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Vergeltung

von

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Die dunkle Nacht lag über der Stadt. Die Person, die unter der fahl scheinenden Laterne stand, zündete sich eine Kippe an. Die Namensliste, die der Mensch in der Hand hielt, war bereits etwas vergilbt. Er hatte lange gebraucht, um die Weichen zu stellen. Nach fünf Monaten war es endlich soweit - jedes Puzzleteil war an den richtigen Platz gefallen.
 

Apollo Justice wachte auf. Erschrocken blickte er auf den Stapel Akten, die auf seinem Schreibtisch lagen. Eine leicht amüsant klingende Stimme ließ ihn aufhorchen.

"Du solltest etwas weniger arbeiten. Es ist erst wenige Wochen her, dass du deinen größten Fall gelöst hast."

"Was machst du denn hier, Aura?"

Vor ihm stand Aura Blackquill, die vor Kurzem erst aus dem Gefängnis entlassen worden war.

"Heute ist Sonntag, mein Süßer. Ich habe dich wieder für mich. Trucy am Montag, Ema am Dienstag, Vera am Mittwoch, Jinxie am Donnerstag, Athena am Freitag, Juniper am Samstag, und ich am Sonntag."

"Da verstehst du etwas falsch. Ich bin mit Ema verlobt. Ich kann doch keine andere Frau küssen."

"Das gehört zum Friedensvertrag zwischen uns. Und du denkst ernsthaft, dass ich dich nur küssen will? Wie süß."

Apollo lief rot an und seufzte.

"Ich werde Ema nicht hintergehen."
 

Seto Kaiba saß vor dem Laptop und war fast am Verzweifeln. Ein Klopfen riss ihn aus den Gedanken.

"Herein.", murmelte er, und seine neue Sekretärin Ishizu Ishtar betrat den Raum.

"Was ist los, Ishizu?", fragte Seto angespannt.

"Ich soll einen gewissen Joey einlassen.", sagte Ishizu mit einem Anflug von Wut in der Stimme. Kaiba lachte. Das kleine Hündchen wäre die ideale Ablenkung von dem Stress, den der sinkende Aktienkurs seines Unternehmens verursachte.

"Er soll ruhig reinkommen. Das ist das Beste, was mir heute passiert ist."

Ishizu nickte und ging zurück, um die Tür für Joey freizugeben.
 

Der Blonde betrat den Raum und setzte sich ungefragt auf den Platz gegenüber von Seto. Der schmunzelte leicht, als er die freche Art seines ewigen Rivalen beobachtete.

"Joey, was ist passiert?"

"Du kennst doch eine Menge guter Anwälte, nicht wahr?"

"Ja, schon... Aber warum? Du hast doch nicht etwa gegen einen Hydranten -"

"Es ist ernst, Seto."

Der Angesprochene zuckte zusammen. Kein Kommentar von wegen "Ich bin kein Hund, du reicher Schnösel!"? Nun wusste er, dass die Sache dringend war.

"Was ist passiert?", fragte Seto erneut.

"Die Polizei verdächtigt mich des Mordes."

"Wie kommen diese Leute darauf?"

"Ich weiß nicht, wie viel du über unsere Familie weißt... Aber man kann sagen, dass das Verhältnis zu meinen Eltern sehr angespannt war. Der Getötete war mein Vater. Die Polizei denkt, dass ich der Schuldige wäre. Ich war vor drei Tagen in einer Kneipe. Und ausgerechnet an dem Abend tauchte dieser Typ auf. Er hat einen Streit angefangen, und in Notwehr habe ich ihm eine geschmettert. Danach verließ er das Lokal, und ich habe nur noch wenige Bier getrunken, bis ich gegangen bin. Vielleicht war ich insgesamt vier Stunden dort. Und dann wurde ich am nächsten Morgen von der Polizei zur Befragung mitgenommen. Sie haben zwar keine Beweise, aber das komplizierte Familienverhältnis und die Tatsache, dass von den anderen Gästen keiner das Lokal in die Zeitspanne verließ, und mutmaßlich niemand Rusty Wheeler kannte, bedeutet für sie einen Anfangsverdacht. Ich bin der Einzige, der verdächtig ist."
 

