Zum Inhalt der Seite

Der Wächter

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

Jake

Ungehalten stapfte er ziellos auf und ab. Warum zum Teufel war er überhaupt mitgekommen? Unter dem Begriff Verhör hatte er sich etwas anderes vorgestellt. Er dachte an ein hitziges Gespräch. Vielleicht sogar Folter. Aber immerhin etwas, bei dem er nicht außen vor gelassen werden würde.

Ein geistiger Kampf Wille gegen Wille. Hätter er das gewusst, wäre er bestimmt nicht mitgekommen. Jake blieb stehen und seufzte frustriert. Nein, wenn er ehrlich zu sich selbst war, dann hätte selbst das ihn nicht abgehalten.

Ohne seinen Geliebten schlafen zu gehen kam für ihn einfach nicht in Frage. Viel zu sehr sehnte er sich nach Isaaks Nähe.

Ja, er war vorhin eingeschlafen, aber das zählte nicht. Jedenfalls nicht wirklich. Isaak war keine drei Meter von ihm entfernt. Er war bei ihm, also konnte Jake sich entspannen. Besser aber wäre es, wenn er seinen Freund in den Armen gehalten hätte. Vorzugsweise ohne störenden Stoff zwischen ihnen. Genau das wollte er.

Er hob den Blick und sah zu seinem Liebsten hinüber. Seitdem das geistige Duell begonnen hatte waren nun schon mehrere Minuten vergangen. Hin und wieder zuckte einer der Beiden. Ansonsten war es ruhig. Zu ruhig.

Sein Magen rumorte, aber nicht wegen Hunger. Das Ganze gefiel ihm nicht. Er konnte nicht so recht verstehen, was sein Freund da gerade trieb, dennoch beschlich ihn ein ungutes Gefühl.

Aus heiterem Himmel begann Morgana zu schreien. Erstarrt vor Schreck sah Jake zu ihr. Was war den jetzt los? Wie wild zappelte die Magierin. Sie kämpfte gegen ihre Fesseln, die kein Stück nachgaben.

Sie schien unerträgliche Schmerzen zu haben. Da stimmte etwas nicht. Isaak würde doch niemals auf Folter zurückgreifen. So war sein Liebster nicht.

Morgana zuckte und zappelte so wild umher, dass sie sich die Haut aufriss. Blut quoll hervor. Lief über ihren Körper, tränkte ihr Kleid und tropfte zu Boden.

Aus den Augenwinkeln sah Jake, wie Isaak sich bewegte. Er taumelte und stürzte zu Boden. Ohne nachzudenken griff Jake ein. Zog seinen Freund an sich und federte den Sturz mit seinem Körper ab.

Panik schlug Jake durch ihre Verbindung entgegen. Er konnte spüren, wie sein Gesicht an Farbe verlor. Wenn etwas seinen Freund in Panik versetzen konnte, dann war hier etwas außerordentlich Gefährliches im Gange.

Bevor er sich aber weitere Gedanken um das Was machen konnte, sackte Morgana in sich zusammen. Leblos hing sie in ihren Fesseln, gab keinen Mucks mehr von sich.

Im gleichen Augenblick schlug Isaak die Augen auf. Unfokussiert rollte sein Blick umher, während er wild um sich schlug. Dabei bekam Jake eine gepfefferte Ohrfeige verpasst. Erst danach schaffte er es die Arme seines Freundes einzufangen.

“Isaak, ich bin es. Beruhige dich.” Seine Worte schienen ihn zu erreichen. Sein Geliebter blinzelte und sah Jake direkt in die Augen. Stumm formten Isaaks Lippen: “Wölfchen.”

“Ja.” Erleichtert Atmete Jake auf. “Ich bins, dein Wölfchen.”

“Jake”, hauchte Isaak.

Mit einem Mal riss sich sein Freund los und warf sich ihm um den Hals. Während Isaak sich an seine Brust drückte, konnte Jake ihn schluchzen hören. Was immer hier los war, es hatte seinen Freund vollkommen aus der Bahn geworfen.

Beruhigend streichelte Jake ihm den Rücken. “Alles wird gut. Ich bin bei dir.” Was sonst sollte er sagen? Er wusste ja nicht mal, was überhaupt los war.

