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Die fünf Elemente

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Die fünf Elemente
 

Der Beginn der Neuzeit
 

Einleitung
 

Einst, vor langer, langer Zeit, herrschten fünf weise und mächtige Götter über unser alle Leben. Als sie spürten, dass ihre Regierungszeit nun vorüber ging, versiegelten sie all ihre Macht in die fünf Elemente.

Nach vollendeter Tat sendeten sie ihren Segen auf die Völker ihres Landes und verschwanden für immer. In den schrecklichen Jahren nach dem Verschwinden der Götter herrschte Krieg im Land, die Menschen siedeten unter Krankheiten, die niemand zu vertreiben mochte, die Flüsse und Seen färbten sich blutrot, denn so manch schlimmes Gefecht fand an den feuchten Ufern der Wasser statt.

Die Muttergöttin Simra gebar viele Kinder, die später zu großen Göttern wurden. Die Meisten Völker unseres Landes Keldurien erklärten so die vielen Sterne am Nachthimmel. Sie sagten, jeder einzelne Stern, ob hell leuchtend oder kaum erkennbar, wäre ein Gott. Es sollte nie wieder eine solche schreckliche Zeit, in der so viel Blut geflossen war, geben, und die Keldurianer hefteten sich an den Glauben, dass die Götter hoch am Himmel sitzen und sie vor jeglichem Schaden bewahren. Es gibt heute noch viele alte Schriften, die davon erzählen. Und auch die Mütter wiegen mit diesen Geschichten ihre Kinder in den Schlaf.

Doch es kam anders, als von den Göttern gewollt. Die fünf Elemente wurden zum Opfer der Begierde, und es wurde hart darum gekämpft. Schlimme Hungersnöte brachen im ganzen Land aus, da die Ernten immer spärlicher ausfielen, das Wasser war vergiftet und die Pflanzen verwelkten. Keldurien war ein einziges, blutiges Land. Feuer brannten überall, die Sonne konnte sich nicht gegenüber den dicken, schwarzen Rauchwolken am Himmel durchsetzten, und eine lange Dunkelheit zog über das Land.

Einem einzigen gelang es, eines der Elemente zu finden. Er nahm es machtgierig an sich und überzog Keldurien mit einer zweiten Finsternis.

Dies ist noch gar nicht allzu lange her; als der Mann starb, erbte sein Sohn das Element, und dieser war am Anfang seiner Regierungszeit als König eines Volkes noch reinen Herzens. Keldurien blühte wieder auf, die Völker und Tiere, aber auch die Pflanzen vermehrten sich. Zunehmend jedoch kam die schlechte Seite des Königs zum Vorschein. Er wollte Macht und Stärke, sein Volk vergass er, er allein war wichtig.

ER ging ein Bündnis mit einem Volk ein, dessen Verstand nicht annähernd so entwickelt war, wie der eines Tieres. Dieser Bund sollte sich als ein fataler Fehler herausstellen. Sie waren die abscheulichsten Wesen dieses Landes: blutrünstige Geschöpfe von grauenhafter Gestalt, blutige Kannibalen, die nicht zögerten, ihren Feinden das Heft ihres Schwertes tief in die Leiber zu treiben, aus purer, unstillbarer Mordlust. ER gestattete ihnen in den Fruchtbaren Tälern zu leben, und sich zu vermehren. Und dies taten sie. In den letzten Jahren stieg die Zahl dieser Wesen, welche wir noch nicht mit einem Namen belegen wollen, da die Welt nie solches Grauen sah, dramatisch zu, so dass sie nun nach mehr und mehr Lebensraum fordern.

SIE unterdrückten all die anderen Geschöpfe, die Keldurien bewohnten, und schon bald brachte keiner mehr den Mut auf, sich gegen SIE zu stellen.

Die schöne Zeit der Götter endete hiermit.
 

1.
 

Rechts ein Stoß, links ein Hieb, abblocken, wieder ein Linkshieb, Rundumschlag...

Ayena hielt mitten im Schlag inne. Der Grund dafür war ihre Mutter, die im Türrahmen stand und nach ihrer Tochter rief.

"Ayena! Komm sofort ins Haus!"

Seufzend lehnte Ayena ihr Langschwert an die Wand des Holzschuppens und trat in das große Bauernhaus, welches ihren Eltern gehörte. In der Küche saßen bereits Ayena's Geschwister und ihr Vater am Tisch. Sie gesellte sich gerade zu ihnen, als die Mutter mit einer dampfenden Schüssel kam.

"Schon wieder diese eklige Brühe?" stöhnte Ayena und verzog das Gesicht, als sie einen Blick in den Topf geworfen hatte.

"Ayena Liros! Ich warne dich!"

Ihre Mutter hob drohend den Zeigefinger.

"Noch so ein Wort und du bekommst diesen Tag nichts mehr zu essen!"

Ayena wusste, dass ihre Mutter im Moment nichts abwechslungsreiches kochen konnte, doch sie wollte diese Suppe einfach nicht mehr sehen. Seit fünf Tagen kam immer nur das gleiche auf den Tisch.

Sie schluckte die Suppe mühsam unter.

"Mutter..." begann Ayena, doch ihre Mutter konnte schon ahnen, welche Bitte ihre Tochter nun aufbringen würde.

"Ayena! Du brauchst überhaupt nicht mehr zu fragen, da die Antwort sowieso immer NEIN lautet! Du bist nun einmal eine junge Frau, und es gehört sich nicht, mit den Männern auf die Jagd zu gehen. Ich sehe es schon nicht gerne, wenn du immer mit deinem Schwert im Hof kämpfst."

"Darf ich mit?" mischte sich Ayena's jüngerer Bruder Milo ein.

