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The Splintered Truth

von

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Orange X --- Der Exorzist

[Daniel]
 

Ein lautes Poltern hatte ihn geweckt. Mit Mühe öffnete er seine Augen. Sein Kopf brummte noch. Sein Nacken war ein wenig steif. Sonnenstrahlen berührten seine Wangen.
 

Demotiviert rappelte er sich auf. Mit einem Seufzen stand er vom Bett auf. Er zog sich seine Kleidung von gestern an, dann besuchte er das kleine Bad im Raum. Es war eine kleine Kammer mit einem Waschbecken, einem Spiegel, einer Duschzelle und einer Toilette.
 

Ein wenig später in Daniels Zimmer:
 

Mit leicht erkennbarer dunkelblauer Haut unter seinen Augen begutachtete der Junge sich im Spiegel. Der Zustand seines Körpers war aber nicht das, was ihn im Moment beschäftigte. Die Erinnerungen von der schrecklichen Kreatur geisterten ihm noch im Kopf herum. Je länger er darüber nachdachte, desto weniger wollte er länger in den Spiegel schauen. Die Kreatur könnte im nächsten Moment hinter ihm im Spiegel auftauchen.
 

‚Nein… das macht keinen Sinn.‘
 

Kurz schloss er seine Augen, atmete tief durch und fasste sich Mut. Wieder schaute er in den Spiegel. Er fühlte sich nun ein klein wenig besser.
 

Mit seinem Finger fuhr er vorsichtig seine Tränensäcke ab.
 

‚Ob das schädlich ist? Muss ich da zum Arzt?‘ Vorsichtig tippte er die Haut an.
 

‚Vielleicht Kalzium… oder doch… eine Creme?‘ Während er halb weggedreht seine Augenringe untersuchte, fiel sein Blick auf die Tür – die auf den Gang führte – und auf die Haken daneben.
 

‚Habe ich da nicht meine Jacke hingehängt?‘ Verwundert schaute er zu Boden.
 

Er griff nach seiner Jacke, die nicht am Haken geblieben war, sondern nun auf dem Boden lag.
 

‚Oh.‘
 

Er fühlte sich ein wenig unbeholfen, als er versuchte seine Jacke anzuziehen. Ihn ließ dieses Gefühl unzufrieden zurück. Durch den wenigen Schlaf fühlte er sich nicht wohl. Sein Körper ließ ihn das spüren.
 

Er versuchte noch sein wuscheliges Haar zu glätten, bevor er das Zimmer verließ, aber Daniel gab nach wenigen Minuten auf.
 

Mit dem Festziehen des Gürtels fühlte sich Daniel bereit das Zimmer zu verlassen.
 

Er trat nach Draußen, auf einen etwas älteren Teppich.
 

Er blickte daraufhin in einen dunklen Gang, der im Moment von Sonnenlicht in Form von Vorhängen an einem Fenster – am Ende des Ganges - abgeschirmt wurde. Rechts von ihm führten Treppen um eine Ecke hinab zur Galerie in der Eingangshalle. Von unten hörte er Lärm und Stimmen. Auch strahlte ihm Tageslicht von dort entgegen.
 

Langsam trat der Junge die Treppenstufen hinab.
 

‚16 Stufen waren das jetzt oder?‘ Er blickte zurück auf die hölzerne Treppe, die jedes Mal ein leichtes Knarzen von sich gab, wenn er sein Gewicht verlagerte.
 

Beim Voranschreiten kam er dabei an ein paar aufgestellten Bildern auf Regalen vorbei. Einfache gerade Holzbretter, die waagrecht an die Wand montiert waren. Interessiert begutachtete er die Fotografien. Sie schienen schon ein bisschen älter zu sein, zumindest nahm er dies an, als er sich den Staub auf den Glasoberflächen anschaute.
 

‚Sind das... andere Leute von hier?‘ Er ging näher mit seinem Körper heran, um sich die Details der Bilder anzuschauen. Diese Bilder wirkten wie Portraits oder wie Gruppenbilder. Eines der Rahmen - welches umgefallen war und dadurch das Bild verbarg - stellte Daniel wieder auf. Er konnte den umgefallenen Rahmen nur sehen, weil er zum Glück so groß war wie die Höhe des angebrachten Regals.
 

Er richtete die Bilder mehrmals aus, bis sie synchron zueinander auf den anderen Regalen standen. Etwas angeekelt betrachtete er den Staub zwischen seinen Fingern. Er strich den Staub an seiner Kleidung ab.
 

