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PEGIDA: Schluss mit dem Unsinn! PEGIDA

Autor:  halfJack

Vorab: Ich sehe kein Fernsehen und daher auch keine Nachrichten. Ich weiß nicht, wie sich das in der Öffentlichkeit darstellt oder wie die PEGIDA sich in den Medien präsentieren. Ich habe gehört, dass ihr Programm angeblich frei sein soll von Rassenhass, dass es nur um Kritik an der deutschen Asylpolitik gehen soll blabla, kann das aber nicht beurteilen. Das Einzige, was ich seit Wochen um Montag herum in Dresden mitbekomme, sind gesperrte Straßen, hohes Polizeiaufgebot und Menschen mit gegensätzlichen Ansichten, deren Meinungen womöglich unbewusst und unbemerkt eine Richtung einschlagen, die mir Unbehagen bereitet. Man möchte es kaum glauben, es wurden in den Bürgerämtern sogar Nottelefone eingerichtet, um sich als besorgter Bürger über die drohende Asyl- und Ausländerschwemme zu informieren.

Nun endlich scheint der ganze - tja, was ist das eigentlich? - "Haufen" dieser europäischen Patrioten gegen die okzidentale Islamisierung (oder wie auch immer) auseinanderzubrechen. Am 2. Februar fand sie nicht statt, die Demonstration. Man ist sich offenbar uneins und die Hälfte der Führungsschicht hat ihren Posten verlassen.
Ich kann es mir bildlich vorstellen, wie ein paar PEGI-Mitläufer, die sich vom Hörensagen für das alles begeistern ließen, ratlos beieinander stehen und nicht mehr wissen, was sie mit ihren Schildern, Kerzen und schwarz-rot-goldenen Kreuzen machen sollen.

PE (Patriotischer Europäer) 1: "Demo findet nicht statt. Die sagen, der Vorsitz ist, äh, vakant."
PE 2: "Heißt das, der macht Urlaub?"
PE 1: "Keine Ahnung. Einige Vorstandsmitglieder sind wohl zurückgetreten."
PE 2: "Wir haben Vorstandsmitglieder?"

Die haben sich aus dem Staub gemacht. Waren sich nicht einig, wie rechts oder nicht-rechts sie nun eigentlich sein wollen.
Die erste Kundgebung des neuen Ablegers "Direkte Demokratie für Europa" ist gestern mehr oder weniger gefloppt. Nur ca. 500 Demonstranten kamen und ein paar Hooligans, die absurderweise Stunk machten, weil sie die neue Organisation als "Verräter" empfinden, obwohl Oertel und Konsorten sich gar nicht als PEGIDA-Gegner sehen. Die Antifa war nicht vor Ort, denen war das vermutlich zu popelig. Die warten lieber auf den 13. Februar. (Gedenktag des Luftangriffes auf Dresden; wird seit den 90er Jahren von Neo-Nazis für ihre Märsche missbraucht; in den letzten Jahren bildeten die Bürger Dresdens eine Menschenkette um die Altstadt oder besetzten die Bahnhöfe, um die Nazi-Demonstration zu verhindern.)
Langsam nervt es echt. Nicht die Tatsache, dass man mit dem Auto nicht mehr problemlos in die Innenstadt kommt, das nicht. Sinnlose Demonstrationen sind in Dresden ja ohnehin beliebt. Nazi-Demonstrationen und "Wir-sind-keine-Nazis"-Nazi-Demonstrationen und Gegendemonstrationen und Demonstrationen gegen die Gegendemonstration...
Nein, was mich wirklich nervt, sind dumme Menschen, die lautstark eine Meinung vertreten und etwas durchsetzen wollen, von dem sie keine Ahnung haben. Wie auch immer das Programm der PEGIDA aussehen mag, die Anhänger - und das ist das eigentliche Problem - sind Leute, die sich allein aus dem polemischen Namen dieser "Bewegung" ihre Ansicht zusammenschustern und sich anhand solcher Massenaufläufe auch noch bestätigt und unterstützt sehen. Genau solche fühlen sich davon angesprochen, sitzen mit ihren Kumpels, jeder eine Bierflasche in der Hand, Dynamo-Schal um den Hals, in der Straßenbahn und erzählen Grütze.
"Die sollen wegbleiben, die Türken, weil die tun ja nicht mal Deutsch lernen. Dann tun wahrscheinlich auch unsere Kinder bald nicht mehr Deutsch reden, wenn wir die mit so "Tuchträgerpack" und "Türkenf***n" auf die Straße schicken tun."
...Haha. Viele Eltern bringen ihren Kindern, wie man sieht, nicht mal mehr ordentliches Deutsch bei, was sollen die da verlernen?
Es ist zum Kotzen. Dieses Vorurteil geht vor allem gegen Asylbewerber. Die würden sich nicht integrieren und kein Deutsch lernen wollen. Wenn ich mir als Asylbewerber eine Zukunft in Deutschland erhoffe, dann will ich natürlich die Sprache lernen. Wie kommt man als Außenstehender darauf, dass Asylbewerber das nicht wollen, wenn man noch nie mit einem geredet hat, sogar stets einen riesigen Bogen um Asylbewerberheime macht? Wer eine solche Meinung vertritt, vergisst offenbar, dass man zum Lernen einer Sprache Lehrer und Material benötigt, die wiederum Geld kosten. Doch solange der Antrag auf Asyl bearbeitet wird, besteht kein Anspruch auf finanzierte Deutschkurse! Letztens habe ich gelesen, dass statt der angestrebten 3 Monate die Antragsbearbeitung derzeit 15 (!) Monate dauern kann. Natürlich hat man als Asylbewerber nicht unbedingt das nötige Kleingeld, um sich einen Privatlehrer zu leisten. Da ist man auf Ehrenamtliche und Spenden angewiesen.

