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Magicans Cross Kapitel3

von

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KAPITEL 3
 

"Nein!!! Aufhören!!!" Charlie sank matt zu Boden und sah aus trüben Augen auf den dunklen Boden: "Bitte", flehte er heiser. Er versuchte mit all seiner Kraft sich gegen das starke Gefühl der Trauer zu wehren. Seine Hand schlug schwach gegen den Boden, Tränen liefen über seine Wangen, doch das schmerzhafte Gefühl in ihm ließ nicht nach. Ein tiefer Schmerz drang langsam in ihn ein und drohte sein Herz zu zerstören. "Nein! ...nein... nein..." flehte er und kauerte, nun wie ein kleines Kind auf dem Boden.

"Mama... Papa", er sah leicht nach oben, doch er konnte nichts außer seine schreckliche Vergangenheit sehen.
 

"Schau dir den mal an, wie ein Mädchen sieht der aus! Dabei ist er in unserem Alter" "Waaaas? Dieser Zwerg soll sieben sein? Das ist doch noch ein Baby!" Charlie sah auf einmal sich selber... er prügelte sich mit ein paar Jungs, die zu dritt auf ihn losgingen.

"NEEEEEINNN!!!!!!!!" Charlie schrie verzweifelt auf, als er sah wie seine Schwester verprügelt wurde. Der Kleine kniff die Augen zusammen und hielt sich die Ohren zu, doch die Bilder und die Geräusche blieben. Sie überfluteten seinen Kopf, er konnte sie nicht abstellen.
 

Außerhalb eines Kraftfeldes stand Nay. Er sah total verwirrt auf das Licht und konnte nicht so recht einordnen, was hier passierte.

"Eine Elfe?" flüsterte er und sah sich suchend um. "Wo ist Charlie?" Nay eine Person innerhalb des Kreises und wusste, dass es Charlie sein musste. Er schreckte zurück, als er Charlies gequälten Schrei hörte. Nun wusste er, dass Charlie jetzt wohl die schlimmsten Schmerzen seines ganzen Lebens wieder erleben würde.

"Charlie..." Er hob die Hand, um mit einer Magie in den Kreis zu gelangen, in dem sich Charlie gerade befand.

"Icespear!" Nay gelangte ohne große Probleme in den Kreis. Doch als er Charlie sah erschrak er und seine Konzentration geriet ins Schwanken. Der Kleine kauerte weinend am Boden, wie in Trance. Er beachtete Nays Rufe nicht, er solle sich zusammennehmen. Charlie schoss es immer wieder in den Kopf, er sah immer seine Vergangenheit an sich vorbei ziehen.

- He, Zwerg komm mal rüber!! -

"Zwerg" sprach Charlie leise nach. Nay lief zu ihm, um ihn irgendwie aus dieser Trance zu befreien. Er musste ihn wieder zur Vernunft zu bringen.

"Charlie....... Charlie! Das ist nur eine Illusion!!" Er sah mitten in Charlie endlos leere Augen. Es wurde auf einmal hell und alles um sie herum wurde in helles Licht getaucht. Dann schien eine neue Illusion zu kommen, denn Charlie begann sich wieder zu bewegen.

"Bist du wieder wach?", fragte Nay, doch Charlie antwortete nicht. Stille Tränen liefen seine Wangen entlang, nässten sein bleiches Gesicht und tropften schließlich auf seine Kleidung. Nay hielt ihn in seinen Armen und versuchte ihm zu helfen, sofern es möglich war. Er wusste, dass er Charlie nicht erreichen könnte, doch trotzdem begann er auf den weinenden Jungen einzureden.

"Kleiner, das ist Vergangenheit...", flüsterte er, "Wach doch bitte wieder auf. Meinetwegen wirf irgendetwas nach mir, einen Fireball oder sonst was, aber schau mich an! Sag mir, dass du noch lebst, dass deine Seele noch lebt. Du musst hier raus..." Nay schalt sich selber dafür, dass er Charlie nicht schon eher aus dem Kreis getragen hatte. Er war immerhin die Ursache, für seinen Zustand.

Als Charlie sich immer noch nicht rührte, schloss Nay ihm sanft die leblosen Augen und trug ihn aus dem Kraftfeld heraus.

"So hab ich dich noch nie gesehen, ich wusste nicht was du in dir verbargst! Du bist so blass, wie eine Leiche, doch du atmest und dein Herz schlägt." Er legte den Jungen ab und warf kurz einen Blick nach hinten. Das Kraftfeld war verschwunden und es war wieder dunkel. "Du lebst... Wach auf!" Minuten verstrichen, Nay verstummte. Was sollte er noch sagen? Was könnte Charlie helfen? Wahrscheinlich würde er ihn noch nicht einmal hören.

"Nay?" Die Stimme war so leise, schwach und zitterte, doch sie brach die Stille die herrschte. "Kann ich meine Augen öffnen? Ich meine, ohne dass...."

Seine Stimme erstickte in weiteren Tränen.

"Ja" "Langsam schlug Charlie seine Augen auf und blickte in Nays Gesicht. Er grinste leicht und gequält:

"Endlich bist du nicht mehr so gefühllos." Doch das Grinsen verschwand sofort. Er lächelte nicht mehr wie sonst meistens, und wütend war er auch nicht. Noch nicht mal etwas wie 'Du bist schwul, ich weiß es!', kam über seine Lippen. Leichtes Zittern ging von seinem Körper aus. Charlie rappelte sich etwas auf und grub schließlich seine Hände und sein Gesicht in Nays Hemd. Schluchzen war zu hören. "Tschuldigung, Nay... ich bin einfach zu dumm." Doch dieser strich ihm langsam über das grüne Haar und legte seinen eigenen Kopf auf den des anderen.

"Nein, es ist in Ordnung. Ich lach dich nicht aus, keine Sorge." wisperte der stärkere Magier zurück.

"Es ist mir trotzdem peinlich! Sie haben recht, ich bin ein Zwerg, ich bin zu schwach und hilflos! Wäre ich so stark wie du gewesen, ich hätte meine Schwester beschützen können und auch meine Eltern... es ist meine Schuld..." Charlie fing wieder an heftig zu weinen. Nay schüttelte den Kopf:

"Das glaub ich nicht Kleiner, hör auf dich zu beschuldigen. "

"Wie... wie willst du das denn wissen?", konterte der Feuermagier, "Du selbst nennst mich 'Kleiner', und schwächer bin ich auch!"

"Aber du würdest sicher alles in deiner Macht stehende tun um anderen die dir lieb und teuer sind zu helfen, und wenn es dich das Leben kosten sollte...ich kann mir auch gar nicht vorstellen, dass du es anders machst."

"ABER DAS WAR VERDAMMT NOCH MAL NICHT GENUG!!!!!!", Charlie wollte aufspringen, doch Nay hielt ihn weiter fest und bat ihn nicht so laut zu sprechen, denn er sei nicht taub. Der Kleinere schloss die Augen, sein Körper war ausgezerrt von den Erinnerungen und er fühlte sich schlechter als nach dem Sturz in den Abgrund. Zudem kamen zweifelnde Gedanken hinzu, die er bisher immer wieder verdrängen konnte, doch diesmal war er zu müde, es zu versuchen...

