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神道 – Shintō

Weg der Götter
von

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精神 – Seishin

Noch lange war Ino neben dem Leichnam gesessen, hatte alle schrecklichen Fragen, die ihr in den Sinn kamen, gewälzt und Schmerz, Verwirrung und Angst zugelassen. Aber nach einiger Zeit, einer Stunde oder zwei, hatte sie sich schließlich am Riemen gerissen; nun stand sie in einem Park und war auf dem Weg zu einem Schrein, den sie vor Jahren das letzte Mal besucht hatte. Dieser befand sich in der Mitte der Anlage. Es handelte sich um ein traditionelles, japanisches Gebäude. Außen waren Shide angebracht – Papierstreifen, die in Zickzackform geschnitten waren. Ähnlich wie Girlanden zierten sie die Fassade, so hatte Ino es in Erinnerung, so sah es vor Jahren dort aus.

Ihr Weg führte sie schnell tiefer in den totenstillen Park. Der kalte Sommerwind fuhr seufzend durch die dicht belaubten Bäume, welche sich träge wiegten. Leise erklang das Gezwitscher vereinzelter Vögel, für Ino hörten sie sich verängstigt und vorsichtig im Gesang an. Die Natur säuselte.

Normalerweise ist das entspannend. Jetzt mach ich mir bei jedem plötzlichen oder ungewöhnlichen Geräusch ins Hemd!, dachte Ino, die Nerven zum Zerreißen gespannt. Als Stadtkind fiel es ihr schwer zu sagen, ob das Rascheln, das sie gerade hörte, nur von einem kleinen Tier im Geäst herrührte oder ob ein Verwandelter sich seelenlos seinen Weg durchs Unterholz bahnte. Die Stimme der Natur war Ino oftmals fremd. Es war nur ein Park, aber ihr war das im Moment genug unbekanntes Terrain.

Müde, aber auch beharrlich trugen Inos Beine sie immer weiter; vorbei an Rasenflächen, auf denen sich Liegen und Sitzgelegenheiten befanden, welche jedoch achtlos umher gestoßen worden waren. Der Kies der Schotterwege knirschte verhalten unter ihren Schuhen. Sie ging über eine Brücke, die sich ein kurzes Stück über einen kleinen See spannte. Die trügerische Idylle wurde dadurch gestört, dass im See mehrere Leichen trieben, man sah lediglich ihre Rücken aus dem Wasser ragen. Irgendwann würden sie auf den Grund des Sees sinken und das Wasser verderben.

Könnten sie noch erwachen? Können Verwandelte schwimmen? Aber Ino bezweifelte das. Wenn sie nur daran dachte, wie unbeholfen diese Wesen durch die Stadt streiften, dann fehlte es ihnen bestimmt an der Motorik sich so koordiniert fortzubewegen.

Wie konnten sie die Überhand gewinnen? Sie sind so langsam und ungeschickt ... Wie konnten sie gewinnen?! Gegen uns alle?! Hin und wieder, wenn die Umgebung es zuließ, dann dachte Ino wieder darüber nach wie die Verwandelten so viele werden konnten, und warum niemand etwas dagegen unternommen hatte. Oder warum das so schnell gegangen war. Erschreckend schnell!

Ino hatte den Schrein erreicht, und er sah noch genauso aus wie in ihrer Erinnerung. Zu ihrem Erstaunen befand sich dort keine einzige Leiche. Hoffentlich gibt es hier auch keins von diesen Dingern!, dachte sie zitternd und ging ganz langsam auf den Schrein zu. Als erstes musste sie ein Torii durchschreiten. Das charakteristische Tor mit einem Querbalken darüber, welches ein beliebtes typisch japanisches Fotomotiv darstellt. Das Torii markiert, ab wann das heilige Gelände beginnt und trennt auf dem Gelände selbst einzelne Areale. Um den Schrein herum befand sich ein Graben, der mit Wasser gefüllt war. Um zum Gebäude selbst gelangen zu können musste Ino eine recht wackelig aussehende Brücke überqueren. So weit die 17-Jährige zurückdenken konnte, bot die Brücke seit jeher einen trauriger Anblick. Ino gehörte nicht zu denjenigen, die häufig Schreine besuchte. Wie die meisten tat sie das eher zu besonderen Anlässen oder an Neujahr; bei Besuchen in Städten, in denen sie noch nie war, gehörte der Besuch bei einem berühmten Schrein einfach dazu. Das hatte aber nicht wirklich was damit zu tun, dass Ino so furchtbar gläubig war, sondern weil man den Schrein einfach gesehen haben musste – so wie Europäer berühmte Kirchen anschauten, ohne gläubig zu sein. Selten hatte die junge Frau besondere Schreine zu bestimmten Zwecken aufgesucht, denn manche eigneten sich für spezifische Gebete wie Erfolg, Glück und ähnliches. Aber das war schon ein Weile her. Dennoch wusste Ino genau, warum um den Schrein ein Graben mit Wasser gezogen worden war. Das Überqueren dieses Wasser soll den Besucher selbst reinigen, und auf die Gottheit im Schrein vorbereiten.