Und das sind nicht die einzigen Vorurteile. Angeblich würden viele Flüchtlinge gar keine Not leiden, sondern sich in Deutschland nur einen Bunten machen, sich schön durchfüttern lassen. Was für eine (sorry) menschenverachtende Scheiße. Als hätten diese Leute nicht schon genug durchgemacht, nun wird auch noch untersucht, ob das Erlittene überhaupt ausreicht oder ob es nur um finanzielle Gründe geht.
Fakt ist, dass ein Flüchtling abgeschoben wird, wenn ein Bundesbeamter solche Absichten bemerkt. Die internationale Genfer Flüchtlingskonvention schützt allein politisch Verfolgte. Armut wird dabei nicht berücksichtigt, selbst wenn man mit der Begründung ankäme, dass die Kinder im eigenen Land verhungern müssen. Das ist meines Erachtens schon hart genug.
Warum hat das Wort "Asylant" bei uns in Deutschland einen so üblen Beigeschmack, wird zuweilen sogar als Schimpfwort verwendet? Asylrecht ist Völkerrecht, das steht allen Menschen in Not weltweit zu. Dabei ist Deutschland übrigens das einzige Land, bei dem die Gewährung auf Asyl ein Grundrecht ist. Warum ist das so? Weil viele Deutsche den Zweiten Weltkrieg nur deshalb überlebten, weil ihnen von Fremden geholfen wurde, sei es auf der Flucht oder in Kriegsgefangenschaft. Wir waren im letzten Jahrhundert als Volk selbst oft genug Asylanten und Fremde in anderen Ländern und haben aufgrund dieser Erfahrung das Recht auf Asyl im Grundgesetz festgeschrieben. Darum finde ich es verachtenswert, einen Slogan wie "Wir sind das Volk!" für seine eigene versteckte Rassenhetze zu missbrauchen. Gerade dieser Spruch, der ursprünglich zu einer friedlichen Wiedervereinigung führte, wird nun zum Auseinanderreißen unserer Multikulturalität benutzt.

