético Madrid sei, als ich mein Trikot in der Schule angezogen hatte. Ich meine, HALLO? Etwas Allgemeinbildung wird man ja wohl von denen erwarten können. Die glauben wohl echt das komplette Ausland bestünde beim Fußball nur aus Manchester, Liverpool, Mailand, Barça und Real. Diese Banausen. Nun ja, was will man von Bayern Fans auch erwarten.
 

Mit den Jungs kann man sich also dummerweise schon mal gar nicht über Fußball unterhalten. Und mit den Mädels erst recht nicht. Die sind allesamt 1:1 Kopien der Mädchen auf unserer Straße. Keine Ahnung vom Fußball und totale Tussis. Letzte Woche haben einige von denen den Kosmetikschrank ihrer Mütter geplündert. Die sahen vielleicht aus. Dagegen waren Drag Queens noch natürliche Schönheiten. Und das allerschlimmste an der Sache ist ja, dass die mich auch noch zu so was nötigen wollten. Wir wollten eigentlich gelernt haben und dann kamen die auf die Idee mich „weiblich“ zu machen. Das geht ja wohl überhaupt nicht. Das hab ich denen auch ganz schnell wieder ausgetrieben. Soweit kommt’s noch. Kleider, Röcke und Make-up… NIEMALS! Sollen die lieber mal so sein wie ich. Machen um jede Pfütze einen meterweiten Bogen, aber reden dann von der tollen Wirkung die ja eine Schlammpackung angeblich hat. Die soll mal wer verstehen. Wie kann man überhaupt so was mögen? Fußball ist da ja wohl viel interessanter! Na ja. Ich werde mich wohl weiterhin auf die Ergründung der verrückten Gehirne meiner Mitschüler/innen machen müssen. Hoffe, dass du keine solchen Probleme hast.
 

Liebe Grüße
 

Anna
 

Fernando schmunzelte. Das war genau die Anna die er kannte. Der Umzug nach Deutschland hatte sie scheinbar nicht verändert. Genau das war die Anna seiner Kindheit. Absolut nicht weiblich und voller Unverständnis darüber wie man denn freiwillig wie eine Frau sein konnte. Wie sich die Zeiten doch änderten. Heute war sie trotzdem zu einer Frau geworden. Er seufzte. Aber diese Schule schien ja mal gar nichts für sie gewesen zu sein. Für Anna gehörte das Gespräch über Fußball zu ihrem natürlichen Tagesablauf, so wie andere über das Wetter redeten. Es war sicher keine tolle Zeit in ihrem Leben gewesen. Hätte sie die Briefe damals abgeschickt und er geantwortet, hätte sie das sicher ungemein aufgebaut. Dann hätte sie immerhin jemanden gehabt mit dem sie, wenn auch nur über Postweg, über Fußball reden konnte. Wieso war er nur so stur gewesen?
 

Fernando faltete den Brief zusammen und steckte ihn wieder in den Umschlag. Danach griff er erneut in den Schuhkarton und zog einen Brief heraus. „Juli 1998“. Er öffnete den Umschlag und faltete den darin befindlichen Brief auseinander. Im Gegensatz zu dem Brief den er vorher gelesen hatte, war er recht kurz.
 

