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Ein unverhofftes Familientreffen

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Und tatsächlich habe ich diese Woche noch ein Kapitel zusammenbekommen. :D Ich bin erneut nicht stolz auf den Titel. Ich war verzweifelt, ok?! XD

Viel Spaß. :3 Komplett anzeigen

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Warum Invidia Familientreffen hasst

Invidia hasste Familientreffen. Superbia war eine unerträgliche Besserwisserin, die sich selbst gern reden hörte und alle rumkommandierte oder beleidigte. Luxuria war eigentlich ganz in Ordnung, aber ihre ständige Genusssucht und die Tatsache, dass sie mit so ziemlich jedem ins Bett stieg, der einen Puls hatte und nicht bei drei auf dem Baum saß, war mehr als nervig. Gut, sie zog daraus ihre Energie, aber ihr Zimmer war genau neben Invidias und so dick waren die Wände nicht. Hinzu kam noch ihre Obsession mit Schönheit. Ständig kritisierte sie Invidias Haare und ihren Kleidungsstil, dabei ging sie das nichts an! Luxuria war älter, na und?! Das gab ihr nicht das Recht irgendwelche Vorschriften zu machen!
 

Als nächstes kam Avaritia. Zwischen ihr und Invidia herrschte eine Art Hassliebe. Beide waren sich in ihrer Sünde nicht unähnlich, beide waren äußerst nachtragend und sie hatten ehrgeizige Ziele. Gleichzeitig herrschte auch eine gewisse Konkurrenz zwischen ihnen. Streng gesehen herrschte eine Rivalität zwischen allen sieben, immerhin wollten sie Liliths Gunst, doch bei ihnen war es anders. Mal waren sie Verbündete, mal legten sie sich Stolpersteine in den Weg und manchmal sprangen sie sich buchstäblich an die Kehle. Es war nie langweilig und mehr konnte man sich von Geschwistern wünschen.
 

Mit Ira kam sie immer klar, zu Gula und Acedia stand sie eher neutral. Die beiden kümmerten sich um ihre eigenen Angelegenheiten und hielten sich aus Streitereien meist raus. Sie hasste es nur, wenn sie die undankbare Aufgabe bekam, Acedia aufzuwecken. Die blauhaarige Sünde konnte überall schlafen, egal bei welchem Wetter oder Geräuschpegel, was ziemlich unfair war. Gula war eine Alkoholikerin, weswegen sie ständig unkonzentriert war, aber trotzdem irgendwie klar im Kopf blieb. Sie tat allerdings, was man ihr sagte, daher konnte Invidia darüber hinwegsehen.
 

So oder so musste sie da durch, auch wenn das bedeutete Superbias Gesicht und Stimme zu ertragen. Warum konnte der Palast nicht auf einer Klippe oder einem Gletscher stehen? Sie könnte dann dieses blonde Miststück einfach runter schubsen und behaupten es wäre ein Unfall gewesen. Ihre Schwestern würden wahrscheinlich sogar die Klappe halten. Ira und Avaritia würden sogar mithelfen.
 

Vor sich hin grummelnd stand sie von ihrem Bett auf. Lilith wollte sie und den Rest in ein paar Minuten im Esszimmer sehen. Als sie auf den Gang trat, kam ihr Acedia entgegen geschlurft. Wie immer waren ihre Haare zu Zöpfen zusammengebunden, die vollkommen durcheinander waren, als wäre sie gerade aus dem Bett gekrochen. Ihre blauen Augen waren kaum offen, also war sie wahrscheinlich wirklich vor einigen Minuten aufgewacht.
 

„Hey, Vidia...”, nuschelte sie. „Lang nich' gesehen....wie geht's?”
 

Die Angesprochene seufzte. „Alles wie immer, Ced. Hast du Lux schon gesehen?”
 

Die jüngere Aveira schüttelte den Kopf und gähnte. „Is' schon vorgegan' glaub ich...Ira is' auch los.”
 

„Dann komm, wir sollten Lilith nicht warten lassen.”
 

