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SAO: Alternative Sword Art Online

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Koautor: abgemeldet

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Tolbana

Im normalen Schritttempo traben wir die Straße entlang.

Die Ruhe der Nacht beruhigt mich. Die Luft ist angenehm kühl, der Mond scheint ziemlich hell und die Atmosphäre wirkt trügerisch idyllisch.

Daichi und ich laufen eher schweigend im zügigen Tempo unseres Weges, wobei ich alle paar Minuten einen Blick auf die Karte werfe. Schließlich kenne ich mich hier null aus und es gibt ja auch keine Minimap auf die man schauen kann!

Die nächste Stadt lautet Horunka. Das Dorf ist ziemlich klein. Außer einer kleinen Herberge und zwei Geschäften gibt es hier nichts.

Wir beziehen unsere Zimmer und legen uns für den Tag schlafen.
 

Am nächsten Morgen werde ich nach Sonnenaufgang wach. Ich habe sechs Stunden geschlafen und mein Biorhythmus ist der Meinung, kurz mal zumindest, wach werden zu müssen. Was eine Ironie, wo doch mein wirklicher Körper 24/7 ‚schläft‘. Zumindest auf eine gewisse Art und Weise.

Es ist wirklich erstaunlich wie sie selbst so eine Kleinigkeit in das Spiel übersetzt bekommen, aber keine gescheite UI liefern können. Immer wieder erstaunlich.

Ich bekomme große Lust, mich einfach nochmal in den Schlaf zurück zu befördern, aber mein Hirn ist vorbei an „wie viel Uhr ist es?“ (7 Uhr wohl) zu „was ist gestern alles passiert und wann ist heute?“ übergesprungen, sodass ich gleich aufstehen kann.

Ich betrete das Bad, putze mir die Zähne und mache mich kurz frisch, sacke die Billigzahnbürste und Zahnpaste des Hotels ein und verlasse mein Zimmer.

Ich klopfe leise ein paar Mal an Daichis Zimmertür aber da es keine Antwort gibt, schleiche ich mich, überzeugt, dass er wahrscheinlich noch tief in seinen Träumen schlummert, leise aus dem Hotel hinaus, um etwas spazieren zu gehen.

Es ist wohl noch recht früh, denn das kleine Dorf ist leer und eine angenehme Ruhe legt sich auf die Umgebung weit und breit. Jetzt wo die Sonne scheint, kann ich auch das Umland sehen. Das Dorf wird von weitem Grasland umrundet. Wenn ich mich recht überlege, sind wir dabei vor allem umgeben von Wildschweinen, mit denen ich gestern schon konfrontiert war, Wölfen und gigantischen Käfermonstern.

Ich versuche mich ein oder zwei Mal zum Joggen zu bewegen, aber in diesem Outfit joggt es sich katastrophal. Die Kleidung ist nicht für Ausdauerlauf gemacht und die Schuhe sind dafür absolut ungeeignet, sodass ich nach einigen hundert Metern zur Wiese abdrifte und mich einer Tätigkeit widme, auf die ich noch weniger Bock hatte als Laufen: Sword Skills lernen.

Egal was in SAO passieren wird, craften kann man locker nebenher, aber das Kämpfen wird eine Primärrolle einnehmen. Ich muss meine Sword Skills lernen und so perfektionieren wie es geht. Nachdem dieses Spiel ein etwas anderes Kampfsystem hat als andere MMOs, bin ich zumindest schon mal weniger an Ratios oder etwas der Art gebunden. Hoffe ich zumindest. Ich hätte gerne Zettel und Papier, wenn ich ehrlich bin. Ich probiere ein paar mir logisch erscheinende Posen aus, ob sie irgendeinen Sword Skill triggern, aber ich finde nichts Neues. Vorerst kann ich also nur drei Daggerskills. Ich versuche ein bisschen rumzuprobieren, wie ich sie sinnvoll kombinieren kann. Immerhin gibt es so etwas wie cooldown oder post-motion-Delay zu überbrücken, die können einen echt töten. Gott sei Dank gehören Dolche eher zur Fastpace-Sorte, sodass da meine Zeiten wohl eher zu den kürzeren gehören dürfen, aber alles was mich unbeweglich macht ist potentiell schlecht.

Das System übernehmen lassen, geht erstaunlich gut. Mittlerweile erwarte ich die Bewegungen, was das Ganze angenehmer macht. Und ich muss mich wirklich bemühen, vom System zu denken, dass es mich unterstützt, aber dann ist es wirklich erträglich.

Nach einiger Zeit macht es sogar echt Spaß. Generell, weil ich ja schon Sport mag, aber die coolen Moves die man auf einmal machen kann, die man in der Realität nie könnte, sind schon verdammt awesome. Ich meine, ich konnte nie Salti und werde sie auch nie können, aber hier machen ich mehrere hintereinander, absolut ohne Probleme und in einer Geschwindigkeit, jeder Anime wäre neid…moment SAO ist ein Anime.

Äh ja, also ich wirble eine Weile wild herum und als die Kirchenglocken 9 Uhr verkünden, glaube ich zumindest, dackle ich in das Dorf zurück, wo jetzt schon deutlich mehr los ist. Vor meinen Augen tanzt die Systemschrift auf dem Rückweg auf und ab:

"Skill «One-handed Dagger» reached Level 3!"

“Skill «Acrobatics» reached Level 3”
 

In Dorf angekommen haben die zwei Geschäfte schon geöffnet, ein alter Mann kehrt an der Straße und der Mann unserer Rezeption ist auch gerade dabei, das Hotel offiziell aufzusperren. Ich begrüße ihn fröhlich als ich das Hotel betrete. Unerwartet kommt mir, als ich zur Treppe zu den Zimmern komme, ein gehetzter Daichi entgegen, der prompt in mich hineinrennt.

„Guten Morgen!“, grüße ich ihn auch gut gelaunt.

Aber anstatt, dass der Gruß zurückkommt, werde ich an den Oberarmen gepackt und wild geschüttelt.