"Nein, Milo, du bist noch zu jung! Gedulde dich bis zum nächsten Xites!"

Mürrisch rührte Milo in seiner Suppe und murmelte irgendetwas in sich hinein.
 

Am Ende der gemeinsamen Mahlzeit nahm Ayena's Mutter einen Korb in die Hand und sagte:

"Ich gehe frisches Gemüse einkaufen. Bin bis zum Abendessen wieder da! Ayena, erledige du bitte den Abwasch, ja? Bis dann!"

Fort war sie.

Eilig begab sich Ayena daran, den Tisch abzuräumen und die Küche zu säubern. Sie musste auf der Stelle die Gelegenheit nutzen, dass ihre Mutter den ganzen Tag abwesend war, und so ging sie nach getaner Hausarbeit schnell in ihr Zimmer, um sich umzuziehen.

"Endlich! Schon genug Zeit mit diesem blöden Abwasch verplempert!" dachte sie, als sie sich zufrieden im Spiegel betrachtete.

Sie hatte dunkelblondes, etwas längeres Haar, das ihr locker über die Schulter fiel, und braune Augen. Normalerweise trug sie ein, wie sie fand, hässliches rotes Kleid, mit weißem Rüschenkragen und kurzen Ärmeln. Doch nun hatte sie sich die graue Tunika und den braunen Mantel angezogen.

"Diese Kleidung steht mir ausgesprochen besser!" dachte sie und lächelte.

Dann ging sie hinaus in den Hof und steckte ihr Langschwert in die Scheide auf ihrem Rücken.

Etwas wichtiges muss über Ayena noch gesagt werden. Sie ist nämlich keine Menschentochter, wie vielleicht manche der Leser annehmen, sie ist eine Vemu. Die Vemu sind ein Kriegervolk, was man jetzt nicht falsch verstehen darf. Sie sind nicht auf Krieg aus, doch wenn sie angegriffen werden, sind sie wie wilde Tiere. Man kann sie nicht bezähmen, und jene, die zuvor noch Jagd auf sie machten, müssen flüchten oder ihr Leben lassen.

Pfeifend wanderte die junge Vemu durch die schmalen Gassen und Straßen, bis sie am Horizont eine dunkle, grüne Fläche erkannte. Die Flusswälder. Genau das war ihr Ziel. Sie lief über die grüne Hügelkette, Berg auf, Berg ab, an vereinzelt wachsenen Bäumen mit dicken Stämmen und an heruntergekommenen Schuppen vorbei. Dann rannte sie in den Wald. Riesige Bäume säumten hier den Wegrand und ließen keinen Blick in das Herz der Wälder.

Ayena ging noch eine Weile weiter, die Bäume wurden immer dichter. Moos bedeckte die dicken Stämme und Äste, Vogelnester schwebten in atemberaubender Höhe in den Zweigen, und Frühlingsblumen blühten in den schattigen Wiesen.

Dann bog Ayena vom Pfad ab. Sie kämpfte sich durch das Gestrüpp, dessen Dornen auf ihrer Haut kleine, rote Kratzer hinterließen. Ihr Mantel verfing sich in einem Busch, doch mit einiger Bemühung konnte sie ihn schließlich herauszerren. Sie stolperte rückwärts und fiel beinahe in die kleine Öffnung des Brunnen hinter ihr. Wütend richtete sie sich auf und klopfte den Staub von ihren Kleidern. Als sie aufsah, bemerkte sie ihre Freundin Viah Heyela, die lächelnd neben ihr stand. Sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt und sah Ayena schief an.

"Was machst du denn da?" fragte sie unschuldig, doch konnte sie sich ein Grinsen nicht verkneifen.

Ayena gab ein abfälliges Grunzen von sich.

"Was musst du auch so tief im Wald wohnen! Es kommt doch sowieso niemand hierher, außer mir."

Viah, die ebenfalls eine Vemu war, hob die Schultern.

"Ich möchte nun einmal meine Ruhe haben und alleine sein. Was machst du eigentlich hier?"

"Ich hab Neuigkeiten - schlechte."

Viah senkte den Kopf.

"Hm, das hört sich nicht gut an. Centur?"

"Ja, was soll es sonst für schlechte Nachrichten geben?" sagte Ayena griesgrämig.

"Erzähl es mir drinnen." meinte Viah und ging zu dem kleinen Holzhaus, dessen Außenwände größten Teils mit Moos und Flechten bedeckt waren.

Im Schatten der Bäume graste eine braune Stute, Pax. Sie gehörte Viah.

Ayena folgte ihrer Freundin und trat ihn die gemütlich eingerichtete Stube. Links der Tür lehnte ein Bogen an der Wand, ein Ledersack und anderes Gerümpel lagerten dort. In der hinteren Ecke stand ein Holztisch, auf dem Messer, Löffel und Schüsseln zwischen Kräuterbündeln und frischem Grünzeug lagen. An den Querbalken, die als Halterung des Flachdaches dienten, hingen Lavendelsträuße, von denen ein feiner Geruch ausging. Die ganze Hütte war davon erfüllt. Ayena schnupperte kurz in der Luft, dann setzte sie sich an den Tisch in der Ecke. Ihr blies die kalte Luft in den Nacken, da das große Fenster weit offen stand. In den Blumenkästen wucherte Lavendel zwischen Knoblauch und Petersilie. Ayena sah ihrer Freundin zu, wie sie an den Kamin neben dem Fenster trat, kurz in dem großen Kessel rührte und dann zurück zu dem 0großen Tisch rechts der Tür ging. Auch dort waren Anzeichen von Viah's hauptsächlicher Beschäftigung zu erkennen. Frisch gepflückte, aber auch schon halb verwelkte und sogar ganz vertrocknete Kräuter lagen dort herum. Nur auf einem kleinen Teil des Tisches flatterten ein paar Blätter in dem sanften Wind, der durch das Zimmer wehte.