Auf dem aufgestellten Bild waren zwei sportliche jugendliche Mädchen mit schulterlangem Haar zu erkennen, die vor einem älteren kräftigeren und glatzköpfigen Mann im schwarzen Anzug standen. Alle Personen schienen auf dem Bild mit ernster Haltung zu posieren. Der ältere Mann trug unter seinen schwarzen Anzug ein weißes Hemd und mehrere Ringe an den Fingern. Sein Blick war autoritär. Eines der Mädchen hatte langes schwarzes Haar, einen ungewöhnlichen militärischen Kleidungsstil – als ginge sie zugleich zu einem Einsatz - und keinerlei Schmuck am Körper. Ihr Blick war leer. Daniel konnte es nicht richtig beschreiben. Das Mädchen wirkte so, als wäre sie nicht anwesend. Das andere Mädchen auf dem Bild hatte langes rotes Haar, einen nicht aufreizenden Kleidungsstil und einen strengen selbstbewussten Blick. Beide wirkten ähnlich, als wären sie verwandt. Die rothaarige Jugendliche starrte in die Kamera, während die schwarzhaarige Jugendliche ihre Arme verschränkte und ihren leeren Blick leicht zur Seite neigte. Sie schien etwas anzuschauen. Der ältere kräftige Mann im Hintergrund des Bildes – Daniel schätze ihn um die Mitte 40 ein – schien dem rothaarigen Mädchen etwas zu überreichen, ohne dabei seinen Blick von der Kamera zu lassen. Seine Haltung wirkte bewusst und konzentriert. Daniel konnte das Überreichte nicht genau erkennen, denn eine Spiegelung im Bild verdeckte das Innere des gläsernen Rechtecks, welches überreicht wurde. Es könnte jedoch - nach der Form zu urteilen - eine Auszeichnung sein.
 

Daniels Blick ging wieder zum dem älteren Mann im Hintergrund.
 

‚Moment mal. Wo habe ich diesen Mann schon einmal gesehen?‘ In seinem Gedächtnis, das noch leer und aufgeräumt war, fand er schnell die Quelle dieser gesuchten Erinnerung.
 

‚Genau die Zeitung von gestern! Der war doch einer der genannten Politiker von Festa, oder? Mh… ich muss da noch einmal reinschauen.‘ Daniels Blick wanderte weiter zu einem benachbarten Bild. Auf diesem waren ein Haufen Jugendliche unterschiedlichem Alter zu erkennen. Das Bild ähnelte einer Schulklasse.
 

‚15 Personen.‘ Auch auf diesem Gruppenbild schienen alle für das Bild zu posieren. Daniel erkannte sofort dieselbe rothaarige junge Frau mit ernster Miene, jedoch ein wenig älter. Sie stand links auf dem Gruppenfoto. Es herrschte ein bisschen Abstand zwischen ihr und den Jugendlichen auf dem Bild. Daniel suchte die Gesichter ab, aber niemand schien ihm bekannt vorzukommen. Daniel erkannte jedoch den Hintergrund. Es war die Eingangshalle von diesem Gebäude gewesen.
 

‚Sehr viele Leute sind hier in der Gilde, oder? Wohnen die zum Teil hier?‘ Daniel schaute zurück, die Treppen hinauf. Bisher hatte er hier nicht allzu viele Leute getroffen und kennengelernt.
 

Die einzigen Personen, die er hier in diesem Dorf in der kurzen Zeit kennengelernt hatte – außer seinen Bekannten Max und Tina – war der komische Fischer, der ihn das Leben rettete, seine Frau und Linda. Daniel hatte Linda erst gestern Abend nach dem ganzen Chaos mit dem Monstrum kennengelernt. Sie hatte gestern Abend die beiden Jungs noch aufgesucht. Aber sowohl Max als auch er waren zu müde gewesen, um ein langes Gespräch zu führen. Linda hatte den beiden dann jeweils ein Zimmer zugewiesen. Am nächsten Morgen sollten die beiden Jungs sie aufsuchen. Daniel würde jetzt diesem Wunsch nachkommen.
 

Er wandte sich nun von den Bildern ab und er ging die letzten Stufen zur Galerie herab. Das grelle Tageslicht – zum Teil reflektiert durch die gläserne Eingangshalle – begrüßte ihn.
 

Seine Hände nah bei sich lief der Junge zum Geländer. Er blickte hinab in die Eingangshalle. Lärm von Klopfen, Sägen und Maschinen drang ihm an sein Ohr. Er schien sich zu erinnern dies auch schon zuvor wahrgenommen zu haben.
 

