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Das Zentrum des Heckenlabyrinths

Neu: Chapter 13
von

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Chapter 2

Chapter 2

Nacht 3
 

Kommentar: wie man an den spärlichen Reaktionen (ein Kommi ist ja nun mehr als mager... *sniff*) merkt, haben Emily und ich etwas länger gebraucht, um einen Einstieg zu finden. Wir hoffen, dass dieses Chap vielleicht mehr Zuspruch findet. Kritik ist aber ebenfalls erwünscht. Viel Spaß damit...
 

Noch blasser als sonst spülte Alan sich den Mund aus. Wegen diesem Hundesohn hatte er sich jetzt dreimal übergeben, was seine Laune nicht gesteigert hatte und so fing er damit an, Damons Kopf gnaden- und rücksichtslos nach allen Auslegungsvarianten des Zitats "Ich werde deinen Kopf aufknacken wie eine Nuss." auseinander zunehmen. Jeden Gedanken der Zeit seit dem vergangenen Abend würde er mindestens viermal umdrehen, bis er wusste, warum Damon ihn gestört hatte. Trotzdem würde er alles, was vor ihrer Begegnung in dem Kopf seines Opfers stattgefunden hatte, unangetastet lassen. Diese Art vorzugehen war zwar alles andere als seine erste Wahl, aber erstens sah er sich gefährdet und zweitens hatte der Mensch es verdient.

Es war ihm sowas von egal, dass der andere es bereute und nicht gewollt hatte, aber er hatte es getan und er konnte Alan nicht weismachen, dass er nicht wusste, dass jede Art von Tageslicht, von Sonne gar nicht zu reden, sich negativ auf den Organismus der Vampire auswirkte. Und dass Damon sich mittlerweile vor ihm fürchtete, beachtete er auch nicht weiter. Er musste wissen, ob er wieder vorhaben würde, ihm zu schaden.
 

Er hatte dies tatsächlich nicht gewusst. Natürlich wusste er, dass Vampir bei der Berührung mit Sonnenlicht verbrannten, aber das selbst ein wenig Sonnenlicht oder die Erhellung solche Konsequenzen hatte, das hatte er nicht gewusst. Und er hatte dem Vampir auch bestimmt nicht wehtun wollen. Er schrie erschrocken auf, als er auf einmal stechende Schmerzen in seinem Kopf verspürte, was zum Teufel tat der Vampir da? Er war sich sicher, dass die Ursache für die Schmerzen Alan war, wer sonst?! Keuchend sank er auf dem Bett zusammen, hielt sich den Kopf, konnte dadurch die Schmerzen aber nicht wirklich lindern. Tränen stiegen in ihm die Augen. Er kam sich hilflos vor, dem Vampir und seiner Raserei völlig ausgeliefert. Und wieder packte ihn die Angst der blanken Gewissheit, dass Alan ihn töten wollte, und zwar langsam und qualvoll, stellte er für ihn doch jetzt eine Bedrohung dar.
 

Mangels einträglicher Ergebnisse, außer Reue in verschiedensten Variationen, drang sein Gewissen, dieser lästige Störenfried, wieder zu ihm durch und legte ganz sachlich dar, dass er hier gerade ein Musterbeispiel von roher Gewalt gegen Schwächere exerzierte. Alan brach die zerstörerische Suche schließlich ab, wehrlos gegen die penetrante Stimme, und zog sich aus dem Kopf des Schwächeren zurück. Nur dessen aktuelle Gedanken schwirrten wie leise Sprache um ihn herum.

Gott, war ihm schlecht. Und Blut auf einen derart verstimmten Magen vertrug sich bestimmt nicht besonders. Deswegen unterließ er es, Damon einen persönlichen Besuch abzustatten und erhob sich noch etwas schwankend als Fledermaus zu seinem allnächtlichen Rundflug in die Luft.
 

Wimmernd stellte er fest, wie die Schmerzen nachließen. Was wohl als nächstes kam?! Er wagte es nicht, sich zu erheben, war er doch sicher, dass der Vampir jede Minute hier auftauchen würde oder zumindest die Schmerzen wieder einsetzen würden. Als eine Weile nichts passierte, schloss er erschöpft die Augen. Vielleicht hatte er doch noch einmal Glück gehabt? Vielleicht war der Vampir aus seiner Raserei aufgewacht? Hoffen konnte man ja...

Einzelne Tränen der Erleichterung bahnten sich ihren Weg durch die immer noch geschlossenen Augenlider und liefen seine Wangen hinab. Er fühlte sich auf einmal so müde... ausgelaugt.
 

Weil er trotzdem Hunger hatte und seine Rachegelüste nicht völlig befriedigt waren, flog er bis zum Waldrand, um die Kinder aufzuspüren, von denen Damon erzählt hatte. Es dauerte, bis er die Gruppe Menschenbälger erspäht hatte. Dann weckte er leise eins von ihnen, lockte es tief in den Wald und trank es ganz aus. Den toten Körper legte er in einen dichten Busch. Er hatte längst aufgehört, sich schon wegen des unschuldigen Geschmacks schuldig zu fühlen und er hatte auch keine Angst mehr, Leben zu beenden, deshalb machte es ihm nichts mehr aus, dass er gerade aus fast ausschließlich Raserei ein Kind getötet hatte.

In weiten Umwegen kehrte er zur Villa zurück.
 

Er war inzwischen eingeschlafen. Wenn Alan kommen würde, dann würde er das schon mitbekommen, aber die Angst und Ungewissheit und die Schmerzen in seinem Kopf hatten ihn zu sehr erschöpft. Er fühlte sich, als hätte Alan fast sein gesamtes Blut genommen. Er lag noch immer so auf dem Bett, wie er zusammengesunken war, die nächtliche Kälte ignorierte er und als er dann tief schlief, bemerkte er sie kaum noch. Er war nur froh noch zu leben und dafür dankte er Alan.
 

Erst kurz vor dem Morgengrauen war Alan wieder am Herrenhaus angelangt. Dort setzte er die Anweisungen an seine Dienerschaft auf, die er sich in den vorherigen Stunden ausgedacht hatte. Der Mensch würde ab jetzt nur noch Ernesto, der ihm das Essen gebracht hatte, zu sehen bekommen und ihm verbot er hiermit, sich mit seinem Gefangenen zu unterhalten. Niemand außer ihm selbst durfte dem Menschen Ausgang gewähren. Alan platzierte die Instruktionen am gewohnten Platz und suchte Damons Zimmer auf.
 

