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Tour de Japan

Zwei Hundebrüder, drei Schutzherren und jede Menge Zoff
von

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Zum Turm des Gottes


 

D

ie Hundebrüder benötigen fast drei Tage um die zuvor so nahe scheinenden Berge zu erreichen. Nachdem der Schnee der yuki onna verschwunden war, bot sich ihnen eine feuchte Landschaft, eben, und von vielen Bächen und Teichen durchzogen. Der Bewuchs bestand hauptsächlich aus Moosen und Grasarten, selten kleinwüchsigen, verkrüppelten, Büschen, die der stetige Wind offenbar so niedrig hielt. Der Boden, auf dem sie liefen war weich, moosig und nicht zu Unrecht vermuteten sie darunter Morast. Es war angenehm endlich die Felsen zu erreichen, über Steine schnell hinaufspringen zu können, wobei nicht einmal Sesshoumaru erstaunt darüber war, dass sein Halbbruder mit ihm Schritt halten konnte.

Erst auf dem steilen Kamm blieb er stehen, Inu Yasha prompt neben sich. Vor, unter, ihnen lag eine weitere Hochebene, umrahmt von ähnlich schroffen Gebirge wie das, auf dem sie sich befanden. Menschen würden hier kaum je herkommen. In der Mitte der Fläche erhob sich ein schwarzer Turm, allerdings offenbar natürlichen Ursprungs, und keiner von ihnen bezweifelte, dass es sich um die „Nadel des Gottes“ handeln müsste, Yukis Zuhause und ihr Ziel. Vereinzelt schienen heiße Quellen zwischen ihnen und der schwarzen Felsnadel zu liegen, der Qualm deutete darauf hin.

„Das sind nochmal drei Tage,“ murmelte der Halbdämon. Es war schon ärgerlich, dass das Ziel so nahe schien und doch so weit weg war.

Niemand hatte je behauptet, es sei einfach ein Schutzherr zu werden oder es zu sein, dachte Sesshoumaru unverzüglich. Aber davon hatte der Halbmensch ja keine Ahnung. Irgendeine Äußerung sollte er jedoch wohl machen, ehe der Narr doch noch umdrehte. „Ja.“ Zumindest, wenn man nicht wie ein flüchtiges Reh durch das Gelände jagen wollte, sondern die Würde eines Dämonenfürsten bewahrte. Dass Yuki sie bereits bemerkt hatte, stand außer Zweifel.

 

Inu Yasha wusste nur zu gut, warum sein Halbbruder diesmal bei Einbruch der Dunkelheit an einer warmen Quelle stehenblieb und offenkundig Pause machen wollte. So meinte er fast friedlich. „Ja, ein heißes Bad wäre nicht schlecht. Morgen werden wir ja diese Felsnadel oder Turm oder was auch immer erreichen, und wer weiß schon, was da noch kommt. Willst du auch baden?“

Das war die Frage, dachte der Hundedämon. Ja, eigentlich wäre es schön und gut Körper und Geist vor einer Prüfung zu entspannen. Andererseits stammte diese Idee von Inu Yasha und gemeinsam mit dem in einer Quelle zu sitzen war doch etwas zu viel. Aber es wäre natürlich unmöglich zuzugeben, dass einen eine solche halbe Portion von einem Bad abhielt. „Bade nur. Ich bleibe stehen.“

Oh, Wachposten? Na, umso besser. Auch der Jüngere der Hundebrüder verspürte wenig Lust auf ein ein geschwisterliches Bad, hatte sich aber erkenntlich zeigen wollen, dass genau hier eine Pause eingelegt wurde. Natürlich hatte er in den letzten Tage sich immer wieder was zu essen oder trinken suchen können, und er war angenehm überrascht, dass dem so war. Anscheinend war Sesshoumaru diese Rundreise wirklich wichtig, sogar so wichtig, dass er sich mit einem jämmerlichen Halbblut als Gesellschaft einließ und was es sonst noch für hübsche Namen für ihn in den vergangenen Jahren so alles gegeben hatte. Er zog Tessaiga ab und legte es samt der Scheide auf den Boden. Kein beunruhigender Zweifel nagte an ihm, dass sein Halbbruder das Schwert wie einst begehren würde. Der hatte sein eigenes und das musste dem doch viel besser passen. Überdies hatte der ja auch schon zugegeben, dass er selbst der wahre Erbe Tessaigas sei. Und bei allem, was der sonst für ein Mistkerl war: der änderte seine eigene Meinung nie. So gut wie.

