Zum Inhalt der Seite

Nigredo

Der Schatten des Lebens
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Zeit, zu sehen

Zeit, zu sehen
 

Kazuki war ein Schatten unter Schatten, ein schwarzer Tintenklecks in dunkler Nacht, wie er zwischen den Häusern entlang huschte. Selbst jetzt, da sein Körper zu verfallen begann, war er mit den dunklen Gaben der Unterwelt ausgestattet, was bedeutete, dass ihn kein Mensch sah oder hörte bis auf die wenigen, die einen siebten Sinn dafür besaßen. So wie dieser Tooru Nishimura, der heute Nacht sterben sollte. Durch Kazukis Hand. Noch immer hatte er sich nicht genau überlegt, was er tun sollte, sobald er diesem Mann gegenüber stehen würde. Einerseits hatte er Kazuki nichts getan, andererseits gewänne Kazuki nichts dadurch, wenn er ihn verschonte. Dann würde einfach ein anderer Dämon an seine Stelle rücken und den Job erledigen und Kazuki würde entgültig zur Hölle fahren. Und dann gab es ja noch diesen geheimnisvollen Beschützer, von dem Kazuki nichts wusste außer, dass ihn angeblich ein Engel mit Feuer und Schwert aus dem Zwischenreich Nigredo befreit haben soll, damit er sich erneut bewähren könnte, um schließlich doch noch seine Seele zu retten. Kazuki konnte gar nicht sagen, wie sehr er sich eine solche Chance gewünscht hätte. Er beneidete diese Seele und hoffte fast, dass dieser Mensch, der es wert war, gerettet zu werden, ihn besiegen würde.

Er war fast an seinem Ziel angekommen, er wurde magisch von einem Wohnhaus in der Innenstadt angezogen von dem er wusste, dass Tooru dort wohnte. Widerstreitende Gefühle in seiner Brust versuchten, in seinem Versand Hoffnung zu wecken. Der wiedergekehrte Beschützer dieses Mannes musste ein guter Mensch gewesen sein, vielleicht konnte er auch für kazukis rettung etwas tun, wenn er darum bäte. Möglicherweise gab es eine Kraft, die stark genug und auch willens sein könnte, ihn von seinem teuflischen Herrn zu befreien. Und von diesem Ding, das einst sein eigener Leib gewesen war und ihm jetzt ein Anhängsel geworden ist.

So versunken war Kazuki in das Pläneschmieden, dass er die Erscheinung vor ihm im Dunkeln nicht wahrnahm, bis sie ihn am Hals packte und mühelos einen Meter über dem Erdboden in der Luft hielt. Die Klaue, die ihn umklammert hielt, gehörte zu einem Arm, der in einer tiefschwarzen Kutte verschwand, aus deren Kapuze ein rotglühendes Augenpaar auf Kazukis nunmehr schreckensbleiches Gesicht gerichtet war. Schmerzhaft rang er nach Luft und seine Hände versuchten vergeblich, die Finger um seinen Hals aufzubiegen.

"M-Meister...was habe ich getan?" stammelte er und war sich seiner ketzerischen Gedanken wohl bewusst.

"Gar nichts hast du getan! Und dafür habe ich dich nicht auf die Erde zurückgeschickt, du kleiner Bastard!" die Stimme tönte dumpf unter der Kapuze hervor, sie war wie das Flüstern des Windes in kahlen Zweigen, wie das Knacken von brennendem Holz. Grausam um kalt.

"Neineinein! Ich... bin schon unterwegs, ich-ch-ch musste mich doch tagsüber verstecken >hust<..." selbst in Kazukis Ohren klang seine eigene Stimme dünn und verlogen.

"Ich gebe dir eine allerletzte Chance, deinen Auftrag zu erfüllen, weil du mich amüsierst - noch. Solltest du versagen, dann bist du ab sofort vogelfrei und wirst dich mit all meinen Dienern anlegen, die sich um den Preis deines Kopfes gegenseitig auslöschen würden." Die Finger drückten noch etwas stärker zu und aus Kazukis Nase begann ein dünner Rinnsal schwarzer Flüssigkeit zu sprudeln. "Und damit die Angelegenheit nicht zu langweilig für dich wird gibt's noch ein kleines Geschenk von deinem Herrn:du bekommst all deine Erinnerung an dein Leben vor dem Tod und danach zurück, damit du weißt, wie du dir die letzten vier Jahre in meinen Diensten vertrieben hast." Carrion machte eine knappe Handbewegung und die Dunkelheit zog sich für einen Moment um Kazuki zusammen. Als er wieder klar sehen knnte, zog er scharf den Atem ein und seine Augen weiteten sich, ohne dass sie etwas wahrnahmen. Die Lücken in seinem Gedächtnis, diese barmherzigen wattigen Löcher, waren verschwunden. Er hatte gemordet, er war ein Mörder. Er hatte immer gewusst, dass es so war, aber nun kannte er auch das Wie. Seine Lippen begannen unkontrolliert zu zittern, er öffnete den Mund, aber kein Laut drang daraus. "Enttäusche mich nicht, mein kleiner Zombie." Mit diesen Worten ließ der Torwächter Carrion seinen Sklaven achtlos auf die Straße plumpsen und verschwand lautlos in einer Wolke aus schwarzem Nichts. Er liebte große Auftritte.

