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Complete Silence

von

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"Van! Folken ist wieder im Freudenhaus aufgetaucht, in dem du gestern warst!"

Merle stürzte aufgeregt in die Küche des Hauses, in der Van gerade beim verspäteten Abendessen saß. Der letzte Bissen blieb im fast im Halse stecken, als er Merles Ausruf verarbeitete.

"Bist du dir sicher?", rief er erschrocken und war schon am Aufstehen, als Dryden seine Hand auf Vans Schulter legte.

"Nicht so eilig, Van. Du bist mittlerweile hier bekannt und nach dir wird gesucht, falls du das vergessen haben solltest." Braune Augen musterten ihn eindringlich. "Wir müssen dafür sorgen, dass dir nichts passiert. Das hat nach wie vor oberste Priorität."

Merles Blick flog vom einen zum anderen. Sie ahnte bereits, dass ein neuer Streit entstand und legte die Ohren an. "Dryden...", setzte sie vorsichtig an, "...ich glaube Van ist durchaus in der Lage, sich bedeckt zu halten und zu verstecken. Außerdem ist es draußen bereits dunkel..."

Ein Krachen unterbrach ihre Rede, Vans Stuhllehne traf den Boden. Sie sah die Ader an seinem Hals pochen und duckte sich in Richtung Tür.

"Ich gehe dorthin, komme was wolle."

Seine tiefe Stimme schnitt durch den Raum und klang wie ein Donnergrollen. Er war zornig. Zornig auf Dryden, der ihn mit seinen Vorsichtsmaßnahmen noch zur Weißglut brachte, zornig auf Folken, der jetzt wieder auftauchte und zornig auf sich selbst, weil er einen Abend zuvor so verdammt unvorsichtig und dämlich gewesen war.

"Ich muss nur bis zum Hafen und in Boris' Schenke gelangen, von da aus kenne ich einen Geheimgang."

Mit diesen Worten verließ er die Küche und ging schnellen Schrittes in sein Zimmer. Er schnappte sich zwei Dolche und steckte sich diese in die Stiefel, sein Schwert in der Ecke des Zimmers ließ er unbeachtet. Seine braune Jacke zog er beim Verlassen des Raums über. Im Flur wäre er fast in Merle hineingerannt, die auf ihn wartete.

"Pass auf dich auf, Van. Fiore hat überall Soldaten auf ihren Streifen gesehen. Allens Leute sind wachsamer denn je...", sie senkte den Blick und sah zu Boden. Van legte ihr den Finger unters Kinn und hob ihren Kopf an.

"Bis jetzt bin ich doch immer wieder gekommen, oder nicht?" Er lächelte zuversichtlich und drückte kurz ihre Schulter, ehe er an ihr vorbei ging.

Sie sah ihm mit traurigen, blauen Augen hinterher und hörte nur noch das Klacken der sich schließenden Tür. Dryden trat auf den Gang hinaus und folgte ihrem Blick.

"Irgendwann bringt er sich noch richtig in Schwierigkeiten.", murmelte er und schlurfte schweren Schrittes in sein Studierzimmer. Dort angekommen, ließ er sich tief durchatmend nieder und wandte sich den Berichten zu, die ihm seine Spione zukommen ließen.

Die Aktivitäten der Zaibacher behagten ihm nicht und verursachten ihm Bauchschmerzen. Sie mussten langsam etwas dagegen unternehmen, aber ohne den Drachen konnten sie absolut nichts ausrichten. Und selbst wenn sie die Rüstung finden sollten war noch lange nicht gewährleistet, dass sie Gaia damit vor dem Untergang bewahren konnten.

Wie schon so oft in den Wochen und Monaten zuvor, kramte er wieder die alte Schriftrolle heraus, auf der die wenig bis nichts aussagende Legende in bereits teilweise verblichenen Buchstaben gekritzelt war.

 

„Der Drache möge in seiner Dunkelheit erwachen

und nur den Weg zu seiner Dunkelheit finden.

Doch mit ihr an seiner Seite wird er ruhen

und auf seinen Flügeln Wünsche geboren.“

 

Seit längerer Zeit schon grübelte Dryden über diese Sätze nach. Was bedeuten sie? Ist es wirklich nur eine Legende oder entsprachen sie der Wahrheit?

Van war schon lange auf der Suche nach dem Drachen, doch bis jetzt hatten sie nicht eine einzige Spur. Er erhoffte sich, dass sein Bruder mehr darüber wusste. Doch dazu musste er auch diesen erst einmal finden – es war zum verzweifeln.

Dryden war mit Sicherheit ein schlauer Kopf, aber diese vier Zeilen kosteten ihn noch die letzten Nerven, vor allem im Angesicht dessen, das ihn jedes Mal beim Anblick der Schriftrolle ein ungutes Gefühl überkam.

 

"Fin tein a loluca

en dragua selain..."

 

Die sanfte Melodie weckte Hitomi aus einer traumlosen Schwere. Müde hob sie ihre bleischweren Lider, der Raum lag verschwommen vor ihr. Sie musste ein paar Mal blinzeln, ehe das Bild langsam klarer wurde.

