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♠ The Painscreek Killings ♠

Zwei Journalisten und eine Wahrheit
von

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♠ Kalt ♠

♠ Kälte ♠
 


 

Kalter Schweiß machte sich auf ihrem Rücken bemerkbar , als sie sich der Tür zur Galerie nährte. Ihre Kamera baumelte weiterhin vor ihrer Brust, während sie mit angespannten Schultern und Nacken weiter voran ging. Ihre frierenden Hände schlangen sich schon um den Griff, als ein lauter Knall hinter eben dieser Tür ertönte.
 

Erschrocken quiekte Nami atemlos auf und zuckte heftig zusammen, als das Echo des Geräusches in dem langen Gang widerhallte. Ihr Körper erstarrte an Ort und Stelle und kämpfte gegen das Verlangen sofort umzukehren, am Besten hinaus in Sicherheit, oder lieber doch die Quelle des Geräusches aufzusuchen. Es war dämlich, vollkommen gefährlich, dachte Nami. Aber als sie ein vertrautes, leises Fluchen hinter der Tür vernahm, entspannte sich ihr Körper gegen ihren Willen. Trotzdem war ihr Körper in einer gekrümmten Haltung, als würde sie jeden Augenblick Jemanden oder Etwas erwarten, das sich auf sie schmiss.
 

Schaudernd und mit kurzen Atemzügen richtete sie sich auf und öffnete die Tür. Darauf bedacht, den Schein einer tollkühnen und unerschütterlichen Journalistin zu waren, trat sie in einen mittelgroßen Raum, der einem Abschnitt aus einer Kunstgalerie sehr ähnlich sah. Die Wände waren rot gestrichen, der Boden aus dunklem Holz und an den Ecken der Räume wurden weiße Säulen errichtet. In der Mitte des Raumes befand sich noch eine Wand, so, dass man um den Raum herumlaufen konnte. An jeder dieser roten Wände hingen unzählige Ölgemälden mit ebenso teuren, goldenen Rahmen.
 

An einer dieser Wände sah sie den Grund für den lauten Knall, der sie eben bis in die Knochen erschrocken hatte: Law.
 

Der besagte Mann hob ein Gemälde vom Boden, den er scheinbar davor versehentlich fallen ließ. Der teure Rahmen hatte einen Riss und winzige Splitter lagen achtlos verteilt unter seinen Schuhen. Sogar von hier aus konnte Nami deutlich die kleine Delle auf dem Holzboden erkennen, die von seiner Tat herzuführen waren. Mit einem spöttischem und knappen Blick auf das Gemälde, hing er es halbherzig zurück auf seinen Platz, deutlich unbekümmert davon, was eben vorgefallen war.
 

Nami blinzelte ihn einige Male von der Seite an, bis er seine Aufmerksamkeit auf sie richtete. Der Spott war nicht völlig aus seinem störrischen Gesicht verschwunden, aber unter dem Schatten seiner (immer noch dämlichen) Mütze, konnte sie die intensiven und durchbohrenden Augen erkennen, die sie zu durchsuchen schienen. Als ob er in ihren Gedanken danach suchen würde, ob sie das eben gesehen und kommentieren würde oder ob sie weiter mit den Informationen war, als er. Sie wusste es nicht. Vielleicht beides, vielleicht auch keines davon.
 

  »Wie geht es bis jetzt mit der Suche voran, Nami-ya? Irgendwelche Fortschritte?«

Seine Stimme war so trocken und finster, dass sie fest davon überzeugt war, dass es ihn im Moment gar nicht interessierte, was sie gefunden hatte. Das kurze Zucken seiner Mundwinkel bestätigte ihren Verdacht umso mehr. Er lenkte ab. Bevor sie antwortete, warf sie einen kurzen Blick auf das Gemälde, dass er aufgehoben hatte. Eine Frau, mit schwarzen Haaren und einem roten Kleid. Das Gemälde war sehr alt, also niemand, der in diesem Jahrhundert lebte.
 