Er konnte vier Personen nahe der halbrunden Treppe erkennen. Max, Linda und zwei sportliche Männer. Einer davon gut gebräunt, in einem weißen Muskelshirt gekleidet mit einer eingehängten Sonnenbrille darin. Der andere war etwas dünner, dennoch genauso sportlich und in einem normalen schwarzen T-Shirt mit dunkelblauer Jeans gekleidet. Die beiden Männer arbeiteten derzeit an einer Art hölzerner Theke. Im Eck neben der halbrunden Treppe und in Richtung zu einer Tür waren ein paar Holzbauten bereits aufgebaut worden. Maschinen und Werkzeug standen verstreut herum.
 

Max stand links von der Treppe.
 

Linda stand neben ihm.
 

Plötzlich schaute sie nach oben, als Daniel sich in Richtung Treppe bewegt hatte. Daniel hatte diesen schnellen Blick nicht erwartet. Es fröstelte ihn ein wenig.
 

„Gut, dass du nun auch endlich hier bist!“ Sie streckte ihre rechte Hand aus und sie forderte ihn zu sich. Die rechte Handfläche in seine Richtung gestreckt, bewegte sie ihren ausgestreckten Zeigefinger in ihre Richtung. Daniel bekam den Drang sie nicht warten lassen zu wollen.
 

Ein paar Minuten später in der Eingangshalle:
 

Nachdem Linda Daniel und Max offiziell in der Gilde willkommen hieß sowie die wichtigsten Grundlagen erläutert hatte, verschränkte sie ihre Arme ineinander. In ihrem Ausdruck war etwas Forderndes.
 

„Noch irgendwelche Fragen?“ Flüchtig schaute sie die beiden Jungs an, aber als sich keiner rührte, betrachtete die Gildenmeisterin die neuaufgebaute Theke – an dem die beiden jungen Männer mit Maschinen arbeiteten und so immer wieder für ein wenig Lärm sorgten. Linda formulierte in knappen Sätzen neue Anweisungen – darunter bezüglich auch das Thema Lautstärke - die die jungen Männer mit einem beiläufigen Ja beantworteten.
 

Die beiden jungen Männer wurden von Linda als Engl und Noju vorgestellt.
 

‚Scheinen mir alle recht freundlich zu sein.‘ Daniel beobachtete bei dem Gedanken eines der Holzbretter, welches nur mit einem Nagel senkrecht an der Tischplatte befestigt war. Die benachbarten Holzbretter rund um die Theke waren jeweils mit zwei Nägeln befestigt.
 

‚Mh… 21 Holzbretter…, aber nur eines mit einem Nagel… das beeinflusst die Stabilität.‘ Ein innerlicher Drang zwang ihn seine rechte Hand zu heben.
 

Bevor Daniel zu Wort kam, sprach Max – der neben ihm stand:
 

„Ja… dann… ähm…“ Linda betrachtete ihn mit schmalen Blicken. Sie öffnete kurz ihren Mund, schloss ihn aber dann wieder. Sie zog ihre Augen daraufhin marginal näher zusammen.
 

„Also ich weiß nicht was… ähm das Monstrum wollte, aber er kam nah heran. Mit… ähm Licht äh… aus den Taschenlampen war es wieder weg. Ähm… da kam ähm… dieses äh. Dieser Typ und beobachtete uns einfach. Der verrückte Typ starrte wie verrückt… uns… äh aus dem Busch an.“
 

Linda schwieg ein paar Sekunden, dann wechselte sie ihre Arme aufeinander.
 

„Solange ihr hierbleibt…, dann wird nichts passieren. Also heute nicht rausgehen. Die Polizei kümmert sich schon um diese Geschichte mit dem Schatten. Sie melden sich dann, wenn alles geklärt ist.“ Die Gildenmeisterin hatte einen zornigen Ausdruck, als sie diese Worte formulierte. Daniel bekam beim Zuhören kein sicheres Gefühl.
 

Max schaute Linda unzufrieden an.
 

Er begann mit seinen Händen zu gestikulieren. Er formte mit seinen Händen eine imaginäre Person, während er immer wieder an Linda vorbeischaute. Erwirkte nervös.
 

„Und dieser Mantelträger… äh… Typ aus dem Busch. Ich meine nicht den Wissenschaftler… äh oder so, sondern den anderen… ähm… den anderen Mantelträger aus dem Wald. Der eine Weile uns anstarrte und er hat dann … äh mich schockiert angeschaut, als ich ihn sah. Äh… er wirkte so überrascht, dass ich ihn gesehen habe. Äh…, dass das gehört alles zusammen, glaube ich.“ Max wurde beim Reden schneller, sodass es Daniel am Ende schwerfiel ihm gut folgen zu können.
 