Das ist immer noch nicht alles, es geht weiter mit den Vorurteilen: "Asylbewerber wollen nicht arbeiten, die liegen dem Staat nur auf der Tasche!" Ach, so ein deutscher Arbeitsloser (pardon, "Arbeitssuchender") liegt dem Staat auch nur auf der Tasche. Wäre es dann nicht sinnvoll, den ebenso abzuschieben?
Asylbewerber dürfen in den ersten neun Monaten ihres Antragsverfahrens nur Hilfsarbeiten ausführen! Bei Ein-Euro-Jobs können sie sich höchstens 80 Euro im Monat hinzuverdienen. Selbst wenn dann der Antrag bewilligt wurde, wird ihnen die sogenannte Residenzpflicht vorgeschrieben, was bedeutet, dass sie sich Arbeit nur in einem sehr begrenzten Raum suchen können. Zudem darf laut deutschem Arbeitsrecht ein Flüchtling in den ersten vier Jahren nur unter Vorbehalt eingestellt werden. Das Jobcenter muss überprüfen, ob es nicht einen ähnlich qualifizierten deutschen Bewerber oder zumindest EU-Bürger für die Stelle gibt. So viel zur Übervorteilung. Selbst nach vier Jahren dürfen anerkannte Flüchtlinge keiner selbstständigen Tätigkeit nachgehen; sie sind auf Arbeitgeber angewiesen, die sie einstellen. Verständlicherweise wollen sich die Arbeitgeber aber lieber nicht mit dem aufwendigen und langwierigen Prozedere auseinandersetzen.
Asylbewerber leben bei uns außerdem nicht in Saus und Braus. Sie bekommen eine Unterkunft gestellt und für Strom, Kleidung, Essen etc. erhalten sie etwas mehr als 300 Euro monatlich. Sie haben damit weniger als Hartz-IV-Empfänger, obwohl das Arbeitslosengeld II vom Gesetzgeber als absolutes Existenzminimum angesehen wird! Die Erklärung hierfür lautet ganz einfach, dass diejenigen, die nur vorübergehend in Deutschland leben, einen geringeren Lebensstandard haben als dauerhaft Ansässige.
Besonders bescheuert finde ich nun, wenn pöbelnde junge Männer sich darüber aufregen, dass Asylanten von "unseren" Steuergeldern leben. Dann denke ich mir, die haben doch selbst vermutlich noch nie Steuern bezahlt. Von diesen Steuern werden zudem noch Unsummen an Geldern für das Polizeiaufgebot ausgegeben, das man für die Demonstrationen gegen den Islam (von vielleicht 5 % in Deutschland?) und gegen die Flüchtlinge (von vielleicht 0,3 % in Dresden?) benötigt.

Schlimm genug, dass sich solche rechtsradikalen Spinner dafür begeistern, das ist ja noch relativ normal. Bedenklich finde ich aber, dass meinetwegen der Opa, der den Krieg noch miterlebte, sich von solchen Märchen überzeugen lässt oder dass die konservative Hausmutter, die um ihre Kinder besorgt ist, die Parolen zur drohenden Islamisierung für bare Münze nimmt. Das ist wohl auch das Problem bei solchen Büchern wie "Deutschland schafft sich ab" von Thilo Sarrazin, das vor längerem für Diskussionen sorgte und worüber ich schon mal einen Blogeintrag schrieb. Menschen mit rassistischen Tendenzen fühlen sich bestätigt und wissen letzten Endes gar nicht, worum es geht oder was sie da unterstützen, sondern spinnen sich nur irgendeinen Müll zusammen, der in einigen Fällen sogar das Gegenteil vom eigentlichen Programm bedeutet, das sie vertreten (falls es stimmen sollte, dass PEGIDA die Asylpolitik verändern möchte, denn die ist tatsächlich stellenweise überholungsbedürftig, wie ich oben schon andeutete.) Eigentlich geht es doch um völlig unterschiedliche Themen, aber in der Meinungsbildung wirkt es, als würden Asylbewerber mit Islamisierung einhergehen.

