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Tage der Vergeltung

von

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Chapter XVIII

Ruinen

Sierra Madre / Mexico

13. 15 h

26. Mai
 

Sie mussten sich den Durchgang mit den Händen graben, was sehr viel Zeit und vor allem sehr viel Kraft kostete. Und selbst als sie bis zur anderen Seite vorgestoßen waren beanspruchte es ihrer aller Nerven weiterzukommen, da der Weg keinen Meter an Höhe und Breite maß. Quälend langsam mussten sie sich durch diesen schmalen Spalt hindurchzwängen, ohne das Ende an der Schulter des Vorgängers vorbei sehen zu können.

Nachdem sie diese Barriere endlich hinter sich gelassen hatten, kamen sie wieder schneller voran. Sie liefen die Gänge entlang zurück zum Ausgang. Als sie die letzte Kreuzung erreichten, der Torbogen in die rettende Freiheit war keine zwanzig Schritt entfernt, fanden sie die anderen drei Mexikaner, die mit ihnen gekommen waren. Reglos lagen sie am Boden, bedeckt von ihrem eigenen Blut, das sich in dünnen Rinnsalen seinen Weg durch den Sand suchte. Fliegen umschwirrten die Leichen bereits in großen Schwärmen.

Erschüttert sanken Mulder und Scully neben ihnen in die Hocke, während ihre Begleiter wild durcheinander schrieen. Scully warf ihrem Partner einen Blick zu, den er lediglich mit einem knappen Nicken bestätigte. Alle drei waren gebissen worden und würden schon bald in die Sphäre der Untoten überwechseln. Jede Hilfe kam zu spät.

„Was ist mit ihnen? Sind sie...sind sie tot?“ Die Stimme des Mexikaners klang hohl, Angst machte es ihm schwer die amerikanischen Worte zu finden.

Mulder wiegte den Kopf. „In unsrem Sinne schon. Aber es wird nur eine Frage der Zeit sein, bis sie wieder zu 'neuem Leben' erwachen.“

Entsetzt starrten die beiden ihre Freunde an.

Scully schüttelte grimmig den Kopf. „Wir müssen diesen Bastard finden, oder er bringt uns alle noch ins Reich der Untoten.“ Sie fischte einen Hammer aus ihrem Rucksack und reichte ihrem Partner einen der Holzpflöcke. Erschreckt fuhr sie zusammen, als sie unsanft an der Schulter herumgerissen wurde und in das wutverzerrte Gesichte eines der Mexikaner blickte, das nur wenige Zoll von ihrem entfernt war. Seine Hand umschloss ihr Handgelenk wie ein Schraubstock.

„Was wollen Sie damit? Unsere Freunde durchbohren? Ihre Leichen schänden?“

„Wir werden ihre Seelen retten und ihnen Ruhe schenken, die sie andernfalls niemals mehr finden würden.“ Mulders Stimme war sanft und vertrieb den hasserfüllten Ausdruck aus den Augen des Mexikaners. Dennoch erntete er einen fassungslosen sowie fragenden Blick.

„Es ist die einzige Möglichkeit die wir haben. Es tut mir leid. Und dann – werden wir das tun, weshalb wir überhaupt hier hergekommen sind.“

Es traf genau das ein, was Mulder schon lange erwartet hatte. Die zwei Mexikaner tauschten einen kurzen Blick, fuhren auf dem Absatz herum und flohen.

Mulder und Scully blieben allein zurück.
 

Vorsichtig schlichen sie wieder tiefer in die Gewölbe der Ruine, immer darauf vorbereitet einem unerwarteten Angriff ausgesetzt zu werden. Der Rauch und die Hitze des Feuers hatten mittlerweile weite Teile des Tunnelsystems eingenommen und in der Nähe der Gruft war es bereits unerträglich heiß.