Nachdem sich Isaak etwas beruhigt hatte fragte er: “Was ist passiert?”

“Ich weiß es nicht”, sagte Isaak gedämpft an seiner Brust. “Ich verstehe es nicht.”

“Am besten du ruhst dich etwas aus. KI, bring uns in unser Zimmer.”

“KI, Befehl aufgehoben.” Isaak hob den Kopf. “Warte bitte noch einen Moment.”

Mit Jakes Hilfe rappelte sich sein Freund auf. Isaak stand da, atmete noch immer schwer und hatte die Augen geschlossen. Was immer auch geschehen war, es war ein einschneidendes Erlebnis. Jake konnte nur hoffen, dass es keine Narben hinterlassen würde.

Dann sah Jake, wie Isaak nickte. Sein Liebster öffnete die Augen und sah zu Morgana. “KI, Lebenszeichen?”

“Negativ. Die Magierin Morgan le Fay ist tot.”

Wütend fuhr Isaak die KI an: “Warum hast du keine lebenserhaltenden Maßnahmen eingeleitet?”

“Verzeihen Sie, Wächter Isaak, aber das hätte nichts gebracht. Meinen Daten zufolge verstarb die Magierin an multiplem Organversagen. Von einem auf den anderen Moment haben alle Zellen ihres Körpers die Funktion eingestellt. Lebenserhaltende Maßnahmen waren somit obsolet.”

“Was zum Teufel ist denn passiert?”, fragte Jake, während er sich ungläubig schüttelte.

“Ich weiß es nicht,” wiederholte Isaak. Nachdenklich begann er im Kreis zu laufen. “In dem Augenblick, in dem ich uneingeschränkten Zugang zu ihren Erinnerungen hatte, fiel ihre Gedankenwelt in sich zusammen. So etwas habe ich noch nie erlebt. Ich bezweifle, dass sie sich selbst so etwas angetan hat.”

Diese Informationen ließen Jake erschaudern. Das alles klang sehr gespenstisch. Wenn Morgana nicht selbst dafür verantwortlich gewesen war, wer dann? Für ihn klang das sehr nach einer Art Sicherungssystem. Etwas was verhindern sollte, dass sein Freund an alle Informationen gelangte. Ein Zauber vielleicht?

Unvermittelt blieb Isaak stehen. Ruckartig drehte er den Kopf und sah ihm direkt in die Augen. Pures Entsetzen stand seinem Freundes ins Gesicht geschrieben.

Atemlos stammelte Isaak: “Ein Zauber?”

Schnell winkte Jake ab. “War nur eine fixe Idee. Was weiß ich schon.”

“Ein Zauber”, echote Isaak. “Was, wenn es ein Blutschwur war? Das würde ihren Tod erklären.”

“Bitte?” Was sollte das denn jetzt? War seine Idee doch nicht so falsch gewesen? Aber was sollte das auch ändern. Morgana war tot und würde es auch bleiben.

“Was das ändert?”, fragte Isaak mit weit aufgerissenen Augen. “Das ändert alles. So langsam ergibt sich ein Bild, das mir gar nicht gefällt. Mich beschleicht ein sehr ungutes Gefühl.”

Jake sah wie Isaak beide Hände zu Morgana ausstrecke. Hochkonzentriert schloss sein Freund die Augen. “Du hattest wirklich recht, es war ein Zauber. Ich kann Reste von Magie spüren. Die Struktur des Zaubers hat eine gewisse Ähnlichkeit mit unserem Blutschwur.”

Jakes rechtes Auge zuckte. Das gefiel ihm gar nicht. Vor allem zuzusehen, wie Isaak unruhig durch den Raum tigerte, machte auch ihn nervös.

Leise murmelte sein Freund dabei: “Erst spricht Morgana von einem ominösen ER. Und dann stirbt sie durch einen Blutschwur, bevor ich in der Lage war mir ihr Wissen anzueignen. Ich muss eingreifen. Ich muss das Leben beschützen.”

