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Ahnungslose Augenblicke

von

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Angst

Jodie schlurfte in den Flur und hing ihre Jacke an die Garaderobe. Sie wusste, dass es nicht gut aussah. Wie der Agent sagte, lagen zu viele Zufälle vor und auch wenn sie die Schlaftabletten bei Connor fanden, glaubte keiner an seinen Selbstmord. Und das konnte nur eines heißen.

Allein bei dem Gedanken bekam Jodie eine Gänsehaut. Sie wollte sich nur noch verkriechen und nicht mehr rauskommen. Hatte sich Connor im Gefängnis oder woanders Feinde gemacht? Oder war Amber der gemeinsame Nenner? Es gab genug Menschen, die Connor nicht mochten, aber war das Grund genug um ihn umzubringen?

Jodie war verängstigt und hatte ein mulmiges Gefühl in der Bauchgegend. Warum war es ausgerechnet jetzt passiert? Sie war noch nicht einmal über die Ereignisse aus dem letzten Jahr hinweg gekommen und jetzt das. Was hatte sie verbrochen um so bestraft zu werden? Befand sich auf ihrem Rücken ein unsichtbares Tritt-mich-Schuld? „Ich geh nach oben in mein Zimmer“, sagte das Mädchen leise.

„Jodie“, fing Angela an.

Die Angesprochene sah zu ihren Eltern und schüttelte den Kopf. „Ich möchten gern etwas alleine sein. Ich weiß, ihr meint es nur gut, aber…“ Jodie brach den Satz ab. „…ich brauch jetzt etwas Zeit für mich.“

„Ist schon gut“, entgegnete ihr Vater. „Wir geben dir Bescheid, wenn wir etwas Neues erfahren.“

„Danke“, antwortete Jodie und rang sich ein gezwungenes Lächeln ab. Langsam ging sie die Treppen nach unten und betrat ihr Zimmer. Jodie ließ ihren Blick durch den Raum schweifen, ehe sie sich auf das Bett warf und ihr Gesicht im Kissen verbarg.

Angela seufzte. „Was hast du jetzt vor?“

„Was meinst du?“, wollte Starling wissen. „Was sollte ich vor haben?“

„Ich kenne dich gut genug, mein Lieber. Ich sehe dir an, wenn du etwas Planst. Für mich bist du wie ein offenes Buch.“

„Ich muss unbedingt herausfinden, was mit Connor passiert ist. Aber ich kann Jodie unter diesen Umständen nicht unbeachtet lassen. Wir sind leider an einem Punkt angelangt, an dem es für Jodie nicht mehr ausreichend ist, wenn sie nur mit uns spricht. Deswegen rufe ich nun Akai an.“

Angela sah ihn überrascht an. „Du willst ihn wirklich anrufen?“

„Angela, ich bin nicht von gestern. Natürlich habe ich bemerkt, dass unsere Tochter bis über beide Ohren in ihn verliebt ist. Jodie braucht jetzt etwas Aufmunterung und Ablenkung und momentan ist er der einzige, der dazu in der Lage ist. Es reicht bestimmt aus, wenn sie ein paar Hausaufgaben machen oder Bewerbungen durchgehen.“

„Bewerbung durchgehen?“, wiederholte Angela.

„Angela…was du wieder denkst…“

„Ich hab doch nichts gesagt“, entgegnete sie. „Ruf ihn an, ich seh trotzdem nach Jodie.“ Ehe der Agent etwas Sagen konnte, ging sie die Treppen nach oben und betrat Jodies Zimmer.

Jodie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und setzte sich auf. „Mama…“

Angela setzte sich zu ihr aufs Bett. „Ich weiß, es ist schwer für dich und wahrscheinlich kann ich nichts sagen, was dich aufmuntern kann, aber ich will, dass du weißt, dass wir immer für dich da sind. Egal was passiert.“

„Das weiß ich doch“, murmelte Jodie.