„Wo? Warst? Du?“, fragt er für meinen Geschmack ein bisschen zu laut.

Bei mir schaltet instant alles um auf den Analytikermodus.

„Komm erst mal runter“, antworte ich darauf recht monoton und mustere ihn mit meinem emotionslosen Gesicht. Daichi hört freundlicherweise auf damit, mich herumzuschütteln und entschuldigt sich.

„Sorry. Dein Zimmer war frei und ich hab Panik gekriegt“, gesteht er.

„Alles gut, ich war draußen spazieren“, erkläre ich.

„Wollen wir uns was zum Frühstücken suchen?“, frage ich ihn, bis mir einfällt, dass wir ingame ja gar nicht essen müssen, um zu überleben. Mein echter Körper hängt wahrscheinlich an irgendeiner Maschine oder so. Witzig wie locker ich das gerade nehme. Vielleicht besser so, kann ich ja eh nicht ändern.

„Oh nvm, wir müssen ja gar nicht essen um zu überleben“, korrigiere ich mich also schnell, werde allerdings von einem Magengrummeln unterbrochen.

Ja stimmt, im Handbuch stand irgendetwas von wegen, das Müdigkeitsgefühl und das Hungergefühl gibt es ingame trotzdem. Nur auf Toilette zu müssen gibt es nicht. How convenient.

Da ich aber kein „Hungergefühl“ kenne, fällt das dann wohl für mich weg. Mein einziger Indikator für „Hunger“ ist, wenn mein Magen knurrt. Gäbe es das Geräusch nicht, wüsste ich wahrscheinlich nicht mal, dass ich Hunger hätte.

Mein Vater würde das sicher kommentieren mit: „Du bist so gesegnet, du weißt gar nicht was wirklich „Hunger“ bedeutet.“ Und wahrscheinlich liegt das auch daran. Ohne jetzt eine ganz andere Diskussion aufmachen zu wollen.

„Lass uns trotzdem essen“, meint Daichi lachend.

„Warum?“, frage ich mit einer gehobenen Augenbraue, da ich darin keinen Sinn sehe.

Ich bin es von meinem normalen Studentenleben gewöhnt, dass mein Magen permanent grummelt, als auch, dass ich manche Tage nur mit einer Mahlzeit oder im schlimmsten Fall sogar mit gar keiner Mahlzeit verbringe. Ich bin nicht stolz darauf, aber ich mach es nun mal. Es ist eine meiner schlechtesten Angewohnheiten, die ich als alleine lebende, die nicht kochen kann und die geregelten Essenszeiten der Familie nicht mehr hat, nicht abgelegt bekomme. Ein bisschen entgegenwirkend war es, dass ich einfach irgendwann mit Kommilitonen immer in unserer Mensa mit Essen gegangen bin (die wirklich studentenfreundlich günstig ist und viel bietet für den Preis, wie ich finde). Aber nur, weil ich wusste, dass ich Essen muss und dass meine Essgewohnheiten katastrophal sind.

Jetzt, wo ich nicht mal Essen muss, warum sollte ich mich dann mit sowas befassen außer zu meinem eigenen Amusement, wenn man es so nennen kann? Klar Essen ist ein Luxus und ich esse sogar sehr gern, ich vergesse es eben nur regelmäßig, wenn ich andere Dinge im Kopf habe…und ich habe häufig und viele andere Dinge im Kopf. Meistens Kram den ich erledigen muss oder all das ganze andere Zeug, das bei mir sekündlich analysiert wird. Was erwartet ihr? Ich habe nicht mehr Gehirnkapazität als andere. Wenn ich mehr Kapazität mit überanalysieren verwende, werden halt andere Gedanken eben nicht gedacht.

„Dein Magen hat gerade geknurrt und du fragst warum wir essen sollten?“, frag Daichi ungläubig.

„Naja, ich muss ja nicht. Noch ist das mit dem Hunger nicht so schlimm, als dass ich es nicht ignorieren könnte und das Knurren hört schon irgendwann von selbst auf“, erwidere ich erfahrungsgemäß.

„Ein geregelter Ablauf ist wichtig um nicht wahnsinnig zu werden und essen beruhigt“, meint Daichi und zuckt mit den Schultern.

„Sure, why not. Aber dann lass mich bitte vorher kurz unter die Dusche“, bitte ich ihn und wir verabreden uns, in einer viertel Stunde vor der Unterkunft zu treffen.
 

Frisch geduscht machen wir uns also auf und kaufen uns zwei Brote bei einem Geschäft und suchen uns eine Bank, wo wir das eher arme Frühstück auffuttern. Währenddessen unterhalten wir uns ein bisschen über diese und jene Kleinigkeit. Nicht viel, denn die Brote sind schnell aufgegessen. In diesem kleinen Dorf gibt es da eher keine Auswahl. Aber besser als nichts. Und trockenes Brot schmeckt auch gut, außer dass man danach Durst hat wie sau.

„Also dann“, runde ich das Ganze ab, während ich demonstrativ Staub von meinen Klamotten klopfe.

„Was machen wir jetzt?“

„Uns vielleicht eine Gruppe suchen?“, schlägt Daichi vor.

Ich verziehe das Gesicht.

„Müssen wir?“

Von meiner Art her bin ich eher ein Soloplayer.

In Blade and Soul spiele ich mittlerweile mit anderen zusammen, weil ich an einem Punkt in dem Spiel angekommen bin, wo Solo spielen leider nicht mehr drin ist (Und zugegebenermaßen habe ich an diese beiden echt einen Narren gefressen). In FFXIV spiele ich mit dem einen Kumpel auch zu zweit, wie gesagt, Narren gefressen.

