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Ahnungslose Augenblicke

von

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Befragung

Jodie hielt sich an der Agentin fest. Sie war verzweifelt und glücklich zu gleich. „Ich will nach Hause“, wisperte das Mädchen leise.

„Ich weiß, Schätzchen“, fing Fries an. „Ich ruf jetzt zuerst einen Krankenwagen für dich und dann kümmer ich mich um Mr. Riemer.“ Agent Fries sah zu Connor. Der Junge wurde von seinem Vater zur Seite gezogen.

Jodie schüttelte den Kopf. „Ich will nach Hause…“, murmelte sie ein weiteres Mal.

„Ach Jodie…“ Fries strich ihr über die Wange. „Ich weiß, dass das schwer für dich ist, aber wir müssen uns jetzt an das Protokoll halten. Wenn du möchtest, rufe ich deine Eltern an, dann sind sie bei dir. Ist das in Ordnung?“

Jodie nickte.

Fries sah in die Runde. „Bitte begeben Sie sich alle ins Wohnzimmer. Und machen Sie bitte keine Anstalten einen Fluchtversuch zu unternehmen.“

„Das…werde ich nicht“, sagte Connor und sah kurz zu seinem Vater. Er ging voran ins Wohnzimmer, wo seine Mutter bereits blass auf dem Sofa saß.

„Oh Connor, was hast du bloß getan?“, wollte sie wissen.

„Mom, ich…“

„Connor“, mahnte ihn sein Vater.

Agent Fries brachte Jodie ebenfalls in den Raum. Langsam setzte sie sich auf das Sofa und starrte die Wand an. Fries sah besorgt zu ihr und rief zuerst den Krankenwagen. Im Anschluss informierte sie ihren Partner und wählte zu guter Letzt die Nummer der Starlings. Angela war überaus dankbar und versprach sich sofort auf den Weg zu machen.

„Wie geht es jetzt weiter?“, durchbrach Mr. Riemer den kurzen Moment der Stille. „Ist Connor jetzt verhaftet?“

„Sobald Jodie in der Obhut der Sanitäter ist, nehme ich Connor zur Befragung mit ins Büro. Da er minderjährig ist, ist es kein Problem wenn ein Elternteil bei der Befragung dabei ist. In einem Fall wie diesen, sollten Sie auf anwaltliche Hilfe zurück kommen“, erzählte sie. „Für eine Verhaftung sehe ich momentan noch keine Grundlage, ich möchte Sie trotzdem bitten, die Aussage so schnell wie möglich abzugeben.“

Mr. Riemer schluckte. „So schnell können wir unseren Anwalt nicht mit der ganzen Sache vertraut machen.“

„Das verstehe ich. Wenn wir im Büro sind, bekommen Sie natürlich Zeit um mit Ihrem Anwalt zu sprechen.“ Auch sie mussten sich vorbereiten und das erste Untersuchungsergebnis des Gerichtsmediziners abwarten.

„Was erwartet ihn? Ich meine, wenn…alles vorbei ist?“, wollte Connors Mutter wissen.

„Das kann ich Ihnen nicht sagen. Zum jetzigen Zeitpunkt ist jeder Ausgang möglich.“

Connor sah kurz zu Jodie. Als sich ihre Blicke kreuzten, sahen beide wieder weg. Die Stille war beinahe unerträglich und alle Anwesenden waren froh, als der Krankenwagen eintraf. Die Sanitäter kümmerten sich sofort um Jodie und halfen ihr auf die Trage. „Wo sind meine Mom und mein Dad?“, fragte sie leise.

„Auf dem Weg…es dauert nicht mehr lange“, antwortete der Sanitäter, woraufhin Angela aufgeregt durch die offene Haustür stürzte und zu ihrer Tochter lief. „Jodie.“

„Mom…“ Tränen durchströmten das Gesicht des Mädchens. „Es tut mir so leid…ich wollte das nicht…“

„Schh…“ Angela strich ihrer Tochter über die Wange. „Es wird alles gut…jetzt wird alles gut.“

„Wir müssen Ihre Tochter jetzt ins Krankenhaus fahren“, fing der Sanitäter an.