 

Sesshoumaru drehte sich etwas, um nicht einmal den flüchtigen, falschen, Eindruck zu erwecken er sei daran interessiert, wie sich der Bastard ausziehe. Dabei nahm er aus den Augenwinkeln eine Bewegung auf der anderen Seite der Quelle wahr und guckte genauer hin. Oh, wie nett. Das konnte amüsant werden, wenn Inu Yasha feststellte, mit wem er das Bad teilte. Aber, wozu sollte er ihn darauf aufmerksam machen? Er war doch kein Kindermädchen, wie einst seines ihn warnte, als er beschlossen hatte auszuprobieren, wie lecker der Honig der Wildbienen war. Aber Ajisai hatte auch den Zorn seiner Eltern befürchtet, wenn er zerstochen nach Hause kam. So hatte sie den Honig geholt – und er hatte zusehen können, wie er sie zurück ins Schloss schaffte. Und wenn ein Halbdämon ohne sich zu sichern eben in das warme Wasser stieg, so war das dessen Problem. Vielleicht bemerkte der die fünf Affen, die alles andere als begeistert über diese Gesellschaft waren, auf der anderen Seite des Teiches nicht einmal. ER, Sesshoumaru, würde nie ein Bad teilen, schon gar nicht mit minderen Lebewesen. Die Anzahl der Personen, mit den er das getan hatte, belief sich auf zwei – ausgenommen seiner verehrten Eltern, natürlich, in Welpentagen, als diese ihm Schwimmen in beiden Formen beigebracht hatten.

Ah, der Halbdämon stieg in das Wasser und wurde erst auf die Affen aufmerksam, als die quietschten. „He, was macht ihr denn da?“ rief der laut.

Sesshoumaru erkannte innerlich seufzend, dass die Aufgaben eines großen Bruders wohl recht weit verteilt waren. Warum nur hatte er Kagome nicht mitgenommen? Die würde den Narren schon an die Kette legen – und sich überdies um den kümmern. Sie kochte ja wohl auch für den und wusch seine Wäsche. „Sie baden, Inu Yasha.“

„Ja, aber, Affen baden doch nicht …?“

„Auf Hokkaido schon.“

„Du hast das gewusst?!“ Das war ein einziger Vorwurf.

„Ich bin nicht für dich verantwortlich.“

Das stimmte, dachte der jüngere Bruder zerknirscht. Für den Hundedämon war jeder für sich selbst verantwortlich. Mit Rin als einziger Ausnahme. Selbst Jaken konnte angeblich oft zusehen, wo er blieb, aber, wie der Kröterich ja so stolz rumerzählte, war er mal König gewesen, da sollte der auch was können. Überdies mochte es sogar sein, dass Sesshoumaru auch erst zu spät die Affen gesehen hatte. Das würde der freilich nie zugeben. Und jetzt? Jetzt hockte er in zwar warmen Wasser – aber auf der anderen Seite duckten sich empörte Fellträger, die sich wenigstens gerade aus der Quelle zogen und irgendwie schimpfend davonliefen. Na, immerhin. Er entspannte sich etwas. Das Wasser mochte um die vierzig Grad haben, richtig angenehm. Und erstaunlich, also, eigentlich ein mittleres Weltwunder, dass Sesshoumaru hier Halt gemacht hatte, damit er baden konnte. Nun ja, der hatte wohl eher an Kampffähigkeiten gedacht, aber immerhin.

