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Ein unverhofftes Familientreffen

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hey, ich hoffe ihr hattet bisher eine schöne Woche. Ich habe endlich meine Fahrerlaubnis und einige andere Dinge geregelt, also habe ich gute Laune und zur Feier der Woche gibt es ein neues Kapitel. :D

Bei der Initiation in einen Hexenzirkel habe ich mich etwas von "Chilling Adeventures of Sabrina" inspirieren lassen. Verzeiht bitte meinen Mangel an Kreativität. XD

Viel Spaß! :3 Komplett anzeigen

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Einbrechen für Anfänger

Rin war bisher weder in der Kanalisation noch in irgendwelchen Katakomben gewesen und hätte es wirklich bevorzugt, wenn es dabei geblieben wäre. Sie standen in einem Tunnel, die Wände waren aus Stein, an einigen Stellen war Mauerwerk zu sehen, dasselbe galt für den Boden. In einer Vertiefung in der Mitte floss das Abwasser entlang, links und rechts davon konnte man glücklicherweise entlang laufen ohne nass zu werden. Fackeln mit blauen Feuer erhellten alles, allerdings wirkten die Flammen ziemlich mickrig. Hoffentlich hatte dies nichts schlimmes zu bedeuten. Ihm fielen außerdem mehrere Tierknochen am Boden auf. „Sind alle da?”, fragte Lucifer. Azazel, welcher als letztes runtergekommen war, bestätigte.  „Gut dann los. Passt auf, es kann gut sein, dass sich hier unten Flüchtlinge verstecken und die werden uns wahrscheinlich angreifen. Und bleibt dicht bei uns. Wenn ihr euch hier verlauft und verloren geht, finden wir euch nie wieder.”
 

Sie folgten den Tunnel bis sie in einen weiteren gelangten, dieser war wesentlich größer. Steinsäulen stützen die Decken und an den Wände zogen sich seltsame Skulpturen entlang. Rin zuckte zusammen, als er genauer hinsah. Das waren keine Skulpturen, sondern Schädel. Er erinnerte sich schemenhaft daran einmal eine Dokumentation im Fernsehen zu den Pariser Katakomben gesehen zu haben. Zwar hatte er schnell den Kanal gewechselt, doch er wusste, dass es dort genauso ausgesehen hatte wie hier. „Warum habt ihr hier unten Tote begraben?”, fragte er etwas verstört, während sie langsam weitergingen. Die Exorzisten sahen sich ebenfalls nervös um. „Im Krieg gegen Lilith und der Phase zuvor gab es einen Haufen Tote.”, antwortete Azazel. „Laut offiziellen Angaben mindestens ein Drittel der Bevölkerung Gehennas, aber wahrscheinlich waren es weitaus mehr. Wir hatten keinen Platz und keine Zeit alle entsprechend beizusetzen oder auch nur zu verbrennen, also musste die Kanalisation herhalten. Sie wurde noch bedürftig ausgebaut, um Grundwasserverschmutzung zu verhindern.”
 

„Also wie bei der Pest damals...”, murmelte Koneko leise. Der Geisterkönig nickte. „Genau. Nur wesentlich schlimmer. Und die rote Seuche hat es nicht besser gemacht.”
 

„Rote Seuche?”, hakte Bon nach. „Sie wurde von Lilith geschaffen und ist die schlimmste Krankheit, die Gehenna je heimgesucht hat.”, knurrte Iblis. „Daran sind Millionen jämmerlich zugrunde gegangen. Sogar Verwesungsdämonen und die sind bei Krankheiten normalerweise zäh. Die Betroffenen haben begonnen Blut zu spucken und hervorzuhusten, irgendwann haben sie es erbrochen und es floss aus den Ohren, der Nase, den Augen-”
 

„Ok, bitte keine weiteren Details!”, unterbrach Shima ihn, etwas grün im Gesicht. „Wann sind wir da? Dieser Gestank ist furchtbar!”, sagte Izumo und hielt sich angeekelt die Nase zu. Rin musste ihr im Stillen zustimmen. Der Geruch war wirklich übel. „Wir riechen es noch mehr, also sei du mal still.”, grummelte Astaroth. Sie liefen für einige Minuten stumm weiter. Es dauert nicht lange und der Halbdämon hatte die Orientierung verloren. Hier sah alles gleich aus und überall gab es Abzweigungen. Schließlich bogen sie in einen kleineren Tunnel ein. Inzwischen waren die Knochen auf dem Boden nicht nur von Tieren. Unwillkürlich fragte sich der Nephilim, ob sie verhungert oder gefressen worden waren. Beides war keine angenehme Vorstellung. Schlussendlich blieben sie vor einer gemauerten Wand stehen. „Soooo......weiß einer von euch noch, was wir jetzt machen müssen?”, fragte Iblis. Die Baal sahen sich an, dann zu Lucifer. Dieser schüttelte den Kopf. „Keine Ahnung, ich habe diesen Gang früher häufig genutzt, aber das ist schon mindestens 400 Jahre her.”
 

„Und das fällt dir jetzt ein?!”, fragte Shura ungläubig.
 

„Der Stein dort ist lose.”, wies Amaimon hin und deuteten auf einen der Steine ganz links. Für Rin sahen alle gleich aus, doch Beelzebub machte sich sofort daran den Stein herauszuziehen. Dahinter schien ein Schalter zu sein, er drückte ihn, doch nichts passierte. „Ach, jetzt fällt es mir wieder ein. Man muss auf den Schalter drücken und dabei auf einen weiteren Stein.”, erklärte der Lichtkönig.
 

„Dann sollten wir ihn wohl suchen.”, seufzte Shura. Sie begannen die Wand abzutasten. „Ich glaube, ich habe ihn, hier bewegt sich was.”, meldete Bon. Er übte Druck aus und tatsächlich ertönte ein Rumpeln. Sie traten ein Stück zurück und sahen zu, wie sich der Eingang öffnete. Dann gingen sie vorsichtig hinein. Kaum waren alle drin, schloss sich die Tür und sie standen in vollkommener Dunkelheit. Rin konnte nicht mal mehr die Hand vor Augen sehen und auch seine dämonischen Geschwister waren praktisch blind. Die Luft war stickig und es roch nach Verwesung und Staub. „Schätze, jetzt wissen wir woher Mephisto seinen Geiz hat.”, durchbrach Shura die Stille trocken. „Satan hätte ruhig mal ein paar Fackeln anbringen lassen können.”
 

„Dafür haben wir ja Lucifer und Iblis.”, erwiderte Astaroth. „Hey, sehen wir aus wie eure persönlichen Fackeln?!”, knurrte Iblis. „Weniger Beschwerden, mehr Licht, kleiner Bruder.~”, säuselte Samael. Iblis stieß ein Grollen aus, doch es wurde hell. Er hatte eine Flamme auf seiner rechten Hand, welche endlich einen besseren Blick auf den Gang vor ihnen bot. Er war relativ eng, sie würden im Gänsemarsch gehen müssen. Lucifer ließ ebenfalls eine Lichtkugel in seiner Hand aufleuchten. „Ich gehe an der Spitze, Iblis bildet den Schluss.” Er wandte sich an Rin. „Geh bitte in der Mitte, wir brauchen dort auch Licht.” Rin war überrascht. „Merkt Lilith es nicht, wenn ich meine Flammen benutze? Ihr habt doch etwas von Spuren gesagt.” Zwar hatte er gelernt, wie man seine Aura versteckte, doch sicher war sicher.
 

„Das ist eine sehr geringe Energiemenge, niemand wird etwas merken.”, beruhigte Azazel ihn. Der Nephilim nickte und konzentrierte sich. In seiner rechten Handfläche tauchte eine kleine, blaue Flamme auf. Es war immer wieder befriedigend, wenn sich das Training auszahlte. Er bemerkte aus dem Augenwinkel, dass seine Freunde diese mit gemischten Gefühlen ansahen, aber versuchten sich nichts anmerken zu lassen. Er machte ihnen deswegen keinen Vorwurf. Zwar hatten sie die Flammen schon öfter gesehen, aber sie verbanden diese nun mal mit schlimmen Erinnerungen. Bis vor kurzem war es ihm immerhin selbst nicht anders ergangen. Iblis runzelte allerdings die Stirn. „Das ist zu wenig. Gib ihr mehr Saft.” Zögerlich kam der junge Dämon der Aufforderung nach bis sie eine gute Größe erreicht hatte. Lucifer nickte zufrieden. „Sehr gut.”
 