Kazuki blieb allein in der dunklen Straße zurück, allein bis auf die Geister derer, deren Leben er nahm und die jetzt in seinem Verstand spukten. Er wimmerte leise. Mit der Hand wischte er sich die übelriechende Brühe vom Kinn und erhob sich taumelnd. Unmöglich, sich gegen einen so mächtigen Gegner aufzulehnen. Er war verdammt und wenn es einen Ausweg gab, dann nur geradewegs in den neunten Kreis der Hölle. Er kicherte glucksend, als sich sein Verstand verabschiedete. Der Wahnsinn deckte gnädig sein Tuch über Kazukis Denken. Der Tod kommt zu Nishimura. Heute Nacht. Der Gedanke war so komisch, dass er erneut lachen musste.
 

hide fasste nach Kyos Hand, die auf seinem Arm lag. "Bitte, hide, ich muss jetzt wissen, wieso diese Glaswand zwischen uns ist. Es ist, als seist du...", Kyo suchte nach den richtigen Worten, "als wärst du zurückgekommen, aber nicht ganz. Als fehlte ein Teil von dir, der uns früher verbunden hat." Kyos Fingernägel krallten sich in hides Fleisch, doch wenn dieser Schmerzen fühlte, so zeigte er es nicht. Stumm nahm er Kyos Hand in die seine und verschränkte seine schlanken, blassen Finger mit Kyos dunkleren. Er schaute auf das Gitter der Finger hinab und antwortete tonlos. "Ja, ich weiß. Es ist nur so, dass ich diese Welt für immer verlassen habe, ich dar mich nicht mehr emotional binden oder erlauben, dass sich jemand an mich klammert. Das verstehst du doch?" Schmerz flammte in Kyos Augen auf wie schwarzes Feuer. Kaum merklich schüttelte er den Kopf.

"Ich erkenne dich überhaupt nicht mehr wieder. Ich sah, wie du einen Menschen getötet hast, und du warst dabei so kaltblütig, als hättest du nie etwas anderes getan!" Kyo kamen zum ersten Mal Zweifel an seinem Freund. Was wäre, wenn hide nicht mehr der Mensch war, als der er diese Welt vor 6 Jahren verlassen hatte? hide war, wie Kyo immer zu sagen pflegte, geradezu ekelhaft gutmütig gewesen.

"Kannst du nicht wieder so sein wie du warst - für mich? Manchmal , für einen ganz kurzen Moment, denke ich, du bist wieder ganz der alte, aber dann entfernst du dich im selben Augenblick wieder von mir. Du bist mir so fremd, dass ich Angst vor dir habe." Kyo merkte, wie seine Stimme belegt wurde und seine Kehle wurde immer enger. Es fiel ihm unglaublich schwer, sich derart zu offenbaren, ganz besonders jetzt, da er nicht wusste, ob dieses Wesen neben ihm überhaupt derjenige war, für den er es hielt. Zum ersten Mal nach hides Rückkehr hatte Kyo Zweifel daran, ob hide auf seiner Seite stand. Trotzdem war er in diesem Augenblick bereit, alles auf eine Karte zu setzen mit diesem Geständnis und möglicherweise dabei zu verlieren, was auch immer das bedeuten mochte.

"Hideto, ich brauche dich, mehr als alles andere auf der Welt. Du kannst dir vorstellen wie es ist, wenn niemandem mehr vertrauen kann. Seit Dir en Grey den Durchbruch hatten erkenne ich nicht mehr, wer ein ehrlicher Freund ist und wer nicht. Überhaupt scheinen alle nur an Kyo interessiert zu sein, Tooru ist ihnen einerlei. Ich weiß selbst nicht mal mehr, wer ich bin." Kyo holte Luft und sprach schnell weiter, da er fürchtete, es sonst nicht schaffen zu können, dass seine Kraft nicht reichen könnte.

"Ich habe so viele Masken getragen, ich habe keine Ahnung mehr, was noch Teil von mir ist und was nicht. Weißt du, ich leiste mir nur wenige Freunde. Ich ertrage es nicht, wenn du mich jetzt allein lässt. Nicht noch einmal." Schamesröte färbte sein Gesicht und deshalb vermied Kyo es, hides Blick zu begegnen, stattdessen starrte er auf eine kleine Gruppe Teelichter vor ihm auf dem Boden. "Du warst immer ein strahlendes Licht für mich. Und in mir ist nur Finsternis."
 

hide war zutiefst berührt, nein, erschüttert. Seine so sorgfältig aufrechterhaltene Distanz schmolz dahin, als er heftige Zuneigung zu seinem Freund fühlte. Kyo wartete offensichtlich auf ein Zeichen von ihm, welches den Damm entgültig zum Bersten brachte, Kyos mühsame Beherrschung war fast erschöpft. Wäre Kyo jünger gewesen, hätte er zu weinen begonnen, doch es kostete ihn viel Kraft, es nicht zu tun.

hide hatte ein zentnerschweres Gewissen, das er so viele Geheimnisse vor seinem ehemaligen Schützling verbarg, aber er sagte sich, dass es das beste sei.