 

Die Ruhe dauerte keine zehn Minuten. Der Boden dröhnte unter den Schritten eines sehr großen Lebewesens. Während sich Sesshoumaru ein wenig drehte, um dem Neuankömmling entgegen zu sehen, überlegte sein jüngerer Halbbruder verzweifelt, wie er an seine Sachen kommen sollte, Kleidung und vor allem Tessaiga, ehe der Unbekannte eintrudelte, da er sich doch ein Stück davon entfernt hatte. Er wollte sich schließlich nicht vor jedem x-Beliebigen anziehen. Andererseits kam da etwas mit dämonischer Energie und, dem Schatten in der Nacht nach, etwas recht Großes. Lieber sich tummeln und nicht austesten, ob der Herr Hund sich bereit erklärte die Deckung zu übernehmen. So beeilte er sich durch das Wasser zu seinen Sachen zu gelangen.

Aus den Schatten der Dunkelheit löste sich ein langhaariges, weißes Wesen, den Affen, die hier gebadet hatten, nicht unähnlich, wenngleich mit der dreifachen Höhe Sesshoumarus riesig. Klauen an den geballten Händen und zusammengekniffene Augen verrieten den Zorn ebenso wie das geöffnete Gebiss, das prächtige Fangzähne zur Schau stellte. „Du hast dein Kind in meiner Quelle baden lassen!“ beschuldigte er den Hundedämon.

Dieser nahm die Bezichtigung zur Kenntnis. „Er ist ein Halbdämon. Bedauerlicherweise mein Halbruder, sicher nicht mein Kind. Und ich gestatte oder verbiete ihm nichts.“

Damit hieß das also wohl, dass er sich mit diesem übergroßen Naraku-Nachahmer herumschlagen sollte? Inu Yasha stopfte hastig sein helles Unterhemd in die Hose, ehe er den Suikan überwarf und sich Tessaiga schnappte.

Sesshoumaru war allerdings angetan, dass der Bastard sich um Einen angezogen hatte, zum Zweiten durchaus kampfbereit an seiner Seite auftauchte. Da der riesige Unbekannte sich auch prompt dem zuwandte und Inu Yasha die Hand an Tessaiga legte, war es allerdings in seinem ureigensten Interesse die Sache zu beenden, ehe Yuki noch wütend auf ihn wurde und er seine Anerkennung vergessen konnte. „Wir sind beide morgen bei Yuki. Der Gott des Nordens wünscht nicht, dass wir seine Leute töten.“

„Yuki. - Und du scheinst sicher, dass mir diese halbe Portion schaden könnte?“ Der riesige Affe lachte auf. „Aber, nun gut. Gäste des Herrn sind tabu. Solange ihr die Prüfung übersteht, denn zu der wollt ihr ja wohl. Danach, wenn nicht, – seid ihr Freiwild. Und ich denke, zumindest der Kleine wird die Prüfung nicht bestehen, y´ti.“ Das klang wie eine Bestätigung.

Inu Yasha holte tief Luft, aber da sich der Riese abwandte und wieder in der Nacht verschwand, fehlte ein wenig der Ansprechpartner für seine Empörung. So suchte er sich die Nummer Zwei: „War das etwa Absicht den Kerl zu ärgern?“

„Kaum,“ kam es kühl. „Und er deutete nur die Meinung an, die die Meisten haben dürfen: du bist als Schutzherr ... ungeeignet.“ Leider war der Narr, der einzige Narr, der Inu Yasha für geeignet hielt, ausgerechnet mit dem Drachenkönig einer der mächtigsten Schutzherrn. War der etwa senil geworden?

„Oh, dann sag mir doch, warum ausgerechnet ich mit dir hier spazieren gehen soll?“ Der Jüngere sprach es so zuckersüß wie seine Ehefrau, wenn er einen Patzer gemacht hatte.

Der Kleine lernte schnell, das musste Sesshoumaru notgedrungen zugeben. „Du bist der Erbe.“ Das war kaum zwischen den Fangzähnen hervor gepresst.

