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Eine neue Sonne

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Eine neue Sonne

Eine neue Sonne
 

Spike kam langsam wieder zu Bewusstsein. Eigentlich verspürte er das Bedürfnis, seine Augen aufzuschlagen und sich umzusehen, doch dann erinnerte er sich wieder und er verzichtete darauf.

Julia war tot - warum also sollte er eine Welt ansehen, in der es keine Julia mehr gab? Keinen Lebenssinn für ihn mehr, keine Sonne... Kein Licht mehr, denn ohne Sonne gibt es kein Licht...

Die Erinnerungen strömten auf Spike ein. Julias Gesicht als sie auf einmal fiel. Getroffen von der Kugel. Seinen brennenden Schmerz, als sie in seinen Armen lag und nicht mehr war als eine leblose Puppe. Ein Körper, der seine Seele ausgehaucht hatte. Blut war ihm über die Arme gelaufen und er hatte voller Zorn zurückgeschossen.

Julia war tot - und so gab es nichts mehr, dass ihn von der letzten, entscheidenden Konfrontation mit Vicious abgehalten hatte... Überraschenderweise hatte Spike gesiegt. Er konnte es selbst immer noch nicht glauben. Aber vielleicht stimmte es ja, dass es in einem bestimmten Moment immer Menschen gibt, die nichts mehr zu verlieren haben und deswegen das Unmögliche schaffen können... Sie verlieren dann jede Vorsicht, jede Rücksicht auf sich selbst - und auf einmal haben sie es dann geschafft und ihr Ziel erreicht...

Das Syndikat gab es jedenfalls nicht mehr. Und auch Vicious nicht mehr... Spike hatte selbst gespürt, wie sein alter Kampfgefährte und Feind seinen letzten Atem ausgehaucht hatte. Nein, Vicious würde es auch nie mehr geben. Er war genauso tot wie Julia...

Spike erinnerte sich, wie er die Treppen des geborstenen Gebäudes runtergegangen waren. Syndikatsanhänger hatten vor ihm gestanden. Sie waren bewaffnet gewesen, aber hatten doch nicht geschossen. Er war von alleine zusammengebrochen. Tödlich getroffen, wie er geglaubt hatte. Er hatte doch so viele Kugeln abbekommen. So viel Blut verloren. Wie konnte er da noch leben? Wie durfte er noch leben, wenn Julia doch tot war? Wenn Vicious doch tot war...

Julia... Gab es ohne sie noch einen Grund zu leben?

Julia... Julia. Julia! JULIA! Stumm schrie er ihren Namen heraus und rief sich ihr Bild wieder vor Augen. Das sanfte Lächeln in ihrem Gesicht. Die leuchtenden, grünen Augen. Das sonnenschimmernde blonde Haar... Ein Engel... So hatte sie immer auf ihn gewirkt, selbst wenn sie keiner gewesen war. Sie hatte ihn betrogen, hatte ihn allein gelassen. Und doch... Dennoch hatte er sie nie vergessen. Er hatte ihren Schatten unablässig gejagt. Er war dem Licht beständig gefolgt, dass ihre Sonne gespendet hatte... Zumindest glaubte er das. Er hatte sie nie vergessen. Das war sicher. Aber ihr immer gefolgt? Hatte er nicht doch irgendwann aufgegeben? Bis zu dem Moment, als Faye ihm von ihr erzählt hatte? Bis zu dem Moment als er wusste, wo sie war? Wo Julia war? Vielleicht. Spielte das eine Rolle? Es war ihm egal. Sie war tot. Konnte sie da noch diese immense Bedeutung haben? Sie konnte, denn Spike wünschte sich immer noch nichts sehnlicher, als bei ihr zu sein. Bei Julia zu sein...

Julia... Spike atmete tief durch. Im gleichen Moment bereute er es. Schmerz pulsierte durch alle seine Nervenbahnen und er fragte sich, wie er bei einem solchen Schmerz eigentlich noch leben konnte. Vielleicht lebte er ja nicht mehr. Vielleicht war das alles nur ein Irrtum und er war doch tot. Er war in der Hölle gelandet und der Schmerz war seine Strafe. Wofür? Vielleicht dafür, dass er versagt hatte und Julia nicht hatte retten können...