Aber sonst? Bin ich eigentlich eher ein Alleingangmensch. Ich suche mir meine Freunde aus und das kann meistens echt lange dauern. Meistens sind es die, wo wir trotz Pause immer wieder aufeinander zurückkommen und uns nie langweilig wird. Und Leute, die gewisse Werte natürlich zu teilen scheinen. Und am Ende ist wohl viel auch Bauchgefühl. Solche Leute sind selten. Ich hasse Drama, der bei zwischenmenschlichen Beziehungen entsteht, weil alle einfach irgendeine Rolle spielen müssen oder ein Ego zu bedienen haben oder schlicht nicht kommunizieren. Auf all den Quatsch habe ich keine Lust. Und egal wie sehr alle um mich behaupten, sie seien anders, am Ende verhalten sie sich anders als das was sie behaupten. Also sage ich einfach gleich “Lasst mir mei Ruh“, in etwas freundlicher natürlich.
 

„Na ja, es ist ein MMO“, lenkt Daichi ein.

„Die sind dafür da, dass man in Gruppen spielt“

Ich kneife meine Augenbrauen zusammen.

„Man kann sie trotzdem Solo oder zu zweit spielen tho?“, lenke ich ein.

„Zumindest ich hab das häufig bisher gemacht“, erkläre ich.

„Versteh mich nicht falsch, ich bin einfach nur…ich habs nicht so mit Leuten“, erkläre ich frustriert.

„Ich mag die meisten nicht, zumindest so nah an mir dran, dass ich sie als Freunde hätte, und die die ich gern als Freunde haben würde mögen mich meistens nicht. Und ich mag keine großen Gruppen“, lege ich meine Meinung dar.

„Na gut, dann lass uns einfach mal schauen wie weit wir kommen?“, meint Daichi Schultern zuckend.

„Danke“, erwidere ich erleichtert.

So begeben wir uns auf Questsuche.
 

Im Gegensatz zu den MMOs die ich kenne, gibt es in SAO keine Mainstoryline außer die 100 Etagen zu clearen. Also kann ich in der Theorie tun oder lassen was ich will. Logisch jedoch wäre es, natürlich so viele Quests wie möglich zu erledigen, die Waffen und Rüstung hochzuziehen und möglichst viele nützliche Skills zu lernen. Oder zumindest zu Kennen. Da es in diesem Game keine Symbole über den Köpfen von Charakteren gibt, die eine Quest triggern, ist die Standardmethode wohl einfach mit allen NPCs zu reden. Damit kann ich sicherlich einen großen Bereich abdecken. Alle anderen Quests muss ich wohl durch Informationsaustausch oder Ähnliches in Erfahrung bringen.

Ich muss zumindest schnell eine Möglichkeit finden, Dinge zu Notieren oder Kartografieren oder Ähnliches. Tatsächlich habe ich Glück und finde ein Notizbuch im Kramschladen des Dorfes. Es ist mit seinen 20 Cor ziemlich teuer wie ich finde, aber okay. Das Notizbuch ist gerade mein Wasser in der Wüste, also bin ich mal nicht so.

Ich hoffe, dass ich von meinem Questen das Geld schon irgendwie wieder reinholen werde. Zumindest weiß ich noch, dass Kirito in SAO absolut keine Probleme mit Geld hatte und soweit ich weiß war Kirito jemand, der nicht der Typ war, unnötig Geld auszugeben.

Wir fangen beim alten Mann an, der noch immer die Straße kehrt und komme schon an unsere erste Quest, die vergleichsweise langweilig ist: Töte 5 Wölfe, die die Ressourcen des Dorfs angreifen.

Einige weitere Quest finde wir in einem Haus mit einem NPC und ihrer kranken Tochter. Wir müssen ein spezielles Monsteritem bringen, dass das Mädchen wohl heilen soll.

Ansonsten waren im Dorf zunächst erst mal keine Quests zu finden.
 

Die Wölfe sind schnell besiegt, doch die Monster für das Heilmittel zu finden, ist bei Weitem schwieriger. Es handelt sich wohl um ein Monster, was einer blühenden Pflanze ähnelt, aber wir finden nur lauter geschlossene Knospen, und selbst die hatten wir erst gefunden, nachdem wir ein ganzes Stück abseits gen Westen gewandert waren.

„Wir können vielleicht künstlich das Viech zum spawnen zwingen?“, meinte Daichi, als wir das Gebiet umrundet haben und nicht fündig geworden sind.

„Wir töten die hier und erhöhen die Spawnchance indem wir sie künstlich schneller respawnen lassen?“, frage ich zurück.

Das klingt ganz nach meinem Geschmack. Kämpfen gibt EXP und Items. Den Nachmittag verbringen wir also damit unendlich viele Kelchartige Monster zu töten. Mein Inventar füllt sich mit lauter abgehackten Ranken und Blättern, die selbst laut Beschreibung absolut nutzlos sind. Erst am Abend endlich spawnt das gewünschte Monster und uns gelingt es, das Heilmittel zu ergattern.

„Oof, das war eine Doktorarbeit“, seufzt ein erschöpfter Daichi auf unserem Rückweg in das Dorf, während er seine Schultern kreisen lässt.

Das Dorf ist voll mit Leuten und mir wird unbehaglich. Wir waren den ganzen Tag draußen gewesen, also hatten wir nicht mitbekommen, dass die erste Welle an Spielern auch zum nächsten Dorf weitergewandert war.

Wir geben schnell unsere Quests ab, wobei wir bei der Medizinquest ein Schwert erhalten, was wohl in der Familie von Generation zu Generation immer weitergegeben worden war. Da ich eher Dolche präferiere, überlasse ich Daichi das Schwert, der sich wie ein Honigkuchenpferd freut, weil das Schwert für das Level ziemlich gut sein soll.
 

Fluchtartig verlassen wir das Dorf und machen uns weiter in eine Richtung, wo die Stadt möglichst weit weg scheint, um ein wenig mehr Ruhe zu haben. Wieder kommen wir Nachts spät an. Da es im nächsten Dorf aber keine Unterkunft gibt, suchen wir uns einen großen Baum im Wald davor und schlafen Nachts draußen.