  »Nein, bis jetzt nicht viel. Wie sieht es bei dir aus?«
 

Sie entschied, so gern sie es auch wollte, diesmal nicht auf seinem Ego herumzutrampeln. So gerne sie auch sein selbstgefälliges Grinsen aus dem Gesicht wischen wollte. Widerwillig beschloss sie - dem Auftrag zu Liebe - rational zu bleiben und das ohnehin schon saure Verhältnis zwischen ihnen etwas zu lindern. Hieß also, dass sie kein Öl mehr ins Feuer gießen durfte. Keine so leichte Aufgabe, wenn sie daran dachte, dass diese Chance nicht einfach wieder kommen würde. Ob er dies anerkennen oder sich (zu ihrem Leid) in seinem Ego bestärkt fühlen würde, blieb abzuwarten.
 

  »Dann liegen wir wohl gleich auf, Nami-ya. «

Genau wie Nami, wollte er wenig preisgeben, oder er hatte tatsächlich nicht viel entdeckt. Unter dem Schatten seiner Mütze und seinem nun geschlossenem Ausdruck, konnte sie die Antwort darauf nicht lesen. Wie vieles an diesem Mann nicht.
 

Während der kahlen Unterhaltung, lockerten sich ihre zuvor angespannten Schultern. Sie nahm eine fast natürliche Haltung an und ließ ihren Blick im Raum schweifen. Der fast zwei Köpfe größere Mann nahm dies als Gelegenheit, und schritt wie ein gefräßiger Raubtier an ihr vorbei zum einzigen Ausgang.
 

  »Das bedeutet also für uns beide, dass wir uns mehr anstrengen müssen«, raunte er tonlos in den Raum, bevor er die Galerie mit lautlosen Fersen verließ.
 

Nami sah ihm unbeholfen nach, er ließ sie erneut alleine, um auf eignen Füßen nach Informationen zu suchen, statt gemeinsam als Kollegen. Sollte ihr nur recht sein. Die Tatsache, dass sie einige Bücher über die Familie gefunden (aber noch nicht wirklich aufmerksam studiert) hatte, verbarg sie natürlich vor ihm. Genauso wie sie sich sicher war, dass er das selbe ihr gegenüber tat. Wobei er nicht groß Platzt hatte, derartige Bücher ohne Rucksack mit sich zu schleppen, ohne offensichtlich damit aufzufallen. Seine Jeanstasche hatte sie zwar kurz analysiert, vermutete aber, dass er seit dem Büro des Sheriffs nicht sonderlich viel hineingesteckt hatte.

Das führte sie zu einer anderen Erkenntnis, die sie mitten im Gespräch entdeckt hatte: Rechts unter einer roten Couch direkt unter eines der Fenster zum Innenhof, hatten ihre geübten Augen etwas gefunden.

Kurz lauschte sie nochmal in den Gang, in den Law verschwunden war und schlich sich dann zu der besagten Couch. Auf den Knien hockend fischte sie mit ihren Fingern nach dem Gegenstand. Es stellte sich als eine kleine Schachtel heraus, groß genug, um eine Bierflasche zu verstauen. Neugierig öffnete sie die blaue Schachtel, die dekoriert mit kleinen Bärensymbolen war und fand zwei qualitative Spielfiguren. Den einen konnte sie klar als Batman identifizieren, der hinter seiner Maske streng dreinblickte. Der zweite war ihr fremd, es hielt einen goldenen Dreizack in der Hand und trug einen orangen-gelben Overall, der im Licht der Sonne wie Fischschuppen funkelte. Verwirrt hob sie die beiden Figuren auf und musterte sie genauer, bis ihr ein kleiner Zettel am Boden der Schachtel auffiel. Nachdem sie die Figuren behutsam auf die Couch legte, überflog sie den alten Zettel.
 

  »Herzlichen Glückwunsch, Junge. Ich hoffe, du wirst mit ihnen jede menge Spaß haben. Dein geschätzter Freund, Ingo«
 

Zögernd legte sie den Zettel samt Figuren zurück in die Schachtel. Ohne Zweifel sah sie die Unterschrift des Bürgermeisters. Aber die eigentliche Frage war, wem der Bürgermeister dieses Geschenk überreichen wollte. Wie die Notiz offensichtlich machte, einem Jungen. Aber die Familie hatte keinen Sohn und sie bezweifelte stark, dass der Bürgermeister seinen erwachsenen Bruder damit meinte. Vielleicht jemandem aus dem Dorf? In Gedanken schwelgend schoss sie stumm ein Bild von den Figuren zusammen mit der Notiz. Im Moment war es ihr egal, ob es mit dem Fall zu tun hatte, oder nicht. Sie wollte einfach die unendlichen Fragen, die sich seit dem Betreten des Dorfes angehäuft hatten, beantworten.

