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Junge Elite

von

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Zwei blutige Begegnungen

Disclaimer: Die Welt von "Ai no Kusabi" gehört nicht mir, sondern Rieko Yoshihara Sie möge es mir verzeihen, dass ich mir Iason und Raoul vorläufig ausgeliehen habe.

Teil: 1/? (wahrscheinlich 8 oder 9)

Genre: Ai no Kusabi

Rating: PG18-Slash (zumindest später)

Pairing: IasonxRaoul

Warnung: Lemon

Kommentar: Leider gibt es zu AnK nicht viele gute Informationsquellen. Desweiteren widersprechen sich diese dann auch noch. Und Rieko Yoshihara selbst hat an einigen Punkten auch vieles offen gelassen. Also war ich gezwungen mir selber ein paar Sachen auszudenken.

Raoul erwähnt im Anime öfters den Ausdruck "tamper with your mind", als eine Art Bestrafung. Wie ich mir das vorstelle und welche Rolle eigentlich dabei Raoul spielt, lest ihr nun in meiner Fanfic.
 

1. Zwei blutige Begegnungen
 

Zum wiederholten Male sah Raoul Am von seinem Arbeitsplatz auf, aber nicht wie sonst üblich, um seinen Augen eine Pause von der anstrengenden Laborarbeit zu gönnen, sondern um den Blondie unauffällig zu mustern, der heute zufälligerweise den Platz ihm gegenüber zugeteilt bekommen hatte.

Er stellte sich gerade die Frage, ob es noch schicklich wäre, wenn er weiter auf diese schlanken Finger starren würde, die gerade das Objektiv wechselten, als die kleine Uhr, die in seiner Konsole eingebaut war auf ,0' sprang und ihm mit einem Summen signalisierte, dass er den Versuch jetzt fortsetzten musste, wollte er nicht riskieren, dass seine Probe unbrauchbar werden würde.
 

Mit oft geübten Handgriffen justierte er das Mikroskop vor sich und vertiefte sich heute bereits zum fünften Male in die Betrachtung der Leberzellen, die er am Morgen dem Versuchstier entnommen hatte.

Eigentlich schätzte er das ruhige Arbeiten im Labor. Die jungen Blondies konnten ganz nach ihrem eigenen Rhythmus Experimente durchführen und jetzt am frühen Abend waren nur noch wenige mit ihren Aufgaben beschäftigt. Auch er selbst wollte nach diesem letzten Versuch für heute Schluss machen. Ohne aufzusehen und in den Gedanken wieder einmal bei dem Blondie gegenüber - waren dessen Augen wirklich hellblau? - griff er nach dem Stift, um die Beobachtungen zu protokollieren. Dass er allerdings in die falsche Richtung gegriffen hatte wurde ihm rasch bewusst als er den brennenden Schmerz an seinem Finger wahrnahm. Erschrocken fuhr er zusammen.
 

Ein überraschtes "Oh!" entfuhr ihm als er feststellte, dass er sich selbst den halben Finger an dem messerscharfen Skalpell aufgeschlitzt hatte. Und mit einem missbilligendem Blick betrachtete er seinen Finger als ob das die Wunde wieder schließen konnte. Dann suchte er nach einem Tuch bevor er noch den gesamten Arbeitsbereich mit Blut verschmieren würde. Einen kurzen Moment dachte er daran, sich den Finger in den Mund zu stecken, aber das ließ seine Würde dann doch nicht zu.

"Halt still.", vernahm er die angenehm tiefe Stimme seines Gegenübers, der sein Handgelenk ergriffen hatte und ein sauberes Taschentuch um seinen Finger band.

Raoul sah auf und direkt in die Augen von Iason Mink. ,Sie sind tatsächlich blau, ein helles kaltes Blau.'
 

"Entschuldige, ich wollte dich nicht ablenken.", verteidigte er sich mit einem Blick auf das Mikroskop des anderen.
 

"Das hast du nicht, ich war sowieso bereits fertig damit."
 

,Fertig? Jetzt schon?' Er selbst musste noch drei weitere Versuche durchführen, um die Projektarbeit zu beenden. Nicht zum ersten Mal fragte sich Raoul, wie es Iason immer wieder fertig brachte so schnell und effektiv zu arbeiten. Und das in allen Bereichen.
 