Geschickt band Viah eine dünne Schnur um einen Strauß Lavendel und befestigte ihn an dem Türrahmen.

Ayena betrachtete eine ganze Weile schweigend die Arbeit ihrer Freundin. Sie war verwundert darüber, dass man sich die Zeit mit solch unsinniger Arbeit vertreiben konnte. Sie selbst hätte sich schon längst ein schönes Plätzchen herausgesucht, wo sie gut kämpfen konnte. Aber Viah... sie band Kräuter in Bündel zusammen und hing sie irgendwo auf! Ayena schüttelte den Kopf. Seufzend betrachtete sie ihre Freundin. Sie hatte rotbraunes Haar, das zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden war. Nur zwei Strähnen hingen ihr in den braunen Augen. Wie Ayena entsetzt feststellte, trug sie eine blaugraue Bluse und einen braunen Rock.

Viah, die wohl die forschenden Blicke ihrer Freundin bemerkte, fragte sie, ohne sich umzudrehen, ob sie etwas trinken wolle. Ayena verneinte jedoch, und so konzentrierte sich Viah wieder voll und ganz auf ihre Arbeit.
 

Ayena, die nun genug gesehen hatte, langweilte sich allmählich, und wollte gerade anfangen zu erzählen. Denn dies war ja der Grund, warum sie eigentlich hierher kam. Sie hätte diesen freien Nachmittag auch anders verbringen können. In dem Augenblick, in dem sie tief Luft holte, fragte Viah:

"Du sagtest, du hättest schlechte Neuigkeiten von Centur?! Wie dem auch sei, berichte mir doch bitte von dem, was im Dorf vorgefallen ist."

Ayena seufzte und begann ihre Geschichte.

"Also. Wie du ja sicher schon weißt, haben die Tena den westlichen, und somit auch den größten Teil Nemoriens eingenommen. Auch wenn Centur es ihnen nicht erlaubt hätte, hätten sie sich dort angesiedelt. Wie es natürlich so schön kommen mag, haben sich die Tena in den letzten Jahren sehr vermehrt, und nun brauchen sie Platz zum leben. Und der liebe Centur hat ja so Mitleid mit ihnen und gestatte ihnen dann, sich auch im östlichen Teil Nemoriens niederzulassen."

Mitten im Schnippeln hielt Viah inne.

"Aber ... das hieße ja ..."

Entsetzt hielt sie sich die Hand vor den Mund.

"Also wird bald auch Nemorien ... oh ihr Götter, stehet uns bei!"

"Es ist doch überhaupt erst wegen den Göttern geschehen ... wären sie damals einfach verschwunden, ohne irgend so ein Element zu hinterlassen, würden wir nun in glücklicheren Zeiten leben!"

"Sag nicht so etwas!"

"Ach... es ist doch die Wahrheit..."

"Meinst du, die Tena werden auch bald die Wälder...?"

Viah getraute sich nicht, diesen Gedanken auszusprechen.

"Natürlich! Was denkst du denn? Sie werden bald unser ganzes Land einnehmen! Und alles nur wegen Centur! Diese Kugel gibt ihm so viel Macht ..."

"Ja ..."

"Dann kannst du deine Kräuter im Himmelreich suchen."

Viah senkte traurig den Kopf, doch in Ayena flammte Hass und Wut auf. Als sie mit der Faust auf die Tischplatte schlug, und aufsprang, zuckte Viah erschrocken zusammen.

"Was hast du denn?" fragte sie.

"Ich werde nicht zulassen, dass Centur und die Tena auch all die anderen Völker vernichtet! Ich werde mit aller Macht und Kraft, die ich aufbringen kann, gegen ihn kämpfen. Die anderen Bewohner Kelduriens sollen nicht das gleiche Schicksal wie unser Volk erleiden! Ich werde kämpfen!"

Mit diesen Worten zog sie ihr Schwert aus der Scheide und hob es hoch.

"Ich werde kämpfen!" wiederholte sie, dann stürmte sie in den Wald hinaus.
 

2.
 

Es war ungefähr ein Monat seit dem letzten Treffen der beiden Vemu vergangen.

Ayena beschäftigte sich die ganze Zeit mit ihren Racheplänen an Centur, und Viah machte sich Gedanken über ihre Freundin. So nahm sie sich auch vor, Ayena zu besuchen. Am Morgen des Simra Mem verließ sie den Wald, und spazierte durch Nemorien. Wie lange sie hier schon nicht mehr war! Seit dem Tod ihrer Eltern vor sechs Xites lebte sie alleine im Wald. Außer Ayena hatte sie keine Freunde. Und sie wollte eigentlich auch gar nicht mehr.

Viah musste eine Zeit lang suchen, bis sie den Hof der Familie Liros zwischen all den anderen Häusern und Hütten fand. Freudig lief sie zu dem grauen Gebäude. Sie hob die Hand, um zu klopfen, doch als sie Schreie aus dem Hof hörte, schloss sie daraus, dass Ayena wieder gegen einen ihrer unsichtbaren Gegner kämpfte. Viah kletterte über die niedrige Mauer, da die Toreinfahrt verschlossen war. Als Ayena sie bemerkte, breitete sie freundlich die Arme aus und stürzte sich auf Viah.

"Viah! Das ist aber eine Überraschung! Was führt dich zu uns?"

"Ich wollte einmal nach dir schaun..." sagte Viah und setzte sich auf die Mauer.

"Was macht Centur?" fragte sie und senkte dabei traurig den Kopf.

"Was er macht? Keine Ahnung. Wahrscheinlich in seinem Palast sitzen und sich halb tot über die jetzige Lage seines Volkes lachen."

