M Y S T R I O U S - T A L E
*+~-~+*+~-~+*+~-~+*+~-~+*+~-~+*+~-~+*+~-~+*+~-~+*
Part 6: Fire at Midnight
*+~-~+*+~-~+*+~-~+*+~-~+*+~-~+*+~-~+*+~-~+*+~-~+*
Ryou erwachte langsam.
Verwirrt wollte er sich aufrichten, stieß jedoch mit seinem Kopf gegen hartes Holz und sein Körper schmerzte
plötzlich wie verrückt. Nur langsam kamen die Erinnerungen an das Geschehen mit Bakura zurück und ließen
eine Gänsehaut auf Ryous Körper zurück.
Sein Unterleib brannte...
Nie hätte er das Bakura zu getraut.
Sein Vertrauen zu dem Vampir war gebrochen...
Ob Bakura ihm das noch einmal antun wird?
Seine Seele verlangte nach dem Ruf der Gerechtigkeit...
Wieso hatte das Schicksal gerade ihn auserwählt?
Ein leises Wimmern entwich seiner Kehle. Ryou versuchte seine Beine in dem begrenzten Raum anzuziehen,
doch das brachte nur, dass sein Körper noch mehr schmerzte.
Ängstlich lag er zitternd in dem dunklen Raum und wartete.
Er wusste nicht, auf was er wartete, aber er wartete.
Nach einiger Zeit öffnete sich ein Deckel über ihm und Ryou blickte in die amüsierten und teuflischen Augen
Bakuras.
"Du bist ja wach... Das wird auch Zeit, Junge.. Wir haben heute Nacht viel vor."
Bakuras Worte waren mit einem hinterlistigen Ton verbunden, der auf nichts Gutes zu schließen schien. Die
Stimme ließ aber das Blut in Ryous Adern gefrieren und ein kalter Schauder durchdrang seinen Körper.
Seine Emotionen hatten sich durch Bakura in pure Angst verwandelt.
Eine Hand des Älteren griff nach dem Jungen und zog ihm am Arm aus dem, wie Ryou jetzt erkannte, Sarg. Mit
fast traurigen und mit Angst erfüllten Augen blickte Ryou seinen Meister an und hatte die Arme um seinen
eigenen Oberkörper geschlungen.
Als Bakura das sah, verformte sich seine Mimik zu einem vergnügtem Grinsen und er fragte scheinheilig:
"Was hast du denn, Ryou? Hat dir die gestrige Nacht nicht gefallen? Sollen wir das nachholen und besser
machen?"
Die rehbraunen Augen Ryous weiteten sich vor Schreck und entsetzen. Hastig schüttelte er den Kopf und wich
ein paar kleine Schritte zurück, bevor er zu Boden sackte und leise wimmerte.
Ein undeutliches Lachen drang an sein Ohr und brachte ihn noch stärker zum Zittern.
"Wie erbärmlich du doch geworden bist, Ryou. Ich dachte, dass dir meine kleine Tat gestern nicht so sehr
zusetzt... Aber ich habe mich wohl geirrt. Es ändert aber nichts an der Tatsache, dass du mein Schüler bist und
ich dein Meister. Komm, wir wollen nach Green Village. Ich denke, du willst bei der.... ,Beerdigung' ... deiner
Mutter und deiner Schwester dabei sein.", sagte Bakura und zog Ryou am Arm vom Boden hoch.
In dessen Magen kribbelte es leicht. Sein Wimmern verstummte letztendlich ganz und das Einzige was Ryous
Angst jetzt noch erkenntlich machte, war sein unkontrolliertes Zittern.
Natürlich bemerkte das Bakura und er musste dabei einfach grinsen. Mit dem Jungen würde er noch öfters
seinen Spaß haben. Es machte ihm einfach Freude, andere zu demütigen. Schon als Mensch hatte er Freude
daran gehabt und in den über 200 Jahren seines Vampirdaseins hatte sich daran nichts geändert.