Für einen Moment schweifte Daniel ab, während die beiden weiterredeten. Er versuchte sich an den Abend zu erinnern. Diese genannte Person hatte er nicht wirklich wahrgenommen. Max hatte ihn mehrmals erwähnt. Ihn versucht zu beschreiben.
 

„…ja! Da war jemand noch. Nicht der Wissenschaftler… ähm…, sondern noch einer. Da war noch einer!“ Max klang inzwischen sehr energisch und gestresst.
 

Linda verzog langsam ihre Miene. Ihr Blick ging leicht zur Seite. Ihre Zähne knirschten für einen Moment lang aufeinander.
 

„Da war also wirklich jemand?“ Max sah Linda mit einem enttäuschten Ausdruck an. Kurz schaute sie zu Daniel. Dieser nickte aus Reflex. Linda wurde daraufhin noch nachdenklicher:
 

„Neben Will war… also noch jemand da? Er war also wirklich nicht allein dort? Das ist…“ Linda schaute für einen Moment zur Seite. Ihr Körper spannte sich an und die Adern an ihren Handoberflächen bogen sich unter ihrer Haut empor, sodass sie sich leicht herausdrückten. Ihre Adern wurden für einen Moment dunkler. Als wäre ihr Blut pechschwarz geworden.
 

Ein kleiner Schauder ging Daniel über den Rücken bei diesem Anblick. Nach einem kurzen Blinzeln wirkten ihre Handoberflächen wieder entspannter und hautfarbener. Sie erhob ihre rechte Hand und sie deutete mit ihrem Zeigefinger in Richtung Boden.
 

„Den komischen Manteltypen aus dem Wald einfach ignorieren – auch den Wissenschaftler - Jungs und auch das Monstrum… nicht aufsuchen! Ihr ruft bei irgendeinem weiteren Zwischenfall die Polizei mit dem Telefon aus der Küche. Nicht rausgehen, klar? Ich werde nachher mit euch auch noch einmal reden, deswegen bleibt ihr für heute hier.“ Sie ging im Anschluss zu den beiden Männern an der Theke.
 

„Tsss. Die anderen dürfen gehen, aber wir nicht.“ Begann Max genervt. Ein wenig Wut widerspiegelte sich in seinen Augen.
 

‚Die anderen?‘ Daniel dachte kurz an Tina, bis Max anfing zu grummeln:
 

„Das habe ich mir… äh… nicht eingebildet. Der Typ war wirklich im Busch äh… Wald. Wirklich!“
 

‚Und das Monstrum da draußen auch. Linda hat Recht. Es ist besser hier drin zu bleiben. Es ist zu gefährlich.‘ Daniel ließ seine Gedanken unausgesprochen.
 

„Ha…, wenn der Junge jemand gesehen hat, dann wäre es doch bestimmt interessant herauszufinden, wer es war?“ Noju stellte einen eisernen Werkzeugkoffer auf die Tischplatte. Es gab einen kurzen Knall und die Tischplatte gab ein lautes Knarzen von sich.
 

„Keine Kratzer in die Tischplatte!“ Ein kurzes Zischen kam Linda über die Lippen. Noju gab ein nervöses Lächeln von sich.
 

„Nun…, wenn der erwähnte Kollege durch ihn wiedererkannt werden kann, dann knöpfe ich mir gern vor. Der wird schon reden. Ich bin da gut drin.“ Engl kletterte unter der Tischplatte hervor. Er hatte zuvor mit einer Tischsäge ein rechteckiges Loch in die Platte gesägt. Als er fertig war, hatte er mit einem Schleifpapier die Späne entfernt.
 

Nachdem er aufstand, schlug Engl mit seiner rechten Rückhand gegen die Schulter von Noju. Engl gab Noju etwas mit einem kurzen bösen Blick zu verstehen, während er mit seiner anderen Hand auf den Werkzeugkasten deutete.
 

„Niemand wird hier vorgeknöpft. Ihr beide baut hier nur die Theke auf. Ist das klar!?“ Linda wurde lauter beim Reden. Ihre Stimme klang leicht kratzig. Kurz darauf stachen Adern an ihrer Schläfe empor. Sie atmete im Anschluss aus.
 

Engl legte seine Tischsäge ab. Kurz darauf schnellte seine rechte Hand nach oben. Geradeaus zeigte er an Linda vorbei.
 

Noju schaute ebenfalls an Linda vorbei:
 

„Ah… ein Kunde?“
 

In dem Moment, in dem sich Linda umdrehte, öffnete jemand die gläserne Eingangstüre. Er betrat daraufhin die Halle. Die Miene von Linda verzog sich schnell.
 