„Ja, natürlich, ich komme mit.“

„Mom…“, wisperte sie. „…ich bin wieder ein braves Mädchen…ich versprech es…Daddy soll mich nicht hassen…Mommy…“
 

Agent Pierce kam im Büro des FBIs in New York an und suchte seine Räumlichkeiten auf. Seine Partnerin Susanna Fries saß bereits am Schreibtisch und brütete über ihrer Akte. Sie hob den Kugelschreiber und ließ ihn in ihrer linken Hand rotieren.

„Susanna?“

Die Gefragte sah zu ihm. „Ist Starling auch schon da?“

„Nein, er wollte direkt ins Krankenhaus zu Jodie um sich selbst zu vergewissern, dass es ihr auch wirklich gut geht. Er versucht zur Befragung von Connor Riemer wieder hier zu sein. Wann findet sie statt?“

„Riemer sitzt mit seinem Sohn im Befragungsraum. Sein Anwalt ist vorhin auch eingetroffen. Wir haben ihnen zwei Stunden zur Vorbereitung gegeben“, gab sie von sich. „Die kleine Jodie tut mir leid. Du hättest sie vorhin sehen müssen, sie war total verängstigt.“

„Das wird nicht spurlos an ihr vorbei gehen.“

Fries nickte. „Der vorläufige Bericht der Spurensicherung und vom Gerichtsmediziner sind eingetroffen. Amber hatte weder Drogen noch andere Mittel im Blutkreislauf. Sie ist in Folge der Strangulation erstickt. Unter ihren Fingernägeln wurden Hautpartikel gefunden, möglicherweise hat sie den Täter gekratzt.“

„Wie sieht es mit Vergewaltigung aus?“

„Kein Geschlechtsverkehr, außer es war einvernehmlich und sie haben ein Kondom verwendet“, antwortete Fries.

„Gut“, murmelte Pierce. „Wir sollten schauen, ob wir Connor mit den Hautpartikeln in Verbindung bringen können.“

„Das habe ich bereits initiiert. Connor hat freiwillig eine Probe abgegeben. Die Ergebnisse liegen frühestens heute Abend vor.“
 

Pierce trat mit einer Akte in den Befragungsraum und setzte sich auf den freien Platz. Ihm gegenüber saßen Connor, Mr. Riemer und dessen Anwalt Dr. Mutschke. Agent Pierce musterte die Anwesenden einen Moment lang. Auf der anderen Seite des Raumes, durch den Spiegel nicht sichtbar, hörten die Agenten Black und Starling sowie der Staatsanwalt zu.

„Gut“, fing Pierce an. „Connor? Wahrscheinlich ist dir das bereits bekannt, aber ich muss es trotzdem sagen: Du hast das Recht zu schweigen. Alles was du sagst, kann und wird vor Gericht gegen dich verwendet werden. Du hast das Recht, zu jeder Vernehmung einen Verteidiger hinzuzuziehen. Wenn du dir keinen Verteidiger leisten kannst, wird dir einer gestellt. Hast du das verstanden?“

Während Mr. Riemer die Augen verdrehte, nickte Connor. Leider mussten diese Sätze vor einer Vernehmung eines Verdächtigen gesprochen werden, um im Falle eines Geständnisses einen wasserdichten Fall zu haben. „Möchtest du deine Aussage machen?“

„Ja, das will ich“, antwortete Connor leise.

„Ist gut“, gab Pierce von sich. „Fangen wir von vorne an. Und dieses Mal bitte die Wahrheit. Dein Bruder und du wurdet zu Amber eingeladen. Was ist dann passiert?“

Connor sah Pierce an. „Amber schrieb uns, dass Jodie kommt, also haben wir abgesagt. Später schrieb sie mir eine Nachricht und bat mich vorbei zu kommen. Das hab ich auch gemacht“, sagte er. „Vor ihrem Haus stand jemand, ich weiß aber nicht wer. Ich kannte die Person nicht.“

„Was trug die Person? Konntest du das Geschlecht erkennen?“

„Ich glaube, es war ein Mann. Er war ganz in Schwarz gekleidet. Als er mich bemerkte, ging er weg. Ich rief ihm noch hinterher, aber er reagierte nicht mehr. Amber hat meine Rufe gehört und sich anschließend raus geschlichen. Wir haben ein wenig miteinander rumgemacht…“

