a role to play
„Wie bitte?“ flüsterte Harry sanft hervor. Seine Augen waren weit geöffnet und sein Blick starr auf den Blonden gerichtet. Seine Verwirrung war groß, dennoch tief in seinem Inneren war da eine Ahnung. Eine Ahnung von dem was Malfoy ansprach.
Eine bedrückende Stille machte sich breit. Weder Harry noch sein Gegenüber brachte ein Wort hervor. Beide sahen sich tief in die Augen und versuchten dem jeweils Anderen ein Geheimnis zu entlocken.
„Hör auf!“ schrie Harry plötzlich laut auf. Nach Sekunden des Schweigens und keiner vernünftigen Antwort vom Slytherin, brach seine Standhaftigkeit. Leicht nach vorn gebeugt und die Hände an den Kopf gehalten, kniff er die Augen fest zusammen, um den Blicken von Malfoy auszuweichen.
„Aufhören? Womit?“ mit leichter Arroganz in der Stimme hatte Malfoy wieder zu sich gefunden und versuchte von Neuem, den Schwarzhaarigen zu verunsichern. Ein kleines abfälliges Lachen, eine Handbewegung durch die blonden Haare und wieder dieser verschmitzte Gesichtsausdruck, den Harry nur allzu sehr hasste. Er hasste ihn, weil er nicht wusste, was sich hinter dieser Fassade verbarg.
„Was bezweckst du damit? Erst bist du das Ekel, dann Vertrauenswürdig und kurz darauf verfällst du in deine narzisstische Rolle. Das zerrt an meinen Kräften. Lass das!“ meinte Harry noch immer nach vorn gebeugt. Seine Linke Hand stützte er auf seinen linken Oberschenkel und die Rechte war noch immer an den Kopf gedrückt und verbarg sein rechtes Auge.
Malfoy betrachtete das Bild, welches sich ihm bot. Und was er da sah, erfreute ihn nicht im Geringsten. Für einen Moment schloss er die Augen, atmete schwer ein und aus und beschloss dann langsam aufzustehen.
Als er vollends aufrecht stand, zögerte er noch einen Augenblick, doch dann sagte er: „Du hast Recht!“
Etwas verwirrt über diese Worte, richtete Harry sich nun auch auf und bemerkte erst jetzt, dass sich der Slytherin hingestellt hatte.
„Du hast Recht. Es ist eine Rolle die ich spiele, “ antwortete Malfoy auf die Frage, die er in Harrys grünen Augen las. Wieder glitt er mit seiner rechten Hand durch die langen Haare und sah zur Seite ins Bücherregal, als wolle er nach einem bestimmten Buch Ausschau halten.
„Wie bitte?“ Etwas irritiert zog Harry die Augenbrauen nach oben und legte dabei seine Stirn in Falten.
Malfoy wandte seinen Blick von den Büchern zurück zum Gryffindor und schnaubte einmal kräftig aus.
„Draco Malfoy, wie du ihn kennst, dein ewiger Rivale, wurde von mir erfunden. Diese Rolle ist mir wie auf dem Leib geschnitten. Findest du nicht?“ meinte Malfoy mit einem Lächeln im Gesicht.
„Ich.. verstehe dich nicht. Ich höre was du sagst, aber nicht was du meinst.“
Malfoy ging auf den Jungen der lebte zu und griff nach seinen Handgelenken. Wüst zerrte der Blonde an Harry herum, sodass er kurzerhand rücklings auf den Boden fiel. Während der Gryffindor hart auf den Rücken knallte, landete der Slytherin weich auf Harry.
„Malfoy!“ schrie Harry auf und versuchte seinen Gegenüber von sich herunter zu stoßen. Je mehr er sich gegen den Griff und den Körper von Malfoy wehrte, desto schwieriger und schwerer empfand er es.
„Harry, hör mir zu!“ versuchte er sich zu erklären und schaffte es nur mit Mühe, Harry außer Gefecht zu setzen.
„Bitte, hör mir nur dieses eine Mal zu“, bat er dem Gryffindor.
