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Our Darkness / Unsere Dunkelheit - Abschnitt I: Sonnenuntergang

Dystopische Nah-Zukunftsvision nach der Apokalypse. Hintergrund nach dem Rollenspiel D.E.A.D!!
von

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Abenddämmerung

Als Az erwachte, stand die Sonne schon am Himmel. Er öffnete seine Augen und blieb regungslos liegen. Er wollte, wie immer, erst die Lage einschätzen, bevor er seinen Feind wissen ließ, dass er mit ihm rechnen musste. Und der Feind konnte überall sein. Sein Gesicht war immer noch in den Stoff der dunkelblauen Kutte gehüllt, es war relativ warm und trocken geblieben, also vermutete er, dass es nicht geregnet hatte. Er hörte gedämpfte Worte und sah, als er aus seiner dunklen Ecke herausspähte, dass Slizer anscheinend mit dem Mädchen redete. Er hatte wieder seine menschliche Gestalt angenommen und war wieder der große, ausnehmend muskulöse Kerl von der Straße, mit dem schwarzen wilden Haar und den eindringlichen, aber schönen bernsteinfarbenen Augen. Er trug nur eine weite, ausgewaschene Jeans und war wieder in seine Stiefel geschlüpft, deren Schnürsenkel wie immer offen und schon total verdreckt und schlammig waren.

Die Kleine schien aufgewacht und Az verstand nicht, was er zu ihr sagte, aber sie nickte. Seltsam, wie sanftmütig Slizer mit seiner gutturalen Stimme umgehen konnte, es klang fast fürsorglich, wenn auch irgendwie unbeholfen, was auch immer er gerade zu ihr sagte. Ihr Gesicht war immer noch geschwollen, und das Hämatom hatte seine Farbe von dunkelblau zu schwarz mit rotem Rand geändert. Ihr Jochbein aber, schien nicht gebrochen zu sein. Slizer drehte sich um und Az schloss sofort die Augen. Er hörte den Blüter hinausstapfen und als er sich entfernt hatte, öffnete er sie wieder. Das Mädchen sah Slizer anscheinend nach, und Az fixierte sie mit seinem Blick. Seine Pupillen verengten sich in der ungewohnten Helligkeit zu noch kleineren Schlitzen, und als hätte sie das gespürt, schaute sie plötzlich erschreckt zu ihm herüber.

"Wie ist dein Name?", fragte Az kalt und fast geschäftlich, ohne etwas auf ihre Verwirrung zu geben, oder etwas zu sagen, was ihre Angst mildern würde. Sie starrte ihn einen Moment fast hilflos an und wich dann seinem schneidenden Blick aus.

"Kassandra," hauchte sie immer noch kraftlos.

"Gut, Kassandra," sagte Az weiterhin mit einem sehr gleichgültigen Tonfall. "Wie geht es dir?"

"Hm." Sie schien sich nicht zu trauen, eine ehrliche Antwort auf seine Frage zu geben, aber andererseits wollte sie ihn auch nicht anlügen. Az merkte, dass Konversation mit dem Kind sehr schwierig werden würde. Er richtete sich langsam und beinahe drohend auf. Es war keine Absicht, nur einfach seine Art. Er setzte sich immer in Szene. Immer. Mit jedem Atemzug holte er das Beste aus sich heraus und verlangte sich alles ab. Er schüttelte sich wie ein nasser Hund und sein Halsband klirrte dabei. Sie zuckte zusammen und er fuhr sich durch die Haare. Er öffnete das Haarband und ließ sich die langen, weißen, verfilzten Strähnen ins Gesicht fallen. Dann schüttelte er die Stoffkutte ab, so dass sie an seinem Becken herunter glitt.

Er lag auf der Seite und hatte ein Bein leicht angewinkelt, so dass er in der Hüfte einknickte. Seine Bauchmuskeln spannten sich sehnig, und im Licht der Morgensonne hob sich die kreuzförmige Narbe links von seinem Nabel besonders hervor. Er streckte sich einmal ausgiebig, indem er die Hände mit den weißen, fingerlosen Handschuhen hinter den Kopf nahm und viele Narben zeigten sich, als die Muskeln darunter zu spielen begannen. Er gähnte und bleckte dabei die messerscharfen Eckzähne, streckte seine lange, dicke, schleimige Zunge heraus und breitete dann langsam und knarrend die schwarzen Knochenschwingen hinter seinem Rücken aus, als seien sie Schatten, die nicht zu seinem Körper gehörten, und die er trotzdem kontrollierte.

Er spähte wachsam zu Kassandra herüber, die zusammenzuckte, als sein Blick den ihren traf. Er grinste. Sie hatte ihn angesehen. Er liebte es, wenn ihn Leute ansahen. Ihren Blick nicht von ihm lösen konnten, egal wie sie zu ihm standen. Er wusste, dass er selbst seine Feinde nicht selten faszinierte. Er nahm abrupt die Arme nach vorne und ließ sich auf die Handflächen fallen, so dass er kurz über dem Boden stand, als würde er sie belauern. Doch seine Augen begutachteten sie nur kalt und ein bisschen triumphierend. Sie schien sich noch weiter in den Schatten zu ducken, als sie es gerade schon getan hatte. Er grinste wieder, ließ dann die Anspannung aus seinen Muskeln fahren und rollte sich fast verspielt aus der Kutte.

"Hier." Er warf sie ihr zu, und sie fing sie aus Reflex auf, schaute ihn dann etwas verwirrt an. "Ich bin sicher, dir ist ganz schön kalt," sagte er und spielte mit seinen Flügeln, indem er die Glieder streckte und wieder zusammenzog. Er beugte sich nach hinten, und entfernte die Schiene, die ihn nur noch störte. Seine Knochen waren gut verheilt und er strich selbstverliebt über die lederne, schwarze Haut, die sie umspannten.

Seine Schwingen waren für ihn kein störendes Anhängsel, sie gehörten zu seinem Körper und er war sich ihrer immer bewusst. Ein Großteil seiner Körpersprache beruhte auf der Gestik, die er mit ihnen vollzog. Doch da ihnen die schützende und stabilisierende Haut zwischen den Gliedern fehlte, waren sie der verwundbarste Teil seines Körpers. Er wusste nur zu gut, dass er mit ihnen niemals fliegen würde und ein Mensch war schuld daran.

Kassandra blickte immer noch verstört zu ihm herüber, aber sie wurde sich gewahr, dass sie bis auf ihre Turnschuhe und ein paar Fetzen ihrer ehemaligen Kleidung nichts mehr am Leib trug. Die Kälte der Nacht ließ sie immer noch zittern, oder vielleicht gerade jetzt? Jedenfalls begann sie zögerlich, sich in die Kutte einzurollen und bemühte sich, dem Blüter einen dankbaren Blick zu zeigen, auch wenn sie immer noch vor Angst ganz gelähmt war. Az bemerkte, wie Slizer anscheinend näher kam und legte sich wieder auf den Boden. Er legte die Arme übereinander und rollte sich auf die Seite, wie ein schlafender Hund mit angewinkelten Beinen.

"Hey Gräte! Aufwachen!", knurrte Slizer aufgeregt und wenig freundlich. Az öffnete ein Auge und sah zu ihm hinauf, als sei er gerade erst aufgewacht. "Keine Zeit zum rumliegen! Hast jetzt lang genug gepennt. Da kommen Soldaten!"

Az war sofort "hellwach". Er richtete sich auf und sprang in die Hocke, schlug zweimal kräftig mit den Flügeln, die dabei leise knarrten und widerliche Geräusche von sich gaben, wie wenn Knochen aneinander rieben. Er schüttelte sich, wobei das Halsband klirrte und sah alarmiert zu Slizer hinauf, während er sich die Haare wieder zusammenband.

"Menschen?", fragte er fest.

"Mhm." Slizer nickte. "Ich denke zumindest. Kommen aus dem Wald heraus, könnte sein, dass die uns suchen... Oder das Mädchen."