Er schlief immer noch. Nun gut, er versuchte zu schlafen. Sein Kopf fühlte sich an, als hätte er einen Kater und dieses Gefühl wurde dadurch, dass er die Augen schloss und versuchte zu schlafen, wenigstens ein bisschen gelindert. Andererseits war er durch die Stunden, die er vorhin geschlafen hatte, eigentlich viel zu wach, um zu schlafen und wenn er darüber nachdachte...

Er wimmerte leicht, allein das bloße Denken schien ihm Schmerzen zu bereiten. Er konnte nur hoffen, dass das bis morgen wieder aufgehört hatte. Vielleicht würde der Vampir ihm ja den Gefallen tun und fast ganz austrinken, dann würde er wenigstens für ein paar Stunden schlafen und den Schmerzen entkommen.
 

An sich hatte Alan nach dem Blut des Rotzlöffels vorhin mehr als genug für diesen Abend getrunken. Trotzdem zog er den halbwachen Damon am Hemd in eine annähernd aufrechte Sitzposition und biss zu. "Eigentlich sollte ich nie wieder sanft zu dir sein..." teilte er ihm kurz vorher noch mit, bevor er seine Worte damit widerlegte, dass er genauso vorsichtig wie gestern Abend zubiss.

Nach einigen Schlucken ließ er von ihm ab. Er hatte ihn sowieso nur deswegen gesucht, um ihm zu zeigen, wozu er hier war, und nicht, weil er hungrig gewesen war.
 

Er seufzte leicht auf, als er die Zähne in seinem Hals spürte. Er wusste nicht warum, aber die gleichmäßigen Schluckgeräusche Alans hatten eine beruhigende Wirkung auf ihn. Vielleicht lag es aber auch einfach daran, dass sein Kreislauf durch das ganze Liegen sowieso nicht der beste war und der Verlust von Blut ihn auch nicht wieder auf Vordermann brachte. Er schloss die Augen, da ihm mal wieder schwarz wurde und murmelte leise: "Es tut mir leid."

Dass Alan anscheinend schon genug getrunken hatte, das schloss er jedenfalls aus der Tatsache, dass dieser schon so früh von ihm abließ, pikierte ihn irgendwie. Wozu war er hier, wenn Alan sich dann doch nicht an ihm satt trinken wollte? Außerdem würde er dadurch nicht zu seiner erhofften Ohnmacht kommen und die Schmerzen in seinem Kopf hatten sich auch nicht gebessert.
 

"Davon wird es auch nicht besser!" Knurrte er, weil ihm gerade die Nackenschmerzen samt der anhaltenden Übelkeit in den Kopf krochen. Als er noch gelebt hatte, wäre das eine vorbildliche Migräne gewesen, aber Vampire bekamen keine Migräne. Daran war nur Damon und das verdammte Tageslicht schuld.

So kam er auch nicht so recht dazu, den Geschmack des Blutes ausreichend zu würdigen. Und Damon konnte nicht erwarten, dass er ihm jetzt in irgendeiner Weise einen Gefallen dafür tun würde, dass er ihm diese Erinnerung an frühere Zeiten verschafft hatte.
 

Er erhob sich leicht und schleppte sich an das andere Ende des Bettes. Dort legte er sich hin und verkroch sich unter der Decke. Er wollte schlafen, um endlich diese bescheuerten Schmerzen los zu werden... aber er war einfach zu wach. Selbst das Alan ihn kurz angezapft hatte, hatte anscheinend nicht wirklich geholfen, ihn müder werden zu lassen. Dennoch wollte er im Moment nicht mit dem Vampir reden. Also blieb ihm nichts anderes übrig, als sich grummelnd unter der Bettdecke zu vergraben.
 

Wenn die ganze Sache nicht ernst gewesen wäre, hätte er Tränen gelacht. Zu ironisch war, wie sich Damon wie ein geprügelter Hund unter der Decke verkroch. So warf er nur ein abfälliges "Tse" in den Raum und verließ ihn.

Weil er für eine Nacht mehr als abgefüllt war und sowieso nur schlechte Laune hatte, schloss er Damon wieder in seinem Zimmer ein und machte sich bettfertig. Diese Nacht musste einfach beendet werden, bevor sie ihm noch mehr auf den Kranz ging.
 

Er bekam am Rande mit, dass Alan die Tür abschloss. Das hieß wohl mal wieder ein ganzer Tag voller Langeweile. Leicht mürrisch blickte er unter der Decke hervor und sah sich in seinem Zimmer um. Er wurde einfach nicht müde. Wie er das doch hasste, wenn er schlafen wollte, konnte er nicht und wenn er nicht wollte, war er hundemüde. Leicht sauer über sich selbst starrte er die Decke an. Na ja wenigstens wurden die Kopfschmerzen weniger.
 

Trotzig zog er die Decke über sich. Sollte Damon sich doch den Tag über langweilen, war doch seine eigene Schuld. Alan hatte es für selbstverständlich gehalten, dass er seine Zimmer nicht ohne seine Erlaubnis betrat. Aber wenn er sich nicht daran hielt, konnte er ihn eben nicht draußen herumlaufen lassen. Und seine eigene Tür abzuschließen sah er wegen dieses vorlauten Opfers überhaupt nicht ein.

Er schloss die Augen und sah sich die Dunkelheit in der Innenseite seiner Lider an. Er konnte warten. Er wusste, dass er bald schlafen würde.
 

Damon dagegen konnte einfach keinen Schlaf finden. So aß er das Mittagessen in einem leicht schläfrigen Zustand und war wütend darüber, das sich der Diener weigerte, mit ihm zu reden. Wahrscheinlich war dies auch eine Anweisung von Alan....

Na schön, wenn er meinte, er würde ihn so dazu kriegen, dass er gehorchte, dann hatte er sich getäuscht. Nun doch etwas müde ließ er sich auf das Bett sinken. So fand er nach einer Stunde auch endlich den erwünschten Schlaf.

Nacht 4
 

Alan konnte froh sein, die Gedanken seines ,Schützlings' nicht mithören zu können. Sonst hätte er sich wieder die halbe Nacht den Kopf zerbrechen müssen, wie er ihn zum Gehorsam erziehen konnte, oder ob er sich verfrüht von seiner Konserve trennen würde.