Viah sah bedrückt zu Boden.

"Ayena ... wenn ich ehrlich bin ... ich habe mir Gedanken über dich gemacht ..."

Ayena's Miene verdunkelte sich.

"Ach ja? Wie reizend!"

"Ayena ... bitte... du sagtest, du würdest kämpfen! Bitte befolge meinen Rat, den ich dir jetzt gebe! Vergiss diesen Gedanken, Ayena! Das ist ... todesmutig!"

"Du kannst dich meinetwegen in deinem Versteck verkriechen, und darauf warten, dass die Tena kommen und das ganze Land vernichten! Aber ich bin nicht so! Auch wenn ich nichts gegen Centur ausrichten kann, sehe ich nicht tatenlos der Zerstörung des Landes und der Ausrottung der Völker zu! Ayena sah ihr Schwert eine Weile nachdenklich an. Dann sagte sie, etwas leiser:

"Ich habe vor, an meinem fünfzehnten Geburtstag, also am Himéstos Nurt diesen Xites, aufzubrechen und zu den Cason zu gehen. Ich möchte sie um Hilfe bitten, auch wenn das meinen Stolz verletzt. Mein Volk ist mir wichtiger!"

Viah's Augen spiegelten das pure Entsetzten.

"Gehen? Zu den Cason!?"

Um sie herum drehte sich alles.

"Ayena...weißt du, wie gefährlich der Weg von hier bis zu dem Gebiet der Cason ist?"

Ayena stemmte ärgerlich die Hände in die Hüften.

"Ist es denn hier sicherer?"

"Nein ... aber..."

"Nichts aber. Ich gehe, und nichts und niemand kann mich davon abbringen!"

Ayena wollte gerade ins Haus zurücklaufen, als Viah rief:

"Ich komme mit!"

In Zeitlupe drehte sich Ayena um.

"Du!?"

Ungläubig deutete sie auf ihre Freundin.

"Du!?

"Ja, genau, ich!"

"Gerade sagtest du noch, der Weg wäre zu gefährlich! Außerdem ist es doch todesmutig, sich gegen Centur aufzustellen!"

"Ja, stimmt auch. Aber ich denke...zu zweit schaffen wir das eher!"

"Nun gut ... wie du willst. Dann komm mit!"
 

Den Rest des Tages verbrachten die beiden Freundinnen damit, auf den Feldern und im Wald umherzulaufen. Sie hatten sich so viel zu erzählen, dass die Zeit kaum reichte, alle erlebten Geschichten zu berichten.

Lachend hüpften sie über den Bach, der sich durch die Bäume hindurch schlängelte. Noch konnten sie die glückliche Zeit genießen, denn schon bald kam der Tag, an dem sie aufbrachen mussten.
 

3.

Der Tag der Abreise rückte immer näher. Déque Nurt. Nur noch zwei Tage. Viah konnte sich kaum mehr auf ihre Arbeit konzentrieren, sie musste ständig an die Tena denken. Die schrecklichsten Bilder spielten sich vor ihrem inneren Auge ab. Nachts quälten sie schlimme Alpträume, und während dem ganzen Tag setzte sie keinen Fuß vor die Tür.

Ayena nahm das alles etwas lockerer auf. Sie freute sich darauf, endlich einmal richtige Gegner zu treffen, und nicht immer nur gegen einen Holzpfosten oder die Luft zu kämpfen. Sie konnte jedoch noch nicht ahnen, was auf sie zukam, doch wollen wir an dieser Stelle nicht zu viel verraten.

Früh am Morgen, der Mond ging gerade unter, und die Dämmerung brach herein, verließen Viah und Ayena das Tal Nemorien. Keine Menschenseele war auf den Straßen oder Gassen unterwegs, nur die beiden Mädchen.

Viah ritt auf Pax, und Ayena hatte sich ein Pferd aus dem Stall ihres Vaters genommen. Da sie eigentlich damit rechnete, nicht wieder hierher zurück zu kehren, konnte sie sich auch keinen Rüffel von ihrem Vater einhandeln.

Die graue Stute hieß Fortuna.

Als sie ungefähr eine Meile von dem Dorf entfernt waren, und durch den dunklen Wald ritten, begann Ayena leise ein Lied zu singen...
 

Tiefe dunkle Schatten

Trägt hinein die Nacht

Sind zu entdecken

Kleine Lichter hinter Bergen

Die Kuppel glänzende Sterne mitgebracht

Sich Götter darin verbergen
 

Viah stimmte mit in das Lied ein, um sich ein wenig abzulenken.
 

Vatergott, Abendgott kämpfe mit Klinge

Muttergöttin, Tagesgöttin schütze deinem Umhang

Ihn über unsere Köpfe schwinge

...
 

Unterwegs trafen sie niemanden, nur der Nebel leistete ihnen ständig Gesellschaft. Schweigend ritten sie nebeneinander her, jeder schweifte seinen Gedanken nach.

Durch das plötzliche Wiehern von Fortuna schreckten beide hoch.

Viah flüsterte so leise wie möglich zu Ayena:

"Dort vorne ist jemand!"

Ayena nickte nur stumm. Als sie ihr Langschwert aus der Scheide zog, gab es einen klirrenden Ton von sich.

Sie befahl Fortuna bis kurz vor die dunkle Gestalt zu traben.

Dann rief sie:

"Wer seid ihr!? Zeigt euch, aber wehe euch, ihr kommt nicht in Frieden! Mein Schwert trennt euren Kopf vom Halse, wenn ihr versuchen solltet, uns böses zu tun!"