Er wandte sich um und ging voraus. Seine Geschwister und die Exorzisten folgten ihm. Der Boden war teilweise uneben, an manchen Stellen mussten sie etwas klettern, an anderen wiederum ging es ein Stück hinab. Einmal mussten sie sich alle bücken, da die Decke immer niedriger wurde. Zur Abwechslung war der Nephilim ganz froh, nicht groß zu sein. Besonders Samael hatte hier sicher sein Tun. Nach einer Weile wurde der Gang breiter, aber sie liefen dennoch weiterhin hintereinander. Ab und zu kamen einige Gablungen , doch die Baal schienen zu wissen, wo es lang ging. Zusätzlich gab es mehrere Fallen, doch auch diese kannten die Dämonen auswendig. Endlich standen sie vor einer weiteren Wand. Lucifer wandte sich an Azazel. „Kannst du nachsehen, ob die Luft rein ist?” Der Geisterkönig nickte und sein Schatten huschte durch die Wand. „Ist alles frei.”, sagte er.
 

Daraufhin legte Samael seine Hand auf die Wand und murmelte etwas. Der Ausgang öffnete sich und alle beeilten sich, um endlich aus dem dunklen Gang zu kommen. Sie standen nun auf einem der inzwischen so vertrauten Flure, allerdings war hier recht wenig Dekoration. Wahrscheinlich waren sie in einem der Flügel mit den Unterkünften der Bediensteten gelandet. Als Rin sich umdrehte, wurde ihm bewusst, dass sie durch einen Spiegel gekommen waren. Das Glas war gerade dabei sich wieder vor die Öffnung zu schieben. Shura pfiff leise, während sie sich umsah. „Nette Hütte, das muss man Satan lassen. Wisst ihr wo wir sind?” Iblis bestätigte Rins Vermutung. „Einer der Flügel, wo die Bediensteten leben. Ich glaube der südliche. Der Eingang zum Verlies ist im Norden.”
 

„Also müssen wir auf die andere Seite des Palastes ohne uns erwischen zu lassen?”, fragte Shima dumpf. „So sieht's aus.”, bestätigte der Feuerkönig. „Wir vermeiden die normalen Wege so gut es geht und nehmen die Geheimgänge.”, warf Lucifer ein und wandte sich nach links. „Gehen wir.”
 

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Bon war mehr als überwältigt, als sie endlich im Palast standen. Noch immer fiel es ihm schwer zu begreifen, dass er in Satans Zuhause eingedrungen war. Als Kind hatte er geschworen den Dämonengott für seine Vergehen bezahlen zu lassen und nun war er hier um ihn zu retten. Wie sehr er Ironie doch hasste. Allerdings konnte er seine Gänsehaut nicht zurückhalten. Obwohl er kein Dämon war, spürte er, dass dieser Ort Macht ausstrahlte und die Quelle war nichts nettes. „Spürt einer von euch Liliths oder Vaters Aura?”, fragte Beelzebub plötzlich. Alle Dämonenkönige und Rin schüttelten den Kopf. „Das ist schlecht?”, fragte Shiemi nervös.
 

„Wir dachten uns schon, dass wir Vaters Aura nicht spüren würden, wenn er eingesperrt ist.”, antwortete Egyn. „Doch da wir Lilith nicht spüren, bedeutet das entweder, dass sie nicht hier ist oder ihre Aura verschleiert. Letzteres finde ich eher unwahrscheinlich.”
 

„Also werden wir nicht auf die durchgeknallte Dämonengöttin treffen.”, stellte Shura fest. „Kann ich mit leben.”
 

„Trotzdem ist es seltsam. Sie hat so lange darauf gewartet, um Gehennas Thron zu besteigen. Normalerweise würde sie grad ihren Sieg genießen, also warum ist sie nicht da? Ich kann allerdings die Auren der Aveira spüren. Schwach, aber sie sind alle hier.”, verkündete Azazel düster. Da hatten sie sich wohl zu früh gefreut.
 

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Rin war so angespannt, wie lange nicht. In den letzten Moment war Satans Palast sein Zuhause geworden, doch nun hatte er das Gefühl in der Höhle des Löwen gelandet zu sein. So gesehen entsprach dies ja der Wahrheit. Er fühlte sich hier nicht länger sicher. Alles fühlte sich falsch an. Er spürte Macht, doch diese war absolut boshaft. Ja, die Aura seines Vaters war auch alles andere als Regenbögen und Sonnenschein, aber dennoch verlieh es ihm stets ein Gefühl der Geborgenheit. Hoffentlich konnten sie den Dämonengott schnell befreien, sodass alles wieder in die richtigen Bahnen geriet. „Moment mal...”, murmelte Azazel und blieb abrupt stehen. „Das ist doch...” Er spähte um eine Ecke, dann nickte er den Dämonenkönigen zu. Rin erkannte die Aura ebenfalls und erlaubte sich einen Blick. Dort stand eine Dämonin mit schwarzen Haaren und einem dunkelblauen Kleid.
 

„Psst, Vaya!”, zischte Azazel. Die Dämonin zuckte zusammen und fuhr herum. Sie sah müde aus, aber ihr schien nichts zu fehlen. Ihre Augen weiteten sich, als sie den Geisterkönig entdeckte. Sie warf einen Blick über ihre Schulter, dann huschte sie schnell zu ihnen. Sie war noch verdutzter, als sie die restlichen Dämonenkönige und die Exorzisten erblickte. „Jungs, was macht ihr denn hier?”, fragte sie mit zitternder Stimme. „Es ist viel zu gefährlich! Und sind das Menschen!?”
 

„Vaya, beruhige dich!”, flüsterte Lucifer eindringlich. „Ja, das sind Menschen, Exorzisten um genau zu sein. Wir haben jetzt keine Zeit für Erklärungen!” Die Schwarzhaarige sah ihn unsicher an, ihr Blick wanderte zu den Exorzisten und wieder zu ihm, dann nickte sie. „Na gut. Reden wir in meinem Zimmer weiter, hier könnte uns jeder sehen. Es ist allerdings recht eng für alle...”
 

„Egal, alles ist besser als der Gang.” Sie nickte und drehte sich um. „Wer ist sie?”, fragte Shura Rin flüsternd, nachdem sie sich in Bewegung gesetzt hatten. „Eine Kindheitsfreundin von ihnen. Ihre Zwillingsschwester ist zusammen mit Shax Azazels rechte Hand. Sie arbeitet hier als Dienerin.”
 

Glücklicherweise war Vayas Unterkunft nur ein paar Türen weiter. Sie schloss schnell die Tür auf und scheuchte alle hinein. Dann betrat sie ebenfalls das Zimmer und schloss ab. Rin, welcher bisher noch nie in ihrem Zimmer war, sah sich interessiert um. Es war in etwa so groß wie der Raum, welchen er sich mit Yukio an der Heiligkreuz-Akademie geteilt hatte und recht einfach, aber gemütlich eingerichtet. Sie hatte ein Bett und einen Nachttisch, einen Schreibtisch, ein kleines Bücherregal, einen Kleiderschrank und zwei Truhen. Hinzu kam ein großer Spiegel, sowie mehrere Bilder an den Wänden. Ankou und sie zeichneten beide sehr gern, also waren die Bilder wohl alle von ihnen. Es war wirklich ziemlich eng, aber sie versuchten sich so gut wie möglich zu verteilen. Endlich hatten alle eine halbwegs gute Position gefunden. „Hast du irgendwas von Vater gehört?”, begann Iblis das Gespräch. Die Geisterdämonin schüttelte traurig den Kopf. „Seit Liliths Angriff hat ihn niemand mehr gesehen. Nicht mal die Wachen scheinen etwas zu wissen. Ich habe versucht die Aveira zu belauschen, aber sie haben sich immer über andere Dinge unterhalten.”
 

„Apropos.”, mischte sich Egyn ein. „Ankou sitzt zusammen mit den anderen im Verlies und wird befragt, oder? Haben sie dich wirklich in Ruhe gelassen?” Vaya biss sich nervös auf die Unterlippe. „Sie haben mich befragt, ja. Allerdings wusste ich von überhaupt nichts und sie haben mich nicht als Gefahr angesehen, also haben sie mich gehen lassen. Invidia und Ira haben mich hin und wieder getriezt bis Luxuria gesagt hat, dass sie das lassen sollen. Anscheinend mag sie mich, warum auch immer.”
 