So schlief er friedlich, bis das Rot des Himmels erst einem gelblichen Grün, und schließlich ganz der schwarzen Dunkelheit gewichen war.
 

Damon bekam davon überhaupt nichts mit. Zulange war er wachgeblieben und hatte sich den Kopf zerbrochen. Er schlief sprichwörtlich wie ein Stein. Außerdem hatte er die schweren schwarzen Vorhänge vorgezogen, wodurch es in seinem Zimmer sowieso schon schön dunkel war.
 

Noch völlig übersättigt vom Vortag drehte Alan seine Runde über dem Irrgartenwald. Er hatte nicht vor, Damon heute noch anzuzapfen, obwohl er heute sicher mehr Geschmack für dessen leckeres Blut übrig gehabt hätte.

Die Kinder waren weiter am Waldrand entlanggezogen und so langsam fragte sich der Vampir, was das sollte. Da er aber nicht vorhatte, seine Zeit zu verschwenden und sie zu vertreiben, wenn er sie auch einfach trinken konnte, ließ er sie unbehelligt und kehrte zu seinem Anwesen zurück. Im Vorbeigehen schloss er Damons Tür auf, damit er frische Luft bekam und verzog sich in sein Arbeitszimmer, um den anstehenden Papierkram zu manipulieren.
 

Damon wachte langsam auf. Er hörte wie die Tür leicht klickte und erwartete den Vampir. Als dieser aber nicht erschien, war er erst etwas erstaunt. Hatte dieser keinen Durst oder besorgte er sich von jemand anders das Blut? Er hoffte es wäre ersteres, denn wenn der Vampir jemand anderes gefunden hatte, könnte er ja gleich gehen. Froh darüber wieder Luft schnappen zu können, rappelte er sich auf und öffnete die Tür. Er trat hinaus in die Nacht und setzte sich auf die Treppenstufen.
 

Angefressen kratzte sich Alan am Kinn. Je mehr Bilanzen, Rechnungen und Aufstellungen er durchging, um so offensichtlicher wurde, dass sein Geld langsam knapp wurde. Das letzte erschlichene Erbe würde nicht mehr lange reichen und allmählich wurde eine Umstellung bitter nötig. Er brauchte Besitz, der Geld einbrachte und es nicht nur verschlang. Aber woher sollte er den bekommen...

Jetzt endgültig des letzten Nervs beraubt, der ja schon von der Tatsache, dass er sich das hier antun musste, angegriffen gewesen war, warf er die Schreibfeder auf den Tisch, stand auf und ging in das Nebenzimmer.

Wenn es so weiter ging, würde er noch nikotinabhängig, schmunzelte er säuerlich in sich hinein. Er konnte sich nicht erinnern, früher regelmäßig geraucht zu haben. Trotzdem griff er nach der schlanken Pfeife und stopfte sie mit süßlich riechendem Tabak.
 

Von all dem bekam Damon natürlich nichts mit. Er saß draußen auf der Treppe und grübelte vor sich hin. Dass er wegen der kalten Nachtluft eine Gänsehaut hatte, störte ihn nicht. Er schnupperte leicht, als er meinte, eine leichte Veränderung der Luft mitzubekommen... War das Tabak?

Der Geruch kam ihm bekannt vor, aber woher? Da fiel ihm der Vampir ein. Apropos Vampir. Seufzend erhob er sich und folge seiner Nase. Vorsichtig öffnete er eine Tür und spähte hinein. Da stand ja Alan mit der Pfeife in der Hand am Fenster. Er musterte das Gesicht Alans. Waren da etwa Sorgenfalten? Er räusperte sich leicht und schaute entschuldigend zu dem Vampir...

"Hast du gar keinen Hunger?" fragte er Alan leicht schüchtern.
 

"Gewöhn' dir an, anzuklopfen!" bemerkte Alan ruhig und kein bisschen überrascht, ohne sich umzudrehen. Er blies einen formvollendeten Rauchring in die Luft und sah ihm nach, bis er sich in der Nachtluft aufgelöst hatte, bevor er sich seinem ungebetenen Gast zuwandte.

"Nein, ich bin satt von gestern." Antwortete er, seine mittelschlechte Laune verbergend, weil sie sich diesmal nicht auf Damon bezog, auf dessen Frage. "Kannst du es nicht mehr erwarten, wieder gebissen zu werden?" So wie Alan es sagte, klang es eher nach einer Feststellung als einer Frage.

"Menschliche Körper brauchen Zeit, um sich zu regenerieren, sonst verbrauchen sie sich zu schnell." Rügte er ihn damit indirekt.
 

Er überlegte einen kurzen Moment über Alans Worte und kam zu dem Schluss, dass dieser wohl Recht hatte. Er hoffte nur innerlich, dass die schlechte Laune nichts mit seinem ungebetenen Erscheinen zutun hatte. "Tut mir leid, das nächste Mal werde ich anklopfen." meinte er leicht betrübt. Alans Worte brachten ihm zum Nachdenken.

War er wirklich so versessen auf dessen Bisse?

Oder konnte er einfach nicht zugeben, dass er sich allein gefühlt hatte? Er mochte die Gesellschaft des anderen, auch wenn sie sich fast nur anzickten. Wie zwei alte Waschweiber, hätte seine Mutter gesagt und bei der Vorstellung daran musste er leicht grinsen. Er wusste zwar, dass Alan gerade wahrscheinlich seine Gedanken las, dennoch meinte er schulterzuckend: "Ich weiß nicht, mir war irgendwie langweilig."
 

Lesen war irgendwie das falsche Wort. Abhören oder Mithören traf es schon eher, korrigierte der Vampir still für sich. "Und was dachtest du, kann ich dagegen tun, dass dir langweilig ist?" fragte er, weil Damon ja ganz offensichtlich beschäftigt werden wollte. Am Liebsten hätte er ihm jetzt den Bürokratiekram samt Lösung seines Problems aufgebrummt, aber das ging diesen komischen Menschen alles nichts an und deswegen musste er es wohl selbst erledigen.
 

