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Shining Brightly

auf der Suche nach Hoffnung
von

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18.Dezember 1998
 

Ruckartig hob Sugizo seine Hand vor sein Gesicht, um sich vor dem Blitzlichtgewitter zu schützen, als er aus dem Pressekonferenzsaal trat. Eine Welle von hysterischen Schreien brach mit einmal auf ihn nieder und gewaltsam wurde er von seinen Bodyguards durch die kreischende Menge gelotst. Von allen Seiten drängelten die Menschen, schubsten ständig und Frauen allen Alters griffen nach seinen Sachen und flehten um ein Autogramm. Normalerweise würde er sich die Zeit nehmen und ihnen die Hände schütteln oder für ein Foto posieren, doch heute war ihm das alles zu viel. Er wollte nur noch weg! Weit weg und endlich Ruhe!

Er fühlte sich als würde er ersticken. Als wenn sich zwei eisige Hände um seinen Hals gelegt hätten und ihn langsam und qualvoll erwürgten. Schnell hastete er zu seinem roten Wagen, der schon für ihn bereit stand und stieg auf der Fahrerseite ein.

"Sir? Soll ich nicht fahren?" fragte ein Bodyguard völlig perplex und Sugi winkte ihn nur mit der Hand vom Wagen weg, knallte die Autotür zu und fuhr mit quietschenden Reifen los. Schneeflocken wirbelten aufgeregt gegen seine Windschutzscheibe und ließen ihm kaum Sicht auf die dunkle Straße. Er schaltete das Radio ein und eine Frauenstimme sprach energisch: "Ich berichte live von der offiziellen Pressekonferenz zum Tourende von Luna Sea, wo es so eben eine heftige Auseinandersetzung..."

KLICK

Sugi schaltete wütend das Radio wieder aus und raste um die nächste Kurve, vorbei an unzähligen Hochhäusern die bunt, mit Weihnachtsdekoration geschmückt, vor sich hin blinkten. Ganz Tokio schien auf den Straßen zu sein, um letzte Weihnachtseinkäufe zu machen oder einfach nur die Zeit auf den Märkten zu vertrödeln und kandierte Äpfel und gebrannte Mandeln zu naschen.

Hektisch kramte Sugizo mit seiner Hand in seiner Jackentasche rum und zog seine Zigarettenschachtel raus. Seine Hände zitterten jedoch dabei so sehr, dass sie hinunter auf den Boden vielen und fluchend versuchte er an sie heran zu kommen. "So eine Scheiße!"

Dabei wandte er für einen kurzen Moment seinen Blick von der Straße und als er ihn wieder nach vorne richtete, fuhr er direkt auf eine rote Ampel zu und machte erschrocken eine Vollbremsung. Durch den Schnee kam sein Auto ins schlankern und steuerte direkt auf eine kleine Gruppe eifrig schnatternder Schulmädchen zu, die in diesem Moment über die Straße liefen. Panisch zog er die Handbremse an und schaffte es ganz knapp das Auto zum Stehen zu bringen. Die Mädchen blickten erschrocken zum Auto und rannten ängstlich über die Straße. Sugizos Herz pumpte wie wild Blut durch seine Adern und ihm wurde schlecht. Nach Luft ringend kniff er die Augen zusammen und lehnte seinen Kopf gegen sein Lenkrad. Beinahe hätte er einen Unfall verursacht!

Wie konnte er nur so unvorsichtig sein?

Ein hupendes Auto drängelte hinter ihm und erschrocken sah er auf zur grünen Ampel. "Schon gut du Penner!" maulte er und fuhr vorsichtig weiter.

Als er bei sich zu Hause ankam, schmiss er den Schlüssel in die Ecke und zog Jacke und Schuhe im Laufen aus und ließ sie gleichgültig dort zurück, wo er sie fallen lies.

Wie hypnotisiert lief er in seine Küche und stellte sich vor seine Spüle. Er machte den Wasserhahn an und stellte seinen Wasserkocher unter den kalten Strom. Er stütze sich mit seinen Händen auf dem Tisch ab und starrte völlig geistesabwesend auf den Wasserstrahl. Sein Herz schlug immer noch heftig in seiner Brust und die eisigen Hände um seinen Hals schienen ihren Griff einfach nicht zu lockern. Er war so müde und so unzufrieden. Am liebsten wollte er sich nur noch verstecken, irgendwo im Dunkeln und warten bis er die Welt, in der er lebte, wieder lieben konnte.

Das Telefonklingeln riss ihn aus seinen Gedanken und er bemerkte wie bedrohlich das Wasser in seinem Kocher überlief. Schnell drehte er den Hahn wieder zu und ging zum Telefon. Ob ER ihn vielleicht anrufen würde? Er bekam ein flaues Gefühl im Magen und hielt den Hörer an sein Ohr. "Hai?"