Seto setzte sich auf und beobachtete seinen ehemaligen Rivalen. Joey sah blass aus. Schließlich grinste er und griff zum Telefon.

"Ishizu, bitte verbinden Sie mich mit dem Anwalt meines Vertrauens. Stellen Sie mich zu Phoenix Wright durch."

"Sofort."

Joey glaubte, sich verhört zu haben. Der legendäre Wright, der vor Jahren eine große Intrige aufgedeckt hatte, in der Spiritualität, Justiz, Polizei und Politik verstrickt waren. Der Kerl, der den Geliebten einer skrupellosen Serienmörderin nach sieben Jahren überführt hatte. Derjenige, der dafür gesorgt hatte, dass Apollo Justice seinen bislang größten Fall gelöst und damit den Tod einer Frau zwölf Jahre nach ihrem Mord in ein ganz neues Licht gerückt hatte.
 

Koshiro Izumi lag gemütlich auf dem Sofa und sah auf seinen Computer. Seine Freundin Sora Takenouchi beobachtete ihn neugierig und unwissend.

"Was machst du da?"

"Ich habe es geschafft, die komplette Buchhaltung der Kaiba Corporation herunterzuladen. Das war erst der Anfang. Seto Kaiba wird sich bald nicht mehr hinter seinen dubiosen Geschäften verstecken können. Allerdings muss ich sagen, dass es mir nicht gefällt, wie sich das Ganze entwickelt. Gerechtigkeit gut und schön, aber ich möchte mich nicht in irgendwelchen Dingen verstricken, aus denen ich nicht mehr rauskomme."

Sora nickte verständnisvoll und gab Koshiro einen kurzen Kuss auf die Lippen.

"Ich verstehe dich. Mir wäre es auch lieber, wenn das Ganze keine Vendetta wird. Lass uns nach oben gehen."

Sie nahm seine Hand und ging mit ihm zu ihren Freunden.
 

Das Klopfen an der Tür ließ Joey aufschrecken. Seto hörte die beschwichtigende Stimme von Ishizu, bevor die Tür aufgetreten wurde. Ein Inspektor in abgetragenem Mantel und mit leicht dümmlichem Gesichtsausdruck watschelte auf Joey zu.

"Hey, Junge! Ich hab noch ein Wörtchen mit dir zu reden. Wegen der Sache, die deinem Vater passiert ist, brauche ich eine Aussage von dir."

"Einspruch!", kam es mit lauter gebieterischer Stimme von einem blauen Anzug, der in der Ecke gestanden hatte. Der Inspektor lief bleich an.

"Nicht der schon wieder...!", murmelte er.

"Hallo, Inspektor Dick Gumshoe.", sagte Phoenix Wright belustigt, "Ihnen ist hoffentlich klar, dass seine erste Aussage, die ohne Anwalt erfolgte, nicht wirklich zählt, oder? Haben Sie inzwischen Beweise, die den Verdacht gegen meinen Mandanten erhärten? Denn wenn dies nicht der Fall ist, befindet er sich immer noch im Status des Anfangsverdachtes. Und so etwas legitimiert Ihr ruppiges Eindringen nicht."
 

"Nein, das ist es nicht. Aber ichr bekomme Schwierigkeiten, wenn Ihr Mandant keine neue Aussage macht."

"Lassen Sie mich raten - Herr Edgeworth wird Ihnen wieder mal Ihr Gehalt kürzen. Was also haben Sie diesmal angestellt?"

"Ich bin gestolpert, als ich aufgesprungen bin. Irgendein Spaßvogel hat eine Reißzwecke auf meinem Sessel platziert. Dummerweise bin ich über eine Bananenschale gerutscht, und die Aussage von Ihrem Mandanten landete in einem Reißwolf."