Es musste doch eine Last für Nay sein... immer musste dieser ihn wie ein kleines Kind beschützen, immer brauchte er Nays Hilfe. Und wie dankte er es ihm? Er hatte sich nie für Nays Rettungen erkenntlich gezeigt und Charlie wusste es immer, auch wenn er es sich nicht eingestehen wollte. Je mehr er nachdachte, desto müder wurde er.

Krampfhaft konzentrierte er sich darauf nicht die Augen zu schließen. Doch es half alles nichts, die Müdigkeit übermannte ihn nach ein paar Minuten und er sackte leicht in sich zusammen, als sich die Anspannung seines Körpers löste.

Er träumte einen Traum aus der Vergangenheit, die er noch immer nicht verarbeitet hatte und sich selbst nicht als bereit ansah, sich dieser zu stellen...
 

Nay sah seinen Schützling traurig an. Je fröhlicher der Kleine ausgesehen hatte, um so konfuser erschien er ihm jetzt. Bei der Verhaltensweise die Charlie an den Tag legte, hätte Nay niemals, auch nur ansatzweise, an eine schlimme Vergangenheit gedacht. Eine Weile lang beobachtete er Charlie. Als dieser schließlich fest zu schlafen schien, lehnte Nay sich selbst zurück und schloss die Augen. Kurze Zeit später schlief auch er, und erwachte nicht vor dem nächsten Abend.
 

Mit beiden Händen rieb Charlie sich über das Gesicht. Es war kalt. Warum bloß? Dann schrak er auf, sah sich um und bemerkte das Nay nicht da war. Der Mond am Himmel beschien sein Gesicht, die Sterne funkelten ihn an, doch er kümmerte sich nicht darum. Nach Nay rufend lief er umher, doch er fand ihn nicht. Nun sah er doch nach oben. 'Wo könnte er stecken? Er wird mich nicht veralbern wollen...' Bibbernd stand er da. Er suchte sein T-Shirt, fand es aber nicht. Schließlich entdeckte er etwas, einen Stern der heller leuchtete als die anderen und sich - ungewöhnlicher Weise - auf ihn zu bewegte. Charlie verstand nicht und wartete geduldig. 'Es könnte Nay sein...' dachte er sich: 'Nur warum dieses Leuchten?' Die Gestalt war nicht mehr als eine weiße Silhouette auf schwarzem Grund, doch man konnte deutlich erkennen, dass es menschlich war.

"Nay! Wo warst du?", brüllte Charlie der Gestalt zu und sprang gleich zurück. Er erkannte eine Elfe und wusste instinktiv, dass sie ihm seine Vergangenheit gezeigt hatte. Sie war es, die ihn quälte, obwohl er sie anflehte aufzuhören. Er hatte gebettelt, zu ihren Füßen hatte er sich gelegt und um Erbarmen, wie ein räudiger Hund, gewinselt.

Charlie fing an zu gehen, dann joggte er, begann zu laufen, und rannte schließlich, als wenn es um sein Leben ginge. Die Elfe lief nicht sie schwebte hinter ihm her und holte so schnell auf. Mit einem Ruck hielt Charlie an und wäre beinahe hingefallen, doch er behielt gerade so das Gleichgewicht. Die Elfe konnte nicht so schnell stoppen und flog noch einige Meter weiter, ehe sie umdrehte um den Feuermagier weiter zu verfolgen. Sie kamen auf offenes Land. Wiesen erstreckten sich vor ihnen und dann sah Charlie ihn. Nay war dort. Er wurde von zwei Elfen festgehalten, auch um ihn war ein Kraftfeld, genauso wie jetzt um Charlie selbst.

"Scheiße", schrie er und drehte sich noch mal um. Die Elfe sah ihn mit funkelnden Augen an. "FIREBARRICADE! DARK FIRE!!!!!!!!", aus seinen Händen schoss die Magie des Feuers. Es umringte ihn, bildete einen Schutz. Fontänen aus Lava und Flammen waren es, die die Erde aufrissen und das Gras versengten. Geblendet von den hell lodernden Flammen die schon einmal zwei Elfen zur Strecke gebracht hatten, blickten die jetzigen der zweiten Prüfung weg. Doch die Flammen veränderten sich und plötzlich schien Charlies Macht anzuwachsen. Schwarze Flammen entsprangen Charlies Händen und umgaben seinen Körper. Die Elfe vor ihm war zurückgewichen, doch Charlie vermochte nichht den Zauber aufzuhalten.

Für Nay gab es keinen Zweifel, dass war Charlies volle Macht, die Macht der Dunkelheit. Diesmal setzte er alles ein, alles was er besaß... Langsam bildete das Feuer eine Gestalt, es formte sich zusammen und eine Gestalt bildete sich. Ein riesiger schwarzer Drache entstand, umgeben von schwarzem Feuer. In den Augen brannte das Feuer der Nacht, die Flügel waren die selben des Fireflys, nur viel größer und beeindruckender, Feuer stob dem Himmel von diesem gewaltigen Körper entgegen.

"Ein Drache also... normalerweise wird es doch ein Panther? Wieso nicht dieses Mal?"

Nay sah seinen Schützling an und verstand. Der Kleine setzte alles daran die Vergangenheit zu verdrängen. Es war die gesamte Macht von ihm, der Wille, die Wut, die Angst und der Mut, die diese Kreatur schufen. Nur dadurch konnte ein Spruch so abgewandelt werden- zu einem komplett neuen.

Es war der 'Bleeding Dragon', ein sehr starker Spruch der Feuermagie. Nur selten fand sich ein Magier, der den Spruch ausführen konnte, weil es einen komplett dunkle und hasserfüllte Seele erforderte, um den Spruch abzuwandeln. Das sah Nay daran, dass der Drache komplett schwarz war, ein Wesen der Dunkelheit. So viel war sicher, vorher konnte Charlie den Spruch auf keinen ausführen, soviel Macht besaß er nicht. War er etwa stärker geworden oder war er etwa...?

Der Drache war fertig gestellt, das letzte Feuer war aus der Barrikade entwichen und war im Drachen verschwunden. Die Elfen sahen wieder zu dem kleinen Feuermagier. Er war zusammengebrochen und lag nun reglos am Boden... Seine Augen waren geschlossen, sein Atem flach. Die Arme schienen so zu liegen das sie sein Gesicht schützten.

"Charlie,... warum? Warum verbrauchst du deine ganze Energie? STEH AUF!", rief Nay, doch es half nichts. 'Er wird wohl erst mal eine Runde schlafen...und ich kann ihm nicht helfen...!' Nay versuchte zwar aus der Gewalt der Elfen zu entkommen, doch der Bannkreis schwächte ihn immer weiter.