Langsam kam die Erinnerung zurück. Der Mann, der sich Folken nannte, hatte sie scheinbar wirklich mitgenommen. Das Zimmer war spartanisch und ihr fremd. Sie lag auf einer kleinen Pritsche, eine Kommode befand sich auf der gegenüberliegenden Seite an der Wand. Viel mehr Platz war in dem kleinen Raum auch nicht. Ein kleines Fenster zeigte nach draußen.

Als sie sah, dass sie quasi nichts sah, sprang sie erschrocken auf.

"Oh nein...", wisperte sie und legte die Hand an die Scheibe. Sie befand sich in der Luft, unter ihr schien Pallas zu liegen.

Sie drehte sich um, als sie Schritte vernahm die vor ihrer Tür hielten. Ein verhaltenes Klopfen ertönte.

Hitomi ging langsam zur Tür und öffnete sie einen Spalt.

Vor ihr stand die Frau mit den spitzen Ohren und den langen, silbergrauen Haaren. Sie hatte ein ernstes Gesicht, keine Regung zeigte sich in ihrem Ausdruck.

"Ich bin Sora. Mein Meister, General Folken, hat mir aufgetragen dich zu ihm zu bringen, sobald du erwacht bist."

Sie trat einen Schritt zur Seite und machte Hitomi Platz. Diese schluckte und ging langsam auf den dunklen Gang hinaus.

"Wo sind wir?", fragte sie leise, als Sora begann vor ihr her zu laufen.

Sora blickte mit gesenktem Blick über ihre Schulter auf die junge Frau mit den grünen Augen und wirkte nachdenklich.

"Wir sind in der fliegenden Festung von Zaibach.", erwiderte sie schließlich und blickte wieder nach vorne.

Hitomi und Sora kamen an ein paar Soldaten vorbei, die stoisch geradeaus schauten und sie keines Blickes würdigten. Bis ein Mann in roter Rüstung vor ihnen stand.

"Ist das das Mädchen, wegen dem der ganze Aufruhr hier stattfindet?"

Die honigblonde Frau sah ihn an und erschrak vor der blutroten Augen in seinem Gesicht. Dafür, dass er optisch eindeutig ein Mann war, klang die Stimme erschreckenderweise sehr weiblich.

"Dilandau. Bitte tretet zur Seite, damit ich unseren Gast zu General Folken bringen kann."

Sora wollte an ihm vorbeigehen, doch der Mann, der Dilandau hieß, packte sie am Arm und stieß sie an die Wand.

"Nicht so frech, du aufsässiges Ding. Sonst verspeise ich dich morgen zum Frühstück!"

Seine Hand packte ihr Kinn und drückte sie an die Wand.

"Dilandau!"

Ein scharfer Ruf unterbrach Dilandaus Handeln, er verdrehte seine blutroten Augen und ließ von Sora ab. "Folken. Wie schön."

"Entschuldigt sein Verhalten, meine Damen. Dilandau ist manchmal nicht ganz bei sich...", ein scharfer Blick aus den Augen des Generals traf den Soldaten. Dieser hatte nicht mehr als ein müdes Lächeln übrig und verschwand ohne ein weiteres Wort in einem anderen Gang, nicht ohne jedoch einen letzten schneidenden Blick auf Hitomi zu werfen und hämisch zu grinsen.

"Sora." General Folken drehte sich um und ging voran.

Hitomi war leicht überfordert, als sie den beiden hinterher lief. Wo ist sie hier nur gelandet? Dieser rote Soldat machte ihr fast noch mehr Angst, als der General. Er hatte eine unberechenbare Aura um sich und ihr Instinkt spielte bei seinem Anblick verrückt.

Nach dem beängstigenden Zusammenprall mit Dilandau versuchte sie sich den Weg einzuprägen, den sie gingen. Doch schon nach einiger Zeit hatte sie den Überblick verloren.

Sie konnte noch immer nicht glauben, was ihr hier geschah. Wie viel Zeit war vergangen, seitdem sie hier war? Draußen war es dunkel gewesen, als sie aus dem Fenster gesehen hatte. War es noch dieselbe Nacht, oder eine andere?

Der General riss sie aus ihren Gedanken, als er sie in einen großen, dunklen Raum führte.

"Tritt ein, Hitomi".

Seine dunkle Stimme legte sich um ihren Verstand, wieder spürte sie die eisigen Klauen in ihrem Geist. Wie von selbst bewegten sich ihre Beine in die Dunkelheit hinein. Nur vereinzelte Kerze mit blauen Flammen erhellten hier und da einen Winkel des Raums.

Unsicher blieb sie nach ein paar Schritten stehen und drehte sich in Richtung Tür.

Folken kam auf sie zu und sah ihr in die Augen. Ihr Geist war gefesselt in seinem Blick aus rostroten Augen.

"Spürst du die Veränderung?", fragte er schließlich mit dunkler Stimme.