Da sich die Hand seines großen Bruder unwillkürlich an den Schwertgriff legte, beschloss Inu Yasha, dass er entweder gehen oder ablenken sollte. Und gehen, den im Stich lassen? Hm. Er hatte, seit er Begleiter besessen hatte, noch nie einen im Stich gelassen, jedenfalls nicht bewusst, und er würde nicht ausgerechnet bei seinem einzigen Verwandten damit anfangen, der anscheinend so dringend ihn dabei brauchte. „Wenn wir jetzt gehen, sind wir im Morgengrauen an Yukis Turm. Dann sehen wir mal, was der Typ, ich meine, der Gott, der Schutzherr, will.“

Das entsprach den Tatsachen. Und sich hier gegenseitig an die Kehle zu gehen, womöglich diesen Narren umzubringen, würde ihm leider bei seiner Mission in keinem Fall helfen. So drehte sich der Hundedämon um. „Gehen wir.“

 

Während die beiden Hundejungen durch die Nacht auf die Felsnadel des Gottes zuwanderten, und dabei mit nichts weniger als großer Freude dabei den immer intensiver werdenden Geruch nach flüssigem Gestein und Hitze wahrnahmen, saß Yuki in seinem Turm.

Er lehnte fast nachlässig auf einem steinernen Sessel, der an Rücken und Platz durch weiche Felle wärmend gepolstert war. Die Hexe des Nordens, die vor ihm kniete, nahm seltsame Kleinigkeiten wahr, ihr schon längst vertraut, und doch immer wieder neu. Die fast weiß schimmernde Krallenhand, der grüne, warm gewobene Stoff der Hose und des Wamses, an beiden Unterarmen von engen Manschetten aus braunem Leder umwunden, der grüne Umhang, dessen obere Partie um Schultern und Hals ebenso aus braunem Leder bestand, die hellen Haare, die grünen Augen … Und sie starrte ihren Herrn schon wieder gegen jede Höflichkeit an.

„Yuki-sama ...“ brachte sie hervor: „Vergebt mir!“

„Meine Liebe, ich denke. Amalo hätte das deiner Schwester nicht durchgehen lassen, oder?“

Oh, nein. Die Hexe des Südens schauderte schon bei der Beschreibung des seltsamen Lautes, wenn ihr Herr die sonderbaren Zähne aufeinander klappen ließ. Sie hatte ihren Schwestern geschworen, wenn sie je noch schlafen müsste, so als Tote, hätte das wunderbare Alpträume ergeben. „Ich … dürfte ich Euch dennoch meine Meinung über die Hundebrüder sagen?“

„Du bist heute ziemlich mutig. Also wird es wichtig sein. Rede. Oder, besser: Sesshoumaru kann ich spüren, bis hierher. Er ist nicht nur ein sehr mächtiger Dämon, sondern er beherrscht auch die Magielinien eines Landes. Er ist in der Tat der geborene Schutzherr. Es kann sich also nur um den Jüngeren handeln, bei dem ich mich sowieso schon fragte, warum er den mitnimmt. Ja, der Erbe. Aber …?“

„Ich kann es nicht genau benennen, Yuki-sama. Es handelt sich ja nur um einen Halbdämonen. Aber dennoch ist da etwas um ihn, das ich … ja, das ich als Aura eines Schutzherrn kennengelernt habe. Und doch wieder nicht. Es ist schwer zu beschreiben, da ich so etwas in all den Jahrtausenden noch nicht spürte.“ Die kleine Hexe sah vorsichtig auf. Yuki-sama war ein Gott und durchaus tolerant, aber er war eben ein Gott und jede Beschwerde seinerseits führte in der Unterwelt zu Weiterungen.

„Nur ein Halbdämon.“ Und Ryujin hatte, schließlich wohnte der Junge mehr oder weniger vor dessen Haustür, den als Schutzherrn empfohlen. Das konnte interessant sein, zumal, wenn Sesshoumaru entweder zu wenig ehrgeizig oder zu blind war, zu erkennen, dass da ein Konkurrent mit ihm wanderte. Oder aber, naheliegender, der große Bruder kannte den Kleinen. Nun gut. Seine Prüfungen prüften jeden einzelnen, mit Teamwork mochten sie weiterkommen, aber auch das half wenig, zumal in der letzten Ebene. „Dann geh, meine Liebe, und heiße unsere Gäste willkommen. Die Sonne geht auf. Oh, und ehe du sie in die Prüfungen entlässt, frage doch zumindest den Halbdämon, was er essen möchte.“ Da seine Hexe sich mit deutlichem Fragezeichen im Gesicht erhob, lächelte der Gott des Nordens. „Er ist ein halber Mensch. - Und schicke mir eine Schneefrau. Meine Massage soll nicht länger warten.“ Da war doch schon wieder ein Schiff auf dem Weg zu seiner Insel? Er sollte es im Hinterkopf behalten. Niemand landete hier bewaffnet, weder Mensch noch Gott noch Dämon oder Drache.