Hat Law wirklich die Schachtel übersehen, oder sie entdeckt, aber hier gelassen? Was ihm wohl dabei in den Sinn kam, als er sie vielleicht doch sah?
 

Kopfschüttelnd schob sie die Schachtel wieder zurück in sein Versteck. Wenn er sie wirklich übersah, hatte er Pech gehabt. Allerdings . . . könnte sie ihm die Schachtel zeigen und damit mitteilen, dass sie sich in Zukunft gegenseitig ihre Funde zeigen sollten. Oder sie riskierte, dass er sich höhnisch über ihren nutzlosen Fund witzig machte. Das wollte sie auf jeden Fall ausschließen, war sich aber der Realität bewusst, dass solch künftige Auseinandersetzungen sich nicht vermeiden ließen.
 

Seufzend entschied sie, es liegen zu lassen. Es war nur eine Schachtel, mehr nicht. Gemächlich stellte sie sich auf und klopfte den Staub von den Knien. Anschließend verließ sie die Galerie und lief auf leisen Schuhen zurück zum Eingangstor, nur um daraufhin die Treppen hoch zu laufen. Hier hoben hatte sie viele Räume im Blick. Dennoch hörte sie keine Schritte von Law. Auch anderweitig machte sich Law nicht sonderlich bemerkbar. Es war total Still. Nur ihre Schritte schienen im ganzen Haus widerzuhallen. Nur ihr Herz schien laut in ihren Ohren zu pochen. Es war, als ob sie die einzig lebende Person im Anwesen war. Und dass die Wände und Böden sich dieser Tatsache nur allzu sehr bewusst waren.
 

Nami zwang sich zur Ruhe. Warum war sie so unglaublich nervös? Tief durchatmend ging sie weiter den oberen Korridor entlang und nahm den linken Gang zur Terrasse und einer weiteren weißen Tür. Nachdem sich die weiße Tür nicht öffnen ließ, lief sie zur Terrasse hinaus. Die Glastür ließ sich öffnen und Nami sog instinktiv - fast schon gierig - die angenehm warme und frische Luft ein. Drinnen war es stickig und kalt, obwohl sie sich sicher war, dass es nicht an der Temperatur selbst lag. Leicht beruhigt näherte sie sich dem Geländer und sah hinunter in den Innenhof des Anwesens. Auch hier war vieles kahl und lustlos. Verlassen.

Eine Weile lang verharrte sie so, etwas beruhigt zumindest den Wind in den Ästen rascheln zu hören, statt der bedrückenden Stille im Haus ausgeliefert zu sein. Die angenehme Brise wehte ihr durchs Haar, auch wenn sie ihr ins Gesicht wehten, störte es sie nicht. Knapp warf sie einen Blick auf die umliegenden Gartenstühle und den niedrigen Glastischen auf der Terrasse, bis sie der Meinung war, dass sie hier nichts nützliches oder kurioses finden würde. Nach einigen Minuten der Entspannung, in denen sie ihren Kopf frei von all diesen seltsamen Empfindungen lüftete, stoß sie sich vom Geländer ab und trat mit neuer Energie in das riesige Haus.

Nami lief den Gang weiter geradeaus, bis sie am anderem Ende ankam und nichts weiter, außer unter weißen Vorhängen versteckte Möbel vorfand. Zwar fand sie unter all den Kram und Staubschichten einige alte Blätter, aber sie waren uninteressant und nutzlos. Auch alte und neue Teppiche lehnten zusammengerollt an den Wänden, direkt neben einigen Gemälden. Weiter dem linken Gang folgend, konnte sie links von sich in das Wohnzimmer hinunter spähen, bis sie vor sich einen größeren Gang vorfand, der sie überraschte. In der Mitte des Ganges stand ein Billardtisch und direkt daneben doch tatsächlich eine Hausbar!Als sie sich dieser nährte, fand sie sogar noch ungeöffnete Flaschen von teurem Wein bis hin zum alten Whisky und Rum vor. Langsam und leise ging sie hinter den Tresen und nahm aus den großen Regalen eine Flasche vom „Da Vinci“ Wein. Von diesem Wein hatten Robin und sie nicht vor all zu langer Zeit einmal gekostet, als sie einen Mädchenabend veranstaltet hatten. Dieser Wein war weder teuer noch alt, aber sie erfüllte die Bedürfnisse und tat seinen Job. Dann richtete sie ihre rotbraunen Augen an die ihr total fremden Weinmarken. Einige waren älter als 70 Jahre, wenn sie den Beschriftungen auf ihnen glauben schenken sollte. Wie teuer sie wohl waren? Und noch viel interessanter; wie sie wohl schmeckten?
 