Mit ausgebreiteten Armen balancierte die junge Frau über die Brücke, knarzend gaben die Holzbalken unter ihrem Gewicht leicht nach, aber zu ihrer Erleichterung erreichte sie unbeschadet das andere Ufer. Ino näherte sich vorsichtig und auf leisen Sohlen dem Hauptgebäude, in diesem Fall das einzige Gebäude des Schreins. Vor dem Gebäude war das Chōzuya – ein großes, aus Stein gefertigtes, rechteckiges Becken mit einem hölzernen Dach darüber. Vier Pfosten hielten das Dach, so kam es einem Unterstand gleich. Das Becken war mit Wasser gefüllt, am Rand war ein Brett befestigt, darauf lagen mehrere Kellen aus Bambus. Das Chōzuya dient zur Reinigung von Händen und Gesicht, eine unumgängliche Notwendigkeit, bevor man sich dem Kami im Hauptschrein zuwendet.

Obwohl in Inos Hinterkopf der Gedanke herumspukte, dass man lieber nichts anfassen sollte, griff sie nach der Kelle, schöpfte Wasser, machte einen Schritt zurück und goss sich erst über die rechte, dann die linke und wieder über die rechte Hand. Wichtig ist, dass das Wasser nicht wieder zurück ins Becken fließt! Nachdem Ino auch ihr Gesicht mit dem Wasser benetzt hatte, nahm sie einen Schluck davon – so wie immer, so machte man das. Selbst dann, wenn deformierte Menschen die Straßen unsicher machten und die Stadt in sich zusammenbrach. Irgendwas musste so sein wie es immer war, und wenn es nur das war!

Ino wandte sich nach der Reinigung dem Schrein zu und ging mit gespitzten Ohren und laut klopfendem Herzen zum Heiden, der Gebetshalle, die dem Honden, dem Hauptgebäude vorgelagert war. Der Honden war für Laien nicht zugänglich, nur Priester hatten Zugang, denn dort befand sich der Shintai – der ehrwürdige Körper der Gottheit. Ein Objekt, von dem man glaubt, dass sich darin die Seele des Kami, also der Gottheit, befindet. Nur zu Ritualen und besonderen Anlässen betraten Priester den Honden, aber es gibt sogar Schreine, wo selbst die Priester nicht wissen, was der Shintai eigentlich ist. Meist handelt es sich um einen Spiegel, ein Schwert oder einen Edelstein, aber im Grunde konnte jedes beliebige Objekt als Shintai dienen.

Die Nervosität erreichte ihren Höhepunkt, gleich würde sie Shikamaru wiedersehen können und ihn all das fragen, was Ino durch den Kopf ging und drohte, ihre den Verstand zu rauben.

Shikamaru! Du musst mir einfach helfen!

Aber bevor sie die Gebetshalle betreten konnte, musste sie noch etwas tun. Mit zitternden Händen kramte die 17-Jährige in ihrer Hosentasche nach Kleingeld. Irgendwas muss ich doch noch haben, verdammt! Ah, na endlich! Erleichtert förderte sie 50 Yen zu Tage und wirft das Geld in eine kleine Holzkiste, dann wandte sie sich einer Glocke zu, die sich über dem Eingang der Halle befand. An der Glocke hing ein Seil, welches Ino packte und daran zog, um die Glocke zu läuten, anschließend sollte sie in die Hände klatschen. Laut. Zwei Mal. Denn so fordert man von dem Kami die Aufmerksamkeit für das Gebet, das man sprechen möchte –, aber Ino war nicht zum Beten hergekommen. Sie wollte nur Shikamaru treffen.

Wenn mich eines von diesen Dingern dabei hört! Das ist eine dumme Idee, ich sollte das auf keinen Fall tun! Unschlüssig stand Ino da, trat von einem Bein aufs andere und lauschte so gut sie konnte. Es war, abgesehen von dem Vogelgezwitscher und dem Plätschern des Wassers nichts zu hören. Wenn Shikamaru in der Gebetshalle war, dann musste er die Glock gehört haben!

Vielleicht sollte ich doch klatschen … Damit Shikamaru weiß, dass ein Mensch hergekommen ist, dass Ich hergekommen bin! dachte Ino, hob die Hände und klatschte schnell zwei Mal. Dann huschte sie in die Gebetshalle – und war allein.

So eine verdammte Scheiße!