Tränen stiegen ihm in die Augen und er spürte, wie sie ihm unter den geschlossenen Lidern hindurch rannen und langsam den Weg über sein Gesicht fanden. Er war also doch nicht tot. Tote konnten nicht weinen...

Julia... Julia. Wieder kehrten seine Gedanken zu ihr zurück. So, wie es die ganze Zeit über gewesen war. Auch als er noch mit Jed Kopfgeldjäger auf der Bebop gewesen war. War er das denn nicht mehr? Spike wusste es nicht. Er wusste nicht, was er eigentlich noch war.

Julia... Sie war immer seine Sonne gewesen. Selbst wenn sie nicht bei ihm gewesen war, so hatte sie ihm doch Licht gespendet. Allein dadurch, dass er gewusst hatte, dass sie noch lebte, hatte er weitergehen können. Hatte er leben können. Konnte er das jetzt noch? Konnte er noch ohne seine Sonne leben? Würde er nicht ohne ihr Licht in der Dunkelheit versinken?

Auf einmal verspürte er den unbändigen Drang, seine Augen zu öffnen. Er wollte sehen. Er wollte sehen, wo er war. Er wollte sehen, ob er überhaupt noch lebte.

Behutsam öffnete Spike seine Augen. Im ersten Moment sah er nichts, doch dann schälte sich aus dem grauen Nebel langsam die Decke des Aufenthaltsraums der Bebop heraus.

Hier war er? Erstaunt öffnete er die Augen weiter und im gleichen Verhältnis, wie das Sehvermögen in seine müden Augen zurückkehrte, kam auch der Schmerz zu ihm. Er legte sich ihm wie eine schurrende Katze um den Hals und füllte sein ganzes körperliches Empfinden aus. Davon ließ er sich jedoch nicht beeindrucken. Er bemühte sich zumindest, auch wenn er einen kleinen Schmerzensseufzer nicht unterdrücken konnte. Also doch nicht tot. Spike konnte sich kaum vorstellen, dass die Bebop und diese immerwährende Schmerzkatze Begleiterscheinungen des Todes waren.

Ganz langsam und behutsam drehte er seinen Kopf und blickte zu dem Sessel hinüber, der immer gegenüber der Couch gestanden hatte, auf der er jetzt lag. Wie vertraut ihm diese Umgebung doch war...

Mühsam blinzelte er zu dem Sessel hinüber und wartete geduldig ab, dass das Bild wieder scharf wurde. Sein schlechtes Sehvermögen schrieb er den Verletzungen zu, die ihm diesen unbändigen Schmerz verursachten und ihm fast den Atem raubten.

Endlich wurde das Bild klar. Auf dem Sessel hockten aneinander gelehnt Jed und Faye. Beide sahen erschöpft und übermüdet aus. Quer über ihren Beinen lag Ed und hatte den Hund Ein eng an sich gepresst. Die beiden sahen auch nicht viel besser aus.

Hatten sie sich etwa Sorgen gemacht? Verdammt, er hatte ihnen doch gesagt, dass sie das nicht tun sollten! Ein Hauch von Wut keimte in ihm auf und wurde gleich wieder durch ein liebevolles Gefühl erstickt. Ganz allmählich musste er lächeln.

Vielleicht gab es doch noch eine Sonne für ihn. Eine andere Sonne. Eine neue Sonne, die die Stelle der alten einnahm - nein, sie konnte sie ja nicht ersetzen. Das würde nie geschehen können... Aber sie war vergleichbar... Eine neue Sonne also, die ihm nun ihr Licht schenkte, damit er nicht durch die Dunkelheit wandeln musste.