Krampfhaft zwang Jake seine Emotionen nieder. Wenn Isaak gerade nicht in der Lage war, klar zu sehen, dann musste er die Stimme der Vernunft sein.

Beherzt trat er vor und fing seinen Freund ein. Während er ihm sanft über den Rücken streichelte sagte Jake: “Beruhige dich.”

“Ich muss handeln. Ich muss etwas unternehmen.”

“Und was? Isaak, bitte beruhige dich. Es ist mitten in der Nacht.” Noch während er sprach, wusste er, dass seine Worte keinen Effekt haben würden. Dann eben anders, entschied Jake. “Schatz, ist gerade alles Leben in Gefahr?”

“Ja, deshalb muss ich …”

Er ließ seinen Geliebten nicht aussprechen und unterbrach ihn rabiat: “Ich meine jetzt. Genau in diesem Augenblick?”

Verdattert hob Isaak den Blick. “Ich glaube nicht. Nein.”

“Dann hat das Ganze auch Zeit bis morgen. Am besten wir gehen jetzt schlafen. Und morgen sieht die Welt schon anders aus.” Zwar glaube selbst Jake nicht ganz seinen Worten, jedoch musste er sich jetzt um seinen Freund kümmern. Das war für ihn gerade das Wichtigste auf der Welt.

Sein Geliebter entspannte sich ein wenig in seinen Armen.

“Vielleicht hast du Recht. KI, leg ein Stasisfeld um Morganas Körper und bring uns in unser Zimmer.”

Dass Isaak so einfach nachgab, offenbarte Jake, wie erschöpft sein Freund war. Selbst für einen Wächter war der heutige Tag wohl sehr anstrengend gewesen.

Jake biss sich auf die Unterlippe. Er hätte es früher bemerken müssen und eingreifen sollen. In Zukunft musste er eindeutig besser auf seinen Liebsten achten. Dieser verrückte Wächter würde sich sonst noch zu Tode arbeiten.

Erheitert aber auch erschöpft lachte Isaak in seinen Armen. “So schlimm steht es jetzt auch wieder nicht um mich.”

“Du hast Sendepause. In Zukunft werde ich entscheiden, wann du eine Ruhepause einlegst. Und du wirst dich brav daran halten.”

“Hey”, beschwerte sich Isaak.

“Nichts da, hey. Du hast dich zu sehr verausgabt und benötigst Ruhe.”

Isaak seufzte laut auf. “Vielleicht hast du Recht.”

Vehement nickte Jake. Natürlich hatte er Recht. Seine Aufgabe als Freund war es, über den körperlichen wie geistigen Zustand seines Liebsten zu wachen. Diese Aufgabe nahm er sehr ernst.

*

Wie so oft hatte Jake seinen Liebsten in eine enge Umarmung gezogen. Während Isaak schnell ins Reich der Träume eingetaucht war, konnte Jake keinen Schlaf finden. Viel zu viel schwirrte ihm durch den Kopf.

Einerseits wachte er über seinen Freund, damit dieser sich auch wirklich ausruhte, andererseits saß ihm noch der Schreck des Verhörs in den Knochen.

Wie hatte alles nur so schnell ausufern können? Wer war dieser ER? Welche Bedrohung stellte ER dar? Unzählige Fragen schossen ihm endlos im Kopf herum.

Mitleidig seufzte er, darauf bedacht so leise wie möglich zu sein. Keinesfalls wollte er Isaak aufwecken.

Bisher war Morgana ihr Erzfeind gewesen. Immer ging es nur um sie. Nachdem die KI die Magierin eingefangen hatte, glaubte Jake, es sei nun vorbei. Dass sie von jetzt an in Ruhe würden leben können.

Er hatte damit gerechnet, dass Isaak noch ein paar Wochen mit den Aufräumarbeiten beschäftigt sein würde, sie aber dann endlich gemeinsam in Frieden leben konnten. War es denn zu viel verlangt ein normales Leben, ohne diesen ganzen Stress zu führen? Würden sie auf ewig immer weiter kämpfen müssen?

Nach allem was geschehen war, der Veränderung seines Körpers, sein Erwachen als der wahre Alpha des Rudels und mit Isaak an seiner Seite, konnte er die Vampire nicht länger als eine ernst zu nehmende Bedrohung ansehen.