"... Was? Was meint Ihr?" Hitomi wich einen Schritt zurück, doch schon packte er ihr Kinn mit seiner Hand und zwang sie dazu, ihm noch tiefer in die Augen zu sehen.

"Sieh hin..."

Und ihre Pupillen weiteten sich, die grünen Augen wurden leer.

 

"Vi fa-ru les shutai,

en riga-lint..."

 

 

Van schlich behände durch die Gassen. Er bewegte sich in und mit den Schatten, um den wachsamen Soldaten auf den Straßen zu entgehen.

Langsam, aber stetig näherte er sich der Schenke, die er heute Morgen erst entdeckt hatte. Dort angekommen, trat er nach kurzem Zögern ein. Die Schenke war schon gut besucht, viele Fischer und Händler waren hier zugegen, um sich an Asturias köstlichem Wein zu laben.

Van jedoch hatte für Alkohol keine Zeit und schleuste sich durch die Menschen hindurch zur unscheinbar wirkenden Holztür. Er blickte sich kurz um, ob ihn jemand beobachtete, um dann flink durch die Tür zu entwischen.

Er hatte Glück, denn auch hier befand sich niemand. Die Luke fiel im nur auf, weil er sie schon einmal benutzt hatte. Schnell sprang er in den Gang hinein und begab sich auf den langen Weg Richtung Ziel.

Beim Gedanken daran, dass er eventuell Hitomi über den Weg laufen würde, wurde ihm mulmig zumute. Man musste ihm doch ansehen, was er ein paar Stunden zuvor geträumt hatte... oder nicht?

Ihm wurde erneut heiß bei dem Gedanken daran und er schüttelte unwirsch den Kopf.

Er benahm sich wie ein unreifer Teenager und das konnte er jetzt wirklich nicht gebrauchen.

Nach dem langen Weg durch die Gänge kam er wieder in dem Raum an, in dem nach wie vor die Weinfässer gelagert waren. Als er Stimmen vernahm, duckte er sich schnell hinter eine Reihe besagter Fässer und verschwand im Schatten.

„Er hat sie einfach mitgenommen. Das die rote Dame so etwas zulässt. Was hat sie getan?“, wisperte eine junge Frauenstimme, die in Vans Ohren viel zu hoch und fast schon piepsig klang.

„Man munkelt, dass sie gestern dem Abaharaki-Mann zur Flucht verholfen hat, weißt du das nicht? Die rote Dame war sehr erzürnt und hat sie dem nächstmöglichen Mann verkauft, der sie wollte. Zufällig war das kein geringerer als der Zaibacher General.“

Van wurde gleichzeitig heiß und kalt. Hitomi? Verkauft an die Zaibacher? Das war doch wohl ein schlechter Scherz…

„Ist nicht wahr! Ist das der silberhaarige Mann, der die letzten Monate immer wieder mal herkam?“

Während sie sich die Frauen unterhielten, musste Van an sich halten, nicht aus seiner Deckung hervorzuspringen und sie weiter auszuquetschen. Auf der anderen Seite wusste er nicht, warum ihn das eigentlich so aufregte. Er kannte die grünäugige Frau im Grunde genommen kaum. Und trotzdem war er von Hass erfüllt. Dieser elende Verräter…

 „Ja, genau der. Er muss wohl schon länger mit der roten Dame verhandelt haben, was sie für Hitomi will. Bis jetzt war sie ihr aber viel zu sehr von Nutzen, als sie zu verkaufen. Aber du weißt ja, dass die rote Dame die Abaharaki hasst…“

Die Frauen hatten den Wein in ein kleines Fass umgefüllt, dass sie nun zusammen nach oben trugen. Van kauerte noch eine Weile in seinem Versteck. Der Weg hierher war also umsonst gewesen, so wie sie klangen, war sein Bruder nicht mehr hier.

Er lauschte noch eine Weile in die Stille, ehe er sich wieder auf den langen Rückweg machte. Wie konnte er die Zaibacher ausfindig machen? Er musste unbedingt zu Folken. Wenn er diese Frau unbedingt haben wollte, war sie wohl doch von größerer Bedeutung, musste sich Van entgegen seinem Willen eingestehen.

Und wenn dies so war, konnte er sie unmöglich in den Fängen der Zaibacher zurücklassen. Doch wie machte er sie ausfindig? Während seines Rückweges zermürbte er sich den Kopf mit möglichen Plänen, die er jedoch alle wieder verwarf.

Wahrscheinlich war es doch ratsamer, erst mit Dryden zu sprechen, so sauer ihm dies auch aufstieß.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Zum Schluss möchte ich noch kurz anmerken:
Weder das eingefügte Lied, noch die "Legende" stammen von mir. :)
Das Lied ist "Soras Song" aus dem Escaflowne Movie, die Legende stammt ebenfalls daraus und wurde von mir frei übersetzt. Englisch hätte wesentlich besser geklungen, aber hätte jetzt überhaupt nicht die ansonsten deutsche Geschichte gepasst. :/

Ich hoffe, euch hats gefallen :)
Liebe Grüße,
Lun Komplett anzeigen

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