Unbewusst biss sich Nami auf die weichen Lippen und legte den Wein zurück auf seinen ursprünglichen Platz. Sie konnte nachher immer wieder darauf zurückgreifen, vielleicht sogar zur Feier des erfolgreich geknackten Auftrags? Aber nun musste sie nüchtern bleiben, obwohl ein paar Gläser vielleicht dazu beigetragen hätten, Law und die unheimliche Atmosphäre erträglicher zu machen. Die Flaschen rannten ihr immerhin nicht davon. Die Zeit allerdings schon.
 

Deshalb trat sich Nami geistig selbst in den Hintern und zwang sich zurück zur Suche. Die Sonne hatte vor einer halben Stunde seinen höchsten Punkt erreicht und Nami brauchte nicht auf ihre Armbanduhr zu schauen, um zu wissen wie spät es war. Es müsste Nachmittag sein. Noch hatten sie genügend Zeit bis zur Dämmerung. Außerdem fürchtete sie, dass sie sich einen Schlafplatz suchen mussten. Law schien nach all dem nicht begeistert gewesen sein, hier irgendwo im Dorf die Nacht verbringen zu müssen. Nami genau sowenig. Obwohl sie schon vermutet hatte, dass die Suche eine menge Zeit beanspruchen würde. Allerdings hatten sie noch Zeit bis Montag. Und heute war es erst Freitag.
 


 

Abwesend in Gedanken suchte Nami mit ihren rotbraunen Augen die Tresen und die Schränke nach irgendwelchen anderen Sachen ab. Sogleich fand sie einen zerknüllten, alten Artikel aus einem der vielen Schränke, das achtlos zwischen anderen alten Gläsern und Servietten lag. Nachdem sie es vorsichtig wieder auf knüllte, flogen ihre Augen Zeile für Zeile durch jedes Wort.
 

Es ging um eine Tragödie, die sich ungefähr vor mehr als zwanzig Jahren ereignet habe. Dabei wurden 19 Personen in einer Miene verschüttet. Als sei das nicht schon genug gewesen, starben einige Jahre darauf später durch den Abbau von giftigen Mineralien und Gesteinen die Arbeiter, die an den Tag der Tragödie nicht dabei waren.
 

Nami runzelte tief die Stirn und ihre Hände fühlten sich wieder komisch kalt an.

Die Miene gehörte der Familie des Bürgermeisters. Zu dieser Zeit hatte er zwar nicht diesen Amt belegt, doch Nami wurde langsam klar, woher er sich solch ein Anwesen leisten konnten.
 

Sie erfuhr durch die Zeitung auch, dass Viola, seine damalige Frau, zur Spende aufrief und aus eigener Tasche auch viel dazu beitrug die Familien weitgehend zu unterstützten oder zu entschädigen. Die Zeitung war aus dem Jahre 1993 (vor sechs Jahren).
 

  »[. . .] Geld könne niemals den Verlust eines geliebten Menschen wiedergutmachen noch den Schmerz heilen [. . .] Trotz allem müssen wir nach vorne schauen, sie würdigen und ehren. Die Familie Quichotte dank jenen, die sich an der Spendenaktion beteiligt haben.«

- Viola Quichotte
 

Langsam steckte Nami den Artikel in die Sammelmappe. Es gab also einen Unfall.

Etwas benommen vom gelesenem Vorfall verließ sie die Bar und ging nun den rechten Gang weiter. Irgendwie wollte sie nicht weiter darüber nachdenken, aber langsam ging ihr der Fall etwas näher unter die Haut. Vorerst war sie professionell und sah nur einen Fall in der ganzen Geschichte, das sie versuchen wollte zu knacken und damit Profit zu schlagen. Es betraf sie nicht, es war nicht ihre Familie. Es war nicht ihr Leben und diese Leute kannte sie nicht. Immer war vor ihr und den Fällen eine unsichtbare Barriere, die ihre Gefühle von den Leid anderer trennte. Zum eigenem Schutz. Zumindest bei verstorbenen Fällen. Sie waren nämlich Vergangen. Ändern könnte man daran nicht viel.