"Komm mit. Das muss versorgt werden." Nun, in diesem Punkt konnte Raoul nur zustimmen, das Tuch um seinen Finger färbte sich bereits rot. Iason hielt ihm die Tür zu dem kleinen Raum auf, wo sich die erste Hilfe Ausrüstung befand. Es kam häufiger vor, dass sich jemand verletzte. Aber trotzdem war es ihm irgendwie peinlich.
 

Raoul nahm auf der Liege Platz und betrachtete unverhohlen den Körper des anderen, wie er gerade in den Schränken nach dem richtigen Apparat suchte. Alle Blondies waren von einer außergewöhnlichen physischen Erscheinung: groß gewachsen, muskulös, mit langem blonden Haar, das nicht selten bis zur Taille reichte und perfekte, ebenmäßige Gesichter.

Aber Iason war selbst für die Maßstäbe eines Blondies, zumindest für Raouls Maßstäbe, außergewöhnlich attraktiv. Der enge schwarze Bodysuit betonte jeden Muskel und schuf einen interessanten Kontrast zu dem karmesinroten Gewand, das er darüber trug und an der Taille von seinem silbernen Gürtel gehalten wurde.

Es zeigte seinen Status an der Akademie, nur die 20 besten Schüler trugen diese roten Gewänder und auch Raoul gehörte zu ihnen. Er beobachtete Iason bereits eine ganze Zeit lang und fühlte sich nicht gerade wenig zu ihm hingezogen.
 

Iason schien alles gefunden zu haben, was er benötigt hatte und setzte sich neben Raoul, der es nur allzu genau spürte, wo ihn dieser durchtrainierte Oberschenkel durch den dünnen Stoff ihrer Kleidung berührte. Er seufzte leise. Iason hatte es gehört, aber er schrieb es wohl seinen Schmerzen zu, als ihm der Blondie den Plastikhandschuh von den Finger zog und der Schnitt wieder vermehrt zu bluten anfing.

Doch keine Minute später war die Verletzung gereinigt und Raoul spürte das Jucken, das sich immer einstellte, wenn eine Blessur mit dem Hautregenrator behandelt wurde.

Dann ließ Iason sein Handgelenk wieder los. Raoul blickte wieder auf einen makellosen Zeigefinger, er bewegte ihn zögernd. "Danke."
 

"Nicht der Rede wert.", tat es der andere ab.
 

Raoul lächelte und streckte die Hand aus: "Raoul Am."
 

Der Händedruck war fest. "Iason Mink, aber das weißt du doch sicher bereits.", es klang vorwurfsvoll.
 

"Ich wollte nur höflich sein.", verteidige sich Raoul und ging dann wieder zu seinem Mikroskop. Er zog den Objektträger hervor, die Probe hatte sich tiefblau verfärbt und war so mit nicht mehr zu gebrauchen. Er zerbrach das Glas mit der linken Hand und warf die Reste in den Müll. Jetzt musste er wieder von vorne anfangen.
 

Geflissentlich ignorierte er den anderen Blondie. Iason stand einige Meter hinter ihm und wartete, bis er zusammengepackt hatte. Raoul wandte sich um: "Nun, was ist?", erkundigte er sich.
 

"Ins Kasino, eine Runde Pool?", schlug Iason knapp vor und ging dann voran, um es Raoul zu überlassen die völlig überraschende Einladung anzunehmen.
 

Dieser Blondie war etwas ganz besonders, Raoul wusste nicht, woher er diese Gewissheit nahm. Vielleicht aus seiner Eleganz, der Art wie sich Iason bewegte, die soviel Ruhe, Beherrschtheit, Stärke und vor allem Dominanz ausstrahlte, wie es Raoul selten bei einer Person gesehen hatte. Gemeinsam traten sie ins Freie in die mondhelle Nacht. Heute war einer jener seltenen Nächte, an denen beide Monde von Amoi in voller Pracht zu sehen waren.

Raoul wandte sich um, denn Iason war stehen geblieben. Er griff mit einer Hand in seine Haare und zog die Spange heraus, die den Knoten hielt. Seine langen Haare schimmerten im Mondlicht fast silbern, als sie herabfielen. Anders als Raouls widerspenstige, honiggelbe, wellige Mähne fielen sie glatt den Rücken hinab.

