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Nimm meine Hand

Der Weg aus der Einsamkeit
von

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Überraschender Gast

Mit einem Seufzer ließ sich Yukiko auf die Couch fallen. Die Wohnung war in einem schlimmeren Zustand gewesen, als sie anfangs vermutet hatte. Es war nicht zu übersehen, dass Shizune in der Wohnung kaum Zeit verbrachte. Nachdenklich sah sie zur Decke und beobachtete die tanzenden Staubpartikel in der Luft. Vielleicht sollte sie sich an die Zubereitung des Abendessens machen? Sie verwarf die Idee sofort wieder, da sie nicht wusste, wann Shizune nach Hause kam und ob diese überhaupt Hunger hatte.
 

Ihr Blick huschte durch die Wohnung, während sie den heutigen Tag Revue passieren ließ. So Vieles war vorgefallen und eigentlich hatte sie geglaubt, dafür bereit zu sein.

Doch jetzt, wo sie hier in ihrem neuen Heim war, überkam sie das Gefühl von Unsicherheit. Würde sie es wirklich schaffen, hier glücklich zu werden? Ihr Blick blieb an der gelb gestrichenen Wand hängen. Shizune hatte dort viele Bilder angebracht. Es waren verschiedene Menschen darauf abgebildet, die Yukiko nicht kannte. Sie alle wirkten auf den Fotos glücklich. Es hatte etwas Liebliches an sich. Ob an sie eines Tages auch in den Kreis dieser Leute aufgenommen werden würde?
 

Die Einrichtung in der Wohnung sorgte für eine angenehme Atmosphäre, in der sich Yukiko wohl fühlte. Die Möbel passten nicht wirklich zusammen, Shizune hatte sie wohl nach und nach einzeln zusammengekauft. Deshalb passte auch kein Stuhl zum anderen und das Sofa auf dem sie lag, war sicherlich nicht der letzte Schrei. Das geschnörkelte braune Muster fand Yukiko grauenhaft.
 

Und obwohl hier nichts aufeinander abgestimmt war, passte es auf eine paradoxe Art doch gut zusammen. Vielleicht sollte sie das als ein Zeichen annehmen, denn sie unterschied sich ebenfalls von anderen in diesem Dorf. Yukiko war hier neu und vielleicht würde sie hier ihren Platz finden. Bei diesem Gedanken verdrehte sie die Augen. Jetzt versuchte sie in solchen Dingen eine Botschaft oder ein Zeichen zu finden. Yukiko sollte ihre Entscheidung nicht anzweifeln. Sie war nun hier und wollte das Beste daraus machen.
 

Stöhnend streckte sie sich auf der Couch aus und rieb sich die Augen. Erst jetzt bemerkte sie, wie erschöpft sie von ihrer Reise war. Lange war sie durch die Dörfer gezogen ohne ein vernünftiges Heim zu haben. Oft hatte sie in einem Schlafsack irgendwo im Wald geschlafen, wobei sie nie wirklich in einem Tiefschlaf gewesen war. Viel zu groß war ihre Angst gewesen, überfallen zu werden.

Und nun wo sie hier auf der kleinen Couch in der Wohnküche lag und ihr keine Gefahr drohte, überkam sie die ganze aufgestaute Müdigkeit. Plötzlich hatte sie das Gefühl, dass das ganze Gewicht der Welt auf ihr lastete und sie erdrückte. Eine Träne stahl sich aus dem Augenwinkel und bahnte sich über ihr Gesicht. Weshalb sie weinte, wusste sie selbst nicht.
 

Vielleicht vor Erleichterung …
 


 

Das Läuten der Türklingel ließ sie aus ihrem traumlosen Schlaf aufschrecken. Verwirrt rieb sie sich über die Augen und ging zur Tür. Shizune müsste eigentlich einen Schlüssel für die Wohnung haben, warum läutete sie dann an?

Nachdenklich sah sie die Tür an. Es gab keinen Türspion, also musste sie wohl oder übel die Tür aufmachen, um zu sehen wer dahinter stand.
 