 

Während die Halbbrüder nebeneinander durch die Nacht gingen, Inu Yasha rechts, sahen sie sich immer wieder gezwungen heißen, dampfenden, Quellen und Bächen aus flüssigem, feurigem, Gestein auszuweichen. Im Morgengrauen entdeckten sie vor sich den schwarzen Turm, die Nadel des Gottes, ihr Ziel, umringt von einem ebensolchen Lavafluss. Hätte ihnen jemand gesagt, dass das schwarze Gestein einst Teil eines Schlotes eines riesigen Vulkans gewesen war, dessen letzter Ausbruch zu seinem Einsturz geführt und so die Hochebene geschaffen hatte, wäre es ihnen ebenso gleich gewesen, wie die Tatsache, dass der Feuerfluss anscheinend keinen Übergang hatte. Viel mehr betrachteten sie mit seltsam gleichgelagerten Interesse die scheinbar endlose Anzahl an Stufen, die sich um die Felsnadel aus Granit wand. Von ihrem Standpunkt aus konnten sie nur zwei Tore entdecken, durch die diese hindurchführte, sich immer eng an den Fels pressend, aber gewiss befanden sich auf der gegenüberliegenden Seite ebenfalls welche. Die Treppe schien oben irgendwo zu enden, aber der Beginn lag eindeutig auf einer Sandfläche von gewiss hundert auf hundert Schritten, die die ersten zwanzig oder dreißig Stufen von der Lava trennte.

„Na, guck mal, wir werden erwartet.“ Inu Yasha hatte die kleine Hexe des Nordens bemerkt, die auf der untersten Stufe saß, sich aber nun erhob.

„Sag mir einmal etwas, das ich nicht weiß,“ knurrte der große Bruder schlicht. Wann lernte dieser Halbdämon denn nur endlich den Mund zu halten? Mit einem Schweigebann brauchte er es leider nicht zu probieren. Vaters mächtiges Blut würde den missratenen Jüngeren auch dann schützen. Und überdies ein vollkommen unnützes, da Zeit verschwendendes, Duell bedeuten. Vielleicht konnte er das gewinnen, nun, würde er sicher, aber leider wäre eine solche Unterbrechung einer von allen anderen als dermaßen wichtig eingestuften Mission wie Schutzherr zu werden, nur peinlich und würde seinem Ruf schaden. Abgesehen von der schlichten Kleinigkeit wie Ryujin darauf reagieren würde. Dessen Genehmigung konnte er dann mit an ziemlicher Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit streichen. Mit allen dazu gehörigen Konsequenzen.

 

Die Hexe des Nordens erkannte die beiden weißhaarigen Gestalten, die sich in der Morgendämmerung der Nadel des Gottes näherten, und wedelte ihre Arme – nun, für ihre Zuschauer sah das so aus. In Wahrheit spann sie einen Bogen aus ebensolchem Granit wie der Turm bestand, der die Besucher sicher über den Lavafluss bringen würde, zu ihr auf den Sandplatz vor Beginn der „endlosen Treppe“.

Sie war zugegeben ein wenig neugierig, wie diese Zwei sich in den Prüfungen Yuki-samas, nun, auch denen anderen beiden Schutzherrn schlagen würden. Ihre westliche Schwester hatte ja behauptet, dass die Halbbrüder einander spinnefeind wären, sich sich auf Leben und Tod bekämpfen würden. Den Eindruck hatte sie selbst bei dem kurzen Treffen allerdings weniger erworben. Zudem tauchten sie hier gemeinsam auf, obwohl sie ja wissen mussten, dass Prüfungen warteten. Vielleicht hatte ihre liebe Schwester auch brüderliche Streitigkeiten als Todfeindschaft ausgelegt. Immerhin stritten sie und ihre Schwestern sich seit Jahrtausenden nie. Andererseits, das gab die Hexe des Nordens gern zu, hatte sie durchaus schon von einigen solcher Zwischenfällen bei Dämonen und Menschen gehört oder sie gar im Auftrag ihres Herrn überprüft. Es gab in aller Regel immer Streit, wenn es Brüder oder Halbbrüder waren – und nur einer Erbe und Fürst werden konnte und der andere der Jüngere oder gar ein Bastard war, sich aber als gleichrangig fühlte. Nur zu oft endete das mit dem Tod mindestens eines. Diese Hundejungen waren alle Zwei noch am Leben – und gemeinsam hier. Nun, sie war wirklich neugierig.