Iason strich sich die Strähnen hinter die Ohren und kam dann auf Raoul zu: "Ich habe gehört, du wärst einer der besten Biochemiker und hättest gute Chancen später einmal in Eos zu arbeiten."
 

"Wenn ich das will, dann vielleicht. Weißt du..." Raoul zögerte und strich im Vorrübergehen über den weitgeöffneten Blütenkelch einer blutroten Blume, die nur in diesen seltenen doppelten Vollmondnächten blühte. "...ich lasse nicht gern über mein Leben bestimmen, schon gar nicht von einer Maschine."
 

Bei diesen Worten, die ihm einen Verweis von der Akademie und noch schlimmere Folgen bringen könnten - sie grenzen ja schon an Hochverrat - blieb der andere abrupt stehen. Iason musterte ihn eindringlich und mit einer Intensität, als ob er Raoul erst jetzt richtig wahrnehmen würde, erst jetzt ihm Bedeutung beimessen würde. Doch Iason erwiderte nichts darauf, sondern setzte mit langsamen Schritten seinen Weg fort.
 

"Und ich habe gehört,", ergriff nun Raoul seinerseits das Wort, " ,dass du ein bedeutender Diplomat werden könntest." Iason Mink hatte viele herausragende Talente, aber am beeindruckensten war seine Sprachbegabung. Außerdem war er ein kühler Taktiker, der erst einmal die Situation gründlich sondierte, alle Alternative bedachte und dann erst handelte. Ganz zu schweigen davon, dass er der beste Student war, den die Akademie von Tanagura je gesehen hatte.
 

"Wenn ich das will, dann vielleicht.", benutzte er die gleichen Worte wie Raoul Sekunden zuvor und in der Stimme schwang ein Hauch von Amüsement.

Raoul musste leise lächeln und als er den Blick hob, sah er, dass auch Iason ihn mit einem Lächeln bedachte.
 

Im Kasino war nicht mehr viel los um diese Zeit und so war es auch kein Problem einen freien Pooltisch zu bekommen. Raoul ertappte sich mehrmals dabei wie er Iason musterte, wenn sich dieser bei einem Stoß über den Tisch beugte. Bei dem dritten Anstoß hob Iason den Blick von der weißen Kugel und fixierte stattdessen Raouls grüne Augen, während er das Queue gegen die Kugel krachen ließ.
 

Ihm lief es abwechselnd heiß und kalt den Rücken herunter und seine Kehle war mit einem Mal staubtrocken. Raoul schluckte bei diesem Blick aus den eisblauen Augen.

Dieser intime Moment wurde jedoch jäh von einem ihrer Tutoren unterbrochen. Magister Kama klopfte Iason auf die Schultern: "Iason Mink?! Sollten Sie nicht auf ihrem Zimmer sein und studieren. Die letzten Prüfungen stehen kurz davor und sie wollen doch ihrem hervorragenden Ruf gerecht werden. Das gesamte Kollegium setzt große Erwartungen in sie, vielleicht werden Sie den Rekord brechen."
 

Das Gesicht des jungen Blondie zeigte keinerlei Regung, er murmelte etwas Zustimmendes und wünschte dem Magister als sich dieser wieder entfernte eine angenehme Nachtruhe.

Raoul sah Kama nach und als er sich wieder dem Tisch zuwandte, bemerkte er , dass Iason noch immer bewegungslos dastand, das Queue in der Hand. Raoul glaubte ein leises Knirschen von Holz zu vernehmen, das immer deutlicher wurde, je mehr die Knöchel an Iasons Hand hervortraten. Der eisblaue Blick war noch kälter geworden.

Schließlich löste sich Iason aus seiner Starre: "Ich hasse das.", murmelte er und versenkte die Kugel mit so einer Wucht im Loch, dass sich kleine Splitter von ihr lösten und auf dem grünen Filz liegen blieben.
 