Es dauerte einige Sekunden, doch dann merkte der Schwarzhaarige, dass er keine Chance gegen den viel größeren und stärkeren Blonden hatte und hörte auf, sich zu wehren.
Beide sahen sich in tief in die Augen.
„Ich spiele diese Rolle, weil ich es muss, nicht weil ich es will!“ sagte Malfoy und im selben Augenblick drückte er seine Lippen an die von Harry. Mit weit geöffneten Augen starrte er den Slytherin an. Er wollte in dem Moment so vieles sagen oder machen, doch seine Hände waren noch immer in den Griffen von Malfoy und auch sein Mund war zum Schweigen verdammt. Doch je länger dieser Augenblick lief, desto weniger wollte der Junge, der lebte, dass er vorbei ging. Die langen blonden Haare fielen ihm Strähnchenweise in sein Gesicht und der Duft von diesem Jungen betäubte ihn gänzlich. Was auch immer er meinte, Harry sagen zu müssen, war ihm just in diesem Moment egal. Es zählte nur dies. Dieses Gefühl, dass in ihm aufkam, von Geborgenheit, Glück und Hoffnung, dass alles war ihm vielmehr wert, als sein Gerede. Taten sagen mehr als Worte, da war sich Harry sicher. Doch was er mit seinen Taten bezwecken wollte, konnte Harry nur erahnen.
Langsam und mit viel Gefühl löste Malfoy sich von den Lippen seines Gegenübers. Aufmerksam betrachtete er das Gesicht von Harry und musste leicht schmunzeln. Harry hatte seine Augen entspannt geschlossen und genoss es regelrecht.
„Harry“, flüsterte Malfoy ihm ins Ohr, „ich lie…“
„Harry!“ quietschte eine weibliche Stimme und die beiden Jungen drehten ihre Köpfe in die Richtung und erblickten Hermine.
„Herm?!“ Harry erblickte neben Hermine noch Ron, welcher sich beide Hände an den Kopf geschlagen hatte, um somit sein Entsetzen zum Ausdruck zu bringen.
„Ich kann das erklären!“ meinte Harry nervös und während er anfing sich aus de Affäre zu ziehen, stand Malfoy mit finsterer Miene auf und sagte: „Immer im falschen Moment!“
„Du meinst wohl im rechten Moment!“ meinte Hermine und fiel zu Harry auf den Boden. „Hat er dir wehgetan?“ Besorgt sah sie sich Harrys Gesicht an.
„Wie bitte?“ fragte Harry überrascht.
„Oh Merlin, du musst wohl ordentlich was auf den Kopf bekommen haben. Zum Glück mussten wir in die Bibliothek, um ein Buch zu holen. Ich will nicht wissen, was er dir noch alles angetan hätte, wenn wir nicht rechtzeitig dazwischen gegangen wären!“
„Ihr Dumpfnasen kommt immer zum falschen Zeitpunkt!“ nörgelte Malfoy und sah noch einmal auf den Boden, wo Harry noch immer saß. Für eine zehntel Sekunde konnte Harry einen Ausdruck in den Augen vom Slytherin erkennen, der ihn an Hundebabys erinnerte. Dann verschwand nicht nur der Ausdruck, sondern auch Malfoy.
„Mensch Harry, dass muss aber ne heftige Auseinandersetzung zwischen euch beiden gewesen sein. Aber du hast meinen Respekt. Hast ihm eine ordentlich gegeben. Seine Nase blutet ja richtig. Wie hast du das angestellt, Kopfnuss oder Faust?“ fragte Ron aufgeregt und eilte nun auch zu ihm und Hermine auf den Boden.
„Ron!“ ermahnte ihn Hermine. „Siehst du nicht, Harry steht voll unter Schock. Los hilf ihm mal hoch.“
Während seine Freunde an ihm zerrten, um ihn wieder auf die Beine zu bringen, sah er verträumt in die Richtung, in der gerade Malfoy verschwunden war.