"Na wenigstens gehst du an dein Telefon!" meckerte Ryuichi auf der anderen Leitung und Sugizo setzte sich enttäuscht auf den Boden. Er hätte es wissen müssen, das Ryuichi sich melden würde. Wie konnte er auch nur hoffen, dass es jemand anderes war...

"Was willst du?" sprach er kalt und Ryuichi fauchte völlig aufgebracht. "Was ich will? Sag mal hast du sie noch alle? Was sollte bitte dieser Auftritt eben? Kannst du mir das mal verraten? Wir sind ja alle ein bisschen gestresst zurzeit, aber das ist noch lange kein Grund die Presse anzugreifen und einfach abzuhauen!"

Sugizo schnappte wütend nach Luft und ballte seine Hand zur Faust, so dass die Adern auf seinem Arm heftig pulsierten.

"Na hör mal! Wer hat denn hier wen angegriffen? Diese blöde Tussi hatte sich ja wohl mal ganz heftig in ihrem Ton vergriffen und mir Dinge unterstellt, die ich mir nicht gefallen lassen muss! Oder wie würdest du reagieren wenn dir jemand unterstellt, du würdest deinen Ruhm ausnutzen und kleine Mädchen verführen?" erwiderte er zornig und Ryuichi antwortete aufgeregt. "Du bildest dir schon wieder Sachen ein die gar nicht wahr sind! Sie hat dich lediglich gefragt, ob es wahr ist das du dieses Mädchen getroffen hast, was sich einbildet das du sie auf der Tour belästigt hättest! Der glaubt doch eh keiner! Sie ist auch nur einer dieser verrückten Fans die völlig in ihrer eigenen Welt leben und alles tun, um Aufmerksamkeit zu erlangen! Mensch Sugi, dass ist doch nicht das erste Mal das so was passiert! In solchen Angelegenheiten muss man Ruhe bewahren! Die Reporter freuen sich doch nur, wenn sie dich reizen können, dass müsstest du aber langsam mal wissen!"

"Ryuichi! Bei aller Freundschaft! Aber ich muss mir ja nun echt nicht alles gefallen lassen! Diese Reporterin hat mich in der Öffentlichkeit als sexbesessenen Angeber dargestellt! Ich habe auch noch ein bisschen Stolz, weißt du? Und wir haben grade eine ziemlich anstrengende Tour hinter uns, da erwarte ich auch von der Presse mal ein wenig Rücksicht!" zischte er finster und Ryuichi holte tief Luft.

"Rücksicht nehmen? Wie lange bist du nun schon in dieser Branche? Rücksicht ist für diese Art von Menschen ein Fremdwort und ob du es willst oder nicht, "Walking Porn" ist nun mal dein verdammtes Image! Mit solchen Fragen musst du einfach rechnen! Aber nein! Stattdessen hältst du es ja für nötig völlig auszurasten und hysterisch rum zu schreien! Ist dir eigentlich klar was für Ärger wir jetzt wegen dir haben? Ich hab echt besseres zu tun, als mich damit noch zu Weihnachten rum zuschlagen! Die Tour war nicht nur für dich anstrengend!..."

Sugizo hatte die Nase voll und legte den Hörer auf. Es hatte eh keinen Sinn mit Ryuichi darüber zu reden. Er würde ihn doch nicht verstehen und er hatte auch einfach keinen Bock mehr sich irgendwie, bei irgendjemandem noch zu rechtfertigen. Konnten sie ihn nicht einmal in Ruhe lassen? Musste er denn immer vernünftig sein? Warum dürfte er nicht auch mal ausrasten?

Sugizo winkelte die Beine an und sah zum Fenster hinaus. Die Schneeflocken taumelten nun friedlich vom Himmelszelt und ruhten sich von ihrer langen Reise auf seinem Fensterbrett aus. Wie gern wäre er eine dieser Flocken gewesen...

Er sah ihnen lange zu und versuchte sich zu beruhigen, doch sein Adrenalinspiegel war einfach zu hoch und er war völlig aufgewühlt. Eine Mischung von schlechtem Gewissen, Angst vor Rechtfertigung und Einsamkeit stach in sein Herz und sein Kopf war voll mit panischen Gedanken. Er musste sich irgendwie ablenken. Ein guter Freund! Das war es...er brauchte jetzt jemanden, der davon nichts wusste und der ihm immer zum Lachen brachte. Völlig automatisch nahm er den Hörer zur Hand und tippte hides Nummer ein. Es klingelte einmal...es klingelte dreimal...und Sugizos Herz verkrampfte sich mit einmal schmerzhaft. Was tat er da eigentlich? War er jetzt völlig durchgedreht?

