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Loslassen

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Vorwort zu diesem Kapitel:
Ich finde die deutsche Übersetzung von Marthas „Getting out“ mit „sausen lassen“ ziemlich unglücklich, wollte den deutschen Dialog aus "The last of the Time Lords" aber auch nicht umschreiben.

Wie immer gilt: Wem Rechtschreib-, Zeichensetzungs- oder Grammatikfehler auffallen, darf mir das gerne mitteilen :) Komplett anzeigen

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Loslassen

Als Martha entschlossen auf die TARDIS des Doctors zugeht, wirft sie einen bedrückten Blick auf die blaue Polizeibox. Das Quietschen der Tür ist ihr nur zu vertraut und beim Anblick des Time Lords, der seine Füße lässig auf dem Rand der TARDIS-Konsole liegen hat und bei ihrem Eintreten hastig aufspringt, muss sie lächeln. Seinen braunen Mantel hat er achtlos über eine der korallenartigen Streben der TARDIS geworfen, so als würde er ihn gleich packen und sich kopfüber ins nächste Abenteuer stürzen wollen. Vielleicht wird er das auch tun, aber sie wird es nicht mehr mitansehen.

 

„Also dann, los geht’s! Bahn frei!“, ruft der Doctor ihr freudig entgegen und ist schon dabei verschiedene Knöpfe und Hebel an der Konsole zu betätigen. „Es findet ein Sternenfeuer statt. Genau jetzt. An der Küste von Meta Sigmafolio“, erklärt er aufgeregt und gestikuliert wild mit seinen Händen. „Das ist echt toll! Ein Himmel wie brennendes Öl“, fährt er begeistert fort. „Sollen wir?“, fragt der Time Lord, ehe er auch schon munter weiter plappert. „Oder in die Vergangenheit?“, überlegt er unschlüssig und Martha durchströmt bei seinem Anblick ein Gefühl der Wärme.

Er ist wieder der alte Doctor. Ganz sein enthusiastisches und quirliges Selbst, so als hätte das Jahr, das niemals war, für ihn wirklich nie stattgefunden. Aber sie beide und eine Hand voll anderer Menschen, können sich an alles erinnern und sie kann ihre Familie nach allem, was geschehen ist, nicht einfach zurücklassen. Wehmütig sieht Martha mit an, wie der Doctor durch die TARDIS wirbelt und voller Vorfreude von möglichen Reisen zu Karl dem Zweiten, Heinrich dem Achten und Agatha Christie erzählt. Gott, wie sie das alles vermissen wird. Das Reisen, die Aufregung und vor allem ihn.

 

Der Doctor scheint nun endlich zu bemerken, dass sie nur schweigend in der TARDIS steht und bricht abrupt ab, um sie genauer anzusehen. Seine Schultern scheinen etwas herabzusinken, als er zu begreifen beginnt.

„Okay“, murmelt er tonlos und Martha nickt gequält.

„Ich kann nicht“, sagt sie entschuldigend und der Doctor nickt verstehend.

„Ja“, seufzt er und Martha hat unweigerlich das Gefühl, dass er trotz allem sehr enttäuscht ist. Seine ganze überschäumende Energie scheint aus seinem Körper gewichen zu sein, während er seltsam starr an der Konsole steht.

„Ich hab so viele Jahre gebraucht, um Ärztin zu werden. Jetzt muss ich mich um die Leute kümmern“, sagt sie und der Time Lord schaut betreten und betroffen auf seine Füße herab. Martha ist sich sicher, dass er gerade, genau wie sie auch, an die Gräueltaten des Masters zurückdenkt.

„Sie haben miterlebt, wie der halbe Planet entvölkert wurde“, fährt sie aufgewühlt fort und der Doctor verlagert sein Gewicht unbehaglich von einem Fuß auf den anderen. Martha hat nicht vor ihm ein schlechtes Gewissen zu machen, aber es ist ihr wichtig, dass er ihre Entscheidung nachvollziehen kann. „Ich kann sie nicht sich selbst überlassen“, meint sie entschieden und der Doctor stimmt ihr ohne zu zögern zu.

„'türlich nicht“, entgegnet er und mustert sie nachdenklich, ehe sich ein aufrichtiges Lächeln auf seinem Gesicht ausbreitet.

„Danke!“, sagt er ehrlich und Martha kann nicht anders, als zaghaft zurück zulächeln. Mit ausladenden Schritten tritt der Doctor auf sie zu und zieht sie in eine kräftige Umarmung. Marthas Hände geistern über seinen Rücken, während sie ihr Gesicht im Stoff seines blauen Anzugs vergräbt und den Mann vor ihr am Liebsten nicht mehr loslassen würde.