Hallo Fernando,
 

wie geht es dir? Ich habe gehör, dass du dir im Fußballcamp das linke Außenband angerissen hast. Ich hoffe inzwischen ist wieder alles in Ordnung. Du fragst dich jetzt sicher woher ich das weiß, oder? Leider haben wir beide uns um einen Tag verpasst. Ich war nämlich letzte Woche in Spanien bei meiner Oma. Meine Cousine Maribel hat geheiratet. Es war eine schöne Hochzeit. Allerdings für spanische Verhältnisse doch etwas unspektakulär. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen zu dir rüber zu kommen und ein paar Worte mit dir zu wechseln. Ich glaube zwischen uns sind immer noch einige Dinge ungesagt geblieben und das sollte sich ändern. Als ich dann bei dir war hat deine Mutter mir gesagt dass du im Fußballcamp bist. Am Tag unserer Abreise hat deine Mutter gesagt du kämst wegen des Bänderrisses schon früher nach Hause. Dummerweise mussten wir ja wieder zurück. Schade eigentlich. Ich hätte dich gern mal wieder gesehen. Bislang bleiben mir ja immer nur die Fotos die deine Oma uns ab und an zukommen lässt. Nun ja. Da kann man leider nichts machen. Vielleicht bist du ja beim nächsten Mal, wenn ich in Spanien bin, zu Hause. Du hörst in nächster Zeit sicherlich noch mal von mir.
 

Gruß
 

Anna
 

„So ein Mist,“ dachte sich Fernando. Da hatten sich die beiden ja wirklich nur knapp verpasst. Wie er sich kannte, hätte er wohl trotzdem ein wenig Ärger gemacht und sich erst geweigert Anna zu sehen. Aber dann wäre die Neugierde sicher irgendwann größer gewesen. Er hatte die ganze Zeit über immer mal wieder an sie gedacht. Vor allem wenn er in seinem Baumhaus saß. Die ersten paar Monate ohne Anna waren für ihn die Hölle gewesen. Es war einfach nicht dasselbe wo Anna nicht mehr da war. Aber damals hätte er sich lieber die Zunge abgebissen,als das zuzugeben. Fernando atmete tief durch und stand kurz auf, um sich eine Flasche zu trinken aus dem Kühlschrank zu holen. Dann kletterte er wieder auf sein Bett und legte sich auf den Bauch. Er öffnete den zweiten Schuhkarton und zog einen Brief heraus. Erstmal würde er nach dem Stichprobenverfahren einige Briefe lesen. Die restlichen würden aber auf jeden Fall noch folgen, aber sicher nicht diese Nacht. Dafür waren es einfach zu viele. Der Brief stammte vom August 1999. Fernando überlegte. Das war kurz nach ihrem Treffen in Alicante gewesen. Er öffnete den Umschlag und begann den Brief zu lesen.
 

Lieber Fernando,
 

wie geht es dir denn so? Mir geht es momentan nicht ganz so toll. Du fragst dich jetzt sicher was mit mir los ist. Ich kann dich aber beruhigen. So tragisch ist es nicht. Ich hab in letzter Zeit recht viel über dich nachgedacht. Wie war’s in deinem Trainingslager in Alicante? Woher ich davon weiß? Du wirst mir jetzt sicher nicht glauben, aber ich war auch da. Zu meiner totalen Verwunderung hatte ich vor zwei Monaten einen Brief vom spanischen Fußballverband in meinem Briefkasten. Ich wusste gar nicht dass die mich beobachten. Es hat mich also umso mehr gefreut, dass ich hinfahren konnte. Das ist doch schon mal der erste Schritt in die richtige Richtung. Damit kann ich mich sicher um einen Platz an der Atlético Akademie bewerben und werde dann auch sicher bald wieder zurück in Spanien sein. Ich hatte dir extra nichts davon gesagt, damit du diesmal überrascht wirst. Wir haben auch kurz miteinander gesprochen. Scheinbar hast du mich allerdings nicht erkannt. Mit blonden kurzen Haaren sehe ich scheinbar total anders aus als sonst. Eigentlich hatte ich ja mit dir sprechen wollen, aber irgendwie war es schwer an dich heranzukommen ohne dass irgendwer anders in der Umgebung war. Ich glaube es wäre extrem komisch gekommen, wenn ich dich einfach so angesprochen hätte wenn die anderen dabei gewesen wären. Die Gelegenheit mit dir zu sprechen hatte ich auch durchaus gehabt, aber in dem Moment war ich nicht sicher ob das nicht vielleicht dafür sorgen würde dass du ausrastest. Du hattest jahrelang verhindert mich zu sehen oder dich überhaupt bei mir zu melden. Wieso hätte es da auch anders sein sollen?
 