Für ihn waren sie nur noch lästig. Wie Fliegen, die er mit einer Hand zerquetschen konnte, wenn sie ihn zu sehr ärgerten.

Seit Monaten, lange bevor Isaak in sein Leben getreten war, stand sein Leben Kopf. Um genau zu sein, seitdem er sich zum ersten Mal verwandelt hatte. War es ein Segen oder ein Fluch? Hatte er denn kein Anrecht auf sein Glück?

Im Schlaf murmelte Isaak undeutlich etwas vor sich hin.

Jake vergrub sein Gesicht in den Haaren seines Liebsten und streichelte ihm beruhigend über den Bauch. Seine Gedanken waren vollkommen unnötig. Er hatte sein Glück doch schon gefunden. Es lag hier, genau vor ihm, in seinen Armen. Mit Isaak an seiner Seite würde er alles überstehen.

Seine Gedanken kamen langsam zur Ruhe. Der Geruch seines Liebsten, sowie dessen gleichmäßige Atemzüge hatten offenbar eine beruhigende Wirkung auf Jake. Ohne es sich bewusst zu sein, schmuste er sich noch stärker an seinen Freund und glitt sanft in einen erholsamen Schlaf.

*

Etwas stimmte nicht, das war sein erster Gedanke als er aufwachte. Im Halbschlaf drängte er sich gegen seinen Liebsten. Seltsam, Isaak fühlte sich anders an.

Jake riss die Augen auf. In seinen Armen befand sich eine zerwühlte Decke. Von seinem Freund fehlte jede Spur. Hastig richtete er sich auf und sah sich um. Wo war Isaak hin? Warum hatte sein Liebster ihn allein gelassen? War etwas vorgefallen?

“Beruhige dich, Wölfchen”, sprach sein Freund ihn mental an. “Ich musste nur mal kurz ins Bad. Anschließend bin ich in die Küche, um dir einen Kaffee zu holen. Ich dachte, ich schaffe es zurück, bevor du aufwachst.”

Jake blinzelte. Weder in Isaaks Stimme noch seinen Emotionen konnte er ein Anzeichen für Gefahr wahrnehmen. Das beruhigte ihn ungemein. Etwas irritierte ihn aber. Von dem Panikanfall seines Liebsten war nichts mehr zu spüren.

Mental hörte er Isaaks Stimme: “Entschuldige bitte, dass ich dir Angst gemacht habe. Hautnah mitzuerleben, wie Morganas Geist in sich zusammenbrach, hat mich die Fassung verlieren lassen. Nach einer genaueren Analyse der Situation bin ich zu der Erkenntnis gelangt, dass es keinen Grund zur Panik gibt. Lass uns diese Angelegenheit vergessen und uns lieber einen schönen Tag machen.”

In diesem Augenblick öffnete sich die Zimmertür. Bewaffnet mit einer überdimensionierten Tasse trat Isaak herein.

“Kaffee”, brummte Jake träge. Nun da sich seine Aufregung legte, alles war in Ordnung, schlug seine Müdichkeit erbarmungslos zu. Für ihn war die Nacht recht kurz gewesen.

Sofort wurde ihm die Tasse gereicht, an der sich Jake festkrallen konnte. Bevor er aber einen Schluck nahm, zog er seinen Liebsten zu sich und beschlagnahmte dessen Lippen mit den seinen. Ein Guten-Morgen-Kuss musste schon sein. Vor allem da er keinen Gute-Nacht-Kuss bekommen hatte.

Schade nur, dass Isaak schon angezogen war. Viel zu gerne würde er den Kaffee durch seinen nackten Freund eintauschen.

“Dafür haben wir später noch genug Zeit”, meinte Isaak mit einem fetten Schmunzeln im Gesicht. Von der Panik der letzten Nacht war nichts mehr zu sehen.

“Ach ja?”, fragte Jake, nachdem er sich einen Schluck Muntermacher genehmigt hatte. “Was steht denn heute schon wieder an?”

“Nicht viel. Das verspreche ich dir. Heute machen wir uns einen ruhigen Tag.”