 

Aber auch dieser Moment muss enden und als sich die beiden voneinander lösen, schenkt der Doctor ihr ein aufmunterndes Lächeln und ergreift ihre Hände.

„Martha Jones, Sie haben die Welt gerettet“, meint er anerkennend und Martha grinst freudig zurück.

„Ja, allerdings“, meint sie stolz und sieht ihn offen an. „Ich hab lange geglaubt, ich sei nur zweite Wahl, aber wissen Sie was?“, fragt sie und tippt ihm spielerisch gegen den Bauch. „Ich bin gut“, beantwortet sie ihre eigenen Frage selbstbewusst und muss, genau wie der Doctor, kurz auflachen. In ihren Worten steckt mehr Wahrheit, als ihr lieb ist, denn sie hat oft das Gefühl gehabt, im Schatten von Rose zu stehen. Das unbekannte Mädchen, das der Doctor verloren hatte und das ihm offenbar so wichtig war, dass er Martha nie richtig wahrgenommen hat.

Ernst sieht sie den Doctor an. „Kommen Sie klar?“, erkundigt sie sich besorgt und von leichten Gewissensbissen geplagt, während sie in seinen braunen Augen nach einer ehrlichen Antwort forscht. Auch für ihn war es eine schwierige Zeit und sie ist sich nicht sicher, wie viele Abschiede er noch ertragen kann, aber der Time Lord nickt zustimmend.

„Immer, ja“, bestätigt er munter und auch wenn Martha ihm das nicht so recht abnimmt, zögert sie nur kurz.

„Gut, dann...“, murmelt sie und sieht ihn ein letztes Mal prüfend an. „Bye.“

Einem Impuls folgend, beugt sie sich abrupt vor, um ihm einen Abschiedskuss auf die Wange zu hauchen, bevor sie sie sich hastig umdreht und unter dem metallischen Klackern ihrer Schuhe eilig die TARDIS verlässt.

 

Die quietschende Holztür fällt unter ihrem kräftigen Ruck laut ins Schloss, ehe Martha draußen tief durchatmet und sich eilig in Richtung ihres Elternhauses aufmacht. Sie sollte zufrieden sein, aber bereits nach zwei Schritten hält sie inne, bevor sie, plötzlich wütend auf sich selbst und die ganze Situation, wieder herumwirbelt und erneut zurück geht. Sie will das ein für alle Mal richtig klären, ehe sie sich nachher nur wieder über sich und ihren fehlenden Mut ärgert.

„Es ist genau wie bei meiner Freundin Vicky“, beginnt sie, kaum dass sie wieder in der Polizeibox steht und noch bevor sie die Tür richtig geschlossen hat. Martha kann den irritierten Blick des Doctors beinahe körperlich fühlen, aber er unterbricht sie nicht, als sie weiter redet und dabei auf ihn zugeht.

„Sie wohnte mit nem Typen zusammen. Studentenbude. Fünfer-WG. Und na ja, der Typ hieß Sean“, plappert sie weiter, während der Doctor nun merklich verdutzt aussieht und etwas hilflos den Mund öffnet. „Sie liebte ihn“, fährt Martha fort, ohne ihm die Möglichkeit zu geben, etwas zu sagen. „Oh ja. Sie betete ihn regelrecht an. Immer hat sie irgendwas von ihm erzählt“, lacht sie etwas hilflos auf, ehe der Doctor sie nun doch unterbricht.

„Führt das noch irgendwohin?“, will er skeptisch wissen und Martha wirft ihm einen verärgerten Blick zu. Der Mann kann so ignorant sein.

„Ja!“, entgegnet sie daher nur kurz angebunden und der Time Lord sieht darüber nicht besonders glücklich aus.

„Oh! Na dann, nur zu“, entgegnet er nicht sonderlich überzeugt und verschränkt abwehrend die Arme vor seiner Brust.

„Denn er hat sie nie beachtet“, erklärt sie und wirft ihm einen bedeutungsvollen Blick zu, bei dem der Doctor ertappt wirkt und schnell woanders hinsieht. Martha sieht ihn nur traurig an. „Ich meine, er fand sie nett, aber das war's.“ Der Time Lord betrachtet nun höchst interessiert seine Schuhspitzen und Martha ist enttäuscht, dass er sie offenbar nicht einmal anschauen kann, während sie ihm ihre Gefühle offenbart. Natürlich, er hat sich davor schon reichlich Mühe gegeben, ihre Andeutungen nicht wahrzunehmen, aber ist der Gedanke wirklich so schrecklich, dass er es nicht einmal über sich bringt, sie anzusehen?