Als sie in das Gesicht des jungen Mannes sah, klappte ihr ungläubig der Mund auf. Er hatte ein markantes Gesicht, mandelförmige braune Augen und ebenso lange Haare wie Yukiko selbst, nur das seine braun waren. Doch was sie völlig aus der Bahn warf, war nicht seine Schönheit, sondern die Ähnlichkeit, die er mit Ihm hatte.

Der junge Mann hatte eine Wurfnadel zwischen den Zähnen und seine Augen wirkten anfangs warm, doch als sie auf ihre trafen eher distanziert.

Er selbst schien überrascht zu sein, sie anzutreffen, denn er hob eine seiner Augenbrauen an und musterte sie ausgiebig.

Yukiko sah kurz zum Boden, um sich vom Schock zu erholen. Vergeblich. Kurz schielte sie wieder zu ihm. Nein. Sie träumte nicht. Er stand wirklich vor ihrer Tür. Ihre Hände fingen an zu zittern, weshalb sie ihre Arme vor ihrer Brust verschränkte. Das konnte nicht real sein. Dai war damals gestorben, um sie zu retten.
 

Alle sind damals gestorben.
 

"Hallo, du musst Yukiko sein?" Seine tiefe Stimme versetzte ihr einen Stich ins Herz. Wie konnte ein Mensch ihm nur so ähnlich sein?
 

"Alles in Ordnung?", fragte er besorgt. Zaghaft nickte sie und sah ihn an.
 

Wer war dieser Mann und was wollte er hier? Von wo kannte er sie? Und warum sah er Dai so ähnlich? Das sollte wohl ein schlechter Scherz sein, den sich das Schicksal mal wieder ausgedacht hatte.
 

"Du bist nicht sehr gesprächig, was? Ist Shizune noch nicht da? Dabei hatte sie mir gesagt, dass sie heute um Acht nach Hause kommen würde", begann er seinen Monolog.
 

Eigentlich war Yukiko sehr gesprächig. Zumindest wenn es um belanglose Dinge ging, konnte sie jedem das Ohr abquasseln. Doch seine Anwesenheit und die Ähnlichkeit mit ihrem verstorbenen Geliebten verschlugen ihr die Sprache.
 

„Shizune? Nein.“, antwortete sie ihm und trat einen Schritt zur Seite. Wenn er wegen ihr hier war, dann konnte er in der Wohnung auf sie warten.
 

Sie wollte nicht bei ihrem allerersten Gast einen schlechten Eindruck hinterlassen.

Er ging an ihr vorbei und zog sich seine Stiefel achtlos aus, ehe er in die Wohnküche ging.

Yukiko stellte seine Schuhe ordentlich hin und lief rot an, als sie sah, wie er sie angrinste.
 

„Tut … Tut mir Leid. Tick … ehm … ich meine. Es ist so ein Tick … bei mir. Ordentlichkeit.“ Peinlich berührt kratzte sie sich am Hinterkopf.
 

"Naja, auf jeden Fall…“ Sie stieß die unbemerkt angehaltene Luft aus. Ihr war dieser zwanghafte Drang zur Sauberkeit und Ordentlichkeit peinlich. Sie hatte sich dadurch schon oftmals in unangenehme Situationen gebracht.

Wobei sie nicht mehr sagen konnte, wann diese Zwangsneurose angefangen hatte. Früher hatte sie Arisu, die Frau bei der sie aufgewachsen war, damit genervt, dass alles sauber sein musste.
 

“Hörst du mir überhaupt zu?" Erschrocken sah sie zu ihm auf, als sie seinen empörten Gesichtsausdruck erkannte.
 

Yukiko lief erneut rot an und nickte ganz schnell. "Ja … ich … ja", versuchte sie ihm zu antworten. Ihr Gestotter schien ihn zu belustigen, denn er grinste sie erneut frech an.
 