Am nächsten Tag saß Raoul im Park der Akademie. Er hatte die Arme auf der Lehne der Bank verschränkt und seineen Kopf darauf gelegt. Mit geschlossenen Augen genoss er die sanfte Brise wie sie durch seine Haare strich und den süßen Duft von Blüten an seine Nase trug. Er hatte noch etwas Zeit bis er wieder zurückkehren musste zum Kampfunterricht. Blondies gerieten nicht selten in gefährliche Situationen und es war unerlässlich, dass sie neben gutem Benehmen, Fähigkeiten im Programmieren von Computern und grundlegende Kenntnisse in Genetik auch wissen mussten, wie man sich verteidigte. Zumal ihre körperlichen Eigenschaften es leicht machten sich gegen einen gewöhnlichen Menschen zu wehren.

Neben überdurchschnittlicher Intelligenz und einem besseren Seh- und Hörvermögen war den Blondies eben auch eine enorme physische Kraft in die Wiege gelegt worden.
 

Normalerweise wurde die Anordnung der Gene von Wissenschaftlern, die im Eos Tower arbeiteten, vorgenommen. Und trotz dieser künstlichen Erschaffung glich kein Blondie einem anderen. Nur die fähigsten Biochemiker arbeiteten an den Genome der Elite.

So waren er und alle andere entstanden, es gab nur eine Ausnahme. Zumindest erzählte man sich das. Der Supercomputer Jupiter habe vor 19 Jahren persönlich die Anordnung der Basen eines Blondies und dessen Ausbrütung überwacht. Aber niemand wusste, wer dieser besondere Blondie war, vielleicht würde man es auch nie erfahren. Vielleicht gab es ihn auch gar nicht.
 

Jupiter. Raoul war bei dem Gedanken nicht glücklich, dass ein seelenloses Etwas sein Leben bestimmen konnte. Aber wer offen gegen das System rebellierte, der wurde unerbittlich bestraft. Manche wurden zu den Randplaneten des Systems deportiert, bei anderen - und das war weit häufiger der Fall - wurden das Gehirn so modifiziert, dass sie nur noch über den Intellekt eines Kindes verfügen konnten. Und diese Modifizierung war nicht temporär, sondern sie konnte das Leben jedes noch so großartigen Blondies auf Dauer zerstören. Jedoch konnte niemand sagen, wer für diesen Effekt verantwortlich war. Man munkelte, dass es Drogen gab, die das Gehirn regelrecht auflösten. Nun, das glaube Raoul nicht, aber solche abschreckenden Geschichten hatten dazu beigetragen, dass in Apatia und Eos die Kriminalitätsrate gegen null ging - in Midas und den Slums war das etwas Anderes, aber dort wurden Verbrechen auch anders geahndet.
 

Jedoch hatte schon etliche Blondies gegen Jupiters Gesetze verstoßen und sie schien es zu tolerieren. Sie musste doch wissen, dass sich manche Mitglieder der Elite nicht damit zufriedengaben dem Voyeurismus zu frönen. Es gab sogar prominente Blondies, von denen jeder wusste, dass sie miteinander schliefen.
 

Hier an der Akademie gab es wohl auch so manche, die das Verbotene tun würden, aber die Strafen waren rigoros. Es gab strikt konservative Blondies, die nichts von jeglichen sexuellen Handlungen wissen wollten und der Direktor gehörte eindeutig zu dieser Gruppe. Selbst wenn man sich nachts davonschlich um sich in Bordellen drittklassige Pets anzusehen, was ja eigentlich kein Verbrechen war, wurde man bestraft.

Auch Raoul war regelmäßig durch die Nacht gestreift, die Haare sorgfältig hochgebunden und in schäbigen Klamotten gehüllt und eines dieser Etablissements aufgesucht. Gut, er hatte auch einige Male den Zeigestock des Direktors auf der Handfläche gespürt. Aber es dennoch immer wieder getan.

Und in der letzten Zeit war es ihm nicht mehr genug sich Pets anzusehen, die miteinander kopulierten. Wenn er ihr hemmungsloses Stöhnen vernahm, phantasierte er häufig, wie es wohl wäre selbst in die Enge eines Mannes einzudringen. Und wie es sich wohl anfühlen muss selbst genommen zu werden. Meistens kreisten diese Gedanken dann nur um eine Person...
 