Es klingelte zum zehnten Mal und Sugizo wusste, dass nie jemand den Hörer abnehmen würde. Niemals...

Er hatte es völlig verdrängt... oder er wollte es einfach nicht wahr haben...

hide war tot, wann würde er das endlich begreifen!

Tränen rannen seine Wangen hinunter und völlig benebelt ließ er den Hörer fallen und stand auf. Wie ein Geist wandelte er durch seine Wohnung und ging in das leere Kinderzimmer. Er schaltete eine kleine Schlaflampe in Mondform an, griff sich einen kleinen Stoffteddy und setzte sich auf seinen Schaukelstuhl. Langsam wippte er hin und her und drückte den weichen Bären fest an seine Brust. Er duftete nach ihr...nach seiner kleinen Prinzessin...

Er inhalierte tief den Geruch nach Baby und versuchte seine Tränen in dem kuscheligen Fell zu ersticken. Doch die eisigen Hände um seinen Hals schlossen sich gnadenlos immer fester.

Er hatte die Schnauze voll...er wollte nicht mehr. Der ganze Druck und Stress der letzten Monate fraßen ihn innerlich auf.

Alles schien mit einmal so kompliziert und eine grauenhafte Leere breitete sich in seinem Körper aus. Dennoch konnte er den Gedanken nicht ertragen aufzugeben... er war kein Mensch der einfach so aufgab! Er hatte bis jetzt schon so viel erreicht und es gab genügend Menschen die ihn brauchten. Shinya, die Band, seine kleine Luna und nicht zu vergessen seine treuen Fans. Doch was brachten sie ihm im Moment? Wo waren sie, jetzt wo er sie am meisten brauchte?

Er war allein... ganz allein... und die zwei Menschen, die er sich am meisten an seiner Seite ersehnte... Die zwei Menschen, die er am meisten auf der Welt liebte und für die er sein Leben geben würde... sie würden nicht kommen...

Wie sehnte er sich doch nach seinem kleinen Engel. Schon die ganze Tour über dürfte er sie nicht sehen und wer wusste schon wie lange der Krieg mit seiner Ex-Frau noch anhalten würde und ob er sie je wiederbekommen würde. Er musste jetzt einfach stark sein! Für sie! Für dieses kleine unschuldige Wesen mit den dunkelbraunen Kulleraugen.

Und die andere Person... Sie war wahrscheinlich nun genauso sauer auf ihn, wie Ryuichi und selbst wenn sie bei ihm wäre... würde er doch enttäuscht werden, weil er nie das bekommen würde, wonach er sich schon so lange Zeit sehnte.

Liebe.

Mit einem tiefen Schluchzen kraulte er den Teddy und mit erstickter Stimme betete er leise um ein bisschen Mut.

Er war fertig... völlig ausgebrannt und kaputt. Alles glitt ihm aus den Händen und er hatte kaum noch Kraft es fest zu halten. Warum konnte ihm nicht auch mal jemand helfen? Warum konnte nicht endlich mal jemand kommen, um IHN zu retten? Er hatte es satt immer stark zu sein... und wusste innerlich, dass er diesen Trotzkampf gegen die Welt eh verlieren würde. Er würde irgendwann wieder aus dem Schaukelstuhl aufstehen, tief Luft holen und allen Kummer in sich verschließen. Er würde sich für sein Benehmen entschuldigen und mit seinen Jungs am Heilig Abend das Abschlusskonzert ihrer Tour geben.

Doch bevor er das tat, blieb er noch eine Weile sitzen und lebte seine Ängste unverschlossen aus. Vielleicht konnte er sich selbst damit ein kleines Stück befreien...

Plötzlich klopfte es an der Tür und Sugizo sah verwirrt auf. Hatte er sich das jetzt eingebildet, oder hatte da wirklich jemand an seiner Tür geklopft?

Es klopfte ein zweites Mal, nun etwas stärker.

Sugizo stand auf, setzte den Teddy zurück in das Kinderbett und ging langsam aus dem Zimmer. Er lief den finsteren Flur entlang und es klopfte erneut. Er sah sich noch einmal um und blickte in die leeren schwarzen Räume. Als er seinen Blick wieder zur Tür richtete, schien die Stille hinter ihm, ihre Krallen nach ihm aus zu strecken und Sugizo bekam eine Gänsehaut am ganzen Körper. Er fühlte sich, als wenn er jeden Moment von hinten gepackt werden würde und panisch vor Angst rannte er die letzten Meter zur Tür und riss sie auf.

Er erstarrte und, mit den vom Weinen geröteten Augen, blickte er nach Luft ringend in Inorans Gesicht.