Ein junger bartloser Mann mit einem pechschwarzen Zylinder und einem dunkelblauen - mit goldenen Sternen verzierten Umhang - setzte seinen Gang in Richtung des Halleninneren fort. Er trug unter dem Mantel einen schwarzen Anzug mit passender Anzugshose. Seine schwarzen Schuhe wirkten so, als wären sie erst heute Morgen poliert worden.
 

„Hey Linda…“ Erklang eine hohe männliche Stimme.
 

„Schnauze! Jetzt drehst du dich gleich wieder um und verschwindest sofort!“ Linda zeigte zurück zum Eingang. Es lag eine Menge Energie in ihrer Stimme. Der junge Mann stoppte. Engl und Noju richteten sich auf. Engl ließ seine Finger knacken und Noju fuhr sich über seinen leicht erkennbaren Dreitagebart am Kinn und murmelte:
 

„Den kennt man doch von irgendwoher!“
 

„Kai Blitz mein Alias. Erfolgreicher Mentalist, Illusionist und Exorzist aus Festa, vielleicht sogar weltweit.“ Er macht eine leichte Verbeugung, während er seinen Zylinder festhielt. Er lächelte die Anwesenden verschmitzt an.
 

‚Er sieht aus wie ein Zauberer, aber er meinte… Exorzist? Also… das mit den Geistern?‘ Daniel schauderte es bei dem Gedanken. Zudem begann er die goldenen Sterne auf dem Mantel zu zählen.
 

Linda trat ein Schritt näher an ihn heran und etwas panisch wich der Zylinderträger zurück:
 

„Ah warte! Ronin schickt mich! Ich bin auf Wunsch von ihm hier. Nicht wegen das was du denkst.“ Linda stoppte langsam. Ihre Hand in Reichweite seines Kragens.
 

Schweiß bildete sich auf seiner Stirn und zudem drehte er sich leicht zur Seite.
 

„Ja…“ Begann er vorsichtig.
 

„Ich komme zum Punkt. Ich bin hier um mich dem Monstrum von Orange anzunehmen… unentgeltlich versteht sich. Alles abgeklärt mit Ronin.“ Kai Lächeln wurde wieder stabiler.
 

„Ist das der, den du gesehen hast… im Wald?“ Engl stellte sich zwischen Daniel Max. Der Mann war mindestens zwei Köpfe größer als Max und mindestens einen Kopf größer als Daniel.
 

„Nein… der Mann hatte äh… glaube ich… ähm einen Schnauzer? Nein… er hatte keinen Bart, aber er wirkte älter… und…“
 

„Nun gut.“ Unterbrach Engl Max. Daniel hörte von Max ein leises Grollen.
 

„Dann geh‘ doch zum Bürgermeister. Der sucht doch Lakaien für sein neustes außer Kontrolle geratenes Problem.“ Linda verschränkte ihre Arme. Sie baute sich vor Kai so auf, als würde sie ihn nicht vorbeilaufen lassen oder ihn zusammenfalten, falls er es tun sollte.
 

Kai zeigte erfreut auf Max.
 

„Das ist gut. Genau deswegen bin ich hier. Also… nicht wegen der Bürgermeister, sondern wegen der Wahrheit.“ Linda lachte kurz zynisch.
 

„Ja… wirklich! Ich bin hier, weil ich auch mit Ronin darüber geredet habe. Ich wollte nämlich nur mit euch reden und nicht unbedingt mit den… ganzen Politikern. Ihr versteht.“ Kai räusperte sich. Er hatte während seiner Ansprache seine beiden Hände gehoben und seinen Zeigefinger sowie Mittelfinger gleichzeitig nach vorn gebogen. Es wirkte so, als würde er seine Worte zynisch mit Gestiken unterstreichen wollen.
 

„Kann man dem trauen, Chefin? Oder soll der jetzt mal dringend frische Luft schnappen?“ Engl ging ein paar Schritte nach vorn. Er ließ dabei seine Finger immer wieder knacken.
 

„Nein!“
 

Wieder trat Engl einen Schritt nach vorn. Kai wich geschockt zurück.
 

„Nicht destotrotz darf er reden und ihr kümmert euch um das Ganze. Er ist aber nur ein guter Schwätzer und…“
 

„Exorzist!“ Kai fuhr mit seiner Hand leicht vor sich durch die Luft. Er lächelte dabei.
 

„Hatte er dich nicht kontaktiert? Er hat mich geschickt. Hat er dir wirklich nichts davon gesagt?“
 

Linda machte plötzlich eine Kehrtwende und sie ging an Engl, Daniel und Max vorbei. In einer erhöhten Geschwindigkeit eilte sie die halbe Treppe hinauf zur Galerie.
 