„Japp, manche der Aveira haben tatsächlich etwas Anstand bei einigen Dingen. Wobei ich ziemlich sicher bin, dass sie das nicht von Lilith haben.”, knurrte Astaroth.
 

„Weißt du wenigstens was mit Ankou und dem Rest ist?”, fragte Amaimon. Vaya nickte und begann plötzlich zu schluchzen. Bevor jemand wusste, was los war, begannen Tränen ihre Wangen hinunterzulaufen. „Hey, was habt ihr gesagt?!” fragte Shura etwas erschrocken. Sie ignorierten sie. Azazel versuchte gemeinsam mit Egyn und Lucifer auf die Dämonin einzureden und strich ihr vorsichtig über den Rücken. „Ganz ruhig, sag uns einfach was passiert ist.” Nach einer Weile hatte sich Vaya wieder beruhigt und ein Taschentuch hervorgekramt. „Ankou wurde genau wie alle anderen befragt und gefoltert, aber natürlich hat sie nichts verraten. Sie wusste ja nicht mal wirklich, wo ihr seid. Als sie dann gedroht haben, mich dazu zu nehmen, hat sie angefangen Lügen und Halbwahrheiten zu erzählen, natürlich nichts, was irgendwie schaden würde. Der Rest hat es ihr gleich getan. Paymons, Agares' und Halphas' Familien sind längst untergetaucht, daher hatten sie nichts gegen sie in der Hand. Shax hat keine Familie, Tap wurde ja damals enterbt und rausgeworfen, Amon hat es wie Ankou gemacht, da sie sich sonst an Agash und den Kleinen vergriffen hätten. Inzwischen sind sie jedoch zu dem Entschluss gekommen, dass sie entweder nichts wichtiges wissen oder man nichts aus ihnen heraus bekommt, also sollen sie morgen früh hingerichtet werden.” Erneut entwich ihr ein Schluchzen, woraufhin Azazel sie etwas zögerlich in den Arm nahm. Rin und die restlichen Dämonenkönige wechselten alarmierte Blicke. „Dann müssen wir sie und dich sofort raus schaffen.”, knurrte Iblis. „Aber wie? Ihr schafft es nie euch an den Wachen vorbei zu schleichen.”, antwortete Vaya nervös.
 

„Wir haben uns damals an Vater und den Wachen vorbeigeschlichen, um zu Verabredungen und Feiern zu gehen. Schlimmer kann das hier nicht sein.”, antwortete Iblis ungerührt. Die Dämonin öffnete den Mund, um antworten, als es an der Tür klopfte. „Sofort die Tür öffnen!”, erklang die Stimme eines Mannes. Alle erstarrten. „Oh Mist, ich habe ganz die blöde Patrouille vergessen.”, flüsterte sie entsetzt. „M-Moment, ich bin nackt!”, rief sie dem Mann hinter der Tür zu, dann wandte sie sich an die Dämonenkönige. „Versteckt euch!”, flüsterte sie panisch.
 

„Wo denn bitte?!”, fragte Iblis.
 

„Egal, er darf euch nicht sehen!”
 

Mephisto verwandelte sich ohne weiteren Kommentar in einen Hund, Amaimon in einen grünen Hamster und Azazel in einen Raben. Rin war überrascht. Er wusste, dass sich Mephisto verwandeln konnte, doch Azazel und Amaimon waren neu. Sie waren jedoch nicht die einzigen. Iblis war plötzlich ein Feuersalamander, Beelzebub eine Fliege und Lucifer ein Glühwürmchen. Ja, ein Glühwürmchen. Was bei Gehenna?! Seit wann konnten sich fast alle Dämonenkönige in Tiere verwandeln?! Konnte er das auch?! Der Insekten- und Lichtkönig setzten sich an seine Wand, die vier Baal in Tiergestalt zogen sich unter das Bett zurück. Izumo versteckte im Schrank, Shiemi kletterte in eine der Truhen, Astaroth in die andere. Zum Glück waren diese wohl nicht sonderlich voll. Egyn schob derweil Shura, Rin, Yukio und die restlichen Adepten in das Badezimmer, welches leider ebenfalls recht klein war und wurde anschließend von Vaya in den Schrank geschubst. „Du schon wieder?!”, fragte Izumo fassungslos. „Das war Vayas Idee!”, rechtfertigte er sich.  Ob das wohl gut ging?
 

Nachdem alle versteckt waren, öffnete Vaya die Tür. Rin hörte wie der Wächter den Raum betrat und sein Herz setzte aus, als er zu sprechen begann. „Mit wem hast du gesprochen? Es ist Nachtruhe!”, fragte er streng. „M-Mit niemanden. Ich habe Selbstgespräche geführt.”
 

„Selbstgespräche. Ja klar.” Rin und der Rest wechselten besorgte Blicke. Hoffentlich konnte Vaya ihn irgendwie überzeugen. „Ok, ok. In letzter Zeit habe ich immer wieder die Stimmen der Toten gehört. Sie tun mir leid, also rede ich öfter mit ihnen. Viele sehen mich komisch deswegen an, darum behaupte ich, dass ich Selbstgespräche führe. Dann lassen sie mich schneller in Ruhe.” Diese Lüge wirkte wesentlich glaubwürdiger und wenn man ihren sanftmütigen Charakter bedachte, war es logisch.
 

„...Du hast Mitleid mit Toten und redest deswegen mit ihnen? Ihr Geisterdämonen seid seltsam.”
 

„S-Sind wir gar nicht! Jetzt geht bitte. Ich möchte allein sein und mich in Ruhe auf morgen vorbereiten.”
 

„Richtig, deine Schwester wird morgen hingerichtet. Schade, sie war sehr respektiert.”
 

„Geht jetzt bitte!”, quiekte die Geisterdämonin wütend. Endlich hörten sie, wie sich die Tür wieder schloss. Vaya schloss sie schnell ab, dann flüsterte sie: „Ok, ihr könnt wieder rauskommen!” Als Rin das Badezimmer verließ, wurde er fast von Shima umgeworfen, da der Rest von hinten drängelte. Es dauert also eine Weile bis alle endlich draußen waren. Während Shiemi und die restlichen Dämonenkönige ebenfalls ihr Versteck verließen und sich zurückverwandelten, war Izumo damit beschäftigt Egyn anzukeifen. „Was zur Hölle stimmt nicht mit dir?! Wir hocken in einem Schrank und du begrapscht mich?!”
 

„Erstens heißt es "bei Gehenna" und nicht "zur Hölle" und zweitens: Ich habe dich nicht begrapscht!”, verteidigte sich der Wasserdämon schnell. „Es war verdammt eng da drin! Und dein Knie war zwischen meinen Beinen, das ist auch nicht gerade angenehm!”
 

Wütend funkelte die Adeptin ihn an. „Das war auch Absicht! Irgendwie musste ich dich ja dazu bringen deine Griffel wegzunehmen!”
 

„Um Vaters Willen, ich habe nichts gemacht!”
 

„Ja ja, das sagen alle Kerle!”
 

„Hey, jetzt beruhigt euch mal und kommt aus dem Schrank. Ihr streitet wie ein altes Ehepaar.”, fuhr Lucifer dazwischen. Izumo warf beiden Dämonenkönigen einen letzten giftigen Blick zu, dann kletterte sie nach draußen. Dummerweise war es so eng, dass beide stolperten, die Adeptin zu Boden fiel und Egyn genau auf sie. Beide waren wie erstarrt und knallrot. „Ich wusste gar nicht, dass du sie so jung magst, kleiner Bruder.~”, feixte Samael. Egyn sprang auf und knurrte ihn an. „Halte die Klappe, Samael!”
 

Vaya hielt Izumo eine Hand hin, welche sie etwas zögerlich annahm. Rin wandte sich währenddessen an seine Geschwister. „Seit wann könnt ihr euch alle in Tiere verwandeln?!”, entrüstete er sich. Azazel zuckte mit den Schultern. „Schon lange.”
 

„Und warum habt ihr das nie gesagt?!”
 

„Du hast nie gefragt. Astaroth hat allerdings noch nicht ganz den Bogen raus, darum verzichtet er noch drauf. Ist allerdings nicht sein einziges Problem. Er lässt immer noch Dinge um sich herum verfaulen, wenn er zu aufgeregt ist...”
 

„Das stimmt nicht!”, protestierte der Fäulniskönig empört.
 

„Erzähle das meinem Hähnchen-Sandwich von letzter Woche.”
 

