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O(h) und A(h) Romanze

von

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Folge 24 (Adieu, du Lenz meiner Jahre)

Das Kloster explodierte. André wurde mitsamt Oscar von der gewaltigen Druckwelle weit davon zu Boden geschleudert und heiße Welle von der Explosion erreichte seinen Rücken. Zum Glück aber nicht Oscar. Sie lag unter ihm, im Schutz und unversehrt. Sie spürte das Gewicht seines Körpers ganz deutlich auf sich und ebenso seinen Atem auf ihrer Schläfe. Er zischte gedämpft und verkniff sich einen Schmerzenslaut. Oscar bekam auf einmal Sorgen um ihn. Was ist, wenn sein Rücken in Flamen stand? „André...“
 

„Es geht mir gut“, versicherte er ihr zwischen zusammengebissenen Zähnen, aber Oscar beschlich der Gedanke, dass er nicht ganz ehrlich mit ihr war. Er müsste doch bestimmt Schmerzen haben!
 

Später, als sie beide auf dem Anwesen der de Jarjayes zurückgekehrt waren, wurde nicht nur André, sondern auch Oscar vom Doktor Lasonne untersucht und medizinisch versorgt. Denn noch vor der Explosion im Kloster und bevor André ihr zu Hilfe gekommen war, wurde sie vom Nicolas de La Motte gewürgt. Der Ehemann von Jeanne de Valois wollte sie eiskalt umbringen, weil sie sie in ihrem Versteck aufgesucht hatte und wollte, dass sie sich ergaben. Vielleicht war das auch ein Fehler, dass sie alleine ins Kloster gegangen war und ihre Soldaten draußen gelassen hatte. Aber das hatte sie ja für Rosalie getan, denn Jeanne war ihre Schwester... Wie dem auch sei. Es war sowieso nichts mehr zu ändern. Jeanne und Nicolas hatten sich in die Luft gesprengt und Rosalie wohnte jetzt bei den de Polignacs.
 

Oscar seufzte schwer und band einen Schal um ihren Hals, um die leichte Würgemal zu verdecken. Dann ging sie zu André, um nach seinem Befinden zu sehen. Immerhin hatte er für sie sein Leben riskiert. Wenn Oscar es sich genauer überlegte, dann war das nicht das erste Mal, dass er für sie solches tat. Nun, sie beide verband eine tiefe Freundschaft und sie passten schon seit Kindesbeinen aufeinander auf. Ja, André war für sie wie ein Bruder und andersherum war sie für ihn... An dieser Stelle krauste Oscar die Stirn. Was war sie denn für ihn? Ein Bruder oder eine Schwester? Denn sie war wie ein Mann erzogen und André hatte sie nie wie eine Frau behandelt. Langsam erreichte sie sein Zimmer und nach ein Mal klopfen an der Tür, trat sie herein. André saß auf einem Hocker, ohne Hemd und mit dem Rücken zu ihr gewandt. Doktor Lasonne war gerade dabei, seine Utensilien einzupacken und Andrés Großmutter geleitete ihn dann hinaus. André nahm derweilen sein Hemd und wollte es anziehen, als er Oscar bemerkte. „Geht es dir wirklich gut?“, fragte sie ihn, denn sein Rücken hatte sehr rot ausgesehen und das gefiel ihr ganz und gar nicht.
 

Die Sorge in ihrer Stimme hörte André ganz deutlich und das rührte ihn sehr. Nur wenn sie ihn auch genauso lieben würde können, dann würde er sich viel besser fühlen und zu einem der glücklichsten Menschen zählen. Aber nein, sie hegte lieber noch immer Gefühle zu diesem schwedischen Grafen von Fersen, der schon seit Jahren in Amerika weilte und dessen Herz eigentlich der Königin von Frankreich gehörte. Das schmerzte ihm sehr und dennoch schenkte er Oscar ein unbekümmertes Lächeln. „Mache dir um mich keine Sorgen, mir geht es gut. Die dicke Ausgehjacke hatte die schlimmere Brandverletzungen verhindert und die Rötung geht irgendwann auch weg, das hatte Doktor Lasonne gesagt.“
 

„Gott sei Dank.“ Oscar atmete erleichtert auf. Dann sah das also schlimmer aus als es war.
 

André zog derweilen sein Hemd an. „Was macht dein Hals?“
 

„Es geht. Auf jeden Fall besser als deinem Rücken.“ Sie versuchte dabei zu scherzen, aber das misslang ihr. Noch immer hatte sie vor Augen, wie er schützend über sie lag und spürte ebenso noch seinen warmen Atem. Angenehmer Schauer liefen ihr über den ganzen Körper, was sie sich nicht ganz erklären konnte. Was bedeutete das?
 