Ob Iason wohl auch nachts unterwegs war? Ob er auch diese verbotenen Gedanken dachte? Oder war er wirklich der Musterschüler, der er immer vorgab zu sein. Raoul hatte bei ihm nie die verräterischen Striemen an der Hand gesehen, aber vielleicht war Iason nur cleverer und hatte sich nie erwischen lassen.
 

Seine Gedanken wurden von trippelnden Schritten zu seiner Linken unterbrochen. Es war ein Kind, das nun direkt vor ihm stand. Er brauchte seine Augen nicht öffnen, um zu sehen, dass es tatsächlich ein kleiner Mongrel mit dunkelbraunem, fast schwarzem Haar war, der einen sehnsüchtigen Blick auf den grünen Apfel warf, der vor Raul auf der Bank lag. ,Wie kommen die nur immer wieder hier rein?'

"Am besten verschwindest du, bevor ich es mir anders überlege.", grollte er mit tiefer Stimme und beschloss ein bisschen mit dem Kleinen zu spielen.
 

Der Junge war ganz schön frech und ließ sich nicht einschüchtern: "Ich hab keine Angst vor euch."
 

"Das solltest du aber." Er hörte wie der Kies unter den Füßen des Kleinen knirschte als dieser jetzt doch einen Schritt zurückwich. Raoul wartete noch einen Moment, dann schnellte er nach vorne und hielt den Mongrel mit festem Griff am Arm. Der schrie erschrocken auf und versuchte sich zu befreien.
 

"Wie habt Ihr das gemacht, ihr habt mich doch gar nicht gesehen.", protestierte er.
 

Raoul ignorierte das, er wusste doch selbst nicht, wie er es kam, dass er manchmal Bilder sah, obwohl er die Augen geschlossen hielt. Er stand auf und wollte den Jungen mit sich ziehen. Aber er hatte die Macht der Verzweiflung unterschätzt, die in einem solchen Straßenjungen steckte. Seine schnellen Reflexe verhinderten, dass das Lasermesser sich in seine Hüfte schnitt, stattdessen riss die Klinge eine tiefe Wunde in seine Handfläche. Der Mongrel nutzte den Überraschungseffekt und riss sich los, jedoch nicht ohne sich den Apfel auf der Bank zu schnappen, der wohl schon die ganze Zeit über das Objekt seiner Begierde gewesen war.

Jetzt war Raoul wirklich wütend. Er überlegte kurz, ob er dem Abschaum nachsetzten sollte, aber entschied dann, dass dies doch recht lächerlich wirken musste.

,Wie dumm, sich von einem Mongrel die Hand aufschlitzen zu lassen. So viel zu der Notwendigkeit der Selbstverteidigung.'
 

"Raoul, wie kommt es, dass ich dich immer blutend antreffe?", der tiefe Klang der Stimme war unverkennbar.

Er wusste nicht, woher auf einmal Iason kam. Und er entschied, dass ihm das im Moment auch egal war.

"Wie ist das passiert?", erkundigte sich der andere, während er sich die Verletzung näher betrachtete und schließlich ein Tuch auf die Wunde presste.
 

"Frag besser nicht. Ein Mongrel."
 

Iason fixierte ihn mit einem überraschten Blick und ein Lächeln kräuselte seine Lippen. "Ein Mongrel, hier? Und du lässt dich so von ihm zurichten?"
 

Raoul beschloss die letzte Bemerkung zu ignorieren: "Ja, die scheinen auch immer frecher zu werden, jetzt streunen sie schon in unseren Parks herum. Das Syndikat sollte die Drogenlieferungen in die Slums erhöhen, vielleicht bringt sie das wieder auf andere Gedanken." Tatsächlich hörte man die wildesten Gerüchte in der letzten Zeit, dass der Führer des Syndikats, wohl der bedeutendste Blondie auf ganz Amoi, der einzige, der direkt mit Jupiter sprechen konnte, vor kurzem verstorben war. Offiziell herrschte Stillschweigen, aber es brodelte unter der Oberfläche, denn ohne die führende Hand des Syndikats konnte es in den Slums leicht zu Unruhen kommen. Dass kleine Mongrels jetzt schon in den Parks der Akademie herumstreunten war nur ein weiterer Beweis hierfür.
 

"Bist du sonst noch verletzt?"
 