Rin war verwirrter denn je. „Ich dachte nur Moroi verwandeln sich in Tiere?!” Im Nachhinein war diese Annahme Unsinn, Mephisto hatte immerhin längst das Gegenteil bewiesen. Azazel zuckte mit den Schultern. „Vater und wir sind neben den Moroi und Invidia die einzigen, die es können. Wie du dich erinnern wirst, hat Vater Lilith damals bei ihrer Erschaffung geholfen.”
 

Der Nephilim hätte zu gerne noch gefragt, warum Lucifer ein Glühwürmchen war, doch ließ es vorerst auf sich beruhen. Sie hatte immerhin dringendere Angelegenheiten zu regeln. „Egal jetzt. Wie kommen wir nun zum Verlies ohne erwischt zu werden?”
 

„Am besten teilen wir uns auf.”, bestimmte Lucifer. „Wir sind sonst zu viele. Wir lassen die Gruppen so wie sie vorhin waren.” Er wandte sich an Vaya und wechselte ins Gehennische. „Vaya, du gehst mit Azazel mit.” Die Geisterdämonin nickte nervös. Sie planten, wer welchen Weg nehmen würde, sodass sie am Verlies wieder aufeinandertrafen. Glücklicherweise war niemand im Gang, als sie sich hinausschlichen. Die Quartiere der Bediensteten wurden selten stark bewacht. Als sie die Treppe erreicht hatten, trennten sie sich.
 

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Vayas Herz klopfte ihr bis zum Hals. Zwar freute sie sich, dass es den Jungs gut ging und sie Ankou und dem Rest helfen würden, aber Sorgen machte sie sich natürlich dennoch. Lilith würde nicht Ruhe geben bis sie alle Söhne Satans in die Finger bekommen hatte. Damit hätte sie den Dämonengott vollkommen in der Hand und niemand würde ihr mehr im Wege stehen. Zwar gab es bereits Gruppen, die sich zum Widerstand zusammenrauften, aber wenn die gesamte Königsfamilie fiel, wäre dies ein mehr als demoralisierender Schlag. Sie waren für viele in Gehenna die letzte Hoffnung, sogar für jene, die sie eher weniger befürworteten. Alles war besser als die irre Königin. Ihre Eltern hatten ihr einst erzählt, dass Satan am Anfang ein alles andere als gerechter Herrscher war. Er hatte Macht, dies genossen und dementsprechend ausgenutzt, mit Kritik war nicht viel, außer man wollte eine spontane Selbstentzündung am eigenen Leibe erleben. Er war, um es einmal ganz direkt zu sagen, grausam und machthungrig. Lilith hatte es nicht besser gemacht, sondern dieses Verhalten unterstützt und für ihre eigenen Zwecke missbraucht. Schlussendlich durchschaute er sie, trennte sich von ihr und schaffte doch noch irgendwie die Kurve, weil er erkannte hatte, dass es so nicht weiter gehen konnte. Dies war mehr als bewundernswert. Seit seiner Begegnung mit Uriel hatte er sich noch weiter zum Guten verändert und war heute ein Herrscher, dem fast ganz Gehenna freiwillig bis in den Tod folgte. Zugegebermaßen war die Geisterdämonin schon seit sie ein kleines Mädchen war, etwas in den Herrscher aller Dämonen verschossen. Sie war damit nicht die einzige, allein unter ihren Freunden im Palast betraf es viele. Dummerweise wusste der Dämonengott dies sogar, aber natürlich waren sie alle viel zu jung für ihn und er hatte ohnehin kein Interesse an einem weiteren Partner. Dumm gelaufen. Die Baal hatten sie früher sogar mit ihrer Schwärmerei aufgezogen. Am schlimmsten war jedoch dieser eine Zwischenfall...sie schüttelte schnell den Kopf. Allein die Erinnerung ließ sie rot anlaufen und Samael nutzte natürlich jede Gelegenheit, um sie darin zu erinnern. Außerdem verdankte sie Satan einiges, also gab es mehr als genug Gründe sich noch mehr Sorgen um ihn zu machen. Ihr Blick wanderte zu Azazel und Egyn. Sie konnte sich gar nicht vorstellen, wie schwer es für sie sein musste. Als ihre Eltern damals an der roten Seuche erkrankt und schlussendlich verendet waren, schien plötzlich alles egal zu sein. Sie hatte wochenlang geweint und sich immer wieder gefragt, ob sie irgendwie hätte helfen können. Satan war zwar am Leben, aber sicherlich machten sich die Jungs Vorwürfe, weil sie nicht da waren, als er sie brauchte. Hinzu kam natürlich die quälende Ungewissheit. Keine gute Mischung. Sie schaute zu dem Mädchen mit den Zöpfen. Noch nie zuvor hatten sie einen Menschen oder gar eine Exorzistin gesehen, wobei diese vom Alter her wohl noch eine Adeptin war. Nach einigem zögern, sprach sie die Vergängliche an. „Hi...ähm...Entschuldige, aber wie heißt du?” Wahrscheinlich würde sie die Adeptin nach dieser Aktion hier nie wieder sehen, aber wenn sie schon in einer Gruppe waren, dann wollte sie wenigstens ihren Namen kennen. Das Mädchen sah sie jedoch verwirrt an. ‚Natürlich, sie versteht mich nicht.‘, dachte Vaya zerknirscht. Sie hatte in der Schule wie jeder andere Latein und einige weitere Sprachen Assiahs gelernt, aber den größten Teil bereits vergessen, da sie es so gut wie nie benutzte. Allerdings sprach die Sterbliche wahrscheinlich sowieso kein Latein oder Altgriechisch. Azazel sagte etwas zu der Exorzistin, wahrscheinlich übersetzte er für sie. „Ähm...Kamiki Izumo.”, antwortete sie unsicher.
 

Vaya lächelte ihr zu. „Ich bin Vaya.” Izumo nickte nur. Die Dämonin zwang sich wieder an ihre Aufgabe zu denken. Bisher waren sie auf keine Hindernisse gestoßen, nur verschiedene Wachposten, denen sie jedoch ausweichen konnten. Sie wollten gerade einen Raum betreten, welcher laut Lucifer den Eingang zu einer geheimen Passage enthielt, doch Egyn fluchte leise, als er versuchte die Tür zu öffnen. „Verschlossen.”, zischte er. Dies war ungewöhnlich. Normalerweise war der Raum immer offen, denn darin befand sich nichts wichtiges. „Lasst mich mal ran.”, flüsterte sie und zog eine Haarnadel aus ihrem Zopf. Es dauerte einige Minuten, doch schlussendlich war ein leises Klicken zu hören und die Tür war entriegelt. „Wow, super Vaya. Wo hast du das denn gelernt?”, fragte Egyn verblüfft. Die Dämonin errötete. „Ich habe mich einmal versehentlich aus meinem Zimmer ausgesperrt. Astaroth und Iblis haben mir daraufhin gezeigt, wie man einfache Schlösser knackt. Falls ich wieder so ein Problem bekomme.”
 

„Ich frage gar nicht, warum sie das können.”, seufzte Azazel und öffnete die Tür.
 

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Manchmal verstand Amaimon seine Brüder einfach nicht. Warum bestand Lucifer darauf, diese Exorzistin-Frau in ihre Gruppe zu stecken? Er mochte sie absolut nicht, immerhin hatte sie damals seine Spielzeit mit Rin unterbrochen und seinen geliebten Behemoth verletzt. Was fand Rin an ihr? Warum hing er immer noch an den Exorzisten und seinem Möchtegern-Zwilling? Sie hatten ihn damals schlecht behandelt, warum sollten sie sich verändert haben? Es war genau wie Astaroth gesagt hatte: Menschen waren wankelmütige Kreaturen. Sie waren noch schlimmere Lügner als Dämonen, undankbar und hielten sich selten an Abmachungen. Er hatte es oft genug selbst erlebt. Immer wieder schlossen Sterbliche Abmachungen mit Dämonen, besonders mit ihm und seinen Geschwistern oder gar ihrem Vater und verkauften dabei meist ihre Seelen. Sie bekamen stets, was sie wollten, aber sobald die Dämonen sich dann ihre Bezahlung holen wollten, war es vorbei. Die Menschen flehten, fluchten, stritten oder griffen sie sogar an, obwohl sie ihren Teil der Abmachung eingehalten hatten. Ja, es gab Dämonen, die ihre Vertragspartner gern über den Tisch zogen, aber dann musste man eben aufpassen. Wer zu dumm war, einen sicheren Vertrag abzuschließen, sollte es einfach sein lassen. Hin und wieder kam es sogar bei Hexen und Hexern vor, die einem Hexenzirkel beitraten und sich somit gegen ein "normales" Leben entschieden. Wer sich bereit erklärte, sich dem Initiationsritual zu unterziehen, musste dies dann auch durchziehen, aber es war schon einige Male vorgekommen, dass der- oder diejenige kalte Füße bekommen und geflohen ist. Wenn man jedoch einmal zugesagt hatte, gab es kein Zurück mehr. Er verstand ohnehin nicht, warum sich manche vor dem Ritual fürchteten. Sie mussten nur einiges Gerede über sich ergehen lassen, danach etwas vom Blute des Dämonen an den sie gebunden waren, trinken und mit ihrem eigenen Blut in einem alten Buch unterschreiben. Wo war das Problem?
 