Die Gestalt trat auf Ayena zu. Gerade, als Ayena zum Schlag ausholte, hob ihr Gegenüber die Hand zum Gruß. Der Nebel gab ihr Gesicht frei.

"Laenil!" fuhr es aus Ayena.

Sie senkte ihr Schwert und sah den Jungen vor ihr verwundert an.

Er hatte dunkelblondes, fast braunes Haar, das total zerzaust war. Seine graublauen Augen musterten die Mädchen scharf.

"Was machst du denn hier?" fragte Ayena.

Sie konnte ihre Verwunderung nicht verbergen.

Laenil war ein Junge aus Nemorien, ebenfalls ein Vemu. Er zählte inzwischen schon 30 Xites.

"Ich... ich habe euch gestern belauscht, als ihr über Centur und eure Abreise gesprochen habt... und ich habe mich entschlossen, mit euch zu kommen."

Ayena's Miene hellte sich auf. Auch wenn ihr zuerst nicht gefiel, dass er sie belauscht hatte, nun war sie irgendwie froh darüber.

"Das trifft sich ja gut! Wir können jede Hilfe gebrauchen!"

Laenil atmete erleichtert auf.

"Dann bist du mir also nicht böse?"

"Doch! Meine Rache wirst du schon noch zu spüren bekommen!"

Laenil biss sich auf die Lippe, doch als er das Grinsen auf Ayena's Gesicht sah, lächelte er.

"Gut."

Somit machten sich die drei auf den Weg nach Heleria, dem Tal der Cason.

Für die Reise brauchten sie ungefähr drei Tage, mit den gelegentlichen Schlaf - und Esspausen.

Als sie an einem Fluss Halt machten, überreichte Viah Ayena ein kleines Päckchen.

"Herzlichen Glückwunsch zu deinem fünfzehnten Geburtstag!" sagte sie und nahm Ayena in den Arm.

In dem Päckchen befanden sich ein paar selbstgebackene Kekse und ein Haarkranz aus Blumen.

Ayena setzte ihn sich sofort auf. Laenil betrachtete sie.

"Oh, er steht dir ausgesprochen gut, Ayena... wirklich, nun bist du noch hübscher, als zuvor!"

Ayena lächelte ihn an und sah ihm in die Augen.

"Danke, Laenil..."
 

Als sie nur noch einen Tagesritt von Heleria entfernt waren, ging Viah auf Kräutersuche, und Laenil und Ayena blieben bei ihrem Lager. Ayena strich Fortuna gerade über die Nüstern, als der junge Vemu zu ihr trat und seine wärmende Hand auf ihre Schulter legte.

"Ayena..."

Sie drehte sich erschrocken um. Er stand genau vor ihr.

"Ich habe auch noch ein Geburtstagsgeschenk für dich..."

Er kramte aus seiner Tasche ein kleines Bündel heraus und gab es Ayena. Diese öffnete es und betrachtete den Inhalt: Es war das Zeichen der Vemu, ein großes, verziertes, hölzernes T.

"Das ist... wunderschön..."

"Es freut mich sehr, dass es dir gefällt."

Ayena steckte den Anhänger in die Brusttasche ihrer Tunika.

Laenil flüsterte leise in ihr Ohr.

"Möchtest du noch ein Geschenk?"

Ayena nickte eifrig.

"Gerne!"

"Gut."

Laenil schloss die Augen für einen Augenblick. Dann zog er die völlig überraschte Ayena an sich und küsste sie auf die Lippen.

Noch nie zuvor hatte Ayena einen Freund, und so wusste sie auch noch nicht, wie schön es war, geküsst zu werden. Doch irgendetwas in ihrem Innern befahl ihr, aufzuhören. Laenil war nett, aber... liebte sie ihn wirklich? Je mehr sie darüber nachdachte, desto mehr wurde ihr bewusst, dass sie ihn einfach nur als guten Freund haben wollte. Entschlossen stieß sie ihn weg. Sie getraute sich nicht, ihm in die Augen zu sehen, da sie wusste, wie schrecklich ihm diese Absage weh tat. Wahrscheinlich hatte sie ihm zu viele Hoffnungen gemacht. Ein weiteres Geburtstagsgeschenk... sie hätte mit einem neuen Taschenmesser oder einer Kette gerechnet, aber nicht mit einem Kuss.

"Laenil... es..."

Sie brachte kein Wort über die Lippen.

Er nickte verständnisvoll.

"Ayena... ich verstehe das... ich kann dich nicht zwingen, mich zu lieben... lass uns in Zukunft nur wie gute Freunde zueinander sein, auch wenn es mir schwerer als alles andere fällt..."

Er blickte zu Boden.

Ayena bewunderte ihn zutiefst, da er ihr noch solch ein Angebot machte und nicht irgendwie einen hysterischen Anfall bekam.

Als Viah wieder von ihrer Kräutersuche zurück kam, bemerkte sie, dass in ihrer Abwesenheit etwas zwischen den beiden vorgefallen war, doch sie fragte nicht danach. Sie konnte es sich schon denken.
 

Am Morgen des Wyrana Nurts brachen sie wieder auf, und näherten sich langsam Heleria. Sie verließen nun den Wald und mussten sich sehr in Acht nehmen. Nicht nur Tena konnten sie überfallen, sondern auch vor den Cason hatten sie etwas zu befürchten. Sie könnten sie für Feinde halten, und sie von den Burgmauern aus erschießen.

Doch die drei Reisenden hatten Glück.

Sie kamen wenigstens lebendig bis zu der Zugbrücke. Ayena war es, die das Wort ergriff.

"Wir müssen mit eurem König sprechen! Es geht um unser aller Leben! Lasst ihr uns ein?"

"Seid ihr Vemu?"

"Ja!"

