Verstärkung
Lockharts Doppelleben
Verstärkung
Disclaimer: siehe Prolog
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Die Gryffindors schlichen sich zu ihren Plätzen am Bankett. Offenbar hatte es noch nicht angefangen, denn noch immer waren einige Plätze am Lehrertisch frei. Harry konnte die Professoren McGonagall, Snape, Sprout, Flitwick, Firenze und Hooch ausmachen - Dumbledore fehlte, Hagrid kam, in Begleitung der restlichen Lehrer, gerade hereingestapft.
Noch drei Plätze an dem großen Tisch waren unbesetzt.
Dumbledore sah sich suchend um und winkte jemanden heran, der etwas abseits gestanden und sich mit dem Fast Kopflosen Nick unterhalten hatte - Gilderoy Lockhart. In altbekannter Heldenmanier stolzierte der sogenannte Professor an den Schülertischen vorbei, um seinen Platz einzunehmen. Er erinnerte Harry immer ein wenig an einen aufgeplusterten Gockel - oder an einen balzenden Pfau. Jedenfalls war seine Kleidung ähnlich farbenfroh und ausgefallen wie das Gefieder eines tropischen Vogels.
Nachdem Harry im vergangenen Schuljahr einiges über Snape erfahren hatte, wanderte sein Blick unwillkürlich zu ihm. Er wußte, daß der Zaubertränke-Lehrer Lockhart nicht ausstehen konnte; aus verständlichen Gründen, wie er selbst fand.
Dieses Jahr wurde Snapes Geduld allerdings auf eine besonders harte Probe gestellt. Nicht nur, daß Dumbledore ihm einen komplett unfähigen, divenhaften, hirnlosen Betrüger vor die - zugegeben ziemlich krumme - Nase setzte, nein, Seamus hatte schon recht gehabt: Wäre Lockhart nicht aus der Versenkung aufgetaucht, hätte Snape gute Chancen gehabt, den von ihm so heiß ersehnten Posten als VGDDK-Lehrer endlich zu bekommen.
Wie zu erwarten versuchte der Professor dann auch nicht im mindesten zu verbergen, was er von dem grinsenden Selbstdarsteller hielt, der sich gerade häuslich neben dem Schulleiter niederließ und Professor Flitwick von seinen Abenteuern zu erzählen begann. Snape sah aus, als würde ihm schon bei dem Anblick das Essen nicht mehr schmecken. Er legte seine Gabel weg und versuchte statt dessen, Lockhart, der nichts merkte, mit seinen Blicken zu erdolchen.
Harry war sich nicht sicher, ob es so etwas wie den >Bösen Blick< wirklich gab - er hatte jedenfalls gelesen, daß die Menschen im Mittelalter geglaubt hatten, ein Zauberer könnte jemanden ganz einfach durch die Intensität seines Blickes verhexen, ihm die Pest an den Hals wünschen und sonstige nette Dinge. Wenn er sich den Hauslehrer der Slytherins so ansah, zweifelte er jedenfalls nicht daran, daß so etwas möglich sein könnte.
Wären Snapes Blicke Blitze, dann wäre Lockhart nur noch ein Brandfleck im Fußboden.
Er stieß Ron mit dem Ellbogen an. "Was glaubst du, für wen die anderen beiden Stühle sind? Die Belegschaft ist doch vollständig, oder?"
Ron antwortete nicht, er starrte nur.
Neugierig, ob sein Freund vielleicht auch jemanden gefunden hatte, dem er den >Bösen Blick< verpassen wollte, folgte Harry seiner Blickrichtung - und murmelte gleichzeitig überrascht mit ihm: "Trelawney!"
Hermine drehte bei der Erwähnung des Namens den Kopf. Tatsächlich eilte gerade die ehemalige Wahrsage-Lehrerin herein - in Begleitung einer weiteren Frau.
"Wow, sie haben sie wieder eingestellt," bemerkte Neville beeindruckt. Das mußte Dumbledore eine Menge Überredungskunst gekostet haben, das Ministerium zu überzeugen, eine Professorin mit so schlechten Referenzen wieder in den aktiven Schuldienst zu übernehmen. Immerhin war Professor Umbridge nicht gerade zimperlich gewesen, was Professor Trelawneys Beurteilung betraf.
"Und wer ist die andere?" fragte Seamus, der sich fast den Hals verrenkte, um besser sehen zu können. "Sie ähnelt Malfoy, oder?"
"Spinnst du?!" Dean stieß ihn an. "So hellblond ist sie nicht! Und bestimmt auch nicht so blöd." Die beiden gackerten los.
Harry und Ron verfolgten Professor Trelawney und die Unbekannte mit Blicken bis an den Lehrertisch, wo sie, wie zu erwarten, die letzten beiden Stühle in Beschlag nahmen.
Als das Gemurmel in der Halle etwas abgeebbt war, stand McGonagall auf und wandte sich an die Erstkläßler, die sich die ganze Zeit vor ihrem Tisch die Beine in den Bauch gestanden hatten.