"Ich weiß, dass ich gut aussehe, aber ich bin leider schon vergeben. Und ich denke unter Freundinnen den Freund ausspannen ist sowieso tabu, nicht?", meinte er selbstgefällig und spielte mit der Wurfnadel zwischen den Lippen.
 

Verwirrt blinzelte Yukiko und versuchte seine Worte zu verarbeiten. Ja er sah gut aus, keine Frage. Aber niemals hätte sie Dai durch einen Menschen ersetzt, der ihm ähnlich sah.

Doch was sie mehr überraschte war die Tatsache, dass er mit einer ihrer Freundinnen zusammen war. Gewiss nicht mit Tsunade, diese war wahrscheinlich doppelt so alt wie er. Oder gefiel ihm so etwas?

Andererseits war er hier zu Shizune hergekommen, aber bis jetzt hatte diese nie Andeutungen gemacht, dass sie sich für Männer interessierte. Shizune war immer nur die Arbeit wichtig gewesen.
 

"Shizune hat mir vor lange Zeit die Ohren vollgejammert, weil du dich nie gemeldet hast. Aber deine weißen Haare sind ein deutliches Wiedererkennungsmerkmal. Ich wusste gleich, dass du es bist. Wann bist du hergekommen? Weiß sie überhaupt, dass du hier bist? Ehrlich, Shizune hat immer erzählt, was für ein kleiner Quälgeist du sein kannst und dass man dir manchmal echt den Mund zukleben wollte, wenn du wieder wie ein Wasserfall zu reden begonnen hattest. Irgendwie kann ich mir das an dir nicht vorstellen."
 

Wut staute sich in ihr auf. Das stimmte doch alles nicht. Zumindest nicht in solchen Extremen.
 

"Gar nicht wahr! Wie kann sie es wagen? Die kann sich nachher was anhören!"
 

"Hast deine Stimme endlich wiedergefunden?", lachte er. "War ein Scherz. Klar hat sie dich erwähnt, als ich mir die Bilder angesehen habe", er deutete auf die Wand voller Fotos, "Aber sie hatte wirklich nie abfällig von dir gesprochen. Ich dachte mir nur, dass ich dich so zum Reden bringe. Sonst komm ich mir verrückt vor. Ich hab's nämlich nicht so mit Selbstgesprächen."
 

Yukiko musste darüber kurz kichern. Die Hitze der aufkommenden Wut hatte sie auf alle Fälle aus der Starre befreit.
 

Ein Seufzer entwich ihr abermals, was er schmunzelnd kommentierte. Kurz sah sie zu ihm und ihr Herz zog sich bei seinem Anblick wieder zusammen. Um nicht wieder in Gedanken zu versinken, schüttelte sie leicht den Kopf.
 

"Möchtest du was trinken? Ich hab heute ziemlich viel Zeug eingekauft. Shizune hatte nichts mehr zu Hause. Wie wär's mit Bier?"
 

Er nickte ihr mit einem Lächeln zu. "Klar, danke."
 

Gelassen ließ er sich verkehrt herum auf einen der Stühle fallen und bettete seinen Kopf auf seinem Unterarm. "Sag mal, wie heißt du?", fragte Yukiko ihn, als sie ihm die Flasche reichte.
 

"Genma. Genma Shiranui." Seine Lippen verzogen sich zu einem schiefen Lächeln. Er nahm seine Wurfnadel aus dem Mund und legte sie auf den Tisch, ehe er einen Schluck zu sich nahm.
 

"Hast du Hunger? Ich könnte uns Yakisoba machen", schlug sie vor. Er schüttelte nur den Kopf.
 

"Danke, hab vorhin gegessen. Ist sonst nicht üblich, dass Shizune kocht. Wobei, wenn ich so darüber nachdenke … Ich hab sie noch nie kochen gesehen. Kann sie das überhaupt?"
 

Yukiko konnte nicht anders und prustete los. "Ein kleines bisschen, ja."
 

Mit einer Tasse Tee setzte sie sich kurze Zeit später zu ihm und rührte mit dem Löffel darin herum.