Die Frage, die mich beschäftigt: Wo verstecken die sich denn alle, diese islamisierende Flut? Mal ehrlich, der Anteil in Dresden ist verschwindend gering. So wenige Moslems wie hier sehe ist sonst selten. In Berlin, in Dortmund, in Köln, da bin ich durch Viertel gelaufen, von denen man das vielleicht im Ansatz hätte behaupten können (wobei die Leute dort alle sehr nett und hilfsbereit waren, irgendwie gar nicht so gefährlich, wie immer alle behaupten, und Deutsch konnte die auch noch). Doch wovor hat man in Dresden bitte Angst?
Rückbesinnung auf das christliche Abendland? Daran stimmen schon mal zwei Sachen nicht: Erstens ist es allgemein bekannt, dass die neuen Bundesländer größtenteils als konfessionsloser bzw. religionsloser Osten bezeichnet werden. Gewachsen durch den historischen Hintergrund (Wittenberg, Luther, Prag, das Schisma der Kirche etc.) und später noch verstärkt durch die antireligiöse Meinungsbildung in der DDR, ist das Christentum hier nicht gerade populär; über die Hälfte der Leute sind nicht getauft oder glauben nicht dran, wenn sie es sind; viele sind Atheisten und den Rest kümmert's nicht. Inwiefern sollen gerade wir uns also auf unsere christlichen Wurzeln besinnen? Zweitens, obwohl ich da nicht so bewandert bin, meine ich mich zu erinnern, dass es bei diesen christlichen Wurzeln so eine Sache gab, die nannte sich "Nächstenliebe". Letztes Jahr wurden die tollen Montagsdemonstrationen der PEGIDA gerade kurz vor Weihnachten aus der Wiege gehoben, obwohl man allerorts durch traditionelle Lieder an diese christlichen Werte hätte erinnert werden müssen. Wahrscheinlich habe ich die anders in Erinnerung. Als Maria und Joseph durch die Kälte wanderten und niemand ihnen eine Unterkunft bot, haben sie sich offenbar geschworen, es den ganzen Gemeinlingen gleichzutun und aller Welt die Tür zu versperren. Von wegen, macht hoch das Tor, pah! Da kämen nicht einmal die heiligen drei Könige herein. Einer von denen hätte sich sowieso erst weiß anstreichen müssen.
Inwiefern vertragen sich überhaupt der Fremdenhass und die mal wieder ausgegrabenen Hitlerparolen mit der neuen Devise? Sollten wir nicht lieber zurück zu den arischen Wurzeln, den heidnischen Göttern? War das Christentum den Nazis nicht zu verweichlicht? Ach, und das Heilige Römische Reich gab es ja auch noch, was nicht einer gewissen Ironie entbehrt, wenn man bedenkt, dass im Rom der Antike Christen so gern den Löwen zum Fraß vorgeworfen wurden.

Es gibt noch weit mehr Dinge, die man dazu anmerken kann, die ich allerdings teils schon in anderen Weblogs zum Thema gelesen und daher nicht nochmal aufgewärmt habe. Ich weiß, so ein Eintrag ist nur ein Kampf gegen Windmühlen (oder nicht einmal das) und bloß meiner Frustration zu verschulden, dass ich nicht den Mut aufbringe, in der Bahn vor lautstarken jungen Männern aufzustehen und ihnen die Meinung zu geigen oder andere wildfremde Leute, deren Unterhaltungen ich unwillkürlich mitbekomme, von ihren falschen Annahmen abzubringen. Vielleicht würde es ja etwas bewirken. Oder man kriegt nur eine in die Fresse.

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Datum: 09.02.2015 17:46
~Zufälliger Weblogkommentar des Tages~

Ich finde die Ziele von PEGIDA echt nobel. Wir haben so viele Arbeitslose die uns so viel Ressourcen kosten und die kein richtiges Deutsch können (und keine ordentliche Bildung haben), all das Geld könnte in staatliche Projekte fließen. Um den größten Batzen davon auf einen Schlag los zu werden müsste man eigentlich nur die Mauer wieder hochziehen. BAM! Millionen Euro eingespart.
Seltsamerweise fand die Idee bei PEGIDA keinen Anklang. :(
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Datum: 10.02.2015 13:25
Danke für Deinen Weblog, man verzweifelt ja schon an der braunen Soße die da Montags auf die Strasse geht und glaubt das Volk zu sein. Fast alles was Du schreibst hätte ich genauso geschrieben (bis auf den Teil dass ich Nachrichten lese).





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Datum: 10.02.2015 14:16
@ Jim
> Um den größten Batzen davon auf einen Schlag los zu werden müsste man eigentlich
> nur die Mauer wieder hochziehen. BAM! Millionen Euro eingespart.

In den Köpfen gibt es die Mauer schließlich auch noch. Aber so kann man daraus keinen Profit schlagen. D: Ich schließe mich deiner Meinung voll und ganz an.


@ Q
> bis auf den Teil dass ich Nachrichten lese

Ich lese nur Den Postillon. Alles andere ist "Lügenpresse"!
Die Dinge, die wir zum Leben zwangen, schlagen zurück. Haben wir sie überreden können, Wirkung auszuüben, dann können wir sie nicht überreden, auf uns selbst keinen Einfluss zu haben.

Mangaverkauf etc.


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