Acedia brummte zustimmend und setzte sich in Bewegung. Interessanterweise konnte sie sich extrem schnell bewegen, man musste sie nur genug dazu drängen, aber momentan war dies natürlich nicht der Fall. Sie begegneten kaum jemanden und wenn doch, suchte derjenige das Weite. Es war überall bekannt, dass die Schwestern gerne ihre Langeweile überwanden indem sie niedere Dämonen, die das Pech hatten ihnen über den Weg zu laufen, quälten oder sogar abschlachteten. Ärger bekamen sie dafür nie wirklich, höchstens einen strengen Blick doch da momentan ihre Gefolgsleute verstreut waren, hatte Lilith ihnen verboten jemanden umzubringen außer sie hatten ihre ausdrückliche Erlaubnis. Nachvollziehbar, aber ärgerlich.
 

Als sie am Esszimmer ankamen, machte sie sich gar nicht die Mühe anzuklopfen, sondern stieß einfach die Tür auf, was ihr missbilligende Blicke einbrachte, aber wen interessierte es? Sie ganz sicher nicht.
 

„Invidia!”, fauchte Superbia.
 

„Ja, so heiße ich?”, sagte sie in einem unschuldigen Tonfall, ließ sich auf dem Stuhl neben Ira nieder und legte wie sie ihre Füße auf den Tisch. Superbia lief rot an, Ira kicherte , Acedia ließ sich gegenüber von ihr und damit neben Luxuria nieder. Diese hatte wie Lilith rote Haare, jedoch waren diese glatt und gingen in den Spitzen in ein dunkles violett über. Ihre Augen waren ebenfalls rot-violett, außer für Sterbliche. Diese sahen die Farbe, welche sie am meisten ansprach.
 

Sie lächelte betörend. „Schön, dass du nicht verändert hast, Vidia.”
 

„Ebenfalls Lux. Dein Lippenstift ist immer noch furchtbar.”
 

„Genau das dachte ich gerade über deine Haare. Bist du heute schon mal an einer Haarbürste vorbei gelaufen?”
 

„Lass. Meine. Haare. Da. Raus.”, knurrte sie drohend. Niemand machte sich über ihre Haare lustig und ihre Schwester wusste das!
 

Die Aveira hob abwehrend die Hände. „Schon gut Süße, aber du hast angefangen.”
 

„Ja, ja.”
 

Die Tür ging auf und herein kam Lilith. Die Schwestern erhoben sich und knieten nieder. Invidia hasste es sich derartig zu unterwerfen, aber die Dämonenkönigin bestand darauf und sie wurde ziemlich ungemütlich, wenn sie ihren Willen nicht bekam. Nach einer kurzen Handbewegung seitens der Dämonin durften sie sich wieder hinsetzen.
 

„Gebieterin, wir stehen Euch zu Diensten.”, verkündete Superbia hingebungsvoll wie immer.
 

‚Schleimerin.‘, dachte Invidia abfällig. Ira schien ähnliche Gedanken zu haben, Luxuria verdrehte die Augen und begutachtete sich in ihrem Handspiegel, Acedia hatte bereits jegliches Interesse an der Konversation verloren. Am Ende würde ihr schon jemand sagen, was sie tun sollte und das reichte ihr.
 

„Gut, wir haben viel Arbeit  vor uns.”
 

In anderen Worten: Ich sitze mit einem Glas Wein auf meinem Thron und ihr macht den Rest. Wie immer. Sie kam direkt zum Punkt. Nicht, dass es jemanden überraschte. Obwohl Lilith in gewisser Weise ihre Mutter war, war es ihnen nicht erlaubt sie so anzusprechen. Es war immer "Meisterin", "Gebieterin" und so weiter. Für Lilith waren sie nur Handlanger, wenn auch sehr mächtige. Einer der Gründe, weswegen sie versuchten ihre Gunst zu erlangen. Wer wollte schon ewig vor jemanden buckeln müssen? Ehrlich gesagt war es ihr ein Rätsel, warum Lilith sie nicht als ihre Kinder ansah, immerhin wollte sie damals mit Satan unbedingt welche haben, nur er hatte sich quer gestellt. Vielleicht weil Satan nicht ihr Vater war und sie einfach nur Teile von Lilith sind? Innerlich seufzend, schob sie den Gedanken beiseite. Es war ohnehin egal.
 