Das zu hören gefiel Jake sehr. Isaak kletterte auf das Bett und setzte sich hinter ihn. Als sein Freund die Arme um ihn legte, moserte Jake leise: “Na großartig. Seit wann wurde ich zum kleinen Löffel degradiert?”

Er konnte spüren, wie sein Freund hinter ihm lachte. “Als ob dir das missfallen würde. Sieh es als Dankeschön, weil du mich heute morgen zur Besinnung gebracht hast.”

Sanfte Küsse deckten Jakes Nacken ein, während ihm besinnlich der Bauch gestreichelt wurde.

Daran könnte er sich durchaus gewöhnen. Sie waren gleichberechtigt in ihrer Beziehung. Keiner von ihnen musste stetig den Starken spielen. Sie konnten sich abwechseln. So gefiel ihm das. Jake war sich nur nicht ganz sicher, ob er schon bereit war das in der Öffentlichkeit zu machen. Allgemein sollte er sich vor seinem Stamm keine Blöße geben, solange sich die Wogen nicht geglättet hatten.

“Geht es dir besser?”, fragte Jake, wobei er unbewusst die Muskeln anspannte. So aufgelöst wie am Morgen wollte er seinen Liebsten nicht mehr sehen.

“Ja, dank dir”, flüstere Isaak ihm ins Ohr, bevor er begann daran zu knabbern.

Leise stöhnte Jake auf. “Wenn du so weitermachst, garantiere ich für nichts.”

“Später. Zuerst muss ich mich noch um den Werwolf kümmern.”

Das ließ Jake hellhörig werden. “Du weißt, was Morgana mit ihm angestellt hat?”

“Ja.” Betreten seufzte Isaak hinter ihm. “Mittlerweile habe ich alles Wissen von Morgana, dessen ich habhaft werden konnte, ausgewertet. Einige Dinge liegen zwar noch im Dunkeln, aber im Großen und Ganzen weiß ich nun alles.”

Interessiert fragte Jake nach: “Das heißt, du kannst den Werwolf, wieder zu einem Menschen machen?”

“Ja, darum werde ich mich gleich kümmern. Aber keine Sorge, nun da ich weiß welche Zauber Morgana benutzt hat, wird das nicht lange dauern.”

Nachdenklich legte Jake den Kopf in den Nacken. Das war ein Fehler, denn Isaak nutzte diese Gelegenheit schamlos aus, um seinen Hals zu liebkosen. Küssen, leckend und knabbernd lenkte sein Freund ihn mächtig ab. Nur mit viel Mühe schaffte Jake es seine Gedanken beisammen zu halten. Unzählige ungeklärte Fragen schossen ihm in den Sinn.

“Wie hat Morgana überlebt? Du sagtest doch, sie sei vor einigen Jahrhunderten gestorben.”

Ohne von seinem Hals abzulassen erklärte Isaak mental: “Diese Frage kann ich nicht mit Sicherheit beantworten. Wenn ich das richtig verstanden habe, dann blieb sie in einer Zwischenwelt stecken. Einer Welt zwischen dem, was allgemein Diesseits und Jenseits genannt wird. Man könnte es auch als eine andere Dimension bezeichnen.

Wie dem auch sei. Morgana steckte dort fest. Auf ewig gefangen zwischen Leben und Tod. Wie sie es geschafft hat sich zu befreien ist mir ein Rätsel. Ich vermute es hat etwas mit diesem ominösen ER zu tun. Was ich dir sagen kann ist, nach ihrer Rückkehr war ihr Ziel mich zu vernichten.”

“Du weißt nicht zufällig den Grund für ihren Hass auf dich?”

Jake konnte spüren, wie sein Freund leicht den Kopf schüttelte. “Nein. Soweit ich mich erinnere, habe ich ihr nie etwas angetan. Ich denke, dass sie manipuliert wurde. Doch von wem, das kann ich dir nicht sagen.”

Ein Punkt nach dem anderen. Jake hatte noch viele weitere Fragen. Chronologisch gesehen kam wohl als nächstes: “Und wie hat sie Zugang zur KI bekommen?”