"So'n Mist." Az sprang auf die Füße und ruckte seine Lederjacke zurecht, er knackte mit dem Genick und sah Slizer ernst an. "Wenn die unsere Spuren verfolgen, haben die vielleicht den Dämon gefunden. Das könnten Versuchte sein. Wir könnten mächtig Ärger bekommen! Vor Allem, wenn die uns mit der Kleinen sehen. Die werden uns dafür den Kopf wegschießen, da bleiben keine Fragen offen. Am besten, wir lassen das Mädchen hier. Immerhin sind das Menschen. Die glauben noch, wir hätten ihr das angetan."

"Ich weiß nicht," murrte Slizer und trat unruhig von einem Bein aufs andere. "Denk doch mal nach. Das sind Soldaten, vielleicht Söldner. Die kennen auch keine Moral, wer weiß, was die erst mit ihr anstellen."

Az schenkte Slizer einen verständnislosen Blick und dieser bereitete sich auf eine weiteres Wortgefecht vor, indem er die Fäuste ballte und sich vornahm angestrengt nachzudenken, bevor er die erste Antwort formulierte. Doch dann drehte sich Az unerwartet zu Kassandra um und starrte ihr in die Augen. Sie wollte erst wieder wegsehen, doch er starrte sie unerbittlich an und fesselte sie.

"Was willst du?", fragte er fast spöttisch, doch kein Lächeln umspielte seine Mundwinkel und er ging einen Schritt auf sie zu. "Wir haben keine Zeit für Spielchen," sagte er nun fest und ernst und ohne jeden Anflug von Humor oder Spaß. Sie sah ihn angsterfüllt an und brachte keinen Ton heraus, ganz abgesehen davon, dass sie auch keine Antwort wusste.

"Entscheide dich! Vertraust du uns, oder deiner eigenen Art? Ich werde dich nicht mitschleifen, wenn du dich nicht von selbst entscheidest." Er ging zu Phaeton herüber und begutachtete die Wunde. Sie sah besser aus, das Bitterkraut hatte anscheinend geholfen und so führte er den Hengst energisch hinaus ins Sonnenlicht. Er drehte sich um und starrte Kassandra an, als würde er eine Antwort erwarten. Doch das Mädchen wich seinem Blick aus und schwieg. Tränen schienen in ihren Augen aufzusteigen, doch sie unterdrückte jedes Schluchzen oder Schniefen.

Az stieg auf und wandte den Hengst noch einmal um, um die Dringlichkeit seiner Worte zu unterstreichen. Er ließ das Tier geschmeidig einige Schritte rückwärts gehen. Es wehrte sich nicht gegen die kaum spürbaren Hilfen seines Herren. Phaeton war ein Profi und im Survival Reitstil eingeritten, der sehr viel pragmatischer war, als der englische Reitstil, der verhältnismäßig wenig von Tier und Reiter verlangte und nach Az' Meinung auch für wenig gut war. Er verschärfte seinen Blick dem Mädchen gegenüber und dieses schien nur noch tiefer in der Kutte zu verschwinden. Az verstand ihre Gefühle nicht. Von Gefühlen hatte er verhältnismäßig wenig Ahnung. Er konnte nicht nachvollziehen, was Kassandra gerade durchmachte und benahm sich darum rau und unbarmherzig, wie es seine Art war. Slizer kratzte sich ratlos am Kopf.

"Geh schon mal vor," warf er plötzlich ein. Sein Blick war beschwichtigend, doch dringlich. "Ich rede noch mal mit ihr. Reite schon mal vor, wie gehabt in Richtung Nürnberg, ich hol dich schon ein, keine Panik." Az nickte, sein Freund wusste schon was er tat. Das konnte man zwar lange nicht immer behaupten, denn Slizer war ein ziemlich irrationaler Kindskopf, doch im Kampf konnte man sich auf ihn verlassen und er hatte auch ansonsten seine vernünftigen Momente. Das hier war solch ein Moment, wie Az an Stimme und Gestik des Blüters erkannte und er vertraute ihm die Situation an, die er anscheinend versaut hatte. Er sah Slizer noch einmal fest an, ließ das Pferd einige weitere gekonnte Schritte rückwärts machen, drehte es dann wendig und ohne Gegenwehr auf der Hinterhand um und jagte im Galopp davon. Erde und Asphaltsplitter flogen, und Az sah sich sofort aufmerksam in der Gegend um.

Es schien Vormittag zu sein und einige Fasane flogen auf, als er durch eine kleine Grasnarbe preschte. Er stellte mit Erleichterung fest, dass es hier langsam wieder mehr Vegetation gab, ein Zeichen dafür, dass sie dem Norden näher kamen. Nach wenigen Minuten ließ er Phaeton wieder in einen leichten Trab zurückfallen, denn er wollte dem verwundeten Tier immer noch nicht zuviel zumuten. Der Hengst schnaubte und schäumte unter dem aggressiven Stirnpanzer aus Autoblech, den Az ihm wieder angelegt hatte, als sie den Wald verlassen hatten.

Eine solche Kleinigkeit konnte der Schlussstrich zu einem Erscheinungsbild sein, die letzte Komponente eines gelungenen Auftritts, die dafür sorgte, dass man als gefährlich eingestuft und nicht angepisst wurde. Jede Kleinigkeit, selbst die Art, wie er sich auf dem Pferd hielt, konnte für eventuelle Angreifer darüber entscheiden, ob er ein lohnenswertes Ziel war, oder doch ein zu großer Happen. Az schätzte Gegner selber oft genug ein, um das zu wissen und Outfit und Gehabe machten eine Menge aus, wenn man beobachtete. Az wusste, wie er sich zu verkaufen hatte.

Er trabte durch eine langgezogene Grasnarbe und sah, wie Slizer mit dem Mädchen auf dem Arm aus dem Unterschlupf kam und begann, zu ihm aufzuschließen. Az nahm absichtlich den Weg durch die Grasnarbe, um eventuelle Spuren so gering wie möglich zu halten. Im staubigen und festen Boden, der von Betonsplittern und Kieseln der ehemaligen Gebäude durchzogen war, hinterließ ein Pferd recht deutliche Abdrücke für einen geübten Jäger oder Söldner. Er sah sich immer noch um und entdeckte dann eine Straße, die anscheinend gepflastert war. Einen Handelspfad, oder Wanderweg, der zu einer großen Stadt führen musste, wenn er so gut ausgebaut war.

Auf dem Weg ging in einiger Entfernung eine Person. Az drückte seine Schenkel zusammen und ließ Phaeton losgaloppieren. Er schloss effektvoll zu dem Wanderer auf, der einen Stab trug und in eine einfache Leinenkutte gehüllt war. Als er näher kam, erhob der Mann seinen Blick und Az viel wieder in Trab zurück. Er bremste das Pferd in einem respektablen Abstand, so dass er nicht rufen musste, damit der Mann ihn verstand.

"Heda! Ich will nach Nürnberg. Sag, weißt du in welche Richtung es liegt, und wie weit es ist?"

Der Mann nickte und deutete in die Richtung, aus der er gekommen war. "Etwa zwei Tage in diese Richtung, nun, zu Fuß jedenfalls."

"Danke." Az drehte das Pferd geschmeidig auf der Hinterhand und galoppierte los, um wieder zu Slizer aufzuschließen. Der Braunschimmel schnaubte und Schaum flog aus seinem Maul. Das Tier schien immer noch nicht ganz gesund zu sein, wie Az an der schweren Atmung feststellte. Der dunkle Schweif zuckte wild, während er das Pferd antrieb und der Gang war noch nicht ganz sauber. Die dunklen Vorderläufe verhaspelten sich beinahe im Galopp und Az entschied, das Tempo wieder etwas zu drosseln und es gezwungenermaßen langsam angehen zu lassen. Er klopfte den hellbraun gesprenkelten Hals des Schimmels und beruhigte ihn.