Während er gedankenverloren an seinem Lutscher herumkaute, wanderte sein Blick zu seinem älteren Bruder. Samael schien etwas an dieser rothaarigen Exorzistin zu finden, aber er konnte einfach nicht nachvollziehen, was es war. Sie mischte sich viel zu oft in Dinge ein, die sie nichts angingen und darauf reagierte der Zeitkönig normalerweise äußerst gereizt. Er war ja schon stinkig, wenn man ohne Erlaubnis sein Zimmer betrat. Wahrscheinlich hatte er einfach zu viel Zeit in Assiah mit den Menschen verbracht. Ihr Vater hätte das nie erlauben sollen. Assiah bot zwar einige Reize, aber die Bewohner nervten gehörig. Nur selten traf man auf Menschen, die in Ordnung waren. Der Rest sorgte nur für Ärger. Erneut kam ihnen eine Gruppe Wachen entgegen, doch Lucifer und Samael hatten ihm verboten sie anzugreifen, solange es sich nicht vermeiden ließ. Total gemein. Er war überraschend einfach sich an ihnen vorbeizuschleichen. Fast wünschte er sich, dass man sie entdecken würde, damit er seine Frustration an den Wachen auslassen konnte, die meisten gehörten ohnehin zu Lilith. Andererseits würden sie dann vielleicht keine Gelegenheit haben ihrem Vater zu helfen. Gut, dann riss er sich eben zusammen.
 

Endlich standen sie vor dem Spiegel mit dem benötigten Geheimgang. „Ist hier hinter jedem Spiegel sowas?”, fragte die Exorzistin dumpf.
 

„Natürlich nicht.”, antwortete Samael und öffnete den Zugang. „Die Dame zuerst.~” Sie verdrehte nur die Augen, dann ging sie wortlos voraus.
 

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Shiemi konnte dunkle Orte noch nie leiden. Sie bekam dort oft ein beklemmendes Gefühl, besonders wenn es auch noch eng war. Leider waren momentan beide Kriterien erfüllt. Viele der geheimen Passagen waren eher eng und düster. Überall lag eine dicke Staubschicht und Spinnenweben hingen an der Decke. Lucifer war die einzige Lichtquelle. Er machte ihr immer noch etwas Angst, obwohl der Dämonenkönig recht vertrauenswürdig erschienen. Für Rin war sie jedoch über ihren Schatten gesprungen und versuchte sich mit den Dämonen zu vertragen. Über die nahende Begegnung mit Satan dachte sie lieber nicht nach. Sie musste mutig sein. So wie Rin und die anderen. Yukio hatte seit seinem Streit mit Lucifer nichts mehr gesagt, scheinbar war er in Gedanken versunken. Sie hoffte wirklich, dass er sich wieder mit Rin vertragen würde. Sie waren doch Geschwister, sogar Zwillinge. Allerdings schienen die Dämonenkönige ebenfalls nicht sonderlich angetan von ihm zu sein. Hoffentlich würde dies nicht zu weiterem Streit führen. Sie unterdrückte ein Quieken als sich ihre Haare in einigen Spinnenweben verfingen. Sie betete, dass sie bald ohne Probleme ankommen würden.
 

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Während die ersten drei Gruppen gut voran kamen, waren die restlichen zwei vom Glück verlassen worden. Eigentlich war Rin gar nicht mehr überrascht. „Was tut ihr denn hier?”, knurrte Iblis Beelzebubs Gruppe an. „Ihr solltet doch längst weg sein!”
 

„Wir saßen fest, eine der Patrouillen musste sich unbedingt genau vor unserem Versteck austauschen und an den Geheimgang, den wir verwenden wollten, kommen wir nicht ran. Wir müssen euren nehmen.”, knurrte Astaroth gereizt. „Gut, wenn wir schon aufeinander hocken, können wir gleich zusammen bleiben.”, seufzte Beelzebub.
 

„Wird die Gruppe dann nicht zu groß?”, hakte Bon nach. Iblis schüttelte den Kopf. „Wir haben keine Zeit zum umplanen. Jetzt leise und weiter geht's!”
 

Koneko und Renzo tauschten beunruhigte Blicke aus, doch protestierten nicht. Sie waren wahrscheinlich froh, dass sie nicht mehr alleine mit den beiden Baal waren. Natürlich kamen sie gerade mal drei Treppen und zwei Gänge weit bis sie auf das nächste Problem trafen. Und dieses war wesentlich übler als irgendwelche Wachen. Die Dämonenkönige blieben wie angewurzelt stehen, dann befahlen sie, dass sich alle verstecken sollten. Glücklicherweise gab es große Stauen (Oder Skulpturen? Rin kannte den Unterscheid nicht. Gab es überhaupt einen?) in den Nischen, hinter denen sie sich gut verbergen konnten. Nun hörte der Nephilim weibliche Stimmen und schnelle Schritte. Es klang wie ein Streit. „Lass mich in Ruhe, Vidia! Ich habe jetzt keine Lust dein Gesicht oder das der anderen zu sehen!”
 

„Wir haben das gleiche Gesicht! Jetzt warte verdammt nochmal endlich!”
 

Dem Nephilim fiel die Nervosität seiner Geschwister auf. Kein gutes Zeichen. Endlich kamen die beiden Streitenden in sein Sichtfeld. Es waren wirklich zwei Frauen. Eine hatte grüne Haare, die andere silberne. Moment. Er wurde bleich. Plötzlich erschien alles klar. Sie waren Aveira! Das Mädchen mit den grünen Haaren war wohl Invidia, die Verkörperung des Neides. Bei der anderen Dämonin war er nicht sicher.
 

Invidia griff ihre Schwester am Arm. „Ich hasse es mich wiederholen zu müssen, Avaritia. Jetzt rede endlich mit mir!”Die Aveira schüttelte sie unwirsch ab. „Als ob es dich interessieren würde, Schwesterlein. Es dürfte außerdem klar sein.”
 

Der verwirrte Gesichtsausdruck der Gestaltwandlerin wich der Erkenntnis. „Es geht um Mutters Befehle.”
 

Avaritia schnaubte. „Auch. Ihre hochwohlgeborene Majestät geht mir echt gehörig auf den Zeiger mit ihrem Gehabe. Sie bestraft mich, weil wir diese verdammte Zeitdämonin nicht finden, obwohl ich nicht mal die Suche leite. Soll sie doch Ira oder Superbia damit nerven, aber mich nicht. Die heimsen sowieso immer die Lorbeeren für meine Leistungen ein.”
 

„Das sollte dich eigentlich nicht überraschen. Warum bist du jetzt auf mich sauer?”
 

Die jüngere lachte kalt. „Natürlich überrascht es mich nicht. Und du hast echt die Nerven mich das zu fragen? Du bist zu Lilith gerannt und hast gepetzt, dass ich ein paar Zivilisten in den Flüchtlingslagern hab laufen lasst, um dir ein paar Pluspunkte zu holen. Du sehnst dich so sehr nach ihrer Anerkennung und frisst ihr aus der Hand wie ein Tier. Das ist einfach nur erbärmlich.” Dafür kassierte sie eine Ohrfeige. „Nenne mich nicht erbärmlich!”, fauchte die ältere. „Abgesehen davon hast du mir oft genug Knüppel zwischen die Beine geworfen und ich dir, da hast du dich nie beschwert!”
 