"Nur mein Stolz.", gab Raoul ehrlicherweise zu.
 

Belustigt blickte ihn Iason an und ließ dann seine Hand los. "Ich bringe dich noch auf die Krankenstation. "
 

Sie waren kaum ein paar Meter gelaufen, als sie wütende Schreie hörten. Raoul und Iason tauschten kurz einen Blick aus und bogen dann in den Seitenweg ein, um nachzusehen, was passiert war.

"Du schon wieder!" Raoul erkannte seinen kleinen Angreifer wieder, doch dieses Mal war der freche Mongrel derjenige, der in Bedrängnis geraten war. Er befand sich in dem festen Griff von zwei älteren Jungen, die ihm wohl seine Beute streitig machen wollten und ihm bereits ein blaues Auge geschlagen hatten.

Die zwei Älteren blickten erschrocken auf und schienen nicht richtig zu wissen, was sie tun sollten.

Eigentlich hätten die beiden Blondies sich wieder umdrehen sollen, denn so etwas brauchte sie nicht zu stören. Egal ob es ein Mongrel mehr oder weniger in Tanagura gab, ob er an einer Überdosis Drogen starb oder zu Tode geprügelt wurde, die Elite brauchte das nicht zu kümmern. Doch Iason schien nicht so zu denken. Er trat an einen der älteren Jungen heran und zwang ihn auf die Knie indem er ihm den Arm schmerzhaft auf den Rücken drehte. "Das ist dir hoffentlich eine Lehre.", zischte er und ließ dann los.
 

Keine fünf Sekunden später war bei verschwunden. Nur Raouls Angreifer saß noch auf dem Gras und blickte Iason mit finsterer Miene an.

"Geh.", befahl der Blondie.
 

Der Mongrel stand auf: "Ich bin Riki und ich schulde niemanden etwas, schon gar nicht einem Blondie." Er hob den heruntergefallenen Apfel auf und warf ihn Iason zu. Mit einem Blick auf Raoul meinte er: "Dann sind wir quitt." Und dann war auch er verschwunden.

Raoul ertappte Iason dabei, wie dieser einen Moment lang dem Jungen nachblickte, sich dann aufrichtete und in den Apfel biss. "Riki also."
 

Am nächsten Morgen erschien Iason nicht zu den Kursen, Raoul nahm dies zwar zur Kenntnis, jedoch schenkte er Iasons Abwesenheit keine Beachtung. Als er allerdings am darauffolgenden Tag noch immer keine Spur von dem Blondie sah, beschloss er es auf dessen Zimmer zu versuchen. Iason hatte zwei volle Tage versäumt, die Magistri wussten von nichts und in weniger als einer Woche waren die letzten Prüfungen.
 

Die jungen Blondies bewohnten kleine Apartments mit eigenen Schlaf- und Badezimmern. Jeder verfügte über einen Diener, der Botengänge übernahm und die Räume in Ordnung hielt. Meistens waren es alte Furniture, die es als Ehre ansahen, der zukünftigen Elite einen Dienst zu erweisen.

So war Raoul auch nicht im Geringsten überrascht, dass ihm Ohuru die Tür öffnete, als er geklopft hatte. "Sir Raoul." Der alte Mann neigte respektvoll den Kopf.
 

"Ist Iason Mink hier?"
 

Ohuru blickte an Raoul vorbei in den Gang hinaus, dann bedeutete er ihm einzutreten. Der Diener senkte seine Stimme als er Raoul den Weg zum Schlafzimmer zeigte: "Ich weiß nicht, was mit ihm ist. Er benimmt sich seit zwei Tagen so...steht nur am Fenster, spricht und isst nichts."
 

Raoul zog überrascht die Augenbrauen in die Höhe. Das konnte er sich nun allerdings nicht vorstellen. Doch er konnte sich gleich mit eigenen Augen von der Wahrheit überzeugen: Tatsächlich, Iason bemerkte nicht einmal, dass er das Zimmer betrat und den Diener wieder fortschickte.

Als sich die Tür geschlossen hatte, blieb Raoul zunächst unschlüssig stehen. "Iason?"
 