Jetzt wo du weißt, dass ich auch da war, denkst du sicher daran, dass es ja dann ich war die du geküsst hast. Korrekt. WIESO HAST DU DAS GETAN? Ich hab tagelang darüber nachgedacht wieso zum Teufel du die Tribüne hoch gelaufen bist und mich einfach so von einem Moment auf den anderen geküsst hast. Küsst du immer irgendwelche wildfremden Mädchen oder wusstest du vielleicht doch wer ich bin? Du solltest dich was schämen das getan zu haben. Ich konnte drei Tage lang nicht schlafen. Außerdem hatte ich mir meinen ersten Kuss anders vorgestellt als inmitten von anderen Leuten auf einer Tribüne im Fußballstadion. Wobei, je mehr ich drüber nachdenke desto besser gefällt es mir doch. Eigentlich passt so was ja zu mir. Vergiss den Satz von gerade einfach wieder. Damit kommen wir auch zu der Tatsache die mich im Moment ziemlich stark beschäftigt und wegen der es mir nicht so besonders gut geht: DU.
 

Du wirst mich sicher für verrückt erklären. Ich hätte selbst niemals gedacht, dass das jemals passieren könnte. Du warst immer mein bester Freund. Über all die Jahre die wir uns nun schon nicht gesehen hatten hab ich dich nie vergessen. Als wir Kinder waren, warst du so was wie ein Bruder für mich. Aber seit ich dich in Alicante getroffen hab ist das anders. Wie es aussieht bin ich momentan total in dich verschossen. Glaub mir, das hab ich mir nicht ausgesucht. Ich will nicht alles was wir damals hatten kaputt machen. Aber ich kann seit bestimmt einer Woche nicht richtig schlafen, bekomme kaum etwas zu essen runter und denke dreiviertel des Tages nur daran wie ich dich wieder sehen könnte. Glaub mir, ich bin schon auf die absurdesten Ideen gekommen. Ich weiß langsam schon nicht mehr was ich noch machen soll. Wieso muss das alles nur so kompliziert sein? Ich hoffe du hasst mich jetzt nicht für diesen Brief. Wir wollten nie Geheimnisse voreinander haben, deswegen musste ich auch diesmal ehrlich zu dir sein. Mach dir keine Sorgen um mich. Ich bin mir sicher das wird sich bald wieder legen und alles wird so sein wie vorher.
 

Gruß
 

Anna
 

Fernando starrte entsetzt auf den Brief. Dieser Wink mit dem Zaunpfahl bei ihrem Date war also wirklich eine Anspielung auf damals gewesen. Kein Wunder, dass sie ihm die Briefe erst nicht geben wollte. Das musste jetzt ein schlechter Witz sein. Fernando las den Brief noch einmal in der Hoffnung er habe sich beim ersten Mal verlesen, aber die Worte waren immer noch die gleichen. Das konnte sie doch unmöglich ernst gemeint haben. Ohne noch einmal auf die Uhr zu sehen griff er zu seinem Handy und wählte Annas Nummer.
 

Anna war gerade in ihrem Bett eingedöst als sie vom Klingeln ihres Handys geweckt wurde. Sie schaltete das Licht an und guckte auf das Display ihres Handys. Was wollte Fernando denn um diese Uhrzeit von ihr? Sie drückte auf die grüne Taste ihres Handys und nahm den Anruf an. „Es ist wohl doch schon schlimmer als ich dachte.“, sagte sie zu ihm als sie ans Telefon ging. „Wieso das?“, antwortete Fernando verwirrt. „Ich hatte gedacht du wärst in der Lage wenigstens zwölf Stunden ohne mich auszukommen.“ Fernando lachte. „Meine Sehnsucht nach dir war halt größer.“, entgegnete er mit ironischem Unterton. „Ich hoffe für dich du hast ne bessere Begründung als das um morgens um halb 3 bei mir anzurufen.“ „Die hab ich.“ „Dann lass hören.“, verlangte sie. Fernando sah kurz auf den Brief in seiner anderen Hand.
 