Und da kamen sie auch schon, nebeneinander, offenbar sich um keine höfische Rangordnung scherend. Sie beobachtete dennoch, wie der Jüngere unwillkürlich nach links blickte, als die Beiden vor der kaum vier Hand breiten Brücke über den glutflüssigen Graben stehen blieben – instinktive Anfrage an den großen Bruder oder doch Rangordnung? Hunde sollten da sehr strikt sein. Aber, dachte sie, Männer, wer konnte die schon verstehen. Weder sie noch ihre Schwestern hielten viel von dem anderen Geschlecht. Schon daher war es gewissermaßen, nein, tatsächlich, Höchststrafe gewesen, dass sie immer einem Schutzherrn dienen mussten. Und alles nur für den kleinen Spaß mit dem Höllenschwert … Nun ja. Sie hatten zugegeben dabei nicht an dessen Besitzerin gedacht.

Sie winkte. „Kommt schon,“ rief sie. Trauten die Hundejungen etwa ihrer Magie nicht? Das wäre beleidigend.

„Das ist ja eine endlose Treppe,“ murmelte Inu Yasha mehr zu sich selbst. „Tausend Stufen?“ Eher zehntausend. Und diese Tore hatten es bestimmt auch in sich.

„Geh.“ Wenn der Halbdämon als erster über den Bogen schritt, dachte Sesshoumaru, würde der doch hoffentlich auch das Gerede mit dieser Hexe übernehmen. Hund wollte doch wenigstens einen Vorteil davon haben, wenn man sich mit dem Halbblut herumschlagen musste. Zum Glück wenigstens nur in verbaler Form, bislang zumindest. Oh, der gehorchte. Der große Bruder war versucht sich diesen Tag rot im Kalender anzustreichen.

 
 



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Lizard
2019-05-19T09:18:05+00:00 19.05.2019 11:18
Oh, noch kein Kommentar zu diesem Kapitel? Das gehört geändert und nun bin ich ja wieder fröhlich weiterlesend da...
Wieder einmal schöne Beschreibungen der Umgebung, die du uns da bietest. Und ich fand es schön, dass du mit der Rast der beiden Brüder auf die berühmten badenen Affen hingewiesen hast, die in keinem Naturfilm über Japan fehlen dürfen. Allerdings nicht gerade schmeichelhaft für Inu Yasha, dass weder sein Bruder noch die Affen es für erträglich halten ein Bad mit ihm zu teilen bzw. ihm ein Bad zu erlauben. Da tut mir der von allen immer als minderwertig (und zudem dann auch noch einmal als äußerst jung (Sesshoumarus Kind...*lach*)) eingestufte Halbdämon schon leid. Daneben war die Badeszene natürlich sehr witzig. Und mit welchen zwei Personen außer seinen Eltern hat Sesshoumaru übrigens schon gemeinsam gebadet? Etwa mit Rin und Jaken? Und ist Jaken mit in der Wanne dann tatsächlich soviel besser als Inu Yasha???
Interessant, was die Hexe des Nordens in diesem Zusammenhang über Inu Yasha und das Brüderverhältnis der beiden Hundegeschwister denkt. Und was das wohl ist, was sie da an Qualitäten, die denen eines Schutzherrns ähneln, an Inu Yasha gespürt hat? Man darf wirklich gespannt sein, wie sich die beiden Hundebrüder bei der nun anstehenden ersten Prüfung schlagen werden und was der Drachenherr ursprünglich weiß bzw. bezweckt, indem er diese ganze Japantour angestiftet hat.


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