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  Himeka
2007-03-12T09:27:56+00:00 12.03.2007 10:27
Ich kenne die Fandom-Serie zwar nicht, aber ich bin begeistert^^ die Sonne... das Symbol des Lebens. Schön^^
Und es stimmt auch, dass wenn man einen geliebten mensch verliert, dass dieser durch niemand anderen ersetzt werden kann.
Ich kann dir sagen, dass ich ein unbeschreibliches Gefühl in der Brust hatte, während ich gelesen habe... Es war... schön. Anders kann man das glaub ich wirklich nicht ausdrücken^^
Mau, die Story ist klasse^^
Von:  Himeka
2007-03-12T09:27:49+00:00 12.03.2007 10:27
Ich kenne die Fandom-Serie zwar nicht, aber ich bin begeistert^^ die Sonne... das Symbol des Lebens. Schön^^
Und es stimmt auch, dass wenn man einen geliebten mensch verliert, dass dieser durch niemand anderen ersetzt werden kann.
Ich kann dir sagen, dass ich ein unbeschreibliches Gefühl in der Brust hatte, während ich gelesen habe... Es war... schön. Anders kann man das glaub ich wirklich nicht ausdrücken^^
Mau, die Story ist klasse^^
Von: abgemeldet
2006-01-03T00:24:14+00:00 03.01.2006 01:24
mir hat, bis heute, immer nur ein ende vorgeschwebt. spike bricht auf der treppe zusammen und schließt seine augen, für immer. wird im tode mit seiner julia wiedervereint. ihm wird das, was du so gefühlvoll beschreibts, erspart.
vielleicht aus mitleid mit ihm.
aber deine wundervolle story, hat meine gedanken in eine andere richtung gelenkt.
was wohl auch daran liegt, wie du die story geschrieben hast. denn spike-überlebt-versionen habe ich schon einige gelesen. doch keine, auch nur annähernd, so gut wie deine.

die "beschreibung", von spikes liebe zu julia. die verzweiflung, als er an sie denkt. hat mich gefesselt...
und doch, keimt da dieser kleine funke hoffnung. neuer lebensmut. für eine zukunft mit freunden, die sich um ihn sorgen. ein wirklich schöner abschluss...

also kurz gesagt... die story ging runter wie öl ^^

greetz
kitty
Von:  Myojo
2005-10-24T09:22:55+00:00 24.10.2005 11:22
Was soll ich sagen?
Ich kann mich tough eigentlich nur hundertprozentig anschließen.
Eine wunderschöne Charastudie, spannend vom Anfang bis zum Ende, sehr gelungene Auflösung.
Du hast mein Interesse an der Serie definitiv geweckt.
gruß, Myojo
Von:  tough
2005-08-23T11:05:35+00:00 23.08.2005 13:05
Etwas Seltsames ist passiert...
von Cowboy B. kenne ich nur den Titel - und der gefiel mir noch nie, somit habe ich mich nicht damit beschäftigt.
Also auch, unbeleckt von jeder Vorkenntnis, Deine FF gelesen, die mich zweifach beeindruckt hat.

Einmal habe ich jetzt etliche Fragen zu Cowboy B.,
mit denen ich Dich per ENS nerven werde...
Du hast also Jemandem das Interesse an dieser Serie erweckt...
Dann bin ich noch voll unter dem Eindruck dieser andedeuteten Lovestory, die im Drama endet, so wie sie
immer wohl auch dramatisch genug verlief.
Ich liebe diese kleinen Andeutungen, die meiner Fantasie
genug Raum lassen, sich zu entfalten...
Das Ganze in ein großes Showdown gebettet, mit den Erinnerungen den Leser informierend, nicht an Brutalität gespart, dennoch stilvoll...
Müßig zu erwähnen, dass das mehr als Beherrschung des Handwerks verlangt, sondern schon die hohe Schule verrät.
Ich schreibe keine höflichen Kommentare, wenn mir ein schmeichelhafter Kommi geschrieben wurde - und Deiner war höchst schmeichelhaft - sondern teile Dir einfach mit, dass ich diese FF sehr genossen habe und sie noch in mir nachschwingt, in ihrer ganzen Dichte.
Ich bin ein böses, altes Weib, das selten so viel Gefühl
in so wenigen Worten fand...
LG,
tough


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