„Ich hab mal in deine Briefe reingeguckt.“ Am anderen Ende der Leitung hörte man ein lautes Seufzen. „Welcher ist es?“, fragte Anna. „August 1999…“ „Ich hatte es befürchtet.“ Fernando lehnte sich zurück. „Du verarschst mich doch.“ Anna seufzte wieder. „Was meinst du, warum ich die Briefe zensieren wollte?“ „Es stimmt also?“ „Sieht so aus. Ich will nicht wissen was du gerade denkst.“, meinte sie. „Ich frage mich im Moment nur eins: Warum hast du mich nicht einfach angerufen?“ Anna sah zu ihrem Poster an der Wand. Die Frage musste ja kommen. Das war ja wohl einfacher gesagt als getan. „Was hätte ich denn bitte sagen sollen? Du wusstest in Alicante doch noch nicht mal wer ich war.“ „Und? Wo ist das Problem?“ „Wie hätte der Anruf denn aussehen sollen? Hallo Fernando, hier ist Anna. Ich weiß du redest seit 7 Jahren nicht mehr mit mir und du hasst mich, aber du hast mich letzte Woche in Alicante geküsst und ich hab mich in dich verliebt? Das hätte mir ja wohl die übelste Abfuhr in meinem Leben beschert.“, verkündete sie überzeugt. „Außerdem dachte ich zu dem Zeitpunkt du hättest eine Freundin. Da konnte ich das doch nicht tun.“ Fernando seufzte. „Ich hab dich nie gehasst Anna, auch wenn das manchmal anders gewirkt hat. Vielleicht wäre so einiges anders gekommen als es jetzt ist. Was meinst du, warum ich dich in Alicante geküsst hab?“
 

„Das frag ich mich bis heute.“ „Normalerweise hätte ich mich das nie getraut. Eigentlich war das nur eine dumme Wette in der Mannschaft. Jeder von uns musste irgendwas machen, wenn er ein bestimmtes Ziel erreichte. Bei mir waren das vier Tore.“, erklärte er. „Na super.“ „Lass mich doch erstmal ausreden. Die Jungs kamen doch nur auf dich, weil ich dich beim Abendessen etwas zu offensichtlich beobachtet hatte.“ Anna guckte verwirrt. „Was?“ Fernando seufzte. „Ich hatte mich doch die ganze Zeit gefragt wer du warst. Außerdem war ich in der Pubertät. Ich fand dich halt irgendwie süß.“ Damit hatte Anna nicht wirklich gerechnet. „Aber…“, war alles was Anna herausbrachte. „Vielleicht wäre der Anruf genau das gewesen was ich brauchte. Du hast mir immer gefehlt Anna. Ich konnte es nur nie zugeben. Hätte ich früher herausgefunden, dass du das in Alicante warst hätte ich doch gar nicht nicht mit dir reden können. Ich glaube es hätte damals sogar die Chance bestanden dass du von mir keine Abfuhr bekommen hättest. Vielleicht hätte ich dich sogar nach einem Date gefragt. Auch wenn das bei der Distanz Deutschland – Spanien etwas kompliziert gewesen wäre.“
 