„Eure Sache. Ich habe ab jetzt nichts mehr damit zu tun. Meine Anweisungen kennt ihr ja, aber wenn der Schatten dennoch verschwindet, dann…“ Sie verschwand in ihrem Büro.
 

‚Äh… was? Ich verstehe das jetzt nicht? Was meinte sie?‘ Daniel schaute verwirrt um sich. Noju schloss zu Engl auf. Beide standen nun bedrohlich vor dem Zylinderträger, als würden sie ihn gleich packen und ihn aus dem Gildenhauptquartier zerren wollen.
 

Kai wich weiter nervöser zurück. Seine Hände blieben beide in die Luft. Seine Handflächen den beiden jungen Männern entgegengestreckt.
 

„Also… war das jetzt ein Ja? Kann ich hier ein paar Fragen stellen und mein Anliegen näher erläutern? Es geht wirklich nur um einen Informationsaustausch und ein klitzekleines Hilfeangebot an euch. Am Ende wird euer Monstrum weg sein.“
 

Noju trat nah an ihm heran. Seine rechte Hand wanderte hoch zu seinem Zylinder und nahm ihm diesen weg. Wenig später drückte er ihm den Zylinder in die offenen Hände, ohne den Zylinder zu zerdrücken.
 

„Du bist doch Mentalist, dann hast du das bestimmt verstanden, nicht wahr?“
 

Kai nickte nervös.
 

„Ja…, aber… äh…“ Er räusperte sich erneut. Dies schien ihn zu entspannen. In Sekunden war seine Anspannung verschwunden. Sein Lächeln wurde erneut stabiler.
 

„Nun… ich meine das alles hier sehr ernst. Ronin meinte, dass dieses Monstrum – der Schatten wie ihr ihn nennt – Probleme macht. Ernsthafte Probleme und das steigend. Angeblich ließe er sich bisher nicht wirklich exorzieren, aber das macht keinen Sinn. Hier stimmt etwas nicht, aber ich brauche Informationen und… ich weiß, dass eure Gilde bei allem Möglichen helfen kann, auch hier. Also gut im Sinne von ehrlich. Ich kenne zwar euch beide nicht, aber Linda… und Ronin. Beides super Leute, denen man ihr Leben anvertrauen kann.“
 

Engl brummte genervt. Noju ließ seinen Kopf erst nach links dann nach rechts in den Nacken fallen.
 

„Linda schien aber dich nicht ausstehen zu können.“ Er stoppte seine Bewegungen.
 

„Aber nicht destotrotz würde ich gern wissen was du zum Schatten zu sagen hast. Du bekommst zwanzig Minuten von uns, dann möchte ich von dir eine vernünftige Lösung haben.“
 

Kais Lächeln wurde wieder unruhiger.
 

Einige Minuten später in der Eingangshalle an einem großen runden Tisch:
 

Engl hatte Max und Daniel verdonnerte Bier zu holen und heißes Wasser für einen Tee aufzusetzen. Die drei jungen Männer sahen an einem der großen runden Tische in der Eingangshalle. Als die beiden Jungs aus der Küche kamen, hatten die drei schon mit einem Gespräch begonnen.
 

Kai war ein sehr lauter Redner, zudem sprach er sehr deutlich. Daniel war ein wenig fasziniert wie eloquent er manchmal sprach.
 

„Genau… das ist an sich nicht schwer. Es sind aber zwei Bedingungen notwendig, die erfüllt werden müssen. Auch!“ Kai lehnte sich nach vorne, während sein rechter Zeigefinger über die Tischplatte fuhr.
 

„Mit der neuen Info von euch. Ich kann erst arbeiten, wenn das alles geklärt ist.“
 

Engl saß mit verschränkten Armen auf dem Stuhl gegenüber. Er riss Max sofort das Bier aus der Hand. Öffnete das Bier an der Tischplatte, während er dabei eine Kerbe in der Platte hinterließ. Der Bierdeckel rollte über den Boden.
 

„Das klingt eher so, als tun wir am Ende die Arbeit.“ Noju saß auf einem Stuhl neben Engl. Er forderte mit einer Handbewegung ein Bier zu sich. Max stellte genervt das zweite Bier nahe Noju auf der Tischplatte ab. Daniel stellte die Thermoskanne mit dem heißen Wasser neben Kai ab. Daneben eine Tasse mit Untersetzer.
 