Dummerweise verlor er dadurch das Vertrauen Ryous...
Er wollte doch auch noch seine Seele... Seinen Körper bekam er, wann immer er wollte.
Zielstrebig lief Bakura durch den langen Gang im Keller. Mit einer Hand zog er Ryou am Handgelenk mit sich,
da dieser nicht den Willen dazu hatte, ihm allein zu folgen.
Oben in der Eingangshalle blickte Bakura auf eine Uhr und sagte:
"Es ist 10 Uhr. Um zwölf müssen wir in Green Village sein. Nebenbei bringe ich dir auch das Fliegen bei..."
Eingeschüchtert nickte Ryou.
Nach endlos langen Versuchen hatte es Bakura geschafft seinem Schüler der Kunst des Fliegens zu bemächtigen.
Man konnte auch eher von Schweben reden, da Fliegen nicht der genaue Ausdruck dafür war..
So hatten sie ihren Weg nach Green Village aufgenommen.
Im Großen und Ganzen hatten sie nur noch eine halbe Stunde bis zwölf Uhr. Um die Fluggeschwindigkeit zu
erhöhen zog Bakura selbst in der Luft den 16-Jährigen mit sich, der es einfach Geschehen ließ und keine Proteste
einwendete.
Nach einer Weile des Schweigens meinte der ältere Vampir:
"Ich glaube, das Gestern war doch etwas zu viel für dich, kann das sein? Dabei hatte ich mich noch
zurückgehalten. Gewöhne dich dran, Ryou. So bin ich nun mal. Und dir kann ich einfach nicht widerstehen.
Aber ich muss gestehen, gesprächiger hast du mir besser gefallen..."
Die Antwort war ein weiters Schweigen.
Ryou blickte stumm auf die Häuser, über die sie hoch in der Luft hinweg flogen. Manchmal glaubte er die
Gesichter einer glücklichen Familie zu erkennen.
Vater, Mutter und Kinder.
Wieso wurde er nur aus solch einer glücklichen Familie gerissen? Wieso musste er jetzt an diesen Vampir
gebunden sein, der ihn letztendlich doch nur ausnutzte?!
In seinem Selbstmitleid versunken bemerkte Ryou nicht, wie sie sich immer weiter seinem Heimatdorf näherten.
Erst als er einen kleinen Stoß von Bakuras Ellenbogen erhielt realisierte er, dass er auf dem vertrauten
Marktplatz stand.
Viele Leute hatten sich hier angesammelt und standen alle um einen Scheiterhaufen herum, welcher noch nicht
angezündet war. Und erst jetzt bemerkte Ryou, dass die Kapuze des Umhangs, den er im Moment trug und
scheinbar zuvor von Bakura angezogen bekommen hatte, tief in sein Gesicht hing.
Neben ihm konnte er auf Bakura blicken, der ebenfalls einen solchen Umhang mit Mützen umhatte und auch ihn
verdeckte. Der Vampir blickte still schweigend, sich aber genüsslich die Lippen leckend, durch die Menge und
zum Scheiterhaufen.
Wahrscheinlich suchte er ein Opfer für diese Nacht, glaubte Ryou. Sein Blick wurde von Bakuras majestätischer
Haltung abgelenkt, als die große Menge zu Jubeln begann. Der Grund dafür wurde kurz darauf Ryou offenbart,
als ein paar Männer aus einem großen Gebäude kamen.
Sie trugen zwei Bahren, auf denen jeweils seine tote Mutter und seine tote Schwester lagen.
Die Augen des jungen Vampirs wurden riesig und er wich einige kleine Schritte zurück. Aus seinem Mund
drang ein erschreckter und entsetzter Laut, der die Aufmerksamkeit Bakuras auf ihn lenken ließ.
Ryou spürte, wie ihn der Vampir grinsend und amüsiert betrachtete.