Angela strich ihrer Tochter über die Wange. „Ich weiß, du möchtest stark sein…das hast du von deinem Vater…aber es ist in Ordnung traurig oder verängstigt zu sein. Du musst das nicht vor uns verstecken.“

„Ich…ich weiß einfach nicht was ich machen soll, Mom“, gestand Jodie. „Ich dachte, es wäre endlich vorbei und ich würde Connor frühestens dann sehen, wenn er aus dem Gefängnis entlassen wird. Ich hätte nie gedacht, dass es dieses Ende nimmt…hat er sich wirklich selbst umgebracht oder wurde er umgebracht…und was ist, wenn es derjenige auch auf mich abgesehen hat? Ich hab so ein schlechtes Gefühl b ei der Sache…“

Angela nahm ihre Tochter in den Arm und strich ihr über den Rücken.

„Connor hatte gestern Freigang“, kam es dann von Jodie. „Wir wussten nichts davon…was wäre denn gewesen, wenn ich ihn auf der Straße getroffen hätte? Vielleicht hat er mich auch den ganzen Tag beobachtet…Und…als er dann nicht zurück kam…vielleicht stand er vor unserem Haus, ehe er zu Mr. Weston gegangen ist.“ Jodie schluckte. „Wahrscheinlich hat er mich auch bei der Führung am College gesehen…oder…“

„Ganz ruhig, Jodie…du zitterst ja“, sagte Angela und drückte sie an sich. „Er war nicht hier. Du hast sie doch im Büro gehört. Nachdem klar war, dass Connor verschwunden ist, haben Agenten unser Haus beobachtet. Sie hätten ihn bemerkt…außerdem hat dein Vater die ganze Nacht unten Wache gehalten. Dir droht keine Gefahr.“

„Und…wenn es doch Mord war?“, wollte Jodie wissen.

„Dann finden sie denjenigen, der es getan hat. Aber…?“

„Wenn der eigene Sohn als Mörder verurteilt wird, haben es die Eltern nicht leicht. Er durfte nur wegen dem Geburtstag seines Vaters das Gefängnis verlassen. Mit aller Wahrscheinlichkeit ist bei der Familie niemand zu Besuch gekommen oder Connor erlebte mit, wie die Familie ausgegrenzt wird. Vielleicht wollte er es seinen Eltern einfach nur leichter machen.“

Jodie schluckte. „Das wäre…möglich, aber…erinnerst du dich, was Connor damals gesagt hat? Er hat eine fremde Person vor Ambers Haus gesehen und war der Meinung, dass dieser Mann Amber umbrachte. Was wenn…er jetzt von eben diesem auch umgebracht wurde?“

„Ach Jodie.“ Angela sah sie an. „Du machst dir einfach zu viele Gedanken. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es so ist.“

„Ich hab trotzdem Angst.“

„Ja, ich weiß. Aber du musst wirklich keine Angst haben. Ruh dich etwas aus, ja?“
 

Shuichi lag auf dem Sofa in seiner Wohnung. Ein aufgeschlagenes Buch befand sich auf seinem Bauch, während die Augen des Studenten geschlossen waren. Der erste Hauptsatz der Thermodynamik beschreibt die Energieerhaltung in einem thermodynamischen System. Er sagt aus, dass die Energie in einem abgeschlossenen System konstant ist. In dem geschlossenen System entspricht die Summe der inneren und äußeren Energie der Summe, der am System verrichteten oder entnommenen Arbeit und Wärme. Damit lassen sich Energien ineinander umwandeln. Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik gibt die Richtung von Prozessen an und erlaubt die Herleitung der thermodynamischen Temperatur und der Entropie. Wärme kann nicht von alleine von einem Körper mit niedriger Temperatur auf einen Körper mit höherer Temperatur übertragen werden. Alle spontan ablaufenden Prozesse sowie Prozesse bei denen Reibung stattfindet, sind irreversibel. In einem geschlossenen System kann die Entropie nicht geringer werden. Der dritte Hauptsatz der Thermodynamik beschreibt, dass der absolute Nullpunkt der Temperatur nicht erreicht werden kann. Nicht zu vergessen, der nullte Hauptsatz. Er besagt, dass wenn sich System eins mit System zwei im Gleichgewicht befindet, und System zwei im Gleichgewicht mit System drei steht, System eins und System drei auch im Gleichgewicht liegen, sagte Shuichi sich selbst. Er öffnete die Augen und nahm das Buch wieder zur Hand. Das Thema war leicht und bisher kam er mit dem Lernen sehr gut voran. Als sein Handy klingelte, setzte sich der Student auf. Er strich über den Bildschirm und nahm das Gespräch entgegen. „Akai.“