"Dich mit mir unterhalten?" fragte Damon vorsichtig. Er wollte den anderen wirklich nicht stören, wenn dieser zu tun hatte, aber im Moment sah es seiner Meinung nach wirklich nicht danach aus, weswegen er sich traute zu fragen. "Oder du gibst mir irgendeine Arbeit, die ich erledigen kann." Setzte er dann nach einer Weile hinzu. Vielleicht wollte Alan sich ja nicht unterhalten und da war es besser ihm schon eine zweite Lösung vorzuschlagen.
 

Halb ein Schmunzeln unterdrückend, weil es wirklich herablassend gewesen wäre, antwortete der Weißhaarige: "Bedienstete suche ich mir viel gründlicher aus." Schon der Satz allein war eigentlich eine ziemliche Nadelspitze, aber andererseits auch die reine Wahrheit. "Worüber willst du dich denn unterhalten?" stellte Alan erneut eine Gegenfrage, auch damit Damon seine vorherigen Worte nicht zu genau analysieren konnte, und sah einem der hellblauen Rauchkringel nach.
 

"Ähm..." na, das war ja sehr einfallreich... schalt er sich selber in Gedanken. Aber er wusste wirklich nichts. Hatte er doch nicht damit gerechnet, dass der Vampir sich überhaupt auf ein Gespräch einlassen würde. Er fuhr sich nachdenklich durch die Haare. Ausfragen über sein Vampirleben wollte er ihn nicht. Das hatten sie schon gehabt und das mochte Alan ja auch nicht besonders. Viele Möglichkeiten blieben da also nicht mehr. "Ich... ich würde aber trotzdem irgendetwas tun. Dann müsste ich dich auch nicht dauernd mit meiner Anwesenheit belästigen." brachte er dann irgendwann zustande.
 

Alan drehte sich wieder zu Damon um und machte ein paar Schritte auf ihn zu. "Traust du mir nicht zu, dass ich dich rausschmeiße, wenn du mich ernsthaft störst?" Korrekterweise hätte es "immer noch nicht" lauten müssen, da er ihn ja bereits einmal ziemlich erfolgreich des Raumes verwiesen hatte. Insgesamt machte der Mensch heute einen wesentlich gefügigeren Eindruck als gestern und das ließ ihn sich fragen, wie das so schnell ging. Prompt fühlte sich Alan verarscht.

Wenn du nicht damit rechnest, warum fragst du mich dann überhaupt und setzt dich nicht einfach hin und sagst ,Er würde sowieso nicht zustimmen.'? Wunderte sich Alan in Gedanken, weil das eigentlich die naheliegendste Konsequenz der Gedanken seines Gegenübers war.
 

"Doch, klar." Er blickte leicht lächelnd zu der kleinen Gestalt des Vampirs. Alan war zwar um einige Zentimeter kleiner als er selbst, trotzdem hatte er Respekt vor dem anderen und seinen Wutausbrüchen und wusste, dass es besser war, dem anderen seinen Willen zu lassen. Andernfalls würde er nur wieder Kopfschmerzen oder Schmerzen im Hals haben. Und die zu vermeiden war ja nicht sonderlich schwer. Er fuhr sich eher aus Reflex über die Schläfen, als würden diese schmerzen. Er musterte Alan noch einmal. Schon komisch, dass er sich von so einem Kleinen herumkommandieren ließ, war er doch selbst um die 1, 80 groß.
 

Wozu sollten sie sich überhaupt noch unterhalten? Damon lieferte ihm fast jedes Mal mit seinen Gedanken die Antwort auf eine von Alans unausgesprochenen Fragen. Der "Kleine" störte ihn schon gar nicht mehr, weil er in den Köpfen fast aller seiner Gesprächspartner irgendwie eingegipst zu sein schien. Er hatte irgendwann gelernt, ihn zu ignorieren. "Aber?" Hakte er nach. Nach ,doch, klar' kam im den meisten Fällen schließlich ein Nachsatz.
 

"Nichts aber..." Wie er es doch hasste, wenn Leute einem dieses Aber in den Mund legten. Wenn er noch etwas sagen wollte, dann würde er das schon tun. Das müsste der Vampir doch inzwischen wissen. "Warum schläfst du nicht in einem Sarg?" Er hatte den Vampir bisher dazu noch nicht fragen können, weswegen er es jetzt nachholte. Er fand es interessant, wie sich Alan über die Klischees hinwegsetzte. Hatte er doch immer gedacht, ein Sarg wäre unverzichtbar.
 

Alan hob fast beschwichtigend die Hände. "Ist das jetzt eine Anklage?

Leg dich doch mal in einen Sarg. Kannst du darin schlafen? Oder würdest du das wollen?" Da er sich nun absolut nicht vorstellen konnte, dass man das mögen konnte, fuhr er fort. "Wahrscheinlich nicht. Särge sind doch unsinnig. Sie sind eng, stickig, man muss allein darin schlafen und kann nicht einfach jemanden dazupacken, man muss den Deckel zumachen, man kann sich nicht mal richtig umdrehen. Eigentlich sind sie allgemein blöd. Die Toten können sich bloß nicht mehr darüber beschweren und haben auch nicht mehr das Problem, sich umdrehen zu wollen." Fasste Alan zusammen. Die Argumente hatten sich über Jahre gesammelt, weil er sich immer dagegen gewehrt hatte, sich so einpferchen zu lassen.

"Die einzigen beiden Vorteile sind, dass sie kein Licht hereinlassen und die Neugierigen unter den Menschen wesentlich seltener auf die Idee kommen, hineinzusehen." Gab er zu. "Ich hab kein Problem mit meiner jetzigen Natur und sehe auch keinen Grund, mich ständig daran zu erinnern, dass ich im menschlichen Sinne tot bin."
 

Er lächelte leicht. "Aus der Sicht habe ich das noch nie betrachtet. Ich glaub, das Klischee ist dadurch entstanden, dass man denkt, dass ihr tagsüber wie tot seid." Aber dass das auch nicht stimmte, hatte er ja leider selbst feststellen müssen. Die Anspielung auf die neugierigen Menschen, und er war sich sicher, dass es eine Anspielung auf ihn war, überging er. Er trat ein paar Schritte in das Zimmer hinein und schloss die Tür hinter sich. Seufzend lehnte er sich dagegen und schaute an Alan vorbei hinaus aus dem Fenster.
 