Dieser sah ihn lange mit besorgter Miene an und irgendwann viel ihm auf, das er ja etwas sagen musste. Er steckte seine Hände in die Jackentaschen und sah Sugizo mit hochgezogenen Augenbrauen an. "Ich dachte mir, na ja, vielleicht hast du Lust auf einen kleinen Spaziergang!" Sugizo konnte im ersten Augenblick nicht begreifen, dass das real war, doch dann nickte er dankbar und holte aus seinem Flur, Mantel und Schuhe. Er stand immer noch völlig neben sich und Inoran beobachtete wie er versuchte mit zitternden Händen die Tür ab zu schließen. "Annooo..." murmelte er und nahm Sugi den Schlüssel aus der Hand und schloss für ihn ab.

"Danke!" keuchte Sugi leise und lief mit ihm nach draußen auf die winterlichen Straßen von Tokio. "Komm hier lang!" sprach Inoran und nickte mit seinem Kopf in Richtung Park. "Ich kenne einen schönen Weg, dort bin ich schon oft von dir aus lang gelaufen!" Sugizo nickte nur einverstanden und schweigend liefen sie nebeneinander her. Der Park war verlassen und der Neuschnee leuchtete im Laternenlicht völlig unberührt und weich. Es schneite immer noch, doch der Wind hatte nachgelassen und so tanzten die Flocken wie kleine Federn durch die Luft und schienen alle Sorgen unter sich zu begraben.

"Er ist so beruhigend..." murmelte Sugizo vor sich hin und Inoran sah fragend zu ihm auf. "Der Schnee!" sprach Sugizo mit ruhiger Stimme. "In der Nacht wirkt er noch sanfter und irgendwie auch traurig... Als ob er wüsste, das er nur für kurze Zeit eine schützende Decke sein würde!" Verträumt starrte er zu einer eingeschneiten Parkbank die in warmes Laternenlicht gehüllt war und Inoran sah ihn lange von der Seite an, bis er rot anlief und sein Gesicht verlegen wegdrehte.

Sugizo seufzte und sie liefen eine Weile still nebeneinander her und lauschten nur dem leisen Rieseln des Schnees.

Jetzt viel es Sugi endlich auf...der eisige Griff um seinen Hals lockerte sich allmählich, sein Atem wurde ruhig und sein Kopf war klar. Wie der Schnee, deckt irgendwas sein frierendes Herz zu und erstaunt sah er Inoran von der Seite an. Lag es an ihm?

Konnte das wirklich sein?

Ihm war ja schon immer klar gewesen, dass Inoran eine beruhigende Ausstrahlung hatte, doch hätte er nie gedacht das es ihm einfach schon helfen würde mit ihm zusammen durch den Winterwald zu spazieren.

Auf einmal wurde ihm auch bewusst, dass Inoran noch gar nicht gefragte hatte was passiert war vorhin. Plötzlich war ihm sein eigenes Schweigen unangenehm und irgendwie hatte er das Gefühl er wäre Inoran eine Erklärung schuldig.

"Es tut mir leid, dass ich mich vorhin so benommen habe..." begann er leise und Inoran blickte ihn erstaunt hinter seinem Pony an und blieb stehen. Verwirrt und etwas verunsichert hielt Sugi an und sah ihn an. Hatte er etwas Falsches gesagt?

"Warum entschuldigst du dich bei mir? Diese Frau hatte kein Recht so mit dir um zu springen, nach allem was du durchmachst!" Sprach Inoran fest und bekam rote Wangen vor Aufregung. Sugizos Bauch kribbelte und nervös fuhr er sich durch sein pinkes Haar. Er verteidigte ihn? Damit hatte er irgendwie nicht gerechnet. Er hatte es sich gewünscht...so sehr gewünscht, aber er dachte Inoran würde sein Benehmen wie alle Anderen für übertrieben halten und für einen weiteren Höhenflug seiner Arroganz. "Woher weißt du..." begann er leise und Inoran stemmte die Hände in die Hüften. "Na hör mal, hältst du mich für völlig blind? Natürlich hab ich mitbekommen wie deine Stimme bebte, als du mit deinem Scheidungsanwalt sprachst und nach Luna fragtest! Wie du ständig völlig fertig alles stehen und liegen gelassen hast und einfach heimlich in dein Zimmer verschwandest! Wie du manchmal beim Spielen so unendlich traurig vor dich hin starrtest und wie du immer gereizter reagiertest wenn irgendwelche Probleme anfielen..." seine Stimme wurde immer leiser und Sugizos Herz verkrampfte sich schmerzhaft bei seinen Worten. "Du hast in letzter Zeit kaum was gegessen und verabredet hast du dich auch schon seit Ewigkeiten nicht mehr..." Er blickte besorgt zu Boden und kleine Schneeflocken setzten sich in seinem braunen Haar nieder.