„Gula und Avaritia sind noch immer gefangen, unsere Anhänger sind verstreut und der Winter naht. Momentan sind wir dabei Dörfer zu überfallen und die Vorräte zu stehlen, doch das wird nicht auf Dauer ausreichen. Die mir treuen Adelshäuser, welche damals ins Exil gingen, haben zwar Vorräte angelegt, doch noch immer ist es knapp. Glücklicherweise haben unsere Leute hier sich weiterhin wie befohlen um den Ackerbau und die Viehzucht gekümmert und in den letzten Jahren ebenfalls Vorräte angelegt. Vorerst sehe ich kein allzu großes Problem bezüglich Nahrung. Was mir Sorge bereitet ist Ausrüstung, genau gesagt Waffen. Wir haben hier kaum Metalle oder besser gesagt große Probleme welche zu finden.”
 

„Also brauchen wir Avaritia.”, stellte Ira fest.
 

„Ganz genau.”
 

„Meinetwegen übernehme ich das, solange ich nicht Gula befreien muss.”, warf Luxuria ein, legte ihren Spiegel beiseite und verdrehte theatralisch die Augen. „Beelzebub kann es absolut nicht leiden, wenn man unerlaubt sein Gebiet betritt und er hetzt einem sofort seine Haustiere auf den Hals. Seine Spinnen jagen mir immer einen Schauer über den Rücken.”
 

„Du wirst tun, was ich dir sage.”, erwiderte Lilith kalt. Die Drohung danach musste nicht ausgesprochen werden, jeder erkannte sie.
 

Die zweitälteste Sünde senkte den Kopf. „Natürlich, entschuldigt.”
 

„Die Spinnen dürften sowieso Geschichte sein.”, mischte sich nun Invidia ein. „Satan hat einen großen Teil von ihnen verbrannt.”
 

Sie erhielt einen überraschten Blick von der älteren Aveira. „Woher weißt du das schon wieder? Du bist erst vor ein paar Tagen entkommen.”
 

Sofort breitete sich ein Grinsen auf ihrem Gesicht aus. Es war doch immer wieder schön, wenn andere von einem beindruckt waren. „Ich habe meine Quellen.~ Abgesehen davon ist es mein Job zu wissen, was in Gehenna los ist und Informationen zu sammeln. Hier passiert nichts ohne mein Wissen.”
 

Superbia schnaubte herablassend. „Natürlich. Dann erleuchte uns doch mal und erzähle etwas, was wir noch nicht wissen.”
 

Herausforderung angenommen.
 

„Der Nephilim hat seinen Zahnstocher zurückbekommen, Haus Valac plant ihn umbringen zu lassen, aber dürfte scheitern und Iggy hat noch immer nicht verstanden, dass diese weißhaarige Göre -Agares war es?- auf ihn steht.”
 

„Letzteres überrascht mich jetz' nich' so...”, nuschelte Acedia, welche scheinbar doch mit halbem Ohr zugehört hatte.
 

„Aber echt, er wird so nie 'ne Freundin bekommen.”, bestätigte Ira seufzend. „Aber was meinst du mit Zahnstocher, Vidia?”
 

Auch Liliths Interesse war geweckt und ihre Augen verengten sich. „ Er hat das Kōmaken zurückbekommen? Bist du sicher?”
 

„Japp, Kurikura ist wieder in seinen Händen. Satan hat Schiss, dass wir bald angreifen und will ihn vorbereiten. Er lässt ihn aber nicht mit im Krieg kämpfen, weil er noch unerfahren und sein Erbe ist.”
 

„Moment, redet ihr hier von einem Dämonenabschlachter?”, fuhr Ira dazwischen, sichtlich aufgeregt. Als sie nickten, wandte sie sich an Lilith. „Kann ich das haben, wenn wir ihn mit ihm fertig sind? Ich hatte noch nie eins!”
 

Die Dämonengöttin winkte ab. „Wir haben jetzt dringendere Angelegenheiten. Satan will ihm also beibringen mit seinem Schwert umzugehen. Unerwartet...aber nicht unwillkommen.”
 

„Ähm...ist das nicht für ihn eine Möglichkeit mehr uns anzuzünden?”, erkundigte sich Invidia.
 

„Was denn, hast du Angst, Vidi?”, höhnte Superbia.
 