´Was hatte er gerade gesagt? Er wollte doch noch was sagen. Ich lie.. ?! Verdammt, er hatte doch nicht vor,… Mist, ich muss ihm hinterher!´
„Harry?!“ fragte Hermine vorsichtig nach, „wie geht’s dir?“
„Was? Äh ja!“ noch in seinen Gedanken vertieft, hörte er nicht wirklich, was seine Freunde von ihm wollte.
„Entschuldigt mich,“ meinte er und stieß die Beiden von sich. Noch wackelig auf den Beinen, stützte er sich zu erst an den Bücherregalen ab. Aber dann ganz schnell und nach mehreren Atemübungen, fasste er sich ans Herz und rannte los.
„Was war das denn?“ fragte Hermine Ron und beide sahen Harry hinterher.
„Er will ihm bestimmt noch eine geben,“ grinste Ron. Hermine rollte mit den Augen und stupste ihn mit ihrem Ellbogen.
…
Harry rannte die langen Korridore von Hogwarts auf und ab, um Malfoy einzuholen. Doch es musste zu viel Zeit vergangen sein, denn der Slytherin war nirgends aufzufinden.
„Malfoy?“ fragte Harry zaghaft, während er sich noch immer fortbewegte. Er hatte keine Ahnung wo er hingegangen sein könnte, zumal er sich jetzt überall aufhalten konnte. Ob im Gemeinschaftsraum von Slytherin, in dem großen Esssaal oder bei Madam Pomfrey.
„Moment! Madam Pomfrey!“ Harry hielt inne und drehte auf dem Absatz um, um zum Krankenflügel zu laufen. Zwar hätte der Slytherin geknickt überall hingehen können, aber bevor er dies tat, wollte er sicherlich sein äußeres richten, um vor dümmlichen Fragen befreit zu sein.
Nach etlichen Gängen und Kurven, die Harry nehmen musste, kam er schließlich beim Krankenflügel an und konnte schon von weitem die langen blonden Haare von Malfoy erkennen. Schnell verlangsamte er seine Schritte, bis er gänzlich stand.
Da saß er nun, auf einen der Betten und musste sich von Madam Pomfrey Fragen stellen lassen, während sie ihm mit einer Tinktur an der Nase herumfuchtelte.
„Sie sagen mir, dass sie unglücklich gegen eine Wand gelaufen sind?“ fragte Madam Pomfrey ungläubig nach und schüttelte dabei ihren Kopf.
„Das sagte ich ihnen doch bereits. Tagtraum, Wand, Nase gebrochen!“ meinte Malfoy abfällig und verzog seinen rechten Mundwinkel nach unten.
„Die Jugend von heute. Gehen träumend die Gänge von Hogwarts entlang und stoßen so arg gegen die Wand, dass sie sich die Nase brechen. Schon ungewöhnlich.“ Sie machte eine kleine Pause, tupfte weiter fleißig auf dem Nasenrücken herum und meinte dann schließlich zu ihm: „Vielleicht brauchen sie auch nur eine Brille?“ „Brille?“ schnauzte er sie von der Seite an und stieß ihre Hand zur Seite.
Harry betrachtete die Szenerie mit Vergnügen und fing dabei an zu lachen. Dabei vergas er, dass man ihn hören konnte.
„Mister Potter?“ fragte Madam Pomfrey, die Harry an der Tür entdeckte.
Harry schlug sich beide Hände an den Mund und wollte fast schon los sprinten, als der Slytherin ihm zurief: „Potter, komm her!“
Der Junge der lebte zögerte und blieb wie erstarrt an der der Tür stehen.
„Madam Pomfrey, könnten sie uns beide einen Augenblick allein lassen?“
Madam Pomfrey sah beide etwas misstrauisch an, doch dann nickte sie und meinte an beide gerichtet: „Aber dieses mal nur die verbale Auseinandersetzung!“
Sie legte ihre Utensilien zur Seite und ging. Als sie bei Harry ankam, blieb sie stehen und flüsterte: „Ich bin nebenan, wenn was sein sollte!“ Dann schubste sie Harry in das Zimmer und schloss die Tür.
„Komm her!“ befahl Malfoy.