Phoenix stöhnte auf. Joey musste sich die Hand auf den Mund pressen, um nicht lauthals zu lachen. Ishizu stand verdutzt da, und Seto sah aus, als würde er dem Inspektor etwas ganz Anderes als sein Gehalt kürzen wollen.

"Warum lag eine Schale überhaupt am Boden?"

"Ich bin halt nicht sehr gut im Zielen, Junge. Hab den Papierkorb verfehlt."
 

Joey und Ishizu konnten vor Lachen nicht mehr. Phoenix grinste.

"Fassen wir also zusammen: Sie sind zu faul, eine Bananenschale anständig zu entsorgen. Durch unglückliche Umstände, an denen die Schale nicht ganz unbeteiligt ist, vernichten Sie aus Versehen die Aussage meines Mandanten. Und um Ihr Fehlverhalten zu vertuschen, bedienen Sie sich zweifelhafter Methoden, um erneut mit meinem Mandanten sprechen zu können. Ich denke, dass Miles Edgeworth nur noch ein letztes Mal Ihr Gehalt kürzen wird."

"Nur noch einmal?"

"Ja, weil dann nichts mehr übrig bleibt.", warf Seto trocken ein. Gumshoe machte erst einen irritierten Eindruck, aber dann grinste er.

"Kaiba, mit Ihnen muss ich mich auch noch unterhalten. In den letzten zwei Wochen hat Ihr Unter unheimlich viel Gewinn erwirtschaftet. Ganz plötzlich. Und dann verschwindet es, ohne abgeführte Steuern."

"Das kann nicht stimmen. Ich habe die komplette Buchführung mehrmals. Sehen Sie sich um, wenn Sie wollen."

"Nicht nötig. Ein anonymer Informant hat uns die Buchführung bereitgestellt."

"Wie bitte?!", polterte Seto. Gumshoe sah ihn verwirrt an. Dann war es Kaiba, dessen Gesicht erstarrte. Die Transaktionen waren tatsächlich abgelaufen. Aber in so kurzen Abständen, dass er selbst nichts davon mitbekommen hatte.
 

Manch einer hätte nicht gedacht, dass die Beiden heterosexuell waren. Die Tatsache, dass ein Mädchen mit langen braunen Haaren Hand in Hand mit jemandem lief, war ja nichts Ungewöhnlichen. Dass der Partner allerdings schulterlanges Blondhaar und ein bauchfreies Oberteil trug, trotz seiner offensichtlich exzentrischen Kleidung sich für das andere Geschlecht interessierte, mutete recht kurios an. Seit dem Verschwinden des Pharao hatte Marik Ishtar es endlich geschafft, mit allem abzuschließen. Halb Domino City hielt ihn für einen Psychopathen. Ausgerechnet das zerbrechliche Mädchen Serenity Wheeler war es, die ihm Kraft gab. Immer mehr bekam er den Eindruck, dass er es war, der zerbrechlich wirkte. Serenity umarmte ihn sanft. Marik schmunzelte, und fragte sich, ob Ishizu diese Liebe jemals in ihren Visionen gesehen hätte.

Mai Valentine stutzte, als sie von Inspektor Gumshoe aufgesucht wurde, und sich dieser in die Wohnung schob, ohne Mai eine Chance zu geben, ihn herein zu bitten.

"Entschuldigung, Kleine. Ich wollte mich nur vergewissern, dass Sie etwas über einen gewissen Joey Wheeler wissen."

"In der Tat kenne ich Joey. Immerhin bin ich seine Freundin."

"Nun denn, hat Ihnen Ihr Freund erzählt, dass sein Vater ermordet wurde?"

"Nein, das wusste ich nicht."

"Können Sie sich vorstellen, dass Ihr Freund seinen Vater getötet hat?"

"Niemals! Joey ist kein Mörder!"

"Haben Sie sich vor einigen Tagen gestritten?"

"Nein, warum?"

"Nun, dann wussten Sie, dass er am Tag des Mordes in einer Kneipe war?"

Mai stutzte. Joey hatte ihr zwar gesagt, er unterwegs sein würde, aber Genaueres hatte er nicht erwähnt.
 