„Ach wirklich?“

„Es ging von ihr aus. Sie sagte, ich sei süß und sie würde mich sehr gern haben…wir hatten aber nicht viel Zeit miteinander.“ Connor räusperte sich. „Danach fing Amber auch schon an über Jodie zu erzählen. Also, dass sie nicht viel Spaß hat und ihr Vater immer streng ist. Deswegen wollten sie diesem eine Lektion erteilen.“

„Und wie sollte die aussehen?“

„Nun ja“, murmelte Connor leise. „Ihre Eltern würden ja annehmen, dass sie bei Amber ist. Daher sollte ich Jodie auf dem Weg abfangen und sie zu mir nach Hause bringen. Laut Amber wusste Jodie Bescheid, wollte es aber so aussehen lassen, dass sie keine Ahnung hat. Es sollte wohl Jodies Glaubwürdigkeit später unterstützen. Ich hab wirklich nicht nachgedacht und Amber blind vertraut. Da Mom und Dad erst heute Nachmittag nach Hause kamen, hab ich zugestimmt und Jodie in den Keller gebracht. Sie hatte dort auch was zu Trinken und Amber sagte auch, dass Jodie wegen der Authentizität um Hilfe rufen würde.“

„Ich denke, Sie werden verstehen, dass mein Mandant aus jugendlichem Leichtsinn und unter Steuerung seiner Hormone gehandelt hat“, fügte Dr. Mutschke an.

„Ich hatte wirklich keine Ahnung, dass Jodie von Nichts weiß. Ihre Rufe habe ich durch den Fernseher übertönt und irgendwann war es auch ruhig. Amber sagte, sie würde am nächsten Morgen vorbei kommen, aber das tat sie nicht. Also bin ich wieder hin. Dort stand dann wieder der Fremde und beobachtete das Haus. Kurz darauf sind Sie raus gekommen. Ich hab mich versteckt und Sie und Agent Fries reden gehört. Da wusste ich, dass Amber bereits mehrfach zu Jodies Aufenthaltsort befragt wurde und nicht die Wahrheit sagte. Ich hab geahnt, dass da etwas schief läuft. Als ich dann nach Hause bin und Jodie gehen lassen wollte, kam mir Chad entgegen. Er meinte, wir müssten los…also bin ich einfach mit ihm mitgefahren. Ich weiß, dass das falsch war.“

Pierce sah ihn fragend an. „Was hattest du mit Jodie vor wenn du sie raus gelassen hättest?“

„Nichts…das müssen Sie mir glauben. Ich habe gedacht, wenn Mom und Dad schlafen gehen oder wenn sie im Obergeschoss sind, bringe ich Jodie nach Hause, aber dann wurde sie schon befreit. Ich hatte so große Angst Ihrer Partnerin bei der Befragung die Wahrheit zu sagen, sodass ich mich immer weiter in Lügen verstrickt habe“, erzählte er.

„Ich glaube dir, Connor“, sagte Pierce. „Was war mit Amber?“

„Nichts, ich habe sie seit gestern Abend nicht mehr gesehen.“

„Connor, du weißt, dass Amber tot ist.“ Es war eine Feststellung.

Der Junge nickte.

„Moment mal, Sie wollen doch nicht meinen Sohn dafür verantwortlich machen.“

„Was ich will und was ich nicht will, spielt im Moment keine Rolle. Wenn es nach meiner Meinung geht, kann ich Ihnen versichern, dass ich Connor nicht für den Mörder halte. Allerdings ändert sich alles, wenn Beweise auftreten“, entgegnete Pierce ruhig. „Connor, bitte denk noch einmal darüber nach: Als du am Haus der Weston warst und uns gesehen hast, was ist dann passiert?“

Connor schluckte nervös. „Ich habe mich versteckt und bin danach nach Hause gegangen.“

„Wie lange brauchst du von dem Haus der Weston bis nach Hause?“

„Ungefähr 20 bis 25 Minuten, wenn ich schnell gehe, aber…“ Connor zögerte. „…ich fühlte mich von ihr benutzt und bin noch etwas durch die Gegend geirrt. Dadurch kam ich erst eine Stunde später zu Hause an...“