Am nächsten Morgen folgen wir wieder dem guten alten System: Wir quatschen alle NPCs an und machen so viele Quests wie möglich. Wir gehen möglichst vielen Spielern dabei aus dem Weg.
 

Es vergehen eine Woche, in denen wir unzählige Pflanzenmonster, Wildschweine und gigantische Insektenarten für verwirrte und ängstliche Dorfbewohner töten. Hauptsächlich bekommen wir fast nur Exp oder Cor zum Dank, sodass wir am Ende der zweiten Woche beide bereits Lv 7 erreicht haben und uns mit unseren Skills ebenfalls etwa auf derselben Höhe befinden. Auch unsere Geldbeutel haben sich relativ gut gefüllt sodass ich bereits ein paar Mal meine immer noch geliebte Ausrüstung habe verbessern lassen. Es gab zwar zum Teil auch bessere Rüstung, aber momentan bin ich recht glücklich über die ungewöhnlich guten Statuswerte meiner Ausrüstung und dem Setbonus, der meine Chance, Attacken auszuweichen, auf unglaubliche 10% erhöht. Das ist für ein so niedriges Level ziemlich overpowered finde ich. Dementsprechend habe ich meine Rüstung kaum ausgetauscht. Sie mag zwar nicht perfekt sein, aber sie hält mit der Aufbesserung sehr gut mit. Daichi hatte auch schon Zugriff auf ein paar brauchbare Rüstungsteile erhalten und so wandelten wir in unserer Abenteuerlust durch die Gegend, immer darauf bedacht, auf unsere Leben aufzupassen.
 

Nach einer Woche ist es unmöglich geworden, den Spielern aus dem Weg zu gehen, denn grob wurde schon die gesamte Karte erkundet. Natürlich nicht bis in die feinsten Ecken, der Bossraum war noch nicht gefunden, aber die gesamten Spieler hatten sich relativ gut überall verteilt und so wie es scheint, hatten sich auch schon die ersten Gruppen gebildet. Daichi hatte begonnen, ab Mitte der Woche die soziale Interaktion zu vermissen und so hatten wir uns in unsere Freundeslisten hinzugefügt und beschlossen, zunächst getrennte Wege zu gehen.

Das soll nicht heißen, ich war nie in Dörfern oder Städten, einem guten Bett konnte ich sowieso nie widerstehen und meine Liebe fürs Baden hatte ich auch nachzukommen, aber ich bevorzugte es, Morgens die Zeitung zu lesen und dann Tagsüber mit Quests lieber in der Natur herumzustreunen, während Daichi in kürzester Zeit eine beeindruckende Menge an Bekanntschaften angesammelt hatte und auch so ein gigantisches Wissen an Skillung und Gear sein Eigen nennen konnte, als auch mich über das so ein oder andere Gerücht aufzuklären wusste.

Unter anderem lernte ich zum Beispiel, dass meine Rüstungsaufbesserung als Dolchuser ziemlich dämlich war. Mein Fokus lag natürlich auf Geschwindigkeit, also Speed, aber meine Panik hat mich dazu bewegt, meine Punkte als sekundären Fokus in die Verteidigung zu legen anstatt Accuracy. Defense&HP skillten die Leute hoch, die Tanks waren, nicht solche Leute wie ich, die den „Ninjastyle“ bevorzugten. Aber ich bin Stur, also behalte ich das bei. In Games sind generell Allrounder nicht sehr beliebt, da sie ihr Potential so nicht ausschöpfen, das ist mir bewusst, aber hier geht es um Leben und Tod, kann mir egal sein was andere für effiziente Skilllösungen gefunden haben, mein Fokus liegt beim „nicht-sterben“.

Im Gegenzug dazu kann ich Zeitungsinhalte mit ihm teilen. Unter anderem, dass Beta-Tester diskriminiert werden, sodass niemand mehr freiwillig laut verkündet einer zu sein und dass die Todesrate bei Betatestern bei 40% liegt, während sie bei den normalen Spielern bei etwa 20% liegt. Das ist erschreckend, denn es bedeutet, dass jeder 5te gestorben ist. Bei Betatestern sogar fast die Hälfte. Nachvollziehbar, da diese vermutlich aufgrund ihres Vorwissens Flüchtigkeitsfehler begangen hatten, die für sie tödlich geendet hatten. Ich beschließe also, immer vorsichtig zu sein, egal wie einfach oder simpel irgendetwas erscheint.
 

Nach zweieinhalb Wochen bin ich endlich in der Lage, mir einen einigermaßen brauchbaren neuen Dolch zu verschaffen. Ich weiß nicht, ob dieses Spiel einfach nur diskriminiert, aber am häufigsten droppten Schwerter oder schwertähnliche Waffen. Während Daichi, vor allem seitdem er viel unterwegs war mit all seinen neuen Rüstungen bei mir geprahlt hatte, war bei mir nur heiße Luft zu finden gewesen. Lediglich das «Anneal Blade» hatte er immer noch nicht ausgetauscht. Es sei viel zu gut, wohl. Ganz im Gegensatz zu meinen Dolchen. Die Werte waren eher mäh oder die Dolche gingen super schnell kaputt. Wie viele «Bronze Dagger»s ich schon zerstört hatte, weiß ich schon nicht mehr zu zählen. Ich hatte irgendwo aufgeschnappt, dass der Iron Dagger einigermaßen in Ordnung sei und viel Zeit damit verbracht, diese Waffe aufzuspüren. Und endlich hielt ich sie in meinen Händen. Klar, sie ist nicht perfekt, im Vergleich zu Daichis «Anneal Blade» ein Witz, aber besser als so manch anderen Kram den ich schon gehabt hatte und momentan weiß ich von keinem Besseren.
 

In der dritten Woche wurden die Spieler unruhig. Der Bossraum war noch immer nicht gefunden und die Verluste der toten Spieler saßen tief. Bei mir kam natürlich nicht allzu viel davon an, aber die Zeitung berichtete hin und wieder von Selbstmorden und dass die Prügeleien in den großen Städten zugenommen hätten.