„Das war vor der Versieglung. Es war einfach unterhaltsam, aber es reicht, ich habe die Schnauze voll. Ich habe es dir schon gesagt: Ich will endlich was für meine Bemühungen haben, aber ich schleime mich nicht ein.” Plötzlich begann sie zu grinsen. „Weißt du, was ich glaube? Du bist neidisch. Du erträgst die Vorstellung nicht, dass ich alleine klar komme und Macht bekomme, während du leer ausgehst. Du hast Angst, dass ich euch alle überflügle. Du hast Angst, dass es die anderen meinem Beispiel folgen und du am Ende ganz alleine dastehst. Also versuchst du mich in den Dreck zu ziehen. Habe ich recht?~”
 

Invidia wurde rot. „Ich bin nicht neidisch auf dich.”
 

„Süße, der Neid steht in deinem Namen.” Der Nephilim glaubte, dass die ältere Sünde nun ausrasten würde, doch zur Verwunderung aller begann sie zu lachen. „Na gut.~ Ja, ich habe es Mutter erzählt, aber nun sei mal nicht so. Ich habe es nur um der alten Zeiten willen getan. Sicherlich vermisst du unsere kleinen Wettbewerbe zumindest etwas.~ Also entspanne dich.” Hatte Avaritia recht und nun versuchte die Gestaltwandlerin es mit einem Themawechsel zu überspielen? Weitere Schritte ließen ihn aufhorchen und sein Magen verkrampfte sich, als er die Person erkannte. Aulak. „Hier seid ihr beiden. Luxuria sucht überall nach euch.”
 

Avaritia verdrehte die Augen. „Was ist denn jetzt wieder? Komm Vidia.” Endlich verschwanden die beiden Sünden, dicht gefolgt von dem Alukah. Dieser drehte sich jedoch noch einmal um und sah sich misstrauisch um. „Hey, was ist?”, rief Invidia zu. Aulak schüttelte den Kopf. „Ich dachte ich hätte was gerochen...egal.” Er verschwand. Rin atmete erleichtert auf. Langsam kamen alle aus ihren Verstecken. „Waren das...?” begann Shima unsicher, woraufhin Beelzebub nickte. „Das waren Invidia und Avaritia, Neid und Habgier. Und Aulak, ein Alukah.”
 

Koneko erschauderte. Offensichtlich war der Halbdämon nicht der einzige, der Aulak unheimlich fand. „Warum haben sie sich gestritten?”, erkundigte sich Bon doch Iblis winkte ab. „Wir erklären es euch auf dem Weg, los!”
 

Nur wenige Minuten später waren sie endlich am gewünschten Archiv angekommen. Die Adepten waren genauso wie Rin und die Baal verwirrt. „Also...heißt das jetzt, dass diese Avaritia genug von Lilith hat und abhauen will?”, fragte Shima.
 

Beelzebub zuckte mit den Schultern. „Sie scheint wirklich genug zu haben, aber weglaufen ist keine Option. Sie kann nirgends hin. Außerdem ist sie noch immer ein Teil Liliths, also würde sie sie schnell aufspüren und vernichten.” Er öffnete die Tür zum Archiv. „Wir haben jetzt aber Zeitdruck, also Beeilung!”
 

Den Adepten blieb der Mund offen stehen. „So viele Bücher...”, murmelte Koneko. „Gründe deinen Buch-Club später, jetzt ist keine Zeit.”, knurrte Astaroth und marschierte auf eines der Regale zu. „Beel, welche Figur war es?”
 

„Die rechte, glaube ich.” Alle zuckten zusammen als Shima plötzlich losquiekte. Sie fuhren herum. Es war Phenex, welcher den pinkhaarigen Adepten äußert verdattert ansah. Seine Augen weiteten sich zusätzlich, als er die restlichen Exorzisten, Rin und die Dämonenkönige entdeckte. „Was tut ihr hier?!”, entfuhr es ihm, Entsetzen stand in seinem Gesicht. „Wenn ihr hier erwischt werdet, ist es vorbei!”
 

Iblis erholte sich als erstes von der Überraschung. „Wir sind hier, um Vater zu finden.”
 

Der Archivar sah ihn an. „Er hätte nicht gewollt, dass ihr euch für ihn in Gefahr begebt! Und ihr schleppt auch noch Vergängliche mit?!” Für einen Moment glaubte Rin, dass nun eine Standpunkte kam, doch dann schüttelte er den Kopf und seufzte. Er ging zu der Figur (ein Drache) rechts vom Regel und zog sie nach vorne. Sofort schob sich das Bücherregal zur Seite. „Geht schnell, ich habe euch nie gesehen.”
 

„Danke Phenex, wir schulden dir was.”, sagte der Insektenkönig erleichtert. Der Dämon schnaubte. „Macht mir zukünftig einfach keinen Ärger.”
 

„Das können wir jetzt nicht versprechen.”, murmelte Astaroth, doch wurde schnell von Iblis mitgeschliffen. Phenex nickte grimmig. „Viel Erfolg.”
 

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Rin war noch nie in seinem Leben so erleichtert gewesen vor einem Verlies zu stehen. Endlich waren alle angekommen, noch dazu ohne Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Azazels Gruppe hatte einen Wächter überfallen, ihm die Schlüssel abgenommen und anschließend den Wächtern vor dem Verlies ein Schlafmittel in die Becher gemischt. Wie sie das geschafft hatten, wusste er nicht, aber es war ihm eigentlich egal. „Was wenn im Verlies doch noch Wachen sind?”, fragte Izumo besorgt.
 

„Dann erledigen wir die eben. Es werden nur wenige sein.”, antwortete Iblis. Seine Worte sollten wohl bestärkend wirkten, doch Rin fühlte sich stattdessen noch angespannter. Die Verliese waren riesig. Darum teilten sie sich ein weiteres Mal in ihre Gruppen auf. Das Suchen der richtige Zelle und ausschalten eventueller Wachen würde dann wesentlich schneller gehen.
 

„Gut, los geht's.”, verkündete Lucifer.
 

Der Abstieg dauerte lange, sehr lange. Je weiter sie gingen, umso kälter und düsterer wurde es. Fackeln mit blauem Feuer waren die einzige Lichtquelle. Hin und wieder hörte er das Tropfen von Wasser. Als sie endlich unten waren, trennten sie sich wortlos. Nun wurde ihm zum ersten Mal die Größe des Verlieses bewusst. Die Gänge waren verwinkelt und ein riesiges Labyrinth. Scheinbar endlos zogen sich Gittertüren an den Wänden entlang. Schwere, rostige Ketten hingen an den Wänden. Steintreppen führten nach oben oder weiter in die Tiefe. Wie groß war das hier? Immer wieder hörte kryptisches Murmeln, Geflüster, Stöhnen und Weinen. Gelegentlich erhaschte er Blicke in die Zellen und wünschte sich, dass er es gelassen hätte. Die Gefangenen waren nur noch Schatten ihrer selbst, offensichtlich ohne einen Funken Verstand. Die Foltergeräte machten es nicht besser. Sein Blick wanderte zu Bon. Dieser war ebenfalls kreidebleich. Er war also immerhin nicht der einzige. Schließlich erreichten sie eine Art Halle, welche den Halbdämonen und den Adepten nur noch mehr ins Staunen versetzten. Sie war ein Durcheinander aus Treppen, Brücken und Plattformen. Eine Schlucht darunter führte in die Tiefe. Der Boden war nicht zu erkennen.
 

„Wie groß ist das hier bitte und wie habt ihr das alles gebaut?!”, fragte Bon fassungslos. „Die Höhle existiert schon seit Anbeginn der Zeit und war ein Teil Helheimrs bis einiges eingestürzt ist. Wir haben nur einiges ausgebaut.”, erklärte Iblis. Suguro runzelte die Stirn. „Helheimr?”
 

„Das Herz Gehennas. Sozusagen.”
 

„Aber warum ist es so riesig?”, hakte Rin nach. „Ich dachte der Tartaros wäre das Hauptgefängnis.”
 

„Der Tartaros ist nochmal wesentlich größer, allerdings entstand er später. Früher war das hier das Hauptgefängnis Gehennas. Heute benutzen wir in der Regel nur die vorderen Bereiche. Die Gefangenen, die ihr hier seht und hört, sind auf Liliths Mist gewachsen.”
 

Wenn dies stimmte, war es kein Wunder, wenn sich Iblis ständig im Tartaros verlief. Alleine das hier war gewaltig. Wie durch ein Wunder schafften sie es endlich zum Treffpunkt. Tatsächlich waren sie auf keine einzige Wache gestoßen. „Und habt ihr was rausgefunden?”, fragte der Feuerkönig. Azazel nickte. „Wir wissen in welchen Zellen sie festgehalten werden und ich habe die Schlüssel mitgehen lassen. Bringen wir es hinter uns.”
 

