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Antons Reisen

von

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Kapitel 4

Kapitel 4
 

Reißende und bohrende Schmerzen quälen Anton am ganzen blutigen Leib, als er nach einem scheinbar langen Schlaf wieder zu sich kommt. Um ihn herum ist es stockfinster. Das Atmen fällt ihm schwer und seine brennenden Wunden lassen ihn keinen klaren Gedanken fassen.

Plötzlich schnellt der junge Mann aus seiner Liegeposition in die Höhe, um sich zu übergeben. Seine Hand, die er sich direkt vor die Augen hält, nachdem er sich mit ihr die Kotze vom Mundwinkel gewischt hat, kann er gerade noch erkennen, was aber nicht heißt, dass er sie auch erkennen will. Er bemerkt, dass er Blut und wahrscheinlich auch einen Teil seiner Lunge gespien haben muss. In seinem schwächelnden Zustand, der eine nahende Ohnmacht vermuten lässt, sinkt er zu Boden - direkt in das Erbrochene.

Eine Ewigkeit bleibt der Schwerverletzte auf dem kalten Steinboden liegen. Erst das Geräusch rasselnder Ketten ruft ihn wieder in den Wachzustand, den er nur sehr schwer halten kann. Durch seine blinzelnden Augen sieht er im Dunkeln eine kräftige, große Gestalt, die durch Kerzenlicht schwach beleuchtet wird. Jetzt erkennt er es genauer: Es handelt sich wahrscheinlich um eine Art Gefängniswärter, was die Kleidung der klobigen Kreatur vermuten lässt. In ihrer linken Hand hält sie eine leuchtende Laterne, in der rechten einen Schlüsselbund, den er bei einer Fußfessel, die an Anton angelegt wurde, einsetzt. Der Gefangene hatte den massiven Eisenring bisher noch nicht einmal bemerkt. Er will zwar fragen, wieso er festgehalten wurde, kann aber beim besten Willen nicht die Kraft sammeln, um auch nur ein paar wenige Worte zu sprechen.

Der ebenfalls schweigsame Wärter packt den jungen Mann unter seinen muskulösen Arm und trägt ihn aus der finsteren Zelle in eine durch fluoreszierende Pilze erleuchtete Grotte, die wiederum zahlreiche weitere Gefängnisgänge aufweist - jeder Gang zweigt sich in weitere Gänge auf, die allesamt unendlich viele Zugänge zu weiteren Zellen besitzen aus denen die klagenden Schreie gefolterter Insassen zu hören sind. Die gequälten Stimmen vermischen sich zu einem unerträglichen Chorgesang der dem Tode Geweihten, was Antons Bewusstsein allmählich wieder in Gang bringt. Ihm wird klar, dass er als einer von ihnen enden könnte.

Der Wärter öffnet eine schwere eiserne Tür und wirft Anton in den somit zugänglich gemachten Raum, bevor er sich samt seinem klirrenden Schlüsselbund und der nur noch schwach leuchtenden Laterne wieder auf den Rückweg begibt.

Der Gefangene befindet sich nun in einem Gerichtssaal, was schnell deutlich wird, wenn man sich in der großen Halle umsieht. Anton besuchte schon die ein oder andere Gerichtsverhandlung, als er noch unter den Lebenden weihte, was dazu führt, dass er sofort erkennt, welche der anwesenden, dunklen Gestalten Richter, Schöffen und Publikum sind.

"Sie werden der mutmaßlichen Respektlosigkeit gegenüber dem >Verwalter< angeklagt. Begeben Sie sich zügig auf ihren Platz. Der Prozess beginnt nun.", eröffnet der, in eine graue Robe gehüllte, Richter, der statt eines menschlichen Gesichtes nur einen verfaulten Hautlappen, aus dem ein starrendes Auge hervorragt, besitzt, die Verhandlung.

"Es war ni...", versucht der angeklagte sich zu rechtfertigen - vergeblich. Eine weitere bizarre Figur, der Anwalt der anklagenden Partei, die einen überflüssigen, verkümmerten, seitlich aus dem Hals wachsenden Arm aufweist, unterbricht den jungen Mann mit hektischen, Angst erregenden Handbewegungen und lauter Stimme.

"Einspruch! Sie müssen ihn zerschneiden Euer Ehren! Seine Gedärme mit glühenden, rostigen Speeren aus seinem zerfetzten Leib drehen und ihn gerade noch so sehr bei Bewusstsein halten, dass er spürt, wie Ihr seine Augäpfel in sein Gehirn drückt und ihm den herausgewundenen Darmausgang in seinen Mund schiebt, damit er letztendlich an seiner eigenen Scheiße erstickt!"

Der Richter spricht sich etwa zwei Sekunden mit seinen Schöffen ab, dreht sich wieder dem Publikum zu und sagt: "Einspruch stattgegeben. Strafe durchführen! Der Prozess ist beendet."

Er schlägt einmal hart mit seinem Hammer auf das Pult, wendet sich ab und verlässt den Gerichtssaal.

"Aber... Aber so funktioniert das nicht. Was ist mit meiner Aussage? Was ist mit Berufung?", stottert der Verurteilte mit zitternder Stimme und Tränen in den Augen.

Plötzlich tritt der Richter wieder ein, schaut den verstörten Jungen mit seinem triefenden Auge bedrohlich an und fasst sich mit seiner verstümmelten Hand an seine von Beulen übersäte Stirn. Er macht eine ruckartige Bewegung und zieht sich die verfaulte Haut vom Kopf. So wird das wahre Gesicht des Vertreters der Judikative des Jenseits enthüllt: Es handelt sich um den "Verwalter".

"Sie?", fährt Anton fast schon erleichtert, aber dennoch verwirrt auf.

"Na, überrascht? Ich wollte dir einen kleinen Streich spielen, weil du bei unserem ersten Gespräch so frech warst. Ich hoffe, du hast dich wenigstens ein bisschen erschreckt", begegnet der Mann in der Robe, dem nun doch noch Begnadigten.

"Um ehrlich zu sein, habe ich mich wirklich ein bisschen erschreckt."



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