Aber hier war es wohl etwas anders. Irgendwas kroch ihr kalt in den Magen und zwang sie, das alles zu überdenken. Das alles zu verdauen. Über alles zu „fühlen“. Und nach der Wahrheit, die sich unter vielen Schichten von Ereignissen und Erzählungen verbarg, zu suchen. Bis jetzt hatten sich einige Puzzleteile in ihrem Kopf geformt, ihr war aber klar, dass ihr noch viele fehlten und sie noch keine einzige Verbindung gefunden hatte. Sie schwirrten Lose in ihrem Kopf.
 

Als sie den Gang zu den Schlafräumen erreichte und die erste Tür zu öffnen versuchte, war sie nicht überrascht, sie verschlossen vorzufinden. Vor einem dieser Zimmer, blieb Nami stehen, als sie nicht nur verschlossen war, sondern sich auch eine gelbe Notiz an der weißen Tür befand.
 

Wortlos las sie sich die Worte durch und stellte fest, dass sie sich über solche hinterlassenen Notizen oder vorfindenden Tagebüchern nicht mehr zu wundern schien. Ganz im Gegenteil, sie empfing sie mit offenen Armen, auch wenn sie manchmal bedeutungslos waren. Hauptsache sie fand etwas und wer wusste, vielleicht würden diese belanglosen Zettel irgendwann doch noch eine wichtige Rolle spielen? Das erhoffte sich Nami zumindest, nicht zuletzt daran, dass sie so was irgendwo mal aus einer Krimireihe aufgeschnappt hatte.
 

  »Ich habe vergessen den Schlüssel zum Bedienstetenraum zurückzugeben. Deshalb habe ich den Schlüssel in der oberen Küchenschublade verstaut. Tut mir leid.«
 

Nami fuhr sich mit der Hand frustriert durchs Gesicht. Wie in alles in der Welt konnte sie die Schubladen vergessen zu durchsuchen? Ein jämmerliches Stöhnen verließ ihre Kehle, das fast sogar einem tiefen Knurren glich. Unzufrieden mit sich selbst entschied sie, es später nachzuholen. Jetzt wollte sie erst mal die obere Etage durchsuchen.
 

Mit einem schweren Magen und dem Missmut ihrer Torheit ging sie den Gang weiter, bis sie durch einen Torbogen lief und sich in einem Trainingsraum befand. Sofort schossen ihre roten Brauen in den Norden.

Vor ihr befanden sich Trainingsgeräte wie Handeln, Laufbänder und Kraftstationen bis hin zu Crosstrainer. Die Wände waren Blau gestrichen, der Boden allerdings mit dem selben Holzfarben, wie in den unteren Etagen. Sie durchsuchte den Raum und fand nichts außer einigen, grauen Schließfächern, die rechts vom Türbogen standen. Scheinbar lagerten sie dort ihre Sportsachen und Handtücher auf.

Sogleich öffnete sie den Schließfach von Viola, der völlig leer war. Dann folgte der von Corazon und Ingo, die ebenfalls ohne Inhalt waren. Nur in dem von Bea fanden sich Handtücher vor. Etwas unschlüssig suchte sie unter diesen Tüchern nach und fand zu ihrem Erstaunen einen rostigen, alten und großen Schlüssel. Fragend, zur welcher Tür sie passen würde, schloss die das Fach wieder zu und steckte den Schlüssel in ihre Hosentasche. Dieser Schlüssel wirkte zu groß um in eines der Schlafzimmertüren zu passen.
 

Mit versucht leisen Schritten verließ sie den Raum und ging nachdenklich den Gang zurück zur Bar. Jetzt wollte sie nur noch den letzten Gang untersuchen. Sie brauchte Luft und die warmen Sonnenstrahlen auf ihrer Haut. Ihr Körper war im Moment genug angespannt. Diese Stille und Kälte machte sie verrückt. Die ganze Zeit erwartete sie, dass Law oder jemand anderes aus einer Ecke sprang. Dabei war sie sich nicht sicher, ob sie jemand anderem Law vorzog.