Kai erhob seinen Zeigefinger vom Tisch:
 

„Ich bin allein hier… ohne Team. Ich mache das hier ganz… in meiner Freizeit. Ich brauche nun die Unterstützung von euch. Es ist zwar eine größere Bitte, aber ihr müsstet nur…“
 

Engl ließ seine linke freie Hand flach auf den Tisch fallen:
 

„Also was ist der Auftrag? Du weißt…, wenn du uns bezahlst, können wir darüber reden.“
 

Kai verzog ein wenig sein Gesicht, aber schnell huschte wieder ein Lächeln herbei. Zeitgleich holte er unter seinem Anzug einen Stoffbeutel empor. Aus dem Stoffbeutel ließ er ein unbekanntes getrocknetes Kraut in das Tasse rollen. Im Anschluss goss er das heiße Wasser hinein. Sein Zeigefinger ging im Anschluss wieder nach oben. Dieses Mal fuhr er über den schwarzen Zylinder, der im Moment auf der Tischplatte stand.
 

„Das Unentgeltliche ist quasi mein Entgegenkommen. Ich verlange kein Geld für meine Arbeit. Aber wenn ihr was haben wollt, dann geht zum Bürgermeister oder verlangt Gebühr im Nachhinein von Ihnen. Der Bürgermeister hängt doch eine Belohnung dafür aus.“ Engl grummelte. Kai setzte jedoch sofort einen weiteren Satz hinterher:
 

„Nun Eins. Wo wird der Schatten garantiert auftauchen? Wo ist seine Quelle. Eine Art Regenerationspunkt. Das was ihn an diese Realität bindet. Dazu habe ich leider nichts bisher gefunden.“ Die Augenbrauen von Engl zogen sich zusammen, während er einen großen Schluck von seinem Bier nahm. Er wollte wohl gerade zu weiteren Worten ansetzen, aber Kai übernahm wieder die Führung des Gesprächs:
 

„Ein Beispiel… meistens ist es immer der Friedhof oder der Keller eines verrückten Spiritualisten, aber… das habe ich schon überprüft. Ihr habt hier keinen bekannten oder gesuchten Spiritualisten oder etwas in dieser Art.“
 

„Willst du uns verarschen? Du hast es doch schon selbst gesagt, … vor ein paar Tagen wurde erst jemand auf dem Friedhof von dem Geist angegriffen… am Tag. Ihm quasi das Leben ausgesaugt. Er liegt seitdem ohnmächtig auf der Krankenstation.“ Kai hatte gestoppt, als Noju ihn unterbrach. Interessiert blickte er ihn an.
 

„Ja! Das kannte ich noch nicht. Kam das nicht in der Zeitung?“
 

„Keine Ahnung. Ich habe die letzte Ausgabe nicht gelesen.“ Noju nahm nun auch einen Schluck von seinem Bier.
 

Daniel bekam plötzlich den Drang etwas mitzuteilen:
 

„Nein! In der letzten Ausgabe von gestern stand dazu nichts! Ich habe alle acht Seiten der Zeitung durchgelesen“ Kai hob seine beiden Hände in die Luft und er ließ jeweils zwei Finger senken beim nächsten Wort:
 

„Seltsam, nicht?“ Er senkte seine Hände wieder.
 

„In der heutigen sowie vorgestern auch nicht. Wäre aber so etwas nicht Erwähnenswert? Ich meine… der Friedhof ist doch ein gängiger Ort für die Bewohner von Orange?“
 

Noju stellte sein Bier ab:
 

„Nicht unbedingt. Wenn sie einfach keine Panik verbreiten wollen.“
 

Kai lehnte sich vorn, während er mit seiner linken Hand den Henkel der Tasse berührte.
 

„Hier in dieser kleinen Stadt? Und… jetzt ist bestimmt der Friedhof doch als Ersatz abgesperrt? Nein… und so wie ich diesen kleinen verfluchten Ort kenne, so verbreiten sich Gerüchte wie ein Lauffeuer. Ich glaube wir könnten hier von einem bewussten Schweigen ausgehen.“
 

Noju runzelte ein wenig mit der Stirn.
 

„Manipulation? Meinst du die sollten das bewusst nicht drucken?“ Kai sah Noju prüfend an. Während er seine rechte Hand hob und zwei Finger beim nächsten Satz leicht senkte:
 

„Wegen einem Geheimnis. Also… eher gesagt wegen dem Verantwortlichen, der irgendetwas mit diesem Monstrum… Schatten zu tun hat Und das auf dem Friedhof.“ Er lehnte sich daraufhin zurück.Noju schaute nachdenklich zur Seite. Wieder strich er über sein Kinn.
 