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Rin konnte die Stellvertreter hören bevor er sie sah.
 

„Ich sehe was, was du nicht siehst und das ist...grau.”
 

„Halphas, wenn das wieder die Wand ist, hau ich dir eine rein.”, antwortete Amon genervt. „Wir hocken in einer beschissenen Zelle, so viel Auswahl hab ich nicht!”
 

„Ja, ja. Ich sehe was, was du nicht siehst und das ist blau.”
 

„Das wäre das Feuer.”, seufzte Agares. „Um Satans Willen, könnt ihr endlich ruhig sein?! Ich versuche hier drüben zu schlafen!”, fauchte nun Ankou.
 

„Zur Abwechslung sind wir mal einer Meinung.”, grollte Alastors Stimme. „Bitte fangt nicht wieder an zu streiten.”, kommentierte Shax erschöpft. „Wer hat dieses dumme Spiel überhaupt vorgeschlagen?”, murmelte Tap.
 

„Ihr spielt "Ich sehe was, was du nicht siehst"? Das ist verdammt traurig Leute.”, kommentierte Iblis trocken und lehnte sich an die Wand, als sie endlich vor den Zellen standen. Die gefangenen Dämonen fuhren überrascht herum und sahen die Neuankömmlinge an, als wären sie Geister. Shax, Alastor und Paymon hockten in der ersten Zelle, Amon, Halphas und Tap in der zweiten und die Mädels teilten sich die dritte. „Was bei allen Flammen Helheimrs treibt ihr denn hier?!”, entfuhr es Amon. Astaroth verdrehte die Augen. „Auch Hallo. Freut mich, euch zu sehen. Uns geht's gut, danke der Nachfrage”
 

„Ihr dämlichen Vollidioten!”, fauchte Ankou und stapfte zu den Gitterstäben ihrer Zelle. „Wir sind froh, dass ihr diesem ganzen Mist hier entkommen seid und jetzt brecht ihr hier ein?! Ist die Dummheit der Exorzisten neuerdings ansteckend?!” Rin war wirklich froh, dass seine Freunde kein Gehennisch verstanden. Unwillkürlich sank er etwas zusammen, als sie sich an wandte. „Und ihn schleift ihr mit?! Merkt ihr noch was?! Ihr wisst ganz genau, dass Lilith auf ihn aus ist!”
 

„Jetzt atme mal durch und lass mich die Zellen aufschließen.”, seufzte Azazel. „Ich will mich nicht durch Gitterstäbe unterhalten.” Er verteilte die Schlüssel und sie machten sich daran die Türen zu öffnen und die Dämonen von ihren Ketten zu befreien. „Na endlich.”, murmelte Agares erleichtert und rieb die Male in ihren Handgelenken. Diese hatten scheinbar immer wieder geblutet und waren dabei sich zu entzünden. Der Rest sah nicht besser aus. Sie hatten blaue Flecken, Schnitte, Platzwunden und andere Verletzungen. Scheinbar waren sie zu ausgelaugt für ihre Selbstregeration. Vaya umarmte sofort Ankou, welche zusammenzuckte und sich die Rippen hielt. Die jüngere entschuldigte sich daraufhin etwas panisch. Die Exorzisten hielten sich derweil im Hintergrund. Besonders Alastor schien sie einzuschüchtern. „Es war verdammt dämlich von euch herzukommen.”, knurrte dieser. „Satan würde euch für diese Aktion den Hals umdrehen!”
 

„Wir sind ehrlich gesagt ursprünglich wegen ihm gekommen, aber als wir gehört haben, dass ihr hier seid, haben wir eben einen Umweg gemacht.”, gestand Egyn. „Wenn's dir nicht passt, kannst du gerne in deine Zelle zurück.”, grummelte Azazel. Der ältere Dämon schnaubte nur, dann wanderte sein Blick zu den Exorzisten. „Und ihr habt Menschen mitgebracht?!”, grollte er. Astaroth zuckte mit den Schultern. „Hey, lebende Köder sind immer gut.”
 

„Sie haben darauf bestanden mitzukommen.”, erklärte Lucifer und verschränkte die Arme. Ankous Augen verengten sich. „Moment mal, euch kenne ich doch.”, sagte sie langsam zu den Exorzisten. Diese schienen nun die Stimme zu erkennen. „Du bist diese Dämonin, die die Naga vertrieben hat.”, entfuhr es Bon. Sie verschränkte die Arme. „Genau und daraufhin wollte mich einer ja unbedingt erschießen.”
 

„Wartet, ihr kennt euch?”, fragte Rin überrascht. Ankou nickte und warf Yukio einen mörderischen Blick zu. „Flüchtig. Dein Zwilling hier hielt es für angemessen eine Waffe auf mich zu richten.”
 

„Ich wusste nicht, was du wolltest.”, erwiderte dieser bissig. Sie funkelte ihn an. „Dir ganz offensichtlich den Arsch retten, also würde ich die Klappe halten.”
 

„Also ist das Yukio.”, tippte Agares. „Großartig, noch einer.”, stöhnte Alastor. „Sagt mir, dass der Rest der Bande nicht auch noch mit euch verwandt ist. Ansonsten kündige ich.”
 

Die Dämonenkönige verneinten schnell, dann stellten sich alle vor. Es war mehr als unangenehm. Die Stellvertreter hatten wesentlich seltener mit Menschen zu tun als die Dämonenkönige und waren dementsprechend eher distanziert, wenn auch nicht unhöflich. Allerding hatte Rin das Gefühl, dass Alastor, Amon, Ankou und Halphas sie gedanklich möglichst brutal niederstachen. Schließlich sprach Lucifer an, weswegen sie hier waren. „Wisst ihr was mit Vater ist und wer uns verraten hat?” Die Stellvertreter wechselten Blicke, Rins Herz verkrampfte sich. „Keine Ahnung. Er ist nicht hier. Allerdings erst seit einigen Tagen.”, antwortete Ankou. „Sagen zumindest die Aveira. Zur Abwechslung scheint das mal keine Lüge zu sein. Wir wissen auch nicht, wer ihr geholfen hat.”
 

Die Dämonenkönige sowie die Exorzisten stöhnten auf. „Also war alles umsonst.”, grummelte Izumo. „Das würde ich nicht sagen. Immerhin sind unsere Stellvertreter wieder frei.”, gab Azazel zu bedenken. Shax schüttelte jedoch den Kopf. „Sie hat recht. Wir sind nicht wichtig. Unser Tod hätte keine Bedeutung.”
 

„Sag das nochmal und wir verpassen euch allen noch eine Runde blauer Flecken.”, knurrte Iblis. „Wie geht es euch überhaupt? Kommt ihr hier weg? Kriegt ihr einen Phasensprung hin?”, fragte Egyn nervös. „Es könnte besser sein, aber wir werden es überleben.”, beruhigte Agares ihn. „Allerdings hat Ankou einige gebrochene Rippen und Halphas ziemlich hohes Fieber seit Invidia ihm das Auge rausgerissen hat.” Der Magen des Nephilims drehte sich um. Halphas Auge war zwar nachgewachsen, aber er wollte sich gar nicht ausmalen wie schmerzhaft dies gewesen sein musste.
 

„W-Warum das denn?!”, quiekte Shiemi. Halphas zuckte mit den Schultern. „Sie hatte Langeweile. Zu dem Zeitpunkt hatten sie aufgehört uns zu befragen, aber Superbia, Invidia und Ira haben trotzdem weiter gemacht.”
 

„Wie kannst du so ruhig darüber reden?”, fragte Bon sichtlich verstört.
 

„Invidia hatte schon immer einen ordentlich Knacks in der Psyche. Als ein anderer Gefangener beinahe entkommen ist, hat sie die drei für ihn verantwortlichen Wachen getötet. Und dann noch drei weitere mit der Begründung, dass sie ungerade Zahlen hasst.”
 

Rin machte einen gedanklichen Vermerk, dass er um die Gestaltwandlerin einen extra großen Bogen machen würde. „Nettes Mädchen.”, murmelte Shura. „Aber wo ist jetzt nun Satan?”
 