"Nennt uns einen Grund, warum wir ausgerechnet euch Vemu einlassen sollen!? Mögt ihr uns in eine Falle locken?"

Ayena knurrte wütend.

"Natürlich verletzt es unseren Stolz, wenn wir ein anderes Volk um Hilfe bitten, doch sind die Völker unseres Landes wichtiger als die Ehre irgendwelcher Vemu!"

Die Wachen schienen sich zu beraten.

"Nun gut... wir lassen euch ein!"

"Kommt..." rief Ayena ihren Freunden zu und ritt über die heruntergelassene Zugbrücke, die hinter ihnen sofort wieder hochgezogen wurde.

Begrüßt wurden sie von einem rundlichen Mann in glänzender Rüstung. Er hatte ein freundliches Gesicht mit hoher Stirn, und eine Glatze. Als er zu sprechen begann, erzitterte sein Backenbart ein wenig.

"Seid gegrüßt, Fremde!" rief er und kam den drei entgegen.

Er befahl dem Jungen neben ihm, die Pferde der Reisenden in die Stallungen zu bringen. Der Knecht gehorchte, und nahm die Zügel der Pferde. Dann verschwand er hinter einem Haus.

"Ihr möchtet zum König?"

Als Ayena kräftig genickt hatte, wedelte er mit der Hand vor ihren Gesichtern herum und eilte über den Vorhof.

"Dann folgt mir!"

Sie gingen viele Flure entlang, vorbei an Fenster und Türen. An einer goldverzierten, breiten Tür klopfte der Dicke. Die Türen öffneten sich und sie traten ein. Es schien ein kleiner Raum zu sein, denn in der Mitte stand ein großer, runder Tisch, der viel Platz einnahm. Rundherum saßen viele tapfere Krieger, die dem Dicken sehr ähnelten. Nun ja, die meisten hatten eine gute Figur, noch Haare auf dem Kopf und sahen im allgemeinen besser aus. Den König erkannte man sofort: er war größer und stattlicher als die anderen, hatte eine stolzere Figur und trotz seiner schmutzigen Rüstung und dem verdreckten Gesicht, sah er viel edler als seine Kumpanen aus, mehr Glanz umhüllte ihn, und mehr Furcht ging von ihm aus. Die Männer, die an der Tafel saßen, bemerkten die Störenfriede zuerst nicht, sie waren in eine heftige Diskussion vertieft.

"...aber denk doch einmal nach! Wenn wir alle kampffähigen Kämpfer von den Posten am Südtor rufen, können die Tena gerade so hineinspazieren! Wir ziehen dann im Westen in den Krieg und wenn wir zurück kommen, liegt das östliche Gebiet in Schutt und Asche!"

"Sie werden unser Gebiet sowieso einnehmen, was hilft uns Widerstand!?"

"Ha! Was bist du eigentlich für einer! Schließ dich ihnen doch gleich an! Du Feigling! Aber nein, bevor du nur eine Chance bekommst, abzuhauen, werde ich dich eigenhändig erwürgen! Damit das klar ist!" "Ach, lass doch den Unsinn! Wir müssen versuchen, irgendwie die Wachen an den Toren und Mauern zu lassen, und trotzdem einen Feldzug zu starten.

"Ach ja! Und wie wollen wir das schaffen? Die Tore und Mauern zu bemannen, wird schwer genug sein, und dann noch für einen Angriff gegen die Tena Krieger zu bestellen wird wohl unmöglich sein! Hilfe von den anderen, unten im Norden, können wir nicht erwarten, die haben genug Probleme mit ihrem kleinen Gebiet, das sie noch verteidigen müssen. Außerdem würde es Wochen dauern, bis hier einmal eine Streitmacht von Norden eintrifft!"

"Es gibt sonst aber keine Möglichkeit! Nur einmal angenommen, wir fordern Hilfe von den Menschen, dann..."

"Hilfe!? Von den Menschen!? Ich bitte dich! Wir haben auch unsere Ehre und unseren Stolz! Ausgerechnet die Menschen möchtest du um diesen Gefallen bitten! Du weißt doch, dass sie feige sind, und bevor sie auch nur ein Schwert in die Hand nehmen, verbünden sie sich doch gleich mit dem Bösen."

Der Dicke räusperte sich kurz, und erreichte so, dass die Männer sich alle nach ihm umdrehten. Erstaunt sahen sie die drei Neuankömmlinge an. Der König nickte kurz zu dem Dicken, dann befahl er ihm und den anderen Kämpfern, das Zimmer zu verlassen.

"Setzt euch!" sagte er und deutete auf die leeren Stühle.

"Aus welchem Grund stört ihr unsere Unterredung. Rieg sagte mir, es wäre sehr wichtig. Mögen wir hoffen, dass er recht hatte. Also?"

Ayena stand auf und atmete tief durch.

"Wir möchten euch um Hilfe bitten."

"Das scheint mir sehr verwunderlich, doch wie dem auch sei, fahrt fort!"

"Centur, unser König, hat eines der fünf Elemente. Die Kugel der Macht. Und all die Tena gehorchen ihm nun. Er kann mit ihnen machen, was er will. Wie ihr vielleicht wißt, haben die Tena schon den größten Teil Nemoriens eingenommen."

Der König hob die Augenbraue und nickte.

"Ja. Das ist mir bereits mitgeteilt worden. Ihr wollt nun, dass die Tena nicht noch den Rest Nemoriens in ihren Besitz bringen, versteht sich. Da ihr aber alleine nichts gegen euren König ausrichten könnt, sucht ihr nun Hilfe bei den Cason."

Ayena sah ihn durchdringlich an.

Bitte sag ja, bitte! dachte sie.

"Nun gut..."

Ein Stein fiel von Ayena's Herz.

