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Tage der Vergeltung

von

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Chapter XVI

Lager der Independent Group

Sierra Madre / Mexico

07.50 h

26. Mai
 

Die Gruppe hatte sich in der Mitte des Lagers eingefunden und sich in drei Teams geteilt. Eine hatte sich dafür ausgerüstet, mit Mulder und Scully zu den Ruinen zu gehen. Die andere, die sich unter der Leitung von Salvatore befand, hatte alles vorbereitet um zu folgen, sollten sie nach Anbruch des nächsten Tages nicht zurück sein. Die letzte der drei sah dem regen Treiben nur zu, überzeugt von der Irrsinningkeit des Vorhabens. Unter ihnen befand sich auch Leandres, der die kleine Gruppe düster beobachtete.

Die Ausrüstung wurde ein letztes Mal überprüft. Jeder hatte eine Machete, mehrere Holzpflöcke und Fackeln dabei, für den Fall dass sie getrennt wurden.

Scully warf Mulder einen amüsierten Seitenblick zu, als dieser hecktisch nach etwas zu suchen begann. „Mulder, Sie werden vergesslich.“

Verärgert sah er sie über die Schulter hinweg an und hob fragend die Brauen.

„Falls Sie ihren Revolver suchen, er liegt noch immer an der Stelle, wo Sie ihn gestern Nacht noch hingelegt haben, um ihn eben nicht zu vergessen.“

er warf ihr einen vernichtenden Blick zu und lief noch einmal zurück zu ihrer Hütte. Auf halbem Weg drehte er sich um. „Ihr könnt schon einmal aufbrechen, ich hol euch schon ein.“

Als er in die Hütte kam, musste er erst eine Weile suchen. In Gedanken verfluchte er sich zum hundertsten Mal, dass er selbst im Dienst so schrecklich unordentlich sein musste. Wenn er etwas suchte, fand er es nie.

Als er sich umwandte, fiel sein Blick auf den Boden unter seinem Bett, wo sein Revolver lag. Er verdrehte die Augen. Vergesslich auch noch. Scully hatte ganz Recht.

Während er das Holster an seinem Gürtel befestigte, glitt sein Blick noch einmal durch den kleinen Raum und blieb an etwas Glitzerndem auf Scullys Bett hängen. Neugierig trat er näher. Es war Scullys Goldkette, an der ein kleines, filigranes Kruzifix baumelte. Verwundert hob er es vor seine Augen und betrachtete es. Sie hatte es jederzeit um den Hals getragen, selbst nachts, und machte einen mächtigen Aufstand, sollte es jemals verschwunden sein.

Behutsam ließ er es durch seine Finger gleiten und ließ es in seiner Hosentasche verschwinden. Er würde es Scully bei Gelegenheit übergeben.

Dann ging er und folgte der Gruppe in den Wald.
 

Sie erreichten die Ruinen gegen Mittag. Es war drückend heiß und am Himmel hingen dicke, graue Wolken. Doch kein Luftzug ging. Auch hell hatte es unter den Baumriesen nicht recht werden wollen und dicker, feuchter Nebel wand sich am Boden.

Sie hatten das letzte Stück der Strecke schweigend zurückgelegt und hatten sich bemüht, sich so leise wie möglich fortzubewegen. Jedem von ihnen war deutlich anzusehen, dass er sich alles andere als wohl fühlte. Eine beinah unerträgliche Spannung lag in der Luft, die wie eine dunkle Vorahnung über ihnen hing.

Bevor sie die Ruinen betraten, versammelten sie sich neben dem Eingang, den sie vor ein paar Tagen mit Lucàr genutzt hatten. Schon jetzt waren sie erschöpft, die heftige Schwüle lastete schwer auf ihnen.