„Wusste dein Bruder, dass Jodie im Keller ist?“

„Nein“, antwortete Connor. „Ich glaube…er wusste es nicht. Wenn, dann hätte er mich darauf angesprochen, da bin ich mir sicher. Chad geht nie in den Keller. Ich dachte ja auch, dass alles mit Jodie abgesprochen war.“

„Weißt du, in welchem Verhältnis Chad und Amber standen?“

„Verhältnis?“, fragte der Schüler. „Da gab es keins. Wie kommen Sie darauf?“

„Jetzt machen Sie mal halblang“, mischte sich Mr. Riemer ein. „Zuerst halten Sie Connor für den Mörder von Amber und jetzt seinen Bruder Chad. Warum müssen es ausgerechnet die Beiden sein?“

„Mr. Riemer, ich kann verstehen, dass Sie aufgebracht sind, aber wir müssen jeder Spur nach gehen.“ Pierce sah nun wieder zu Connor. „Als du dich am Abend zuvor mit Amber getroffen hast, hat sie dich zufällig gekratzt?“

Connor wurde rot.

„Connor?“, fragte Pierce.

„Das hat sie…sie ist schon etwas mehr ran gegangen, als ich es erwartet hatte. Dabei hat sie mich am Unterarm gekratzt. Wie kommen Sie darauf?“

„Wir haben Partikel unter den Fingernägeln von Amber gefunden“, antwortete Pierce ruhig.

„Vielleicht sind es meine…ich mein wenn sie nicht duschen war oder sich die Nägel manikürt hat…oder es kommt von Ambers Mör…“ Connor wurde still und blass.

„Mein Mandant hat bereits freiwillig eine Spende abgegeben“, fing Dr. Mutschke an. „Wann können wir mit dem Ergebnis rechnen?“

„Voraussichtlich heute Abend.“

„Gut.“ Dr. Mutschke erhob sich. „Dann beenden wir das Verhör an dieser Stelle und gehen mit dem Jungen nach Hause. Auf Grundlage Ihrer Beweise gehe ich davon aus, dass er nicht verhaftet wird. Da er sowohl minderjährig als auch seine Familie hier hat, liegt keine Fluchtgefahr vor. Mr. Riemer? Connor, gehen wir. Wir haben einiges zu besprechen.“

Die beiden Angesprochenen nickten und standen auf. „Ich war es wirklich nicht“, sagte Connor noch ein weiteres Mal, als Pierce die Tür des Verhörraumes öffnete.

Dr. Mutschke ging voraus und steckte die Hände in die Hosentaschen.

„Was passiert denn jetzt?“, wollte Mr. Riemer wissen.

Dr. Mutschke schwieg bis sie in seinem Wagen saßen. „Ich möchte ehrlich zu Ihnen sein. Wenn die Partikel unter den Fingernägeln des Opfers eine Übereinstimmung zu Connor aufweisen, landet der Junge in Untersuchungshaft und der Staatsanwalt wird Anklage erheben. Dann geht es im besten Fall um Körperverletzung mit Todesfolge. Im schlimmsten Fall sprechen wir gleich von Mord. Die gespielte Entführung des Mädchens kann uns auch das Genick brechen.“

Mr. Riemer schluckte. „Mit welchem Ausgang müssen wir rechnen?“

„Falls keine entlastenden Beweise gefunden werden, drohen ihm im schlimmsten Fall bis zu 15 Jahre.“

Connor schluckte. „Ich…ich kann das nicht…“, murmelte er.

„Und wenn ausgeschlossen ist, dass er Amber getötet hat? Was wird ihm für die Entführung aufgebrummt?“

„Nun, das ist abhängig vom Schweregrad und vom Ausmaß der Entführung. In schweren Fällen wären es maximal zehn Jahre, in einem minder schweren Fall bis zu fünf Jahre. Eine Geldstrafe wäre ebenfalls im Bereich des Möglichen. Nachdem was ich alles weiß, gehe ich davon aus, dass für die Entführung nur eine Geldstrafe auf ihn zu kommt.“

„Und was haben Sie jetzt genau vor?“

Dr. Mutschke räusperte sich. „Solange die Ergebnisse aus dem Labor nicht vorliegen, können wir uns noch keine Strategie überlegen.“



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