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Sir Peter Wolfstöter - Der Prächtige

von

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Prüfung des Körpers

Peter stand mitten im Nichts. Es existierte nur drückende Schwärze um ihn herum. Doch konnte das so stimmen? War seine Reise hier bereits beendet? „Nur wer mit dem Herzen kämpft, mit Herz und Reflex, der kann sich sicher sein, dass er jede Begegnung überleben wird“, hallte die fremde Stimme von irgendwoher. Leise war das Klappern von Hufen zu hören. Das Geräusch wurde immer lauter, während sich Peter angespannt umsah. Er konnte in der Dunkelheit nichts ausmachen. Was war das wieder für ein Spiel?
 

Der Teenager spürte einen warmen Atem in seinem Nacken, gepaart mit einem lauten Schnauben. Langsam drehte er sich um und riss die Augen auf. Er starrte zu einem pechschwarzen Minotaurus hinauf, dessen dunkle Iriden weder Mitleid noch Vergebung zu kennen schienen. Mit einem Ruck packte das Fabelwesen Peter am Hals und warf ihn einige Meter zurück. Mit einem dumpfen Laut, und einem schmerzenden Rücken, kam Peter auf dem schwarzen Nichts auf, welches den Boden ersetzte.
 

„Na los, verteidige dich, du Schwächling“, schnaubte das Mischwesen und stapfte langsam auf den Jüngling zu. Im Gehen zog der Minotaurus eine große, doppelschneidige Axt vom Rücken. „Du sollst also unser aller Hoffnung sein? Du willst die Weiße Hexe aufhalten?“ Peter rutschte nach hinten. Das war ein Gegner, dem er nicht gewachsen war, wie denn auch? Der Bulle war doppelt so groß wie er, und mindestens dreimal so kräftig. „Ich habe dich etwas gefragt“, brüllte das Monster und holte mit seiner Axt aus. Im letzten Moment gelang es Peter sich zur Seite zu rollen. Der Axthieb verfehlte ihn um Haaresbreite.
 

Ein Tritt in die Magengrube ließ den Blonden wieder einige Meter überbrücken und Übelkeit in ihm aufkeimen. Um ihn herum drehte sich alles. Was hatte Aslan sich dabei gedacht? Das hier war wirklich kein Spiel mehr. „Wehre dich, los!“ Der Minotaurus stürmte auf Peter zu. Mit bloßer Körperkraft war es nicht möglich, dieser Bestie Herr zu werden. Was sollte er also tun? Erneut rollte der Adamssohn zur Seite und wich dem nächsten Axthieb aus. Das Fabelwesen schien wütender zu werden. „Sei kein Feigling!“, fauchte der Minotaurus und trat mit seinem rechten Huf nach, um Peters Schädel zu zermalmen. „Kein Wunder, dass dein Bruder fortgelaufen ist. Er ist wahrscheinlich ohne dich besser dran.“
 

Mit einem wütenden Schrei duckte sich Peter unter dem Huf hindurch. Zwischen den Beinen des Minotaurus´ durchrutschend, zog er die Knie an und trat dem Monstrum mit voller Wucht in den ungepanzerten Rücken. Der Halbstier brüllte, nur um sich umzudrehen und dabei mit seiner Faust auf Peter zu zielen. Reflexartig riss dieser den Kopf zur Seite und zog sein Schwert. Die Klinge in der rechten Hand, richtete er sich auf und ging auf Abstand.
 

Dieser letzte Satz hatte ihn wachgerüttelt. Er mochte vielleicht damals versagt haben, als Edmund weggelaufen ist, aber nicht hier, und nicht heute. Er würde seine Fehler wiedergutmachen, seine Schwestern beschützen, und Narnia befreien. „Gut, ich kann das Feuer in deinen Augen lodern sehen, Adamssohn.“ Der Halbstier stürmte erneut auf Peter zu, der mittlerweile auch den Schild vom Rücken gerissen hatte. Eilig war er in die Schlaufe für den Arm geschloffen, nur um sich auf den nächsten Angriff vorzubereiten.
 

Ruckartig duckte sich Peter unter dem horizontalen Axthieb hindurch und holte mit dem Schild aus. Die Metallkante traf den Minotaurus an der Brust, was diesen zu einem Röhren veranlasste. „Denke nicht, sondern handle“, ermahnte ihn die Stimme. Er konnte es. Aslan glaubte an ihn, seine Geschwister glaubten an ihn, genauso wie ganz Narnia – er musste es schaffen. „Nein, ich werde es schaffen“, korrigierte sich Peter innerlich und holte zum nächsten Angriff aus.
 

Wieder nutzte Peter den Schild, und donnerte mit der Seite in das Gesicht des Fabelwesens. Sein Gegner schüttelte benommen den Kopf und holte mit der Pranke aus. Der Teenager fiel auf die Knie und entkam so dem Griff des Monsters. Seine Schwertklinge schnitt in die Kniekehle des Kontrahenten, der sichtlich Mühe hatte, das Bein nicht einknicken zu lassen. Peter dachte gar nicht daran, dem zotteligen Riesen eine Verschnaufpause zu lassen. Hastig richtete er sich auf und setzte mit dem Schild nach.
 