Sugizo ballte die Hände und beobachtete Inoran mit flauem Gefühl. Für einen kurzen Augenblick dachte er doch tatsächlich Inoran würde doch mehr für ihn empfinden, als nur Freundschaft, doch seine Hoffnung wurde mit seinem letzten Satz wieder völlig zerschlagen. Also fand Inoran es auch unnormal wenn er sich mal nicht mit Frauen traf. Warum dachten immer nur alle, er wäre so ein Charakterschwein, der seine Liebschaften nicht zu schätzen wüsste und sie regelmäßig wechselte wie seine Sachen?

Er schluckte den bitteren Kloß in seinem Hals hinunter und drehte sich weg. "Warum denken eigentlich immer alle, ich müsste ständig eine neue Freundin haben? Auch wenn ihr es nicht glaubt, aber ich empfinde auch so etwas wie Liebe... Und auch ich kann meinen Glauben an sie verlieren, weißt du?" wisperte er nun mehr und Inoran sah erschrocken auf und ging einen Schritt auf ihn zu, noch unsicher ob er es wagen sollte.

Er streckte seine zitternde Hand nach ihm aus, doch dann überkam ihn doch die Furcht und er zog sie wieder zurück. "Entschuldige! So war das nicht gemeint. Ich dachte nur..."

"Schon gut Inoran! Ich verlange nicht dass irgendjemand meine kranken Gedanken versteht! Komm, lass uns zurück laufen! Du bist bestimmt schon ganz durchgefroren!" Ohne ihn anzublicken, lief Sugizo langsam zurück und Inoran folgte ihm mit schweren Herzen. Sugizo hatte das völlig missverstanden und war nun seinetwegen verletzt. Hätte er doch nur seine Klappe gehalten! Wieso konnte er nie das Richtige sagen? Wieso konnte er ihm nicht einfach sagen, dass er für ihn da sein wollte, dass er verstand und wusste welche Ängste ihn quälten. Warum konnte er ihm nicht einfach sagen, wie viel er ihm bedeutete...

Als sie an seinem Haus ankamen, blieb Sugizo einen Augenblick stehen und sah auf zu seinem Apartment. Inoran sah wie sein Augen ängstlich von einem schwarzen Fenster zum nächsten huschten und wie sie eine Etage tiefer hängen blieben bei den bunt geschmückten und hell leuchtenden Fenstern einer anderen Familie. Er starrte wie in Trance auf die Lichterketten, deren sanftes Licht sich in seinen glasigen Augen widerspiegelte.

"Sugi-chan?" fragte Inoran leise, worauf hin Sugizo blinzelte und ihn mit einem aufgesetzten Lächeln ansah. "Sieht schön aus, oder?" fragte er Inoran und schloss den unteren Türeingang auf. "Ja..." antwortete Inoran leise und folgte im durch die Tür. "Ich bring dich noch nach oben!"

Als sie vor seiner Tür ankamen und Sugizo sie öffnete, drehte er sich noch einmal zu Inoran. "Danke, dass du hergekommen bist! Ich dachte schon du wärst genauso wütend wie Ryu auf mich... Jedenfalls hat der Spaziergang richtig gut getan! Ich fühl mich schon viel besser! Am besten, ich ruf Ryuichi gleich mal an und entschuldige mich, sonst kann er wieder nicht schlafen vor Aufregung!" lachte er leise und wuschelte kurz durch Inos Haar.

"Gut..." erwiderte Inoran unsicher und starrte zu Boden. "Dann...komm gut nach Hause!..." sprach Sugizo leise, drehte sich mit müden Blick weg und trat einen Schritt in seine dunkle Wohnung. Er fürchtete sich so schrecklich vor der Einsamkeit in ihr und fühlte wie sich die eisigen Hände erneut um seinen Hals legten und ihm war, als wenn die Stille siegessicher über ihn lachen würde. Warum konnte er Inoran nicht einfach fragen, ob er bei ihm bleiben konnte...

Hatte er so viel Angst zurückgewiesen zu werden? Erneut enttäuscht zu werden?

Ja...es saß tief in seinem Herzen. Dieser bittere und kalte Dorn bohrte sich immer fester hinein und er hatte einfach keine Kraft mehr um neue Hoffnung zu säen. Warum hörte nur niemand seinen Hilfeschrei?

Plötzlich bemerkte Sugizo das er immer noch im Eingang stand und ins Nichts starrte. Wie lange stand er jetzt schon so?