Mulder ließ sich in die Hocke sinken und sah sich in der kleinen Runde um. Das Einzige, was er in den Gesichtern las, war pure Angst. Angst, deren Grund sie noch nicht einmal kannten. Er seufzte und warf einen Blick hinüber zu Scully. Sie sah genauso hilflos aus wie er sich fühlte. „Wir sind alle nicht glücklich mit unserer momentanen Lage, aber wir werden das schon schaffen. Wenn alles gut geht, können wir in nicht mal einer Stunde wieder hier draußen sein und die Aufgabe erledigt haben.

Wir haben Folgendes zu tun: Wir haben genügend Pflöcke mit, für den Fall, dass es uns nicht sofort gelingt. Aber einer muss in das Herz des Vampirs vordringen, sonst wird er wieder aufstehen. Nach der Pfählung werden wir ihm dann den Kopf abschlagen und mit dem Gesicht nach unten in seinen Sarg zurücklegen. Dann zerstören und verbrennen wir die Grabstätte.“

Er zögerte einen Moment. Wie konnte er ihnen allen nur wenigstens etwas Mut zusprechen? Er wusste es nicht. „Wir gehen jetzt da hinein und ziehen das Ding durch. Sollten wir auf irgendjemanden oder irgendetwas stoßen, muss sich jeder auf jeden verlassen können! Und wir müssen in jedem Fall zusammenbleiben. Keiner bleibt zurück und keiner eilt voraus.“

Als niemand etwas einwandte, stand er auf und warf sich seinen Rucksack über die Schulter. „Ach, und...seht ihm niemals in die Augen! Wenn ihr das tut, habt ihr schon verloren.“

Sie zündeten drei Fackeln an, dann betraten sie das alte Gemäuer. Mulder und Scully gingen voraus.

„Das gefällt mir nicht.“ murmelte Scully nach einer Weile und hob die Fackel in der Hoffnung, etwas mehr sehen zu können.

„Was?“ hakte Mulder nach, nachdem sie nicht weiter gesprochen hatte. Er konnte sich ausmalen, was sie meinte, aber er wollte nicht voraussetzen, dass es jedem seiner Begleiter so erging wie ihm. Nämlich dass er sich alles andere als allein mit den fünf Männern und Scully fühlte.

Ich habe die ganze zeit schon das Gefühl, verfolgt oder zumindest beobachtet zu werden. Irgendetwas ist hier und weiß, dass wir kommen. Und das macht mir Angst.“ flüsterte sie und sah ihren Partner einen Moment lang bedrückt an.

Er nickte und verzog die Mundwinkel. „Ich weiß, ich fühle das selbe. Und ich bin mir verdammt sicher, dass die anderen es auch gemerkt haben. Haben Sie sie sich schon einmal richtig angesehen? Die sind halb tot vor Angst und wären schon längst getürmt wenn sie nicht wüssten, dass das ihre einzige Chance ist.“

Scully warf einen flüchtigen Blick über die Schulter. „Vielleicht ist es ja nicht ihre einzige Chance, nur die erste, die uns in den Sinn gekommen ist. Mulder, ich glaube fast die Aktion ist falsch und viel zu gefährlich.“

Er blieb stehen, als sie an einen leicht abschüssigen Teil des Ganges anlangten, an dessen Ende die Gruft lag. „Es ist vielleicht gefährlich, aber nicht falsch. Ich weiß nicht wieso, aber es ist der einzige Weg dem gegenüber zu treten, der die Schuld an all dem trägt.“

Die Männer waren zu ihnen getreten und hatten ihm aufmerksam zugehört. Mulder war sich sicher, dass sie auch den Rest des Gespräches gehört hatten.

„Wem gegenübertreten?“ fragte einer kleinlaut und warf einen angstvollen Blick an Mulder vorbei den Gang hinunter.