Er hörte den anderen nur leise seufzen, aber er wurde nicht weggeschickt. Also trat er neben die reglose Gestalt und legte einen Hand auf dessen Arm. "Was ist los? Ohuru hat gesagt, du würdest nichts mehr essen und nur am Fenster stehen."
 

Raoul spürte unter seinen Fingern, wie sich die Muskeln des Blondies anspannten. "Ich kann nicht mehr.", die sonst so tiefe und befehlende Stimme klang wie bei einem kleinen Jungen, müde und erschöpft.
 

Er konnte sich keinen Reim darauf machen. ,Was soll das heißen, er kann nicht mehr?' Iason schien doch immer alles so leicht zu fallen. Egal was es war.

"Was soll das denn heißen, du kannst nicht mehr?", fragte er dann auch schließlich.
 

"Was das heißen soll?", schien Iason eben noch erschöpft, so sprach jetzt Verachtung und purer Hass aus seiner Stimme. Er drehte sich zu Raoul um. "Ich habe es satt. Du weißt nicht wie das ist. Immer dieser Anspruch der Beste zu sein, nie einen Fehler zu machen. Ständig höre ich es: ,Wir setzten großen Erwartungen in sie, enttäuschen sie uns nicht.'." Er hatte sich in Rage geredet und schien erst wieder zur Vernunft zu kommen, als sie sich in die Augen blickten.

Ein paar Sekunden herrschte Stille, dann wandte sich Iason wieder ab und setzte sich mit einem erschöpften Seufzen auf das Bett. "Aber du verstehst das nicht. Du weißt nicht wie es ist ein Blondie zu sein, der von Ju...", abrupt brach Iason ab, als ob er im Begriff gewesen wäre zu viel zu sagen.
 

Raoul setzte sich neben ihn. 'Ju...meint er Jupiter?' Aber er bedrängte den anderen nicht weiter. Irgendwie spürte er, dass Iason etwas sehr Bedeutungsvolles widerfahren war, etwas dass ihn in Verzweiflung stürzte. Beruhigend strich er über die zur Faust geballten Finger. "Soll ich dich alleine lassen?" Vielleicht war Iason ja gar nichts an seiner Gesellschaft gelegen.
 

"Nein." Und mit einem nochmaligen Seufzen lehnte sich der Blondie an Raouls Schulter, welcher für einen Moment völlig perplex war. Dann jedoch spürte er, wie sich der Atem des anderen wieder beruhigte und sich die Muskeln entspannten.

Sanft ließ er die Fingerspitzen über die glatte Wange des Blondie wandern, schob ein paar verwirrte Haarsträhnen zur Seite.

Eigentlich wusste er selbst nicht, was er da tat als sein Daumen über die leicht geöffneten Lippen strich. Dann neigte er seinen Kopf bis ihm der Duft von Iasons Haare in die Nase stieg, ein Hauch von Vanille.

Raoul bemerkte, wie sich Iason unwillkürlich versteift hatte, sein Körper war bis aufs Äußerste gespannt und er schien nur darauf zu warten, was noch folgen würde.
 

,Jetzt ist es doch auch egal.' Raoul ließ seine Hand weiter hinabwandern bis sie auf der Schulter unter ihm lag. Beinahe andächte, als wäre ihm bewusste, dass er im Begriff war ein Heiligtum zu entweihen, drückte er die Lippen auf den schlanken Hals.

"Was...was machst du?", Iasons Stimme war nur ein leises Wispern.
 

Fortsetzung folgt....
 

Kritik/ Kommentare / Reviews / Feedback...egal wie ihr es nennt, hauptsache ich höre von euch.

baket



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  LordSevothtarte
2006-08-16T11:29:32+00:00 16.08.2006 13:29
Wunderschön.
Wow, ich bin wirklich tief beeindruckt über dieses tiefe beklemmende Gefühl, das diese Geschichte in einem zurück lässt.
Klasse gemacht, sehr einfühlsam und überzeugend geschrieben. Der arme, arme Raoul. Das ist wirklich tottraurig.
Hut ab vor dieser Leistung.

LordSevothtarte
Von:  tayo
2005-06-21T17:29:09+00:00 21.06.2005 19:29
warum hörst du jetzt auf *schnief*
schreib diese geniale geschichte weiter!!!!bitte
*smile*moony^^


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