„Ich weiß ja nicht wie es dir geht, aber ich mag kein Feuer und habe Satans Flammen noch allzu gut im Gedächtnis!”, fauchte die Gestaltwandlerin schnippisch.
 

„Ruhe!” Beide kamen sofort der Aufforderung nach. „Im Moment ist es wichtig unser weiteres Vorgehen zu planen. Wenn wir uns geschickt anstellen, müssen wir nicht mal kämpfen. Wir müssen nur seine Machtbasis zum Einsturz bringen.”
 

Luxuria summte zustimmend. „Die Adelshäuser, sein Volk und seine Kinder.”
 

„Ganz genau. Seit wir versiegelt wurden, hat sich einiges im Adel getan. Die Häuser stehen zum Teil unter neuer Führung. Viele sind jung und interessieren sich eher für ihr Leben im Luxus und Macht. Ihnen wird es relativ egal sein, wer auf dem Thron sitzt solange sie ihr komfortables Leben weiterführen können. Die kleineren Häuser versuchen sich mehr Einfluss zu verschaffen und würden sicher nicht nein sagen, wenn man ihnen eine höhere Machtposition verschafft. Sie wollen keinen Krieg, weil es teuer und unbequem ist, also werden sie einfach beiseitetreten, wenn wir das Entsprechende anbieten. Wenn sich der Adel und damit auch der Rat spaltet, wird das Volk es zuerst zu spüren bekommen. Sie mussten in den letzten Monaten bereits viel mitmachen und die jüngsten Ereignisse werden ihr Vertrauen in die Krone geschwächt haben. Man munkelt sogar bereits von geplanten Aufständen. Ich wette, wenn wir den Druck auf sie erhöhen, werden sie einknicken bevor das Jahr um ist.”
 

Das klang nach einer Aufgabe für Invidia. Sie war schon immer gut darin Unruhe zu stiften. Wenn man sich dann in jede beliebige Person verwandeln konnte, machte es sogar noch mehr Spaß. „Ich könnte einige Hetzreden halten, falsche Informationen verbreiten und ein paar Aufstände anzetteln. Oh, ein paar Attentate und Grundwasservergiftungen haben auch noch nie geschadet.” Sie kam nun richtig in Fahrt und hatte haufenweise Ideen.
 

„Genau das wird deine Aufgabe werden.”, bestätigte Lilith. „Du musst so viel Chaos wie möglich verbreiten. Wenn man die momentanen Zustände bedenkt, dürfte es nicht schwer sein weitere Unzufriedenheit zu stiften.”
 

An Tagen wie diesen liebte Invidia ihre Arbeit. Chaos und Panik verbreiten, Unschuldige massakrieren lassen, Misstrauen sähen und dabei einen Platz in der ersten Reihe haben. Das würde eine hervorragende Woche werden, eventuell sogar noch besser als sie damals Salacia verschleppt hatte. Vielleicht sollte sie das Iggy bei ihrer nächsten Begegnung unter die Nase reiben.
 

„Wenn ich fertig bin, werden die Leichen die Straßen verstopfen und man wird sich für jedes Stückchen Fleisch an die Kehle springen.~”, kicherte sie, nun vollkommen motiviert und mit der Begeisterung eines kleinen Kindes.
 

Lilith lächelte. „Mit weniger würde ich mich auch nicht zufrieden geben. Nun zum interessantesten: den Dämonenkönigen. Wir müssen sie auseinanderbringen.”
 

„Das wird nicht einfach.”, gab Superbia zu bedenken.
 

„Vielleicht doch. Azazel steht kurz vor dem Zusammenbruch, wir müssen ihn nur noch etwas weiter Richtung Kante stoßen. Er hat niemanden an den er sich wenden kann und selbst wenn er alles gestehen könnte, würden man ihn als Verräter hinzurichten. So oder so ist sein Verstand am zerbrechen. Dann wird er uns endgültig aus der Hand fressen.”
 

Luxuria kicherte. „Ich wette, wir können den Rest genauso gut manipulieren. Schlussendlich sind alle Männer gleich.”
 