Noju und Engl tauschten Blicke aus. Mit bestimmten Gestiken schienen sie sich zu unterhalten, was Daniel jedoch nicht verstand. Im Anschluss nickte Engl. Engl widmete sich wieder Kai:
 

„Ich habe einen Typen beobachtet wie dieser gezielt zum Friedhof ging. Der Schatten tauchte wenig später dort auf und attackierte einen Zivilisten. Es wird wohl Zeit dem Ort einen Besuch abzustatten.“ Engl nahm im Anschluss einen kräftigen Schluck aus seinem Bier.
 

„Und da kommen wir zu der zweiten Bedingung, die meisten notwendig ist für eine Exorzismus.“ Kai sah zu allen Anwesenden.
 

„Den Verantwortlichen. Wer auch immer dafür verantwortlich ist, der wird diesen Ort häufig aufsuchen und bewachen. Wir müssen aber wissen wer das ist, um böse Überraschungen zu vermeiden.“ Er nahm daraufhin vorsichtig einen Schluck von seiner Tasse. Er stellte jedoch die Tasse schnell wieder ab. Kai hatte sein Gesicht leicht verzogen und seine Lippen abgewischt.
 

Es herrschte einen Moment lang Stille.
 

„Verantwortlich? Sollen wir das etwa für dich herausfinden?“ Noju schaute zu Max, der ihm nervös entgegenschaute.
 

Wieder probierte Kai einen Schluck aus seiner Tasse Tee zu trinken, aber er wurde unterbrochen als Noju seine flache Hand auf den Tisch niederknallen ließ.
 

„Dann Mister Exorzist. Du kannst sicher dieses Ding exorzieren, wenn wir den Verantwortlichen identifizieren können?“
 

„Die Quelle und keinen Störenfried mehr, dann hab‘ ich das Monstrum in weniger als einer halben Stunde zurückgeschickt, wo es hingehört.“ Kai schmunzelte genügsam.Noju dagegen wirkte skeptisch:
 

„Dann kennst du ja schon die Hintergrundgeschichte vom Schatten?“
 

Kai setzte sich seinen Zylinder auf und richtete ihn aus, nahm einen großen Schluck aus seiner Tasse und er schaute selbstbewusst auf.
 

„Nun das!“ Der rechte Zeigefinger von Kai ging wieder in die Luft.
 

„Tja… das habe ich schon erfahren, aber…“ Er lächelte wieder verschmitzt.
 

„…das ist ein Informanten-Geheimnis. Ich wurde darum gebeten.“
 

Im nächsten Augenblick schwiegen sowohl Engl, als auch Noju.
 

„Mhhh.“ Engl ließ seinen Nacken knacken.
 

„Also zusammengefasst begleiten wir dich jetzt zum Friedhof und wenn da dein Störenfried auftaucht, sind wir zuständig das Problem zu lösen?“
 

Kai nickte.
 

„Im Idealfall finden wir den Störenfried, bevor er… stört.  Aber Zeit spielt eine Rolle, daher müssen wir uns damit vergnügen direkt zur Quelle zu gehen. Wir locken den Verantwortlichen schon an, wenn wir uns an seiner Quelle bedienen.“ Kai nahm einen weiteren Schluck aus der Tasse, dann stand er auf.
 

Noju zeigte plötzlich auf Max und dann auf Daniel.
 

„Nun… wir haben hier jetzt den Vorteil, dass wir das Gesicht des Typen kennen. Ihr beide kommt mit und sobald wer zum Friedhof kommt, dann identifiziert ihr ihn, klar!“ Ein wenig einschüchternd wirkte die Stimme von Noju auf Daniel.
 

Max und Daniel nickten vorsichtig.
 

‚Ich soll mit? Wuahh… raus zu dem Monster? Haaa…‘
 

„Und die Sicherheit der Jungs? Das Monster ist nicht zu unterschätzen.“ Kai begutachtete die beiden Jungs. Sein Lächeln war verschwunden. Es wirkte unangenehm ihn so ernst zu sehen.
 

„Ich habe das dann im Griff.“ Engl stellte sich hinter die beiden Jungs. Mit der großen schweren Hand von Engl auf der rechten Schulter von Daniel, fühlte Daniel sich wie im Boden verankert.
 

„Das Risiko müssen wir eingehen, aber denen wird schon nichts passieren.“ Auch Noju begutachtete nun die beiden Jungs.
 

Unsicher legte Daniel seine Hände auf seine Oberschenkel. Sein Körper wollte unbedingt, dass er zurück in sein Zimmer ging und zeitgleich geisterte ihm die Warnung von Linda durch den Kopf. Aber die Chance einen Exorzismus hautnah mitanzusehen, schien ihn irgendwie zu reizen.



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