Shax seufzte. „Wahrscheinlich in Liliths Palast. Lilith ist wohl zur Zeit auch nicht hier.” Er wandte sich an Iblis. „Aber eine gute Nachricht habe ich. Deine Drachen sind hier.” Der Feuerkönig wurde sofort hellhörig. „Sicher?”
 

„Ziemlich. Ich habe gehört, wie sich Superbia über sie beschwert hat.”
 

„Das ist ein großer Umweg.”‚ murmelte Alastor, woraufhin Iblis ihn abschätzig ansah. „Ich lasse sie ganz sicher nicht hier.”
 

„Ich kann Pandemonium ebenfalls nicht verlassen.”, mischte sich Amon ein. „Agash und die Kinder sind noch hier. Sie werden umgebracht, wenn ich gehe.”
 

„Sind sie im Palast?”, fragte Astaroth.
 

„Nein, sie wurden allerdings nach Pandemonium befohlen und dürfen das Haus nicht verlassen, außer zur Schule und für die Arbeit.”
 

„Sie arbeitet immer noch?!”
 

„Muss sie. Lilith hat alle Rationen stark gekürzt und Grundnahrungsmittel sind teuer geworden. Wenn sie nicht arbeitet, könnten sie verhungern. Ihr solltet mal sehen, was am Tag teilweise auf den Straßen los ist.”
 

Lucifer massierte sich den Nasenrücken. „Also brauchen wir mindestens drei Gruppen. Eine verschwindet hier und bringt vor allem Halphas, Ankou und Vaya weg. Eine holt Iblis' Drachen und die dritte sorgt für Ablenkung. Danach holen wir uns Agash und die Kinder.”
 

„Wer ist Agash überhaupt?”, fragte Shura.
 

„Meine Frau.”
 

„Oh...”
 

Plötzlich hörten sie Shima fluchen. Sie wandten sich an ihn. Er hielt seinen Arm, neben ihm standen Ankou und Agares. „Das haben wir gehört, du Perversling!”, knurrte die Geisterdämonin ihn an. „Was?! Ich habe doch nichts gesagt!” Dafür kassierte er einen weiteren Schlag von Agares. „Aber gedacht!”
 

„H-hey-” Der nächste Tritt kam von Ankou. „UND DANN ZIEHST DU AUCH NOCH MEINE SCHWESTER MIT REIN?! SCHÄM DICH!” Jegliche Gnadengesuche wurden ignoriert. Shima wurde von zwei Mädchen verhauen. Lucifer seufzte nur und sah zu wie die beiden Dämoninnen den angehenden Aria halb übers Knie legten. „Lassen wir die Mädels einfach machen und kümmern uns um die Einteilung.”
 

Diesmal waren die Gruppen ziemlich groß. Ankou und Halphas waren verletzt, Vaya, Shiemi und Izumo konnten nichts in einem Kampf beitragen, also sollten sie sich zurückziehen. Mit ihnen gingen Azazel und Beelzebub sowie Shima und Koneko. Gruppe 2, welche notfalls für die Ablenkung sorgte, bestand aus Amon, Astaroth, Samael, Agares, Egyn, Shax, Paymon, Lucifer und Tap. Der Rest, also Iblis, Rin, Bon, Amaimon, Alastor, Shura und Yukio kümmerten sich um die Drachen. Shima, welcher nun einige blaue Flecken hatte und damit laut den anderen Dämonen gut davon gekommen ist, stand möglichst weit weg von den drei Mädchen. Sicher war sicher. Doch sie achteten nicht mehr auf ihn.
 

„Wehe einer von euch stirbt. Dann schleife ich euch aus Devachan zurück und töte euch selbst nochmal für eure Blödheit.”, warnte Ankou alle Dämonen und Nephilim. Alastor schnaubte. „Ich sterbe nicht so leicht. Also Bewegung!”
 

Als sie sich trennten, wanderten Rins Gedanken erneut zu seinem Vater. Hoffentlich ging es ihm gut.
 

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Satan hasste Bannkreise. Er war das mächtigste Wesen beider Welten, doch nun saß er in einem Zimmer und war durch Siegel und Bannkreise fast hilflos. Seine Flammen hatten sich schon vor einer gefühlten Ewigkeit verabschiedet. Wie lange war er überhaupt schon hier? Wie viel Zeit war vergangen seit Lilith ihn vom Thron gestoßen hatte? Wochen? Monate? Jahre? Er konnte es nicht sagen. Für die meiste Zeit war er in einem komaartigen Zustand, gefangen in seinem eigenen Verstand. Er bekam nicht ganz mit, was um ihn herum geschah, aber einige Eindrücke blieben haften. Es war eine mehr als unangenehme Situation. Hinzu kam, dass Lilith ihm scheinbar eine Art Droge verabreicht hatte. Normalerweise ließen ihn derartige Substanzen zum größten Teil kalt, doch diese hatte es in sich. Er verwirrte seinen Geist, ließ ihn manchmal die Realität vergessen und machte unkonzentriert. Diese Hexe (was eigentlich eine Beleidigung für alle Hexenzirkel wäre) hatte besser geplant als erwartet. Dennoch schien sie nach wie vor vergeblich nach seinen Kindern zu suchen. Hätte sie diese schon erwischt, wäre sie längst gekommen, um ihn unter Druck zu setzen. Natürlich tat sie das so oder so. Wie auf Stichwort öffnete sich die Tür und Lilith betrat den Raum. „Es gibt keinen Grund mich so böse anzusehen.”, grinste sie, während sie näher kam. „Freust du dich nicht mich zu sehen?~”
 

Satan schnaubte nur und verschränkte die Arme. „Langeweile wäre mir wesentlich lieber.”
 

‚Oder dich langsam und qualvoll zu verbrennen.‘, fügte er gedanklich hinzu. Theoretisch könnte er sie momentan sogar angreifen, aber er war nicht so dumm es zu versuchen. Wenn sie sich so nah an ihn herantraute, hatte sie sicher Vorkehrungen für einen solchen Fall getroffen. Abgesehen davon würden Azazel oder sein Volk darunter leiden. Mehr als es ohnehin schon litt. Die Dämonin seufzte. „Weißt du, wenn du mich einfach akzeptieren würdest, müsstet du nicht hier festsitzen und nicht um das Leben deiner Söhne fürchten. Du machst es nur allen schwerer.”
 

Der Dämonengott bleckte die Zähne. „Lieber sterbe ich.”
 

„Das ist keine Option.” Sie trat näher heran. „Ich will dich und bekomme immer, was ich möchte.” Ohne Vorwarnung presste sie ihre Lippen auf seine und begann ihn zu küssen. Er war im ersten Moment überrumpelt, doch fing sich schnell wieder. Jedoch stieß er sie nicht weg, dies war zuvor nie gut ausgegangen. Zu seiner Überraschung war sie es, die den Kuss unterbrach. „Ich war bisher geduldig, aber jetzt ist genug.”, flüsterte sie ihm ins Ohr. Er widerstand der Versuchung sie anzuknurren, doch bei ihren nächsten Worten zog sich sein Magen zusammen. „Ich will dich. Jetzt. Ansonsten zahlt Azazel den Preis. Wenn du dich immer dann immer noch stur stellst, kommen deine anderen Söhne dran. Einer nach dem anderen. Die Mädchen werden sich sicher über sie freuen. Besonders über den Nephilim. Also wie sieht es aus?~”
 

Satan spürte wie sein Zorn hochkam, doch schluckte ihn hinunter. Bisher hatte sie seine Söhne nie direkt bedroht. Vielleicht hatte sie gehofft, dass er sie von selbst akzeptieren würde und nun die Geduld verloren. So oder so lag die Entscheidung auf der Hand, so sehr er den Gedanken hasste. Er ignorierte seine Abneigung und küsste sie. Lilith stöhnte leise auf und zog ihn näher heran.„Geht doch. Ich wusste, dass du zur Vernunft kommen würdest.~Ich habe zu lange gewartet.”
 

Er antwortete nicht, sie erwartete es auch nicht. Beide wussten, dass er noch lange nicht aufgab. Lilith hatte vielleicht eine Schlacht gewonnen, aber noch nicht den Krieg.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Yuna_musume_satan
2019-03-14T12:51:01+00:00 14.03.2019 13:51
Der arme satan. Ich hoffe das seine söhne in schnell retten können.freue mich schon auf das nächste Kapitel
Antwort von:  Himikko
14.03.2019 21:44
Eine Weile muss er es noch gedulden, aber die Rettungsaktion ist geplant. ^^


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