„Ich wäre mir da nicht so sicher.”, hielt Ira dagegen. „Samael hat uns bereits einmal hereingelegt. An ihn und Lucifer werden wir kaum rankommen. Iblis und Astaroth sind nicht die hellsten Flammen in Helheimr, aber auch nicht dumm. Egyn könnte ein schwaches Glied sein, bei Amaimon und Beelzebub habe ich keine Ahnung, wie wir sie manipulieren sollen. Ich weiß nie, was bei denen im Kopf vorgeht.”
 

„Dennoch habe sie alle eine gemeinsame Achillesferse. Der Nephilim.”
 

Zustimmendes Murmeln erklang, Lilith stützte ihren Kopf auf eine Hand auf. „Ich hatte ursprünglich vor ihn zu töten sobald ich draußen bin, aber ich habe inzwischen erkannt, dass er lebend nützlicher sein könnte. Seine Flammen würden die Eroberung Assiahs und Gehennas wesentlich erleichtern, außerdem hätten wir ein Druckmittel für Satan und seine Hurensöhne.”
 

„Nie im Leben kommen wir an ihn heran.”, murmelte Superbia kopfschüttelnd und ausnahmsweise stimmten ihr alle Schwestern aus vollstem Herzen zu. Doch Lilith lachte leise.
 

„Da wäre ich mir nicht so sicher. Warum sollten wir uns die Mühe machen zu ihm zu gelangen, wenn jemand längst dort ist, der das für uns erledigen kann?”
 

Nun begannen auch die Aveira zu grinsen. „Das würden sie nie im Leben kommen sehen.”, kicherte Invidia sadistisch. Abgesehen davon wäre das Gesicht des Nephilim unbezahlbar.
 

Dennoch gab es ein Problem. „Er wird sich nie unterwerfen.”, seufzte Superbia. „Ich könnte allerdings meine Kräfte an ihm ausprobieren. Wenn wir vorher seinen Geist schwächen, könnte es funktionieren.”
 

Die Dämonengöttin machte eine abwertende Handbewegung. „Du musst größer denken, Superbia. Je weiter er weg ist, desto geringer wäre dein Einfluss. Außerdem ist er zu hochrangig. Besitz von ihm zu ergreifen ist so viel einfacher.”
 

Sie erhielt äußert verdatterte Gesichter als Antwort. Acedia dagegen hatte begonnen leise zu schnarchen. Ihre Schwestern waren jedoch so sehr von der Aussage ihrer Meisterin überrascht, dass sie es nicht bemerkten und demzufolge nicht reagierten. Vielleicht interessierte es sie auch einfach nicht. Ihre Mutter dagegen schon. „ACEDIA!”
 

Die blauhaarige Sünde zuckte zusammen und sah sich verwirrt und mit halb geschlossenen Augen um. „Was'n los? Ähm...Vidia hat Recht...Satans Flammen sind kein Spaß, Bia...”
 

„Damit sind wir längst fertig! Und höre auf mit diesem Spitznamen!”, fauchte die blonde Aveira zähnefletschend, während Ira und Invidia hämisch kicherten.
 

„....Sorry.......?”
 

Lilith massierte sich genervt ihre Schläfen. „Höre endlich zu oder nehme dich wieder in meinem Körper auf und erschaffe dich neu!”
 

Die Aveira zuckten zusammen. Da sie in gewisser Weise Teile von Liliths Persönlichkeit verkörperten, konnte diese sie jederzeit vernichten und neu erschaffen. Die alte Verkörperung war damit gestorben. Sämtliche Erinnerungen waren futsch, eventuell veränderte sich die Persönlichkeit und das Aussehen. Bisher musste das glücklicherweise keine von ihnen durchmachen, sie kannten die Folgen nur von Beschreibungen aus Büchern. Alle wussten, dass es keine leere Drohung war. Acedia sank etwas auf ihrem Stuhl zusammen und nickte schnell. „Bitte vergebt mir, Meisterin.”, murmelte sie unterwürfig.
 

„Das dachte ich mir. Also wo waren wir?”
 

„Der Nephilim...”, antwortete Luxuria seufzend, dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit erneut an Lilith. „Besitzergreifung? Wie?”
 

„Wenn du kurz still sein würdest, könnte ich es erklären!”, wurde sie gerügt. „Wie ihr alle wissen solltet, wird eine Person anfälliger für eine Besitzergreifung je öfter diese von statten geht. Er wurde bisher nur einmal von mir übernommen, aber es wird mir dennoch beim nächsten Fall etwas einfacher fallen, es erneut zu tun. Allerdings habe ich keine Zeit dafür ihm ewig zuzureden. Es wäre um einiges einfacher vorher seinen Willen zu brechen.”
 