"Es gibt ja auch Vampire, die in Särgen schlafen. Vielleicht meinen sie, dass sie es verdient haben." Räumte er ein. Die Kerzen ließen Damons rote Haare einen Moment aufleuchten, als er den Kopf drehte. Ein schönes Farbenspiel, bemerkte der Vampir still für sich.

"Und die Menschen sind sicher der Meinung, wenn wir sowieso generell tot sind, gehören wir in einen Sarg. So sehe ich es zumindest."
 

"Nun ja, es ist schon komisch, wenn man sich vorstellt, dass du eigentlich tot bist." er legte den Kopf ein wenig schief und musterte sein Gegenüber. Das Kerzenlicht tauchte die weiße Haut in leichtes Gelb und so konnte er nun keinerlei Anzeichen dafür finden, dass der andere kein normaler Mensch war. "Aber du hast soviel Temperament, dass man es schnell genug wieder vergisst." Er ließ den Blick zu den Kerzen schweifen. Langsam hatte er sich daran gewöhnt, fast nur noch Nachts auf zu sein und das Licht der Kerzen, die den Raum in ein angenehmes Licht tauchten, fand er schon lange nicht so trügerisch wie am Anfang. Er mochte es inzwischen sehr und hatte Gefallen daran gefunden.
 

Alan beobachtete, wie das letzte Bisschen Glut im Pfeifenkopf verglomm und der rote Schimmer ganz daraus gewichen war. Dann hob er den Blick und traf auf Damons Augen, die ihn im positiven Sinne an Holz erinnerten und nun direkt auf ihm ruhten. "Die Frage ist doch, was tot ist." Gab er zu Bedenken und setzte sich auf das rote Kanapee, das vor einem der Fenster stand. "Klinisch bin ich natürlich tot. Du wirst bei mir in den seltensten Fällen einen Puls entdecken und ich atme nur aus Gewohnheit, nicht weil ich sonst blau anlaufen und tot umfallen würde."
 

"Für mich bedeutet Tod nicht nur klinischen Tod. Es gibt Menschen, die leben nur so vor sich hin, ohne Freude am Leben. Sklaven zum Beispiel, aber auch normale Bürger, es gibt viele von ihnen, die in meinen Augen tot sind. Ihre Augen zeigen eine gewisse Leere, aber die kann ich bei dir nun wirklich nicht entdecken." Er lächelte leicht und blickte Alan kurz in die Augen, aber die grau-grünen Augen wiesen keine Spur dieser Leere auf. Sie strotzten gerade zu vor Lebendigkeit. Er merkte, wie ihm die Beine langsam müde wurden und so ließ er sich an der Tür hinabsinken und setzte sich auf den Boden. Er hätte zwar lieber irgendwo anders gesessen, wusste aber nicht, ob der andere es als unhöflich auffassen würde, wenn er sich einfach so setzen würde.
 

"Meinst du dann dein "eigentlich tot" von vorhin im klinischen Sinne oder gehst du von deinem Verständnis von Tod aus?" hinterfragte Alan seine Aussage und wies gleichzeitig auf das Kanapee, bedeutete seinem Gast damit, sich doch dorthin zu setzen. Damon schien zwar eine ebenso ungewöhnliche aber deswegen nicht unbedingt falsche Auffassung vom Tod zu haben wie Alan selbst. Oder sie meinten sogar beide das gleiche und drückten sich nur verschieden aus. Er verstand unter dem Tod den Verlust der Seele, oder was auch immer es war, dass Augen nicht gebrochen scheinen ließ und das Leben vom Dahinvegetieren unterschied. Und da er für sich selbst in Anspruch nahm, eine Seele zu besitzen, war er in seinen Augen auch nicht tot.
 

"Nun klinisch tot ist nun mal klinisch tot. Ich meinte damit mein Verständnis. Ich wollte damit lediglich sagen, dass für mich auch Lebende tot sein können. Wenn der Körper nur noch eine leblose Hülle ist. Und bei Toten ist der Körper ja auch nur eine leblose Hülle, wenn man das jetzt ganz abstrakt sehen würde." Er nahm die Geste erfreut war und erhob sich. Sein Blick blieb zum wiederholten Male an Alans Augen hängen, als er auf das Kanapee zu ging und sich neben ihn setzte. Komisch, dass ihm das erst jetzt auffiel, aber diese Augen hatten fast die selbe Farbe wie die von Silvana. Er seufze leise und ließ seinen Blick wieder durch den Raum schweifen.
 

Alan kicherte. "Da wir ja davon ausgegangen sind, dass Tote nun mal leblos sind, ja." Er zog die Beine an und setzte sich im Schneidersitz ganz auf die Sitzfläche. "Ich hab ja verstanden, wie du Todsein empfindest, aber am Anfang meintest du, es wäre schwer, sich vorzustellen, dass ich eigentlich tot bin."

Er mochte die Erinnerungsabgründe in den menschlichen Gedanken nicht und er konnte sich auch dem Gedanken, die Erinnerungen anderer auch zu kennen, gegenüber nicht erwärmen. Was amüsant war, waren die tatsächlichen Reaktionen der Menschen, die sich oft von dem unterschieden, was sie nach außen hin vorgaben, aber sonst konnte Alan nicht viel mit den Gedanken anderer anfangen. Ihre Geschichte gehörte ihnen immer ganz allein.
 

Er nickte leicht. "Ja, du hast recht. Da meinte ich den Tod im klinischen Sinne. Ich meine, so lebensfroh wie du wirkst. Da kann man es sich schlecht vorstellen, dass dieser Körper sich eigentlich nicht rühren sollte." Er formulierte das mit dem lebensfroh absichtlich so. Er wusste ja nicht, ob Alan das nur so darstellte oder ob er wirklich so lebensfroh war, und wollte ihm nichts unterstellen, das nicht so war. Ihm gefiel es immer mehr, so mit Alan da zusitzen und mit ihm zu reden. Er war ein guter Gesprächspartner und er hatte schon lange nicht mehr so über solche Dinge reden können.
 

Alan zog leicht die Augenbrauen zusammen. Lebensfroh war ein Wort, das man oft in anklagenden Zusammenhängen benutzte. "Wenn du mit lebensfroh das Gegenteil von Todessehnsucht meinst, hast du Recht." Einen Moment lang betrachtete er das glatte Holz des Pfeifenstiels, bevor er sich erklärte. "Lebensfroh zu sein ist eine komische Sache. Es gibt, glaube ich, niemanden, der sich generell hinstellen kann und sagen kann: "Ich freue mich, dass ich lebe." Ohne dabei aufgesetzt zu wirken. Leute, die gerade die Möglichkeit zu sterben hatten oder etwas ganz besonderes erlebt haben, sind natürlich ausgenommen. Gibt es noch eine andere Variante von Lebensfreude?"
 