Ihre Sinne waren zwar im Moment geschärft, doch ihr mangelte es an Konzentration und inneren Ruhe. Ihr Herz pochte in ihren Ohren und sie verfluchte ihre mangelte Beherrschung. War sie wirklich solch ein Angsthase?
 

Ein leises Seufzen entwich ihren Lippen. Enttäuscht von sich selbst, ging sie in den nun letzten Flur entlang, der sich neben der Treppe befand. Rechts kam sie an einer Tür vorbei, an der „Security“ stand. Noch bevor sie darüber nachdenken konnte, dass sie hier sogar einen Überwachungsraum besaßen, hörte sie hinter eben dieser Tür irgendwelche schweren Gegenstände auf den Boden fallen. Erschrocken quiekte Nami auf und erstarrte in ihrer Bewegung. Zugleich lief es ihr eiskalt und heiß den Rücken hinunter. Bis sich die Angst allerdings durch Wut ersetzte. Dieser Law machte sie noch fertig. Wie konnte man nur so tollpatschig sein? Erneut hatte er sie wegen seiner verdammten Tollpatschigkeit zu tote erschreckt.
 

  »Law! Du verdammter Tölpel!«, fluchte sie laut und ungehalten gegen die Tür, während sie an der Türklinke griff.
 

Sie fror ein, als sich die Tür nicht öffnen ließ. Sie war verschlossen. Panisch nach Luft ringend sprang sie, wie eine erschrockene Katze, weg von der Tür. Ihr Herz setzte einen Schlag lang aus und ihre Beine bewegten sie von selbst die Stufen hinab. Bei der Hälfte rannte sie gegen die starken Schultern des größeren Mannes, der für diesen Auftrag als ihre Begleitperson fungieren sollte. Law. Der besagte Mann keuchte überrascht beim Kontakt auf, brachte sie aber fast sofort an den Armen zurück ins Gleichgewicht, da Nami beinahe in die Knie gesackt wäre.

Sie hatte den Reflex, sich sofort aus seinem Griff zu befreien, doch Law ließ schnell von ihr ab und gab ihr Raum zum Atmen, um sich zu beruhigen.
 

  »Verdammt, Nami-ya! Was ist los?«

Seine gelben Augen musterten ihr bleiches Gesicht und ihren zitterten Körper. Dann sah er die Stufen hinauf, von wo sie gestürmt kam.
 

  »Ich . . . ich habe . . .« Einige Gedanken rasten ihr durch den Kopf. Sollte sie dem Mann erzählen, dass sie sich von Geräuschen aus einem verschlossenem Zimmer fasst in die Hosen gemacht hätte, oder sollte sie etwas plausibles erfinden, das ihm nicht noch mehr Gründe gab, sie zu verhöhnen? Wenn ja, was? Was könnte diese Situation, in die sie geraten war, sachlich und nicht albern begründen?
 

Seine ungeduldigen Augen konnte sie förmlich auf ihrer Haut spüren, merkte aber, dass er selbst etwas angespannt wirkte. Irgendwie beschloss sie dadurch, ihm doch die Wahrheit zu sagen.
 

  »Ich habe mich . . . nur an einer Tür erschrocken, aus der Geräusche kamen. Sie ist aber verschlossen . . . «. Nami fühlte sich albern. Fast wie ein Kleinkind, das angst davor hatte, unter seinem Bett etwas seltsames zu hören. Scham machte sich in ihrem Magen und Gesicht bemerkbar und sie wollte sich aus seinem Blick winden.
 

Law grinste nicht, noch gab er einen abfälligen Kommentar von sich. Als sie den Mut fand und zu ihm aufblickte, sah sie in ein ernstes und vom Schatten bedecktes Gesicht.
 

  »In welchem Raum?«, war alles, was er fragte und ging ohne auf sie zu warten die Treppen hinauf. Kurz zögerte sie und wunderte sich über seine Seriosität und dem plötzlichen Vertrauen ihrer Worte.
 

  »Im. . . im Security Raum!«
 

Wenn auch zögernd eilte sie ihm nach und beobachtete ihn dabei, wie er sich auf dem Flur in jede Richtung umsah. Danach ging er in den rechten Gang neben der Treppe und trat sogleich vor die besagte Tür, aus der Nami etwas vernommen hatte. Einen kurzen Augenblick hielt er völlig ruhig und aufmerksam ein Ohr an die Tür und lauschte.



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