André kam auf sie zu. „Geht es dir gut?“ Nun fragte er sie, denn Oscar sah ein wenig benommen aus oder war in irgendwelchen Gedanken vertieft. „Ja, ich denke schon“, meinte sie nicht ganz überzeugend und Andrés Brauen schoben sich zusammen. „Bist du dir sicher?“ Denn es sah nicht danach aus. Sie konnte ihm doch ruhig sagen, was mit ihr wirklich los war. Oscar aber sah in sein Gesicht, ohne etwas darauf zu erwidern. Ihre Lippen öffneten sich leicht und daraus kam nur ein Laut: „Ja“. Irgendwie verstand sie sich selbst nicht mehr. André verübte auf sie eine magische Wirkung wie sie es noch nie zuvor verspürt hatte und plötzlich berührte er ganz vorsichtig ihr Haar. Oscars Herz klopfte ihr bis zum Hals und sie hielt inne. Was hatte er vor?
 

André hatte nichts vor. Er stand nur direkt vor ihr und lächelte sie liebevoll an. „Ich bin unsagbar froh, dass dir nichts passiert ist, Oscar.“
 

Ach so war das. Er freute sich also nur, dass sie unversehrt war und es ihr gut ging. Nun lächelte auch sie. „Das kann ich nur zurückgeben, André. Wir sind doch Freunde und ich bin ebenso glücklich, dass dir auch nichts passiert ist.“ Ein schmerzlicher Stich durchfuhr ihr Brustkorb und sie lehnte sich unverhofft an ihn. Das hatte sie selbst von sich nicht erwartet und war sehr überrascht. Aber gleichzeitig verschaffte sie sich die Gewissheit, dass es ihm wirklich gut ging und dass er noch bei ihr war. Es war irgendwie ein schönes Gefühl, seinem Herzklopfen zu lauschen und als er vorsichtig seine Arme um sie legte, fühlte sie sich geborgen. „Ich werde immer für dich da sein, Oscar, solange ich noch lebe“, murmelte er in ihr Haar und Oscar erschrak. „Sag doch nicht so etwas...“, flüsterte sie in sein Hemd und hörte, wie sein Herz den Schlag beschleunigte. Was war mit ihm auf einmal los? Sie hob den Kopf und sah direkt in seine grüne Augen. Sie erinnerten sie an die grüne Wiese im Sommer oder den Blätter an den Bäumen und in dem Moment schlug auch ihr Herz immer schneller.
 

Wie nah sie gerade bei ihm war. André wünschte sich, dieser Augenblick würde nie vergehen und kämpfte mit der Versuchung, sie zu küssen. Den Geschmack ihrer Lippen zu kosten und ihr seine Liebe gestehen. Nein, er musste es aushalten, sonst würde er auch noch Freundschaft zu ihr verlieren! Denn Oscar hatte gerade selbst verdeutlicht, dass sie nur Freunde waren und nicht mehr oder weniger. Das schmerzte André sehr, aber er musste es einfach akzeptieren. „Was ist los?“, fragte er sie deshalb und Oscar schüttelte nur leicht den Kopf. „Nichts ist los, André, alles ist gut.“ Sie lehnte sich wieder an ihn und überdachte ihre Gefühle. André schloss sie etwas fester in seinen Armen und hauchte kaum merklich einen Kuss auf ihren Scheitel, ohne zu wissen, dass sie es doch spürte. Jedoch entriss sich Oscar nicht von ihm, denn es war gerade so angenehm warm und schön. Irgendwann würde sie ihre Gefühle verstehen, sie brauchte nur etwas Zeit dafür und jetzt wollte sie nur den Moment genießen. Auf jeden Fall empfand André für sie mehr als Freundschaft, daran war sie sich sicher. Denn seine Augen hatten ihr mehr gesagt als die Worte und es würde bestimmt der Tag kommen, an dem sie bereit sein würde, diese Worte von ihm auch zum Hören zu bekommen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2018-05-05T06:48:24+00:00 05.05.2018 08:48
Wieder ein gelungenes Kapitel! Weil diesmal Oscar der aktivere Part ist. Weil Andre nicht sofort mit einem Liebesgeständnis daher kommt. Weil sie sich nicht gleich küssend in die Arme fallen...

Und doch gibt es diese kleinen Gesten: Andres vorsichtige und rücksichtsvolle Zurückhaltung, die so viel besser zu ihm passt. Oscars Scharfsinn, die trotzdem seine versteckten Gefühle bemerkt. Dieser unauffällig Kuss, der nicht unbemerkt bleibt und doch noch Zeit fordert, angemessen interpretiert zu werden - toll beschreibst du hier zwischen den Zeilen Oscars Charakter, ohne ihn dem Leser direkt unter die Nase zu reiben. Sie finden schüchtern, jeder auf seine Art und Weise zusammen, obwohl sie auch nicht wirklich zusammen finden. Es kommt authentisch daher, wirkt nicht voreilig oder kindisch. Ich liebe die Idee mit dem Feuer und wie du sie umgesetzt hast. Eine tolle Leistung, bitte mehr davon! ;)
Antwort von:  Saph_ira
08.05.2018 17:53
Vielen lieben dank für deinen Kommentar, hab mich gefreut. :-) Mal schauen, ob mir das nächste Kapitel genauso gelungen ist. ^^


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