Daichi und ich treffen uns an diesem Punkt kaum noch, ich bin häufiger alleine unterwegs und bin daher froh, dass ich meine etwas schräge Skillung beibehalten habe, denn das ein oder andere Minibossmonster war alleine schon echt heftig gewesen. Tränke im Kampf schlucken war eine Zeit lag Alltag gewesen, aber ich war zu Stur gewesen, um Daichi zu fragen, ob er mir helfen will. Er schien bei seinen Freunden viel mehr Spaß zu haben, er berichtete immer begeistert von alle den Quests die sie zusammen geschafft hatten und all die lustigen Geschichten, sodass ich ihn niemals um Hilfe bitten wollte, wenn ich doch weiß, wie viel Spaß er mit seinen Freunden hatte. Positiver Nebeneffekt war, dass ich den Skill «Battle Healing» gelernt hatte: Ein Skill, der mich während des Kampfes auch heilen ließ, anstatt nur außerhalb des Kampfes. Was Gutes hatte es also.

Allerdings fing ich an, mich ernsthaft zu fragen, warum Daichi eigentlich sich immer noch mit mir trifft. Er scheint viel mehr Spaß mit all den Leuten da draußen zu haben, ich frage mich, warum er nicht einfach einer Party oder einer Gilde beitritt und nicht mit denen weiterspielt. Ich meine, es war eine Frage der Zeit gewesen, bis ich ihm zu langweilig werde, das ist es meistens, aber wahrscheinlich traute er sich einfach nicht, das so offen zu sagen und fühlt sich verpflichtet, sich immer noch mit mir abzugeben. Ich beschließe, ihm das nächste Mal, wenn ich ihn treffe, klarzumachen, dass er sich die Mühe nicht machen braucht.
 

Ende der dritten Woche treffe ich Daichi wieder, der aufgeregt berichtet, dass der Bossraum endlich, nach drei Wochen, gefunden worden war und dass jemand versuchen würde, einen Raid aufzubauen. Sie hätten angeblich zu wenig Leute mit ausreichend Gear und Level, sodass er mich fragt, ob ich nicht mithelfen könne. Ehrlich gestanden habe ich absolut keine Lust. In SAO Endgame bedeutet Frontline zum Tod, aber ich gebe nach. Irgendeiner muss ja und anscheinend sind die meisten Leute nicht ausreichend ausgerüstet oder gelevelt.

Daichi und ich laufen also eher skeptisch zum Zentrum von Tolbana zum ersten Vortreffen. Ich war schon lange nicht mehr in Tolbana gewesen, die eine der größeren Städte der 1. Ebene darstellt. Die Stimmung ist irgendwie trist und dafür, dass das die zweitgrößte Stadt sein soll, erscheint sie mir etwas leer.

Am Treffpunkt angekommen, ragen vor uns Ruinenreste gen Himmel. Vor uns macht sich eine Öffnung in den Boden auf, die mich an ein typisch antikes Amphitheater erinnert. Treppensitzreihen steigen halbkreisförmig vor einem Platz auf, wo ein einzelner junger Mann mit silbrig bläulichem Haar steht und wohl darauf wartet, dass Leute eintrudeln.

Wir setzen uns in etwa Mittig an den Rand solch einer Treppenreihe und warten ruhig.

Es kommen nicht gerade viele Leute, was mich nicht weiter stört. Daichi hatte berichtet, dass nur die Leute, von denen sie wussten, dass sie in etwa im Endgame unterwegs sind, eingeladen worden sind, da der Rest vermutlich nicht besonders hilfreich sein würde.

Außer, dass es um den Floor Boss von Floor 1 gehen wird, hat Daichi mir auch nicht erzählt.
 

Nach einigem Warten hebt der Mann vor mir die Stimme und stellt sich als Diavel vor. Vor einigen Wochen hätten er und seine Party den Bossraum von Floor 1 entdeckt, so seine Aussage. Er sieht sich in der Pflicht, als Entdecker und einer der fortgeschrittensten Spieler, den Boss zu besiegen und den Weg zu Floor 2 zu öffnen. Dafür habe er uns alle gesammelt, die seines Wissens nach die stärksten Spieler ingame seien, um einen Raid zu gründen.
 

Mit halbem Ohr lausche ich ihm, wie er erklärt, die Strategie aufbauen zu wollen. In unseren Starterhandbüchern, was ich mittlerweile mehrfach durchgelesen habe und die meisten Infos kenne, sind nur die Bosse bis Floor zehn gelistet. So weit waren damals die Betatester gekommen.

Diavel berichtet weiter, wie er die Parties nach Funktion aufbauen wolle.

Eine Party besteht aus sechs Leuten. Ein Raid kann 8 Parties beherbegen. Quick Maths: 6x8 sind 48 Leute die wir brauchen.

Die Hälfte in etwa haben wir schon. Ich frage mich, wie wir Leute überhaupt anwerben wollen, denn jeder weiß: wer hier stirbt, stirbt für immer.

Was eigentlich wirklich ein Scherz ist, denn keine Sau kennt Bosspatterns bevor die ersten Gruppen in MMOs den Boss nach x-tausend Wipes verstanden haben.

Was meint ihr woher die ganzen Raid-Guides im Internet herkommen? Ganz sicher nicht von den Spielprogrammierern. Oh nein! Tausende von Spielern probieren den Boss immer und immer wieder und notieren sich dabei so präzise wie es geht, was passiert. Wer bekommt welchen Buff? Was für eine Attacke macht der? Kann man diese Attacke blocken oder nicht? Wird man cc’d wenn man getroffen wird oder nicht? Es ist normaler Bestandteil eines jeden MMOs, dass Raids mehrfachst wipen bis sie den Boss legen können. Das ist normal. Hier darf man das nicht und noch dazu gibt es nicht mal Heilerklassen oder Wiederbelebeklassen oder Items. Außer Potions. Aber Potions midfight trinken müssen ist wirklich lästig. Und der «Battle Healing»-Skill kann auch nur so viel aushelfen. Bevor ich hier wieder anfange darüber zu ranten, wie dumm das Spieldesign ist, widme ich mich zurück zum Geschehen um mich herum.