„Gebt uns eine Woche und er wird vor Euch im Dreck kriechen.”, grinste Ira und Invidia nickte eifrig.
 

„Daran habe ich keinen Zweifel, allerdings muss es vorerst warten. Er ist noch zu gut geschützt. Ein weiterer Grund einen Keil zwischen die Dämonenkönige zu treiben. Zuerst kümmern wir uns also um den Adel und das gemeine Volk.”
 

Erneut erhielt sie zustimmendes Nicken. Was auch sonst? Keiner war dumm genug, ihre Entscheidungen in Frage zu stellen.
 

„Invidia, du fängst mit Hâlogir an. Agneya liegt am nächsten, also kommt das zuerst dran.”
 

Die Sünde nickte. Agneya war Iblis Reich und Hâlogir die Hauptstadt. Sie mochte Feuer nicht besonders, hatte schon fast Angst davor, denn sie hatte in der Vergangenheit einige unschöne Erfahrungen gemacht. Allerdings wagte sie nicht, etwas zu sagen.
 

„Ira, du führst die Überfälle auf die Dörfer an der Grenze an. Ich habe sie auf der Karte markiert. Nehmt alle Vorräte mit, die ihr findet. Je gnadenloser die Angriffe sind, desto besser. Sei also gründlich!”
 

„Es wird keine Überlebenden geben.”, versprach sie grinsend, die Vorfreude offensichtlich.
 

„...Ja, das dürfte gründlich genug sein. Der Rest von euch kommt nachher zu mir. Wir treffen uns in einer halben Stunde mit Naama, Ravana, Hedammu und Anaya. Wir müssen den Ausbruch aus dem Tartaros und die Zerstörung der restlichen Siegel planen.”
 

Damit waren sie endlich entlassen.
 

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„Na, das lief doch besser als erwartet.”, kommentierte Ira als sie mit Invidia in einem leeren Gang stand. „Wie immer dürfen wir die ganze Drecksarbeit machen, aber das wundert wohl keinen.”
 

Invidia zuckte mit den Schultern. „Solange ich andere leiden lassen kann, ist mir das egal. Besonders Satan und seine Bastarde. Diese Versieglung war ein Albtraum. Ein paar Jahrhunderte länger und ich hätte den Verstand verloren. Den Gefallen will ich erwidern.”
 

Die jüngere Aveira kicherte. „So viel von deinem Verstand ist ohnehin nicht mehr übrig, Vidia. Das wäre kaum aufgefallen.” Sie wurde wieder ernst. „Ich verstehe allerdings, was du meinst. Das war ein verdammt mieses Gefühl. Als wäre man...”
 

„Im Nichts, umgeben von vollkommener Dunkelheit, ohne auch nur ein Geräusch zu hören?”, mischte sich eine neue Stimme ein.
 

Ira verdrehte die Augen. „Wie oft habe ich dir schon gesagt, dass du uns nicht belauschen sollst, Luxuria?!”
 

„Schon öfter.”, ertönte die Antwort als die zweitälteste Sünde aus dem Schatten trat. „Aber meine Beschreibung trifft es gut, nicht wahr? Man ist nicht am Leben, nicht tot sondern irgendwo dazwischen. Hin und wieder hat man den Eindruck, man würde etwas von der Außenwelt mitbekommen, doch sieht schnell ein, dass es nur Wunschdenken war. Irgendwann hört man dann die Stimmen und eh man sich versieht, kommen die schlimmsten Erinnerungen wieder hoch.”
 

„Die Zeit scheint nicht zu existieren und man spürt, wie sich langsam, aber sicher der Verstand verabschiedet. Ja, das trifft es gut.”, ergänzte die Gestaltwandlerin düster. „Schätze, so fühlen sich auch Acedias Opfer, nachdem sie ihren Verstand eingesperrt hat. Vollkommen am Ende und ein Schritt vom kompletten Wahnsinn entfernt.” Schweigen folgte, dann begann sie plötzlich laut zu lachen und warf ihre Haare zurück. „Gehenna, ihr solltet mal eure Gesichter sehen. Schaut nicht so trübe drein, sonst endet ihr noch wie Acedia.~ War alles nur ein Witz.”, erklärte sie grinsend.
 