Doch das Einzige, was ihn jetzt interessierte waren seine Mutter und seine Schwester, die im nächsten Moment
auf den Scheiterhaufen gelegt wurden.
Ein Mann mit einer Pergamentrolle in der Hand stand daneben auf einem kleinen Podest und begann damit, von
dem Blatt vorzulesen:
"Sehr geehrter Herr Bürgermeister! Stadtrat und auch alle Anwesenden.
Wir haben uns heute hier versammelt, um das letzte Unglück aus unserem Dorf zu verbrennen. Wie wir alle
wissen, galt die Familie, deren Namen ich nicht auszusprechen wage, als Unglücksmenschen in unserem Dorf.
Sie brachten uns die Seuchen und die Pest, doch die Familie blieb verschont. Außerdem ist ungewöhnlich, dass
eine solch ,normale' Familie vom Bauern zum Bürgertum aufsteigt. Heute wollen wir das letzte Unglück hier
verbrennen!"
Ein Jubeln der Menge unterbrach die Rede des Mannes. Als es verstummte, sprach er weiter.
"Seit dem Jahr, als der einzige normale Mann in der Familie auf unerklärlicher Weise getötet wurde begann das
große Unglück. Zurück ließ er seine unnormale, weißhaarige Frau und zwei Kinder, die die Haarfarbe und die
hexerischen Fähigkeiten von ihr geerbt hatten. Wir alle wissen, dass es sich in dieser Familie um Hexen
gehandelt hatte."
Ein zustimmendes Gemurmel ging durch die Leute.
"Vor zwei Tagen geschah jetzt aber die Erlösung. Zwei der verbliebenen Familienmitglieder wurden getötet. Das
dritte Mitglied, der Junge Ryou, verschwand. Dazu wurden noch zwei weitere Menschen der Stadt getötet, direkt
am Eingang und am selben Tag in dem Haus der Hexen. Und wie ich bereits erwähnte, verschwand der Sohn der
Familie. Er hat also, so schließen wir daraus, seine Schwester und seine Mutter sowie die beiden Bürger der
Stadt getötet und ist dann aus Green Village geflohen."
Die Menge ging in ein noch lauteres Murmeln über, welches dieses Mal nicht so schnell verklang. Es war den
Leuten einfach unbeschreiblich, wie ein 16-Järhiger vier Leute auf einmal töten konnte, von denen zwei zu
seiner Familie gehörten.
Um sich Gehör zu verschaffen, sprach der Mann auf dem Podest nach einigen Minuten einfach weiter:
"Heute Abend machen wir die beiden Überresten der Hexen dem Erdboden gleich! Sobald der zwölfte Ton der
Glocken im Kirchturm geendet hatte, werden wir das Feuer anzünden und die verbleibende Asche in dem nahen
Fluss ,Gher-met' versenken.
Danke, für Ihre Aufmerksamkeit!"
Ein Klatschen und Jubeln schallte an Ryous Ohren. Emotionslos starrte er vor sich auf den Boden. Das konnte
doch wohl nicht wahr sein! Jetzt wurde er erst mal für Bakuras Verbrechen verantwortlich gemacht und seine
Familie erhielt keine feierliche Bestattung, sondern wird als Hexen auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
Dabei gab es doch keine Hexen...
Immer noch ruhte der Blick Bakuras auf ihm.
Es amüsierte den Vampir einfach, seinen Schüler und auch sein mittlerweile ernanntes Spielzeug so gebrochen
und ungläubig zu sehen.
Bakura legte die Hände auf Ryous Schultern und drehte ihn zu sich. Dann legte er eine Hand unter Ryous Kinn
und zwang ihn so, ihm in die Augen zu schauen.
"Das ist die Realität, Ryou...", flüsterte der Ältere und befeuchtete seine Lippen, ehe er kurz lauschte.
Die Kirchturmuhr begann, zwölf Uhr zu schlagen.