Vor mir ist ein Streit ausgebrochen, wo Betatester wieder laut diskriminiert werden.

Ich kann nicht verhindern, laut zu seufzen und mit den Augen zu Rollen. Nachdem das Ganze langsam zu eskalieren scheint und ich schon überlege, ob ich dazwischen plärren soll, erledigt ein groß und robust gebauter Mann das Ganze für mich. Agil. Ein erstaunlich netter Mann eigentlich, von meinem SAO-Wissen her. Mit seiner einschüchternden Art bringt er wieder Ruhe in den Laden, sodass Diavel endlich verkünden kann, dass er am nächsten Tag eine offizielle Versammlung eröffnen will. Er geht schnell die Anwesenden durch und beginnt diese schon mal in Gruppen zu verteilen. Dabei stellt er enttäuscht fest, dass nur vier Tanks anwesend sind, obwohl er gerne zwölf hätte. Der Großteil sind natürlich Standard Damage Dealer, mit mehr closerange als longrange weapons. Wie in MMOs das eben ist: Am meisten gibt es DDs; Tanks und Heiler sucht man immer. Da ich meine recht arrogante Haltung niemandem zu trauen, nicht recht ablegen kann, schweige ich, dass ich eigentlich tanken könnte. Zwar nicht gut wie ein herkömmlicher Tank, aber als Offtank, da ich meine Skillung gegen die Wand gefahren habe. Außerdem habe ich auch keine Lust mit irgendwelchen anderen Leuten, die nur auf Damage und die großen Zahlen aus sind, in eine Party gesteckt zu werden. Zwar bei Tanks nicht ganz so schlimm, weil sie dafür da sind, um eher viel Schaden zu fressen als auszuteilen, aber trotzdem immer noch prominent genug für meinen Geschmack. Immerhin müssen sie trotz ihrer Tauntfähigkeiten genug Schaden machen, dass nicht plötzlich ein DD, der nicht zum Tanken geeignet ist, versehentlich die Aggro des Bosses abkriegt. Ich brauchte den ganzen Schwanzvergleich nicht und in einem Spiel, wo es tatsächlich Lasthit-Boni gibt und Erfahrung nach erteiltem Schaden verteilt wird, welcher Idiot kommt auf so ein System?!!, habe ich erst Recht keine Lust darauf.

Damit ist die erste Versammlung beendet und wir dürfen wieder gehen.
 

Auf dem Weg nach draußen findet Daichi eine ganze Menge Bekannte und Freunde wie es scheint, sodass ich bei mehreren Gesprächen im Hintergrund als stiller Zuhörer dabei bin.

Zum Glück fragt keiner nach mir. Bei den Gesprächen kann ich allerdings aufschnappen, wie die Situation mit den toten Playern anscheinend wirklich gerade großes Thema ist und in Kombination mit dazu, erfahre ich auch vom Wiederbelebungsitem, was es im Floor 35 als Weihnachtsevent geben soll.

Ich frage mich, was die glauben, wann wir bei Floor 35 ankommen, wenn wir erst nach drei Wochen den Boss zu Floor 2 gefunden hatten, aber halte meine Klappe.

Schließlich verabredet sich Daichi, nachdem er mit mehreren Gruppen ein bisschen geplaudert hat, mit einer dreiköpfigen Gruppe zum Abendessen. Ich will mich auch verabschieden, aber er schlägt vor, dass ich ruhig mitkommen kann und das auch soll. Ein bisschen soziale Interaktion täte selbst mir gut, meint er. Also sage ich widerwillig zu.

„Keine Sorge, es wird Spaß machen“, versichert er mir breit lächelnd.

„Mhm“, gebe ich weniger überzeugt zurück.
 

Bis zum Abend nimmt mich Daichi zur Seite und erklärt mir kurz einen sehr wichtigen Teil des Raidens: den Switch-Mechanismus. Da mir dieser, als Fast-Soloplayer, ziemlich fremd ist, verbringen wir den Nachmittag damit, das zu üben. Im Endeffekt ist es nichts weiter als für einen anderen Spieler einzuspringen, also ist es an sich nicht so schwer. Schwerer ist es, das richtige Timing abzupassen, aber da verlasse ich mich auf meine Instinkte. Wenn ich in der Zeit des Levelns eines gelernt habe, dann Timing, denn ich musste irgendwie die ein oder anderen Monster überleben. Außerdem sind meine schnellen Skills sehr hilfreich dabei, kleine timeframes abzupassen. Das sollte nicht zu schwer sein, solange ich meine Augen offenhalte und Gebrauch von meinem Analytikertick mache.
 

Am Abend treffen wir uns also zum Essen mit besagter Dreiergruppe.

Da die drei mit Daichi in Ruhe reden wollen, hatten sie einen Raum in einer Unterkunft gemietet, so Daichi kurz vorm Treffen. Als wir zum Treffpunkt kommen, wird Daichi wieder mal überschwänglich begrüßt.

„Daichi, ich muss kurz unter vier Augen mit Dir sprechen“, winkt einer der drei Daichi zu sich.

Unschlüssig stehe ich unbehaglich herum, bis die anderen beiden mich zu sich winken.

„Wir gehen am besten schon mal vor“, meint der Eine und lotst mich in besagtes Zimmer der Unterkunft. Als wir es betreten, schließt der Zweite hinter mir die Tür und baut sich davor mit verschränkten Armen auf.

Ich hebe eine Augenbraue aber denke mir erst mal nichts dabei und folge in den Raum, wo mir der andere einen Platz anbietet, bevor er sich selbst auf einen anderen Stuhl setzt.

„Und, wie lange kennst Du Daichi schon?“, fragt er freundschaftlich.