Sie hielt die übliche Einleitungsrede, verlas die Namen der Neuen und setzte ihnen der Reihe nach den Sprechenden Hut auf. Nachdem alle in ihre Häuser eingeteilt waren - und Ron immer hungriger geworden war -, erhob Dumbledore sich, während McGonagall wieder neben ihm platznahm. Der Schulleiter begrüßte die Schüler, warf mit den üblichen Floskeln um sich und geruhte schließlich, eine Erklärung zu geben für die Anwesenheit zweier bekannter und eines neuen Gesichts am Lehrertisch:
"In diesem Schuljahr dürfen wir ein weiteres Mal Professor Gilderoy Lockhart willkommenheißen, der sich von dem bedauerlichen Unfall, den er vor mehr als drei Jahren an dieser Schule erlitten hat, vollständig erholt hat..."
Ohne Aufforderung stand Lockhart auf, mit einem blendenden Lächeln, und strahlte damit den ganzen Saal an. Offensichtlich wartete er auf Applaus. Tatsächlich ließen sich einige Mädchen dazu hinreißen - und damit konnte Dumbledore dann fortfahren.
"Er hat selbst darum gebeten, wieder hier unterrichten zu dürfen und erweist uns damit einen unschätzbaren Dienst. Der in letzter Zeit sehr schwer zu besetzende Posten des Lehrers für Verteidigung gegen die Dunklen Künste ist glücklicherweise an Professor Lockhart vergeben worden...."
Snape verzog fassungslos das Gesicht. Es war ziemlich deutlich, daß er lieber irgendwo weit weg gewesen wäre, um sich das senile Gefasel seines Vorgesetzten nicht anhören und Lockhart nicht sehen zu müssen.
"... Eine weitere erfreuliche Neuigkeit - danke, Professor Lockhart, Sie können sich wieder setzen - ist, daß auch Professor Trelawney, die im vergangenen Jahr eine Pause einlegen mußte, wieder bei uns ist."
Höflicher Applaus von den Schülern.
"... Sie wird sich eine Stelle mit Professor Firenze teilen. Willkommen zurück, Sybil."
Professor Trelawney lächelte dankbar.
"... Und schließlich bin ich überaus erfreut, eine ehemalige Schülerin und neue Professorin begrüßen zu können - Professor Clara Lockhart..."
Jeder Laut in der Halle verstummte. Bis auf Malfoys Unterhaltung über die Vorteile von Foltergeräten - was dadurch besonders deutlich zu hören war. Peinlich berührt hielt auch er den Mund.
"Es war ein >C< und jetzt wissen wir auch, wofür es steht!" flüsterte Ginny aufgeregt.
"Oh Mann," sagte Dean leise. "Es gibt ZWEI Lockharts!"
"Ich wußte doch, daß sie mir bekannt vorkommt! Aber sie sieht nicht Malfoy ähnlich, sondern LOCKHART!"
"Beides ist nicht sonderlich beruhigend, oder?" meinte Harry sarkastisch.
"... Professor Lockhart ist eine unserer Ravenclaw-Absolventinnen," fuhr Dumbledore fort. "Sie hat nach ihrem Abschluß das Land verlassen und in der an Durmstrang angeschlossenen magischen Universität studiert. Die vergangenen Jahre hat sie in Durmstrang Kräuterkunde und - vertretungsweise - Zaubertränke unterrichtet..."
"Ich wette, Snape haßt sie schon jetzt!" murmelte Ron. "Ihr Bruder nimmt ihm VK weg und sie könnte ihn in ZT ersetzen. He - vielleicht macht sie das ja auch, was meint ihr?"
Hermine biß sich auf die Unterlippe. "Wenn sie in Durmstrang unterrichtet hat, muß sie echt gut sein. Die sind ziemlich streng. Besonders bei ausländischen Absolventen." Sie drehte sich zu Ron um. "Ja, vielleicht bekommt sie eine eigene Zaubertrank-Klasse."
"Im Ernst? Dann will ich aber zu ihr!" flüsterte Neville. "Ich meine - schlimmer als Snape kann sie unmöglich sein, egal wie unfähig sie ist!"
"In ZT ist ein unfähiger Lehrer schon ziemlich gefährlich," meinte Harry. "Die Explosionen und so..."
"Schhh! Hört doch weiter zu!"
"... Da Professor Sprout ihre Stelle noch nicht aufgegeben hat, aber weniger Stunden abhalten möchte, um sich mehr um unser Schulgarten-Projekt kümmern zu können, wird Professor Lockhart ebenfalls nur eine halbe Stelle haben.
Sie ist allerdings bereit, Arbeitsgruppen zu übernehmen.
Zur Debatte stehen ein Rhetorik-Kurs, ein Zaubertränke-Förderkurs und ein Sonderkurs Muggel-Studien: Selbstverteidigung ohne magische Hilfsmittel. Den Duellierclub werden beide Professoren Lockhart fortführen..."
"Sie ist so gut wie tot!" hauchte Seamus. "Der Duellierclub war Snapes Baby!"
"Sie sind BEIDE so gut wie tot," brachte Hermine unter zusammengebissenen Zähnen hervor und sah in Snapes Richtung. Jeder am Gryffindor-Tisch erwartete in nicht allzu ferner Zukunft einen Feuerball oder einen Avada Kedavra-Fluch vom Hauslehrer der Slytherins, der die Lockharts ausradieren würde.
Doch nichts geschah.
Vorerst...
Dumbledore redete unbekümmert weiter: "... Und nun wünsche ich euch allen einen vergnüglichen Abend. Willkommen in Hogwarts." Er setzte sich und kurz darauf war von Ron nur noch ein unmenschliches Grunzen zu hören - das Essen war aufgetaucht.
Ff...