Inoran konnte nicht mehr. Wenn nicht jetzt, dann nie! Er brachte es nicht übers Herz Sugizo so alleine zu lassen und ihm war egal was passieren würde, wenn er endlich den nächsten Schritt tun würde. Langsam trat er von hinten an Sugizo heran und griff nach seiner Hand, die zitternd an seiner Seite hinunter hing. Er drückte sie fest und streichelte mit seinem Daumen über seinen Handrücken. Sugizo rührte sich nicht und Inoran lehnte seinen Kopf vorsichtig gegen seine Schultern und legte seinen anderen Arm um seine Taille. "Schon gut Sugi-chan!" flüsterte er leise und kuschelte seinen Körper an Sugizos Rücken. "Du musst nicht immer stark sein...jeder Mensch hat das Recht auch mal verzweifelt zu sein und nach Hilfe zu schreien!"

Sugizo senkte den Kopf und schloss seine Finger fest um Inorans Hand. "Ich will meine kleine Luna zurück..." wisperte er schmerzerfüllt und Inoran wusste dass er weinte. Er wusste das Sugizo deshalb bei der Presskonferenz so ausgerastet war, denn wenn das Jugendamt von den Beschuldigungen wegen sexueller Belästigung wind bekommen würde, wären seine Chancen auf das Sorgerecht seiner Tochter dahin...

"Sie ist der einzige Mensch, der mich wirklich kennt!" sprach er weiter und Inoran verengte seinen Blick traurig. "Das ist nicht wahr!... Ich kenne dich auch! Besser als du denkst... Auch wenn ich nicht immer was gesagt habe, aber das lag nur daran..." er stoppte und sein Herz schlug schnell.

"Wie auch immer! Du wirst sie wieder bekommen! Hörst du? Niemand wird dir Luna wegnehmen können! Niemand!" Sugizo nickte leicht mit seinen Kopf und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht.

"Ich... ich..." begann er stotternd und Inoran löste sich von ihm. "Du musst nichts mehr sagen! Komm, lass uns rein gehen!" Er zog Sugizo an der Hand in seine Wohnung und half ihm seine Schuhe aus zu ziehen. Als er sich vor ihm stellte und ihm ins Gesicht blickte, krampfte sich sein Innerstes furchtbar zusammen und er zog ihm sanft seinen Mantel aus. So hatte er ihn noch nie gesehen und er machte sich große Sorgen. Sugizo starrte wie ein Geist an ihm vorbei und schwankte leicht. Seine Augen waren leblos und müde und seine Wangen waren rot vom vielen Weinen. Als er seinen Mantel ausgezogen hatte ging er mit ihm zusammen ins Wohnzimmer. Sugizo ließ sich auf die Couch sinken und Inoran schaltete ein paar Lichter an. Doch dann überlegte er es sich anders und zündete nur eine Kerze an, die er auf das Fensterbrett stellte. Dann machte er die restlichen Lichter wieder aus und setzte sich zu Sugizo.

Er legte sich ein Kopfkissen auf den Schoß und sah Sugi leicht lächelnd an. "Komm! Leg dich etwas hin!" Sugizo ließ sich stumm zur Seite fallen und bettete seinen Kopf auf Inorans Schoß. Dieser sah lange auf ihn hinab und begann ganz vorsichtig seine Wange zu streicheln. "Sugi-chan?" flüsterte er irgendwann leise und Sugizo drehte seinen Kopf so, dass er ihn ansehen konnte. "Ja?"

Er sah plötzlich etwas in Inorans Augen, von dem er dachte er hätte es auf ewig verloren. Sein Blick war so Ehrlich und voller Hoffnung, dass es ihm die Sprache verschlug und er begann schnell zu Atmen.