„Drei Wochen etwa“, antworte ich bereitwillig zu seinem wirklich niedlichen Smalltalkversuch.

Ein überraschter Gesichtsausdruck ist die Antwort.

„Du bist ein Mädchen…“, kommt eine fehlplatzierte Feststellung.

„Nein, ich bin ein Eichhörnchen“, gebe ich verstimmt als Antwort.

Ich kann es ihm zwar nicht übelnehmen, aber das ist seine zweite Frage nachdem er mich kennen lernt?

„Tut mir Leid, es ist so überraschend“, sprudeln meinem Gegenüber hervor.

Darauf antworte ich nichts. Das ist es in Games immer. Es hat sich in den letzten Jahren deutlich verbessert, also da wo ich herkomme zumindest, aber in SAO war sicherlich die Verteilung deutlich konservativer. Es gab schon einen Grund warum Asuna bekannt und beliebt gewesen war in SAO: ein hübsches und starkes Mädchen in einem Game war Stalkingmaterial. Schade für meinen Gegenüber, dass er so einen Halbausländer mit einem kleinen Tomboy-Tick erwischt hat.

„Naja, dann sorry, dachte nicht, dass wir ein Mädchen abstechen müssen, nimm es uns nicht übel, wussten wir nicht“, entschuldigt er sich, die Arme zu einer fragenden Geste hebend.

„Abstech…“, ich werde von lauten Schritten unterbrochen.

Sofort springe ich zur Seite, als eine Axt auf den Stuhl herunterkracht.

Der Kollege, der sich eben vor den Ausgang aufgebaut hatte, hatte seine Waffe gezogen und damit nach mir ausgeholt. Auch der Zweite, ein normaler Schwertkämpfer, hat nun seine Waffe in der Hand. Ich verenge meine Augen zu schlitzen.

„Was ist mit Daichi?“, knurre ich, meine innere Panik unterdrückend.

„Solltest Du Dir nicht mehr Sorgen um Dich selbst machen?“, höhnt der eine Schwertkämpfer vor mir. Neben mir hievt mein zweiter Gegner seine Axt auf seinen Rücken.

„Man kann Spieler nicht in Städten töten“, stelle ich trocken fest, „also was ist mit Daichi?“

„Wer sagt, dass wir Dich hier töten?“, fragt der Man mit dem Schwert vor mir und holt nach mir aus. Ich ziehe meinen Dolch, pariere, rolle zur Seite aus und steige mit dem nächsten Schritt auf den Tisch. Meine Beweglichkeit habe ich schließlich nicht um sonst so weit hochgetrieben. Der Mann mit der Axt holt erneut nach mir aus, aber ich springe auf seine Schultern, über ihn drüber und renne aus der Tür auf den Gang hinaus, die Treppe runter und verlasse panikartig die Unterkunft.

Das „Du solltest die Tür bewachen!!“, klingelt in meinen Ohren noch nach.

Dummerweise habe ich meinen Sprint nicht geskillt, sodass meine Laufgeschwindigkeit nicht wirklich vom System unterstützt wird, ich nutze also die Stadtkulisse zu meinem Vorteil und verstecke mich in den Nebengassen.

“Congratulations, you have learned a new Skill «Hiding»”, springt mir ins Gesicht, aber ich ignoriere es. Ich hatte gerade andere Prioritäten.

Leise schleiche ich weiter, die Ohren gespitzt nach meinen Verfolgern, von Gasse zu Gasse.

“Congratulations, you have learned a new Skill «Sneaking»”, folgt kurz darauf.

Ich ignoriere es wieder und folge weiter in das Häusermeer hinein. Da man mich in der Stadt nicht töten kann, wäre es dumm, sie zu verlassen, auch wenn ich das gerade sehr gerne getan hätte. Aber ich habe eine Liebe für menschenleere Orte, also suche ich einen davon auf: das Dach einer Windmühle, von denen einige an der Stadtmauer verteilt waren.

Daraufhin rufe ich als erstes Daichi an. Hoffentlich ist ihm nichts passiert.

„Nicht rangehen!“, plärrt eine fremde Stimme mir entgegen, noch bevor ich etwas sagen kann.

„Daichi? Daichi! Verschwinde, das ist eine Falle!“, rufe ich hinein, während ich meine Umgebung weiter nach meinen Verfolgern Ausschau halte.

„Mae? Was ist los?“, fragt er, wobei ich mir nicht sicher bin, ob er damit mich oder seinen Gegenüber meint.

„Ich kann das erklären…“, klingt es dumpf von der anderen Seite her.

„Seine zwei Kollegen haben mich eingesperrt und wollten mit kaltmachen. So viel zu „Keine Sorge, es wird Spaß machen““, berichte ich kalt.

„Ihr habt was?“, höre ich Daichi fassungslos seinen Gegenüber fragen.

„Mae? Wo bist Du? Alles okay bei Dir?“, fragt er mich.

„Iiiiich, präferiere momentan ein bisschen meine Einsamkeit“, antworte ich platt, dann ist ein Poltern zu hören.

„Das Mädel ist abgehauen“, kann ich dumpf hören.

„Welches Mädel?“, die Stimme von vorher.

„Die, die wir ruhigstellen sollten. Egal. Sie ist…oh Daichi“

Daichis Gesicht musste wohl wirklich furchteinflößend gewesen sein, denn danach war nichts mehr zu hören.

„Wir können das erklären“, ist erneut zu hören, dieses Mal ein tiefes Brummen.

„Mae? Ich klär das erst mal okay?“, fragt mich Daichi.

„Sag mir zur Sicherheit wo Du bist“, verlange ich und erhalte eine kurze Beschreibung.

„Bis später“, murmle ich und lege auf, dann mache ich mich über die Dächer in die Nähe des genannten Ortes, halte mich aber verborgen.
 

Eine gefühlte Ewigkeit passiert gar nichts, dann öffnet sich eine Tür und ich sehe Daichi aus der Tür treten. Hinter ihm sind die drei Spieler von vornhin.