„Wir werden ihn nie finden! Womöglich ist er längst verschwunden.“ Aus der Art wie sie das sagte konnte Mulder schließen, dass seine Partnerin bereits resigniert hatte und der Verzweiflung nahe war. Er konnte es ihr nicht verübeln, denn schließlich war ihre Mission bislang keinesfalls so verlaufen, wie sie ursprünglich geplant gewesen war. Er ließ sich auf alle Viere nieder und kroch dicht an den Boden gepresst näher an den Raum heran, der neben der in hellen Flammen stehenden Gruft lag. Eine unbeschreibliche Spannung schien von dort auszugehen, die ihm ein Gefühl der absoluten Finsternis und Bosheit vermittelte. Und plötzlich wandelte sich dieses Gefühl in eine Vorahnung, die ihn erschauern ließ.

Fast im selben Augenblick hörte er Scully hinter sich, die Stimme vor Angst verzerrt. „Mulder! Mulder kommen Sie her!“

Er wirbelte herum und erstarrte mitten in der Bewegung. Hinter ihm stand er. Eingehüllt in einen langen, wallenden schwarzen Mantel und mit langem schwarzen Haar. Seine Augen schimmerten im Wiederschein des Feuers, aber es war kein lebendiges Schimmern. Es war der Wiederschein der Hölle.

Mulder riss seinen Blick los und sprang auf die Füße, um sich in Scullys Blickfeld zu stellen. Sanft ergriff er ihr Kinn und zwang sie statt dessen in seine Augen zu blicken. „Scully, sehen Sie ihm niemals in die Augen! Niemals! Nicht eine Sekunde lang. Sonst hat er bereits gewonnen bevor es überhaupt begonnen hat.“ Er suchte in ihren Augen nach einem Hinweis, dass er zu spät gehandelt hatte, aber zu seiner großen Erleichterung konnte er ihn nicht finden.

Dann drückte er ihr seinen Holzpflock in die Hand und lächelte, als er ihrem verständnislosen Blick begegnete. „Es kann ihn nur einer pfählen. Ich werde versuchen ihn zu Fall zu bringen.“ Mit diesen Worten fuhr er herum und stürmte auf den Dunklen zu.

Alles schien mit einem Mal in Zeitlupe abzulaufen. Mulder sah, wie der Dunkle beide Hände, zu Klauen gekrümmt, nach ihm ausstreckte, um ihn zu packen und womöglich noch in der Luft zu zerreißen. Aber er duckte sich bevor er sprang, und die scharfen Nägel fuhren unschädlich knapp über seinen Rücken hinweg.

Mulders Hände krallten sich in den Umhang, doch noch ehe er ihn mit seinem eigenen Schwung umreißen konnte, wurde er von einer ungeheueren Macht zu Boden geschleudert. Pfeifend wurde ihm die Luft aus den Lungen gepresst und er stöhnte auf, versuchte aber noch mit einer kurzen Drehung die Beine seines Widersachers wegzutreten.

Gewandt wich ihm der Dunkle aus, hob eine Hand und ohrfeigte Mulder, der sich grade wieder aufrappelte. Die Wucht des Schlages riss ihn herum, dass er sich überschlug und heftig gegen die Mauer prallte. Benommen blieb er einige Herzschläge liegen und kämpfte gegen die aufsteigende Ohnmacht an. Dann stemmte er sich mit grimmiger Entschlossenheit erneut in die Höhe, sprang auf die Füße und versuchte noch einmal, den Dunklen mit sich zu Boden zu reißen. Vergebens. Er wurde gepackt und mehrere Meter weit durch die Luft geschleudert. Lange Krallen rissen sein Hemd auf und hinterließen vier blutige Striemen auf seinem Bauch.

Diesmal blieb Mulder zusammengekauert am Boden liegen und schaute ängstlich auf, als der Dunkle auf ihn zukam. Er hob eine Hand, so dass sich ein Schatten über das Gesicht des FBI-Agenten legte, und fing seinen Blick auf.

Diesmal konnte er sich nicht mehr wehren, jegliche Willenskraft und jeglicher Mut schwanden aus seinem Körper. Gequält wand er sich am Boden. Vor seinen Augen erschien erneut sein Traum, der Traum, den er im Zug gehabt hatte. Und die Gewissheit lähmte ihn. Auf seinem Gesicht spiegelte sich die pure Todesangst wieder.