Anna war total überrascht über die Entwicklung des Gesprächs. Sie hätte niemals gedacht dass Fernando so über sie dachte. „Es wäre viel zu kompliziert gewesen. Da hatte meine Mutter durchaus Recht gehabt.“ „Deine Mutter wusste davon?“, fragte Fernando verwirrt. Anna starrte an die Decke. „Natürlich wusste sie das. Sie ist meine Mutter. Es gibt niemanden der seine Kinder besser kennt als die Mutter. Sie hat recht schnell gemerkt, dass etwas mit mir nicht stimmte. Und das du es warst hatte sie einfach im Gefühl. Als ich sie damals fragte wieso, meinte sie nur, dass das irgendwann so hätte kommen müssen.“ „Das stimmt wohl.“ „Du weißt gar nicht was ich damals dafür gegeben hätte, in dieser Situation zu sein.“ „Welche?“ „Auf meinem Bett zu liegen und mit dir zu telefonieren.“ „Ich glaube wir haben durch unsere Sturheit viel zu viele gemeinsame Dinge verpasst, Anna.“ „Das ist irgendwie Schade, oder nicht?“ „Und wie. Würde mich jetzt jemand nach dem größten Fehler meines Lebens fragen, würde ich sagen, dass ich dich niemals so lange hätte allein lassen dürfen. Wir hätten viel früher wieder miteinander reden sollen.“ „Das hast du süß gesagt.“ „Ich hätte nie gedacht, dass das zwischen uns wie früher sein könnte. Aber wie es aussieht sind wir auf dem besten Weg dorthin.“, verkündete er.
 

Anna überlegte. Eigentlich hatte er ja Recht. Aber andererseits benahmen sie sich manchmal doch recht seltsam für Freunde. Freunde küsste man nicht. Mit Freunden würde man auch niemals schlafen wollen. „Das heute klammern wir da aber aus, oder?“, fragte sie schließlich. „Sicher. Darf ich denn zum Abschluss noch zwei fiese Fragen stellen?“ „Okay.“ Fernando grinste. „Was hattest du heute unter dem Kleid an?“ Anna brach in Gelächter aus. Was war das denn für eine Frage? „Wieso fragst du? Ich bin nicht Paris Hilton. Ich trage Unterwäsche.“ „Das war eine ernst gemeinte Frage.“, entgegnete Fernando, der selbst Mühe hatte nicht loszulachen. „Unter diesem Korsett kann man doch nichts anziehen, oder?“ „Okay, du hast mich durchschaut. Unter dem Korsett hatte ich wirklich nichts an.“, gab sie zu. „Hatte ich also richtig vermutet.“ „Wieso denkst du über so was nach?“, fragte sie belustigt. „Ich bin auch nur ein Mann. Wenn jemand in so einem Kleid vor einem steht übernehmen die Hormone manchmal Überhand. Außerdem hast du doch sicher genauso drüber nachgedacht, was ich unter meinen Klamotten anhab.“ Anna grinste fies und sah zu ihrem Pepe Jeans Poster an der Wand.. „Darüber brauchte ich nicht nachzudenken. Das weiß ich nämlich.“ „Anna Sanchez, schäm dich!“ Sie lachte. „Weswegen? Weil ich durch Zufall gesehen hab dass deine Boxershorts blau ist? Dann nimm demnächst ne Farbe die bei einer schwarzen Hose nicht so auffällt.“ „Der Punkt geht an dich.“
 