„Hier ist Starling. Es geht um Jodie.“

„Ist irgendwas passiert?“

„Hast du heute schon Zeitungen oder Nachrichten im Internet gelesen?“

„Bin noch nicht dazu gekommen.“ Shuichi verengte die Augen. „Um was geht es?“

Starling fuhr mit der Maus über einen Artikel und klickte ihn an. „Connor, der Junge der wegen Mord an Amber Weston verurteilt wurde, durfte gestern seine Familie besuchen.“

„Was? Weiß Jodie davon? Hat er ihr etwa aufgelauert?“ Shuichi stand auf.

„Wir haben erst gestern Abend davon erfahren, als Connor nicht zurück ins Gefängnis kam.“ Starling seufzte. „Heute Morgen wurde Connor tot aufgefunden.“

„Er ist tot?“ Shuichi trat an sein Fenster. „Wurde er ermordet?“

„Das ist noch unklar“, antwortete der Agent. „Man hat uns zum Verhör ins Büro gebeten. Jodie hat das alles ziemlich zugesetzt.“

„Ich bin unterwegs“, entgegnete Shuichi und ging in den Hausflur wo er in seine Schuhe.

„Danke. Den Rest erzähle ich dir sobald du da bist.“ Starling legte auf und sah wieder auf seinen Computer. Connor war nicht nur in vollem Munde, es gab auch mehrere Spekulationen zu seinem Tod. Starling runzelte die Stirn. Das konnte noch heiter werden.
 

Mittlerweile saß Jodie an ihrem Schreibtisch und versuchte sich auf ihre Hausaufgaben zu konzentrieren. Unglücklicherweise landete sie immer wieder mit ihren Gedanken bei Connor. Nachdem Jodie ihren Computer hochfuhr, suchte sie im Internet nach den neusten Meldungen. Obwohl die Tat erst vor wenigen Stunden öffentlich wurde, wimmelte es bereits von Einträgen. Einige waren froh, dass Connor nicht mehr am Leben war, andere gaben ihr die Schuld und wie es im Internet üblich war, begann die Hasstirade gegen sie. Jodie seufzte leise und schaltete den Computer wieder aus. Sie marschierte wieder zu ihrem Bett, legte sich hin und starrte an die Decke. Hört das nie auf?

Als es an der Zimmertür klopfte, sah Jodie zu dieser. „Herein.“ Shuichi öffnete die Tür und trat ein. Jodies Augen weiteten sich. „Shuichi.“

„Hey.“

Jodie setzte sich mit einem Mal auf. „Was…was machst du denn hier?“, wollte sie wissen.

Akai sah sie fragend an. „Das hört sich fast wie ein Vorwurf an. Soll ich lieber gehen?“

„Nein.“ Jodie stand vom Bett auf und richtete die Bettdecke. „Ich hab nicht gewusst, dass du heute…her kommen wolltest…“

„Dein Vater hat mich über die Ereignisse informiert. Deswegen bin ich hergekommen.“

Jodie kamen die Tränen. „Ach Dad…“, wisperte sie leise und umarmte Shu einfach.

Der Student zuckte überrascht zusammen, drückte sie dann aber an sich. „Es ist alles in Ordnung“, sagte er.

Jodie schüttelte den Kopf. „Nein…nichts ist gut…ich hab Angst…“

„Ich weiß. Connor kann dir nichts mehr tun.“ Er strich ihr sachte über das Haar. „Du glaubst nicht, dass er Selbstmord begangen hat?“

„Ich weiß es nicht“, murmelte sie. „Ich hab so ein ungutes Gefühl…es soll endlich aufhören…ich will doch nur in Ruhe leben…“ Jodie fing an zu weinen.