Der Drache stapfte auf die Elfe zu, die Charlie verfolgt hatte. Das Echsengesicht war verzerrt, die langen Reißzähne blitzten hervor, ab und zu züngelten Flammen zwischen ihnen hindurch und die grün-gelben Augen sahen gefährlich böse aus. Er bäumte sich auf, seine Flügel streckten sich dem Himmel empor, und er brüllte aus Leibeskräften. Es war ein dumpfes tiefes Röhren, das durch Mark und Bein ging. Der Boden erzitterte bei jedem Schritt des Ungetüms. Die Elfen flogen in die Luft, die beiden aus dem Bannkreis rissen Nay mit sich, damit er sich nicht befreien würde. Der Drache fing an seine Flügel zu bewegen. Langsam schlug er damit, dann erhöhte er das Tempo, so lange, bis die mächtigen Schwingen sein Gewicht hoch trugen und er in der Luft hing. Noch nicht einmal schwerfällig, sondern recht flink. Plötzlich wandte es sich den Elfen und Nay zu, öffnete seinen Rachen und spie Feuer in deren Richtung. Es war eine schwarze Flamme...

Eine Elfe hatte es leicht erwischt, doch diese hatte nur einen kleinen Kratzer. Die Augen des Drachen sahen nun auf Nay. Giftig schauten sie ihn an, prägten sich jede Bewegung ein und schon bald registrierte das Ungetüm, dass Nay der Schwachpunkt der Elfen war. Sie konnten sich nicht so schnell bewegen, da sie Nay mitgetragen mussten. Sie waren einfach zu langsam. Und das nutzte der Drache aus. Er flog in einer sehr hohen Geschwindigkeit auf die drei zu, bereit jeden davon zu töten.

"Angelfly!", schrie Nay, doch die Flügel konnten sich nicht entfalten, denn die Elfen behinderten sie. Doch das war jetzt zu spät. Der Drache war nur noch wenige Meter entfernt, er würde sie rammen...
 

Er zitterte. Langsam rappelte er sich auf, seine Kraft ließ es kaum zu. Er sah wie sein Drache, der von ihm erschaffen wurde auf Nay und die Elfen zuflog, bereit Charlies Beschützer mit den Gegnern zusammen zu töten. Er wusste nicht was er tun sollte. Auf der einen Seite wollte er auf keinen Fall den Rest seiner Vergangenheit sehen, aber auf der anderen konnte er Nay nicht aus Egoismus töten lassen. Er wollte nicht, dass sein Freund sterben würde. Das Feuertier flog immer weiter auf die drei zu, bereit alles mit sich zu reißen.

"STOP!", schrie Charlie. Es klang wie ein heiseres Krächzen, aber es war laut genug. Der Drache drehte sich um und sah seinem Erschaffer in die Augen. "Du darfst ihn nicht töten...BITTE! Ich bitte dich, greif lieber mich an, doch lass ihn gehen."

Nay sah den Kleinen verwirrt an, konnte Charlie den Drachen nicht steuern? War es außer Kontrolle geraten, da Charlie selbst keine Kraft mehr hatte? Hatte sich tatsächlich alle Beherrschung übertragen? Wenn es so wäre müssten sie den Drachen entweder töten oder Charlie bekam es hin es dazu zu bekommen die Macht zurück zu übertragen. Doch Charlie war nicht derselbe, wie zu dem Zeitpunkt, als er den Drachen erschaffen hatte- sein Hass war verschwunden, und er schien die Vergangenheit in diesem Moment vergessen zu haben. So würde er nie den Drachen kontrollieren.

Der Drache brüllte und Flammen streckten Charlie nieder, doch dieser war noch bei Bewusstsein. Der Kleine schrie und schrie, versuchte seinen Drachen immer von Nay abzulenken. Minuten verstrichen in denen sich der Drache ablenken ließ - so lange, bis der Feuermagier nur noch heiser Brüllen konnte. Dann hob er abermals seinen robusten Körper in die Höhe und wollte die Elfen wieder angreifen. Charlie war schwach genug, er könnte ihm sowieso nicht entkommen.

,Charlie!' Nay versuchte krampfhaft sich zu befreien. Die Elfen versuchten ihn mit sich zu reißen und sie kreischten wie verrückt, aber sie hielten ihn fest. Wie stark er auch sein mochte, aus deren Griff konnte er sich nicht winden, so sehr er es auch versuchte...

'Verdammt, was haben die denn davon, mich festzuhalten wenn sie sterben würden?' Der Drache raste ihnen entgegen, den Rachen weit geöffnet, die scharfen Reißzähne den Dreien entgegen gerichtet, die Katzenaugen verfolgten jede Bewegung. Rauch stieg aus der Nase und ab und zu züngelten Flammen hervor.

Charlie sah dem Geschehen fassungslos zu, war es wie damals? Ja... Es war seine Schuld, oder? Sicherlich, wenn Nay starb war es seine Verantwortung...damit konnte und wollte er nicht leben. Langsam schloss er seine blauen Augen.

'Ist es bald vorbei?', fragte er sich, 'Darf es vorbei sein?' Leise schluchzte er, Tränen liefen über sein Gesicht und seine Sicht verschwamm. Sie tropften auf seine Kleidung, schlichen sich ein und sickerten in den Stoff der Hose, tropften auf seinen nackten Oberkörper. Er brach zusammen. Nein, er war nicht bewusstlos, aber es machte ihn fertig zu leben, wo doch dadurch Nay sterben könnte. Er hatte jetzt nicht nur seine magische, sondern auch seine natürliche Kraft verloren und lag nun da, wie ein Bündel in sich zusammengerollt. Ihm war alles egal.

'Es kann nicht, es darf nicht sein, nicht ohne Kampf!', dachte er, fand jedoch nichts um sich hoch zu ziehen. Als er seine Hand gegen den Boden stütze um sich auf zu richten, knickte sein Arm ein. Charlie fühlte sich als wenn er aus Gummi bestände. Nichts gehorchte ihm mehr außer seine Gedanken. Er würde seinen besten Freund umbringen, nur um das zu vergessen, was sich eh schon wieder herauf gearbeitet hatte und seine Seele annagte. Doch er vermochte nicht, gegen diese Tatsache anzukämpfen.

'So schuldig', dachte er, 'so viel Schuld hab ich, die ich nicht ertrage... Nay, bitte stirb nicht!' Er hörte Nays Stimme, und die der Elfen, Schreie...er ertrug es nicht, wollte es nicht sehen. Der Drache hatte sie voll erwischt. Eine Elfe fiel bewusstlos dem Abgrund entgegen, die andere war mit ein paar Kratzern davon gekommen. Charlie sah auf. Wo war Nay? Ängstlich blickte er sich um.

"Nay!", krächzte er heiser: "Wo bist du?"

"Lauf weg Charlie!", hörte dieser und blickte weit nach oben. Da schwebte sein Beschützer, die großen weißen Engelsflügel schlugen aus um ihn in der Luft zu halten.

"Ich kann nicht. Es..... es tut mir L...Leid Nay, es ist alles meine Schuld! Immer zieh ich dich in alles rein und.....VORSICHT!" Nay wich zur Seite aus, haarscharf züngelte eine Flamme mitsamt dem Drachen vorbei.