Ira seufzte. „Ich fand es schon immer unheimlich, wie schnell sich dein Gemütszustand ändert.”
 

„Dafür wirst du extrem schnell wütend und das oft wegen Kleinigkeiten.”
 

„Klappe Lux, ich bin nun mal 'ne Verkörperung vom Zorn! Immerhin steige ich nicht mit alles und jedem in die Kiste!”
 

„Und wie du dich sicher entsinnen wirst, bin ich Wollust. Ich ziehe Stärke  daraus und abgesehen davon lassen sich andere damit wesentlich leichter manipulieren.”
 

„Kann ich nur bestätigen.”, antwortete Invidia. „Also wo steckt Acedia? Nein warte...sie schläft?”
 

„Was sonst? Ich weiß jetzt schon, dass ich sie nachher aufwecken darf, sonst wirft Mutter sie den Drachen vor.”, grummelte Luxuria.
 

Ira hob eine Augenbraue. „Wir haben Drachen? Ich dachte, unsere wurden damals alle getötet.”
 

Die ältere Aveira verdrehte theatralisch die Augen. „Das ist eine Redensart, Ira. Das solltest du eigentlich wissen.”
 

„Was auch immer.” Sie wandte sich um. „Ich bin weg, Dorfbewohner massakrieren sich nicht von alleine.”
 

„Töte ein paar für mich mit, ja?~”, rief Invidia ihr hinterher.
 

„Sicher, du auch.”
 

„Mach ich.” Sie wandte sich an Luxuria. „Also man sieht sich, Lux.”
 

„Pass auf dich auf, Vidia.”
 

„Vorsicht, sonst könnte man noch glauben, dass du dich wirklich um uns sorgt.”
 

„Autsch.”
 

„Recht hat sie!”, rief Ira obwohl sie längst um die Ecke war. Die hörte aber auch immer, was sie nicht hören sollte.
 

Als sie endlich alleine war, strich sich Luxuria seufzend eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Warum muss ich so viele Geschwister haben?” Ein Lächeln stahl sich auf ihre Lippen. „Immerhin wird es nie langweilig.” Damit machte sie sich auf den Weg zu Acedia, vor sich hin rätselnd wie sie sie denn heute aus dem Bett bekommen würde.
 

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Ira war endlich fertig damit ihre Waffen zu schärfen und betrat nun einen der äußeren Trainingshöfe auf dem sich bereits die Truppen sammelten. Einige der Anwesenden kannte sie von früheren Aufträgen, es waren also zumindest ein paar Veteranen dabei. Nur vereinzelt konnte man Nervosität und damit jene, die heute zum ersten Mal kämpfen würden, erkennen. Natürlich war jegliche Sorge vollkommen unberechtigt. Einfache Dorfbewohner wussten nur selten, wie man kämpfte oder gar mit einer Waffe umzugehen. Selbst wenn es Soldaten darunter gab, waren es nie genug, um einen Überfall abzuwehren. Sobald sie die Grenze überwunden hatten, war er ohnehin vorbei. Selbst Eliteeinheiten würden dann nichts mehr bringen. Sie entdeckte Aulak, welcher einer größeren Gruppe die Strategie erklärte. Sie trat langsam näher und wartete mit verschränkten Armen darauf, dass der Alukah fertig wurde. Endlich wandte er sich an sie. „Ira, es ist lange her.”
 

Sie zuckte mit den Schultern. „Tja, leider kann man keine Nachrichten schicken oder auf einen Besuch vorbei kommen, wenn man versiegelt ist. Ich habe gehört, dass es dir gelungen ist, dich all die Jahre zu verstecken. Ich bin nicht sicher, ob ich beeindruckt sein soll oder dir für deine Feigheit die Eingeweide rausreißen soll.”
 

Den Alukah ließ die Drohung kalt und er lächelte. „Ich bin geflohen, das ist wahr. Allerdings habe ich nie unsere Wege vergessen. Ich bin Lilith und euch stets treu gewesen.”
 