„Und was war die zweite Frage?“, wollte sie schließlich wissen. „Bist du nicht einsam in deinem großen Bett?“ Anna lachte wieder. „Du bist heute aber schräg drauf. Nein ich bin nicht einsam. Ich hab zwei Kopfkissen.“ „So so. Vermutlich ist das eine noch von mir übrig.“, merkte er an. „Das stimmt.“ „Und über mich was sagen, wenn ich sage dass ich vielleicht ohne deine Anwesenheit nicht schlafen kann. Und ich hab kein Kissen von dir…“, verkündete er schmollend. „Armes Streuselküchlein. Du hättest ja bei mir bleiben können. Dann wärst du jetzt nicht so allein.“ „Musst du mich daran erinnern? Sag mir wenigstens in was für einem Fußballtrikot du diesmal schläfst. Letztes Mal war es irgendetwas Undefinierbares.“ „Gar kein Trikot.“ „Du schläfst nackt?“ Anna lachte. „Nein. Normalerweise schlaf ich nicht im Fußballtrikot. Das tu ich nur, wenn wer da ist der nicht unbedingt sehen sollte in was ich sonst schlafe.“ „Ach? Und was ist es?“, fragte er. „Das verrat ich dir nicht. Das überlasse ich deiner Fantasie.“ „Sag mir wenigstens die Farbe.“ Anna lachte. Das Gespräch war schon irgendwie lustig. „Schwarz.“ „Schwarz normal, oder schwarz transparent?“ „Sind das nicht ein paar viele Fragen?“ „Och komm schon, Süße. Ich will mir doch bloß ein Bild davon machen. Ich hab nicht so viel Fantasie wie du.“ „Fernando! Ich glaube nicht, dass es dich was angeht in was ich schlafe.“ „Ich bin bloß neugierig.“ „Hattest du nicht eben irgendwas davon gesagt, von wegen wir wären Freunde?“ „Sind wir doch auch. Du wirst ja wohl wissen, dass das hier nur Spaß ist.“ „Natürlich weiß ich das. Ich will nur nicht, dass die Grenzen zwischen Spaß und Ernst zu sehr verschwimmen.“ „Keine Angst.“ „Schön.“ „Ich glaub ich lasse dich jetzt schlafen. Wann kommst du mich holen?“, fragte er. „Halb drei?“ „Okay, das geht klar. Schlaf gut Anna.“ „Du auch.“ „Noch nicht. Bin noch nicht müde. Ich werde noch ein wenig in deiner Vergangenheit lesen.“ „Wie du meinst. Bis nachher dann.“, sagte Anna und legte auf.
 

Fernando klappte sein Handy zu und sah wieder auf den Brief in seiner Hand. Wäre das damals nur ein wenig anders gelaufen, wäre vermutlich nichts mehr so wie es heute ist. Er legte den Brief beiseite. Wie es aussah hatten beide sich regelmäßig selbst Steine in den Weg gelegt und die Sache noch komplizierter gemacht indem sie tausende von Umwegen gemacht hatten. Er atmete tief durch und schob den Brief wieder in den Umschlag. Fernando zog einen weiteren Brief aus dem Karton und legte ihn auf seinem Schoß ab. Für einen Moment musste er noch an das Telefonat von eben denken. Es war wirklich ein teilweise recht lustiges Gespräch gewesen. Aber Anna hatte Recht gehabt. Zeitweise waren bei ihm die Grenzen zwischen Spaß und Ernst doch so sehr verschwommen, dass er selbst nicht gewusst hatte, ob er das nun ernst gemeint hatte oder nicht. Er sollte damit aufhören. Irgendwie dachte er in letzter Zeit viel zu viel an sie. Das war nicht gut für beide. Der spanische Nationalspieler seufzte und zog den nächsten Brief aus dem Umschlag.
 

To be continued
 

Bis dann
 

Gruß



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  SSJSweety
2007-05-29T17:49:04+00:00 29.05.2007 19:49
GENIAL!!! Ich bin wirklich begeistert!! WEEEIIIIITEEEER!!!!
Von: abgemeldet
2007-05-23T21:04:02+00:00 23.05.2007 23:04
sehr schönes Kapi - wie immer -
bin gespannt wie es weiter geht und ob Anna und Fernando nach dem was passiert ist noch "normal" mit einander umgehen können.
Hoffe es geht bald weiter
Von:  Zinha
2007-05-22T13:30:59+00:00 22.05.2007 15:30
Das Kapitel lässt für die Fortsetzung viel Raum für Fantasie.
Mit Vorfreude auf das nächste Kapitel
Zinha
Von:  el_nino
2007-05-21T17:36:14+00:00 21.05.2007 19:36
Ich kann nur sagen: Ich liebe deine FF!
Die Briefe sind ja mal cool.
Und das mit Fernando in Alicante, das er da ab und zu Anna beobachtet hat

Hammer Kapi mal wieder

Weiter, weiter, weiter,...


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