Er überlegte etwas, bevor er antwortete. "Vielleicht Zufriedenheit mit dem Leben, so wie es ist. Glücklich darüber sein, dass man lebt und jeden neuen Tag erleben kann. Wenn man jemanden hat, der einem viel bedeutet, erlebt man solche Momente dauernd, aber umso schneller kommt der Fall, wenn diese Person stirbt." Der Glanz in seinen Augen verdüsterte sich kurz, als er diese Worte aussprach. Kaum merklich schüttelte er den Kopf, als wolle er diesen Gedanken abschütteln. "Deswegen sollte man seinen Lebenssinn auch nicht an eine Person binden." Er versuchte ein Lächeln, was ihm aber mehr schlecht als recht gelang.
 

Das war der Grund, weshalb er Gespräche über die Geschichten der anderen nicht mochte. Dass man irgendwann zwangsläufig an Punkte gelangte, an denen er auch nach 150 Jahren noch nicht wusste, was er antworten sollte. "Ich glaube, dass die wenigsten der... wandelnden Leichen von vorhin ihren Lebenssinn samt einer Person verloren haben." Meinte er, weil es die einzige Antwort zu sein schien, die noch so halbwegs passte. Bedauern oder eine Beileidsbekundung hätte zu heuchlerisch geklungen und nachfragen und damit in Sachen stochern, die ihn nichts angingen, wollte er auch nicht.
 

Er nickte leicht abwesend, riss sich dann aber zusammen. Er war dem anderen in einer gewissen Weise dankbar, dass er nicht danach herumstocherte und ihn in Ruhe ließ. Auch dass er nicht versuchte ihn zu trösten oder ihm sein Mitleid/Beileid auszusprechen war irgendwie beruhigend. Denn das verschlimmerte die Sache meistens nur noch. So konnte er sich nach einer Weile von den Gedanken losreißen und blickte den anderen nun wieder ehrlich lächelnd an. "Ja du hast recht, manchmal mag es auch nur Verzweiflung über das eigene Schicksal sein, wie bei Sklaven zum Beispiel."
 

"Hmmm, auch, aber man kann sich auch ganz einfach in seinen eigenen Gewohnheiten verlieren, denke ich. Dass man solange immer das selbe tut, bis man völlig abgestumpft ist. Warum bringst du die Sklaven eigentlich so oft wieder an?" schwenkte Alan mitten im Gedanken in eine zweite Richtung. Weil eine der Kerzenflamme anfing zu flackern und zu rußen, stand er umständlich aus dem Schneidersitz auf und schnitt an der Kerze den Docht ein Stück ab. Dabei nahm er gleich noch das Päckchen Tabak vom Kaminsims und klopfte die Pfeife in die kalte Asche aus, bevor er sich wieder zu Damon auf das rote Kanapee setzte.
 

"Ich finde die Haltung von Sklaven abscheulich. Nicht dass ich etwas gegen Dienstpersonal habe. Aber Sklaven? Ich frage mich immer wieder, wie Leute denken können, dass sie das Recht hätten, andere wie Gegenstände zu behandeln." Er schaute dem anderen dabei zu und sah dabei unwillkürlich auf die Pfeife. Der andere schien wohl sehr gern zu rauchen. Er seufzte ein kleines bisschen. "Aber leider bin ich einer der wenigen, die so denken."
 

Wieso kam es ihm so vor, als klagte Damon ihn damit an? Er hielt keine Sklaven, wie der andere selbst richtig bemerkt hatte, weil er der Meinung war, dass man einem gekauften Menschen weniger vertrauen konnte, als einem, der notfalls eine regelmäßig bezahlte Arbeit zu verlieren hatte. Deswegen und weil Damon sich regelrecht in Rage zu reden drohte, zog er skeptisch eine Augenbraue nach oben, sagte aber nichts.

Nach Damons Blick darauf besann er sich eines Besseren und legte Pfeife und Tabak auf den Beistelltisch. Es war doch sinnlos, jetzt eine Ladung Tabak nach der anderen zu verquarzen, bloß weil es ihn gerade angenehm beschäftigte und er seine Hände gern beschäftigte, während er sich mit jemandem unterhielt.
 

Damon legte leicht die Stirn in falten. Er überlegte, ob er sich in Gedanken über das Rauchen beschwert hatte, da Alan diese nun beiseite legte. Er kam aber zu dem Schluss, dass dem nicht so war und er nicht der Grund dafür war. Er blickte wieder hinaus und bemerkte dabei, wie der Himmel langsam heller wurde. Er erhob sich von dem Kanapee und ging zu dem Fenster. Er blickte noch eine Weile hinaus und zog dann die schweren Vorhänge vor die Fenster. Er wusste zwar nicht, wann Alan ins Bett zu gehen pflegte, aber da dieser mit dem Rücken zum Fenster saß, war es wohl besser die Vorhänge vorzuziehen, hatte er doch nur durch Zufall bemerkt, dass es langsam heller wurde.
 

"Du kannst sie ruhig offen lassen, dann bekomme ich wenigstens den Anfang vom Morgenrot mit." Wandte Alan ein, bevor Damon auf die Idee kam, gleich alle Fenster dichtzumachen. Noch war die Tageszeit nicht kritisch. Unangenehm wurde das Licht erst, wenn die Sonne schien. Obwohl es nicht so scheinen mochte, hatte er ein ausgeprägtes Zeitgefühl und konnte stets am Licht erkennen, wie spät es ungefähr war.
 

Er hielt in der Bewegung inne. Wenn es dem Vampir nicht zu riskant war, dann sollte das eine eben offen bleiben. Er setzte sich wieder neben Alan und blickte ebenfalls hinaus. Das helle Blau des Himmels wurde langsam leicht rosa. Es war ein schöner Anblick, obwohl er ihm ein wenig kitschig oder gar romantisch vorkam. Er blickte kurz zu Alan und versuchte in dessen Blick zu sehen, was dieser gerade dachte. Da ihm das aber nicht sofort gelang, ließ er es lieber bleiben. Er wollte dem anderen ja nicht fünf Minuten in die Augen starren...
 