Isaaks Kopf sackte auf seine Schulter. “Das war meine Schuld. Ich habe nicht aufgepasst. Nie im Leben hatte ich damit gerechnet abgehört zu werden. Von wem denn auch? Keiner wusste von mir.”

Ein lautes bedeutungsschweres Seufzen drang in Jakes rechtes Ohr. “Erinnerst du dich an die Datumstabell meiner Zugriffe, im Haus der Cullens? Am 02.06.2000 um 19:27 Uhr hatte ich eine Abfrage nach Legenden in der Umgebung gestartet. Morgana war mir da schon auf den Fersen. Sie hat mitbekommen, wie ich mich mit der KI verbunden habe. Mithilfe ihrer Magie hat sie den Kontrollcode gestohlen und meine Stimme imitiert. Somit erhielt sie uneingeschränkten Zugang zur KI.

Mit dem Wissen der Bibliothek war es ihr ein Leichtes meine Bewegungen im Auge zu behalten. So erfuhr sie auch von meinem Plan den magischen Quell der Quileute anzuzapfen.

Morgana kam mir zuvor und stellte mir eine Falle.”

Freudlos lachte Isaak auf. “Weißt du, ich bin dir zu Dank verpflichtet. Hättest du dich damals nicht eingemischt, dann wäre ich sicher gestorben. Ich habe nicht bemerkt, dass der Quell manipuliert war.”

Irritiert harkte Jake nach: “Ich verstehe nicht, was du meinst. Was habe ich denn getan?”

“Du hast dich auf mich geprägt und mir somit das Leben gerettet. Morganas Plan sah vor, den Quell zu sprengen und mich gleich mit. Aber durch dein Erscheinen hast du ausversehen meine Konzentration gestört. Ihr Zauber schlug fehl und löste bei dir die Prägung aus. Wäre das nicht passiert, wäre ich gestorben.”

Fassungslos starrte Jake die Decke an. Wenn er darüber nachdachte, wie knapp das damals war, sackte ihm das Herz in die Hose. Er verstand selbst nicht, warum er sich am Anfang so vehement gegen Isaak und seine Prägung auf ihn gewehrt hatte. Aus seiner jetzigen Perspektive hätte ihm nichts besseres passieren können.

Vor seinem geistigen Auge sah und hörte er sich selbst stammeln: “Ich bin nicht schwul.” Schmunzelnd schüttelte Jake den Kopf. Wie hatte er nur so engstirnig sein können?

Zum Glück war Morganas Plan gescheitert. Nicht auszudenken, was alles hätte passieren können, wenn Isaak nicht da gewesen wäre um sie aufzuhalten. Von seinen Gefühlen für den Mann seiner Träume ganz zu schweigen. Niemals wollte er Isaak gehen lassen, dafür liebte er ihn viel zu sehr.

Einen Moment lang legte sich ein betretenes Schweigen über sie. Von dem Tag seiner Prägung auf Isaak hatte er alles weitere am eigenen Leib mitbekommen. Mit dem fehlenden Wissen der Vergangenheit und seinen Erlebnissen in der Gegenwart wanderten seine Gedanken in Richtung Zukunft.

Er kuschelte sich an den warmen Körper hinter ihm. “Was machen wir jetzt? Wie geht es weiter?”

Ungläubig hörte Jake Isaak lachen. Sein ganzer Körper hüpfte auf und ab wegen seinem durchgedrehten Lover.

“Als Erstes werde ich den Werwolf zurückverwandeln und dann machen wir uns einen schönen Tag. Die meisten Aufräumarbeiten sind bereits erledigt. Um den Rest kümmert sich die KI. Soweit es mich betrifft können wir beide uns ruhig eine Auszeit nehmen und einfach unser gemeinsames Leben genießen.”

Das klang zu schön um wahr zu sein. Jedoch wurde Jakes Freude gedämpft. Es gab da noch einen weiteren Punkt, der ihm Sorgen bereitete. Auch wenn er die Stimmung damit kaputt machen würde, er musste es einfach fragen: “Was ist mit diesem ER?”