"Ich werde euch die Wahrheit sagen müssen. Auch wenn es noch so hart für euch sein wird: ich kann euch nicht helfen. Wir Cason sind auch nur noch wenige, und müssen versuchen, Bondrorm wieder in unseren Besitz zu nehmen, was nicht sehr leicht wird."

"Aber -"

Laenil legte eine Hand auf Ayena's Schulter.

"Ayena... lass gut sein... was hast du denn erwartet?"

"I... ich weiß nicht... sollen wir denn zusehen, wie Centur unser ganzes Land zerstört!?"

"Verzeiht mit bitte, doch wir Cason sind so wenige ... wir könnten es kaum mit den Tena aufnehmen."

"Gut. Dann werde ich alleine gegen sie kämpfen!" rief Ayena und stapfte entschlossen auf den Boden auf.

"Ich werde kämpfen, mit oder ohne Cason!"

Sie drehte sie um und stolzierte davon. Laenil eilte ihr nach, und versuchte sie umzustimmen.

"Ayena! Bitte! Du weißt, dass du gerade in deinen eigenen Tod rennst! Bleibe hier! Bitte! Ayena!" flehte er, doch sie schenkte ihm keine Beachtung und stieß ihn weg.

"Lass mich! Von mir aus kannst du hier bleiben, und auf die Tena warten! Ich gehe!"

Laenil klammerte sich an Ayena's Arme und hielt sie so fest er konnte. Und da er nun einmal nicht gerade ein Schwächling war, konnte die junge Vemu noch so viel zappeln, der Griff lockerte sich nicht.

"Lass mich gefälligst in Ruhe! Geht mir doch alle aus dem Weg! Ihr Weicheier!"

Laenil ließ sie los. Er starrte sie fassungslos an. Viah kam herbei geeilt. Sie öffnete gerade den Mund, um etwas zu Ayena zu sagen, doch Laenil schüttelte den Kopf.

"Lass gut sein, sie beruhigt sich schon wieder... hoffe ich jedenfalls einmal..."

"Da kennst du sie aber schlecht! Wenn sie sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hat, führt sie ihren Plan auch durch!"

Ayena, die dem Getuschel nur mit halbem Ohr zugehört hatte, sah ihre Freunde kühl an.

"Ihr braucht euch erst gar nicht den Kopf darüber zerbrechen, wie ihr mich zurückhalten könnt. Wenn ihr mit mir kommt, erweist ihr euch als richtige Freunde. Wenn nicht, seid ihr Schwächlinge, und verdient nicht, den Titel eines Vemu zu tragen!"

Mit diesen Worten machte sie auf dem Absatz kehrt und verschwand in irgendeinem Gang.

[Da sich mir noch nicht die Gelegenheit bot, eine Erklärung für die bis jetzt genannten Völker abzugeben, nehme ich dies nun nach. Die Cason sind ebenfalls, wie die Vemu, ein Kriegsvolk. Sie jedoch bestehen nur aus Männern. Seit Generationen vor unsere Zeit, bekämpften sie die Tena. Diese ... ein Volk ... es ist das schrecklichste auf Erden ... sie schlossen sich dem mächtigen Centur an, dem einst so gütigen König der Vemu. Das Element der Macht jedoch veränderte ihn. Sein Herz wandelte sich zum Bösen, ohne jeden Skrupel ließ er sein Volk verfolgen und töten. Diese Erklärungen sollten reichen (für den Anfang...)]
 

Seufzend rannte Ayena den kalten Pflasterweg entlang. Vor ungefähr einer Stunde hatte sie die Auseinandersetzung mit ihren beiden Freunden, und nun irrte sie in dem Tal umher. Die schmutzigen Häuserfassaden glichen einander so, dass Ayena nicht wusste, ob sie im Kreis lief, oder schön längst Meilen von dem königlichen Palast entfernt war. Sie stand gerade in einer dunklen Seitengasse, als sie Stimmen hörte. Schnell kroch sie in die Nische hinter einem heruntergekommenen Schuppen. Gebannt hielt sie den Atem an. Eigentlich konnten es nur Cason sein. Aber wer weiß...

Den Knauf ihres Schwertes gepackt, versuchte sie angestrengt, in dem Dämmerlicht etwas zu erkennen.

Den dunklen Stimmen nach konnten es sich hierbei nur um Cason handeln. Sehr junge Cason.

"...nein, es gibt keine Möglichkeit, ihn aufzuhalten... mit einem der Elemente ist er... auch wenn ich es nicht gerne zugebe... unbesiegbar!"

"Aber er wird unser aller Leben zerstören..."

"Wir beide können das nicht ändern ..."

"Vielleicht doch ... wir müssten nur die anderen Elemente finden..."

"Ich bitte dich! Du weißt genau so gut wie ich, dass dieser Gedanke unnötig ist ..."

Ayena trat entschlossen aus dem Schatten der Nische und rief:

"Kommt ihr in Frieden?"

Stille. Wahrscheinlich wunderten sich die beiden Cason über die sonderbar helle Männerstimme von Ayena.

"Nun... wenn ihr einer von Centur's Anhänger wäret, sprächet ihr nicht von Frieden... so mögen wir euch sagen, dass wir euch gerne die Hand reichen würden..."

"Wohin gehet ihr des Weges?"

"Sollten wir euch wirklich in unser Vertrauen ziehen? Noch seid ihr ein Unbekannter ... begleitet uns ..."

Ayena biss sich auf die Lippe. Sie wollte zurück zum Palast des Königs, um dort ihr Pferd aus dem Stall zu nehmen und Heleria zu verlassen. Wenn sie nun mitgehen würde ... wer weiß, wohin die beiden Cason sie führen würden ...

"Geht ihr zum Palast des Königs?" platzte sie heraus.