"Hast du wirklich den Glauben an die Liebe verloren?" fragte er mit traurigem Blick und Sugizos Herz schlug ihm bis zum Hals. "Warum fragst du?" wollte er wissen und Inoran senkte schüchtern den Blick. "Weil ich noch an sie glauben möchte, doch das kann ich nur...mit dir!" Seine Wangen röteten sich und Sugizo sah ihn mit großen Augen an. "Ist das wahr?" fragte er völlig perplex und Inoran nickte verlegen. "Wenn...wenn du nicht das Gleiche...fühlst, dann ist das schon okay! Ich...ich will dir nicht noch zusätzlich Kummer machen! Nur musste ich dir das jetzt sagen, sonst hätte ich mich wohl nie getraut... Ich bin ja auch ein toller Freund! Jetzt nutz ich hier deine hilflose Situation aus und überrumple dich einfach mit meinen Gefühlen! Am besten du vergisst einfach was ich gesagt habe!" Er biss sich mit schlechtem Gewissen auf die Unterlippe und Sugizo starrte ihn fassungslos an. "Nein..." flüsterte er mit Tränen in den Augen und griff nach Inorans Hand. "Ich will nicht vergessen..." Inoran sah ihm lange in die Augen und fuhr mit seinen Fingern durch seinen Haaransatz. "Ich konnte es nur einfach nicht mehr ertragen dich so Leiden zu sehen..." Inorans Stimme versagte und Sugizo legte seine Arme um ihn und zog ihn zu sich runter. Inoran schmiegte fest seine Wange an Sugis und beide keuchten schmerzerfüllt. Ihre Tränen vermischten sich miteinander und zittrig lies Sugi seine Finger über Inorans Wange gleiten. Dieser hob seinen Kopf etwas und berührte mit seiner nassen Nasenspitze die von Sugizo. Sie schlossen ihre Augen, rangen verzweifelt nach Luft und Inoran legte seine bebenden Lippen auf Sugizos Mund. Vorsichtig und ganz zärtlich küssten sie sich, bis Inoran sich von ihm löste und sie Stirn an Stirn versuchten ihre rasenden Herzen zu beruhigen.

"Ich lass dich nie wieder alleine! Ich pass jetzt auf dich auf und will für dich da sein! Ich werde dich beschützen, hörst du?" flüsterte Inoran und sie sahen sich mit leuchtenden Augen an. Sugizo konnte nichts sagen und nickte einfach. Geschah das alles Wirklich?

Ja... er konnte ihn fühlen... seine Wärme... seine Sehnsucht... seine Sorge und vor allem seine Hoffnung!

Er hatte nicht mehr daran geglaubt und doch war es geschehen. Er atmete tief ein. Zum ersten Mal seit Ewigkeiten hatte er das Gefühl, das sein Körper nicht langsam starb, sondern zum Leben erwachte.

Es gab doch noch einen Menschen, der sein wahres Gesicht kannte, der ihn verstand und der ihm das Gefühl gab, nicht alleine zu sein.

Er kuschelte sich eng an Inorans Körper. Sein Zittern ließ nach und sein Kopf wurde langsam klar. Liebevoll kraulte Inoran seinen Rücken und küsste seinen Hals. Als sie sich endlich wieder beruhigt hatten sprach Inoran mit sanfter Stimme weiter. "Ich hab mit Ryuichi gesprochen bevor ich herkam...wir haben uns entschieden die nächsten Tage bis zum Abschlusskonzert frei zu nehmen! So können wir uns alle ein wenig von dem ganzen Stress erholen und wenn du die ganze Zeit schlafen willst, dann tu das! Ich bleibe jedenfalls bei dir! Versprochen!"

"Danke!" sprach Sugizo aufrichtig und schloss seine Augen. "Ein schöneres Geschenk konntest du mir nicht machen zu Weihnachten!" murmelte er und Inoran beobachtete lächelnd wie er einschlummerte. "Ruh dich nur aus... bald wird alles wieder gut sein, glaub mir!" Er streichelte noch lange seine Stirn und konnte seinen Blick nicht von ihm wenden. Sein Mut hatte sich doch bewehrt und er seufzte erleichtert. Manchmal war es doch gut auf sein Herz zu vertrauen und er hatte endlich das Gefühl, das er wirklich gebraucht wurde. Er sah auf zu dem Fenster, vor dem noch immer Schneeflocken neugierig um den Kerzenschein tanzten. Vielleicht würde er Sugizo bald wieder Lachen sehen. Das wünschte er sich so sehr und er küsste ihn noch einmal zärtlich auf die Wange. Sugizos Mundwinkel zuckten leicht nach oben bei der Berührung und er schmiegte sein Gesicht noch enger an Inorans Bauch. Die finsteren Schatten in seiner Wohnung verschwanden nach und nach und eine friedliche Ruhe umhüllte beide liebevolle.

Der Geist der Weihnacht liebkoste sanft ihre Seelen und verschwand mit einem Lächeln hinaus in die Winternacht.



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Kommentare zu diesem Kapitel (11)
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Von:  Noiyama
2008-05-28T09:59:47+00:00 28.05.2008 11:59
*schnief* wie toll...
ich bin immernoch halb sprachlos....
die atmosphäre ist so schön, und die handlung so herzzerreissend...
absolut klasse....
Von: abgemeldet
2008-01-10T08:52:31+00:00 10.01.2008 09:52
och wie süß >.<
das hast du wirklich toll gemacht
*knuddel*
häte beinahe geheult
T_____________T
aawwww~~~ kawaii
*knuffl*
Von:  sleepin-forest
2006-02-25T15:01:34+00:00 25.02.2006 16:01
wiie niiiedlich... ;___;''
Ich finde du hast die Charaktere und die Atmosphäre total super rübergebracht...... die Story packt einen richtig... und irgendwie strahlt sie auch so eine tolle Ruhe aus... hmmm...
Auf jeden Fall total toll geschrieben... ;.;d
Von: abgemeldet
2005-02-22T20:54:00+00:00 22.02.2005 21:54
oooooooooooh, is daaaaaaaaaaaas cute! *anstups* das ist so schön geschrieben...obendrein schneits bei mir sogar gerade!!! *schmacht*
Von:  Pai-chan
2004-11-26T12:34:26+00:00 26.11.2004 13:34
ooi.. kassuu schatz.... T_T
*knuddel*