„Zeit, ernst zu machen“, murrte das Fabelwesen und richtete sich auf. Mit einer Schnelligkeit, die Peter verblüffte, griff der Minotaurus nach dem Schild seines Gegners und riss ihn von dessen Arm. Mühelos zerdrückte der Hüne das Metall und warf es, nutzlos verbogen, in die Schwärze. „Zeit dieses Spiel zu beenden!“ Der Halbstier ließ ein ohrenbetäubendes Brüllen seiner Kehle entspringen, bevor er sich auf Peter warf und mit der Axt ausholte.
 

In einer schmerzhaften Bewegung ließ sich Peter auf die Knie fallen und entging dem Axthieb diesmal nicht. Sein Rücken bog sich zwar gefährlich durch, doch die Axt schrammte über sein Gesicht und hinterließ einen blutigen Streifen auf seiner Wange. Einen Augenblick später spürte er auch schon die Faust des Monstrums in seinem Bauch, welche sich öffnete, um sich seinen Wappenrock zu krallen. Schnaubend schleifte der Minotaurus ihn über den Boden und warf ihn dann davon. Unter bebenden Schritten stürmte das Monster auf Peter zu, der keuchend nach Luft rang.
 

„Keine Gnade für Schwächlinge!“ Wenn der Blonde hier gewinnen wollte, so hatte er nur eine Chance. Er musste den richtigen Moment abpassen. Immer wieder rollte Peter zur Seite, während der Minotaurus ohne Unterlass begann, mit Axt und Hufen nach ihm zu schlagen und zu treten. Peter holte tief Luft und wartete auf den nächsten Axthieb. Das Blatt der Waffe donnerte knapp neben ihm in den Boden. Mit einem gellenden Schrei holte der Adamssohn aus und zielte auf den Stiel der Waffe. Seine Klinge fraß sich in das dicke, schwarze Holz und trennte es entzwei. Der Minotaurus starrte für einen Augenblick verwirrt auf seine nutzlose Waffe. Peter holte mit dem Schwertknauf aus und donnerte ihn seinem Gegner auf die Nase. Ein hässliches Knacken war zu hören, und der Hüne taumelte benommen zurück.
 

Peter setzte nach und holte erneut mit dem Schwert aus. Die Klinge schnitt durch Fell und Fleisch tief in den rechten Arm seines Gegners. Röhrend warf der Minotaurus den Schädel hin und her und versuchte Peter mit seinen Hörner aufzuspießen. Dieser wich gekonnt aus und zog die Klinge wieder an den Körper heran. Schwarzes Blut benetzte das helle Metall der Waffe. „Zeit diesen Kampf zu beenden“, sagte Peter entschlossen und umfasste den Griff des Schwertes mit beiden Händen. Er verlagerte seinen Stand ein wenig und machte sich auf den letzten Angriff bereit. Entweder er, oder der Minotaurus.
 

Wütend stürmte das Fabelwesen heran, den Schädel gesenkt, um seinen Kontrahenten endgültig zu zermalmen. Peter wartete. Sein Brustkorb hob und senkte sich immer schneller, sein Atem war nicht mehr als ein Hauchen, als er sich zur Seite drehte. Der Halbstier lief ins Leere, während Peter mit aller Kraft das Schwert in den Rücken des Monsters schlug. Die Klinge riss eine breite, tiefe Wunde und ließ das Fabelwesen im Auslaufen zusammenbrechen.
 

Blut rann dem Minotaurus aus den Nüstern und vom Rücken. Er schnaubte laut. Sein Blick wurde glasig, als er den Schädel mühsam zum schwer atmenden Peter drehte: „Ich bin stolz auf dich. Narnia ist bei dir in guten Händen. Befreie mein Volk vom Joch der Weißen Hexe.“ Peter schüttelte ungläubig den Kopf und warf die Klinge beiseite, als er zu dem zotteligen Riesen eilte. Auf den Knien heranschlitternd landete er knapp neben dem Fabelwesen. „Stirb nicht!“ Warum hatte er diese Worte gerade ausgesprochen? Vor gut einer Minute wollte ihn dieses Ding noch umbringen.
 

„Weil du ein Krieger bist, Peter Pevensie. Du hast eine wichtige Lektion gelernt, neben dem Vertrauen in dich selbst und auf deine Fähigkeiten. Man kämpft nur, wenn es notwendig ist. Sollte man dazu gezwungen sein, so vermeidet man es, Leben zu nehmen, wenn nicht notwendig. Wird dennoch die Entscheidung schlagend, so verspüre Mitleid mit deinem Gegner“, erklärte ihm die fremde Stimme, während der Minotaurus langsam vor Peters Augen verblasste.
 

Schreiend fiel Peter ins bodenlose Nichts. Weder Anfang noch Ende schien diese Leere zu kennen, genauso wenig, wie Raum und Zeit hier eine Bedeutung zu haben schienen. Er fiel Stunden, Monate, vielleicht sogar Jahre. Hatte er die Prüfung nicht bestanden? War dies sein Schicksal, auf ewig in der Schwärze zu fallen? Die Antwort folgte auf dem Fuße.



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