Endlich erwachte Scully aus ihrer Erstarrung und stürzte vorwärts. Sie warf sich mir ihrem ganzen Körpergewicht auf den Dunklen, der seine gesamte Konzentration auf ihren Partner fixiert zu haben schien, und schleuderte ihn gegen die Wand. Flink wie ein Tier wirbelte er zu herum und schnappte mit den langen Klauen nach Scully, die sich geistesgegenwärtig zur Seite drehte und somit seinen Fängen entging.

„Mich bekommst du nicht!“ murmelte sie grimmig, riss den Pflock zwischen sich und dem Angreifer hoch und jagte ihn mit mehreren kraftvollen Hammerschlägen in dessen Brust. Dunkles Blut spritzte hervor.

Gepeinigt schrie der Dunkle auf und griff nach Scullys Handgelenk, mit der anderen packte er sie an der Schulter. Sie fühlte sich zurückgedrängt und begann heftigen Wiederstand zu leisten. Die Gedanken rasten hinter ihrer Stirn, suchten fieberhaft nach einem Ausweg.

Erneut stellte sich der Dunkle gegen sie. Sie konnte spüren, wie ihr Wille immer schwächer wurde, stieß einen verzweifelten Schrei aus und drückte diesen lebendig gewordenen Alptraum zurück an die Mauer. Dann riss sie ihre Schulter los, ungeachtet der Krallen die ihr dabei die Haut aufrissen, und ließ den Hammer noch einmal auf den Pflock niedersausen. Gleichzeitig begann sie das 'Ave Maria' zu sprechen.

Ein infernalisches Brüllen entrang sich der Kehle des Dunklen, das sich in hunderten Echos in den langen Gängen brach und wiederhallte. Seine Klauen schlugen nach Scully und versuchten sich noch einmal zu befreien. Aber Scully ließ nicht einen Augenblick nach. Immer und immer wieder schlug sie auf das Ende des Holzpflocks ein, trieb ihn immer tiefer in die Brust des Vampirs. Tiefrotes Blut bespritzte ihre Hände, ihr Hemd und ihr Gesicht, aber sie beachtete es nicht.

Der Dunkle verdrehte die Augen, Blut sickerte über seine blassen Lippen und der Schrei erstickte in einem kehligen Gurgeln. Angewidert wandte Scully nun doch den Kopf ab, wich zurück und schlug ein letztes Mal zu.

Das ausströmende, dunkelrote Blut färbte sich schwarz und der Wiederstand des Vampirs erstarb schlagartig. Sein Körper begann unkontrolliert zu zucken und Scully wich entsetzt mehrere Schritte zurück, als er in Sekundenschnelle zu altern begann. Seine Haut wurde fahl, schlug Falten und löste sich stellenweise vom Knochen, um zu Staub zu zerfallen. Die Augen sanken in die Höhlen, seine Zähne und Haare fielen aus und Fingernägel und Knochen wurden schwarz.

Fassungslos verfolgten Mulder und Scully die rasende Metamorphose. In unglaublicher Geschwindigkeit zerfiel der Vampir zu Staub. Nichts blieb zurück bis auf die Eckzähne, die als böse Erinnerungen im Sand liegen blieben.

Schweigend starrten die Agenten auf die Stelle, an der bis vor wenigen Augenblicken noch der Vampir gelegen hatte. Beide mussten sie erst einmal verkraften, was sie da grade erlebt hatten.

Dann wurde Mulder mit einem Schlag bewusst, dass sie hier nicht mehr allein waren. Er hob den Kopf und fuhr sichtlich zusammen. Vor ihnen stand ungefähr ein halbes Dutzend leichenblasser Mexikaner. Einige von ihnen kannte er, einige nicht. Er seufzte, als er auch San unter ihnen erkannte. Lage, spitze Zähne, die bis über die Unterlippe reichten, funkelten im Feuerschein.

Langsam griff Mulder nach Scullys Handgelenk und begann vorsichtig zurückzuweichen. Erschrocken sah sie auf, aus ihren tiefen Gedanken gerissen.

„Laufen Sie!“ murmelte er leise. „Sie wollen ihren Herrn rächen. Laufen Sie wie Sie noch niemals zuvor gelaufen sind, wenn Ihnen Ihr Leben lieb ist.“

Ihre Blicke trafen sich kurz, dann wirbelten sie herum und flohen hinaus in den Dschungel.



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