Isaak hinter ihm wurde auf einen Schlag ruhig. Verdammt. Wütend auf sich selbst malträtierte er seine Unterlippe mit den Zähnen. Er hätte doch besser die Klappe gehalten.

Plötzlich schoss eine Hand vor und befreite Jakes Unterlippe von ihrer Geißel. Sanft fuhren die Finger seines Freundes über diese Stelle.

“Du hast nichts getan, wofür du dich selbst bestrafen müsstest”, wurde ihm in sein rechtes Ohr gehaucht.

“Was diesen ER betrifft -” Unvermittelt verstummte Isaak. Ein langgezogenes Seufzen erklang, während sein Freund die Hand sinken ließ.

Angespannt hielt Jake den Atem an. Innerlich machte er sich auf alles gefasst. Eine weitere Katastrophe stand ins Haus.

Ein Stupser gegen seine Nase unterbrach Jakes Gedankenspirale. “Dummes Wölfchen. Du brauchst keine Angst zu haben.” Isaak lehnte sich zurück und zog Jake mit sich.

Unglaublich liebevoll streichelte sein Freund ihm den Bauch während er preisgab: “Alle Anzeichen sprechen dafür, dass es jemanden oder etwas gibt, das die Fäden im Hintergrund gezogen hat. Ob wir jemals die ganze Wahrheit erfahren werden, ist fraglich.

Ich weiß nicht, wer dieser ER ist, noch ob es eine solche Person überhaupt je gegeben hat. Das alles könnte auch das Hirngespinst eines dem Wahnsinn verfallenen Geistes sein.

Alles was wir glauben zu wissen, sind lediglich Vermutungen. Es lohnt sich nicht in Angst vor etwas zu leben, das eventuell existiert oder eben nicht.

Versteh mich bitte richtig. Ich werde die Augen offen halten und versuchen dem auf den Grund zu gehen. Aber ich bin der Wächter. Meine Aufgabe ist es das Leben zu beschützen. Aktuell sehe ich keine Bedrohungen innerhalb der nächsten Jahre.

Daher schlage ich vor, lass uns einfach gemeinsam leben und sehen, was die Zukunft für uns bereit hält. Sollte dieser ER sich zeigen, dann werden wir ihn gemeinsam bekämpfen. Bis dahin möchte ich mein Leben mit dem Mann verbringen, dem mein Herz gehört.”

Beherzt drehte Isaak Jakes Kopf zur Seite, schon bekam er einen gefühlvollen Kuss geschenkt. Nur zu gerne ging Jake darauf ein.

Sein Liebster hatte so Recht. Lebe im Augenblick, nicht in der Zukunft.

Wobei sein Freund ja beides tat. Aber das war schon in Ordnung. Isaak war eben jemand ganz besonderes.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Tomasu
2022-04-19T09:51:28+00:00 19.04.2022 11:51
Moin moin,

die Panikattake von Issak kann ich gut verstehen. ich meine da fällt alles um einen herum zusammen und man selber sitzet auf einem Stein hinerhalb des strudels.

Und das Jake so viel Stärke zeig seine eigenen Ängste zu Gunsten seines Mannes zurück zu schieben zeig das er nicht nur der wahre Alpha ist sondern auch Mensch.

Grüße und bis bald
Tomasu
Antwort von:  Drachenlords
24.04.2022 10:11
Huhu,

auch ein mächtiger Wächter ist immer noch teilweise ein Mensch, bzw so etwas macht ihn menschlicher und das ist gut so.
Jake hingegen muss eben auch mal zeigen, dass er zurückstehen kann und sich um seinen Liebsten kümmert, wenn es diesem Mal nicht so gut geht. Da wäre nur die Frage, was an seinem Verhalten tut er aus Liebe und was wird von der Bindung vorgeschrieben. Auf diese Frage werden wir wohl niemals eine Antwort bekommen, ist aber auch egal. Jake will es ja und hat mitlerweile keine Probleme mehr damit auf einen Kerl zu stehen, solange es dabei ausschließlich um Isaak geht. Alle anderen Männer gehen ihm am Arsch vorbei, wie auch alle Frauen, aber das will er ja nicht wahrhaben ^^

MFG
Drachenlords


Zurück