Gumshoe sah sie prüfend an.

"Hören Sie zu. Es ist ja nicht nur so, dass Joey unter einem Anfangsverdacht steht. Aber wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass Herr Wheeler möglicherweise selbst auf der Abschussliste steht. Gibt es irgendwelche Verwandten von ihm?"

"Ja, seine Mutter lebt im Ausland. In Amerika, glaube ich. Dann hat er noch eine jüngere Schwester, aber wo die ist, weiß ich nicht. Ach ja, vielleicht sollten Sie sich mal mit Yugi Muto, Téa Gardner und Tristan Taylor unterhalten. Die Drei sind die besten Freunde von Joey. Vielleicht haben sie etwas gehör, das Ihnen weiterhilft."

Gumshoe nickte.

"Danke schön. Ach ja, falls Sie mal auf das Revier kommen, weil Ihnen noch was einfällt, dann bringen Sie bitte eine Monatsration Ramen mit. Besten Dank."

Damit schob sich der Inspektor auch wieder aus der Tür.
 

Mittlerweile war es inzwischen wieder Donnerstag, und Joey hatte sich mehr schlecht als recht durch den Unterricht gequält. Natürlich blieb es nicht aus, dass seine Freunde inzwischen davon erfahren hatten, was passiert war. Sie alle waren schockiert gewesen. Und jeder hatte so reagiert, wie er es erwartet hatte. Miho hatte Angst bekommen, und sich an Tristan geklammert. Tristan versuchte, seinen Kumpel dazu zu überreden, mit ihm bei Pizza und Bier das neue Spiel für das Nintendo Switch zu zocken, um ihn abzulenken. Yugi befragte ihn, wie alles abgelaufen war, und wie sich Joey jetzt fühlte, und Téa ermahnte ihn, vorsichtig zu sein, da Angehörige eines Ermordeten selbst häufig in Lebensgefahr schwebten.
 

Espa Roba saß gelangweilt in einem Café und dachte über sein bisheriges Leben nach. Was hatte er bisher erreicht... Beim Königreich der Duellanten war er nicht mal eingeladen worden. In Battle City hatte er verloren. Seine Roboter, die er erbaut hatte, um sein Ego mit dem Dasein als großer Bruder aufzubauen, waren mittlerweile abgeschaltet. Ausgerechnet jetzt hörte er die Stimme von einer Person, die er auf keinen Fall wiedersehen wollte. Genervt drehte er sich zu Rex Raptor um.
 

"Was willst du hier, Rex?", fragte er. Für Espa war die Zeit, in der das Kartenspiel an Popularität verloren hatte, auch die Zeit, in der er selbst in Vergessenheit geraten war. Rex kam sofort auf den Punkt.

"Du bist doch in Joey Wheeler verknallt, oder?"

Espa blickte ihn verwirrt an.

"Was meinst du?"

Rex lachte.

"Genau so hab ich mir deine Reaktion vorgestellt. Hör mir gut zu. Joey steckt in Schwierigkeiten. Offenbar ist jemand aus seinem Umfeld ermordet worden."

Espa setzte sich erschrocken auf, bevor er den nächsten Schluck aus seinem Becher nahm.

"Warum erzählst du mir das?"

"Mach dir keine Illusionen. Ich werde dir Joey nicht überlassen. Aber ich bin durchaus bereit, dir die Gelegenheit zu geben, um ihm zu helfen. Außerdem habe ich den Eindruck, dass dir ein bisschen Action ganz gut tun könnte."
 

Die Beiden hatten nicht bemerkt, dass sie von einem Brünetten belauscht worden waren. Jener unauffällige Mithörer entfernte sich nun langsam aus dem Café, darauf bedacht, dass Rex Raptor ihn nicht bemerken konnte. Er zog sein Smartphone hervor und gab eine bestimmte Nummer ein. Es dauerte nicht lange, bis sich eine Stimme meldete. Der Brünette fühlte sich etwas komisch, bevor er antwortete.

"Ich brauche deine Hilfe, Alister."



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