„Andere saßen für uns im Tartaros.”
 

„Andere haben kapituliert und mit dem Feind zusammengearbeitet, um sich aus der Affäre zu ziehen. Manche haben zwar den Ruf gehört, doch sind nicht erschienen.”, hielt Aulak dagegen. „Und da ich nicht im Tartaros sitze, kann ich nun dienen. Ist das nicht eine bessere Lösung?”
 

Die Aveira verdrehte die Augen. „Schätze, du hast recht. Bist du nur aus Nostalgiegründen hier oder machst du mit?”
 

„Natürlich komme ich mit. Ganz wie in den alten Zeiten. Es ist zu lange her, dass ich ein solches Buffet hatte.”
 

Ira begann zu grinsen. „Hast du immer noch eine Schwäche für junge Frauen und Kinder?”
 

„Was sonst? Je jünger desto besser. Außerdem sind ihre Reaktionen hervorragend.”
 

„Ich bevorzuge immer noch Männer. Sie lassen sich so schön zum Narren halten.”
 

„Du klingst wie Luxuria.”
 

„...Sag das nochmal und ich reiße dir den Kiefer raus und kippe Weihwasser in deinen Rachen.”
 

„...Notiert.”
 

Kopfschüttelnd wandte sie sich um. Noch immer waren die Vorbereitungen nicht abgeschlossen. „IN FÜNF MINUTEN GEHT ES LOS!”, rief sie über den Hof. „WER BIS DAHIN NICHT FERTIG IST, WIRD MITGESCHLIFFEN UND ALS LEBENDER SCHUTZSCHILD ODER FUTTER FÜR DIE NACHTMAHRE GENOMMEN!”
 

Ira war ein wahres Motivationstalent. Sofort ging alles wesentlich schneller voran.
 

„Was ist eigentlich mit Invidia?”, erkundigte sich Aulak.
 

„Sie ist anderweitig beschäftigt.”, kam die knappe Antwort. „Mache dich lieber fertig. Die Ankündigung trifft auch auf dich zu.”
 

Damit ließ sie ihn stehen und ging zu ihrem Nachtmahr. Diese sahen auf dem ersten Blick aus wie gewöhnliche Pferde, allerdings waren sie wesentlich heimtückischer, gefährlicher und intelligenter. Alle waren pechschwarz, groß und kräftig, aber dennoch schnell und wendig. Ihre Augen waren vollkommen blutrot und schienen zu glühen, die Zähne waren lange, spitze Hauer. Natürlich ernährten sie sich von Fleisch. Jeder, der sich ihnen unerlaubt näherte, landete auf ihrer Speisekarte. Wenn derjenige Glück hatte, wurde er vorher niedergetrampelt und danach erst gefressen. Früher lebten Nachtmahre nur in Manala, dem Reiche Azazels, doch inzwischen wurden sie in ganz Gehenna genutzt. Allerdings wurden sie nach wie vor nur in Manala gezüchtet. Es war recht knifflig gewesen sie zu besorgen, denn auf dem Schwarzmarkt waren sie begehrte Mangelware. Außerdem blieben sie ihrem Besitzer bis zum Tode treu, gestohlene brachten demzufolge nicht viel. Ausschließlich Fohlen wurden genommen. Das Tier hob den Kopf und sah sie eindringlich an.
 

Langsam hob die Aveira die Hand und strich dem Hengst über die Nüstern. „Es ist viel zu lange her, Ares. Haben sich die Idioten gut ihm dich gekümmert während ich weg war?”
 

Ares schnaubte und scharrte ungeduldig mit seinen Hufen. Kleine Funken stoben dabei auf.
 

„Ja, ich weiß. Du wartest nicht gern und willst lieber los. Keine Sorge, es ist das Warten wert, denn in wenigen Stunden wirst du ein ganzes Dorf Frischfleisch haben. Es schmeckt so viel besser, wenn das Essen noch zappelt, oder?”
 

Ares schnaubte, als würde er zustimmen. Ira grinste und stieg auf. „ES GEHT LOS!”, brüllte sie. Sie wartete gar nicht darauf, dass alle in Position gingen, sondern trieb das Tier sofort an. Wie konnte man seine Rückkehr besser feiern, als mit einem guten Gemetzel?

 

 

 



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