wundervoll geschrieben, ich heul gleich... irgendwie hab ich da ein bisschen von mir gesehen... wenn man momente hat, wo man denkt, die ganze welt hasst dich eh oder lässt dich im stich... ich versuch dann immer positiv zu denken, aber sobald der nächste schlag dich trifft, ists hin damit...

aber nicht aufgeben! ich tus auch nicht süße! *drück*

auf denn
pai
Von:  Kotono
2004-11-21T18:58:04+00:00 21.11.2004 19:58
Oh, Mann, ich bin hin und weg!
Ich leide total mit Sugi! Besonders die Stelle als er hide anrufen möchte, obwohl er weiß, dass er tot ist, hat mich ganz schön bewegt... Und das er sich so nach Luna sehnt hast du wirklich schön beschrieben! Er tat mir echt leid!!! Zum Glück hat er Ino, auf den er sich verlassen kann...
Diese FF ist wirklich wunderschön!!
*dich ganz lieb knuddelt*
Von:  Stormborn
2004-11-12T19:43:54+00:00 12.11.2004 20:43
^^ also ehrlich gsagt...find ich die fanfic toll xDDD
Ah ja ^^ ich geb Anja recht, auf mich strahlt sie auch viel ruhe aus..und sie sagt auch zu einem stück aus, dass selbst wenn man am verzweifeln ist, es immer wieder einen weg raus gibt nich?
*kasu ganz feste drückt*
ich freu mich schon soooo auf Weihnachten <3
Von:  Lollipop
2004-11-10T14:09:57+00:00 10.11.2004 15:09
Ich fühle mich irgenwie total hilflos, weil ich nicht weiß was ich tun kann damit es dir besser geht ó.Ò
Und es ist auch schwierig irgendwo anzusetzen, weil du anscheinend selbst nicht genau weißt, warum es dir so schlecht geht...
Also, ich kann auch nur sagen, dass du nicht allein bist! Auch wenn du nicht so jemanden wie Ino hast der dich liebt, so hast du dafür Freunde, die sich um dich Sorgen und dich auch lieben! (Und du weißt ja das ich freundschaftliche Liebe eh viel wertvoller finde, als andere Arten von Liebe)
Und das man auch mal nicht stark sein darf, prediegen Nessi und ich doch eh schon die ganze Zeit ^^ Es ist überhaupt nicht schlimm, wenn man mal weint oder total deprimiert ist... sowas braucht man einfach! Denn danach geht es einem auch meistens schon viel besser *knuddel*

Zur Geschichte muss ich auch loben, dass sie wieder einmal sehr gut geschrieben ist!!
Von:  RedSky
2004-11-09T22:40:01+00:00 09.11.2004 23:40
Ich hätte zeitweise fast geheult.
Du kannst so toll schreiben, deine Wortwahl und deine Formulierungen sind so fließend und so gelungen....die Atmosphäre ist so besonders........
Du hast so viele wunderbare Talente, das habe ich nach dieser fanfic erneut gemerkt.
Und ich wollte mich nochmal bei dir bedanken.
Von: abgemeldet
2004-11-09T19:15:38+00:00 09.11.2004 20:15
*dich ganz feste und dolle einkuschelt*
Es tut mir leid das ich in dieser Woche keine Zeit für dich hatte.
Sicher hättest du Freunde an deiner Seite gebraucht...wie oft warst du für mich da wenn es mir schlecht ging....und ich schaffe es nicht wenn es dir schlecht geht.
Tut mir wirklich leid!
*kuschel-knautsch*
Wenn ich könnte dann würde ich einfach nach Potsdam runter fahren und mit dir irgendwo schön essen gehen das du mal wieder an was anderes denkst.
Ich finde es total schlimm das du dich so alleine fühlst,
das wollte ich nicht. Auch wenn ich mal nicht da sein kann dann möchte ich aber trotzdem das du weißt das ich dich ganz dolle Lieb habe knuddelchen!
Und glaub mir, niemand erwartet von dir das du immer stark bist...ich jedenfalls nicht.
H.D.G.M.D.L nessi


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