Aufmerksam betrachtete Alan das Farbenspiel des Horizonts. In einer guten Viertelstunde würde die Sonne aufgehen. Gut, theoretisch hätte er den anderen die Fenster auch komplett schließen lassen können, weil es keine große Zeitspanne mehr war, aber er mochte diese blassen Farben eben.

Obgleich die Gegenwart dieses Menschen etwas völlig anderes war, als die Nähe seines ehemaligen Meisters, fühlte er sich einen Moment lang um 120 Jahre zurückversetzt, als er täglich morgens dem Sonnenaufgang zugesehen hatte und der ältere Vampir dann stets unbemerkt hinter ihn getreten war. Dessen Zunge, die ihm spielerisch über die Haut in seinem Nacken strich, war immer unerklärlich heiß gewesen und so hatte er seine Handflächen an die kühlen Fensterscheiben gelegt, bis der Größere einen Arm um ihn schlang und ihn aus dem Raum führte.
 

Damon ahnte von den Gedanken Alans nichts. Er lehnte sich nur seufzend an die Lehne des Möbelstücks und legt das Kinn auf eben diese. Er beobachtete das Farbenspiel aufmerksam und versuchte sich vorzustellen wie es wohl war, wenn man es nicht bis zum Ende verfolgen könnte... wenn man nie mehr das helle Blau eines Winter- oder Sommerhimmels sehen könnte. Nach ein paar Minuten kam er zu dem Schluss, dass er sich das wohl nie würde vorstellen können. Trotzdem fand er es interessant, es zu versuchen. Er versuchte öfters die Dinge aus der Sicht anderer zu sehen, um so kein eingeschränktes Weltbild zu haben. Meistens gelang ihm das auch, aber bei Alan wollte es nicht so recht klappen. Aber vielleicht war gerade das, was an den Reiz des anderen ausmachte. Man wusste nie, wie er reagieren würde oder was er gerade dachte.
 

Den Schauder, der ihm bei dieser Vorstellung den Rücken herunterkrabbelte, abschüttelnd, stand er leise auf und begann die Kerzenlichter zu löschen. Er öffnete einen Flügel des filigran gegliederten Balkonfensters, um die blassen Rauchschwaden hinauszulassen. Im Dämmerlicht, dass durch das letzte Fenster ins Zimmer floss, wirkten sie wie Staub- und Weihrauchwölkchen oder kleine, primitive Geister, die jetzt in die morgendliche Luft strebten.

Eine Hand noch am Fensterrahmen blickte er erneut den bunten Saum des Himmels an. Allmählich wurde das Licht zu hell und in fünf Minuten würde es ihm in den Augen schmerzen.

Was? Skeptisch drehte er sich nach seinem Opfer um. Wieso reizte er ihn? Das behielt er sich für Opfer anderer Art vor, auf deren Jagd er sich machte, wenn ihm ganz besonders unsterblich langweilig war, nicht für Blutspender.
 

"Willst du die Vorhänge nicht langsam zuziehen?" er fragte das leise und vorsichtig, wollte er doch die Stimmung nicht kaputt machen. Er überlegte, was er wohl den Tag über tun konnte... außer Schlafen natürlich. Baden fiel es ihm auf einmal ein. Wenn er schon wieder sozusagen einen festen Wohnsitz hatte, konnte er ja auch wieder baden. Er lächelte leicht bei der Vorstellung an ein warmes Bad. "Zeigst du mir das Badezimmer, bevor du schlafen gehst?" Er blickte den anderen fragend an. Er wollte nicht schon wieder Stunden suchen und vielleicht war der andere ja so nett und ersparte ihm das Suchen.
 

"Nö." Feixte er schadenfroh. "Wenn man selber sucht, prägt man sich den Weg besser ein." Frotzelte er und griff nach dem schweren Samtstoff. "Wenn du jetzt denkst, dass du es dir ja einfach ganz leicht machen und mein Bad benutzen könntest, hast du dich gründlich geirrt. Im Erdgeschoss wirst du schon irgendwann über das Gästebad stolpern." Damit gab er ihm ja sogar einen Hinweis und er würde seinem Personal auch einen Hinweis deswegen hinterlassen, dass ihm jemand das Bad zeigte, falls er es nach anderthalb Stunden immer noch nicht gefunden hatte. Es wäre sicher lustig, seine Gedanken dabei zu verfolgen, denn das große Bad lag zwar nicht weit von Damons Zimmer entfernt, aber der Zugang war nicht so einfach zu entdecken, denn die Tür ähnelte der Wandtäfelung in teuflischer Weise.
 

"Dann beschwer dich aber bloß nicht, wenn ich wieder in deinem Zimmer lande!" Na, das konnte ja heiter werden, dachte er insgeheim. Er hatte doch eh schon einen schlechten Orientierungssinn und Wege zu behalten war auch nicht seine Stärke. Er seufzte leicht. Vielleicht waren die Diener ja so nett, ihm den Weg zu zeigen... obwohl die redeten ja nicht mehr mit ihm. Also musste er wohl oder übel selbst suchen. Leicht grummelnd richtete er sich auf und machte sich auf den Weg zu seinem Zimmer, um schon mal neue Klamotten zu holen.
 

"Natürlich beschwere ich mich dann erst recht, weil du mir nicht zugehört hast!" rief Alan dem planlosen Menschen nach. Wozu sagte er denn Erdgeschoss, wenn er dann doch im ersten Stock landete?! Kopfschüttelnd verschloss der weißhaarige Vampir den letzten Fensterladen und zog sich dann vor seinem Bett stehend aus. Müde warf er die Klamotten über einen Stuhl und streckte sich gähnend, bevor er in das Hemd schlüpfte, das er zum Schlafen benutzte.
 

Ach stimmte ja, der Vampir schlief ja im ersten Stock. Das hatte er ganz vergessen. Schon wieder sah er sich in seiner Vergesslichkeit bestätigt, was ihn nicht gerade aufmunterte. Ein wenig mürrisch machte er sich auf die Suche nach dem Badezimmer wobei er so vorging, dass er von dem Eingang aus alles, was nach Tür aussah, öffnete.
 