Mulder sah sie an. „Das wisst ihr wahrscheinlich sogar besser als ich.“

„Aber ich nicht!“ unterbrach ihn Scully. „Sagen Sie es mir! Was wird es sein?“

Er wich ihrem Blick aus. „Die Vergangenheit. Die Schuld. Die Fehler die ein Stamm, der einst hier gelebt hat, begangen hat.“ Es fiel ihm nicht leicht das in Worte zu fassen, was nur in Fetzen in seinem Kopf umhergeisterte. „Es hat sich zu etwas zusammengefügt. Zu etwas, das unsere Vorstellungen von dem furchtbarsten aller Dinge sprengt. Es liegt jenseits unserer menschlichen Fantasie.“

„Aber was ist es?“

Er sah sie lange und hilflos an, ehe er sich kopfschüttelnd abwandte und sich mit allen zehn Fingern durchs Haar strich. „Ich weiß es nicht. Oder doch, ich weiß es, aber ich kann es nicht in Worte fassen. Jedes Mal wenn ich das Bild ergreifen will, entgleitet es mir wieder. Ich kenne es, ich weiß wie, was und warum es ist – aber es ist mir unmöglich es zu verstehen.“

Eine Weile schwiegen sie alle. Mulder hatte grade das versucht zu beschreiben, was sie alle empfanden. Und sie wussten, dass er Recht hatte.

Plötzlich erzitterte die Ruine unter einer großen Erschütterung, auf die ein lautes Knirschen und Krachen folgte. Staub rieselte von der Decke.

Alle legten den Kopf in den Nacken und sahen hinauf. Ein breiter Riss führte quer von einer Wand zur nächsten und verursachte ein regelrechtes Spinnennetz kleiner Risse im Umkreis von mehreren Schritten in Decke und Mauerwerk.

Instinktiv wichen sie zurück. Keinen Moment zu früh. Polternd brach die Decke über der Stelle ein, an der sie noch vor wenigen Lidschlägen gestanden hatten und begrub alles unter sich, was sich nicht rechtzeitig in Sicherheit hatte bringen können. Staub wurde aufgewirbelt und verwehrte für eine kleine Ewigkeit die Sicht, das ganze Gewölbe war von einem ohrenbetäubenden Lärm erfüllt.

Was darauf folgte, war absolute Stille. Nichts rührte sich, niemand sagte ein Wort. Sand rieselte leise und vereinzelt klapperten Steine.

Scully tastete nach der Fackel, die sie noch bis vor wenigen Augenblicken in der Hand gehalten hatte und zündete sie an. Es war stockfinster gewesen und sie hatte rein gar nichts erkennen können. Die Sicht konnte man zwar selbst jetzt lediglich als mäßig bezeichnen, da noch immer aufgewirbelter Staub in der Luft hing, aber sie konnte sich durch das Licht der Fackel zumindest ein wenig besser orientieren. Mulder lag unweit von ihr entfernt und blinzelte zu ihr herüber. Etwas weiter hinten im Gang entdeckte sie zwei ihrer Begleiter. Doch die anderen drei konnte sie nicht finden.

Stöhnend stand sie auf, ging zu Mulder, half ihm auf die Beine und folgte ihm zu den beiden anderen. Die waren sichtlich entsetzt über das was passiert war, und kurz davor in Panik auszubrechen, sonst aber unverletzt.

„Habt ihr die drei anderen gesehen?“ fragte Scully und sah sich noch immer suchend um.

„Sie...sie sind weggerannt. In die andere Richtung!“ murmelten sie fast gleichzeitig.

Mulder musterte den riesigen Steinhaufen, der ihnen jetzt den Rückweg an die Oberfläche verwehrte. „Wir können nur hoffen, dass sie noch rechtzeitig davongekommen sind. Wir werden sie suchen, sobald wir hiermit fertig sind. Wenn das so etwas wie eine Warnung gewesen sein soll, so wird es mit Sicherheit nicht die letzte gewesen sein.“

Mit diesen Worten gingen sie den Gang weiter hinunter und erreichten nach nur wenigen hundert Metern die Gruft.



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