Nachwort zu diesem Kapitel:
Es tut mir leid, dass das vor allem so ein Laber-Kapitel geworden ist x__x Ich hoffe, die Balance zwischen Handlung und Erklärung war einigermaßen gegeben. Das nächste Kapitel wird auch wieder viel spannender! Ich beeile mich, es so bald wie möglich fertigzustellen ^-^

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Hopey
2020-12-07T17:22:28+00:00 07.12.2020 18:22
Sodale,
endlich Zeit etwas zu lesen xD

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Kurz gehe ich auf deine Antwort vom letzten Kapitel ein:
° Hier muss ich dir leider widersprechen :)
Denn Wahrnehmung ist subjektiv. Deswegen muss ich sagen: Den einen würde das vielleicht stören oder wie du sagst „die Spannung vorweg nehmen“. Aber für mich persönlich, würde das die Spannung nicht vorweg Nehmen :D. Ich hätte mich darüber eher gefreut, wenn ich so etwas im Gloassar oder so gefunden hätte ^^“. (Immerhin kann man so etwas auch in einen Spoiler packen, sodass jeder für sich selbst Entscheiden könnte, ob er/sie nachschaut oder nicht ^^. Aber das ist meine Persönliche Meinung zu dem Thema :) )
Genauso ist das mit den Beschreibungen, dem einen sind sie zu viel / oft, dem anderen gefällt es. Mich persönlich haben die Beschreibungen der Zombies bis dato nie gestört gehabt ^^ (sonst hätte ich es ja gesagt xD).

Was die Zeit angeht: Ab Januar bzw. Weihnachten/Silvester, werde ich so gut wie keine Zeit mehr haben. ^^“
Hoffen wir mal, dass die Geschichte in den kommenden drei Wochen abgeschlossen wird ^^“
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So und nun zum jetzigen Kapitel:
° Naja, die Leiche wird frühstens dann sinken, wenn davon nicht mehr viel übrig ist x“D.
° Echt jetzt o.o? Die hat auch noch Geld bei sich x“D? Hätte ich jetzt nicht erwartet, vor allem was bringt das noch x“D. (Außer der „Tradition“ zur Liebe)
° Vogelgezwitscher bei Nacht? ^^“

° Irgendwie wirkte das Kapitel auf mich so als ob es eine Zusammenfassung aus Wikipedia war, wiedergeben in eigenen Worte. Wo es um die Beschreibungen vom Schrein ging, was man dabei tut oder eben nicht, etc. Entsprechend wirkte es zäh zum lesen.
° Ebenso fehlten mir persönlich eher die „Dialoge“ und die „Handlung“ dabei.

Naja, mal sehen, vielleicht kann ich im nächsten Kapitel auf etwas mehr „Dialoge“ hoffen, sowie Handlung :)

Liebe Grüße
Hopey

P.S. Vielleicht kriege ich das nächste Kapitel noch diese Woche unter :)
Antwort von:  Sas-_-
07.12.2020 22:42
Hi,

ich bleibe bei meinem Vorschlag: Lies es, wenn es komplett ist, dann lieber von vorn. Spielt auch gar keine Rolle, wann das der Fall ist, aber wir hätten beide wirklich mehr davon, wenn du das so machen würdest ^^"

Dieses Kapitel ist wichtig für den späteren Teil der Geschichte. Ich habe in kurzer Zeit das Folgekapitel geschrieben, für diejenigen, die es gerade am Stück lesen, damit es eben nicht so rüberkommt, wie du es gerade empfindest. Ich weiß, dass dieser Part langweilig ist, gleichzeitg wäre er mit dem anderen Kapitel zu lange geworden, also lieber so. Da hätte es grunsätzlich nicht viel zu kommentieren gegeben, das ist mir bewusst ^^"
Es war Dämmerung, da sind Vögel noch aktiv. Kam nur nicht mehr vor, hat nicht mehr reingepasst ó.o Ja, ja, die Nacht kommt noch *smirk*
Ja, im nächsten Kapitel gibt's Handlung und Dialoge.
Ich hab mir viele Gedanken über die Geschichte gemacht, es ist ein großes Puzzle und unscheinbare Teile können später sehr wichtig werden. Dieses Kapitel ist wichtig, auch wenn es leider unspannend war -.- Trotzdem hat mich dieses Kapitel einiges an Zeit gekostet -__-
Wir haben Jahresabschluss in der Bib, und ich als Katalogiserer bin damit schwer beschäftigt, denn das heißt Bestellungen ins System hämmern bis die Tasten glühen. Die kommenden Wochen heißt es wiederum Rechnungen, Rechnunge, Rechnungen @_@ Bestellungen war letzte Woche wie blöde, deswegen bin ich leider nicht so wirklich zum Schreiben gekommen >_> Ab dieser Woche verspreche ich mir aber mehr Zeit dafür ^-^ Die Geschichte soll bis Weihnachten/Silvester abgeschlossen sein ô.o Ich wollte das gerne fertig haben, bevor die nächste Wichtelaktion zu Ende geht (dafür ist das Geschenk aber schon fertig geschrieben).


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