"Bist du etwa erkältet? Deine Stimme klingt heiser, brauchst du vielleicht etwas Medizin? Shizune hat so was nicht zu Hause … glaub ich." Beunruhigt rutschte er auf seinem Stuhl umher. Er war anscheinend überfordert mit der Situation, oder er hatte Angst selbst krank zu werden. Yukiko musste darüber lachen.
 

"Nein. Meine Stimme klingt immer so."
 

Erleichtert seufzte er und nippte an seinem Bier. "Gut. Ich hasse es, krank zu werden. Es gibt wirklich nichts Schlimmeres."
 

"Naja, ich kenne niemanden, der gerne krank ist." Genma war eine angenehme Gesellschaft. Ohne viel Mühe fühlte man sich bei ihm wohl. Er schien ein Guter zu sein, was sie für Shizune freute.
 

"Sag mal, wie hast du Shizune um den Finger wickeln können? Ich hätte nicht gedacht, dass die mal einen Freund haben wird." Yukiko nippte an ihrem Tee und wartete auf seine Antwort.
 

"Nun …", setzte er an.
 

Plötzlich wurde die Tür polternd aufgerissen und Shizune stand außer Atem da.
 

„Yukiko. Genma!" rief sie bestürzt, was Genma mit einem verwirrten Blick kommentierte.
 

"Was ist denn mit dir los?", stellte Yukiko die Frage, die Genmas Gesichtsausdruck nach zu urteilen, auch ihm durch den Kopf ging.
 

"Ich … ich habe mich an die Verabredung erinnert. Hab mich beeilt, so gut ich konnte."
 

"Wie süß, du hast dir Sorgen um mich gemacht", lachte Yukiko.
 

Shizune sah sie verwirrt an, ehe sie den Kopf schüttelte. "Nicht um dich, sondern wegen dir. Du bist der Grund für meine Besorgnis. Wenn du mal ins Plappern kommst, ist das gefährlich."
 

Beleidigt verschränkte Yukiko die Arme vor der Brust und verzog schmollend ihre Unterlippe.

Genma hingegen fing an zu lachen. Fast hätte er sich nicht mehr eingekriegt, doch dann hauchte ihm Shizune einen Kuss auf die Lippen.

Darüber musste Yukiko wie ein kleines Kind kichern, was ihrer Freundin die Röte ins Gesicht trieb.
 

"W .. Was?", wandte sich Shizune überrumpelt an ihre Freundin.
 

"Ich lass euch mal alleine", zwinkerte diese, während sie aufstand und die Tasse in die Spüle stellte.
 


 

Die kühle Luft draußen war erfrischend. Genüsslich atmete Yukiko sie ein und entspannte sich sofort.

Yukiko wusste nicht, was sie tun sollte, also schlenderte sie durch das Dorf und beobachtete die Leute.

Sie wirkten alle glücklich und reagierten nicht abweisend auf die Shinobi, die sich ebenfalls unter ihnen befanden. So etwas hätte es in Kirigakure zu ihrer Zeit nicht gegeben.
 

Ihre Augen blieben bei einem Schaufenster von einer Konditorei hängen. Verschiedenste Gebäcke und Torten waren dort ausgestellt. Jedes davon sah so köstlich aus, dass ihr das Wasser im Mund zusammen lief. Ohne lange darüber nachzudenken, trat sie ein und wurde vom warmen, süßlichen Duft umhüllt.
 

Sie bestellte sich einen Apfelkuchen und war überrascht, als sie davon probierte. Er schmeckte haargenau wie der Kuchen von Arisu. Es gab so viele Dinge hier, die sie an ihre Familie erinnerten. Hatte das Schicksal sie deshalb absichtlich in die Hände von Tsunade und Shizune laufen gelassen?

Nachdenklich sah sie aus dem Fenster des kleinen Ladens. Irgendwie war sie neugierig auf das geworden, was das Schicksal noch so für sie bereithielt.
 

Hoffentlich nur Gutes.



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