Müde, aber nicht gerade unzufrieden mit dem Tag, weil wenigstens sein menschlicher Gast sich heute zusammengerissen und ihm keinen Ärger gemacht hatte, schlüpfte er unter seine flauschige Bettdecke. Trotzdem hütete er sich, voreilige Schlüsse zu ziehen oder seine Festlegungen ihm gegenüber zu lockern, schließlich hatte er bereits gesehen, wozu das führte und es konnte ja auch sein, dass Damon einfach geschickt darin war, ihn zu hintergehen.
 

Nachdem er alle Türen geöffnet hatte und er das Bad nicht entdeckt hatte, grummelte er kurz vor sich hin und überlegte noch mal, was der andere genau gesagt hatte. Vielleicht gab es ja irgendeinen Trick und die Tür war versteckt. Vielleicht hatte Alan deswegen nichts gesagt... Damon fiel wieder ein, dass der andere ja nur zu gerne anderen beim Sich-Verlaufen zusah. Nicht gerade gut gelaunt machte er sich auf die Suche nach einer Tür, die nicht nach einer Tür aussah und fand auch schließlich etwas komisches in der Wandvertäfelung. Probeweise drückte Damon dagegen und blickte leicht verwundert, als diese sich öffnete und ein Badezimmer zum Vorschein kam. Zufrieden seufzte er auf und schloss die Tür hinter sich ab. Dann begann er das Wasser einzulassen und setzte sich abwartend auf den Badewannenrand.
 

Ernesto sah feixend auf die Küchenuhr. Der Neue hatte noch zwanzig Minuten, bevor er ihm laut den Anweisungen, die er gerade in der Hand hielt, helfen durfte. Doch eigentlich glaubte er nicht, dass das nötig werden würde. Niemand war so planlos, dass er, wenn er danach suchte, nicht irgendwann auf die Spalten in der Wandverkleidung stoßen würde, nicht mal, wenn man augenscheinlich einen so grottigen Orientierungssinn hatte, wie das neuste Opfer seines Herrn. Wahrscheinlich hatte Alan ihn deswegen auch mitgenommen, denn normalerweise stand er nicht auf Erwachsene, wenn es um Blut ging. Dann nahm er Menschen mit, die ungefähr seine Größe hatten. Ernesto hatte irgendwann aufgehört, sich Gedanken um die Opfer seines Geldgebers zu machen, er konnte es nicht ändern und der Vampir brauchte nun mal Blut zum Leben und würde sowieso nicht auf seine Einwände hören. Stattdessen würde er ihn, wenn auch nicht ganz ohne Bedauern, denn so herzlos war der Kerl nun auch wieder nicht, dass es ihn keinen Deut kümmern würde, wie es Julian dann ging, in die Liste seiner verschuldeten Toten aufnehmen.
 

Damon entledigte sich seiner Kleidung und drehte den Wasserhahn zu. Dann holte er noch ein Handtuch und den Läufer aus einem Schrank und legte beides vor die Wanne. Zufrieden seufzend ließ sich Damon in das warme Wasser gleiten. Das warme Wasser tat ihm gut, zu lange hatte er schon darauf verzichten müssen. Auf seinen Reisen hatte er meistens in kalten Flüssen gebadet oder sich nur notdürftig die Haare gewaschen. Aber das hatte jetzt wohl ein Ende, dachte er nicht ganz ohne Zufriedenheit. Damon hatte sich inzwischen mit seinem Schicksal abgefunden und fand es jetzt gar nicht mehr so schlecht wie zu Anfang.
 

Währenddessen verschlief Alan unbehelligt in völliger Dunkelheit den Tag. Die Gedanken der Bewohner seiner Villa blieben sich selbst überlassen und unkommentiert und Alans Körper verwertete die letzten Rückstände von Damons und dem Blut des Straßenkindes, um den Vampir mit einem gesunden Hunger wieder in die Nacht hinauszuschicken.



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Kommentare zu diesem Kapitel (7)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Traumfaengero_-
2005-07-27T12:49:16+00:00 27.07.2005 14:49
Nein, ich will es AUCH wissen!!! Gut ich würde es gerne auch wissen! -_-° ~_~
Mal sehn,
- gute Rechtschreibung 50 Punkte
- Idee, einfach spitze 50 Punkte
- Lesbarkeit, unglaublich 50 Punkte
- Umsetzung ebenfalls 50 Punkte

Wie viele Empfehlungen hat der FF?^^

dein Traumfänger
Von:  LammL
2005-01-29T12:47:02+00:00 29.01.2005 13:47
Biiiiiittttteeeeee schreibe weiter

Geht es nur mir so oder will wirklich mur ich UNBEDINGT wisen wie es weiter geht ?????????????????

Naja ist Ja auch egal , Ich will es wissen
Von:  LammL
2005-01-27T20:31:15+00:00 27.01.2005 21:31
Ich will ja nicht nerven aber habe ich schon mal gesagt das ich UNBEDINGT WISSEN WILL WIE ES WEITER GEHT

Bitte, Bitte fass dir ein Herz und schreibe weiter
Biiiiiiiiitttttttttteeeeeeeeeee
Von:  LammL
2005-01-22T20:03:38+00:00 22.01.2005 21:03
Ich will unbedingt wissen ob die beiden wirklich zueinander finden , die Geschichte ist sooooo spannend , weiter schreiben , weiter schreiben ...
Von:  LammL
2005-01-16T19:23:26+00:00 16.01.2005 20:23
das war soooooooooooooooooooooooooo klasse , ich will unbedingt wissen wie es weiter geht Biiiiiiiiiiiiiiitteeeeeee schreibe weiter
Von: abgemeldet
2005-01-15T23:19:57+00:00 16.01.2005 00:19
Nua ein Kommi??????????ß
Versteh ich net...... aso ich find die Story einfach richtig klasse^^
würde mich sehr freun wenn es weitergeht^^
*mit Hundblick lieb guck*

dat Luna^^
Von:  mangacrack
2005-01-09T20:36:49+00:00 09.01.2005 21:36
Cooool...
in soo kurzer Zeit schon ein dermaßen langes kapitel auf die beine zu stellen^^ ,geil.
Wann kommt es endlich zum ersten Kuss und mich würde interessieren WER den ersten Schritt macht^^ ... ist das spannend...biddö mach doch schnell weiter

mangacrack


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