„Es wird besser…irgendwann wirst du nicht mehr daran denken“, antwortete der Student. Er war noch nie gut darin eine andere Person zu trösten. Aber er gab sich Mühe.

„Aber wann? Es ist jetzt über ein Jahr her…und immer wenn ich das Gefühl hab, dass es vorbei ist, fängt es wieder an.“ Jodies Beine gaben nach. Sie glitt mit Shuichi auf den Boden. Die Geschichte wurde immer wieder an die Oberfläche geholt. Wie hatte sie überhaupt eine Chance um damit abzuschließen. Jodie hielt sich an ihm fest. „Ich bin…froh, dass du hier bist…“

„Ich auch“, antwortete Akai ruhig. „Und jetzt weine nicht.“

„Ich versuchs…“, murmelte Jodie. „Ich will euch keine Sorgen bereiten…aber was soll ich machen? Ich kann es nicht verdrängen. Nicht in dieser Phase.“

Er nickte. „Das versteh ich und deine Eltern auch. Das FBI arbeitet doch auch schon auf Hochtouren.“

„Wahrscheinlich hast du recht“, kam es von Jodie. „Wir waren ja auch beim Verhör im Büro…und gestern hielten auch schon Agenten Wache vor unserem Haus.“

„Na siehst du? Sie setzen alle Hebel in Bewegung um die Wahrheit ans Licht zu holen.“

Jodie nickte. „Ja, das stimmt.“

Shuichi sah zu ihr nach unten. „Geht’s dir wieder besser?“

Das Mädchen nickte. „Ja…danke…“

„Wenn du dich hier nicht mehr sicher fühlst, kann ich ein paar Nächte bleiben oder du kommst zu mir mit…oder zu meiner Familie. Sie haben bestimmt nichts dagegen, wenn du dort übernachtest. Andererseits würdest du durch Masumi kein Auge zu machen.“

„Du meinst, ich könnte…“

„Ich sehe keinen Grund, warum es nicht gehen sollte“, antwortete er.

„Aber das ist…Ambers altes Haus“, wisperte Jodie. „Ich wollte damit nicht sagen, dass ich etwas gegen deine Familie habe…es ist nur so, ich…“

„Ist schon gut“, sprach der Student. „Dir macht keiner einen Vorwurf.“

„Danke…“

„Hast du noch Schulaufgaben zu machen?“

Jodie sah irritiert zu ihm hoch. „Ja, schon, aber…meine Konzentration…ich kann an nichts anderes denken…“

Shuichi beugte sich zu ihr runter und küsste sie kurz. „Jetzt besser?“

Jodie wurde rot. „N…nein…“

„Nicht?“ Er sah sie überrascht an. Shuichi schmunzelte. Ein weiteres Mal trafen ihre Lippen aufeinander, diesmal leidenschaftlicher als zuvor. „Und jetzt?“

„N…nein…“, wiederholte sie leise. „Jetzt…frag ich mich wieder…wie es…mit uns weiter geht…und…“

„Und?“, wollte er wissen. „Wieso wieder?“

„Äh…vergiss was ich gesagt hab“, murmelte die Schülerin. „Ich…“

Shuichi musste schmunzeln und hob Jodie hoch. „Shu…“, stieß sie erschrocken aus.

„Was ist?“, wollte er mit einem Lächeln auf den Lippen wissen. „Komm mir jetzt nicht damit, dass du zu schwer sein solltest. Das ist definitiv nicht der Fall.“

Daran dachte ich auch nicht, sagte Jodie zu sich selbst. Ihr Gesicht glühte als sie von Shuichi auf das Bett gelegt wurde.

„Versuch etwas zu schlafen, ich bleib hier und pass auf dich auf.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Amxr
2018-07-09T20:32:37+00:00 09.07.2018 22:32
Shu ist so süß😍😍 Warum existiert er im echten leben nicht?!😥😥
Antwort von:  Varlet
15.07.2018 20:58
Danke für deinen Kommentar.
Die Frage stelle ich mir auch ^^


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