„Sie hat ihn viele Jahre angeschmachtet“, fährt sie etwas verzweifelt fort. „Kostbare Lebenszeit verschwendet, denn solange er da war, hat sie keinen anderen beachtet.“ Endlich schaut der Zeitreisende auf. Er wirkt bedrückt und fühlt sich sichtlich unwohl, aber Martha will jetzt alles loswerden, was ihr auf der Seele brennt. „Und ich hab ihr Tausend Mal, Millionen Mal, immer und immer wieder gesagt: Lass ihn sausen!“, schließt sie ihre Erzählung endlich aufgewühlt ab. Der Doctor nickt andeutungsweise und sieht dabei bemerkenswert zerknirscht aus. Martha atmet tief durch, um sich wieder zu beruhigen.

„Gut“, sagt sie und nickt sich selbst bekräftigend zu, während sie dem Doctor offen in die Augen sieht. „Und das mach ich jetzt. Ich lasse Sie sausen.“ Nachdem sie das ausgesprochen hat, fühlt sie sich, als wäre ihr eine schwere Last von den Schultern genommen worden. Sie ist stolz, dass sie endlich einen Schlussstrich ziehen kann. Während dem Jahr, in dem der Doctor gefangen und sie auf sich allein gestellt war, ist ihr klar geworden, dass sie auch ohne den Time Lord zurecht kommt und dass sie nicht so wie bisher weiter machen kann. Sie hat etwas besseres verdient, als nur eine Art Lückenbüßer zu sein, und dieses hässliche Gefühl ist trotz der vielen gemeinsamen Reisen mit dem Doctor nie ganz verschwunden. Wenn sie nur daran denkt, wie lange sie gebraucht hat, um ihn davon zu überzeugen, sie als dauerhafte Begleiterin anzusehen und ihr nicht ständig nur noch eine einzige weitere Reise zu versprechen, ehe er sie anschließend für immer zu Hause absetzen würde. Aber das ist jetzt endgültig Vergangenheit.

Entschlossen greift Martha in ihre Jackentasche und wirft dem immer noch stummen Mann vor ihr ein Handy zu, das er verdutzt auffängt und ratlos in seinen Händen hin und her dreht.

„Heben Sie es auf“, bittet Martha ihn und lächelt unsicher. „Ich will Sie nicht aus den Augen verlieren.“ Egal, wie wütend sie ihm gerade vorgekommen ist, sie will nicht, dass sie ihn vielleicht nie wieder sehen wird. „Wenn das klingelt. Wenn-“, setzt sie unschlüssig an „Machen Sie sich besser auf die Socken, ja?“, fordert sie ihn auf und der Doctor hebt bestätigend das Handy und nickt.

„Ist klar“, sagt er und Martha wendet sich zum zweiten Mal am heutigen Tag von ihm ab, um zu ihrer Familie zurückzukehren.

„Wir sehen uns wieder, Mister“, ruft sie ihm über ihre Schulter zu und bemerkt erfreut, dass der Doctor ihr zum Abschied ein aufrichtiges Lächeln schenkt.

 

Mit federnden Schritten und leichterem Herzen tritt Martha auf die Straße und nimmt den kurzen Weg zu ihrem Elternhaus in Angriff. Beschwingt öffnet sie das eiserne Gartentor und sieht wie ihre Mutter aus dem Fenster schaut und bei ihrem Anblick erstaunt, aber freudig lächelt. Hinter ihr erklingt das dröhnende Geräusch der startenden TARDIS, aber Martha wirft keinen Blick zurück, während sie selbstbewusst den Vorgarten durchquert. Sie ist genau dort, wo sie gerade sein will.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich finde, Martha war eine klasse Begleiterin für den Doctor und auch wenn ich Ten sehr mag, hatte ich die gesamte Staffel hindurch das Gefühl, dass er Martha nicht richtig wahrnimmt und ihr gegenüber wirklich ignorant ist. Klar er trauert um Rose, aber trotzdem empfand ich sein Verhalten gegenüber Martha oftmals als unfair. Was hab ich mich also gefreut, als Martha diesen Abgang gewählt hat. Es ist wirklich eine starke Szene für sie, der viel Mut erfordert. Gibt wohl nicht viele, die das fertig gebracht hätten. Martha hat mich immer ein bisschen an Molly aus „Sherlock“ erinnert - nur, dass sie es geschafft hat einen Schlussstrich zu ziehen. Von daher musste ich die Szene einfach aus ihrer Perspektive wiedergeben. Komplett anzeigen

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