Ich halte meinen Dolch griffbereit und mustere die drei mit zusammengekniffenen Augen. Sie sehen erschlagen aus, ließen die Schultern hängen und ihrem Ton nach zu urteilen hatten sie sich gerade zum xten Mal bei Daichi entschuldigt, der sie ignoriert und davonstapft.

Ich krieche näher um besser zu verstehen was gesprochen wurde.

„Es tut uns wirklich leid!“

„Wir wollten sie nur ein bisschen erschrecken“

„Sag Deiner Freundin es tut uns wirklich leid“

Aber Daichi antwortet ihnen nicht.

Ich beschließe, dass sie zumindest momentan aufrichtig genug erscheinen um aus meinem Versteck hervorzukommen und laufe Daichi entgegen.

„Und?“, frage ich finster.

„Sie wollten Dich erschrecken damit Du nichts mehr mit mir zu tun haben willst und mich in ihre Party rekrutieren, weil ihnen noch einer fehlt“

„Und sie kamen nicht auf die Idee Dich einfach zu fragen?“

„Ich war ihnen zu oft weg, sodass sie dachten mir ist wer anders wichtiger und dachten das bist Du“

„Aber das war nicht ich“, stelle ich trocken fest.

Selbst mir ist das klar. Wir hatten uns vor allem in der letzten Woche fast nie gesehen.

„Nein, das warst nicht Du“, bestätigt Daichi mich.

Ich seufze tief.

„Desperation-nation“, kommentiere ich das Ganze.

Daichi stakst eine Weile wütend gerade aus, bis wir an eine Unterkunft kommen. Die zweite in Tolbana.

„Lass einfach eine Nacht drüber schlafen. Morgen ist Floorboss angesagt“, meine ich schließlich und wir betreten die Unterkunft.

Wir beziehen unsere Zimmer und warten auf den nächsten Tag.
 

Ich hatte die Nacht ungewöhnlich gut geschlafen, aber im Gegensatz zu mir ist Daichi am nächsten Morgen immer noch ziemlich mürrisch.

„Was ist denn los?“, frage ich mit zusammengezogenen Augenbrauen.

„Ich bin immer noch fassungslos“, erwidert er.

„Ach was, sei nicht so. Who cares?“

Ich zucke meine Schultern und wir begeben uns zum Amphitheater. Wie und wo auch immer her hatte Diavel es doch noch geschafft, 44 Leute zusammenzukratzen.

Daichi ignoriert die drei von gestern, die heute zu fünft aufgetaucht waren und stapft zu einer anderen Gruppe um die Leute zu grüßen. Ich trete lieber zurück und suche mir einen ruhigen Sitzplatz. Ich hatte absolut kein Interesse, das lose Rad zu sein. Aber ich war deutlich beruhigter, als ich nach einer Weile sehe, dass Daichi wieder einigermaßen fröhlich scheint.

Der Raid wird gebildet und ich lasse mich in eine Support-Party einteilen. Hauptsächlich, weil ich als eine der letzten übrigbleibe. Ich werde zur Unterstützung einer der Tankparties geschickt und wir betreten das Labyrinth, in dessen 20ten Stock sich der Bossraum befinden soll.

Es geht nur schleichend voran, da die Gruppenkoordination sich ziemlich in Grenzen hält. Viele kennen sich kaum oder nur flüchtig und generell herrscht viel Chaos. Die ein oder andere Gruppe war bereits in Fallen getreten und wie machen immer wieder Pausen, damit wir ohne viel erlittenen Schaden den Bossraum betreten können. Ich halte mich die ganze Zeit im Hintergrund und halte die Augen offen. Unter anderem lerne ich Patterns zu sehen um Fallen zu entdecken und notiere mir auch mögliche Schwachstellen von Monstern. Das wird mir in Zukunft sicherlich zu Diensten sein.

Mit viel Jammerei und Rumeierei erreichen wir den Bossraum.

Diavel war mit uns nochmal die ausführlichen Informationen des Bosses mithilfe des Starterhandbuchs durchgegangen. Alles scheint klar, aber in meiner Magengegend macht sich Unmut bereit. Meine alltägliche Standartparanoia poliert sich noch mal auf und damit betreten wir den Bossraum.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Vorgaben:
Das nächste Ziel ist die Stadt Tolbana, wo es eine Herberge, ein Restaurant und mehrere Non-Player Characters (NPC)-Häuser gibt. Suche und tausche Informationen mit anderen SAO-Spielern. Später bei einer Versammlung erzählt Diavel, das seine Party den Weg zur 2. Ebene gefunden hat. Leider wird die Versammlung bis zum nächsten Tag verschoben. Als du über die ersten Tode von anderen Mitspieler hörst, erfährst du zufällig über ein Wiederbelebungs-Item, wenn man den Weihnachts-Event Boss meistert. Das liegt im Wandernden Wald, einem Dungeon auf der 35. Ebene. Behalte es gut im Hinterkopf. Zwischen durch könnt ihr beide trainieren. Am nächsten Tag starten verschiedene Gruppen, um ins Labyrinth zu marschieren. Du darfst entscheiden, in welche Gruppe willst oder ob du eher als Unterstützung fungierst. Ihr müsst euch durch die Fallen des Labyrinths schlagen und gegen Intrigen anderer Spieler behaupten. Schließlich erwartet auf euch der erste Bossgegner!

Kommentare vom Autor:
Das hat nicht ohne Grund lange gedauert, immerhin gibt es offiziell ein Zeitfenster von drei Wochen zu füllen.
Ich muss sagen, dieses Kapitel hat mir verdammt viel Spaß gemacht. Ich durfte eine Menge selbst entscheiden und versuchen mich in dieser Welt einzufinden, als auch mich ein wenig mit Daichi als Charakter beschäftigen.
Ich hoffe, dass ich in Zukunft, das noch besser hinbekomme x'D
Vorher bedanke ich mich vielmals fürs Lesen^^ Komplett anzeigen

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