"Ja."

"Nun gut ... dann begleite ich euch ..."
 

Sie folgte den Jungen schweigend, und als sie schon von weitem die hellen Lichter des Palastes erkannte, schlich sie sich vorsichtig zu den Pferdestallungen. Sie war dem Weg des Knechtes gefolgt, der ihre Pferde am Nachmittag zuvor in ihren Stall geführt hatte.

Gerade wollte sie den Riegel der Tür öffnen, als sich ihr eine Gestalt näherte. Bevor die junge Vemu in den Stall schlüpfen und sich dort verstecken konnte, kam die dunkle Person angerannt und hielt sie an den Armen gepackt.

"Ihr Verräter! Ihr seid mit uns gekommen, um ein Pferd zu entwenden und damit zu flüchten, aus welchem Grund auch immer!"

"Soll ich euch sagen, aus welchem Grund!? Ich möchte diesen gottverdammten Centur endlich tot sehen, damit er nicht noch mehr Unheil anrichten kann! Und wenn ihr versuchen solltet, mich daran zu hindern, aus diesem Tor dort zu reiten ..."

Sie deutete auf das dunkle, mettalbeschlagene Holztor.

"... dann werde ich euch den Kopf vom Halse trennen!"

Der Cason zog sein Schwert.

"Nun gut. Ihr beginnt euer Vorhaben ... und ich fürchte, ich muss es leider beenden."

Ayena riss ihr Schwert aus der Scheide und atmete tief durch. Dieser Cason zwang sie doch tatsächlich in Heleria zu bleiben!

Ayena griff an. Leider jedoch hatte sie ihren Gegner unterschätzt. Sie war so selbstsicher gewesen, dass sie überhaupt nicht daran gedacht hatte, andere könnten sie besiegen. Denn kaum hatten sie den Kampf begonnen, unterlag Ayena dem jungen Cason: er hatte zu viel Kraft und Erfahrung.

Sie lag am Boden, den Griff des Schwertes krampfhaft in den Händen...

"Ergebt ihr euch?" fragte der Junge, der seine Klinge immer härter gegen die von Ayena's drückte.

"N... Niemals..." brachte Ayena mit einiger Bemühung über die Lippen.

Sie kniff die Augen zusammen und sammelte alle Kraft, die sie dann in den rechten Arm verlagerte. Sie reagierte so plötzlich, dass ihr Gegner im ersten Moment nicht wusste, wie ihm geschah. Ayena sprang auf die Füße, führte einen einfachen Schlag aus, und veranlagte somit, dass das Schwert ihres Gegenübers in hohem Bogen durch die Gasse flog. Fassungslos starrte der Cason auf seine Hände, dann auf sein unerreichbares Schwert, und schließlich auf Ayena, die erhobenen Hauptes und geschwollener Brust da stand. Sie dachte, der Kampf wäre schon entschieden, doch wer am Ende auf dem Boden liegen wird, können wir uns wohl denken. Der Junge nickte kurz, dann zog er einen langen Dolch aus seinem Gürtel. Ayena lachte in sich hinein, und fragte sich, wie er mit dieser kurzen Waffe gegen ihr Langschwert bestehen wollte! Die Frage war schneller beantwortet, als sie überhaupt gestellt wurde. Der Cason rannte auf sie zu, und wenn sie nun ihr Schwert geschwungen hätte, würde sein blutender Kopf irgendwo in der dunklen Gasse umher rollen. Doch sie wollte ihn nicht töten!!!

Sie suchte einen Ausweg, ihn nicht in sein Grab zu befördern, aber trotzdem den Kampf zu gewinnen... doch es fiel ihr nichts ein.

Der Cason nutzte genau diese Ungewissheit aus, er holte mit seinem linken Arm (der ohne Dolch) aus und traf mit der bloßen Faust in Ayena's Bauch. Das Schwert flog durch die Luft, und landete irgendwo klirrend. Die junge Vemu wurde durch die Luft geschleudert, und mit dem Rücken gegen ein paar umherstehende Holzkisten geschmettert. Sie schloss die Augen, stöhnte vor Schmerz. Dann erbrach sie, und hustete noch ein paar mal. Dieser Schlag hatte sie wirklich heftig getroffen!!!

Der Cason kam herbeigeeilt, und bückte sich nach Ayena. Noch wusste er nicht, dass sie ein junges Mädchen war. Noch nicht!



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2002-05-14T19:05:17+00:00 14.05.2002 21:05
also ich finde sie auch sehr gut *fg*
nicht übel...wirklich nicht übel...
Von: abgemeldet
2002-04-26T19:22:48+00:00 26.04.2002 21:22
hey kleine maus
wieder auf den beinen? *gg*
gehts dir wiedda bessa? ach, vegeto hat es letzt nach dir gefragt...ehm, hast du meine persönliche nachrichten schon bekommen? na ja, bis danne
hdggggggggggggggggguswl
Ayi (Verniedlichung von Ayena*rofl*)
Von: abgemeldet
2002-04-26T18:36:40+00:00 26.04.2002 20:36
HA! Siehste deine Geschichten sind cool^^ Dachte schreib dir auch mal kommentar... GEFÄLLT MIR SAU GUT!! VORTSETZUNG!!!!!!!
*knuddel*
MOMOO
Von: abgemeldet
2002-04-25T14:51:02+00:00 25.04.2002 16:51
Dankschön :) freue mich immer über komplimente...^^
Von: abgemeldet
2002-04-25T14:48:43+00:00 25.04.2002 16:48
*applaudier* schön geschrieben und sehr umfangreich mit den ganzen Tagesnamen usw.
Also dann schreib mal fleißig weiter, jetzt will ich auch wissen, was noch kommt! *g*


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