G O N G
Ryous Blick wanderte zum Scheiterhaufen und Bakura ließ ihn los.
G O N G
Der Mann stieg von dem Podest runter und nahm eine Fackel zur Hand, die ihm jemand hinhielt.
G O N G
Das Zittern in Ryous Körper wurde stärker und unbewusst führte er seine Hand zu seiner Kapuze.
Bakuras Blick galt jetzt ebenfalls dem Scheiterhaufen.
G O N G
Das Murmeln der Menge verstummte langsam.
G O N G
Völlig Emotionslos lief Ryou ein paar Schritte vorwärts.
G O N G
Er musste seiner Schwester helfen.. Seiner Mutter. Es musste einen Weg geben, sie vom Tod zu erlösen...
G O N G
Ohne zu denken, zog sich Ryou langsam die Kapuze vom Kopf und entblößte immer mehr von seinem weißen
Haar...
G O N G
Bakuras amüsiertes Grinsen versteinerte langsam und wurde zu einem leicht entsetzen Blick.
G O N G
Leute drehten sich zu Ryou um, welcher nur noch wenige Meter von dem großen Holzstoß entfernt war.
Jeder hatte ihn mittlerweile erkannt...
G O N G
Die Menge wich ein großen Stück von Ryou zurück. Etwas hektisch näherte der Mann jetzt die Fackel dem
Scheiterhaufen.
G O N G
Nur noch wenige Millimeter trennte das Feuer von dem Öl getränktem Holz. Ryou blieb stehen. Sein Blick traf
ungehindert seine toten Familienmitglieder, während die Menge den Atem anhielt. Nur noch ein Gong...
G O N G
Die Fackel fiel auf den Holzstoß und durch das ganze Öl stand er sofort in riesigen Flammen.
Die Menge war still.
Jeder der Anwesenden blickte auf Ryou, der langsam auf die Knie sank.
Jeder der Anwesenden fürchtete sich vor dem ,Mörder'.
Bakuras geschocktes Gesicht nahm einen wütenden Ausdruck an und schnellen Schrittes lief er auf Ryou zu und
packte ihn letztendlich am Kragen.
Wütend schrie er ihn an.
"WAS HAST DU DIR DABEI GEDACHT? BIST DU VON SINNEN?!"
Leere Augen blickten ihn an, die sich langsam zu Schlitzen verengten. Bakura bemerkte dies nicht wirklich und
so zog er Ryou am Hand ein Stück mit sich, während er sagte:
"Jetzt lass uns verschwinden! Sonst bekommen wir noch Schwierigkeiten."
Auch Bakuras Kapuze war von seinen Haaren gerutscht jetzt sah die Menge zwei Weißhaarige und ihre Angst
wuchs stärker. Wollte sich Ryou jetzt rächen?
Bakuras Schritte wurden gestoppt, als Ryou hinter ihm ruckartig stehen blieb. Mit brennenden Augen blickte er
den älteren Vampir an. Hinter ihm loderten die Flammen des Scheiterhaufens und gaben ihm ein unheimliches
Aussehen.
"Was ich mir dabei gedacht habe?", flüsterte Ryou bedrohlich.
Der Angesprochene blickte ihn verwirrt an. So hatte er Ryou noch nie reden hören... Es war, als ob ein ganz
neuer Ryou vor ihm stand.
"Jetzt mach nicht noch mehr Dummheiten!", kommentierte Bakura. "Lass uns jetzt verschwinden! Ich hab mit
dir sowieso noch ein Wörtchen zu reden!"
"Du? Mit mir? ICH HABE MIT DIR NOCH EIN WÖRTCHEN ZU REDEN, DU VERDAMMTER
VAMPIR!!!"
~ Fortsetzung folgt ~
*+~-~+*+~-~+*+~-~+*+~-~+*+~-~+*+~-~+*+~-~+*+~-~+*