Wortlos legte er seine Gitarre beiseite und breitete die Arme aus. Der Anflug eines schiefen Lächelns bedeutet Kyo, dass es in Ordnung war. Er warf sich dankbar in hides Umarmung und vergrub sein Gesicht an hides Hals. Nur ganz kurz kam er sich dabei peinlich berührt vor, weil er ganz einfach kein Junge mehr war.hide wiegte Koy sanft hin und her, streichelte seine verklebten Haare und flüsterte ihm beruhigend zu. Schmerzliche Gefühle überschwemmten Kyo, verlegen zog er die Nase hoch.

"Es tut mir leid, Tooru. Ich hätte niemals geglaubt, wie viel dir unsere Freundschaft bedeutet hat. Aber du machst es mir nur noch schwerer...hides Hand lag leicht zwischen Kyos Schulterblättern. "Kyo, die Träume, die dich Nacht für Nacht heimsuchten - es waren mehr als nur Träume. Ich fürchte, sie kamen von mir." Er ließ das Gesagte einen Moment lang sacken. "Offenbar hast du durch meine Augen gesehen, was ich in Nigredo erlebt habe. Möglicherweise bestand immer eine Art telepathisches Band zwischen dir und mir, weil du diese Gabe hast und weil du mich nie vergessen konntest. Ich wünschte, ich hätte dir das alles ersparen können. Tut mir so leid." Kyo strich vorsichtig eine von hides schwarzen Haarsträhnen beiseite. Ihm fiel auf, dass weder hides Haar noch seine Haut oder seine Kleidung nach irgendetwas rochen. Er nahm eine Spur von Herbstluft wahr, aber sonst roch hide nach gar nichts. Jeder Mensch hat seinen besonderen Geruch, der seine Persönlichkeit unterstreicht, und bei hide war immer Zigarettenrauch dabei gewesen, vermischt mit allerlei Beauty-Kram aus seinem umfangreichen Arsenal.

"Ich will diese Gabe nicht haben, nicht noch einen Fluch mehr! Warum ausgerechnet ich?!" Hilflosigkeit machte Kyos Stimme brüchig. "Ja, ich weiß. Aber wir können uns unser Schicksal nicht aussuchen." Sanft drückte hide Kyo an den Schultern von sich weg und schaute ihm offen ins Gesicht.

"Und was diesen Kane betrifft: er war kein Mensch und du hast es gesehen. Er war ein Dämon als Mensch verkleidet und er hätte dich fast umgebracht. Ich muss dich beschützen." Kyo überlegte. "Und was ist aus den anderen beiden Kerlen geworden? Ich meine, es waren Arschlöcher, aber..." hide fiel ihm ins Wort: "Aber es waren Menschen. Ich darf keinem Menschen das Leben nehmen. Sie sind frei." Der blonde Mann nickte widerstrebend. "Und was machen wir jetzt?" fragte er. "Jetzt," grinste hide, "jetzt werden wir dir erst mal Make-Up Entferner besorgen und dann bringe ich dich nach Hause." Er hielt Kyo einen Taschenspiegel von irgendwoher vor die Nase und selbst Kyo war leicht erschrocken über sein vollkommen zerstörtes Make-Up. Getrocknetes Blut um seinen Mund mischte sich mit Eyeliner, der in breiten schwarzen Bächen von seinen Augen zum Kinn führte. Sein Haar war eine schmutzstarrende Masse und was er von seinem Kragen sehen konnte war blutbefleckt.

"Bevor wir hier weggehen - kannst du nicht noch einmal was von deinen alten Sachen anziehen? Ich würde dich schrecklich gern noch einmal darin sehen, weißt du." Hide wollte gerade eine achtlose Bemerkung darüber machen, riss sich jedoch im letzten Moment zusammen, da es Kyo offensichtlich tatsächlich viel bedeutete. "Na ja...ich will mal nicht so sein..." dehnte er.

"Übrigens: kennst du jemanden mit dem Namen Kazuki?" erkundigte sich hide wie beiläufig.

"Nein, ich glaube nicht, wieso?" hide machte mit der Hand eine Wischbewegung. "Nur so. Ich glaube, wir werden bald jemandem namens Kazuki begegnen."



Fanfic-Anzeigeoptionen
Blättern mit der linken / rechten Pfeiltaste möglich
Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  JohnnyMcAciD
2006-01-01T18:34:12+00:00 01.01.2006 19:34
geil *~*
...man konnte Kyo's ganze Reaktionen voll gut nachvollziehen ... und dann auch noch diese Stelle mit Kazuki *schnurr*
maql wieder sehr realistisch *lob*
schreib bitte schnell weiter *knuddl*

dein Devilchen
Von: abgemeldet
2005-12-28T22:30:59+00:00 28.12.2005 23:30
DAS IST SO TRAURIG *___*

aber gut.
ich liebe fantasy im stile von the crow^^
was wohl als nächstes passiert?


Zurück