"Jetzt reicht es aber, Charlie hol dein Vieh zurück!", rief Nay.

"Er ist nicht unter meiner Kontrolle!", schrie Charlie zurück. 'Wie ich es mir dachte', Nay ballte seine Hände zu Fäusten.

"Na gut, wenn es nicht anders geht... WATERPENTAGRAMM!!!" Ein Kreis aus Wasser bildete sich um Nay, wie ein Wirbel schien es ihn einzuschließen. Charlie war überrascht wie viele Techniken der andere beherrschte von denen er nicht mal gehört hatte. Erstaunt sah er zu wie der Wirbel ein Muster aus vielen Formen bildete. In der Mitte war ein Stern, bestehend aus zwei übereinander liegenden Dreiecken, dessen Konturen das Wasser bildete. Fontainen schossen aus dem Wirbel um das Pentagramm zu unterstützen und gaben Nay frei. Dieser streckte seine Hände zum Himmel bis das Pentagramm so über ihm schwebte, wie ein riesiger Pfannkuchen den man in die Luft geworfen hatte und der beschlossen hatte in der Horizontale in dieser zu bleiben. Der Kreis mit dem tropfenden Stern darin hob sich weiter nach oben und der Winkel zur Erde stieg auf den rechten Winkel. Der Drache sah etwas merkwürdig aus, als er merkte, dass dieses Geschoss sich ihm näherte. Panisch fing er an Feuer entgegen zu speien, aber das Wasser löschte das Feuer und setzte dem Drachen immer noch entgegen. Feuer gegen Wasser...Element gegen Element, Charlies Drache gegen Nay.

Die Wassermagie fing an zu rotieren und der Drache sah sie wütend an. Er versuchte weiter den Urheber dieser Magie unschädlich zu machen, konnte aber nicht bis dahin vordringen. Das Pentagramm wurde breiter, wie eine runde Decke aus der klaren Flüssigkeit des Lebens, doch die Musterung blieb, das Pentagramm würde nicht erlischen bis der Spruch zerbrach. Diese Decke legte sich nun über den Drachen, bedeckte ihn in seiner Größe von dem echsen- und bösartigem Kopf, bis zu den Klauen. Es schloss ihn ein und verwehrte ihm so die Luft. Er fing an Feuer zu speien, doch es entstand nur Rauch. Der Sauerstoff innerhalb der Kugel wurde schnell verbraucht, der Drache fing an schwer zu atmen, hörte auf zu zappeln und schien schon besiegt. Der Drache sank zu Boden.

"Nay... wa...was machst du da?", Charlie sah ihn flehend an, und Nay verstand erst nicht. "Ich rette dich." Langsam sackte Charlie in sich zusammen und fing an nach Luft zu ringen.

"Du bringst mich....du bringst mich um Nay...", flüsterte er leise und röchelte vor sich hin. Nay sah den Feuermagier mit großen Augen an. Würde Charlie sterben wenn er seine Magie zerstörte?

"Kleiner!", schrie er als Charlie aufhörte sich zu bewegen und seine Brust sich nicht mehr hob und sank. Schleunigst flog er zu Boden. Er nahm Charlie' s Hand, und legte seinen Mittel- und Zeigefinger an das Gelenk. Kein Puls war zu spüren. Nay suchte die Halsschlagader, doch auch die war wie eingefroren. 'Verdammt', dachte er und lies seine Kraft zu ihm zurückkehren. Die wässrige, glitschige Hülle um den Drachen fiel in sich zusammen und lief in kleinen Rinnsalen von dem Drachen ab, direkt in die Erde hinein. "Charlie", jetzt flüsterte der stärkere Magier nur noch: "Wach auf..." Nichts geschah. Noch immer lag Charlies Körper da, sein Gesicht bleich, seine Haut kalt. Die Gedanken Nays schwelgten über Charlie:

'Was machst du bloß?' Er strich sanft eine Strähne aus Charlies Gesicht. Dann setzte er seinen Finger an den Oberkörper des anderen: "Heal", sagte er leise. Kleine grüne Funken wanderten von seiner Hand in Charlies leblosen Leib. Sie schienen ihn einzuhüllen und zu schützen. Es kostete Nay zwar Kraft, aber nicht viel. Er hatte schließlich genug davon und konnte sie locker noch benutzen um dem Kleineren das Leben zu retten, doch nichts geschah. Konnte die Magie die Lunge nicht zum atmen bewegen? Nay wartete ein paar Sekunden. Er war sich klar darüber, dass wenn er Charlie wiederbelebte, auch der Drache sich erneut aufrichten würde. Ohne all zu langes Zögern fing er an den Feuermagier mit Mund-zu-Mund-Beatmung zu beleben. Es dauerte nicht lange bis der Kleine anfing zu husten und zu keuchen. Er krümmte sich und schien zu zappeln wie ein Fisch auf dem Trockenen. Langsam beruhigte er sich und auch im Hintergrund war wieder ein vertraut gefährliches Fauchen zu hören. "Ich dachte, du würdest es nicht überleben", bemerkte Nay als wenn es eine Alltagssituation wäre.

"Das...", erwiderte Charlie mit leiser Stimme, "Das dachte ich auch..." Ein kleiner Moment des Schweigens trat ein. Als Nay die Stille unterbrach war Charlie schon fast dafür dankbar, weil er sich immer noch so tot fühlte, wie vor einigen Minuten:

"Charlie, wie wird man das Vieh los ohne dich umzubringen?"

"Weiß nicht..." meinte dieser und dachte bei sich das es ja nicht gerade die hilfsreichste Antwort war.

"Kleiner, ich glaub ich weiß, warum du mit gelitten hast. Weil du ewig kämpfen wolltest- selbst gegen mich und dich selbst - hat sich ein Teil von dir in dieser Magie abgesondert. Deshalb wurde sie auch so stark und hat sich zu einer stärkeren entwickelt. Das heißt, wenn du diese Magie umbringst, tötest du einen Teil von dir. Dieser Teil benutzt schließlich auch deine Lebensfunktionen... Er kontrolliert den Drachen, nein du kannst fast sagen er ist der Drache. Er ist ein Teil von dir und wenn du 'ihn' weiter unterdrückst wird der Drache leben oder sterben. Und wenn er stirbt, so stirbst auch du. Dein anderes Ich hat ihn erschaffen, doch jetzt ist es verschwunden... deswegen kannst du den Drachen nicht mehr kontrollieren."

Charlie schluckte. "Ich will nicht mehr gegen dich kämpfen. Nay... ich hab Angst." Nay schaute ihn durchdringlich an.

"Ich kann sie dir nicht nehmen Kleiner!", sagte er etwas lauter als sonst. Charlie hatte fast das Gefühl ihn verärgert zu haben, doch eigentlich sorgte sich der andere insgeheim. "Los, nun lass dich gehen. Meinetwegen schlag mich, aber mach zu. Dem Drachen scheint es besser zu gehen als dir, solange du noch Zeit hast, befrei deine Seele! Werde wieder so wie vorher... kämpfe!" Der Kleinere Feuermagier sah ihn unentschlossen an. Er wollte auf keinen Fall seinen Beschützer schlagen. Er konnte es einfach nicht. Es war doch so, als hätte er einen Bruder, könnte er diese 'Beziehung' dadurch verletzten? Seine Gedanken waren verwirrt. Den Kopf schüttelnd stützte er diesen in seine Hände.

"Nein! Das werde ich nicht tun! Zu anderen Sachen kannst du mich zwingen, aber diesmal nicht!!!" Der größere Magier ging auf ihn zu. Auf einmal wirkte Nay sehr bedrohlich auf Charlie. Die großen Schritte die er auf den Kleinen zu schritt schienen eine Gnadenfrist zu sein. Auf einmal stand Nay vor Charlie und sah ihm in die Augen. Sein Ausdruck wirkte so grausam, wie der andere es nie für möglich gehalten hätte:

"Wenn du mich nicht angreifst, greife ich eben dich an! Kämpfe, das wolltest du doch immer..." Fassungslos starrte der kleine Feuermagier seinen Freund an:

"Das würdest du nicht tun? Oder?"

Nay sah ihn giftig an: " Willst du es darauf ankommen lassen?" Auf einmal hatte Charlie das Gefühl Nay nie gekannt zu haben. Als wenn der vor ihm jemand vollkommen anderes wäre. Aus Ratlosigkeit ging er einen Schritt zurück, dann noch einen. Er wagte es nicht sich umzudrehen und wegzulaufen, dem jetzigen Feind den Rücken zuzudrehen.

"Nay, was hast du vor? Ich kämpfe nicht!" Nay antwortete nicht. Anstatt dessen rief er seine Magie hervor:

"ICESPAER!!!" Eis entsprang Nays Hand und formte sich zu einem Speer. Das Geschoss flog in unglaublicher Geschwindigkeit auf den Kleinen zu und riss ihm ein Stück Hemd ab. "Das war nur eine Warnung. Kämpfe, mach schon!" Ungläubig blickte Charlie ihn an: "Bist du das wirklich Nay?" Er wusste nicht was er machen könnte außer das zu fragen. Seine Gedanken spielten verrückt. Vielleicht hatten die Elfen seinen Beschützer übernommen, aber vielleicht auch nicht. Er schluckte und schloss die Augen. Würde Nay ihn töten, würde auch der Drache sterben.

"Meine Schuld", leises Flüstern, mehr wollte seine Stimme nicht her geben: "Es ist meine Schuld, ich kann nicht gegen dich kämpfen wenn ich es doch meine Schuld ist!" Er fühlte Kälte über sich kommen, spürte Nay beobachtenden Blick auf seiner Haut. Ein Schaudern durchlief seinen Körper.

"BLIZZARD", Nay rief erneut seine Kraft. Es fing an über Charlie zu hageln. Jedes einzelne Korn schien wie eine Gewehrkugel zu sein. Charlie hatte sich zusammengerollt. Blut lief seinen Rücken hinab. Es war so kalt. Fast unaufhaltbar. Es brannte wie Feuer und schnitt ein wie Kälte. Die Hagelkörner wurden größer, und spitzer. Nays Hände waren dem Himmel entgegen gestreckt. Der blaue Glanz der ihnen entschwand wandelte sich unermüdlich in kleine Geschosse um. Der Hagelsturm lies nicht nach, so sehr Charlie es sich auch wünschte:

"ICH WILL NICHT GEGEN DICH KÄMPFEN, KAPIER ES ENDLICH!!!" Als er da zusammengekauert hockte, versuchte den Schmerz zu unterdrücken und zu vergessen, dass Nay der jenige war der ihm diesen zufügte, kam in seinem Kopf ein Wort auf, vor dem er sich selbst erschreckte:
 

'Oder?' Hatte er Nay nicht zeigen wollen das er mindestens genau so stark wäre? Charlies Gedanken versanken in die Vergangenheit. Er sah vor seinem geistigen Auge wie er alleine versucht hatte gegen eine Horde Krieger zu kämpfen. Sie kamen auf ihn zu. Ihre Streitäxte hoch in die Luft gehoben, die Langschwerter ihm entgegen gerichtet , die Speere zum Wurf angelegt, Pfeil und Bogen bereit. Die Lang- und Kurzstäbe wirbelten in den Händen der Magier. Dolche hingen an den zahlreichen Gürteln und Schärpen. Armbrüste mit Bolzen angereichert, zielten auf Charlie. Die Knüppel und Hammer lagen zum Ansturm fertig in den Fäusten der Gegner. Plötzlich gaben sich die Magier ein Zeichen. Wie ein Gewitter schrieen sie alle im Chor und erhoben ihre Stäbe dabei:

"LIGHTNING OF HEAVEN!!!", tönte es von allen Seiten auf den kleinen Feuermagier ein. Dieser reagierte schnell:

"PRISON OF FLAMES!!!", erwiderte er mit seiner eigenen Magie. Weiße Blitze zogen aus den Stäben der feindlichen Magier. Am Himmel vereinigten sich die zuckenden Ladungen zu etwas, dass sich nur erahnen ließ, da es zu hell war um es sehen zu können. Nur Zehntelsekunden später sprühte ein eigenartiges blaues Feuer aus Charlies Händen. Als er jene nach oben riss, zersprang der Boden unter ihm. Ein Kreis bildete sich als Feuer aus der Erde wuchs und sich in einem Strudel von allen Seiten auf das blaue Feuer in Charlies Händen zu bewegte. Der feuernde Käfig schloss sich, glänzte unter der Magie metallisch auf - gerade noch rechtzeitig vollendete sich der Zauber. Aus dem grellen Etwas am nachtschwarzen Himmel schoss ein gewaltiger Kugelblitz. Es krachte als er sich in einer unglaublichen Geschwindigkeit Charlie näherte. Er sah in die hämisch grinsenden Gesichter der Magier, doch dieses schadenfreudige Lachen ließ schnell nach. Der Blitz schlug anstatt Charlie zu treffen in die Gitterstäbe ein und verschwand. Ungläubig wechselte das Gesicht der Magier von einem Grinsen zu einer angstvollen und verwunderten Grimasse.

"Schon mal etwas vom Faradayschen Käfig gehört, ihr Idioten?", machte sich Charlie lustig. Die Magier flohen. Sie hatten eigentlich keine Ahnung von Magie, denn nur durch die Stäbe die sie trugen hatten sie die Möglichkeit Magie zu erzeugen. Die Krieger die übrig blieben kreisten ihn ein. Sie kamen immer näher, wie eine Welle auf die Küste zurollt. Unaufhaltsam, so schienen sie.

"BURNING NOVA!", langsam gingen Charlie die Sprüche aus. Er hatte zu wenig trainiert als das er gegen alle ankommen würde, das wusste er. Seine Hände fingen an zu zittern. Sie hielten der Anstrengung kaum stand. Immer noch waren einige Feinde übrig. Seine Magie war erschöpft. Er fiel kurz auf seine Knie. Dann rappelte er sich schnell wieder auf und zog ein Schwert hervor, dessen Hülle an seiner Schärpe baumelte. Die scharfe Klinge reflektierte das Mondlicht und Charlies Gesicht. Eine kleine Truppe der Kämpfer näherte sich, einige legten aus der Entfernung ihre Bogen und Armbrüste an.

'Mist', dachte Charlie. Er wusste nicht was er noch großartiges tun könnte. Er hatte sich einfach überschätzt. Als sich die feindlichen Gruppen auf ihn stürzen wollten hörte er eine unbekannte Stimme:

"FROSTSPHERE!" Ein Schauder aus Eis legte sich auf ihn und seine Gegner. Charlie spürte wie er erstarrte und sich kein bisschen bewegen konnte. Auch sein Sehvermögen schwand. Er fühlte wie jemand ihn packte:

'Sie haben mich', dachte er von sich selbst enttäuscht. Langsam klärte sich seine Sicht, und er blickte in die blaugrünen Augen eines Fremden.

"Wenn du mich töten willst, tu es jetzt!", schrie er den Unbekannten an.

"Guten Tag.", erwiderte dieser vollkommen ruhig und gelassen und stand auf. "Ich gehe jetzt", fügte er hinzu.

"Was soll das, wer bist du?", brüllte Charlie völlig aus der Fassung gebracht und verwirrt. "Ich heiße Nay, Kleiner. Pass das nächste Mal besser auf, du hattest Glück" Knurrend stand Charlie ebenfalls auf:

"Ich bin nicht klein!" Nay sah ihn fest an:

"Wenn du das unbedingt beweisen willst, tu es vor mir." Er wendete sich ab und ging weg. Charlie wurde knallrot im Gesicht und lief hinterher:

"FIREBALL!"

"WATERSHIELD!" sagte der andere gelassen und hielt seine Hand schützend vor den eigenen Körper. Blaue Wellen waberten aus dieser und bildeten einen festen Schutz. Der Fireball prallte ab und traf Charlie.

"Ich bin so gut wie resistent gegen Feuer!", ein Lächeln umspielte die Lippen des Feuermagiers.

"Du bist schwächer als ich. Auf Wiedersehen", erwiderte der andere und hob nach einem leisen Gemurmel vom Boden ab. Charlie sah seine Flügel in der Nacht schimmern und seine Wut verstärkte sich... Gott, wie er Nay jetzt hasste!
 

Die Erinnerung verschwand. Charlie blickte auf und sah Nay vor sich. Dieser stand dort wie eine Säule und starrte kalt auf ihn herab. Der Blizzard hatte aufgehört.

"Oh, Nay, ich dachte schon das du mich umbringen würdest! Was sollte das?", Charlie blickte fröhlich nach oben.

Nay wendete sich ab: "Schwächling", meinte er herablassend. Plötzlich drehte er sich um "ICESPEAR!" Diesmal bohrte sich der kalte Speer aus glänzend weißem Eis in Charlies Schulter.

"AHH! Nay, du Idiot, was hast du verdammt noch mal für Probleme, dass du anfängst mich abzuschlachten?!?"

"Ich habe dich gewarnt, Kleiner.", erwiderte der andere gelassen. ,Kämpf doch endlich... du sturer...'

"BAKA!", schrie Charlie, Blut lief kalt aus der Wunde an der Schulter. Nay beachtete ihn nicht. Er formte mit den Händen etwas hellblaue Magie. Erst einen Speer, dann einen Pfeil, das Pentagramm und einiges mehr.

"Glaubst du wirklich das ich der Idiot von uns beiden bin? Ich habe da meine Zweifel." Charlie sah an sich herab und dachte über Nays Worte nach. Plötzlich erinnerte er sich einmal geschworen zu haben, nie jemandem außer sich selbst zu trauen. Auf einmal bemerkte er, dass Nays Hilfe und Verbindung viel zu selbstverständlich war. Er ballte seine Hände zu Fäusten:

"Du hast Recht, Nay. Ich hätte dir wohl nie trauen sollen. Ich bin der Idiot...", ein altes Gefühl drang nun wieder nach außen, ein Gefühl was er in der letzten Zeit verdrängt hatte, und was erst durch die Elfe langsam wieder hervorgebracht worden war.

Er spürte die Wut, die er für Nay empfunden hatte neu in sich aufbrodeln. Er spürte die Wut in sich, die ihn sein ganzes Leben lang begleitet hatte, noch bevor er Nay kannte, die Wut auf die Mörder seiner Familie und die Wut und den Hass, den er Nay entgegen brachte. Seine Muskeln spannten sich, seine Magie sammelte sich in allen Facetten.

Charlies Gesicht änderte sich komplett und Nay wusste, dass es nicht mehr der Charlie war, den er kannte, sondern eine andere Person, seltsam befremdlich.

Darauf hatte Charlie gewartet, seit dem Tag an dem er Nay getroffen hatte. Einen Kampf... gegen seinen Retter. Der Beweis, auch alleine klar zu kommen, der Beweis für seine Existenz und dafür, dass er niemanden brauchte.

Charlies Augen verloren den Glanz. Ausdruckslos starrten sie vor sich hin. Er packte den Eisspeer mit der anderen Hand, zog ihn, ohne eine Mine zu verziehen, raus und blickte zu Nay auf. Er stemmte sich hoch, stellte sich breitbeinig hin und fing an zu grinsen:

"Hier hast du deinen Kampf. Ich bin bereit!"

"Du hast ein Handicap.", sagte Nay gelassen und zeigte auf Charlies Schulter.

"Macht nichts, ich besiege dich eh!"

"HEAL", sagte Nay und die Wunde an Charlies Schulter schloss sich.

"HEY, warum hast du das gemacht?", schrie der soeben Geheilte Nay an. Dieser erwiderte das er nur fair sein wolle.

"Na toll, fair, wo doch das meiste meiner Magie in diesem Vieh steckt!" Wütend zeigte Charlie auf den Drachen hinter ihm, der sich mit den Elfen beschäftigte und sie in den Wahnsinn trieb. Gleichgültig zuckte Nay mit den Schultern:

"Kämpf doch mit ihm, mir ist es gleich!"

"Ich kann ihn doch gar nicht kontrollieren du mieses Schwein!", brüllte der kleine Feuermagier wutentbrannt und wollte demonstrieren das der Drache ihm nicht gehorchen würde. Er zeigte mit dem Finger in eine unbestimmte Richtung und setze schon zu einem giftigen 'Siehst du?!?' an, als der Drache in entsprechender Entfernung den Finger aufmerksam verfolgte und in die gezeigten Zonen flog. Verdutzt sah Charlie auf:

"Okay, wenn du es so willst kämpfe ich mit ihm!" Daraufhin winkte er den Drachen herbei. Das pechschwarze Ungetüm landete sanft hinter ihm, streckte die gewaltigen, rotglänzenden Flügel von sich und blies Rauch aus den Nüstern. Es sah fast so aus als wenn Charlie in ihn verwuchs, so dicht standen sie aneinander und ließen sich von Feuer umhüllen. "Was setzt du gegen ihn ein?" Nay blickte überlegend zum blauschwarzen Himmel, als wenn die Sterne ihm eine Antwort gäben:

"Entweder ich gebe dir eine Chance und setzte Eis ein, oder ich möchte einen kurzen Kampf und nehme Wasser oder Wind - Ich wähle Eis. SNOW DRAGON!" Es fing an aus Nays Händen zu schneien. Rund um ihn herum schien eisige Kälte zu herrschen. Ein dichter Nebel stieg immer höher bis er Nay bedeckte. Es dauerte einige Zeit, bis der Nebel anfing sich zusammen zu schließen, zu manifestieren. Ein zierlicher Körper aus Eis entstand, die Flügel die nach und nach aus den Schulterblättern wuchsen waren kristallen, die Haut wirkte wie Fell. Die Ohren und Flügel waren transparent und die Füße hatten mehr das Aussehen von Pfoten. Das glatte Fell schimmerte schneeweiß im Silberlicht des vollen Mondes.

"Hey, das Vieh sieht klasse aus, aber bei allem Respekt, das hier ist kein Schönheitswettbewerb! Das Kleine sollte sich verziehen." Nay sah Charlie eiskalt an:

"Wer ist hier klein? Außerdem ist 'es' eine SIE und viel stärker als du denkst. Das haben weibliche Drachen so an sich..." Charlie fing plötzlich an zu lachen. Es klang dreckig und falsch. Nay wusste, dass er es tatsächlich geschafft hatte Charlies anderes Ich hervorzulocken, und somit konnte er endlich gegen diesen kämpfen. Das Bleeding Dragon wieder auf ihn hörte, war der beste Beweis hierfür.

"Glaubst du etwa immer noch mich besiegen zu können, Nay?" Der Snow Dragon sah Charlie verächtlich an. Das war selbst für den Kleinen sehr übertrieben, aber andererseits wusste Nay nicht in welchem Maße, die andere Persönlichkeit fühlte und wie sie dachte. Er kannte diesen Teil eben nicht so gut. Aber das was Charlie verkündete hörte sich eher nach einem Wunschdenken an.

"Charlie, du weißt das die Drachen uns verkörpern. Also musst du..." , weiter kam Nay nicht.

"Jaja, mich auf die Bewegungen und Zauber die er ausführen soll konzentrieren. Hältst du mich für blöd, oder was?", die Stimme klang schon gar nicht mehr der Charlies ähnlich. Wie eine Kopie schien es zu sein, in der die Untertöne und Gefühle des Originals untergingen. Die Laute die der Kleine von sich gab, waren angefüllt mit nur einem:

Hass...

"Hai", antwortete Nay ruhig. Das schien zu viel für den anderen zu sein. Es sah fast so aus als ob er entflammen würde, als er seine Wut an Nay ausließ:

"ICH HASSE DICH! Möge mein Drachen gute Arbeit leisten und deinen verfluchten Leib zerreisen und in den Boden stampfen!" Mit diesen Worten griff er an.

Die Drachen stiegen in den nachtschwarzen Himmel auf. Fauchend peitschte Charlies Flammen auf den Nays Snow Dragon, doch diese wich jedes Mal geschickt aus. Ihre Schnelligkeit war fantastisch, ganz im Gegenteil zum Bleeding Dragon, der eher auf Kraft und Magie anstatt Geschick konzentriert war. Plötzlich erwischte Charlies Tier die Schwanzspitze des Snow Dragon, die daraufhin schmolz. Nay zuckte kaum merklich zusammen, ließ sich aber ansonsten nichts anmerken, lenkte seine Magie seelenruhig weiter. Der Kleine wurde übermütig durch den Treffer, er war gerade zu beflügelt von dem kleinen Erfolg. Wie versessen blickte er seinem Drachen hinterher und verlangte schwere Manöver von ihm ab. Charlie selbst kam langsam ins Schwitzen, Nay hingegen schien völlig entspannt. Noch einmal erwischte der Bleeding Dragon Nays Zauber. Erheitert fing Charlie an zu lachen:

"Bist du so schlecht im Zweikampf?"

Nay sah den anderen mit gespielt verwundertem Ausdruck an:

"Ach, soll ich schon anfangen? Na gut..." Jetzt war es Charlie der doof dreinschaute:

"Wie anfangen?", fragte er unsicher.

"Wirst du sehen"

Er sah seine Drachen an, die den Blick etwa genauso kalt erwiderte. Sie schienen sich abzustimmen, und auf einmal fing es an. Der Snow Dragon bewegte sich noch schneller. Sie griff das erste Mal an. Ihre Flügel ließen sie sanft aber in hoher Geschwindigkeit segeln. Sie flatterte ein paar Mal, hielt direkt auf den Bleeding Dragon. Charlie war so verwirrt, dass er nicht einmal an einen Schild dachte.

"FROST NOVA!", rief Nay. Eine Blase aus Eis bildete sich um seinen Drachen, und wie ein Komet schoss sie dem Feind entgegen.

Gebannt starrte Charlie auf das Eisgeschoss. Seine Hände zitterten, er spannte seine Muskeln leicht an. Er war nicht fähig, sich auf die Lenkung seines Drachens zu konzentrieren.

"Oh, nein", flüsterte er leise. Es klang wie ein Echo in ihm selbst, und noch bevor er es richtig mitbekam, rammte die Snow Dragon seinen Drachen. . Die Wucht schleuderte sowohl Charlies Magie, als auch ihn selbst nach hinten. Der Feuermagier flog geradewegs gegen den nächsten Baum, an dem er dann herunter rutschte. Nay verkniff sich ihm zu helfen, auch wenn das Blut, das aus Charlies halb geöffnetem Mund lief, ihn auf eine harte Probe stellte. Dumpf prallte der Körper des Kleinen auf das Gras und die Baumwurzeln. Mühsam rappelte er sich auf und kämpfte weiter. Nun war Charlie deutlich schwächer als vorher. Immer noch versuchte er so zu tun, als wenn er stärker wäre, aber gänzlich wollte ihm das nicht gelingen.

"FIRE NAILS!", schrie er wütend. Sein Drache spuckte glühende Stacheln in die Richtung des anderen. Einige trafen. Blut sickerte aus Nays Hemd.

"Warum tut dir das weh? Ich dachte es wäre nur bei mir so!", flüsterte Charlie, der für einen kurzen Moment wieder normal klang.

"Es war meine Entscheidung."

"Na dann", sagte Charlie, nun wieder in diesem leeren Ton, "hast du selbst Schuld." Nay nickte nur. Ein Gedanke kam dem Feuermagier. Er schlich sich ein und ließ nicht los, bis Charlie ihn ausführte. Er wartete bis Nay viel zu tun hatte, sagte dann leise 'Asteroid', drehte sich um und schickte die Magie los. Kurz darauf wurde sein Drache erneut getroffen und er landete unsanft auf dem Boden. Begierig rappelte er sich auf, um den Sturz Nays zu sehen, doch so weit kam es erst gar nicht. Ein Icespear kam ihm entgegen, traf den Asteroiden und lies ihn viele Teile zerspringen.

"Das war Betrug", bemerkte Nay fast beiläufig: "Ich werde dich nicht mehr schonen."

Es war dasselbe Manöver wie beidem ersten mal, nur das der Snow Dragon ein Waterpentagramm hervorbrachte. Wieder dehnte es sich aus und schloss den Drachen ein. "Das ist unfair!", röchelte Charlie: "Du darfst keine Wassermagie einsetzten, wenn dein Drache Eis ist!"

"Wenn du unfair kämpfst, Kleiner, dann tu ich das auch." Eisig sah Nay zu wie Charlie zu Boden fiel und, wie schon einmal an dem Tag anfing, nach Luft zu schnappen. Es wurde langsam unheimlich für Nay. Sicher, beide starben, daran war nichts verkehrtes, aber auch die andere Hälfte von Charlies Bewusstsein meldete sich nicht. Er schien nicht mehr zurückzufinden. Eine Minute verstich, auch wenn es so schien als, sei es eine Stunde. Die krampfhaften Zuckungen von Charlie hörten auf. Der Atem verlangsamte sich, und war schließlich nicht mehr zu hören. Nay kniete sich hin und sah dann wie der Bleeding Dragon starb. Die Magie zerfiel, rote Flammen erhellten die Luft und zersetzten das große Tier. Die Magie kehrte nach und nach zu Charlie zurück, doch der regte sich weiterhin kein Stück.
 

"Charlie?", fragte Nay leise, doch der antwortete nicht. "Mach keinen Blödsinn. Du musst noch leben, es war doch eine andere Persönlichkeit, und die konnte auch den Drachen lenken! Ich hab nicht dich getötet, sondern den dunklen Teil von dir!" Er ballte die Hände zu Fäusten. Er hielt eine Hand vor Charlies Nase, um zu sehen ob der noch atme, aber das tat Charlie, wie vermutet, nicht.

Nay ballte die Hände. Auf einmal überkam ihn ein tiefes Gefühl der Trauer, was für ihn äußerst selten war. Er beugte sich über Charlie, stützte sich mit einer Hand ab und versuchte erneute den Kleinen wiederzubeleben, doch dieses Mal schlugen seine Versuche nicht an. Immer wieder hoffte er das Charlie wieder atmen würde. Selbst als 10 Minuten vergangen waren, gab Nay nicht auf.

Zwei Elfen waren dem Drachen entgangen, und eine schlich sich von hinten an den Magier an. Mit einer schnellen, präzisen Handbewegung schlug er das Wesen zurück. Es blieb liegen. Die andere Elfe schlich sich an, nahm die erste auf den Rücken und flog mit dieser weg. Sie verschwanden wie sie gekommen waren, als heller Lichtpunkt.

Doch das kümmerte Nay schon gar nicht mehr. In sich zusammengesunken kniete er neben Charlie, das Gesicht in dessen Leib vergraben. In einem kurzen Augenblick sah er auf, und von sich selbst überrascht, merkte er, dass sich eine Träne den Weg über sein Gesicht bahnte, an seiner Wange herunterlief und sich langsam an seinen Kinn sammelte. Sie fiel herab und landete schließlich auf Charlies Brust. Die salzige Flüssigkeit perlte ab, tropfte ins Gras und versickerte dort, wie auch ein Regentropfen es getan hätte. Dann, als würde sich die Zeit zurückdrehen, zog sich der Tropfen wieder heraus, bis der Boden bis auf das letzte wieder trocken war. Ein Leuchten ging von dem Tropfen aus und er materialisierte sich zu einer kleinen Fee, die zwar aus Wasser bestand, aber dennoch fest erschien. Sie stieß Nay ein paar mal an und flog um ihn herum.

"Wer bist du?", fragte Nay in seiner gewohnten kühlen Art. Das Feen Kind hörte auf ihn zu betrachten und verneigte sich höflich.

"Ich bin deine Magie! Durch deine Trauer wurde ich erweckt, und ich, die tief in dir schlief, entfaltet sich nun um dir ein Angebot zu machen." Ungläubig starrte Nay sie an. Er hatte noch nie gehört das Magie eine ungewollte Gestalt annehmen konnte.

"Was meinst du?"

"Ich", erwiderte die kleine Fee: "habe die Möglichkeit deinen Freund wiederzubeleben. Es gibt allerdings ein nicht gerade irrelevantes Problem das du beachten solltest. Sobald du deine Magie benutzt um den Toten aus dem Totenreich wieder zu beschwören, wirst du nicht mehr der sein der du einmal warst. Etwas wird von dir Besitz ergreifen, doch vermag ich es nicht, dir zu erzählen was. So musst du entscheiden, willst du dir einen Fluch auferlegen oder deinen kleinen Freund als Gabe an das Totenreich ansehen? Entscheide schnell, denn viel Zeit bleibt dir nicht. Allerhöchstens eine Viertelstunde. Meine Zeit ist knapp, denn es ist äußerst schwierig in dieser Form zu erscheinen. Nur da deine Magie so vielfältig und groß ist, konnte ich überhaupt erweckt werden." Nay sah unentschlossen auf den kleinen Feuermagier, der schneeweiß im Gesicht was und dessen Lippen blau angelaufen waren.

"Wie eine Wachsfigur", flüsterte Nay: "Eine leere leblose Hülle, die dem Kleinen gar nicht ähnlich sieht...so anders, so tot...", dann blickte er auf sich selbst. Er studierte seine Hände und dachte, dass diese nie wieder etwas für Charlie tun könnten. Er nahm eine davon und strich zaghaft über die grünen Haare seines Freundes.

"Hast du dich entschlossen?", fragte die melodische Stimme seiner Magie.

Nay kämpfte still mit sich selbst. Es verging noch eine weitere Minute bis er schließlich ein leises 'Hai' erwiderte... Die Fee nickte leicht:

"Denke daran, du trägst die Konsequenzen. Ich würde an deiner Stelle aufpassen, denn es geschieht nicht sofort.", dann verschwand die kleine Feen Charlies reglosem Körper. Nay hatte noch fragen wollen, was nicht sofort eintreten würde, aber es war schon zu spät. Charlies Körper fing an in einen Bläulichen Glanz zu schimmern. In fast unheimlicher Lautstärke, hörte Nay das Herz des Kleinen schlagen. Es schlug wieder. Keuchende Laute kamen aus dem Mund Charlies und als sie aufhörten, öffnete er die matten Augen.

"Nay...", hörte man ihn leise und rau sprechen: "Baka, was hast du getan?"

Seine Lider senkten sich wieder und die rauen, flachen Atemstöße fielen in einen regelmäßigen Rhythmus.

"Was meinst du?", fragte Nay erstaunt, doch er bekam keine Antwort. Er schob seine Hände unter Charlies Kniekehlen und den Nacken, nahm ihn auf und trug ihn zurück zum See.



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