Slizer bewegte sich in gutem Laufschritttempo auf Az zu und trug dabei mühelos das Kind und seine Ausrüstung. Az blieb stehen und wartete ab, bis sein Freund endgültig zu ihm aufgeschlossen hatte.

"Die Straße führt nach Nürnberg. Hab nen Wanderer gefragt, der sagte vielleicht zwei Tage noch zu Fuß." Er wies in die Richtung, in die der Mann gezeigt hatte, dann zuckte er die Schultern und beugte sich etwas im Sattel vor, worauf das Tier seine Bewegung vollendete und einige Schritte auf Slizer zu machte. "Weiß nich, ob das stimmt, oder der Kerl Müll labert, aber ich denke wir folgen einfach der Straße und warten ab, oder?"

"In Ordnung." Slizer war von dem Dauerlauf kaum geschafft. "Hauptsache wir kommen voran, ich hab wenig Lust, den Soldaten in die Hände zu fallen, sahen so aus, als wärens viele."

"Okay aber gib mir das Kind." Az streckte die Hände nach dem Mädchen aus und lehnte sich weiter vor, worauf Phaeton schnaubend noch einige Schritte machte, um ihm sein Handeln zu erleichtern. Slizer reichte Kassandra herüber, die schon wieder das Bewusstsein verloren hatte. Az merkte, dass sie Fieber hatte und er war sich nicht sicher, ob sie ihre Verletzungen überstehen würde. Er wickelte das Kind fester in die Kutte und setzte sie vor sich auf das Pferd. Der Sattel war Survival und hatte vorne einen Knauf, an dem man Seile festmachen konnte, wenn man wilde Pferde einfing, oder sonst etwas vorhatte, aber Az sah zu, dass sie nicht darauf saß und ließ Phaeton wieder lostraben. Schnaubend setzte sich der Hengst in Bewegung und schlug mit dem Schweif aus. Die Kurzatmigkeit des Tieres machte Az Sorgen. Wie lange hatte er dort herumgelegen und wie lange hatte das verletzte Tier stehen und bangen müssen. Er hoffte nur, dass Phaeton kein Trauma davongetragen hatte, ein verängstigtes und gestörtes Pferd konnte er hier draußen nicht gebrauchen. Aber sein bisheriges Benehmen hatte glücklicherweise eher darauf schließen lassen, dass dieses gemeinsame Erlebnis des Leidens das Tier nur noch enger mit seinem Herren zusammengeschweißt hatte. Sie setzten sich in Bewegung und Slizer trabte neben dem Paar her, er hatte kaum Probleme mit dem Tempo, es sah eher aus, als würde er ein Joggingtraining momentan Willkommen heißen.
 

Sie verfolgten den Weg einige Stunden. Az musste das Tempo irgendwann doch drosseln, zum einen, weil Slizer nicht mehr mitkam, und zum anderen, weil er Phaeton noch nicht soviel zumuten wollte. Sie verließen die Straße einige Male, um sich umzusehen, und bald säumten Grasflecken und Gebüsche ihren Weg; ein Zeichen dafür, dass es in dieser Gegend sauberes Wasser im Boden gab, vielleicht sogar einen größeren Fluss.

Az bemühte sich immer noch so wenig Spuren wie möglich zu hinterlassen und behielt die Umgebung im Auge. Dasselbe galt für Slizer, der von Natur aus die geschärfteren Sinne hatte. Aber von möglichen Verfolgern war weit und breit nichts zu sehen und so setzten sie ihren Weg eisern fort. Gegen Einbruch der Nacht machte sich Slizer auf, um vom Wegesrand ab nach einer geeigneten Stelle für ein Nachtlager Ausschau zu halten. Az blieb auf der Straße, um kein Aufsehen zu erregen und Phaeton eine ruhige Schrittpause zu gönnen. Die Abendsonne tauchte die alte Welt in rot und Az fragte sich, wie dieses Rot wohl erst in Amerika leuchten würde. Himmelsfeuer, die Abenddämmerung.

Morgens brennt die Hölle, weil ihre gierigen Flammen nach dem Licht des Tages greifen, nach dem strahlenden Antlitz der Engel. Und Abends lodert der Himmel, denn zur Dämmerung stürzen sie herab, die Gefallenen. Hinab zu ihrem Herren Lucifer, um ihm zu schmeicheln und Kunde zu bringen, was sie den Tag über für Schandtaten getan und für Sünde verbreitet haben. Und das Heulen der Wölfe und die Schreie der Tiere sind ihre Schreie und ihr Gelächter, mit dem sie den Himmel verspotten und Gott trotzen.

Das war eine Kindergeschichte, die seine Mutter ihm mal erzählt hatte und ihre Augen hatten diesen leuchtenden Glanz gehabt, den er sich nie hatte erklären können. Ihre Augen, ihr Geist, sie schien immer so weit weg zu sein von allem Irdischen. Er fragte sich, ob die Geschichte wohl ein Ende hatte. Den Anfang kannte er. Den Fall des Strahlenden, den Fall Lucifers. Aber ein Ende? Wenn ja, so hatte sie es ihm nicht erzählt. Aber sie hatte ihm niemals eine Geschichte zu Ende erzählt. Dazu hatten ihre klaren Momente nicht ausgereicht. Immer war ihr Verstand wieder in die Tiefen ihrer Seele zurückgekehrt, bevor sie zum Ende einer Geschichte kam und leise singend hatte sie sich selbst in Trance gewiegt. Aber selbst wenn die Geschichte vom Fall der Engel und der Erschaffung der Dämonen ein Ende gehabt hätte, so wäre es wohl eine Prophezeiung gewesen, denn der Krieg zwischen Himmel und Hölle tobte noch immer auf Erden.

Slizer kam zurück, Az sah seine Silhouette näher kommen und erkannte ihn sofort an seinem Gang. Sein Freund kam langsam auf ihn zu und zeigte mit dem Daumen hinter sich.

"Ich hab wieder ein eingestürztes Haus gesehen. Ist aber abgebrannt. Stehen nur noch zwei Mauern von. Dürfte aber gehen." Er stützte die Hände in die Hüften und ließ seine Zunge seitlich aus dem Mund hängen. Es sah seltsam aus, wenn er das in seiner menschlichen Gestalt machte, aber Slizer war nun mal ein sehr tierischer, instinktgeleiteter Blüter.

"Okay, lass uns da hingehen und rasten. Meinst du, du kannst etwas zu Essen auftreiben?" Az rieb sein linkes Handgelenk, an dem er die Pistolenarmbrust festgeschnallt hatte. Er hatte nur noch zehn Pfeile und wusste, dass es günstiger war, auf Slizers Talent zur Kaninchenjagd zu vertrauen, solange es ging.

"Schon okay. Ich such was," grollte Slizer und stapfte los. Az stieß dem Phaeton leicht in die Seiten und dieser bewegte sich schnaubend los. Er fand das Haus, von dem Slizer gesprochen hatte und manövrierte das Pferd zwischen die abgebrannten und rußgeschwärzten Mauern des ehemals unteren Stockwerkes. Er stieg ab und setzte das Kind in eine Ecke. Kassandra schien ruhig zu schlafen, aber das Fieber war nicht gesunken.

Wenn sie Pech hat, verreckt sie dran, dachte er bei sich. Irgendwie beeindruckte ihn das Durchhaltevermögen des kleinen Körpers. Er sah in das immer noch angeschwollene Gesicht und stellte fest, dass er es schade fände, wenn das Mädchen nach alldem einfach so an der Entzündung sterben würde. Vielleicht hatte sie ja einfach eine Chance verdient zu überleben.

Wenn es nach Az ging, war niemand einfach das, was er war, sondern hatte erst einmal eine Chance verdient, sich zu beweisen. Für viele Blüter und besonders für Dämonen war ein Mensch immer nur ein Mensch, und würde niemals über dieses Stadium hinauskommen. Ein Mensch besaß keine besonderen Kräfte, oder Fähigkeiten, er war nur ein dreckiger Mensch. Aber Az wusste aus vielen Schlachten und aus eigener Erfahrung, dass nichts und niemand auf dieser Welt so dreckige Tricks hatte, so verzweifelt und irrsinnig kämpfen konnte und so schwer zum Aufgeben zu bewegen war, wie Menschen. Menschen waren zäh und irgendwie bewunderte er sie dafür. Er hatte eine Menge Kampferfahrung gesammelt und viel gesehen und deswegen schätzte er jeden Gegner individuell nach seinem Aussehen, Verhalten und seiner Ausrüstung ein. Die Rassenzugehörigkeit musste man bedenken, war aber nicht ausschlaggebend, damit man niemanden unterschätzte. Falsche Arroganz und Selbstüberschätzung konnten in einem Kampf ganz schnell zu einem unerwartet dreckigen Ende führen.

Az inspizierte die Mauern, die noch etwa zweieinhalb Meter in die Höhe standen und stellte fest, dass sie stabil waren. Er hockte sich auf eine, die gen Südosten zeigte, also in Richtung des Weges und in Richtung Nürnberg und verharrte dort wie ein grotesker Wasserspeier mit Lederjacke. Er spreizte die Flügel leicht ab, um das Gleichgewicht optimal auszubalancieren und behielt die Umgebung im Auge, bis Slizer wieder zurück kam.

"Da." Der Große grinste und hielt drei Kaninchen hoch. "Hat ganz schön gedauert, aber ich wollte sie nicht erschrecken." Er deutete zu Kassandra herüber und Az bemerkte, dass sie aufgewacht war. Er zog eine Augenbraue hoch und fragte sich, ob Slizer die Beute in Menschengestalt gefangen hatte. Wenn ja, dann bewunderte er ihn dafür, aber verstand den Grund nicht ganz..

"Gib es mir einfach so," sagte Az und Slizer warf den leblosen Körper zu ihm rauf. "Du kannst ruhig ein Feuer machen, aber nur ein kleines. Ich halte hier oben Wache." Az fing das Kaninchen mit einer Hand auf und begann die Eingeweide heraus zu holen und es zu häuten. Slizer zuckte mit den Schultern, redete wieder irgendetwas zu Kassandra und sie nickte verschüchtert. Dann machte er sich daran Holz von den Satteltaschen zu nehmen und zündete ein kleines Feuer an, über dem er die Kaninchen aufhängte, die er dieses mal genauso bearbeitete, wie Az es getan hatte. Anscheinend wollte er Rücksicht auf das Kind nehmen. Az war wirklich verwundert. Er ließ seinen Blick schweifen, während er das magere Fleisch von den Knochen zog und gierig hinunterschlang. Er versuchte so wenig Blut wie möglich zu verschwenden, denn es war wichtige Flüssigkeit. Er achtete nicht auf die anderen, während er wachte, und so sah er auch Kassandras ängstliche Blicke nicht, die ihn immer wieder trafen.

Als die Beiden am Boden ihre Mahlzeit beendet hatten, legte sich Slizer auf die Seite und grummelte irgendetwas, was vielleicht "Gute Nacht" oder etwas ähnliches hätte heißen können. Az vergewisserte sich nicht, ob auch das Mädchen schlief, aber Slizer begann wie fast immer nach wenigen Minuten dezent zu schnarchen. Die Umgebung schien ruhig zu sein und Az genoss die Kühle der Nacht auf seinem Aussichtsplatz. Er verharrte regungslos, bis er einmal hinuntersteigen musste, um darauf zu achten, dass Phaeton sich auf der Suche nach spärlich Essbarem nicht aus dem Schutz der Deckung bewegte. Er klopfte das Tier und gab ihm eine Hand voll Kraftfutter, die er noch in den Tiefen seiner Satteltaschen auftreiben konnte. Danach hockte er sich wieder auf seinen Aussichtspunkt und verharrte. Er saß so eine Weile, er wusste nicht genau wie lange, ein paar Stunden vielleicht, als er plötzlich etwas hörte.

Der Unterschlupf war nicht weit von der Straße entfernt; in der Tat hatte Az sie noch gut im Blick und umgekehrt. Er hörte harte, donnernde Hufschläge, die anscheinend den gepflasterten Weg entlang kamen und das sehr schnell. In der kargen Ebene Süddeutschlands, das vom Krieg verwüstet worden war, konnte man solche Geräusche kilometerweit hören und Az konnte schlecht einschätzen, wie weit der Herd des Aufruhrs noch entfernt war. Geschmeidig hüpfte er von der Mauer und kam leise in der Hocke auf, die Schwingen nah an den Körper gepresst. Er zog seine Pistole und schlich sich geduckt und rasch näher an die Straße heran. In einem großen Gebüsch nahe bei einem toten Baum hielt er inne und versuchte auf die immer noch gut zehn Meter weit entfernte Pflasterstraße zu spähen.

Die Hufschläge wurden lauter und er schätzte, dass es vier Pferde waren, mindestens. Eine Kutsche vielleicht?

Er strengte seine Augen an und sah aus der Dunkelheit etwas schnell näher kommen. Es schien tatsächlich eine Kutsche zu sein, und sie schien in größter Eile. Sie war anscheinend schwer und massig, dunkel und reichlich verziert. Der Kutscher schrie die vier pechschwarzen Pferde an und knallte energisch mit der Peitsche. Sie kamen die Straße entlang und preschten an Az Position vorbei in einem Tempo, dass wahrlich halsbrecherisch war. Der Blüter stand auf und sah der Kutsche nach. Er wunderte sich, wie die Pferde ein solches Tempo bis Nürnberg schaffen sollten, ohne hinter den Toren tot umzufallen. Da die Kutsche so aufwendig und wie er nun ebenfalls feststellte, sehr aggressiv verziert war, schätzte er, dass sie sehr reichen Leuten gehörte. Er machte sich wieder auf den Rückweg zu ihrem Lager und sprang auf die Mauer. Slizer war aufgewacht und sah sich hektisch um.

"Was' los Gräte?! Was war das?"

"Ne Kutsche," antwortete Az nachdenklich und schnarrend. "Keine Ahnung, hatte ein irres Tempo drauf. War voll verziert und so'n Scheiß, Mit vier Gäulen vorne dran in echt halsbrecherischem Tempo. Reiche Leute, auf jeden Fall. Wollen bestimmt nach Nürnberg."

"Hm. Und was meinst du? Wurden die verfolgt?" Slizer kratzte sich nachdenklich am Kinn.

"Keine Ahnung," gab Az schulterzuckend zurück. Er duckte sich auf dem Sims und wandte sich in die Richtung um, in die die Kutsche geprescht war. Das gedämpfte Donnern der Hufe war noch zu hören. "Ich hoff nich, sonst haben wir ein Problem. Sah echt krass aus, das Ding, hatte überall scharfe Kanten und Spitzen und Schlieren aus Metall. Hab es aber nicht so genau gesehen, war echt schnell."

Slizer grummelte und Az sah, dass Kassandra wach war und sich ängstlich umsah, immer noch in die Kutte gehüllt.

Slizer wollte gerade etwas sagen, Da hörten sie plötzlich eine lautes Wiehern und Knallen, wie von einem Schuss. Das Donnern hörte abrupt auf und Kampfeslärm drang zu ihnen herüber. Az war sofort auf Hundertachzig und stellte sich aufrecht auf die Mauer um besser sehen zu können. Er klappte die Schwingen unruhig aus und zitterte mit ihnen, was ein Rasseln wie bei einer Klapperschlange von sich gab, vermischt mit einem unnatürlichen Zischen.

"Was ist passiert?" Slizer hüpfte ebenfalls auf die Mauer und Phaeton wieherte unruhig.

"Werwölfe!", zischte Az. "Ich kann nicht sehen wie viele, aber die Leute in der Kutsche ham Probleme!"

"Scheiße, ja." Slizer formte seine Augen zu Schlitzen und grollte. "Was meinste, rauben die die aus?"

"Ich weiß nicht." Az war nachdenklich. "Die Kutsche sah echt heftig aggressiv aus. Vielleicht verziehen wir uns besser."

"Du hast gesagt, die sahen nach Geld aus." Slizer wurde plötzlich aufgeregter, als habe er soeben die Erleuchtung gefunden.

"Ja..." Az wartete geduldig, bis sein Freund die Worte ausformuliert hatte. Slizer war nun einmal nicht der Hellste.

"Und die sind auf dem Weg nach Nürnberg. Woll'n wir denen helfen? Vielleicht springt was raus und wir stehn gleich gut da." Slizers Gesichtsausdruck wurde fast freudig vor Aufregung und er ließ die Zunge seitlich raushängen. Az hatte den Eindruck, als wolle er gleich mit dem Schwanz wedeln. Er dachte einen Moment nach, zog eine Augenbraue hoch und wunderte sich über den plötzlichen Geistesblitz seines sonst eher tollpatschigen Gefährten. Wenns um Geld, Weiber und was zu Essen geht... , dachte Az kopfschüttelnd und sprang dann grinsend von der Mauer.

"In Ordnung."

"Also los!" Slizer hüpfte in Richtung Straße und Az hörte es knacken und dieses widerliche Geräusch, als wenn Fleisch auseinander riss. Slizer ging in seine Wergestalt. Az schüttelte sich wegen dem Geräusch und ging auf Phaeton zu, stieg auf und wandte sich Kassandra zu.

"Wir gehen jetzt einen Job erledigen, wir holen dich später. Bleib hier, egal was passiert, bleib hier. Wenn wir zurückkommen und du bist nicht da, gehen wir dich nicht suchen. Verstanden?" Er wartete ihr Nicken nicht ab und stieß Phaeton in die Seiten. Das Pferd wieherte auf und preschte im Galopp los. Sand flog und Az bewegte sich auf die Kutsche zu.

Während er zu Slizer aufschloss legte er den Kopf in den Nacken und konzentrierte sich einen Moment. Er rief die Kraft in seinem Blut an, um seinen Körper zu schützen und langsam spürte er, wie seine Haut dicker wurde, und sich überall über seine Muskeln sehnige Adern zogen. Er legte seine Panzerung auf, seine Haut wurde dunkler und fester und es war nicht so leicht ihn zu verletzen. Zu seinem Glück sparte diese Kraft keine Nische seines Körpers aus und behinderte ihn kein Stück. Az legte viel Wert auf Wendigkeit und Schnelligkeit in einem Kampf, deswegen trug er keine andere Panzerung, die starr oder störend gewesen wäre. Seine Haut bekam eine dunkelbraune Farbe und seine Haare färbten sich schnell tiefschwarz, bis auf einige silberweiße Strähnen, die darin zurückblieben. Der Vorgang nahm nur eine Minute in Anspruch und kostete ihn einen Augenblick Konzentration, dann öffnete er wieder die Augen und schüttelte das benebelnde Gefühl ab, dass er immer hatte, wenn er der Stärke seines Blutes anrief.

Az sah Slizer schon auf allen Vieren auf die Kutsche zurennen. Er überholte ihn und gab ihm ein Handzeichen nach rechts. Als sie dem Ort des Geschehens näher kamen, sahen sie, dass etwa sechs Werwölfe mit der Belegschaft in einen zähen Kampf verwickelt waren. Es schienen auch schon Opfer am Boden zu liegen, die definitiv humanoider Statur waren. Slizer drehte nach rechts ab und Az nahm die linke Seite. Zu beiden Seiten der Kutsche standen je drei Werwölfe, während vorne rechts einer anscheinend die Pferde im Visier hatte, die von einer weiteren Person verteidigt wurden und laut grölten. Die rechte Tür der Kutsche stand offen und davor wehrte sich gerade ein Kerl in einem schwarzen Ledermantel, anscheinend ohne jede Waffe gleich gegen zwei der Biester. Az preschte auf sie zu und hielt einige Meter davor abrupt an. Er zog seine BlackFox und legte an. Einer der Wölfe, die sich mit dem Kerl beschäftigten schaute auf und kam nun zähnefletschend auf Az zugerannt.

Der Typ guckte verwirrt, was sein verbliebener Gegner nutzte, um ihm einen Hieb in die Seite zu verpassen, der ihn übel verwundet haben musste, aber es spritzte kein Blut. Der Aufschrei des Mannes war nicht menschlich, aber auch nicht dämonisch und Az sah Klauen an seinen Händen und seine Augen rot funkeln. Als er das Gesicht zu einem Schmerzensschrei verzog, bleckte er lange, spitze Eckzähne, die im Mondlicht aufblitzten.

Vampire, dachte Az verstört. Er glitt von Phaetons Rücken, ohne sein Ziel aus den Augen zu verlieren und schlug ihm mit der flachen Hand auf den Hintern. Das Pferd wieherte und trabte ab. Az visierte den sabbernden Werwolf an, der mit blutverschmierten Klauen auf ihn zuhetzte, und schoss.

Der Schuss knallte laut in die stille Nacht und übertönte das Kampfgebrüll. Der Wolf schüttelte sich verwirrt, wurde aber nur noch wütender, als er das große Loch in seiner linken Brust bemerkte. Az grinste. Blattschuss, dachte er bei sich. Doch der Schläfer rannte weiter auf ihn zu und Az schoss ein weiteres mal konzentriert. Er wusste, dass Werwölfe eine Menge einstecken konnten, das war ihre Stärke.

Der zweite Schuss fetzte dem Biest ins linke Bein, doch es musste ein Streifschuss gewesen sein, denn es taumelte nicht einmal. Az fluchte, als ihm der Wolf zu nahe kam und bereitete sich darauf vor, auszuweichen. Er steckte eilig die Pistole weg und zog sein Schwert, und dann war das Grauen auch schon da. Die erste Klaue verfehlte Az nur knapp, doch es lag zuviel Schwung in dem Hieb, so dass das Biest seine aufrechte Haltung beim Zuschlagen verlor und knurrend auf beide Vorderpfoten viel, um sich abzufangen. Az drehte sich geschickt und warf sich dem Biest entgegen. Er führte das Bastardschwert zweihändig, um mehr Wucht zu bekommen. Hier half nur brachiale Kraft. Er musste seinen Gegner so schnell wie möglich fertig machen, denn im Nahkampf war ihm das mächtige Vieh einfach überlegen. 180 Kilogramm pure Muskelmasse, deren Klauenhiebe er mit dem Schwert schlecht parieren konnte. Er beneidete gerade Slizer, der den Werwölfen ebenbürtig war und schlug mit all seiner Kraft zu.

Die Bestie kreischte auf, als die Schneide von Az' Schwert ihr rechtes Hinterbein traf. Er zog die Klinge durch und machte einen sauberen Schnitt, so dass das Fleisch des Wolfes vor ihm aufklappte und ihm eine Blutfontäne entgegenschoss. Dann drehte er das Bastardschwert in der Luft elegant und blitzschnell zu einem zweiten Schlag abwärts, der den verdutzen Angreifer mitten in die Seite traf und tief in seinen Körper eindrang. Mit einem Knacken der oberen Rippen verließ sie ihn wieder und Az sprang einen Meter zurück, brachte sich in eine ordentliche Schrittstellung und bereitete sich darauf vor, den wütenden Klauen auszuweichen, während er die blutverschmierte Klinge schützend mit beiden Händen vor sich hielt.

Der Werwolf grölte schmerzverzerrt auf und landete zwei schnelle Schläge mit beiden Pranken, doch Az schaffte es, sich mit ein paar grazilen Schritten zu entziehen. Ein dritter Schlag jedoch traf ihn als er sich mit einer fließenden Bewegung wieder seinem Feind zuwenden wollte und fetzte ihm durch die linke Seite. Er knurrte und verdrängte die glühenden Schmerzen sofort, um wieder zum Angriff überzugehen.

Da die Klinge nun über der Schulter des gebeugten Wolfes war, ließ er sie einfach nach unten schnellen und verlieh dem Schlag mit einer kraftvollen Rechtsdrehung den richtigen Schwung. Mit einem lauten Knacken und Reißen grub sich die Schneide tief in das Fleisch des Gegners und schlitzte ihm die linke Schulter bis zur Brust auf. Die Bestie schrie jetzt eher verzweifelt und schlug noch einmal nach Az, doch der Schwung ließ sie keuchend und Blut spuckend auf dem Boden zusammenbrechen.

Das Vieh schien nicht mehr aufzustehen und Az drehte sich sofort in Richtung Kutsche um. Der Kerl im Ledermantel prügelte sich immer noch mit den gleichen beiden Werwolf, und alle drei schienen inzwischen eine Menge Wunden auf ihren Körpern zu tragen. Sie knurrten sich an und Az bemerkte, dass der Kerl anscheinend krampfhaft versuchte, die Bestien von der Tür fernzuhalten und gleichzeitig noch die Pferde im Auge behielt. Die Person, die gerade noch bei den Pferden gestanden hatte, schien nun gefallen und der Mann im Ledermantel schien verzweifelt zu versuchen, beide Kreaturen von ihren zerstörerischen Zielen abzubringen. Az sprintete los und ignorierte den Schmerz vollkommen.

Da beide Wölfe mit nur einem Ziel beschäftigt waren, bemerkten sie sein Kommen nicht und er hieb einfach mit einer Drehung aus dem Lauf auf den Linken ein, der eigentlich für die Pferde zuständig war, und sich dem Mann im Ledermantel gerade erst zugewandt hatte. Die Wucht von Az' Schlag traf das Vieh hart und unerwartet, worauf es aufschrie und seinen Kollegen ablenkte, der erstaunt zusammenzuckte und sich zu den Beiden umdrehte. Die Gelegenheit nutzte der Mann und trieb ihm mit unglaublicher Kraft eine klauenbesetzte Hand tief unters Brustbein, wo sie im Fleisch des Wolfes verschwand, der nur ein glucksendes Geräusch von sich geben konnte.

Az' Schlag hatte die Bestie hart in die linke Seite getroffen und war über ihren Rücken geglitten, wo nun eine mächtige Schnittwunde klaffte. Er zog das Schwert noch einmal gekonnt durch den rechten Oberschenkel des Gegners, doch dieser schüttelte sich nur und ging sabbernd auf den neuen Feind los.

Az wich dem ersten Schlag aus und bemerkte im Augenwinkel, dass die Pferde seltsam aggressiv waren. Sie grölten und wieherten weniger vor Angst, sondern mehr vor Angriffslust, so schien es. Panik machte sich anscheinend breit, weil sie angeschirrt dastanden und den Angriff über sich ergehen lassen mussten. Die schwarzen, großen, schlanken Rösser hatten Schaum vor dem Mund, ihre Augen leuchteten leicht rot und sie stiegen und das Kutschgeschirr klapperte und rüttelte gefährlich. Az war sich sicher, dass jeden Moment einer der Geschirrriemen reißen, und der Leithengst in die Nacht davon preschen würde... wenn die Werwölfe Glück hatten.

Plötzlich sah Az, wie die Kutsche anfing zu wackeln und er erkannte auch schnell den Grund. Auf der anderen Seite war gerade einer der Wölfe auf die Idee gekommen, einfach die Tür aufzureißen, und in die Kutsche zu springen. Der Blüter stieß einen leisen Schrei aus, er wusste nicht, ob noch jemand schutzbedürftiges in der Kutsche war, sprich, der Mann mit Geld. Doch er konnte den Gegner vor sich nicht aus den Augen lassen!

Plötzlich hörte er einen gellenden Schrei aus dem Inneren des Wagens, der ganz bestimmt nicht menschlich klang und alle Beteiligten für einen Moment zusammenfahren ließ. Ein Reißen und das Knacken von Knochen waren zu hören, und eine Blutfontäne schoss aus der rechten Seite der Kutsche. Fleisch- und Fellfetzen flogen in hohem Bogen hinterher und Az schluckte mit weit aufgerissenen Augen. Okay, was immer auch in der Kutsche war, es war nicht sonderlich schutzbedürftig, wenn es in der Lage war so mit der Bestie fertig zu werden. Ob es auch ein Vampir war?

Der Schlag der messerscharfen Klaue traf Az unerwartet, denn er hatte geglaubt, der Wolf hätte mit vier Schlägen nacheinander sein Pulver verschossen, doch der Gegner war geschickter, als er geglaubt hatte. Die Lücke falsch eingeschätzt und schon hatte er einen Schlag sitzen. Er traf ihn am rechten Oberschenkel und riss Fetzen aus seiner sowieso schon demolierten Jeans. Az knurrte und spürte, wie sein Blut augenblicklich in die tiefen Kratzer sickerte, was ihm den brennenden Schmerz am Bauch auch wieder ins Gedächtnis rief. Währendessen verpasste auch sein Mitstreiter einen wichtigen Moment, nämlich den, seine Hand wieder aus dem Magen des Werwolfes zu ziehen. Warum auch immer, aber der Wolf war schneller als er, bekam sein Handgelenk zu packen und drückte zu, was den Vampir vor Schmerz aufschreien ließ. Az hörte es knacken und dann fegte ein wirklich übler Schlag dem Kerl mitten durchs Gesicht, der ihn von den Beinen holte. Es spritzte wieder kein Blut und Az war sich nun sicher, es mit Vampiren zu tun zu haben.

Während Aza'zels Blut im Staub gerinnt, und wofür?, knurrte er leise in sich hinein. Euch Bastarden werde ich's zeigen!

Jetzt war es an Az laut aufzubrüllen und der Spielerei wutentbrannt ein Ende zu setzen. Er drehte sein Schwert behände und trat ein paar schnelle Schritte zurück, brachte Distanz zwischen sich und den Werwolf, der nach ihm schnappen wollte, aber Az in seiner geschmeidigen Kür glatt verfehlte. Dann zog der Blüter das Schwert mit einem Grinsen im Gesicht scharf nach unten und traf den ihm zugewandten Hals des Wolfes mit voller Wucht.

Er hätte nicht nach mir schnappen dürfen, dachte Az triumphierend und trieb die scharfe Klinge mit aller Kraft durch den muskulösen Hals der Bestie, die gurgelnd und keifend in sich zusammensackte. Er freute sich richtig über dieses schöne Ende und wandte sich tänzelnd sofort wieder dem nächsten Gegner zu. Er hielt das Schwert abwehrbereit über seinem Kopf und versuchte ein wenig Abstand zu gewinnen, um erst einmal den Überblick über die Lage des Vampirs zu bekommen. Vor allem aber hatte er gesehen, dass eines der Pferde dem Wolf, der seinen Herren in der Zange hatte, kräftig in den Rücken getreten hatte, worauf dieser jaulend in der Seite eingeknickt war. Az hatte genug und hieb die Klinge seitlich in den Rücken des abgelenkten Angreifers. Dieser grölte auf und brach dann zusammen. Der Söldner drehte das Schwert brutal aus dem aufgeklappten Fleisch und hieb zur Sicherheit noch einmal auf den Kopf ein. Jedes Geräusch erstarb und der Koloss ging entgültig zu Boden.

Die Pferde drehten immer noch durch und Az sah, dass sich der Vampir langsam aufrappelte. Vorerst wollte er nachsehen, ob Slizer in Ordnung war, oder noch Hilfe brauchte. Er wischte sich mit dem Handrücken das Blut aus den Augen, dass der Werwolf über ihn vergossen hatte und machte einen großen Bogen um die eh schon panisch kreischenden Viecher. Er taperte um die Front der Kutsche herum und sah, dass der Kutscher anscheinend tot auf dem Kutschbock lag. Auf der anderen Seite waren die Werwölfe auch schon ausgeschaltet, es lagen nur zwei Körper da und Slizer schien wohlauf, obwohl er sich den linken Oberarm hielt und massig Blut daran heruntertroff und in seinem pechschwarzen Fell klebte. An seiner Seite stand anscheinend noch eine weitere Person, ebenfalls im schwarzen Ledermantel, und mit Klauenhänden. Da alles in Ordnung war, lief Az wieder auf seine Seite, wo der Vampir wieder auf die Beine gekommen war und sich den Kopf hielt. Er stöhnte und nun konnte Az einen genaueren Blick auf seinen unfreiwilligen Arbeitgeber werfen.

Er hatte lange schwarze oder dunkelbraune Haare - schlecht zu erkennen, bei der Dunkelheit - die zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden waren, seine Haut war blass und wirkte wie zarter Marmor. An der Brust war das Fleisch in vier langen Rissen aufgeklappt, aus denen kein Blut lief. Az war sich sicher, dass dieser Schlag, der astrein die Rippen freigelegt hatte und den Blick auf eine kalte, funktionslose, tote Lunge freigab, ihn selbst mit Sicherheit getötet hätte.

Er verlor keine Zeit und sprintete zu der Kutschentür herüber. Als er näher kam verlangsamte er seinen Gang und spähte vorsichtig in das Innere des Wagens. Doch gerade, als er hineinsteigen wollte um nach dem Rechten zu sehen, hörte er den Vampir stöhnend näherkommen. Der Mann stieß ihn unsanft weg und stellte sich in den Eingang des Wagens, er hielt sich immer noch den Kopf und machte eine beschwichtigende Handbewegung. Die stahlblauen Augen öffneten sich und Az meinte einen großen Hunger darin zu sehen, ein Raubtier, dass Probleme hatte, sich im Zaum zu halten und er wich instinktiv einige Schritte zurück.

Er hatte nur Geschichten über Vampire gehört, aber er hatte wirklich keine Lust, gebissen zu werden und da er selbst verletzt war und sein dunkelrotes, sattes Blut an ihm sicher sehr schmackhaft herunterlief, zog er sich lieber zurück. Der Kerl bedeutete ihm mit einer seltsam sachten Handbewegung nicht näher zu kommen. Az nickte nur und versuchte sich in Anbetracht der seltsamen Situation ruhig zu verhalten. Sie waren hier alle Raubtiere und die aufgeputschten Gemüter konnten leicht überkochen.

Der Mann stieg eilig die Treppen zum Wagen hinauf und kniete sich vor einen großen Metallsarg, der im Inneren stand und ebenso reich und aggressiv verziert war, wie die ganze Kutsche. Az späte hinein und sah, das dort, in all dem Blut und den Fleischklumpen anscheinend jemand saß, der jetzt leise hauchend mit dem Mann zu reden begann, der zur Antwort demütig nickte. Az kratzte sich am Kopf und musste dann zur Seite springen, als eines der immer noch panisch kreischenden Pferde nach ihm schnappte.

Er wunderte sich, wer leichte Schlachtrösser vor eine Kutsche spannte, denn diese Tiere waren definitiv kriegstauglich. Es schienen keine Dämonenschlachtrösser zu sein, also keine Bestien von Bahamuths Brut. Dafür waren sie zu schlank und zu grazil und nicht wild und abartig genug. Aber mit Sicherheit steckte böses Blut in ihnen, dass nicht irdischen Ursprungs war.

"Sicherlich keins von Gottes Geschöpfen," murmelte Az leise, als er einer weiteren Beißattacke des Hengstes auswich. Solche Tiere hatte der Söldner noch auf keinem Schlachtfeld gesehen. Er bemerkte, wie sich die Riemen zu lösen begannen und stapfte nun energisch auf den Leithengst zu. Er steckte das Schwert weg und bemühte sich, die Tiere zu beruhigen, damit sie nicht durchgingen und alles kaputt machten. Dann bemerkte er, wie die andere Person im schwarzen Mantel auf ihn zukam. Es war eine Frau deren Haut ebenfalls aussah wie Marmor.

"Danke für eure Hilfe," brachte sie aufgeregt jedoch wenig außer Atem hervor. Ihre Stimme war kalt, aber sanft und von echter Dankbarkeit erfüllt.

"Wir sind Söldner." Az grinste locker und griff energisch nach dem Kutschgeschirr des Leithengstes, nachdem er dessen gebleckten Zähnen ein weiteres mal ausgewichen war. Die Frau senkte ihren Blick.

"Ach so ist das." Ihre Worte blieben sanft, waren nun aber weniger herzlich. "Ihr werdet euren Lohn bekommen," sagte sie fest und half dann Az dabei die aufgebrachten Tiere zu beruhigen, was langsam zu gelingen schien. Der Mann hüpfte aus der Kutsche und kam knirschend auf den blutgetränkten Kieseln auf.

"Ceran geht es nicht gut," knurrte er dunkel und nicht annähernd so sanft wie die Frau, doch auch seine Stimme war von elegantem Schwung und rauer Schönheit. Az sah, dass die Frau besorgt dreinschaute und dann einen verzweifelten Blick zum Kutschbock hochwarf. Er sah sich um und rieb sich den Arm, dann stellte er fest, dass sich der Himmel langsam blau färbte.

"Hm, äh, Verzeihung..." Az erhob die Stimme und blickte die Frau an. "Ihr seid Vampire oder? Tja also, ich hab keine Ahnung von Vampiren, aber die Sonne geht bald auf, oder?" Er kam sich blöde vor, weil er nicht wusste was nun an den Geschichten dran war, und was nicht. Aber in einer Welt, in der die Heerscharen der Dämonen genauso über die Welt gekommen waren, wie die Engel des Herrn war keine Legende ohne Bedeutung. Und ganz besonders Lucifers Schläfer nicht. Der Erschrockene Blick der Frau, die zum Horizont aufsah bestätigte seine Vermutung, dass dieser Umstand von Wichtigkeit war und er sah sie fragend an, als würde er weitere Anweisungen erwarten. Die Frau verstand und richtete das Wort fest und fast dankbar an ihn. "Wir können es noch schaffen. Die Pferde bringen und noch vor Sonnenaufgang nach Nürnberg. Begleitet uns. Dort werdet ihr eure Belohnung bekommen, und es wird nicht wenig sein. Ihr habt euch sehr verdient gemacht. In dieser Kutsche reist das Kind des Herrschers von Nürnberg."

Az war baff. Er hatte Gerüchte gehört, dass Nürnberg eine freie Stadt unter der Herrschaft eines Vampirs war. Eines sehr alten Vampirs. Einem jener Schläfer, die Lucifer auf Grund ihres geringen Blutes schon vor der Apokalypse auf der Erde abgesetzt hatte, weil er sie ohne großen Aufwand dorthin geleiten konnte, ohne das Uriel und die anderen Erzengel es bemerkten.

Vampire waren niedere Dämonen, die einst einmal Menschen gewesen waren und ihre Seele an den Teufel gegeben hatten, um dafür gewisse Zuwendungen zu erhalten. Das Kharma ihrer Seele war dadurch auch in jeder weiteren Wiedergeburt gestört und es hieß, das sie in jedem Leben aufs neue den Fluch der Unsterblichkeit auferlegt bekamen, bis sie es schafften, ihre Schuld reinzuwaschen. Keine Leichte Aufgabe, wenn man zum Überleben das Blut von anderen Menschen trinken musste.

Werwölfen und Feen erging es ähnlich. Je nachdem, welcher Sünde die Menschen verfallen waren, die den Pakt schlossen, erhielten sie auch eine übernatürliche Form, und einen ganz bestimmten Fluch und wurden von Lucifer als Krieger missbraucht. Meist waren diese Krieger unsterblich, oder zumindest mit einer verlängerten Lebensspanne "gesegnet". Da sie nur die Seelen von schwachen Sterblichen waren, die einen Packt mit dem Teufel geschlossen hatten, konnten sie agieren, ohne Aufsehen unter den Augen Gottes zu erregen. Meistens jedenfalls.

Aber als der Krieg kam, mit den Apokalyptischen Reitern über die Welt hereinbrach und das Sterben begann, hatten viele dieser Kreaturen wenig Interesse daran für einen Herren zu sterben, der sie nicht einmal achtete. Sie hatten schon zuviel vom süßen, unabhängigen Leben unter Sterblichen gekostet und die Hölle niemals gesehen. Sie fühlten sich den Heerscharen des Strahlenden nicht zugehörig und begingen massenweise Fahnenflucht. Heutzutage musste man Schläfer als eine eigene Partei ansehen, die sich eigentlich immer bemühte aus allem rausgehalten zu werden. Sie dienten nun weder Himmel, noch Hölle, denn sie waren einst Menschen, deren schlechtes Kharma sie eingeholt hatte. Nachdem Gott einfach verschwunden war und die Seelen einen Kreislauf der Wiedergeburt durchlitten, wusch auch der Tod das schlechte Kharma nicht mehr rein.

"In Ordnung, aber seid ihr sicher, dass..." Az erhob das Wort, doch die Frau unterbrach ihn abrupt.

"Folgt uns, wir werden euch reich entlohnen, das verspreche ich. Er ist Arthur," sie weiß mit dem Arm auf den Mann mit den schwarzen Haaren, der schon auf den Kutschbock kletterte und den leblosen Kutscher einfach herunterwarf. "Ich bin Alexandra."

"Na schön," sagte Az genervt. Er hatte Angst beschissen zu werden und die Ausdrucksweise der Frau war ihm etwas zu blumig und geschwollen. "Nehmt Slizer auf dem Kutschbock mit, ich finde euch schon, ich komme nach, ich muss noch etwas aus unserem Lager holen." Er hoffte, wenn sie Slizer mitnahmen wäre die Chance größer, dass sie ihr Geld bekämen, auch wenn er nicht ausschloss, dass sie ihn einfach herunterwarfen und alleine davon preschten.

"In Ordnung." Alexandra nickte. "Wir werden warten, damit du uns nicht verlierst, aber beeile dich." Az steckte zwei Finger in den Mund und pfiff laut und langgezogen. Phaeton galoppierte hektisch zu ihm herüber und er schwang sich hoch, ohne auch nur genauer hinzusehen. Der Blüter drehte das Pferd und preschte augenblicklich los. Er sah noch wie Slizer auf den Kutschbock kletterte und ihm einen sorgenvollen Blick zuwarf.

Der Unterschlupf war nicht weit entfernt und Az ritt einfach hinein und hielt das Tier mit einem sauberen Stopp auf der Hinterhand an. Kassandra guckte verstört zu ihm hinauf und er hielt ihr eine Hand hin.

"Komm. Keine Zeit!" knurrte er und sie beeilte sich schleunigst auf die Beine zu kommen. Sie stand noch sehr wackelig und Az manövrierte das Pferd geschickt an sie heran, zog sie hinauf und platzierte sie vor sich. Er wartete nicht ab, bis sie ordentlich saß und preschte wieder los, trieb Phaeton mit einem "HEY!" an und das Pferd bewegte sich geschmeidig und flink, als gehöre es zu seinem Körper. Das Zusammenspiel der beiden war perfekt und Phaeton bemerkte, dass es jetzt um alles ging und gab genauso wenig um seine Verletzungen, wie Az um seine. Schmerzen konnten sie später haben. Schwäche im falschen Moment konnte hier Draußen zum Tode führen.

Az holte die Kutsche sehr schnell ein und es schien, als hätten sie wirklich auf ihn gewartet, denn obwohl sie sich schon in Bewegung befanden, trabten sie nur seicht dahin. Die Anspannung war allen Beteiligten anzusehen, und Az preschte einfach an ihnen vorbei in Richtung Nürnberg, um ihnen zu zeigen, dass es jetzt losgehen konnte. Die Peitsche knallte, und die Tiere setzten sich in Bewegung. Sie waren wirklich unglaublich schnell und Az wunderte sich wirklich, wie sie dabei noch die Kutsche ziehen konnten. Der Blick von Arthur war gehetzt, Slizer hielt sich murrend an der Kutsche fest um nicht herunter zu fallen und Alexandra sah besorgt in Richtung Morgengrauen, als wollte sie den Dämonen entkommen.

Der Himmel färbte sich langsam rosa.

Morgendämmerung.

Die Hölle brennt und Lucifer greift schallend lachend nach gottes Reich, so wie jeden Tag.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Alexej_Axis
2006-07-27T12:35:07+00:00 27.07.2006 14:35
Danke, Darkfire. =) Schön, wenn es dir gefällt. Az findet nicht den Umstand gut, dass sie sich vor ihm erschreckt, sondern eigentlich nur sich selber. *grinst* Er ist ja auch nicht pädophil. >_>; Dementsprechend liegt ihm nichts daran, sie zu vernaschen, aber da er nunmal die Begierde verkörpert, kommt ihm an irgendeiner Ecke immer der Gedanke. Tun wird er es NICHT. Die Beziehung zwischen Az und Cassy wird sich noch weiterentwickeln, immerhin ist sie ein Hauptteil des Plots. ^_^
Ich hoffe du bleibst mir auch weiterhin treu.
Liebe Grüße
kin
Von: abgemeldet
2006-07-27T12:27:30+00:00 27.07.2006 14:27
Az hat definitiv gefallen daran gefunden die kleine zu erschrecken... :-)
du bist echt voll fantasievoll, irgendwie, weil du schmeißt dämonen, vampire und so was alles in eine geschichte, *bewunder*
und die idee überhaupt, das mit den apokalyptischen reitern, und das die dämonen die welt regieren... einfach nur genial, auf so etwas wäre ich nie gekommen!
Von: abgemeldet
2005-08-09T16:29:16+00:00 09.08.2005 18:29
hmm *hädereib* schöns kapitel, schön beschrieben, und eigentlich gibs dazu auch nix mehr zu sagen.
und eigentlich wäre es auch nett wenn du mir das kapitel noch zuschickst, das unter 'adult' eingestuft ist, sonst fehlt mir wohl ein stück *fg*
Von:  DarkChrysalis
2005-06-01T13:06:35+00:00 01.06.2005 15:06
Hmmm, was soll ich dazu noch sagen? Das Kapitel spricht für sich.
Was mir dieses mal wieder sehr gefiel, war, dass du wie bei deinem Prolog den Storyverlauf so schön formuliert hast. Viele, die ihre Fanfictions hier reinstellen, haben zwar sehr gute Ideen, aber es fehlt ihnen das nötige Talent, ihre Geschichte in einem flüssigen und zugleich spannenden Ablauf zu erzählen, so wie du es kannst.
Es ist schön mit anzusehen, wie Az sich mehr oder weniger Gedanken um das Mädchen macht und auch auf eine gewisse Art auf sie acht gibt, zum Beispiel, als er sie auf den Sattel setzte und darauf achtete, ihr nicht weh zu tun. Und irgendwie ist es auch traurig und süß zugleich, dass er nicht weiß, wie er mit den Gefühlen anderer umgehen soll, weil er selbst kaum Gefühle zeigt ...
Bei Slizer habe ich das Gefühl, er sieht in ihr so was wie eine kleine Schwester auf die er Acht geben will, oder täusche ich mich?
Das sie jetzt auf die Vampire gestoßen sind, gibt dem Ganzen eine neue Wendung, die, würde ich sagen, perfekt in den Verlauf hinein gearbeitet wurde. Aber der Kampf mit den Werwölfen war wirklich grausam ... und Az wurde schon wieder verletzt. *snif*
Ich bin schon sehr gespannt, was dann alles in Nürnberg passiert, denn bei den Vampiren konnte man wirklich nicht einschätzen, ob sie ihnen wohl gesonnen sind oder nicht.

Chrysalis


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