Zum Inhalt der Seite

Schwarzer Drache: Geisterdrache

Schwarzer Drache IV
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

24. Das Einhorn

Hitomi erinnerte sich wieder genau... Wie sie damals das Messer in den Hals des Einhorns gesenkt hatte, wie das silberne Blut durch die Rinnen des Opferaltars geflossen war, wie das letzte dieser wundervollen Wesen starb, wie sie das Gefühl hatte, für den Tod dieses Geschöpfes einmal bezahlen zu müssen...

Tränen rannen der Königin von Farnelia über die Wangen und vermischten sich mit dem Wasser des Flusses, das nun immer häufiger in kleinen Wogen über ihr Gesicht lief. Die Strömung wurde stärker und zerrte Hitomi unbarmherzig mit sich. Doch die junge Frau machte keine Anstalten, sich gegen die Strömung und das allmähliche Untergehen zu wehren. Sie ließ sich treiben, die Augen weit geöffnet und blinzelnd gegen die häufiger werdenden Wasserschwalle, auf den Lippen immer noch das Wort: "Einhorn..."

Schließlich wurde das Wasser, das ihr über das Gesicht lief, zu viel und Hitomi schloss ihre Augen. Dunkelheit umfing sie... Doch diese währte nicht lange. Ein silberner Lichtschein durchbrauch die Schwärze. Allmählich zeichnete sich die verschwommene Gestalt eines Einhorns in diesem Lichtkegel ab.

"Hitomi... Mädchen vom Mond der Illusionen... Hör auf dich zu quälen..." sagte das Einhorn sanft.

"Wie denn?" erwiderte Hitomi schwach. "Wie denn? Ich habe dich umgebracht... Und nun bin ich bereit zu bezahlen... Dir zu geben, was du verlangst, was ich dir für deinen Tod schulde... Nimm mein Leben hin..."

Das Einhorn lachte leise. "Ich will dein Leben nicht. Dein Leben hat einen anderen Sinn..." Es begann vor Hitomi mit wehender Mähne und wirbelndem Schweif auf und ab zu tänzeln.

"Es ehrt dich, dass du noch immer an diesen Moment denkst, aber das ist sinnlos... Natürlich, für den Tod eines Einhorns muss bezahlt werden... Aber das tut Gaia schon längst... Dieser Krieg, die Gewalt, die Aussichtslosigkeit. All das ist der Preis, den Gaia dafür bezahlt, dass es keinen Platz für Einhörner mehr hat... Einhörner können nicht sterben, so lange es genug Liebe und Güte in der Welt gibt. Das hält uns am Leben... Aber wenn eine Welt dies alles verliert, wenn die Menschen die Dinge aus den Augen verlieren, die wirklich wichtig sind, dann können auch Einhörner sterben... Mein Blut wurde für einen guten Zweck vergossen. Der schwarze Drache konnte seinem Erzfeind zumindest noch einmal die Stirn bieten. Wir wussten, dass wir Gaia mit meinem Tod weiter in den Abgrund stürzen würden, aber wir hatten gehofft... Und wir hoffen weiter! Gaia wird wieder zu sich selbst zurückfinden! Und wenn es das geschafft hat, werden wir Einhörner wieder sein... Aber nun ist genug geredet... Kämpfe, Hitomi. Kämpfe, Mädchen vom Mond der Illusionen! Welche Chance hat Gaia denn, wenn die wenigen Rebellen gegen den Tyrannen aufgeben? Kämpfe..."

Das Einhorn verschwand und hinterließ einen Silberschein, der noch ein wenig nachglühte bis er schließlich verlosch.

Im gleichen Moment spürte Hitomi auf einmal, dass sie keine Luft mehr bekam und ihr Wasser in Mund und Nase drang. Sie begann wild um sich zu schlagen und kämpfte sich mühsam an die Wasseroberfläche zurück. Keuchend schnappte sie nach Luft und blickte sich hektisch um. Sie erinnerte sich wieder an den Flussverlauf, den ihr Van auf der Karte gezeigt hatte. Von dem Lager der arkadischen Vorhut dauerte es nicht mehr lange bis ein Wasserfall kam und der starken Strömung nach zu urteilen, war dieser nicht mehr weit!

Hitomi streifte ihr Kettenhemd ab, da sie dieses immer wieder unter Wasser zu ziehen drohte. Dann versuchte sie sich mit Schwimmbewegungen ans Ufer zu retten, wurde jedoch weiter mitgerissen. Langsam konnte sie das Rauschen des Wasserfalls hören und sie begann immer schneller zu schwimmen. Das änderte allerdings gar nichts an ihrer Lage. Schließlich prallte sie gegen einen Felsen, ergriff die Chance, die sich ihr damit bot, und krallte sich an dem glitschigen Stein fest. Mit einem gewaltigen Kraftakt gelang es ihr, auf den Felsen zu klettern. Dort saß sie nun, blickte sich um und stellte fest, dass es für sie keinerlei Möglichkeit gab, von allein an das Ufer zu gelangen.

Der Fluss trieb zu beiden Seiten mit unbändiger Gewalt an dem Felsen vorbei und direkt hinter ihr brandete er über das Kliff und stürzte in die Tiefe.

"Na klasse..." brummte Hitomi und stützte die Stirn verzweifelt in die Hände. "Und wie komme ich hier nun weg?"
 

Die Rebellen waren inzwischen auf dem Weg in ihr neues Lager.

Gardes stand am Steuer des Crusado und sein Gesicht war grau vor Sorge um Hitomi.

"Verdammt... Ich hätte warten sollen... Ich hätte warten müssen... Allen Befehlen zum Trotz... Wenn Van es gewusst hätte... Wenn ich es ihm nur gesagt hätte..."

Verzweifelt schlug Gardes mit der Hand auf das Steuerrad ein. "Verdammt! Verdammt, verdammt!"

"Was ist?" brummte Katz, ein Crewmitglied des Crusados, und blickte den Kapitän verwirrt an.

"Hitomi ist nicht an Bord..." seufzte Gardes. "Wir mussten sie zurücklassen..."

"Ach herrje!" Katz war sofort kreidebleich geworden. "Wenn das König Van erfährt..."

"Ja." Gardes seufzte erneut. "Und es war sein Befehl..."

"Ach, du heiliger Drachengott..." Katz starrte seinen Kapitän aus weit aufgerissenen Augen an. Die Königin von Farnelia wurde vermisst! Das war eine der schlechtesten Nachrichten, die er seit Beginn dieses Krieges gehört hatte.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück