Ein Hobby für Sanji
13. Zorro Ein Hobby für Sanji
"Ich brauch blau!" Mit vorgeschobener Unterlippe sucht mein Sohn den Küchentisch ab, um besagten Holzmalstift für sein Bild zu finden. "Hier, hellblau." meint Robin und hält ihm den Stift hin. Augenblicklich wird sein Gesichtsausdruck fröhlicher und er zeichnet weiter. Es ist wohl sein liebstes Hobby stundenlang auf Papier herumzukritzeln, bis irgendwann alle Wände sämtlicher Räumlichkeiten bis in den kleinsten Winkel mit seinen Bildern tapeziert sind. Diese Leidenschaft hat er eindeutig nicht von mir, fehlt mir dazu doch einfach die Geduld. "Süß die zwei, nicht?" "Ja," antworte ich Sanji kurz, stehe ich immerhin vor der schweren Entscheidung, ob ich einen Apfel oder eine Birne essen soll. Ich entscheide mich für ersteres. "Warum gehst du in Alabasta nicht mal mit ihr aus? Wäre eine gute Gelegenheit." Ich halte in meiner Bewegung inne und bin im Stillen dankbar, noch nicht in den Apfel gebissen zu haben, sonst hätte ich mich jetzt sicher verschluckt. "Was ist schon dabei? Außerdem täte euch beiden eine kleine Abwechslung gut. Ihr versauert mir hier sonst noch." "Du hast vielleicht Nerven, Koch." Zum Glück scheinen wir weit genug entfernt vom Eßtisch zu stehen, daß Robin uns nicht hören kann, denn ich glaube kaum, daß sie großartig von Sanji's Vorschlag begeistert wäre. Na ja.... "Stell dich nicht so an, Grüner. Man könnte meinen ich hätte gesagt, daß du mit ihr in die Kiste steigen sollst, obwohl das sicherlich nicht die schlechteste Idee wäre." Jetzt ist es doch passiert, ich habe mich verschluckt! Scheiß Husten! "Ist alles okay mit dir?" höre ich Robin fragen und versuche tapfer zu nicken, was angesichts von Sanji's Geschwafel gar nicht so leicht ist. "Laß gut sein, Robinmäuschen. Unser Schwertmeister sieht sich nur gerade mit seinen Urinstinkten konfrontiert."
Ich bring ihn um! Aber sie lächelt nur und winkt belustigt ab, bevor sie wieder Diego beim Malen zusieht. "Wäre doch keine schlechte Sache. Ich passe solange auch auf den Junior auf." "Ich gehe nicht mit ihr aus!" zische ich ihm leise zu. "Wer sagt, daß ich davon gesprochen habe?" Mit einem fiesen Grinsen im Gesicht schlägt er mir auf den Rücken, ehe er sich zu den beiden an den Tisch setzt. Ich kann nur für Robin und mich hoffen, daß er seine bescheuerte Idee mit dem Date vergißt, sonst nervt er nur wieder. Aus irgendeinem mir unerfindlichen Grund scheint es seine Passion zu sein, Robin und mich zusammenbringen zu wollen. Keine Ahnung was ihn dazu treibt, bringt es ihm doch keinen nennenswerten Vorteil. Dennoch versucht er es immer wieder, treibt uns dabei gelegentlich mit seiner oftmals unverblümten Art an den Rand des Wahnsinns, mindestens aber in Verlegenheit.
Ich werfe das Kerngehäuse des Apfels in den Mülleimer und setze mich zu den anderen an den Tisch, denn nach draußen zu gehen wäre jetzt äußerst unklug, wartet doch dort Lysop schon seit geschlagenen drei Stunden auf den Postvogel. Jeden gottverdammten Tag tut er das, wartet bis dieses Mistvieh kommt und ihm seinen Brief von Kaya bringt. Jeden Tag. Jeden Tag bekommt er einen Brief und jeden Tag übergibt er einen Brief an den Postvogel, seine Antwort auf den Brief vom Tag davor. Dabei schreiben sie sich nur Mist, anders kann man es nicht beschreiben. Gut, wahrscheinlich spricht da nur mein fehlendes romantisches Verständnis oder der Sinn für Kitsch. Fest steht aber, daß Lysop seine Kaya schmerzlich vermißt und den beiden nur der Briefverkehr bleibt, um in Kontakt zu bleiben. "Oh mein Gott!!" Erschrocken starren wir alle zur Tür, die mit Schwung aufspringt und den Blick auf unsere Langnase freigibt. "Kaya...! Kaya ist auch eingeladen zur Hochzeit! Juhu!!" Das fröhliche Lachen in seinem Gesicht könnte kaum größer sein, begleitet vom begeisterten Glitzern in seinen Augen. Es war eine gute Idee von Ruffy gewesen Vivi darum zu bitten, Kaya ebenfalls einzuladen, damit sie und unser Lügenbaron sich sehen können.
"Tante Kaya?!" "Ja, Tante Kaya." antworte ich meinem Sohn, der erwartungsvoll zwischen Lysop und mir hin und her sieht. Er mag Kaya sehr gern, ist sie für ihn doch wirklich so etwas wie eine Tante, wie auch Tashigi. "Ich kann es kaum noch erwarten sie zu sehen! Das ist der Wahnsinn!" Euphorisch schnappt Lysop sich einen der freien Stühle und setzt sich zu uns. Bitte keine Märchenstunde! "Ich habe sie schon seit Ewigkeiten nicht gesehen, aber jetzt dauert es nicht mehr lange!" "Das ist schön Lysop, ich freue mich für dich." "Danke, Robin." "Und, hast du schon geübt?" funkt Sanji dazwischen, während seine Finger nervös mit einem der zahlreichen Stifte spielen. Das Verlangen nach einer Zigarette ist ihm förmlich ins Gesicht geschrieben, aber seitdem ich ihn einmal mehr als deutlich darauf hingewiesen habe, daß er in Diego's Gegenwart das Rauchen unterlassen soll, hält er sich daran. "Was hätte ich denn üben sollen?" "Na Tanzen! Die Hochzeit wird bestimmt ein riesiger Ball, willst du dann die ganze Zeit mit Kaya beim Buffet stehen? Du mußt ihr schon zeigen, was für ein toller Hecht du bist, Frauen mögen das." "Schön daß du so gut weißt, was wir Frauen uns wünschen, Sanji. Aber in der Tat, ein bißchen angeben möchte man schon mit seinem Begleiter, damit auch jede andere Frau etwas neidisch sein kann." Kaum hat Robin ihren Satz beendet, spüre ich einen stechenden Schmerz am Schienbein, offensichtlich durch einen Tritt von Sanji verursacht. Aber ich ignoriere diesen geringfügig unauffälligen Seitenhieb, bevor unser Smutje so richtig in Fahrt kommt. "Ich kann nicht tanzen! Oh je!" "Ganz ruhig, du hast noch genug Zeit es zu lernen." "Sehr witzig, Sanji, wer sollte mir das denn beibringen? Oder kannst du das etwa?" "Klar, wenn sogar unser Captain ein bißchen Ahnung davon hat und auch der Schwertschwinger, dann kann ich das erst recht." Jetzt hört sich unser Koch schon wie Lysop an. Das lange Zusammenleben prägt uns wohl alle.
"Eins, zwei, drei...eins, zwei, drei...." ist alles was ich höre, neben einem gelegentlichen Aufschrei von Robin, wenn ihr Lysop mal wieder auf die Füße getreten ist. Folter! Einzig der Anblick von Chopper und Diego, die ebenfalls ihr Glück beim Tanzen versuchen, muntert mich ein wenig auf. Mir ist langweilig!! Dazu noch dieses alberne Affentheater, nur weil Langnase keine Ahnung vom Tanzen hat, aber unbedingt seine Freundin beeindrucken will. Na ja, wenigstens hat er eine. Wenn ich ihn und Kaya zusammen sehe, dann frage ich mich immer wie mein Leben wohl verlaufen wäre, wenn Kuina nicht gestorben wäre. Vermutlich würden wir uns Tag für Tag duellieren, bis wir nicht mehr stehen könnten. Zwar ist sie schon vor mehr als zehn Jahren gestorben, dennoch muß ich oft an sie denken. Wenn ich Zeit und Geduld zum meditieren finde, dann rufe ich mir stets die Zeit mit ihr ins Gedächtnis, um mir Rat von ihr zu holen. Ich weiß nicht, ob man wirklich in irgendeiner Form mit der Seele eines Toten in Kontakt treten kann, aber manchmal wenn ich mein Wado-Ichi-Monji in die Hand nehme, dann ist es als stünde sie neben mir, um mir den richtigen Weg zu zeigen.
"Hey Grüner, komm mal her!" Was will denn der Koch jetzt schon wieder? Genervt stehe ich auf, gehe die wenigen Schritte auf ihn zu und warte geduldig darauf zu erfahren, was er von mir will. "Du mußt mal kurz meine Partnerin spielen." "Nein." "Jetzt stell dich nicht so an, es dauert ja auch nicht lange." Heute bleibt mir aber auch nichts erspart. Umständlich fummelt er an mir herum, stets darum bemüht Lysop irgendwelche Figuren zu erklären, die dieser vermutlich eh nicht versteht. "Und wenn es schon später am Abend ist und das Licht im Saal nicht mehr ganz so grell, dann -" "Laß deine Griffel wo sie sind, oder ich verpaß dir eine!" Sanji tickt meines Erachtens nicht mehr richtig, aber dieser Meinung bin ich nicht erst seit gestern. Besonders schlimm wird es bei ihm immer dann, wenn er auf Entzug ist; auf Frauenentzug! Seine hormonelle Unausgeglichenheit kann ganz schön nerven, besonders wenn keine bewohnte Insel in Sicht ist. Zwar weiß ich, daß es seine Art und Weise ist mit dem Verlust seiner Liebe umzugehen, denn nichts anderes als das war Nami für ihn, aber dennoch übertreibt er es für meinen Geschmack des öfteren damit. Nur mit Widerwillen erinnere ich mich daran, daß er dabei vereinzelt vergißt, etwas wählerischer mit seinen Errungenschaften zu sein, war doch schon ein zwei mal auch ein Kerl darunter. Kein Wunder also, daß ich bei seinen anzüglichen Spielchen gelegentlich etwas Unwohlsein verspüre, so wie jetzt. Seine Hand, die zuvor noch brav auf meinem Rücken geruht hat, ist nämlich schon verdächtig weit nach unten gerutscht, bis zu meinem Gürtel, um genau zu sein. "Kein Wunder, daß Lysop keine Ahnung vom Baggern hat, bei deinem Killerblick vergeht einem ja alles." "Das Thema lautet Tanzen, nicht Angraben, falls du das mal wieder vergessen haben solltest, Blondie." "Was ist Angraben, Papa?" Na toll. "Wenn man jemandem zeigen möchte, daß man ihn mag, aber es nicht direkt sagen will," erklärt Robin, so daß Diego sie ansieht. Aber ganz zufrieden scheint er mit der Antwort nicht zu sein: "Und warum kann man es nicht sagen?" "Weil es manchmal nicht so leicht ist, die richtigen Worte zu finden." "Versteh ich nicht." Ich auch nicht, obwohl es mir permanent so geht.